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  „Schuldig oder Unschuldig?” von Rob   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juli 2002
Die Figuren Harm, Mac u.a. gehören Donald P. Belissario, Paramount, Belissarius Productions und CBS. Die Figuren Liam, Renee, Augur u.a. gehören Gene Roddenberry, Tribune Entertaiment und MGM. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis des Autors.
 
Handlung:  Ein junger Major soll im aktiven Dienst sein Geschwader im Stich gelassen und Fahnenflucht begangen haben. Er beteuert immer wieder seine Unschuld. Doch es gibt einen belastenden Zeugen.
Zeitpunkt:  gegen Ende der dritten Staffel von Mission Erde / nach der fünften Staffel von JAG
Charaktere:  Liam, Da'an, Renee, Augur, Harm, Mac, Cooper und andere]
 
Lest bitte auch die Vorbemerkung des Autors und seine kurze Einführung in die Serie JAG
 

 

SCHULDIG ODER UNSCHULDIG?

 

Teil 2

0200 Zulu (21.00 EST)
Liam Kincaids Apartment
Washington D.C.

Liam öffnete die Wohnungstür, trat ein und schaltete diesmal das Licht manuell an.
„Wollen Sie irgendetwas trinken, Sir?”
„Wenn Sie Kaffee machen? Na sicher”, antwortete Harm.
„Ja, an Kaffee habe ich auch eben gedacht.”
Liam ging sofort in die Küche und Harm hörte, wie in der Küche die Kaffeemaschine angeschaltet wurde.
„Möchten Sie Milch oder Zucker, Sir?”, kam es aus der Küche.
„Nein, danke.”
Dann wurde eine Schranktür geöffnet und wieder geschlossen. Liam kam mit zwei Kaffeetassen ins Wohnzimmer und stellte sie auf den kleinen Wohnzimmertisch. Er ging wieder zurück in die Küche und holte die Kaffeekanne. Liam goss erst Harm und dann sich ein.
„Wo möchten Sie schlafen, Sir?”, fragte Liam dann, weil der Kaffee noch sehr heiß war und dampfte.
„Ich nehme die Couch. Sie sieht sehr angenehm aus”, meinte Harm etwas belustigt.
„Danke, Sir.” Die Couch wäre nichts für mich. Nicht heute. Überlegte er im Stillen.
Liam verschwand, nachdem sie den Kaffee getrunken hatten, im Schlafzimmer und brachte, als er wieder kam, ein Kissen und eine Decke mit.
Harm machte es sich auf dem Sofa bequem, das nicht wie er zuvor dachte zu kurz oder zu hart war. Es fühlte sich sogar angenehm an und vor allem: sie war nicht zu kurz. So wie damals in Deutschland.


0427 Zulu (23.27 EST)
Schlafzimmer

Er fand sich in einer Gefängniszelle wieder. Sie war nicht besonders groß und nicht gemauert. Ohne Frage, stellte er fest, dass er auf dem Taelonmutterschiff gefangen war. Er hörte Schritte, die ‚seiner’ Zelle immer näher kamen. Die Person, der diese Schritte gehörten, war Agent Ronald Sandoval. Skrupelloser Companion Protector, Doppelagent und dazu noch sein Vater.
„Major, ich weiß alles. Sogar dass Sie der Anführer der Widerstandsbewegung sind. Sie haben die Taelons verraten. Deswegen werde ich Sie jetzt eliminieren”, meinte Sandoval und hob seinen Skrill.
Dieser leuchtete bedrohlich auf. Liam hob schützend seine Hände, aber es passierte nichts. Das Kimeraerbe war erloschen.
„Neeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnnnnn!”, schrie er und etwas schmerzte auf seiner linken Brusthälfte.
Er wachte auf und sah in das angespannte Gesicht von Harmon Rabb jr. Das seltsam von seiner Nachttischlampe angeleuchtet wurde. Ah, endlich ist er aufgewacht. Er ist ziemlich stark und ich bin nicht mehr hellwach. Wurde ihm klar.
„Was ist passiert, Sir?”, fragte Liam dann laut und stemmte sich auf den Ellenbogen hoch.
„Sie haben geschrien”, meinte Harm und ließ Liam nun endlich los.
„Was hab ich denn geschrien, Sir?”, fragte Liam nach.
„Nein.”
„Nichts weiter?”
Harm schüttelte anstatt einer Antwort den Kopf.
„Können Sie wieder einschlafen?”, fragte Harm besorgt.
„Ja, ich hoffe Sie können wieder einschlafen, Sir?”
„Geht schon in Ordnung. Schlafen Sie gut weiter.”
„Danke, Sie auch, Sir.”
Harm ging aus dem Zimmer, ließ die Zimmertür jedoch ein kleines Stück offen stehen.
Liam ließ sich zurücksinken, schaltete die Nachttischlampe ab und schloss die Augen. Er schaffte es wieder einzuschlafen. Diesmal ohne Traum.

 
* * *
 

1227 Zulu (7.27 EST)
Liam Kincaids Apartment
Schlafzimmer
Washington D.C.

Liam schlug die Augen auf und merkte, dass es noch sehr früh war. Er konnte nicht sagen, was ihn geweckt hatte, bis er das Global auf seinem Nachttisch erblickte. Langsam streckte er danach den Arm aus. Er ließ es aufschnappen und meldete sich. Das Bild einer blonden Frau erschien, Renee Palmer.
„Hallo Renee.”
„Hallo Liam, habe ich Sie geweckt?”, fragte die junge Frau, als sie seinem müden Blick sah.
„Nein, warum rufen Sie mich an?”, log er.
„Es gibt Probleme, mit Ronny.”
„Was für welche?”, fragte Liam aufgeregt.
„Er hat mich gestern bei Doors aufgesucht und meinte, dass er jetzt jeden - er meinte wirklich jeden - foltern wird, der weiß, wer der Führer des Widerstandes ist. Also halten Sie sich bitte in nächster Zeit etwas zurück. Wir brauchen Sie noch”, riet ihm Renee.
„Das werde ich und vielleicht sogar noch länger”, antwortete Liam.
„Was meinen Sie mit ‚noch länger'?”
„Ich stehe heute vor dem Kriegsgericht. Weil Liam Kincaid damals sein Geschwader im Stich gelassen haben soll. Ein gewisser Cooper will ihm... mir das Leben schwer machen.”
„Brauchen Sie meine Hilfe?”, fragte Renee dann besorgter.
„Nein, ich komm schon klar. War das alles? Ich glaube, dass ich bald los muss. Bis dann.”
„Ja, bye, Liam. Und viel Glück.”
Er ließ sein Global gekonnt zuschnappen und machte sich auf den Weg ins Bad. Dabei nahm er sich seine grüne Uniform vom Fußende des Bettes mit.
Nach einer viertel Stunde kam er frischrasiert und gewaschen wieder aus dem Bad. Dann stellte er fest, dass Harm noch immer schlief. Ich werde erst mal Kaffee kochen, überlegte er.
In der Küche stellte er leise die Kaffeemaschine an.

 
* * *
 

1302 Zulu (8.02 EST)
Liam Kincaids Apartment
Wohnzimmer
Washington D.C.

Harm schlug die Augen auf, wusste nicht, was ihn geweckt hatte. Aber dann stieg ihm der Geruch von frischem Kaffee in die Nase. Da klingelte es auch schon an der Haustür. Liam ging zur Sprechanlage.
„... ja, kommen Sie doch hoch, Ma'am”, sagte er dann nach einer Weile.
„Ähm. Guten Morgen, Major”, machte sich Harm bemerkbar.
„Guten Morgen, Sir. Ihre Partnerin ist schon unterwegs zu Ihnen.”
„Naja, dann geh ich mal ins Bad”, meinte er und ging ins Bad.
Liam hörte, wie die Dusche angestellt wurde, und dann klingelte es an der Wohnungstür. Er öffnete und grüßte zackig.
„Guten Morgen, Major. Stehen Sie bequem.”
„Danke, Ma'am. Ich habe gerade einen Kaffee gemacht. Wollen Sie auch einen, Ma'am?”, fragte er dann höflich.
„Ja, gerne.”
„Setzten Sie sich doch auf den Sessel. Die Couch bringe ich gleich in Ordnung, Ma'am.”
Mac setzte sich auf den besagten Sessel. Liam goss Kaffee in zwei von drei bereitgestellten Tassen. Dann machte er sich daran die Decke und das Kissen wegzuräumen.
„Was haben Sie denn gestern Abend noch gemacht? Es ist niemand ans Telefon gegangen”, fragte Mac etwas neugierig.
„Der Commander und ich, wir sind noch mit meinem Shuttle geflogen.”
„Ah ja.”
„Ja, Mac. Was haben Sie gegen einen Männerabend?”, fragte Harm spöttisch, als er mit feuchten Haaren aus dem Badezimmer kam.
„Gar nichts. Ich wollte nur fragen, ob Sie sich heute an mehr erinnern können, Major?”
„Ja. Es war so: Am Abend davor kam Coopers Freundin ihn besuchen. Ich hatte an dem Abend ganz andere Gedanken, als Frauen. Mein CO ist eine Stunde zuvor auf mich zugekommen und meinte, dass ich mein Geschwader anfeuern soll. Wir seien zu langsam. Ich wollte mich an dem Abend einfach nur betrinken. Weil wir uns wirklich ins Zeug legten. Dann wurde mir die Freundin vorgestellt. Ich nahm keine Notiz von ihr, bis sie dann auf mich zukam und meinte, wie nett ich sei und so. Naja, sie gab mir ein paar Biere aus und.... Als er es erfuhr, flippte er aus. Er drohte mir, er würde sich rächen und mich umbringen. Daraufhin kam ich ihm nicht mehr zu nahe. Nicht, dass ich Angst hatte oder so. Nein, ich wollte nur nichts riskieren”, Liam beendete seinen Vortrag mit einem seltsamen Blick in seinen Augen.
„Das hätte ich nicht gedacht”, gab Mac mit offenem Schock zu.
„Das war ein Grund, weshalb ich verschwunden bin”, gab er offen zu und hoffte, dass niemand merken würde, dass er nicht Liam Kincaid war. Wenn das rauskäme, würde es das Ende für den Widerstand bedeuten, das Ende für Renee, Augur, sich und noch viele andere Menschen.
„Wann müssen wir eigentlich los?”, fragte Liam, um vom Thema abzulenken.
Mac dachte einen Moment nach, denn sie hatte ja eine innere Uhr.
„Gleich”, meinte sie dann völlig ruhig.
Liam ging zum Schreibtisch und suchte anscheinend etwas. Seinen Glücksbringer. Es war ein gerahmtes, kleines, holografisches Bild von seiner Mutter. Für einen Moment dachte er an Hannah Klein. War das überhaupt ihr richtiger Name? Sie wurde von Sandoval geschickt, um mich auszuspionieren und ich war so dumm und bin auf sie reingefallen. Dann hat Sandoval mich auch noch beauftragt, ihr näher zu kommen. Und das in einer Krisenzeit im Widerstand. Kaum zu glauben, ich hatte mich damals wirklich in sie verliebt. Er verwarf die Gedanken sofort wieder. Er hatte einfach kein gutes Gefühl heute.
Woran denkt er wohl? Ich hab ihn in der letzten Zeit nie so nachdenklich gesehen. Dachte Harm und erinnerte sich wieder, was in der letzten Nacht geschehen war. Mac musterte die beiden Männer. Was war wohl vorgefallen? Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass heute noch etwas Schlimmes passieren würde. Sie hoffte nur, dass sie damit nicht Recht hatte. Liam zog sich seine Uniformjacke über und verließ mit seinen beiden ‚Babysittern’ - wie er Harm und Mac jetzt insgeheim nannte - die Wohnung.

 
* * *
 

1245 Zulu (8.45 EST)
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Bei ihrer Ankunft hatten Harm und Mac gehört, dass die Anklage noch ein paar wichtige Zeugen gefunden hatte. Derzeit sahen sich Harm und Mac - jeder in seinem Büro - diese Aufzeichnungen an. Die belasten den Major noch schwerer. Dachte Mac, als sie die ersten Akten gelesen und auf einen kleinen freien Fleck auf ihren überfüllten Schreibtisch abgelegt hatte. Die Verhandlung ist auf 10.30 Uhr angesetzt. Hoffentlich hält der Major auch durch. Sie sah den unruhigen Major in Harms Büro sitzen.

 
* * *
 

1425 Zulu (10.25 EST)
Gerichtssaal

Harm, Mac und Liam setzten sich auf die Verteidigungsbank. Liam spürte, wie sein Magen sich irgendwie zusammenzog. So aufgeregt war er noch nie zuvor gewesen. Naja man wird ja auch nicht jeden Tag vor Gericht angeklagt, versuchte er sich aufzumuntern.
„Hey, beruhigen Sie sich, Major”, meinte Harm aufmunternd.
„Ich bin ein Marine, ich...”
„Ich weiß, ich weiß. ‚Ich bin ein Marine, ich bin nicht aufgeregt?'”, beendete Harm den Satz, weil er ihn schon oft von Mac gehört hatte.
„Ja”, antwortet Liam mit fester Stimme.
Der Gerichtsdiener rief nun von der Tür her:
„Bitte erheben Sie sich.”
Alle taten das, dann kam ein schon etwas älterer Richter in den Saal, setzte sich auf seinen Platz.
„Nehmen Sie platz”, meinte der Richter dann.
Beide Seiten brachten ihre Beweismittel vor. Dann sagte der Richter zu Lt. j. g. Bound:
„Die Anklage darf ihren ersten Zeugen aufrufen.”
„Ich rufe Captain Michael Cooper in den Zeugenstand.”
Ein Mann, mit markanten Gesichtszügen, dunklen Haaren und grünen bedrohlich dreinschauenden Augen betrat den Gerichtssaal, stellte sich vor dem ihm angewiesenen Platz und durchbohrte Liam mit seinen Blicken. Ist das wirklich der selbe Kerl von damals? Sein Gesicht wurde immer grimmiger. Ist ja auch egal. Weil er mir damals die Freundin ausgespannt hat, wird er jetzt leiden müssen. Dieser Bastard!!!!! Dann grinste er siegessicher. Liam bekam diese Wandlungen mit und fühlte sich noch unwohler. Dann ertastete er seinen Glücksbringer in der Hosentasche und beruhigte sich ein wenig. Eigentlich war es ja nicht seine Art, an Glücksbringer zu glauben. Aber in diesem besonderen Fall. Cooper stand noch immer mit erhobener rechten Hand vor dem Zeugenstand.
„Bitte nennen Sie Ihren Namen und Rang”, riss Bound ihn nun aus seinen Gedanken.
„Captain Michael Cooper. Stationiert in MIRAMAR.”
„Schwören Sie die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit?”, fragte Bound vorschriftsmäßig.
„Ich schwöre”, aber ob ich's tun werde? fügte er in Gedanken hinzu.
„Sie dürfen Platz nehmen.”
Cooper tat dies, ließ Liam dabei aber nicht eine Sekunde aus den Augen.
„Captain Cooper, würden Sie dem Gericht bitte schildern, was am 5. Juli 1993 passiert ist?”
„Major Kincaid hat mich, als ich einen Triebwerksschaden hatte, allein gelassen. Er hat einfach abgedreht”, erzählte Cooper und wendete den Blick immer noch nicht von Liam ab.
„Was glauben Sie, warum der Major das getan hat?”, fragte Bound nach.
„Einspruch, Euer Ehren! Aufruf zur Spekulation!”, meinte Mac und fixierte Cooper.
„Stattgegeben.”
„Ich ziehe die Frage zurück.”
An Cooper gewandt fuhr er fort:
„Passierte etwas am Morgen davor?”
„Nein.”
„Warum hat er Ihnen dann nicht geholfen?”
„Ich weiß es nicht.”

„Ich hab das nicht getan”, flüsterte Liam und seine Hände ballten sich unter dem Tisch ungewollt zu Fäusten.
„Ich glaube Ihnen”, flüsterte Mac zurück. Dabei berührte sie vorsichtig Liams rechte Hand.
Als sie seine Hand berührte, zuckte er unmerklich zusammen.

„Ihr Zeuge”, meinte Bound dann.
Mac erhob sich und fixierte Cooper nochmals. Aber der grinste sie nur höhnisch an.
„Ist es nicht wahr, dass Ihre Freundin Sie am Abend zuvor auf Ihrem Landgang besucht hatte?”, fragte sie hart.
„Einspruch, Euer Ehren! Nicht relevant”, schrie Bound fast.
„Euer Ehren, wenn Sie erlauben, würde ich gern diese Frage beantwortet haben, weil sie meines Erachtens wichtig für den Prozess sein wird”, meinte Mac sachlich.
„Einspruch abgewiesen”, meinte der Richter hart und würdigte Bound keines Blickes. „Fahren Sie fort, Colonel.”
„Ja, das stimmt, Ma'am.”
„War es nicht auch so gewesen, dass Sie sie Major Kincaid vorgestellt haben?”, fragte sie weiter und verfolgte dabei ihr Ziel.
„Das stimmt, aber ich weiß nicht, warum Sie das alles wissen wollen, Ma'am?”, fragte Cooper etwas irritiert.
„Was passierte am Abend noch?”
„Nichts”, gab sich Cooper betont ahnungslos.
Jetzt war es an Mac, die letzte Trumpfkarte auszuspielen.
„War es nicht so, dass der Major und Ihre Freundin zusammen verschwunden sind?”
„Ja”, gab Cooper dann nach.
„Also haben Sie eben gelogen?”, fragte sie triumphierend.
„Ja”, gab er zu und Mac hatte erreicht, was sie wollte. Nämlich Cooper als unglaubwürdig zu erklären.
„Haben Sie das nicht mitbekommen und dann dem Major am nächsten Morgen gedroht, ihn umzubringen, ist das richtig?”
„Das stimmt auch, Ma'am. Ich habe die Drohung jedoch nie ernst gemeint”, beteuerte Cooper.
„Aber warum haben Sie die Drohung dann ausgesprochen?”
„Um ihn zu erschrecken, Ma'am”, da war wieder dieses Lächeln auf Coopers Gesicht.
Mac jedoch ließ sich davon nicht beeindrucken und fuhr knallhart fort.
„Haben Sie damals einen falschen Bericht eingereicht?”
„Nein, Ma'am. Das würde ich nie tun.”
„Danke, Captain Cooper. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.”
Mac ging wieder zu Harm und Liam zurück, während Cooper sich in den Zuschauerbereich setzte.
Bound rief seinen nächsten Zeugen auf, den Mac und Harm jedoch auch wieder in der Luft zerrissen. Liam hörte nur mit halben Ohr zu, denn er spürte Coopers Blick im Rücken. Der Zeuge ging auch in der Zuschauerbereich und er hörte, wie Bound sagte:
„Ich rufe nun Major Liam Kincaid in den Zeugenstand.”
Liam erhob sich und trat an den Zeugenstand.
„Bitte nennen Sie dem Gericht Ihren Namen, Rang und jetzigen Beruf.”
„Major Liam Nevell Kincaid, ich bin Companion-Protector”, antwortete Liam.
„Schwören Sie die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit?”
„Ich schwöre.”
„Nehmen Sie bitte Platz.”
Liam setzte sich, behielt dabei aber Cooper im Auge. Dieser kramte gerade etwas unter seiner Uniformjacke herum. Er befahl sich, sich zu beruhigen. Es gelang ihm ein bisschen.
Bound fragte ihn alles Mögliche über den Tag und übergab ihn dann Harm.
Liams Aufmerksamkeit galt aber nicht mehr dem Gericht - sondern Cooper - der etwas Silbernes in der Hand hielt.
Harm hörte einen Schuss, dann blickte er zu Liam, der bereits in sich zusammensank. Langsam glitt er in die Bewusstlosigkeit über.
„Rufen Sie einen Krankenwagen”, herrschte Harm einen der Gerichtsdiener an.
Zwei Andere nahmen Cooper die Waffe ab und hielten ihn fest. Mac war zu Liam gestürzt und versuchte zu verhindern, dass er vom Stuhl rutschte.
Liam hörte die Sirene des Krankenwagens, wie aus weiter Ferne.

 
* * *
 

1331 Zulu (8.31 EST)
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Liam wurde fast den ganzen letzten Nachmittag operiert. Die Ärzte schienen dann ziemlich zuversichtlich zu sein. Mac saß auf einem Stuhl neben dem Krankenbett und lauschte den vielen Geräuschen, die die verschiedenen Geräte neben Liams Krankenbett von sich gaben. Er war noch nicht einmal aufgewacht, seitdem die Ärzte ihn ins Krankenzimmer gebracht hatten. Harm machte sich Vorwürfe, dass er es nicht mitbekommen hatte, dass Liam in Lebensgefahr steckte. Mit einem Mal kam ein langgezogenes Piepten aus einem der vielen lebenswichtigen Geräte, die um das Bett aufgestellt worden waren. Sofort kam ein junger Arzt mit drei Schwestern angelaufen. Sie bugsierten Harm und Mac auf den Flur, schlossen die Tür jedoch nicht. Der Mann auf dem Krankenbett wurde noch etwas bleicher im Gesicht, das eintönige Piepen blieb jedoch. Der Arzt gab leise Kommentare an die Schwestern. Dann lud er den Elektroschocker auf und setzte ihn Liam an die Brust. Er ruckte hoch, die schnurgerade Linie auf einem der Monitore wurde nun von einer Kurvenreicheren abgelöst. Der Arzt und die Schwestern atmeten sichtlich erleichtert auf. Er, der Arzt, kam zu ihnen hinüber und fragte:
„Sind Sie mit ihm verwand?”
„Nein”, meinte Harm, weil Mac kein Wort herausbrachte.
„Können wir jemanden informieren?”, fragte der Arzt weiter.
„Keine Ahnung”, meinte Harm und stellte entrüstet fest, dass er nicht einmal wusste, wer die Freundin vom Major war. Liam hatte über so etwas mit ihm nicht gesprochen.
„Wollen Sie seine Sachen haben?”
„Ja, was ist eigentlich eben passiert?” Mac hatte sich nun wieder einigermaßen unter Kontrolle.
„Sein Herz hatte für einen Moment ausgesetzt, aber er wird's überstehen”, meinte der Arzt.
„Wird es für ihn irgendwelche Folgen haben?”, fragte Mac besorgt.
„Nein. Aber kommen Sie doch heute Abend wieder. Wir mussten ihn in eine Art künstliches Koma versetzen.” Etwas Piepte in seiner Kitteltasche.
„Oh, entschuldigen Sie mich. Ein anderer Patient braucht meine Hilfe.”
Eine Schwester gab ihnen die Uniformjacke, die jetzt ein Loch hatte, und die Hosen.
Sie gingen zu Harms Wagen, einem SUV (Subaru), und fuhren los. Der Admiral hatte ihnen heute ausnahmsweise frei gegeben, weil er gehört hatte, was im Gerichtssaal geschehen war, und sie die ganze Nacht im Krankenhaus gewartet hatten. Sie fuhren nach Georgetown.

 
* * *
 

1425 Zulu (8.25 EST)
Apartment „The Washington 2812”
Georgetown, Washington D.C.

Mac schloss ihre Wohnungstür auf und Jingo, der alte Drogenhund, kam ihr mit wedelnden Schwanz entgegen und versperrte ihnen den Weg, so als wolle er sie nicht reinlassen, bevor sie ihn richtig begrüßt hatten. Er begrüßte also erst sie und dann Harm. Der kraulte ihm sogleich auch das Fell. Harm und Mac konnten nun die Wohnung betreten und Mac bot Harm an, bei ihr auf dem Sofa ein paar Stunden zu schlafen, weil sie beide letzte Nacht nicht viel geschlafen hatten. Er willigte ein und ließ sich erschöpft auf dem Sofa nieder. Mac kam zu ihm, immer noch Kincaids Sachen in der Hand, und setzte sich. Dann durchsuchte sie die Uniform. Sie wusste nicht warum, aber sie tat es einfach. In der einen Hosentasche fand Mac ein holographisches Bild mit einer jüngeren Frau darauf. Sie hatte braune Haare und sah freundlich drein.
„Harm?”, fragte sie.
„Hm?”, war seine Antwort.
„Wissen Sie, wer das ist?”, fragte sie und hielt ihm das Bild hin.
„Nein. Aber irgendwo hab’ ich sie schon mal gesehen”, meinte er.
„Ja, sicher, Sie Fliegerheld. Sie haben doch jede Frau schon mal irgendwo gesehen. Das ist doch Ihre Standard-Anmache”, meinte Mac spöttisch.
„Nein, das stimmt doch gar nicht”, meinte er gespielt ärgerlich. „Aber ehrlich, sie kommt mir bekannt vor”, meinte er dann wieder ernst.
„Ja, ist mir eben auch aufgefallen. Ob Bud es einscannen kann?”, fragte sie dann laut.
„Wir können ihn ja später mal fragen. Aber jetzt schlafen wir eine Runde, ich kann's gut gebrauchen”, schlug Harm vor.
Mac ging ins Bad und kam nach zehn Minuten mit tropfnassen Haaren wieder heraus. Sie wollte nur noch mal kurz nach Harm sehen und ihm sagen, dass er jetzt ins Bad könne, da sah sie ihn schlafend auf der Couch sitzen. Eine Minute später lag er auch schon ausgestreckt da. Sie weckte ihn vorsichtig, damit er sich nicht erschreckte.
„Hey Harm, Sie können so doch nicht schlafen. Sie werden sich noch erwürgen”, meinte sie und versuchte seine Krawatte zu öffnen. Harm riss auf einmal die Augen auf und sah, wie sich Mac an seiner Krawatte zu schaffen machte.
„Rotes Licht, Col.”, meinte er belustigt.
„Wieso? Ich rette Ihnen doch nur das Leben”, sagte sie spitzbübisch grinsend.
„Achso, na dann. Ich lass mich gerne von Ihnen bedienen”, Harm zeigte mal wieder sein berühmtes Flyboy - Grinsen.
Von diesem Lächeln sagte man, dass ihm keine Frau widerstehen konnte. Endlich hatte sie den Knoten gelöst. Bevor sie in ihr Schlafzimmer ging, drehte sie sich noch einmal um. Harm hatte sich auf die Couch gelegt, so dass sie nur noch seinen Kopf über eine der Armlehnen hängen sehen konnte. Er ist schon wieder eingeschlafen. Stellte sie zufrieden fest.
So beruhigt, konnte sie nun auch etwas schlafen.

 
* * *
 

1723 Zulu (12:23 EST)
Apartment „The Washington 2812”
Georgetown, Washington D.C.

Mac schlug die Augen auf. Ihre innere Uhr sagte ihr, dass es schon 12:24 Uhr war. Dann fing ihr Magen an zu knurren. Sie schlug ihre Decke weg und Jingo kam auf sie zugerast. Sie konnte ihren vierbeinigen Freund nur mit Mühen abwehren, da er an ihr hochsprang. Sie stand auf und betrat das Wohnzimmer. Harm lag nicht mehr auf dem Sofa. Er hatte es sich in der Küche bequem gemacht und stand gerade vor der offenen Kühlschranktür.
„Ich dachte, Marines brauchen nicht so viel Schlaf?”, fragte Harm, als er sich umdrehte und seine Partnerin sah.
„Ach, hören Sie schon auf. Haben Sie schon etwas von dem Major gehört?”
„Ja, das Krankenhaus hat vor fünf Minuten angerufen. Der Major ist aufgewacht.”
„ Ich hab gar nicht gehört, wie das Telefon geklingelt hat. Wann fahren wir zu ihm?”
„Das Krankenhaus hat auf mein Handy angerufen. Es klingelt doch nicht. Wie wär's, wenn wir nach dem Essen fahren?”
„Das ist mal eine gute Idee von Ihnen, Sailor. Was gibt's eigentlich?”, fragte sie beiläufig.
„So, wie Ihr Kühlschrank aussah, gab es nur eine Variante. Für mich einen Salat und für Sie ein Steak.”
„Ein Steak? Commander, Sie wollen doch dann nicht etwa wieder mal was von meinem Teller essen, oder?”
Harm verteilte das Essen auf dem jeweiligen Tellern und stellte sie auf den Tisch. Sie aßen und Mac versorgte, noch bevor sie zum Krankenhaus aufbrachen, Jingo. Sie zogen sich ihre Jacken an und verließen nacheinander die Wohnung. Sie fuhren mit Harms SUV. Mac wollte ihre Corvette heute nicht fahren. Denn das letzte Mal, als sie sie bei diesen Temperaturen gefahren war, hatte sie sich erkältet.

 
* * *
 

1802 Zulu (13:02 EST)
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Liam musste kurz eingenickt gewesen sein, weil er sich so schwach fühlte. Dann hörte er, wie leise die Zimmertür geöffnet wurde. Er drehte den Kopf vorsichtig nach rechts, um zu sehen, wer ihn besuchte. Es waren Harm und Mac.
„Hey, Major, wie geht es Ihnen?”, fragte Harm und nickte Liam aufmunternd zu.
„Es geht schon”, er versuchte leicht zu lächeln, was ihm auch etwas gelang.
„Hey, Harm. Kann ich mal kurz mit dem Major allein sprechen? Ich meine so von Marine zu Marine.”
„Natürlich, bei Top Secret Marine Angelegenheiten will ich natürlich nicht stören”, meinte Harm grinsend.
Er verließ das Zimmer und Mac wandte sich Liam zu.
„Major, darf ich Sie mal was Persönliches fragen?”, fragte sie zurückhaltend.
„Ja, fragen Sie schon.”
„Wer sind Sie?”, fragte sie frei heraus.
„Wie meinen Sie das, Ma'am?”, fragte Liam verwirrt.
„SIE sind doch gar nicht Liam Kincaid, oder?”, fragte sie ihn, blieb aber sehr ruhig.
„Woher... ?”, fragte er leise.
„Ich erkenne einen Marine auf 1000 Meilen Entfernung”, sagte sie stolz.
„Weiß er es schon?”, sein Kopf bewegte sich ein Stück in Richtung Tür.
Vor der Harm schon fast ungeduldig wartete.
„Nein, aber wer sind Sie dann?”, beharrte sie.
„Ich werde es Ihnen später erklären. Bitte vertrauen Sie mir”, bat Liam leise.
„Okay. Kann ich noch etwas für Sie tun?”
„Können Sie Renee Palmer von Doors International für mich anrufen?”
„Ja, ich werde mich drum kümmern.”
Mac wusste nicht wieso, aber sie glaubte dem Mann, dass er ihr alles erklären würde. Sie konnte nicht glauben, einen Menschen, der dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen war ,so in Bedrängnis gebracht zu haben. Sie holte Harm noch mal rein. Nach einer Weile verabschiedeten sie sich voneinander und Liam lag wieder allein in seinem Krankenzimmer.

 
* * *
 

1903 Zulu (14:03 EST)
Apartment „The Washington 2812”
Georgetown, Washington D.C.

Vor der Wohnungstür hielt Harm Mac am Arm fest.
„Was ist mit Ihnen los? Ich meine, seitdem wir das Krankenhaus verlassen haben, haben Sie kein Wort mehr gesprochen.”
„Es ist nichts. Wirklich”, versuchte Mac überzeugend zu sagen. Harm gab sich damit zufrieden. Für den Moment jedenfalls.
„Ich hole Sie dann Morgen früh zum Dienst wieder ab”, verabschiedete sich Harm und ging.
Mac schloss die Tür auf und nahm Jingo fast gar nicht wahr. Geistesabwesend kraulte sie ihn hinter den Ohren. Sie setzte sich an den überladenen Schreibtisch und wählte die Nummer, die ihr dieser Mann, der sich selbst Liam Kincaid nannte, gegeben hatte.
<Palmer,> meldete sich eine Frauenstimme.
„Hier ist Lt. Col. Sarah MacKenzie. Sind Sie Renee Palmer?”
<Ja, was habe ich mit dem Militär zu tun?>
„Es geht um Major Kincaid...”, Mac kam nicht dazu auszusprechen.
<Was ist mit ihm? Ist er in Schwierigkeiten?> fragte die Stimme aufgeregt.
„Er liegt mit einer Schusswunde im Washington Memorial Hospital. Er bat mich, Sie zu informieren.”
<Danke, ist es lebensgefährlich?>
„Er ist bereits über den Berg”, meinte Mac beruhigend.
<Kann ich ihn besuchen?>
„Ja, klar. Ich glaube sogar, dass er sich über Ihren Besuch sehr freuen würde.”
<Äh, ja,> meinte Renee etwas verlegen.
Beide Frauen schwiegen, jede dachte aber über Liam nach. Mac fragte sich, welche Erklärung er ihr geben würde, und Renee fragte sich, ob er wirklich sie sehen wollte und nicht Augur.
<Danke, dass Sie mich in Kenntnis gesetzt haben, ich werde so schnell ich kann zu ihm fahren,> verabschiedete sich Renee.
„Ja, hab ich doch gern getan. Wiederhören.”
Beide legten auf.

 
* * *
 

1905 Zulu (14:05 EST)
Doors International
Washington D.C.

Renee hatte kaum den altmodischen Hörer aufgelegt, da war sie fast aus dem Büro gerannt.
Sie beschleunigte den Aufzug auf Höchstgeschwindigkeit und sprang in ihren grauen Wagen. Dieser machte fast einen Satz nach vorne, als sie ihn zu hastig startete.

 
* * *
 

1916 Zulu (14:16 EST)
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Es klopfte an Liam Kincaids Krankenzimmertür.
„Herein”, seine Stimme war immer noch nicht so fest wie früher.
Die Tür wurde geöffnet und Renee trat ein.
„Hi, hab gehört, was passiert ist. Wie geht's Ihnen?”
„Gut”, log Liam.
„Warum sollte ich hierherkommen?”
„Es gibt Probleme. Dieser Col. MacKenzie hat gemerkt, dass ich nicht Liam Kincaid bin. Was soll ich jetzt tun?”
„Wie konnte sie...?”
„Sie meinte, sie würde ‚einen Marine auf 1000 Meilen Entfernung erkennen'”, ließ Liam sie nicht ausreden.
„O Gott! Was wollen Sie jetzt tun?”
„Das weiß ich nicht. Deswegen ließ ich Sie herkommen.”
„Wollen Sie ihr die Wahrheit sagen?”
„Ich weiß es nicht. Was gibt es denn noch für eine andere Wahl?”
„Ich weiß keine. Ob sie es Ihnen glauben wird?”
„Es ist die Wahrheit. Was anderes: Wie kommt Augur klar?”
„Recht gut, aber warum fragen Sie?”
„Ich hab so das dumme Gefühl, dass ich einige Zeit nicht einsatzbereit bin”, meinte Liam und hob vorsichtig seinen rechten Arm, ließ ihn aber sofort wieder sinken, als es weh tat.
„Ich kann ihm ja helfen, wenn es schlimm kommt. Hoffentlich weiß es dann nicht alle Welt, wenn Sie Ihr Geheimnis verraten”, meinte Renee misstrauisch.
„Ehrlich gesagt, halte ich den Col. nicht für ein Klatschweib.”
„Hoffen wir's mal, sonst war alles, was wir geleistet haben, umsonst.”
„Okay, bis dann, Liam”, sagte sie, bevor sie ging.
„Ja, bis dann. Bitte leiten Sie alles in die Wege, ja?”
„Aber sicher.”
Sie schloss die Tür hinter sich und musste erst einmal tief durchatmen. Renee hatte Liam noch nie so schwach gesehen. Er war immer so stark gewesen und nun tat ihm sogar die kleinste Bewegung seines Armes weh. Es half nichts, sie musste sich um alles kümmern, um sich auf andere Gedanken zu bringen und damit sich Liam besser erholen konnte.
Liam lag allein im Krankenzimmer und musste zugeben, dass es ihm noch schlechter ging, als er dachte. Aber er würde es sicher nie vor jemandem zugeben. Denn er wollte bald wieder arbeiten. Die Verantwortung, die er trug, war ziemlich groß.

 

 

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