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  „Die große Stunde der Taelons” von Rob   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Februar 2003
Disclaimer: Alle E:FC-Charaktere gehören Gene Roddenberry und Tribune Entertainment. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis des Autors.
 
Thema:  Die Begegnung mit einem 15jährigen Jungen verändert Liams Leben grundlegend.
Charaktere:  Harmon, Liam Kincaid, Augur, Renee Palmer, Sandoval, Tate und Ni'is
 
Für Interessierte gibt es hier weitere Infos über Harmon.
 

 

DIE GROSSE STUNDE DER TAELONS

 

Teil 3


Am nächsten Tag,
Vormittag

Als der Tag angebrochen war, hatte Harmon sich ständig umsehend auf den Weg gemacht. Er hoffte, dass er sich wirklich so gut in Washington auskannte, wie er immer dachte. Ein paar Wochen hatte er sich auf der Straße herumgetrieben und dadurch die Stadt kennen gelernt. Etwas ratlos war er durch ein paar Straßen geirrt, bis er dann endlich auf die Richtige gekommen war und dann auch das Haus wiedererkannte. Aufgewühlt, ging er weiter. Was würde Liam sagen? Vor allem, was sollte er ihm sagen? Er konnte doch nicht so tun, als sei nichts geschehen. Langsam schlurfte er weiter. Harmon fand es richtig, Liam zu sagen, dass es ihm gut ging, aber das konnte er ja noch ein bisschen herauszögern. Hoffte er zumindest. Nun stand er mit klopfendem Herzen vor der Tür, er hatte die Hand schon zur Klingel ausgestreckt, zog sie jedoch wieder ein. Er wollte sich schon umdrehen und wieder gehen, als jemand von innen die Tür öffnete.
„Harmon?”, fragte Liam, als er die Gestalt im Hausflur sah.
Er drehte sich um und blickte ihn mit einem Scheuen Lächeln an.
„Wo warst du?”, es sollte ärgerlich klingen, dass gelang ihm aber leider nicht so recht.

Liam hatte das Gefühl gehabt, dass er zur Tür gehen musste. Er war sich nicht sicher warum, aber dann kam es ihm vor, als hätte er etwas oder irgendjemanden vor der Apartmenttür gehört. Erst glaubte er sich verhört zu haben, aber dann bewegte ihn etwas die Tür zu öffnen.

„Ich weiß es nicht genau,” antwortete er kleinlaut und blickte betreten auf seine Schuhe.
„Komm erst mal rein,” meinte Liam und ging einen Schritt zur Seite.
Harmon schlurfte müde an ihm vorbei ins Innere des Apartments. Er unterdrückte ein Gähnen und meinte dann:
„Es ist doch nichts passiert, Dad,” er wollte hören, wie das Wort klang, und sah Liam vorsichtig von unten an.
Aber als er sah, dass sich der Gesichtsausdruck von Liam veränderte, hatte er schon Angst, etwas falsches gesagt zu haben.
„Entschuldige...”, setzte er an.
„Nein, es ist in Ordnung,” Liam hätte nie gedacht, dass ihm drei Buchstaben einmal so gefallen würden.
Jetzt konnte Harmon ein Gähnen nicht mehr unterdrücken.
„Du wirst ersteinmal eine Runde schlafen,” meinte Liam mit einem unbarmherzigen Tonfall.”Ich bin mir sicher, du wirst mir später erzählen, wo du warst.”
Harmon nickte langsam. Er würde nachdem er geschlafen hatte über alles nachdenken, jetzt war er definitiv dazu nicht in der Lage.
„Geh erst ins Bad, dir muss ziemlich kalt sein,” meinte Liam und hetzte ihn mit einer entsprechenden Handbewegung.
Wie Liam es ihm gesagt hatte, begab er sich ins Bad.


Am nächsten Tag

Harmon hatte bis zum nächsten Tag durchgeschlafen. Dadurch das er die Nacht nicht geschlafen und ja irgendwie noch ein Kleinkind war, hatte er ziemlich viel Schlaf wieder aufzuholen.
„Aufwachen,” weckte ihn Liam, der es sehr komisch fand, dass der Junge über 18 Stunden geschlafen hatte.
Müde öffnete er die Augen und blinzelte Liam an.
„Wie spät ist es?”, fragte er leise.
„Nach acht,” antwortete Liam, während er sich auf die Bettkante setzte.
„Am Abend?”
„Nein, du hast den ganzen letzten Tag verschlafen,” er strich Harmon eine Strähne glatt.
„Du glühst ja!”, stellte Liam erschrocken fest.
Harmon sah ihn nur gequält an. Es schien ihm sehr schlecht zu gehen.
„Kannst du aufstehen und mit zu einem Arzt gehen?”
Harmon schüttelte kraftlos den Kopf. Ihm tat alles weh.
„Und wie machen wir das jetzt mit dir?”, fragte Liam ratlos, während er angestrengt überlegte, was Harmon helfen konnte.
Der Angesprochene sah ihn nur an. Der Hals tat ihm weh.
Dann verließ Liam das Schlafzimmer und suchte während er Teewasser aufsetzte nach seinem Global.
<Ja,> meldete sich Augurs fröhliche Stimme.
„Augur, nenn mir einen Arzt, dem wir vertrauen können,” forderte Liam ohne umschweife.
<Hm, da muss ich einen Moment überlegen,> Augurs gute Stimmung hatte durch Liams Anruf einen Dämpfer versetzt bekommen.
„Mach bitte ein bisschen schneller, es ist wichtig,” drängelte Liam.
<Warum ist es denn so wichtig?>, fragte Augur, während er eine Adresse auf einem anderen Rechner suchte.
„Erklär' ich dir später,” versprach Liam, der das Teewasser aufgoss.
Irgendwo hatte er das mal gehört, mit dem Tee.
<Okay, da wär' unser guter Dr. James Peterson. Der ist ganz in Ordnung. Er ist fast am Ende dem Widerstand beigetreten. Soll ich ihn anrufen?>
„Tu das, er soll zu mir kommen,” bat Liam und unterbrach die Verbindung.

Nach einer halben Stunde kam Dr. Peterson auch. Er breitete seine ganzen Utensilien aus. Als erstes schob er Harmon ein Fieberthermometer unter die Zunge und hörte seine Lunge ab.
„51°C, das ist hoch, ein normaler Mensch wäre jetzt schon, naja Sie wissen ja,” erklärte der Arzt, nachdem er das Thermometer wieder an sich genommen hatte. „Aber bei dem, was ich über die Jaridians weiß, haben die von Natur aus eine hohe Temperatur. Ich glaube, sie ist etwas erhöht, weil er ja nur zu einem Teil Jaridian ist,” erklärte Dr. Peterson.
„Wissen Sie schon, was er hat?”, fragte Liam vorsichtig.
„Bronchitis, aber ich bin mir nicht sicher, aber wenn er ein Mensch wäre, wäre es eine sehr schlimme. Da ich nicht genau weiß, was ich ihm für Medikamente geben soll, gebe ich Ihnen nur ein paar leichte, pflanzliche.”
„Was soll ich noch alles berücksichtigen?”
„Packen Sie ihn warm ein und kümmern Sie sich um ihn. Geben Sie ihm die Tabletten, 3 mal am Tag eine Halbe,” wies der Arzt ihn an.
„Okay, wann glauben Sie wird es ihm wieder besser gehen?”
„Ich kann es nicht genau sagen. Ich hatte bis jetzt nur mit Menschen zu tun,” erklärte ihm Dr. Peterson.”Ich komme Morgen wieder um nach ihm sehen,” versprach er, als er seine Sachen wieder zusammenpackte.
Liam war die ganze Sache ganz gar nicht geheuer. Er konnte einfach nicht begreifen, dass eine Nacht im freien Harmon schon so krank machte. Naja, er war ja zum Teil Jaridian, aber das erklärt ja auch nicht alles.
Der Arzt verabschiedete sich nach einem Moment und Liam machte sich daran, alles was ihm der Arzt gesagt hat zu erfüllen. Er wusste auch schon ganz genau, wer ihm helfen konnte. Augur natürlich. Er hat ja, seit der Widerstand nicht mehr so stark wie vor ein paar Jahren gebraucht wurde, nicht so viel zu tun.

Augur war zu ihnen gekommen und half Liam, bei Harmons Versorgung. Liam hetzte seinen Freund durch die Wohnung, während er bei Harmon auf dem Bett saß und beruhigend auf ihn einsprach.
„Dad,” flüsterte Harmon dann auf einmal.
Liam beugte sich zu ihm hinunter, um verstehen zu können, was Harmon ihm sagen wollte.
„Der Arzt hatte unrecht, meine Energiereserve ist leer. Ich werde sterben,” langsam kamen diese Worte über Harmons Lippen.
„Bist du dir sicher?”
Harmon nickte leicht.
„Was ist denn hier los?”, fragte Augur, der gerade ins Zimmer kam, als Liam sich über Harmon beugte.
„Er meint, er wird sterben,” erklärte Liam leise.
„Was?!”
„Hm,” er nickte abwesend.
„Ich muss dir meine Erinnerungen geben,” flüsterte Harmon.
„Du wirst nicht sterben,” erklärte Liam bestimmend und versuchte seine innere Unruhe über Harmons Aussage zu verbergen.
„Doch, ich habe nur 5 Jahre, das weiß ich nun,” erklärte er leise und wollte Liam keinen Kummer bereiten.
„Ich hab eine Idee, kommt mit,” Augur war schon auf dem Sprung, als er das sagte.
Liam packte jeden kleinen Strohhalm, den er greifen konnte. Er nahm Harmon auf den Arm. Augur war schon an der Wohnungstür und wartete auf ihn. Liam hätte nicht gedacht, dass der Junge, der wie ein Teenager aussah, so leicht wäre. Auch wenn er schwerer gewesen wäre, hätte er ihn getragen.

„Ich glaub, ich hab da hinten noch eine Energiedusche gesehen,” meinte Augur und rannte zu dem betreffenden Ort.
Liam war ihm mit seiner Last dicht auf den Fersen.
„Ich hab's gleich,” meinte Augur, weil er dachte, dass Harmon Liam zu schwer wurde, doch dieser wollte ihn am liebsten gar nicht mehr loslassen.
Harmon hatte seine Augen geschlossen und atmete schon flacher.
„Geschafft,” das Computergenie atmete auf.”Setz ihn hinein, eine Energiedusche wird ihm gut tun.”
Vorsichtig setzte Liam ihn auf den Stuhl und zog sorgsam eine Decke, die er um Harmon gelegt hatte, da es immer noch sehr kalt draußen war, fester um ihn.
Er strich ihm noch einmal über die heiße Wange und folgte dann Augur in den Computerraum.
Dort versuchte er in das Innere des Computers einzudringen, doch Harmon hatte, aus Angst Tate oder Sandoval könnten selbst versuchen an den Computer zu kommen, eine Passwortsicherheit eingebaut.
„Wie ist bloß das bescheuerte Passwort?”, Augur kam einfach nicht in den Hauptspeicher hinein.
Liam sah zu Harmon hinüber, der langsam die Lippen bewegte und dabei etwas flüsterte. Sein Gesicht und seine Lippen waren blass.
„Harm,” antwortete Liam schnell, weil die Energiedusche nicht zu helfen schien.
Augur gab hastig die vier Buchstaben ein und bekam zugriff auf die gewünschten Daten.
Liam riskierte noch einen Blick. Harmon saß immer noch zusammengekauert auf dem Stuhl, unter der Energiedusche. Diese schlug einfach nicht an. Während Augur sich weiter dem anscheinend eigensinnigen Computer widmete. Abwechseln sah Liam zwischen Augur und Harmon hin und her.
„Augur, könnte ich ihm nicht etwas von meiner Energie abgeben?”, fragte Liam nachdenklich, während sein Blick auf dem blassen Häufchen Elend im Nebenraum haften blieb.
„Du kannst es ja versuchen. Ich brauch eh meine Ruhe um das hier zu vollenden,” erklärte Augur, dem es gar nicht recht war, dass sein Freund unruhig neben ihm stand.
Liam ging zu Harmon. Er hoffte so sehr, dass sein Plan funktionierte. Neben den Stuhl hockte er sich hin und nahm die rechte Hand, die über die Lehne gerutscht war und presste seine Handfläche an die von Harmons. Ganz genau spürte er, wie wenig Energie Harmon nur noch hatte. Es schockierte und erschreckte ihn gleichermaßen. Wie sollte er ihm eigentlich etwas Energie abgeben? Liam durchsuchte Harmons Geist. Man, der wusste viel! Vielleicht würde er doch noch das Ritual finden, durch dass es gelang Energie in einen anderen Körper zu transferieren, um Harmons Lebensspanne um einige Zeit zu verlängern. Aber auf einmal blockte ihn etwas ab.
*Beruhige dich, ich bin es Liam,* versuchte er dem Jungen zu signalisieren.
Er wurde irgendwie kontrolliert, bevor er weiter in den ihm noch fremden Geist eindrang. Obwohl Harmon zu 2/4 sein Kind war, spürte er die Präsenz seiner anderen Vorfahren deutlich.
Plötzlich stieß er aber auf etwas ihm unbekannten. Es war ja fast das erste Mal, dass er ein Sharing mit einem Mischling einging. Er traf auf Da'an, obwohl Da'an ja eigentlich nur zu einem geringen Teil an Harmon beteiligt war, war der Teil von ihm sehr ausgeprägt.
*Da'an?*, fragte er verblüfft.
*Ich habe schon auf Sie gewartet, Liam.*
*Auf mich gewartet?*, fragte Liam verblüfft. Er verstand den Taelon nicht. Wie konnte er auf ihn gewartet haben.
*Ja, Liam. Ich wusste, dass Sie über kurz oder lang herkommen würden,* der Taelon war so verdammt ruhig, wusste Da'an denn nicht, dass ihm nur noch sehr wenig Zeit blieb, um Harmon zu retten?
*Hier ist die Zeit unwichtig. Es bleibt für Harmon noch genügend Zeit, dass wir uns unterhalten können,* beantwortete er Liams Gedanken.
*Aber ich kann mich doch nicht seelenruhig mit Ihnen, oder was auch immer Sie sind unterhalten, während ich ganz genau weiß, dass Harmon nicht mehr viel Zeit bleibt,* versuchte Liam vergeblichst den Taelon zu hetzen.
*Liam, ich kann Sie ja verstehen. Aber es gibt Dinge, die haben jetzt Vorrang...*
*Was hat denn mehr Vorrang als das Leben dieses Kindes?*
*Die Rettung unserer vier Rassen,* erwiderte Da'an, den zunehmend unruhiger werdenden Liam.
*Können wir das nicht später besprechen?*
*Jetzt hat er gerade noch genügend Energie, wenn Ihr Plan fehlschlägt, kann alles was wir erschaffen haben verloren gehen,* erklärte der Taelon.
*Sie wollten ihn von Anfang an ausnutzen?*, fragte Liam ärgerlich.
*Ausnutzen ist der falsche Begriff. Er ist lediglich der Überbringer.*
*Trotzdem ist er ein Lebewesen. Er ist mein Sohn, ebenso wie auch Ihrer,* verteidigte sich Liam.
*Das mag ja sein, aber er hat einen wichtigen Auftrag zu erfüllen.*
*Er ist wie Zo'or Ihr Kind,* Liam versuchte an Da'ans taelonische Seite zu appellieren. Durch Zufall war er an die Information gelangt, dass Zo'or Da'ans Kind war.
*Trotzdem hat er eine Mission,* behaarte der Geist von Da'an.
*Diese Mission ist MIR aber egal,* erwiderte Liam aufgebracht. Was interessierte es ihn noch. Die Taelons hatten die Erde vor über fünf Jahren verlassen.*Außerdem sind Sie nicht mehr auf dem neuesten Stand.*
Liam konnte spüren, wie Da'ans Geist den Seinen nach Lösungen durchsuchte.
*Damit haben wir nicht gerechnet,* gestand der Taelon und gab Liam endlich die gewünschten Informationen.
Liam löste langsam den Kontakt zu Harmons Geist.
„Und, hast du was herausbekommen?”, fragte Augur, dem diese Verbindung doch sehr kurz erschien.
„Mehr als mir lieb ist,” erklärte er und ordnete die Erfahrungen des Anderen in seinem Kopf.
„Kannst du ihm nun helfen?”
„Ja, aber nur für den Moment. Langfristig müssen wir etwas besseres finden.”
„Okay, ich bin da auf eine interessante Formel gestoßen. Ich werde mich mit ihr beschäftigen und du kannst ja versuchen ihm zu helfen,” schlug Augur vor.
„Die Formel der Taelons,” vermutete Liam.
„Genau, ich versuche sie so umzustellen, dass wir Harmon mehr Energie geben können,” erklärte ihm Augur seinen Plan.
Liam wandte sich wieder Harmon zu. Er hatte zwar herausbekommen was er anstellen musste, um dem Jungen helfen, aber auf einmal überkam ihn eine Unsicherheit, die er vorher nie gekannt hatte. Was alles schief gehen kann! Daran wollte er zwar nicht denken, aber wie immer setzen sich auch bei ihm diese Gedanken ans Scheitern in seinem Gedächtnis fest. Konnte er das überhaupt verantworten?
„Wird schon schief gehen,” sprach Augur ihm Mut zu.
Nach diesen Worten ging er wieder neben dem Stuhl in die Hocke und nahm Harmons Hand. In seinem inneren hatte er so etwas wie ein kleines Energiebündel zusammengescharrt, dass er bereithielt. Im übertragenden Sinne natürlich. Genauer kann man dieses Gefühl aber nicht beschreiben.
Er nahm wieder Verbindung mit Harmons Geist auf. Es kam ihm immer noch seltsam vor, wenn er mit seinem Sohn nicht verbal kommunizierte, sondern in seinen Geist eindrang. Dieser schien sich aber schon an ihn gewöhnt zu haben, jedenfalls blockte er ihn nicht ab. Vielleicht war er auch schon zu schwach dazu. Er gab die Energie ab und sofort spürte er, wie der Junge wieder stärker wurde. Aber da kam auch ein Gefühl mit, dass den Jungen beherrschte. Erst erkannte er es nicht, aber mit der Zeit wusste er es. Es war die Angst, die Harmon überallhin begleitete. Es erschreckte und schockierte Liam abermals. Wie gern wünschte er sich, dass er dieses Gefühl verlor, anstatt seiner Energie.
Danach hatte er sofort die Verbindung abgebrochen, er wollte nicht, dass Harmon wegen ihm Angst hatte. In der Realität schlug Harmon langsam die Augen auf.
„Da bist du ja wieder,” entfuhr es Liam erleichtert.
Glücklich schloss er den überrumpelten Harmon in die Arme. Der hatte keine Ahnung, wo er war und was mit ihm geschehen war. Verwirrt blickte er Liam an.
„Wir sind im Labor,” erklärte Liam schnell.
„Wie bin ich hierher gekommen?”, seine Stimme war noch immer sehr schwach.
„Wir haben dich hergebracht,” erklärte er und strich ihm über den Kopf.
Aber auf einmal fing Harmon an sich zu krümmen. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
„Was ist los?”, Liam war das unheimlich, eigentlich sollte es Harmon doch jetzt besser gehen.
Harmon jedoch reagierte nicht auf Liam. Augur, der von Liams erschrockenen Gesten angelockt wurde, kam nun herbei gelaufen.
„Was ist mit ihm?”, Augur stellte die selbe Frage wie Liam.
„Ich weiß es nicht, es hat auf einmal angefangen.”
Plötzlich wurde Harmon von gleißendem Licht umgeben. Augur erinnerte das an etwas, aber er hielt den Mund darüber, weil er zu überrascht war. Dieses Licht war kaum zum Aushalten. Augur und Liam mussten den Blick abwenden. Nach einer Weile war das Licht erloschen. Aber als sie wieder zu Harmon sahen, war ihre Überraschung noch größer, als sie sowieso schon war. Es war einfach unbeschreiblich.
„Ich glaube, da ist etwas schief gegangen,” meinte Augur, nachdem er sich wieder gefangen hatte.
„Ich muss zugeben, damit hatte ich nicht gerechnet,” erklärte Liam entrüstet.
Es war unglaublich! Liam hatte Harmon Energie geben wollen, aber dass sein Körper so darauf reagieren würde, hätte er nicht gedacht.
Verängstigt sah sich der Vierjährige um. Er sah ein bisschen komisch aus, da er auf dem Stuhl saß und die Sachen, die er trug viel zu groß waren. Daraufhin fing er an zu weinen. Das berührte Augur ebenso wie Liam, der wieder in die Hocke ging und versuchte beruhigend auf das Kind einzureden.
Die beiden hatten kaum Ahnung von Kleinkindern. Was sollten sie nur tun? Augur zog sich daraufhin schweigend zurück. Das war Liams Sache, nicht seine. Aber er war es Liam auch irgendwie schuldig, dass er ihm half. Also überlegte er, was er machen konnte.
Mittlerweile hatte sich der Kleine etwas beruhigt. Blickte ihn aber immer noch verängstigt an. Liam atmete auf. Es war hoffentlich ein gutes Zeichen, dass er nicht mehr weinte. Harmon musterte Liam eine Weile genau, es sah so aus, als würde er jeden Moment wieder anfangen. Dann streckte er aber plötzlich seine Hand aus und drückte seine kleine Handfläche gegen die größere von Liam. Diesmal wollte er also aus eigenen Stücken mir ihm Kontakt aufnehmen. Liam spürte, wie ihm so etwas wie eine Nachricht übersandt wurde. Diese Nachricht lautete (Da'ans Geist stand vor seinem inneren Auge):
*Wir danken Ihnen Liam. Da Harmon seine Aufgabe erledigt hat, und alles anders gekommen ist, als wir damals dachten, gebe ich Ihnen zum Zeichen unserer Dankbarkeit das zurück, was wir Harmon und Ihnen genommen haben. Seine Kindheit. Das wird das letzte sein, was Sie von mir und meinem Jaridian-Kollegen hören werden. Werden Sie glücklich mit Ihrem Sohn,* damit löste Da'ans Geist sich im Nichts auf.
Dann wurde die Verbindung einfach unterbrochen, weil Harmon seine Hand wieder zurückzog. Ängstlich sah er wieder Liam, der noch immer neben ihm in der Hocke war, an. Liam hielt sich mit Absicht in Augenhöhe neben Harmon auf. Da er nicht wollte, dass er wieder anfing zu weinen.
Langsam, sodass Harmon nicht erschrak, streckte er seine rechte Hand aus und strich ihm über den Kopf.
„Hey, es wird alles wieder gut.”
Harmon sah ihn misstrauisch an.
„Ich weiß, das klingt ziemlich lahm,” entschuldigte sich Liam sofort.
Der Junge nickte. Es bewirkte eher das Gegenteil, als es beabsichtigt war. Für Harmon war es noch nie gut gewesen. Aber daran hatte Liam natürlich nicht gedacht, als er den Standardspruch von sich gegeben hatte. Er könnte sich dafür selbst ohrfeigen. Langsam wandte Harmon seinen Blick ab und sah sich vorsichtig im Raum um, er kam ihm seltsam bekannt vor, nur wusste er nicht woher. Danach sah er Liam wieder an. Er war sehr glücklich darüber, dass Harmons Blick nicht mehr so ängstlich war.
„Liam, kommst du mal bitte?”, Augur rief ihn aus dem Nebenzimmer.
„Bleib hier brav sitzen, ich bin gleich wieder da,” Liam sah ihm noch einmal, um ihm zu zeigen, dass er es ernst meinte, in die Augen.
Harmon sah ihn mit seinen Kinderaugen an und nickte langsam. Eigentlich wollte Liam ja gar nicht gehen, bevor der Junge ihm wieder vertraute, wie es vor kurzer Zeit einmal war. Er konnte Harmons Schmerz ganz genau in seinen Augen sehen. Den er nie wieder sehen wollte. Das versprach er sich selbst.
Schnellen Schrittes ging er zu Augur.
„Was gibt es?”, fragte er und ließ Harmon dabei nicht aus den Augen.
„Ich habe mich um paar Sachen für den Kleinen gekümmert,” erwiderte Augur, der sich etwas schämte, dass er daran gedacht hatte, Liam allein zu lassen.
„Ja?”, Liam war nun doch ein bisschen überrascht.
„Hm, Renee bringt sie gleich mit,” erklärte Augur.
„War's das?”, fragte er ungeduldig.
„Ja, kannst wieder zu ihm gehen,” Augur schien ein wenig eifersüchtig zu sein, weil Liam sich in letzter Zeit nur um Harmon kümmerte und kaum noch mit ihm unterhielt.
Der bekam jedoch von Augurs Gefühlen gar nichts mit, weil er seinen besten Freund gar nicht ansah.
Harmon sah ihm entgegen und lächelte ihn schwach an. Liam konnte so etwas wie erinnern an ihn erkennen. Spontan lächelte er zurück. Harmons Lächeln wurde etwas breiter.
„Kannst du dich wieder an mich erinnern?”, fragte Liam immer noch lächelnd.
Langsam nickte Harmon, weil er vor einem Moment wirklich so etwas wie eine Erinnerung gehabt hatte. Er wusste nicht woher, es zählte nur, dass er es wirklich wusste.
Liam war in dem Moment wahrscheinlich der glücklichste Mensch auf der Welt. Harmon erkannte ihn wirklich wieder. Er ging wieder neben dem Stuhl in die Hocke und sah ihm wieder in die Augen, es schien, als würden sie ein Zwiegespräch führen, das kein anderer jemals verstehen könnte. Nach einer Weile streckte Harmon seine Arme nach Liam aus und zeigte somit sein Vertrauen.
Wortlos hob Liam den Jungen auf seine Arme. Die lange Hose und der große Pullover rutschten ihm an jeder Stelle. Aber Harmon schien es auf Liams Arm zu gefallen, es sah sogar so aus, als fühlte er sich geborgen. Nach einer Weile legte er müde seinen Kopf an die Schulter seines Vaters.
Mit einem leichten Lächeln registrierte Liam einen Moment später, dass er eingeschlafen war.
„Ach, Liam... ,” fing Augur an, sah dann aber seinen besten Freund.”Oh, entschuldige,” meinte er darauf etwas leiser.
Doch Harmon war nicht wach geworden.
„Er schläft, du kannst ruhig sprechen,” beruhigte Liam ihn.
„Okay, ich wollte mit dir über etwas bestimmtes reden,” fing er leise an.
„Raus mit der Sprache,” drängte Liam wieder einmal.
„Ich finde es ja toll, dass du dich so um den Kleinen kümmerst, aber...”, er brach mitten im Satz ab, da Renee gerade durch die Eingangstür ins Labor kam.
„Da bin ich,” meinte diese und wurde von zwei Augenpaaren etwas verärgert angesehen. „Was?”
„Nichts,” meinte Augur und wandte sich wieder der Computerkonsole zu. Er war wütend. Nie hörte ihn Liam an. Aber er musste immer für ihn da sein. Das machte ihn fertig. Doch er konnte es gut verstecken, es sollte ja keiner mitbekommen, dass er für Liam so etwas wie Vatergefühle hegte, seitdem Lili ihm aufgetragen hatte ein bisschen auf Liam acht zu geben.
„Er hat sich ja wirklich sehr verändert,” meinte Renee nachdenklich und holte ein paar Sachen hervor, die so aussahen, als würden sie Harmon sicher besser passen als die, die er im Moment trug.
„Hm, er ist gerade eingeschlafen,” Liam war stolz auf sich.
„Mehr hab' ich leider nicht bekommen,” meinte sie entschuldigend.
„Das reicht doch schon. Danke, Renee.”
Liam war ihr wirklich dankbar, er hätte sonst nie gewusst, wie er für Harmon an Sachen rankommen sollte, weil er ihn nicht allein lassen wollte.
Augur schnitt eine Grimasse, er hatte doch die Sachen beschafft. Bekam er mal ein einziges Dankeschön dafür?! Nein. Er war frustriert und hämmerte ärgerlich auf die Tasten der Tastatur ein.
Langsam bewegte sich Harmon auf Liams Arm, drehte vorsichtig den Kopf um. Sofort drehte er sich wieder ängstlich zurück, schließlich kannte er diese Frau nicht, die ihn ansah.
„Hey,” Liam strich ihm beruhigend über den Kopf.
Da fing der Kleine auch schon an zu weinen und drückte sich an Liam.
Um Harmon zu beruhigen, ging er aus dem Zimmer. Renee sah ihnen erstaunt hinterher. Sie wollte doch niemanden erschrecken.
Nach einer Weile kam Liam wieder zurück - allein.
„Wo haben Sie ihn denn gelassen?”, wollte Renee wissen.
„Ich hab ihn in einen der Schlafräume gelegt. Ich wollte ihn von hier aus durch die Überwachungsanlage im Auge behalten,” erklärte Liam schnell.
„Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie es mit ihm weitergehen soll? Ich meine, Sie können nicht den ganzen Tag selbst auf ihn aufpassen, schließlich müssen Sie sich auch mal wieder langsam nach einem neuen Job umsehen,” wollte Renee wissen, weil sie sich anscheinend im Gegensatz zu Liam schon einmal darüber nachgedacht hatte.
„Naja,”er sah ein bisschen unsicher zu Boden.”Ich wollte mit ihm so schnell wie möglich von hier verschwinden. Sandoval, Tate und Ni'is sind ja noch immer da draußen,” erklärte er dann.
„Hey, wenn man vom Teufel spricht,” über die Überwachungsanlage von draußen kamen gerade Bilder von zwei Gestalten, die sich am versteckten Eingang herumtrieben.
„Tate und Sandoval,” stöhnte Renee.
„Na dann auf in den Kampf,” meinte Liam, bevor ihm noch etwas einfiel.”Ach Augur, kannst du ein bisschen auf Harmon aufpassen?”
„Ja, sicher,” willigte dieser ein bisschen genervt ein.”Ich hab ja nichts besseres zutun, als auf kleine Kinder aufzupassen,” meinte er dann viel leiser an sich selbst gewandt.
Liam und Renee stürmten aus dem Raum und Augur hörte noch, wie sich ihre Schritte auf dem Gang entfernten. Obwohl er immer noch ziemlich ärgerlich war, behielt er den Bildschirm von Harmons ‚Zimmer’ im Auge. Schließlich hatte er ihm ja eigentlich nichts getan. Musste er dann fairerweise eingestehen. Aber seine Aufmerksamkeit galt dem Bildschirm, der alles außerhalb des Gebäudes zeigte. Liam und Renee waren durch einen weiteren versteckten Ausgang hinausgetreten und schlichen sich an die noch ahnungslos erscheinenden heran. Er sah, wie Liam und Renee sich Handzeichen gaben, als sie mit den anderen auf Sichtkontakt waren. Inzwischen hatten Renee und Liam die beiden eingeschlossen und hörten folgendes gedämpftes Gespräch an:
„Tate, warum helfen Sie mir nicht endlich den Eingang zu finden!”, fuhr Sandoval den anderen an.
„Warum glauben Sie, dass sie gerade hier sind?”, wollte Tate wissen, anstatt sich von der Stelle zu rühren.
„Ich weiß es einfach, ja?”, Sandoval war bald wieder am Ende mit seinen Nerven, wenn Tate so weitermachte.
„Okay,” Tate machte sich nun doch an die Arbeit und half Sandoval suchen.
Liam gab Renee jetzt das vereinbarte Zeichen. Jeder sprang aus seinem jeweiligen Versteck hervor und überwältigten die beiden Gegner. Als die beiden keinen Laut mehr von sich gaben, machte Liam langsam die Taschenlampe an, die er sich schnell noch zuvor eingepackt hatte und leuchtete in die Gesichter. Sie waren zum Glück bewusstlos. Renee holte inzwischen die Fesseln heraus, die sie schnell den beiden anlegten.
Einen nach dem Anderen zogen sie dann in den versteckten Haupteingang hinein.
„Puh, dieser Tate ist ja schwerer, als ich gedacht hätte!”, meinte Liam und wischte sich den imaginären Schweiß von der Stirn.
„Oder Sie werden schwächer,” scherzte Renee.
„Wenn Sie meinen,” er zuckte mit den Schultern und bereitete sich erneut darauf vor, Tate wieder zu ziehen.

Tate und Sandoval erwachten in einem hellen Raum, der wie ein Schlafraum eingerichtet war. Die Tür war verschlossen und es gab keine Fenster, als sie sich genauer umsahen, nachdem sich ihre Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten. Aber sie konnten sich nicht frei bewegen, da sie an den Händen und Füßen gefesselt waren.
„Wo sind wir?”, Tate war wütend.
„Woher soll ich das wissen,” meinte Sandoval nur genervt, weil ihn starke Kopfschmerzen plagten.
„Hey, Sie sind nicht mehr mein Boss, also kommen Sie mir nicht so,” fuhr Tate ihn an.


Unterdessen in der Kommandozentrale (beim Hauptcomputer)

Auf dem Bildschirm neben Harmons Schlafraum, war nun auch ein zweiter in Betrieb gebracht worden, auf dem man die beiden Eindringlinge beobachtete.
„Ich wusste ja schon, dass die Beiden seltsam sind. Aber das übertrifft wirklich alles,” meinte Augur kopfschüttelnd.
Sandoval und Tate waren auf die selten dumme Idee gekommen, dass sie ihre Fesseln gegenseitig lösen könnten, wenn sie sich Rücken an Rücken stellten und jeder dem Anderen helfen würde. Sie wussten aber nicht, dass man sich nicht weit von ihnen darüber sehr amüsierte. Das lag daran, dass die Fesseln nicht so, wie es aussah, aus dem Stoff wie Seile oder anderen Stoffen, aus denen Fesseln nun mal bestanden, wie Metall, sondern dass alles nur eine Attrappe war, die Augur speziell für Anlässe wie diesen angefertigt hatte. In Wirklichkeit bestanden sie aus Titan, das mit einer geheimen ‚Zutat’ versehen war, dass sie sich wie normale Fesseln anfühlten und biegsam waren.
„Seltsam, Augur, ist die Untertreibung des Jahrhunderts,” meinte Liam lachend, als er die Beiden ebenfalls beobachtet hatte.
„Okay, dann sind sie eben blöd,” erklärte das Computergenie laut prustend. Er fand es immer lustiger, wie sich die beiden Männer da rekelten um die Fesseln abzubekommen.”Ich muss das unbedingt für später aufnehmen.”
Liam sah einen Moment auf den Bildschirm daneben und verließ eilig den Raum.
„Was hat er denn?”, fragte Augur, der den Blick nicht von seiner letzten Eroberung nehmen konnte.
„Sehen Sie doch auf den Bildschirm,” meinte Renee trocken und war auf einmal nicht mehr so amüsiert über das Geschehen in der Zelle.
Von der Veränderung in der Stimme von Renee verwirrt sah er nun doch auf den anderen Bildschirm, schließlich wurde die Szene mit Tate und Sandoval aufgenommen.

„Ich bin ja da, mein Kleiner,” redete Liam beruhigend auf den Jungen ein, der weinend neben dem Bett saß. Erleichtert stellte Liam fest, dass Harmon bei dem Sturz nichts zugestoßen war.
Langsam und mit geröteten Augen sah er zu Liam auf. Der Blick war so einsam, dass es Liam das Herz zerriss.
Harmon war aus dem Bett gefallen, durch den Sturz aufgewacht und hatte dann feststellen müssen, dass er ganz allein war. Er glaubte, dass niemand ihn haben wollte, und begann zu weinen. Bis Liam dann den Raum betreten hatte.
„Ich lass dich doch nie mehr allein,” er ging in die Hocke und versprach das dem Kleinen während er immer wieder in die Augen des Kindes blickte, um ihm zu zeigen, dass er das ernst meinte.
Harmon erwiderte seinen Blick und streckte wieder die Arme nach Liam aus. Er glaubte Liam. Der ältere sah ihn weiter an, bevor er den Jungen wieder auf den Arm nahm. Sofort vergrub Harmon sein Gesicht an Liams Schulter. Er fühlte sich wieder sicher.
Harmon hielt sich sicher an Liam fest und wollte ihn nicht mehr loslassen. So sah sich Liam gezwungen, aber so gezwungen sah er sich gern, mit dem Jungen zu Augur und Renee hinüber zu gehen.
„Hallo, Harmon,” meinte Renee freundlich.
Der Vierjährige sah sie nur vorsichtig und einen kurzen Moment an. Er begann schon mal nicht zu weinen, das war ein Fortschritt. Das hofften jedenfalls alle anwesenden.


Währenddessen in der Zelle

„Wer glauben Sie, hält uns hier fest?”, fragte gerade Tate, dem langweilig wurde, nachdem er und sein ehemaliger Boss herausgefunden hatte, dass sie sich nicht so schnell von Fesseln befreien könnten.
„Oh,” stieß er genervt hervor.”Sind Sie so blöd? Da steckt sicher Kincaid dahinter, der hat doch dieses Projekt bei sich aufgenommen,” erklärte Sandoval in einem sarkastischem Tonfall.
„Kincaid? Okay, der hatte schon immer für alles eine Ausrede.”
„Endlich ist es Ihnen auch aufgefallen!”, das klang so, als hätte er es schon längst aufgegeben, dass sein ehemaliger Handlanger das kapierte.


Wieder im Kontrollzentrum

Liam hatte den Jungen die ganze Zeit über auf dem Arm gehabt. Augur hatte ihn sogar einmal aufmunternd angesehen. Harmon jedoch bekam immer noch Angst vor den beiden anderen und vergrub sein Gesicht in Liams Jacke.
„Ich glaube, da sie eh schon wissen, wer sie gefangen hat, können wir sie doch auch gleich mal ausfragen,” schlug Renee vor, die dem Gespräch von Sandoval und Tate gefolgt war.
„Und was mach ich nun mit dir?”, fragte Liam ratlos Harmon, den er immer noch auf dem Arm trug.
Statt einer Antwort zuckte er mit den Schultern.
„Bleibst du hier bei Augur? Ich bin auch so schnell ich kann wieder zurück,” er blickte in Harmons kleines Gesicht.
Der Junge nickte und drückte noch einmal Liam, bevor der ihn auf den Boden hinunterstellte.
Liam strich ihm noch einmal über den Kopf, bevor er mit Renee den Raum verließ und Harmon ganz allein - natürlich aber mit Augur - da stand. Harmon stand wie angewurzelt da, dass Augur schon dachte, er sei allein im Raum. Immer wenn sich das Computergenie umdrehte, stand der Vierjährige noch genauso da, wie vorher. Er hatte das Gefühl, dass sich der Junge nicht einen Millimeter bewegt hatte. <Wie konnte jemand nur so ruhig dastehen?>, musste er sich unwillkürlich fragen. Ob er später darauf vielleicht eine Antwort bekommen würde? Aber da konzentrierte er sich wieder auf das Geschehen bei den Gefangen, um zur Not auch eingreifen zu können. Wenn Sandoval mal wieder durchdrehte oder Tate sich entschließen sollte mit dem Kopf durch Liam oder Renee zu rennen.


Bei den Gefangenen

Liam und Renee hatten sich auf dem Weg zur ‚Zelle’ abgesprochen, was sie sagten und was nicht. Mit entschlossenen Schritten betraten sie den Raum.
Sandoval und Tate sahen sofort erschrocken auf. So schnell hatten sie mit dem Besuch nicht gerechnet.
„Da wir uns schon alle kennen, fällt das nette Vorstellen wohl unter den Tisch,” erklärte Liam sarkastisch.
Sandoval versuchte Liam und Renee mit seinen Blicken zu attackieren. Doch das zog bei den beiden nicht. Stattdessen drehte Liam den Spieß um und grinste Sandoval nur überlegen an. Es erfüllte seinen Zweck, Sandoval wollte am liebsten aufspringen und auf Liam einfach mit der bloßen Hand losgehen. Das konnte jeder an der Anwesenden im Raum in seinen Augen sehen.
„Kincaid!”, brachte er mit zusammengepressten Zähnen hervor.
„Was haben Sie mit uns vor?”, wollte Tate wissen.
„Oh, wir wollen nur ein paar Dinge von Ihnen beiden erfahren,” erklärte Renee.
Es herrschte einen Moment lang Stille. Sandoval und Tate wollten nichts freiwillig sagen.
„Von mir werden Sie nichts erfahren,” stellte Tate klar.
„Das werden wir noch sehen,” meinte Liam nur und wandte sich wieder dem Gehen zu.
Er wollte die beiden schmoren lassen. Vielleicht wurden sie dann etwas gesprächiger.
So verließen sie nacheinander den Raum und ließen die beiden wütend dreinblickend zurück.
„Ob das so gut war?”, fragte Renee nachdenklich, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten und wieder im Gang standen.
„Ich weiß nicht, aber was sollten wir anderes machen? Sie wollten doch nicht reden?”
„Ja, aber wir können sie hier doch nicht ewig einsperren,” gab Renee zu bedenken.
„Hm, ich werde später darüber nachdenken,” sie waren bei ihrem Gespräch wieder zum Kontrollzentrum zurückgegangen.
Liam sah, wie Harmon immer noch da stand, wo er ihn zurückgelassen hatte und auf ihn wartete. <War er etwa die ganze Zeit da stillgestanden?>
Ohne weitere Zeit zu verschwenden, in der er nachdachte, lief er zu dem Jungen und ging vor ihm in die Hocke.
„Und was machen wir jetzt?”, fragte er den Jungen ratlos.
Der Vierjährige sah ihn jedoch nur an.
„Hast du Hunger?”
Er zuckte nur mit den Schulter.
„Okay, wir werden uns was zum Essen besorgen und dann nach Hause gehen. Na wie klingt das?”, schlug Liam einen Moment später vor.
Diesmal bekam er nur einen ratlosen Blick als Antwort.
„Dann machen wir das einfach so,” meinte Liam, es war ihm lieber, wenn Harmon in seinem Apartment war, hier wo Sandoval und Tate in der unmittelbaren Nähe waren, war ihm das nicht geheuer.
Was, wenn sie doch etwas von dem Kleinen mitbekamen? Er wollte nicht, dass sie auf ein wehrloses Kind losgingen. Der Junge war doch noch so klein, im Gegensatz zu dem Teenager, den sie noch vor ein paar Tagen gejagt hatten. Was wollten sie eigentlich von ihm? Liam konnte sich auf diese Frage keinen richtigen Reim bilden. Oder sollte er doch etwas sagen? Dann war er vielleicht für beide bedeutungslos und sie würden ihn in Ruhe lassen. Er wusste nicht, was er machen sollte.
Was er sich auch überlegte, bei allen Lösungen gab es Pro und mindestens genauso viele Kontras. Was sollte er nur mit dem Jungen machen? Erst einmal würde er mit ihm nach Hause gehen.
Harmon sah ihn irgendwie auffordernd an, fand Liam, nachdem er diese Gedanken für den Moment beiseite geräumt hatte. Aber dann verstand er auch schon. Liam schnappte sich Harmons Decke, die immer noch auf dem Stuhl, unter der Energiedusche, lag und wickelte den Jungen wieder darin ein.
„Wir gehen jetzt. Kommt ihr allein klar?”, fragte Liam sicherheitshalber, er wusste, dass er seine Freunde ein wenig vernachlässigt haben musste in letzter Zeit, obwohl sie nichts sagten, spürte er es irgendwie.
„Ja, geh nur. Wir kommen hier schon klar,” meinte Augur und drehte sich dabei nicht einmal zu Liam um.
„Ja, gehen Sie schon. Was meinen Sie, sollen wir denen auch etwas zum Essen geben?”, fragte Renee.
„Nein, vielleicht bekommen wir dann leichter etwas aus ihnen heraus,” entschied er.
„Okay, wird gemacht,” bestätigte Augur, als Liam schon fast verschwunden war.
Ein Moment verging, ohne das einer der beiden etwas sagte. Jeder arbeitete an irgendetwas herum und hing seinen eigenen Gedanken nach.
„Ob er wohl jemals richtig zu jemandem Vertrauen haben wird? Ich meine, außer zu Liam,” überlegte Renee laut.
„Ich weiß es nicht, jedenfalls fängt er nicht mehr zu weinen an, wenn er mit mir alleine ist.”


Eine Weile später bei Liam

Als Liam und Harmon in der Stadt zum Einkaufen waren, hatte sich Harmon an ihn gedrückt. Liam wusste zwar von dem Harmon als Teenager, den er kannte, dass er Angst hatte bei vielen Menschen. Gesagt hatte er das zwar nie, aber in seinen Erinnerungen sah er es ganz genau. Solch eine große Angst hatte er selbst noch nie verspürt, aber er wollte sie auch nie spüren müssen. Nach einer Weile kamen sie dann wieder im Apartment an. Er gab Harmon etwas zum Essen und schickte ihn dann anschließend ins Bett. Er sollte sich wirklich ein Buch mit dem Titel*Wie werde ich ein guter Vater* zulegen. Das würde er dann besser mal ganz durchlesen.
Als er allein im Wohnzimmer saß, wurde ihm richtig klar, was er jetzt für eine große Aufgabe und Pflicht gegenüber dem Jungen hatte. Was sollte er nur mit ihm machen, wenn er mal weg musste?
War es überhaupt gut, wenn er ein Kindermädchen einstellen würde? Harmon hatte sich ja noch nicht einmal an Augur und Renee gewöhnt, obwohl er die beiden ja schon eine Zeit lang kannte. Ob er sich an jemand ganz fremden dann überhaupt gewöhnen würde? Aber er musste sich einen Job suchen, ewig konnten sie nicht von dem bisschen leben, dass eigentlich für einen nur gedacht war. Er wusste, Harmon würde ihn nicht viel kosten, aber es musste vieles Kinderfreundlicher in seinem Apartment gemacht werden. Als erstes brauchte der Junge ein eigenes Bett. Er müsste sich da auch noch umsehen, wo er so etwas bekommen könnte und dann müsste er Augur noch um etwas sehr wichtiges bitten. Liam wusste, dass er Augur schon so oft gefragt hatte, ob er ihm half. Aber bei dieser Sache konnte nur Augur ihm helfen.


Wieder einmal bei den Gefangenen

„Wissen, Sie, wir können doch hier nur in den Labors sein, die wir gesucht haben,” erklärte Tate auf einmal.
„Sie sind ja schlau,” erwiderte Sandoval sarkastisch, er hatte es vor einer Weile schon gewusst.
„Jedenfalls war ich so schlau und hab mir damals von diesen Aliens kein CVI implantieren lassen,” meinte Tate ebenso sarkastisch.
„Ach, Sie meinen, das wäre dumm gewesen?”, Sandoval funkelte ihn verärgert an.
„Allerdings.”
„Ich wurde dazu gezwungen,” verteidigte sich der Ex-FBI-Agent.
„Das sagen sie alle.”
„Ich glaube, wir werden abgehört,” meinte er leise und biss sich auf die Zunge, damit er nicht noch etwas Tate an den Kopf warf.
„Glaub ich nicht,” meinte Tate, weil er etwas gegen Sandoval sagen wollte.
„Dann glauben Sie's eben nicht,” meinte Sandoval nun wieder arrogant wie immer zu.
Tate musterte ihn, in Wirklichkeit glaubte er immer noch das, was Sandoval ihm sagte, weil er vor nicht allzu langer Zeit noch seine rechte Hand war. Vielleicht hatte Sandoval sogar recht, er wusste es einfach nicht. Aber er wollte seinem ehemaligen Chef nichts von seinen Gefühlen zeigen. Sollte er Sandoval wieder vertrauen oder sollte er lieber versuchen ihn fertig zu machen? Wie sollte er sich nur entscheiden?
Doch Sandovals Gedanken waren nicht anders. Sollte er sich mit Tate Verbünden? Konnte er seinem ehemaligen Handlanger überhaupt noch glauben? Schließlich arbeitete er jetzt für einen Taelon.


Wieder bei Liam

Er hatte so viele Gedanken im Kopf, dass er nicht mehr schlafen oder sich auf etwas anderes konzentrieren konnte. War er alledem überhaupt schon gewachsen? Er war ja fast auch noch ein halbes Kind. Außerdem war Harmon nicht so wie die anderen Kinder in seinem Alter, er war viel verschreckter und ängstlicher. Liam hoffte, dass sich das in nächster Zeit noch änderte. Schließlich konnte es so ja nicht ewig weitergehen. Ob ihm wohl jemand helfen würde, beim richtigen Erziehen? Augur schien Harmon nicht zu mögen, dass machte ihm besonders zu schaffen, weil er ihn immer als seinen besten Freund angesehen hatte. Renee könnte er höchstens wegen einer Stelle bei Doors fragen. Aber ob sie Harmon leiden konnte wusste er nicht, sie konnte schon immer ihre Gedanken gut verbergen.
Außerdem musste Harmon auch zu der Person, die auf ihn aufpassen sollte, etwas mehr vertrauen haben. Nicht einmal zu ihm hatte er so viel vertrauen, dass er mit ihm sprach. Aber er konnte sich sicher sein, dass Harmon in sehr gern hatte, sonst würde er nicht mit ihm mitkommen, geschweige denn auf Liams Arm sein. Harmon hatte sich bei ihm irgendwie wohl gefühlt, dass lag sicher an ihrer Bindung zu einander. Glaubte Liam.

 

 

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