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  „Schuldig oder Unschuldig?” von Rob   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juli 2002
Die Figuren Harm, Mac u.a. gehören Donald P. Belissario, Paramount, Belissarius Productions und CBS. Die Figuren Liam, Renee, Augur u.a. gehören Gene Roddenberry, Tribune Entertaiment und MGM. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis des Autors.
 
Handlung:  Ein junger Major soll im aktiven Dienst sein Geschwader im Stich gelassen und Fahnenflucht begangen haben. Er beteuert immer wieder seine Unschuld. Doch es gibt einen belastenden Zeugen.
Zeitpunkt:  gegen Ende der dritten Staffel von Mission Erde / nach der fünften Staffel von JAG
Charaktere:  Liam, Da'an, Renee, Augur, Harm, Mac, Cooper und andere]
 
Lest bitte auch die Vorbemerkung des Autors und seine kurze Einführung in die Serie JAG
 

 

SCHULDIG ODER UNSCHULDIG?

 

Teil 3

2025 Zulu (15:25 EST)
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Liam lag nun schon vier Tage in diesem Krankenhaus und der Tag, an dem er Mac alles erzählen wollte oder musste, rückte unaufhörlich näher. Er saß in seinem Bett und überarbeitete einen alten Bericht auf seinem Global, als es klopfte. Harm und Mac kamen ihn fast regelmäßig besuchen um ihm zu berichten, was mit Cooper geschah.
„Herein”, seine Stimme wurde von Tag zu Tag immer fester.
„Hallo, wie geht's Ihnen?”, fragte Mac fröhlich, als sie das Zimmer betrat - allein-.
„Blendend”, meinte er im Scherz.
„Sind Sie heute dazu bereit mir das zu erzählen?”
„Ja”, meinte er und sah sie kaum an. „Es begann alles vor zwei Jahren”, er machte eine Pause um die Worte wirken zu lassen. „Damals wurde ein außerirdischer Flugkörper gefunden. Dieser Flugkörper sollte auf dem Schwarzmarkt verkauft werden, aber die ‚Finder’ öffneten ihn versehentlich, weil sie keine Ahnung hatten. Der darin gefangene Außerirdische konnte dadurch entfliehen”, Mac fiel auf, dass er das nicht gern tat und nahm sich vor, ihm geduldig bis zum Ende zuzuhören. „Dieser konnte die Körper verschiedener Menschen annehmen und brachte eine Unruhe unter die Menschen. Der letzte Körper, den er annahm, war Agent Sandovals. Das ist der Mann, der bei der Ausstellung neben mir stand. Jedenfalls übernahm er die Rolle so perfekt, dass ihm alle glaubten. Sogar William Boone und Siobhan Beckett”, er sah sie jetzt etwas an um herauszufinden, ob sie alles verstand. „Sie fand das Versteck des Widerstandes und teilte es Sandoval, oder besser: Ha`gel so nannte sich der Alien, mit. Dieser begab sich sofort dahin. Boone, der auch dem Widerstand angehörte, versuchte ihn zu verteidigen. Da nahm Ha`gel die Chance wahr und zeugte mit Beckett ein Kind, bevor er von Boone getötet wurde. Boone erlag seinen Verletzungen wenige Tage später. Oder wurde ermordet. Beckett bekam also ihr Kind im Versteck des Widerstandes. Dieses Kind wuchs innerhalb weniger Stunden zu einem erwachsenen heran. Das war oder bin ich”, damit endete sein Vortrag.
Liam legte sich auf den Rücken und starrte die Zimmerdecke an.
„Warum haben Sie mir das nicht früher erzählt?”, fragte sie wütend und ihre Augen funkelten ihn an. „Wir haben Sie verteidigt!”
„Denken Sie, ich binde das jedem auf die Nase?”
„Nein, aber ich dachte Harm... ich meine der Commander und ich wir hätten Ihnen gezeigt, dass Sie uns die Wahrheit sagen könnten”, meinte sie etwas ruhiger.
„Hätten Sie mir denn geglaubt?”
„Nein, ich weiß es nicht. Diese Story klingt so, so....”
„Unglaublich?”, fragte er.
„Ja, aber ich glaube Ihnen. Trotz allem ist Ihr Geheimnis bei mir sicher”, meinte Mac dann und setzte sich endlich auf den Stuhl neben Liams Krankenbett.
„Sie glauben mir?”, fragte er etwas ungläubig.
„Ja, aber nur, wenn Sie mich nicht noch einmal so anlügen”, meinte sie versöhnlicher.
„Danke”, sagte er leise und Mac verstand es.
Langsam drehte er den Kopf zu ihr und sah sie aufmerksam an. Mac sah ihm jetzt zum ersten Mal in die Augen. Die Augen waren braun, fast schwarz. Sie sahen sie fragend und gleichzeitig offen an. Was sie aber verwirrte war die Jugend in ihnen, die sie darin noch entdeckte. Es verwirrte sie ein wenig und sie wendete deswegen für einen kurzen Augenblick die Augen ab.
„Wo ist eigentlich Ihr Partner, Ma'am?”, unterbrach Liam die Stille.
„Er hat noch einen wichtigen Fall zu bearbeiten, er wollte aber etwas später nachkommen.”
„Was passiert nun eigentlich mit Cooper? Steht es endlich fest?”, fragte er dann weiter, um nicht wieder auf das alte Thema zurückzukommen.
„Also, die Anklage gegen Sie wurde verworfen. Ebenso die wegen Fahnenflucht. Obwohl, viele andere Leute dafür eine hohe Geldstrafe zahlen müssen. Aber es gibt eine neue Klage gegen Cooper, wegen Mordversuches. Da müssen Sie gegen ihn aussagen.”
„Tja, diesmal weiß ich genau, was passiert ist”, versuchte er zu scherzen.
„Wissen Sie schon, wann Sie hier wieder rauskommen?”
„Nein, leider. Ich würde lieber arbeiten oder so, als hier rumzuliegen und mir von den Schwestern auf der Nase herumtanzen lassen.”
„Ich dachte eher, dass Sie den Schwestern auf der Nase rumtanzen”, meinte Mac mit etwas Spott in der Stimme.
„Die glauben, dass sie mit mir alles machen könnten. Erst flößen sie mir dieses Krankenhausessen ein”, dieses Wort spukte er fast aus, „und dann kommen sie jede Minute herein um zu sehen, wie es mir bekommen ist. Ich hab das Gefühl, für die das Versuchskaninchen zu sein”, er konnte schon wieder lachen.
Es klopfte und Harm steckte den Kopf zur Tür rein.
„Darf ich reinkommen? Ich will ja nicht eure geheimen Marine-Gespräche stören”, meinte er lächelnd.
„Aber sicher, Sir”, sagte Liam fröhlich.
Alle Anspannung war aus seinen Worten gewichen. Zum ersten Mal, seit dem er im Krankenhaus war, fühlte er sich erleichtert. Mac merkte dies auch und ihr Lächeln wurde etwas breiter. Harm verstand zwar nicht, was sich zwischen den beiden abgespielt hatte, aber er war froh über Macs Lächeln. Er mochte es sie lächeln zu sehen. Harm mochte Mac seit dem Tag, an dem sie sich im Rosengarten des weißen Hauses vorgestellt worden waren. Zwar hatte er sich nicht besonders schlau aufgeführt und sie nur angestarrt. Das war aber nur so, weil sie Diane so sehr ähnelte. Es war einfach unglaublich für ihn gewesen, jemanden vor sich zu sehen, der gestorben sein sollte.
„Dürfen Sie aufstehen, Major?”, fragte er dann laut.
„Heute schon, warum Sir?”, fragte Liam neugierig.
„Ja, was haben Sie mit dem Major vor? Wollen Sie ihn etwa kidnappen und ihn zur Navy bringen?”, fragte sie lächelnd.
„Lassen Sie sich doch einfach überraschen”, meinte er und lächelte sein unwiderstehliches Flyboy-Grinsen. Er wedelte mit einer Reisetasche in der Luft herum, die er mitgebracht hatte.
„Sie können doch auch allein gehen”, meinte Liam.
„Nein, nein. Die Überraschung ist für einen bestimmten Major des Marine-Corps”, sagte Harm immer noch lächelnd.
Er warf Mac einen vielsagenden Blick zu, den sie auch sofort richtig deutete.
„Ich werde dann mal vor der Tür auf Sie warten”, sie schloss die Tür von außen.
„Hier, ich habe Ihnen ein paar Sachen aus Ihrem Apartment geholt. Ich hoffe es sind die richtigen?”, sagte Harm, als er die Reisetasche, die er in seiner Hand hatte, auf Liams Bettkante gelegt hatte. Liam nahm sich die Tasche näher heran und beäugte seine Sachen ohne zu wissen, was ihn erwarten würde.
„Ich werde dann auch draußen warten”, meinte er und ging.
„Danke, für alles”, sagte Liam als Harm es fast nicht mehr hören konnte.
Er fand sein blaues Hemd, das er sehr gerne trug. Dazu hatte Harm ihm eine dunkelblaue Hose und ein passendes dunkelblaues Jackett eingepackt. Er zog sich alles an, aber er war damit etwas langsam, weil die Wunden immer noch etwas schmerzten. Die Ärzte hatten ihm den linken Arm in dicke Binden gewickelt, was ihm das Anziehen noch mehr erschwerte. Nach zehn Minuten - die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen - hatte er auch irgendwie den zweiten Schuh an. Noch etwas groggy ging er zur Tür, öffnete sie und trat heraus.
„Entschuldigung, aber es ist ziemlich schwer hiermit”, meinte er und hob seinen bandagierten Arm ein wenig.
„Ach, nicht so schlimm. Harm verspätet sich auch immer”, sagte Mac mit einer kleinen Spur Spott in ihrer Stimme.
„Das ist gar nicht wahr”, meinte Harm gespielt empört.
„Wann ist eigentlich Ihre Mittagspause zu Ende?”, fragte nun Liam, weil er das Gefühl hatte, Harm und Mac hätten vollkommen vergessen, wo sie waren.
„Wir haben für heute frei bekommen. Der Admiral sah unseren Bericht und konnte mir meine Bitte nicht mehr abschlagen”, meinte Harm mit einem charmanten Flyboy - Grinsen.
„Ach ja”, meinte Mac dann wissend.
„Ja”, Harm tat beleidigt.
„Okay, hören Sie auf zu schmollen, Harm. Zeigen Sie lieber dem Major seine Überraschung, bevor er polizeilich gesucht wird und wir wegen Entführung ins Gefängnis wandern.”
„Uns kann nichts passieren, weil wir zwei gute Anwälte haben, die uns da wieder rausboxen”, meinte Harm dann. Er sprach so, als ob die zwei Menschen nicht anwesend waren.
Wer wohl diese zwei Anwälte sein sollen? Fragte sich Liam amüsiert.
„Dann gehen wir mal”, meinte Harm und schlug den Weg zum Ausgang ein.
Mac und Liam folgten ihm. Dabei blickte Mac immerzu forschend auf den jungen Mann neben sich. Er sieht überhaupt nicht anders aus.
Als sie das Krankenhaus verlassen hatten, wurde Liam immer aufgeregter.
„Was machen wir denn nun?”, fragte er und versuchte seine Aufregung zu verbergen. Es gelang ihm nur mittelmäßig. Harm jedoch amüsierte es den jungen Mann so aufgeregt zu sehen.
„Ich wollte mit Ihnen ins ‚Flat Planet’ gehen. Gestern hat mir jemand im JAG-Hauptquartier davon erzählt”, meinte er grinsend.
„Ah, ja”, war Liams verdutze Antwort.
„Leider kann man da nicht mit dem Auto hinfahren”, meinte Harm.
„Sie meinen doch nicht etwa...”
„Doch, Mithilfe von Portalen. Sie denken schon ganz richtig.”
„Harm, Sie können noch nicht mal die Koordinaten eingeben”, erklärte Mac.
„Dafür haben wir doch unseren Protector - Reiseführer. Der wird sie schon richtig eingeben, nicht wahr?”, er blinzelte Liam zu.
„Oh, ja. Können wir dann mal los?”, fragte er erwartungsvoll zurück.
Harm schob Mac in das Portalviereck, vor dem sie jetzt schon fast fünf Minuten standen. Liam tippte die Koordinaten ein und stellte sich zu ihnen.

 
* * *
 

2131 Zulu (16:31 EST)
Flat Planet Café
In der Nähe des Jupiters

Liam trat als erster aus dem Portal und ging in Richtung Eingang. Harm und Mac bemerkten, dass sich Liam im Flat Planet sehr gut zurechtfand, sagten jedoch nichts. Währenddessen ging Liam zu dem langen roten Tresen, der sich gegenüber dem Eingang befand. Dahinter stand ein junger Mann, mit kahlgeschorenem Kopf und einer gelben Hippie-Brille auf der Nase. Erst später sahen Harm und Mac, dass er einen langen Zopf am Hinterkopf hatte.
„Ob sie sich kennen?”, fragte Harm und deutete in Richtung Liam.
Da kam er auch schon zurück.
„Also, ich hab eben mit einem Bekannten gesprochen, wir haben einen Tisch”, verkündete er und beantwortete damit unbewusst Harms Frage. Unser Tisch ist dort, Sir, Ma'am”, er zeigte in die Richtung, aus der er kam.
„Dann gehen Sie doch schon mal vor, Major”, meinte Harm.
Liam ließ sich das nicht zweimal sagen und ging vor. Er führte sie quer durch den großen Hauptraum zu einem etwas abgelegenen Tisch.
„Da wären wir.”
Sie setzten sich und der Mann, mit dem Liam vorhin gesprochen hatte, kam zu ihrem Tisch.
„Also, was möchten Sie bestellen?”, fragte er dann höflich.
„Ich nehme ein Bier”, meinte Liam dann.
„Ich nehme ein Sodawasser”, sagte Mac.
„Ich schließe mich an.”
„Also ein Bier und zwei Sodawasser?”, fragte der Kellner zur Sicherheit nach und ging dann.
„War es falsch von mir, Sir Ma'am?”, fragte Liam, weil er das Unbehagen von Mac gesehen hatte, als er seine Bestellung aufgab.
„Nein, nein Major. Im Krankenhaus bekommen Sie ja so etwas nicht”, meinte Mac dann beruhigend.
„Das Bier hier hat einen geringen Alkoholgehalt. Deswegen bekommt man es nur hier”, erklärte Liam schnell.
Das Bestellte kam und Harm, Mac und Liam unterhielten sich prächtig.
„Ich werde mal wohin gehen”, meinte Harm nach einer Weile und stand auf.
„Sie kennen den Mann am Tresen stimmt's ?”, fragte Mac dann.
„Hm. Er ist mein Freund. Mein bester Freund”, antwortete er.
„Sagen Sie mal ehrlich, wie geht's Ihrem Arm?”, lenkte Mac auf ein anderes Thema.
„Cooper hat einen dummen Punkt getroffen”, antwortete er nur.
Sie schwiegen, bis Harm zurückkam und sich fragte: Ob sie sich gestritten haben?
„Was wurde eigentlich aus meiner Uniform? Ich meine, durch die Kugel ist doch bestimmt ein Loch im Stoff, außerdem das ganze Blut und so...”
„Sie bekommen das, was nicht mehr zu benutzen ist, natürlich neu”, antwortete sie dann.
„Guter Service”, scherzte er.
„Den gibt's nur bei uns”, sagte Mac grinsend.
„Ich glaube, dass wir uns bald auf den Weg machen müssen. Schließlich haben wir Sie nur ausgeliehen, Major”, meinte Harm grinsend, nachdem er auf seine Uhr gesehen hatte.
Harm winkte den Kellner heran, der sofort auf der Matte stand. Er und Liam warfen sich ständig Blicke zu wie: Hoffentlich geht's dir bald besser. Wir brauchen dich!
Sein Blick sollte so heißen: Ich wär’ auch lieber wieder bei euch. Dieses Rumliegen macht mich fertig.
Harm bezahlte und gab dem Kellner ein gutes Trinkgeld. Sie machten sich wieder auf den Weg durch das ID-Portal.

 
* * *
 

2300 Zulu (19:00 EST)
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Nachdem sie das Portal hatten, brachten sie Liam zurück. Der von den Schwestern auch nicht mehr aus den Augen gelassen wurde. Es war ihm unangenehm. Er hörte, als er heimlich über den Flur ging, um mit Augur zu sprechen, wie sich die Schwestern über ihn unterhielten. Er hörte nur Bruchstücke ihrer Unterhaltung, weil er eigentlich auch mit sich beschäftigt war.
„Major Kincaid ... ist der nicht süß ?... Er sieht...”, die Stimme ordnete er einer Schwester Cindy zu. Er ging schnell weiter und grinste in sich hinein.
Er fand einen guten Platz. Sein Global schnappte geräuschlos auf und Liam wählte Augurs Nummer.
„Augur. Ich bin's”, flüsterte er und hob das Global so hoch, dass Augur ihn sehen konnte.
<Hallo, ich dachte, du meldest dich gar nicht mehr,> Augur war sichtlich froh, dass sich Liam endlich bei ihm meldete. Nachdem Captain Lili Marquette spurlos verschwunden war, fühlte er sich für Liam verantwortlich.
„Entschuldige bitte, aber bis heute morgen lag ich noch im Krankenbett. Gibt's was Neues?”
<Nur, dass Sandoval immer mehr Maßnahmen anordnet,> versuchte er ruhig zu erklären, denn er wusste, wie Liam reagierte, wenn er zu schlechte Dinge berichtete.
„Welche?”, fragte er, weil es ihn auffraß, nur rumzusitzen, während seine Leute gefangen wurden und er nichts dagegen unternehmen konnte.
<Naja, die Leute werden alle getestet, bevor sie ein Portal benutzen dürfen. Ich glaube, da bahnt sich was ganz Großes an,> meinte Augur.
„Oh nein. Entschuldige, dass ich nicht bei euch bin. Mist, ich glaube, ich hab da eben was gehört, ich muss Schluss machen für heute. Bis dann”, Liam ließ sein Global zuschnappen. Als er sich umdrehte, wäre er fast mit Schwester Cindy zusammengestoßen, die ihn nun skeptisch von oben bis unten musterte.
„Major, was tun Sie hier?”, fragte sie ihn und ließ ihn nicht aus den Augen.
„Ich, ich...”, stammelte er.
„So, jetzt kommen Sie aber wieder mit in Ihr Zimmer”, sagte sie ernst und der Unterton in ihrer Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Sie schob ihn zurück ins Zimmer.
„Major, schlafen Sie gut”, sagte sie sanft, als sie das Zimmer verließ, nachdem sie ihn wie ein kleines Kind ins Bett gebracht hatte.
Liam schlief ein paar Minuten später ein.

 
* * *
 

1306 Zulu (8:06 EST)
Liam Kincaids Krankenzimmer
Washington Memorial Hospital
Washington D.C.

Liam riss die Augen auf, weil irgendetwas Schweres auf seiner Brust lag. Tatsächlich, als er vorsichtig den Kopf hob und an sich heruntersah, wollte ihm jemand ein Messer in die Brust rammen. Liam nahm alle Kraft zusammen und versuchte sich zu wehren, was sich aber als ziemlich aussichtslos erwies, denn seine Hände waren am Bett festgeschnallt worden. Er konnte nicht glauben, dass er nicht mitbekommen hatte, wie ihn jemand gefesselt hatte. Vorsichtig probierte er ein Bein zu heben. Es gelang ihm. Der Mann, den er nun als Cooper erkannte, hob die Hand mit dem Messer. Liam hob ruckartig sein rechtes Bein und trat zu. Cooper taumelte weg, ließ das Messer aber nicht fallen. Liam rüttelte heftig an seinen Fesseln. Sie lockerten sich kein Stück. Aber rissen dafür seine Handgelenke auf. Cooper richtete sich wieder auf und griff Liam nochmals an, er holte nun mit der bloßen Faust aus. Diese traf Liam an der Unterlippe, aus der Wunde rann sofort das Blut auf Liams weißes T-Shirt. Cooper war nicht mehr so unachtsam, weswegen Liam nichts anderes mehr übrig blieb, als sein Shaqarava zu benutzen.
Er hoffte, dass es diesmal wieder funktionierte und nicht so versagte, wie in seinem Traum. Seine Hände leuchteten bedrohlich auf. De Attentäter wurde vom Energiestrahl getroffen, zurückgestoßen.
„Schwester!”, rief er, als an seinen Händen nichts mehr zu sehen war.
Zwei Minuten später kam Schwester Cindy ins Zimmer und sah als erstes den Kranken mit einer blutig geschlagenen Lippe gefesselt im Bett liegen. Dann entdeckte sie einen anderen Mann im weißen Kittel, der an der Wand zusammengesunken war. Sie ging zum Bett, um Liam von den Fesseln zu befreien.
„Können Sie bitte die Polizei holen? Und Commander Rabb und Colonel MacKenzie bitte auch?”, fragte er sie, als sie ihm geholfen hatte, Cooper zu fesseln.
„Ja, aber sind Sie wirklich O.K.?”, meinte die Krankenschwester besorgt.
„Ja, beeilen Sie sich bitte. Ich möchte nicht noch mal mit dem da kämpfen müssen”, antwortete er und zeigte auf den bewusstlos daliegenden Cooper.
Sie verließ das Zimmer. Schnell zog er sich seine Hose über, die er gestern Abend in den Schrank gehängt hatte. Dann musste er sich unbedingt hinsetzen. Es hatte ihn doch ziemlich beansprucht an den Fesseln zu rütteln. Nach fünf Minuten kam Schwester Cindy wieder zurück und sah Liam, wie er sich die aufgescheuerten Handgelenke rieb, und verarztete sie sofort. Dann tupfte sie sanft seine Lippe ab, er zuckte bei jeder Berührung etwas zusammen. Danach klebte sie ein kleines Pflaster drauf. Dabei hielten sie jedoch einen eingehenden Blickkontakt. Sogar, nachdem sie schon längst fertig war. Langsam begann es Liam unangenehm zu werden und er wandte den Blick ab.
Nach fünf Minuten klopfte es an der Zimmertür.
„Sind Sie Major Kincaid?”, fragte der junge uniformierte Polizist, als er das Zimmer betreten und Liam entdeckt hatte, der mit einer angeschlagenen Lippe und roten Handgelenken auf der Bettkante saß.
Dieser nickte nur stumm. Kurz danach kamen auch Harm und Mac.
„Wie geht's Ihnen?”, fragte Mac besorgt, als sie Liam angesehen hatte. Ihr Blick wanderte weiter zu Cooper, der immer noch zusammengekauert am Boden saß. Sein hasserfüllter Blick wendete sich nicht eine Sekunde von Liam ab.
„Es geht schon. Ich bin ein Marine, Marines haben keine Schmerzen”, meinte er und lächelte gequält.
„Außerdem hat Sie nicht eben noch eine nette Schwester behandelt?”, scherzte Harm und konnte nicht ahnen, wie nah er der Wahrheit war mit seiner Anmerkung.
„Wie konnte der denn entfliehen?”, fragte Liam sauer und zeigte auf Cooper, der gerade in Handschellen gelegt und abgeführt wurde.
„Er ist über das Toilettenfenster entflohen”, sagte Harm nun ernst.
„Kann ich mich jetzt wenigstens darauf verlassen, dass er hinter Schloss und Riegel bleibt?”
„Ja”, sagte Mac sofort.
„Ich ziehe es aber vor, von hier zu verschwinden. Egal, wie es um mich steht”, seine Worte klangen sehr vernünftig.
„Wollen Sie dann zurück in Ihr Apartment?”, fragte nun Harm.
„Ja, ich bleibe jedenfalls nirgendwo, wo ich immer gefunden werden kann. Da kennt wenigstens niemand meinen Sicherheitscode”, entgegnete Liam entschlossen.
„Sie können noch nicht nach Hause”, meinte nun ein Arzt, der unbemerkt das Zimmer betreten hatte, während darüber debattiert wurde.
„Warum?”, fragte der Kranke.
„Man kann Sie mit den Verletzungen nicht allein lassen. Das hat mir Schwester Cindy versichert”, gab der Arzt bekannt.
„Allein? Ich war hier auch nicht allein. Und was ist passiert? Ich wäre fast draufgegangen”, Liam machte Anstalten, seine Tasche aus dem Schrank zu nehmen. Wurde jedoch von Harms Blick gebremst. Dieser sah ihn streng an. Das veranlasste Liam, dem Arzt weiter zuzuhören.
„Ja, die Verletzungen, die Sie vorhin dazu bekommen haben. Und dann die von vor sechs Tagen. Sie müssen mindestens noch drei Tage zur Beobachtung bleiben”, erklärte der Arzt weiter.
„Drei Tage?”, geschockt sah er den Arzt an.
„Ja, aber wenn Sie jemanden hätten, der Sie zu Hause versorgt...”, er spielte auf Renee an. Er musste sie einmal gesehen haben, oder eine der neugierigen Schwestern hatte etwas gesagt.
„Ich bin doch sonst auch immer allein klar gekommen”, meinte Liam ernst.
„Ich kann es nicht erlauben, Sie allein nach Hause zu lassen. Was ist, wenn Sie unglücklich fallen. Sie liegen bewusstlos in Ihrem Apartment und verbluten?”, argumentierte der Arzt.
Es leuchtete Liam ein. Doch er musste unbedingt ins Versteck des Widerstandes. Augur hatte ihn gestern so komisch angesehen.
„Ich werde ihn betreuen”, kam eine Stimme von der Tür her. Erst dachte Liam an Renee, doch es war ‚nur’ Schwester Cindy. Die kann ich erst recht nicht gebrauchen!
Wer ist denn das? , fragte sich Harm.
Mac sah dies und warf ihm deswegen einen ärgerlichen Blick zu, der soviel hieß, wie Wir sind im Dienst, Commander!
„Haben Sie überhaupt Urlaub?”, fragte der Arzt, weil er nichts Gutes vermutete.
„Ja, ich hab ab jetzt Urlaub”, meinte sie ernst und blickte in die Runde.
„Gut, dann holen Sie bitte seine Papiere.”
Sie verließ eilig den Raum.
„Werde ich hier überhaupt nicht mehr gefragt?”, protestierte Liam währenddessen. Doch es nutzte ihm gar nichts.
„Nein, Major. Sie wollten doch unbedingt nach Hause. Sie ist Ihr Ticket”, meinte Mac scherzend, die seinen Blick nun nicht mehr deuten konnte.
Liam packte eilig seine Sachen und zog sich seine Jacke über, als die blonde junge Frau zurückkam. Sie war nun nicht mehr in Schwesterntracht gekleidet. Liam verabschiedete sich von Harm und Mac, die ihm versprachen, sich mit ihm am nächsten Morgen wieder zutreffen. Als Liam nicht mehr in Reichweite war, fragte Harm:
„Wie lernt der nur immer solche Frauen kennen? Ich meine das Bild in seiner Hose, diese Renee Palmer und jetzt diese Krankenschwester.”
„'Diese Krankenschwester’ hat sich ihm doch an den Hals geworfen”, meinte Mac.
„Ach ja, und was ist dann mit dem Bild und so?”
„Wer das auf dem Bild ist, weiß ich nicht und Renee Palmer ist nur eine gute Freundin”, erklärte sie Harm.

 
* * *
 

1405 Zulu (9:05 EST)
Liam Kincaids Apartment
Washington D.C.

Liam und ‚seine’ Krankenschwester hatten vor wenigen Minuten die Wohnung betreten. Sie hatte ihn sofort ins Bett schicken wollen, aber Liam hatte sich vorgenommen zu arbeiten. Auf seinem Anrufbeantworter waren lauter Nachrichten von Bekannten, die ihm gute Besserung wünschten. Mit seinem einen Arm konnte er kaum richtig arbeiten. Er sagte nichts, weil er nicht von ‚seiner’ Krankenschwester ‚bemuttert’ werden wollte. Liam hoffte, sie bald wieder los zu werden.

 
* * *
 

1425 Zulu (9:25 EST)
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Harm und Mac waren ins JAG-Hauptquartier zurückgekehrt. Im Moment saßen sie in Harms Büro und redeten über einen neuen Fall.
„Haben Sie den Blick des Majors gesehen, Harm?”, fragte Mac, als sie eine kleine Pause machten.
„Ja, ich kenne niemanden, der bei so einer Frau ein solches Gesicht gezogen hatte”, lachte Harm.
„Ach ja, wie hätten Sie denn reagiert?”, zog ihn Mac auf.
„Auf jeden Fall nicht so.”

 
* * *
 

1333 Zulu (8:33 EST)
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Liam betrat mit Cindy das Hauptquartier und ging zielsicher auf Harms Büro zu. Heute war er in Zivil gekleidet, weil er noch keine neue Uniform hatte.
„Hallo, Ma'am, Sir”, grüßte er, als er durch die Tür kam, und hob die rechte Hand an die Stirn. Cindy ging dicht hinter ihm.
„Hallo Major”, sagten Harm und Mac synchron.
„Wann ist die Verhandlung, Ma'am, Sir?”, brachte er seine Gedanken auf den Punkt.
„Setzen Sie sich doch erst mal”, meinte Mac und deutete auf den freien Stuhl vor Harms Schreibtisch neben sich. Liam jedoch sagte nur:
„Cindy, setzen Sie sich.”
Sie tat dies und Harm holte aus dem Großraumbüro einen Stuhl für Liam. Er setzte sich und wartete auf eine Antwort.
„Die ist für morgen um 10:00 Uhr angesetzt”, antwortete Harm.
„Können Sie nicht mitkommen? So als seelischer Beistand meine ich.”
„Sicher. Der Admiral wollte auch kommen”, meinte Mac.
Sie unterhielten sich noch ein wenig darüber, wie Liam antworten sollte. Dann ging er wieder mit seiner Begleiterin, die sichtlich von ihm beeindruckt war.
„Harm, haben Sie den Blick von dieser Frau gesehen?”, fragte sie, als Liam schon fast das Großraumbüro durchquert hatte.
„Ja, die hat's erwischt”, stimmte er ihr lächelnd zu.

 
* * *
 

1544 Zulu (10:44 EST)
Doors International
Washington D.C.

Liam war die Idee gekommen, dass er seine Wunden mit Taelontechnik heilen könnte. Er ging deswegen in Renees Büro. Seine lästige Begleiterin hatte er unter dem Vorwand, dass es ein privates Gespräch wäre, vor dem Büro im Warteraum gelassen.
„Hallo, Liam”, sie war froh ihn wieder zusehen.
„Hallo, Renee.”
„Sie sind schon aus dem Krankenhaus raus?”
„Ja, aber ich hab’ einen Babysitter um mich herum”, meinte er traurig.
„Da haben Sie sich gedacht, dass ich Ihnen helfen könnte”, argwöhnte sie.
„Sie können Hellsehen”, stellte Liam fest.
„Nein, aber ich kenne Sie.”
„Dann wissen Sie bestimmt auch warum. Ich muss wieder arbeiten.”
„Ich helfe Ihnen. Ich glaube, wir haben da die richtige Methode...”, erklärte sie und drückte einen Knopf an ihrem Schreibtisch.
Renee erhob sich und führte Liam in ein Behandlungszimmer. Dort wartete schon Dr. Belman auf ihn und traf die letzten Vorbereitungen für die Behandlung. Er legte sich auf den Behandlungstisch und wartete angespannt darauf, dass die Heilung beginnen würde.
Nach zwei Stunden fühlte er sich schon viel besser und Dr. Belman meinte:
„So, jetzt ist die Heilung abgeschlossen. Wie fühlen Sie sich?”
„Besser.”
„Es kann sein, dass Sie sich noch ein paar Stunden groggy fühlen, aber dann müsste alles wie vor der Verletzung sein”, erklärte Dr. Belman, während sie alle Kabbelei wieder wegräumte.
„Okay, danke, Dr. Belman.”
Er stand auf und ging zurück in Renees Büro. Sie verabschiedeten sich voneinander und Liam holte seine Begleiterin aus dem Wartezimmer ab. Sie fragte sich, was Liam gemacht hatte, als er in diesem Büro über zwei Stunden verschwunden war.
Sie verließen das Gebäude und gingen über den großen Platz vor dem Gebäude von Doors International. Liam wurde angerempelt und konnte sich schwer auf den Beinen halten. Er wäre fast umgekippt, wenn Cindy ihn nicht am Arm gehalten hätte. Langsam richtete er sich wieder auf und hielt sich nun doch an der etwas kleineren Person neben ihm fest. Ihr Herz schlug schneller, als er ihr so nahe kam.
„Entschuldigen Sie”, meinte er, als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte.
„Ach, nicht so schlimm”, sie versuchte es fest klingen zu lassen.
Sie gingen wieder in Liams Apartment, damit sich Liam für den nächsten Tag ausruhen konnte.

 
* * *
 

1834 Zulu (13:34 EST)
Liam Kincaids Apartment
Washington D.C.

Liam hatte es sich auf der Couch bequem gemacht und Cindy saß auf dem Sessel davor. Ihre Nase war tief in ihrem Liebesroman vertieft. Dann klingelte es plötzlich an der Haustür. Liam schreckte hoch.
„Bleiben Sie liegen, ich mache schon auf”, sagte sie und ging zur Sprechanlage.
„Wer ist da?”, fragte sie dann.
<Ich habe hier ein Paket für einen gewissen Liam Kincaid,> erklärte der Mann am anderen Ende der Leitung.
„Okay, kommen Sie hoch”, meinte sie dann mit einem nachdenklichen Blick auf Liam.
Nach zwei Minuten klingelte es an der Wohnungstür. Das Paket war ziemlich groß, weshalb Liam unbedingt wissen wollte, von wem es ist. Hastig stand er auf und nahm es ihr ab, nachdem der Bote wieder gegangen war. Liam öffnete es und fand darin eine ganz neue Uniform. Dr. Belman hatte recht. Mir geht's schon viel besser. Dachte er dann.

 
* * *
 

1455 Zulu (9:55 EST)
vor dem Gerichtssaal
Washington D.C.

Liam hatte ‚seiner’ Krankenschwester versichert, dass es ihm viel besser ging, und sie dann nach Hause geschickt. Dann ist er mit Hilfe eines Portals ins JAG-Hauptquartier gekommen.
„Wie ich sehe, passt Ihnen die neue Uniform wie angegossen”, meinte Mac, nachdem sie ihn von oben bis unten gemustert hatte.
„Wo ist denn Ihre reizende Begleiterin?”, fragte Harm lächelnd.
„Die hab ich nach Hause geschickt”, antwortete er.
„Geht's Ihnen auch wirklich besser?”, fragte Mac besorgt.
„Aber sicher. Ich bin doch ein Marine”, zwinkerte er ihr zu.
Sie betraten den Gerichtssaal und setzten sich neben den Admiral. Nach einer Weile wurde Liam in den Zeugenstand gerufen. Er sagte gegen Cooper wegen zweifachen Mordversuches aus. Cooper wurde für schuldig befunden. Dieser jedoch war mit dem Urteil nicht zufrieden. Deswegen warf er seinem Anwalt vor nichts zu taugen.
Harm und Mac versicherten ihm noch einmal, dass ihm nichts mehr wegen der Fahnenfluch geschehen würde. Liam verabschiedete sich dann von den beiden und ging wieder nach Hause, wo er endlich seine Ruhe haben würde.
„Und was machen wir in unserer Mittagspause?”, fragte Mac, als Liam gegangen war.
„Ich dachte, wir gehen mal wieder zu diesem Italiener”, meinte Harm nachdenklich.
„Okay”, stimmte sie ihm zu.
Sie fuhren mit Harms SUV ins Restaurant, bestellten jeweils eine Kleinigkeit und zogen sich gegenseitig mit ihrer Essenswahl auf.

 
* * *
 

1800 Zulu (13:00 EST)
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Harm und Mac betraten das Gebäude und gingen sofort in den Aufzug, der sie ins Großraumbüro bringen würde. Die Türen schlossen sich und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Nach zwei Minuten stoppte er jedoch plötzlich mit einem Ruck.
Für einen Moment wusste keiner von beiden, was zu tun war. Aber Mac fing sich schneller als Harm und schob ihn unsanft beiseite, damit sie an den Klingelknopf rankam. Sie drückte den Knopf, aber es war kein Geräusch zu hören. Mac hämmerte immer wilder auf den Knopf ein, das auch kein bisschen etwas nutzte.
„Hey, Mac. Beruhigen Sie sich. Es wird bestimmt jemand bald kommen”, versuchte Harm sie zu beruhigen und legte eine Hand auf ihre Schulter. Im nächsten Moment bemerkte er, was er im Reflex getan hatte, zog seine Hand aber nicht zurück, weil Mac sich nicht dagegen sträubte.
„Jetzt? Das glauben Sie doch selbst nicht”, meinte sie zornig und zeigte auf seine Uhr.
„Es ist Freitag nachmittag, Harm. Da ist kaum noch jemand hier”, erklärte sie ihm.
„Haben Sie Ihr Handy dabei?”
„Ja, nur leider ist das Akku leer”, sagte sie bedauernd.


1810 Zulu (13:10 EST)
Vor dem Aufzug im Erdgeschoss

Lt. j. g. Bud Roberts und seine Frau Harriet wollten noch mal nach ihren beiden Vorgesetzten sehen. Sie wollten den Aufzug nehmen, aber dann sahen sie die knallrot leuchtende Lampe mit der Aufschrift ‚außer Betrieb'.
„Komm Bud, wir nehmen die Treppe”, meinte dann Harriet und zog ihren Mann in den Treppenflur. Als sie oben ankamen, fanden sie Harm und Mac jedoch nicht vor.


1816 Zulu (13:16 EST)
Im Fahrstuhl

Harm und Mac hatten sich fast damit angefreundet, etwas länger in ihrem Gefängnis festzusitzen.
„Ich finde die Zeugenaussage von diesem Lt. Jeff Buggs nicht besonders überzeugend”, meinte Harm dann.
„Hm”, stimmte sie ihm zu. Sie wollte jetzt lieber mit ihm über etwas anderes reden. Jetzt wo sie einmal mit Harm allein war, musste sie die Gelegenheit nutzen.
„Harm”, begann sie dann um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Ich würde gern mit Ihnen über etwas reden”, meinte Mac.
„Um was geht es denn? Ist es der Fall? Nun reden Sie schon, Mac”, ermutigte er sie.
„Ja”, log Mac dann und schallte sich im Inneren, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hatte.
„Was haben Sie denn für Zweifel?”
„Ach, haben Sie schon das Alibi von Lt. j. g. Neil Olsen gelesen? Ich glaube auch dem kein Wort”, meinte sie dann wieder in ihrem alten Tonfall.
„Ja, bei diesem Fall kann es jeder gewesen sein.”
Sie konnten langsam nicht mehr stehen und setzten sich deshalb jeder in eine andere Ecke.


1820 Zulu (13:20 EST)
Großraumbüro

„Bud, wollen wir nicht mal versuchen, sie auf dem Handy anzurufen?”, fragte die blonde Frau ihren Mann.
Bud nahm wortlos den Hörer von der Gabel und wählte Macs Nummer.
„Es springt nur die Mailbox an.”
„Ob ihnen etwas passiert ist?”, fragte Harriet besorgt.
„Das glaub ich nicht. Der Commander und der Colonel können auf sich selbst aufpassen”, versuchte Bud seine Frau zu beruhigen.
„Ich weiß, Bud. Aber wir sollten den Admiral informieren”, meinte sie immer noch besorgt.
„Harriet, jetzt reg’ dich doch mal ab. Was ist, wenn wir den Admiral einschalten, und dann stellt sich heraus, dass die Beiden sich nur frei genommen haben.”
„Würden Sie da nicht vorher fragen?”, fragte Harriet weiter.
Langsam steckte sie Bud mit ihrer Unruhe an. Er war sich nun nicht mehr 100%ig sicher.


1822 Zulu (13:22 EST)
Fahrstuhl

Harm und Mac hatten es aufgegeben über den Fall zu diskutieren. Jeder hing nun seinen eigenen Gedanken nach. Mac dachte daran, wie sie sich von Mic getrennt hatte. Harm dagegen dachte über Liam nach. Er hatte irgendein Geheimnis, das wusste er. Aber Harm kam beim besten Willen nicht darauf, was er für eines hatte. Aber Harm wollte Mac nicht danach fragen.
„Sagen Sie, Harm. Was halten Sie eigentlich von Major Kincaid?”, fragte Mac, um auf ein anderes Thema zu kommen.
„Tja, er ist nett. Für einen Marine jedenfalls”, meinte Harm lächelnd.
„So etwas kann ja nur von Ihnen kommen, Harm.”
„Nein, er ist wirklich nett. Davon abgesehen, dass ich das Gefühl habe, dass er etwas verbirgt”, sagte Harm ehrlich.
„Das ist seine Art. Er ist doch Companion-Protector”, sagte sie und hoffte, dass Harm ihr glauben würde.

 
* * *
 

2002 Zulu (15:02 EST)
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Harriet und Bud hatten vor einer halben Stunde den Admiral informiert, dass seine beiden Top-Anwälte verschwunden waren.
Ob Sie mal wieder gekidnappt wurden?, fragte dieser sich nun schon zum tausendsten Mal. Er lief schon seit zehn Minuten in seinem Büro auf und ab.
„Sir, was sollen wir jetzt machen?”, fragte Bud besorgt. Er hatte den Admiral noch nie so besorgt gesehen. Harriet rief schon bei Harm zum zwanzigsten Mal an und bei Mac ging auch niemand ran.
„Wenn sie bis heute Abend nicht aufgetaucht sind, schicken wir ein Suchteam los”, meinte der Admiral.
„Sir, weg können sie ja gar nicht sein. Ihre Autos stehen auf dem Parkplatz”, erinnerte dann Bud.
„Lt. Roberts, nehmen Sie Ihre Frau und fahren Sie nach Hause. Ich werde hier schon die Stellung halten”, befahl er Bud und damit auch Harriet.
Sie taten das, was ihnen der Admiral gesagt hatte, und gingen ins Treppenhaus.


2015 Zulu (15:15 EST)
Fahrstuhl

„Wissen Sie eigentlich, wie viel Fett in diesen Dingern ist?”, fragte Harm.
„Nein, nicht so genau, aber Sie werden es mir bestimmt in zehn Sekunden sagen”, neckte Mac.


Treppenflur

Harriet hielt ihren Mann fest, weil sie etwas Vertrautes gehört hatte. Sie lauschten.
„... Sie werden an Ihren Essgewohnheiten noch mal sterben”, meinte da eine ihnen wohlbekannte Stimme.
„Das ist doch der Commander”, meinte dann Bud.
„Ich weiß”, meinte Harriet und ihre Augen funkelten.
„Du willst doch nicht ...?”, fing er an.
„Oh, doch ich will”, meinte sie verschwörerisch. „Wenn sie sich bis morgen nicht zusammengerauft haben, lassen wir die beiden wieder raus”, erklärte sie.
„Gut”, stimmte Bud ihr widerwillig zu.
„Dann ist ja alles geklärt”, flüsterte sie. aber das Funkeln war immer noch in ihren Augen.
„Wir holen sie aber bestimmt ab?”, fragte er noch mal nach, um ganz sicher zu gehen.
„Aber sicher Bud, ich will doch meinen Job nicht verlieren.”

Fahrstuhl

„Mac, warum haben Sie damals den Ring von Brumby angenommen?”, fragte Harm und sah Mac prüfend an. Ob er zu weit gegangen war?
„Ich merkte von Anfang an, dass Sie Zeit brauchen. Auf der Fähre in Australien machte ich einen Schritt auf Sie zu. Sie jedoch machten nichts. Aber dann bot mir Mic diesen Ring an. Ich konnte nicht mehr auf Sie warten. Außerdem schlug meine Biologische Uhr Alarm. Er bot mir alles, was ich mir wünschte, ich wollte und konnte dann nicht mehr auf Sie warten”, gestand sie ihm.
„Ich hab doch was gesagt”, beharrte Harm.
„Was denn? Sie haben mich Sarah genannt und gesagt, dass Sie nur so mit mir umgehen”, verteidigte sich Mac.
„Ich wollte Ihnen damit was zeigen”, verteidigte sich Harm.
„Und ich wollte Ihnen etwas am Flughafen sagen”, meinte Mac.
„Have I told you lately that I love you, ...” fing Harm leise an zu singen.
Er hatte dieses Lied schon einmal gesungen. Damals war es für Annie und nun sang er es nur für Mac.

 
* * *
 

1324 Zulu (8:24 EST)
Fahrstuhl
JAG-Hauptquartier
Falls Church, Virginia

Harm und Mac hatten sich gestern Abend im Schlaf aneinander gekuschelt.
„8:26 Uhr”, sagte ihr ihre innere Uhr.
„Was?”, fragte jemand verschlafen, der seinen Arm um ihre Schulter gelegt hatte.
Mac war in der Nacht zu Harm gerutscht und hatte ihren Kopf an gegen seine Brust gelehnt. Diese Lage war ihr gar nicht mal so unangenehm, bemerkte sie nun. Harm, der einen Arm um ihre Schulter gelegt hatte, wollte ihn gerade wegziehen. Aber Mac hatte ihn in Beschlag genommen.
„Wie lange sind wir hier schon drin?”, fragte er unerwartet.
„19 Stunden und ungefähr 13 Minuten”, kam es wie aus der Kanone geschossen.
„Ungefähr?”, neckte er.
„Ich hab Hunger”, meinte sie trotzig.
„Okay, ich gebe ja schon Ruhe.”
Er zog seinen Arm nun doch weg und ging zur Fahrstuhltür. Dort hämmerte er mit den Fäusten dagegen und rief:
„Hey, hört mich denn niemand? Hilfe, ich hab hier einen hungrigen Marine”, setzte er lächelnd hinzu.
„Harm, dieser ‚hungrige Marine’ wird gleich anfangen jemand anderen umzubringen, wenn er nicht aufhört, solche Witze zu reißen”, beschwerte sie sich immer noch an der Wand sitzend.
Aber ihre Augen strahlten Wärme aus und schienen über diesen Witz zu lächeln. Harm lächelte jedoch immer noch. Für einen Moment vergaß er, dass er hier so schnell wie möglich wieder herauszukommen. Im nächsten jedoch hämmerte er wieder auf die Tür ein.

 
* * *
 

1406 Zulu (9:06 EST)
Treppenhaus

Bud Roberts und Harriet mussten wieder die Treppe benutzen, weshalb sie auch das Klopfen hörten.
„Siehst du? Es hat sie noch niemand gefunden”, meinte sie triumphierend.
„Aber wenn das rauskommt, sind wir dran”, er sah seine Frau strafend an.
„Ja, es wird aber nicht rauskommen.”
„Ich weiß noch, wie das letzte Paar ausgesehen hat, dass du so verkuppeln wolltest”, erinnerte Bud.
„Musst du mir das immer wieder unter die Nase reiben?”
„Ja, immer wenn du diesen Fehler machst”, er lächelte wie ein Honigkuchenpferd.
„Ich mache keine Fehler”, verbesserte sie.
„Wie willst du das eigentlich machen”, er deutete auf den stehen gebliebenen Aufzug.
„Wir warten, bis andere es gehört haben, und sagen nichts.”
„Ist das denn nicht unterlassene Hilfeleistung?”
„In diesem Fall gibt es bestimmt eine Ausnahme”, meinte sie lächelnd und zog ihren Mann hinter sich her ins Großraumbüro.

 
* * *
 

1510 Zulu (10:10 EST)
Fahrstuhl

Nachdem Harm nun seit fast zwei Stunden gegen die Tür geschlagen hatte, hörte er jemanden von außen rufen:
„Commander Rabb, Colonel MacKenzie? Sind Sie da drinnen?”
„Ja, wir sind seit gestern Abend hier.”
Nach einer halben Stunde wurde Zentimeter für Zentimeter die Tür von außen geöffnet. Ein ziemlich junger Petty Officer steckte seinen Kopf herein, und als er die müden Gesichter der ‚Gefangenen’ sah, sagte er:
„Wir haben Sie bald draußen, soll ich Admiral Chegwidden alles berichten?”
„Ja, aber holen Sie uns so schnell wie möglich raus. Wir haben seit gestern nichts mehr gegessen”, mit einem undeutbaren Blick deutete er auf Mac.
Nach weiteren dreißig Minuten war der Spalt so groß, dass Harm auch durch passte.
„Sir, warum haben Sie nicht versucht oben rauszukommen?”, fragte der junge Mann.
„Die Klappe klemmte. Was war eigentlich die Ursache dafür, dass wir stecken geblieben sind?”
„Wir wissen es ehrlich gesagt nicht. Aber Ihr CO hat gestern Abend jeden Menschen hier auf Trab gebracht um Sie zu suchen.” Zutrauen würde ich's ihm, überlegte er. Mac dachte genau das selbe. Sie gingen dann schnellen Schrittes ins Büro des Admirals. Der hielt ihnen erst eine Standpauke darüber, dass Akkus immer aufgeladen sein müssen. Dann wären sie auch schneller befreit gewesen. Am Ende jedoch gab er ihnen frei, dass sie sich erholen konnten, und befahl ihnen schlafen zu gehen. Wenn sie am Montag nicht ausgeruht wären, würde er sie vom Dienst suspendieren. Oder sogar degradieren.

 

ENDE

 

 

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