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  „Licht” von Alraune   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Die Geburt eines Kindes kann Völker beeinflussen
Zeitpunkt:  Sequel zu „Eine Chance”
Charaktere:  Da'an, Ti'e, T'than, Liam, Zo'or, [Sandoval, Je'rak]
 

 

LICHT

 

Teil 2
 

3 Jahre später

Die schlanke zerbrechlich scheinende Gestalt eines Taelons in seiner natürlichen Form schwebte, auf dem Rücken liegend, wie schwerelos im Wasser. Minimale Bewegungen trugen ihn vorwärts, ohne das Wasser aufzustören. Das Leuchten seiner Energie brach sich funkelnd in den Fluten, ließ ihn wie einen seltenen Edelstein funkeln, blaue Glanzlichter umtanzten ihn.
Seine Aufmerksamkeit war völlig auf das Kind gerichtet das mit recht ungeschickten Bewegungen direkt über ihm schwamm. Ihre Körper berührten sich fast. Hätte das Mädchen aufgehört sich zu bewegen wäre es auf dem Taelon zu liegen gekommen. Doch sie hörte nicht auf, immer wieder ging sie unter und kämpfte sich prustend an die Wasseroberfläche zurück. Ihr fröhliches Gelächter hallte weithin über den See. Und, auch wenn es nicht so offensichtlich war, der Taelon genoss dies ebenfalls. Doch schließlich dirigierte er das Mädchen zurück ans Ufer. Ihre Erschöpfung war inzwischen sichtbar geworden und sie protestierte nicht.
Ein flacher Stein war das eigentliche Ziel und das Kind wurde recht unzeremoniell hinaufbefördert ehe der Taelon folgte. Die klaren blauen Augen musterten einen Augenblick aufmerksam die Umgebung, dann wandte er sich der Aufgabe zu sein Kind abzutrocknen. Unter viel Gequietsche und einigem Winden wurde auch das abgeschlossen und ihr wurde ein einfaches Hemd aus einem seidenähnlichen Material übergestreift. Dann entließ der Taelon das Kind, vorerst, aus seiner Obhut.

Da'an beobachtete wie Ti'e sich in die nahen Büsche schlug. Zum Glück war das Hemd, so zart es auch aussah, reißfest. Da'an hatte sehr viel über den Umgang mit menschlichen Kindern gelernt. Denn, mochte Ti'e auch ein halber Taelon sein, der menschliche Teil war dominant in ihr. Dies schlug sich auch in ihrem Äußeren nieder. Ihre Augen waren von echtem taelonblau und ihre Haut noch immer heller als normal, doch ansonsten sah sie aus wie ein gewöhnliches Menschenkind. Sie war in den drei Jahren seit ihrer Geburt für einen Taelon eher langsam gewachsen, glich jetzt einer humanen sechsjährigen. Schwarze Locken fielen ihr unzähmbar auf die Schultern, umrahmten ein schmales dreieckiges Gesicht, die Augen funkelten voller Übermut unter den dichten Pony hervor, die schmale Nase war leicht nach oben gebogen, erhöhte nur noch den Eindruck von Keckheit. Die Lippen, feingeschwungen und voll, waren noch am ehesten ein Merkmal ihres Taelonelternteils.
Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt die Energielinien zu verbergen, ebenso wie das voll funktionsfähige Sha'ka'ra'var. Da'an war mehr als nur ein wenig erschrocken gewesen, als diese plötzlich in den Händen seines Kindes aufglühten.
Sie war zierlich und langgliedrig, alles deutete darauf, dass sie als Erwachsene größer sein würde als Da'an. Wenn er so darüber nachdachte, ähnelte sie von allen Taelons am ehesten Zo'or. Das war zwar in anbetracht der Verwandtschaft nicht weiter verwunderlich, würde aber trotzdem für Aufsehen in der Synode sorgen sollte sie jemals vor diese treten.
Leises Ästeknacken kündete von einem Richtungswechsel innerhalb des Gestrüpps, Ti'e hielt jetzt auf einen Strauch mit essbaren Früchten zu. Noch etwas, dass Da'an frühzeitig gelernt hatte. Sein Kind neigte dazu an allem herumzukauen das interessant oder halbwegs genießbar aussah. Er hatte schnell aufgegeben ihr das abgewöhnen zu wollen und sich stattdessen daran gemacht herauszufinden was sie gefahrlos essen konnte. Zum Glück waren ihm die ansässigen Wissenschaftler in dieser Beziehung äußerst hilfreich gewesen. Nach anfänglicher Zurückhaltung hatten sich die anderen Koloniebewohner sehr schnell mit dem neuen Mitglied ihrer Gemeinschaft vertraut gemacht. Trotz ihrer scheinbaren Herkunft wurde Ti'e von allen nur als Taelonkind betrachtet und behandelt. Als einziges Kind der Kolonie wurde sie mit Aufmerksamkeit überschüttet und von allen hemmungslos verwöhnt. Man verließ sich offenbar darauf, dass Da'an eventuelle Erziehungsfehler wieder ausbügelte, was zum Glück jedoch nicht nötig war. Ti'e erwies sich als resistent gegenüber Verziehungsversuchen jeder Art. Obwohl Da'an sich manchmal hilflos stöhnend an den Kopf griff wenn sie mit ihrer neuesten Errungenschaft heimkehrte. Beim letzten Mal war es ein energiefressendes Insekt gewesen. Wo sie das herhatte wollte sie leider nicht verraten, sonst hätte Da'an es postwendend zurückgeschickt. So blieb ihm nichts anderes übrig als es in einen Käfig zu stecken und diesen gut verschlossen zu halten.
Langsam begann das restliche Wasser an Da'ans Körper zu verdunsten, er spürte einen leichten, warmen Luftzug im Gesicht. Einen Moment lang versuchte er zu widerstehen, gab es jedoch auf und ließ sich nieder. Er hatte Zeit genug um ein wenig den Tag zu genießen.

Ohne es zu merken war Da'an eingeschlafen.
Er erwachte als Ti'e mit begeistertem Gekreisch auf seinem Bauch landete. Eine Schrecksekunde lang war er nicht fähig sich zu bewegen oder auch nur zu erfassen was vor sich ging. Dann hörte er Ti'es vergnügtes Lachen. Sie stupste ihn übermütig in die Seiten. Nicht bereit sich solches bieten zu lassen griff er sich das übermütige Kind und begann sie zu kitzeln. Die Reaktion war umgehendes Quieken und heftiges Winden um seinem unbarmherzigen Griff zu entkommen. Nach einigen Minuten beschloss Da'an Gnade walten zu lassen und nahm er sein Kind stattdessen näher in Augenschein. Sie schien sich gut amüsiert zu haben und war längst nicht mehr so sauber wie nach dem Bad. Ihr Mund und die Wangen waren von Beerensaft verschmiert, desgleichen ihre Hände. Mit einem leichten Seufzer betrachtete er ihre Kleidung. Der Stoff der fähig war einen Tag im Wald am Körper eines übermütigen Kindes auszuhalten ohne schmutzig zu werden, musste wohl erst noch erfunden werden. Der hier war es jedenfalls nicht. Ein wenig unwillig beendete er den friedlichen Moment, schob Ti'e beiseite und erhob sich. Es wurde Zeit zurückzukehren. T'than hatte seinen Besuch für den nächsten Tag angekündigt und der Heimweg würde eine Weile in Anspruch nehmen.
Es dauerte mehrere Minuten auch Ti'e vom Antritt der Heimreise zu überzeugen. So gern sie T'than auch hatte, sie wollte den Ausflug noch nicht beenden. Sie hatte zu wenig Zeit mit ihm allein. Zu wenig Gelegenheit etwas mit ihm zu unternehmen, ohne dass andere sich einmischten. Da'an fühlte ähnlich, aber er wollte T'than gern wiedersehen, sie hatten sonst nur wenig Gelegenheit zusammenzusein.
Ihre Freundschaft, die vor der Geburt seines jüngsten Kindes verloschen schien, war in den letzten Jahren neu entfacht worden und inzwischen sehr viel tiefer als je zuvor. Noch scheuten sie jedoch beide davor zurück es als etwas anderes zu bezeichnen. Sie waren beide nicht bereit dazu, würden es vielleicht nie sein. Keiner von ihnen war bereit zu riskieren was sie bereits hatten. Ti'e schien davon nicht viel mitzubekommen, für sie war T'than ihr zweiter Elternteil, seine Gegenwart in ihrem Leben war für sie selbstverständlich, ebenso wie seine Beziehung zu Da'an.
Sie würde vermutlich noch nicht verstehen welches Risiko der Kriegsminister damit eingegangen war und noch immer einging. Seine Position innerhalb der Synode war gefährdet durch seine innige Beziehung zu einem in Ungnade gefallenen Synodenmitglied und seinem Mischlingskind. Aber T'than hatte das Risiko ja noch nie gescheut. Und allein dass er immer zurückkehrte sagte Da'an eine Menge.
Mit einem inneren Lächeln sammelte der Taelon das wenige ein, dass die beiden auf ihrer Wanderung bei sich hatten und verstaute es in einer Tragetasche. Er selber verblieb so nackt wie die ganze Zeit über. Er trug keine Kleidung mehr seit Ti'e ein Baby war, mit der Fassade verhielt es sich genau so. Das Kind kannte ihn, so weit er wusste, nur in seiner Energiegestalt. Er war nicht in der Lage herauszufinden ob sie sich an damals erinnerte, bevor sie Ti'e wurde. An ihre Zeit als Sy'el'lem'jain. Als sie ihre Gestalt und ihre Bestimmung wählte. Wenn er sie fragte blickte sie ihn bloß aus großen rätselhaften Augen an und schwieg.
Als er fertig war und sich den Riemen der Tasche um die Schulter geschlungen hatte rief Da'an seine Tochter zu sich. Er nahm sie auf den Arm und schritt entschlossen auf die Kolonie zu, er hatte einen weiten Weg vor sich und würde auch wenn er sich beeilte nicht vor der Mitte der Nacht ankommen.

Tatsächlich hatte der Heimweg noch länger gedauert als erwartet. Ti'e hatte die Heimkehr unbeabsichtigt verzögert, sie war einfach zu schwer geworden. Da'an hatte gar nicht mitbekommen, dass das passiert war bis er seine Tochter etwas zwei Stunden auf dem Arm getragen hatte. Dann hatte seine Schulter zu schmerzen begonnen.
Inzwischen war jedoch auch dies ausgestanden und Ti'e lag in ihrem Bett, sie war nicht einmal aufgewacht als er sie hineingelegt hatte. Zu müde von den Ereignissen des mehrtägigen Ausfluges war sie unterwegs eingeschlafen.
Da'an beabsichtigte es ihr jetzt gleichzutun, doch ein leises Signal hielt ihn davon ab. Eine Nachricht. Wer sollte ihm eine Nachricht schicken. Gewiss nicht T'than, der setzte sich gewöhnlich über das Gemeinwesen mit ihm in Verbindung. Leicht beunruhigt öffnete der ehemalige Companion sie und las. Einige Sekunden später winkte er den Datenstrom aus und lehnte sich an ein in der nahen Wand eingelassenes Terminal, seine Gedanken rasten. Das meiste war einfach nur undefinierbar und wirr, doch ein Gedanke war klar und deutlich. ‚Es scheint ich werde die Erde doch wiedersehen.’
Das war eine unerwartete Wendung der Ereignisse.

Liam schritt durch die Gänge des Mutterschiffes. Zo'or erwartete ihn sicher schon ungeduldig, doch wie so oft hatte er auch dieses Mal keine Eile seinem Arbeitgeber gegenüberzutreten. Nachdem Da'an die Erde verlassen hatte, übernahm der Synodenführer auch die Pflichten des Nordamerikanischen Companions und dessen Beschützer.
Zu Anfang war Liam froh darüber gewesen. Bei Zo'or wusste er wenigsten woran er war, während er bei Da'an nie gewusst hatte was ihn als nächstes erwartete. Ihrer beider Verhältnis hatte sich in der Zeit seit dem Verrat nur noch verschlechtert und Liam hatte sich gewünscht den Dienst bei Da'an aufgeben zu können. Er war es leid gewesen von immer neuen Greueltaten der Taelons zu erfahren, ihre Opfer zu sehen. Innerlich hatte er begonnen Da'an für alles die Schuld zu geben, nicht für den Verrat sondern für alles was sein Volk tat, ohne dass er etwas dagegen unternahm. Da'an hatte sein Volk stets verteidigt und sogar gutgeheißen was sie taten. Seine Entschuldigung war stets der Krieg gewesen. ‚Was für eine armselige Ausrede’ hatte er damals gedacht. Ein wenig verbessert hatte sich die Situation als der Mensch von der Kryssabhängigkeit seines Companions erfahren hatte, doch war es für ein Zurück schon viel zu spät gewesen. Da'an hatte aufgehört seinem Beschützer zu vertrauen, duldete ihn lediglich noch in seinen Diensten, doch er hieß ihn schon lange nicht mehr wirklich willkommen. Und dann eines Tages das Kind, Liam rätselte noch immer darüber was damals geschehen war, Da'an schien Angst vor ihr gehabt zu haben, während das Mädchen darüber verzweifelt war. Am nächsten Tag war sie verschwunden gewesen, Liam hatte ganz Washington nach ihr abgesucht, ohne eine Spur zu finden. Er war sogar zu Da'an gegangen, ohne Erfolg, der Taelon hatte ihn nur kalt angesehen und gemeint er könne ihm nicht helfen.
Das war der letzte Zusammenstoß dieser Art gewesen den sie hatten, wenige Wochen später war der Taelon vor die Synode zitiert worden und nicht zur Erde zurückgekehrt. Der Major hatte sich oft gefragt was geschehen war, doch er hatte nichts herausfinden können. Augur hatte den Hauptcomputer des Mutterschiffes durchsucht, das einzige das er schließlich gefunden hatte war der Vermerk, dass Da'an zu einer Kolonie am anderen Ende Universums geschickt worden war, ohne Angabe eines Grundes.
Drei Jahre waren eine Menge Zeit um nachzudenken. Liam hatte seine Meinungen und Ansichten in dieser Zeit gründlich reversiert. Er hatte dem Kampf der Taelons zugesehen und beobachtet zu welch verzweifelten Maßnahmen sie griffen um zu überleben. Da'an hatte all dies zu gut verborgen, vermutlich auf Befehl der Synode, doch Zo'or war in dieser Hinsicht nicht so gut. Der junge Synodenführer wurde klar von seinem Machthunger getrieben, doch ebenso von einer Art unterschwelliger Verzweiflung die ständig spürbar war, man musste nur wissen wo man hinzusehen hatte. Liam hatte begonnen sich zu fragen, wie Da'an die Situation wahrgenommen hatte. War er vielleicht deshalb nicht bereit gewesen seine Sucht aufzugeben, weil dies der einzige Trost war den er hatte? Er hatte ihn in gewisser Weise im Stich gelassen, dass wusste Liam inzwischen. Jeder hatte das getan, sogar Da'ans eigene Spezies, zu sehr um ihr Überleben bemüht hatten sie sich nicht mehr um einen einzelnen sorgen können und dieser einzelne hatte den Preis gezahlt.
Vielleicht war es nicht gut gewesen, ihn so allein zulassen, doch Liam hatte damals nicht gewusst wie bald er Da'an verlieren würde, und dann war es zu spät gewesen. Er fühlte einfach nur Bedauern über den Verlust einer Chance alles ins Reine zu bringen. Sicher Da'an hatte ihn mehr als einmal verraten, doch das sprach Liam nicht von aller Schuld frei, schließlich hatte der Kimera-Mischling den Verrat überhaupt erst möglich gemacht. Es hatte sehr lange gedauert, bis er sich dies endlich hatte eingestehen können, bis er erkannt hatte, dass richtig und falsch oft nur eine Frage der Sichtweise waren und seine Meinung nicht die einzige war. Der Weg dahin war weit gewesen, er hatte niemanden gehabt um mit ihm darüber zu sprechen, niemanden der verstanden hätte worauf er hinaus wollte.
Der einzige der das gekonnt hätte war Da'an.

Liam lehnte sich schwer gegen die Wand eines kleinen Seitenganges, sein Kopf drehte sich heftig. Binnen weniger Minuten hatte sich alles geändert. Sämtliche Spielregeln waren nicht mehr gültig und mussten neu geschrieben werden.
Die Taelons würden einen Friedensvertrag mit den Jaridians schließen. Anscheinend waren sie von den Jaridians kontaktiert worden und hatten nach längeren Gesprächen den Verhandlungen zugestimmt. Sie würden auf der Erde stattfinden, Repräsentanten der Jaridians waren bereits auf dem Weg hierher, ebenso die Mitglieder der Synode.
Zo'or war jeder Frage nach Da'an zuvor gekommen, indem er seinem Beschützer mitgeteilt hatte er werde nach dessen Ankunft wieder für die Sicherheit des ehemaligen Companions sorgen.
Liams Reaktion schien ihn amüsiert zu haben, jedenfalls hatte er den Mann mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen entlassen.
Und nun stand er hier und fragte sich wie das Wiedersehen zwischen ihm und seinem ehemaligen Freund ausfallen würde. Würde er vielleicht doch mit ihm reden können, wie früher als ihre Freundschaft noch existiert hatte, noch ungetrübt gewesen war? Oder würde sie kalt und förmlich sein, wie die Zeit vor Da'ans Abschied von ihm?
Er strich sich nervös durchs Haar und versuchte zu entscheiden was er denken und fühlen sollte.

Nach einer langen und erschöpfenden Reise kam Da'an endlich auf dem Mutterschiff an. Ti'e einmal mehr auf dem Arm haltend. Hauptsächlich damit das Kind nicht auf Entdeckungsreise ging. Im Gegensatz zu ihm hatte seine Tochter ausreichend Ruhe gehabt und war jetzt begierig ihre neue Umgebung zu erforschen, etwas das Da'an auf jeden Fall zu verhindern gedachte. Er hatte nicht die Absicht sie in ihren älteren Geschwister hineinlaufen zu lassen. Zo'or hatte seit der Geburt seiner Schwester nur einmal mit Da'an gesprochen, hauptsächlich um seine Verachtung für den Hybriden zum Ausdruck zu bringen und deutlich zu machen, dass er das Kind ohne Nachsicht behandeln würde, sollte sie ihm jemals begegnen. Ob er das auch würde umsetzen können, wenn es einmal zu einem Treffen kam war eine andere Frage, Ti'e war niemand der sich einfach so abweisen ließ. Und ganz gewiss nicht von einem überselbstbewussten Synodenführer.
Da'an sah die Explosion schon kommen, daher hielt er das Kind auch eisern fest, obwohl sie heftig zappelte um zu Boden gelassen zu werden. Mit müden aber entschlossenen Schritten schritt er durch das Mutterschiff, seinem Quartier entgegen. Dort würde er als erstes die Tür verschließen und hoffen, dass Ti'e ein paar Stunden brauchte um sie zu öffnen. Sie war für ihr Alter bemerkenswert geschickt darin überall hinein und hinaus zu kommen, vielleicht eine Fähigkeit die alle Kinder hatten? Da'an konnte sich nicht richtig mehr daran erinnern, es war zu lange her und zuviel war seitdem geschehen.
Ein leises Piepen teilte ihm mit, dass jemand vor der Tür stand, unschwer zu erraten wer es war. Mit einem Lächeln öffnete er und machte einen Schritt zur Seite als seine Tochter sich in die Arme des Kriegsministers stürzte.

T'than fing sie ebenso erfreut auf und drückte sie mit einem leichten Lächeln an sich. Er hatte sein Adoptivkind sehr vermisst. Ihr Gewicht in den Armen zu halten und ihrem Geplapper zu lauschen, darauf freute er sich bei jedem Besuch in der Rha'hsti - Kolonie. Das Kind hatte eine Lebendigkeit an sich, eine so ungezwungen Freude am Leben, dass er jedes Mal wenn er sie sah vor welcher Entität auch immer für Existenz verantwortlich war auf die Knie fallen und ihr danken wollte. Sie war ihm unsagbar kostbar geworden. Als er sie das erste Mal gesehen hatte, in Da'ans Armen, hatte ihn Erfurcht ergriffen vor diesem Lebenshunger der schon damals in den blauen Augen gebrannt hatte, jetzt empfand er nur noch grenzenlose Zuneigung. Er zweifelte nicht daran, dass Ti'e diese erwiderte, nur fragte er sich manchmal ob sie nicht ihren anderen, menschlichen, Elternteil lieber an seiner Stelle gehabt hätte, oder ob sie seine Zweifel überhaupt verstünde.
T'than sah Da'an mit einem amüsierten Lächeln im Türrahmen stehen und zusehen wie sein Kind den jüngeren Taelon zuplauderte. Er fand es anscheinend amüsant. Erst jetzt fiel T'than auf, dass Da'an nicht den üblichen Overall trug, sondern Kleidung aus dem selben seidigen Material aus dem auch die seiner Tochter bestand. Eine einfache weit geschnittene Hose, in einem zarten silberton und ein knielanges gleichfalls silbernes Oberteil, dass nach asiatischer Art an den Seiten bis zur Hüfte geschlitzt war. Er sah sonderbar fremdartig aus, nicht mehr unbedingt wie ein Taelon sondern vielmehr wie eines jener mystischen Wesen welche die Menschen Elfen nannten. Er wirkte so zerbrechlich ohne den Overall. Jenes Kleidungsstück war sehr viel dicker als es den Anschein hatte und sollte die Taelons in der Erdschwerkraft unterstützen, damit sie nicht so viel Energie verloren, doch hier auf dem Schiff war dies nicht nötig. Dem Anschein nach, beabsichtigte Da'an also nicht den Planeten aufzusuchen.
„Ich grüße dich Da'an.” T'than hatte sanft und liebevoll gesprochen, und unwillkürlich wallte Freude in dem Älteren auf. Er war dankbar dass diese Nähe zwischen ihnen möglich war. Behutsam streckte er seinem Gegenüber eine Hand entgegen, auf halbem Wege berührte er die T'thans, eine kurze intensive Berührung ihrer Seelen.
„Ich grüße dich ebenfalls, T'than. Wann soll ich vor die Synode treten?”
„In einer Stunden. Sie wollen Ti'e sehen, man ist der Ansicht drei Jahre seien genug Zeit für sie sich soweit zu entwickeln, dass über ihr weiteres Schicksal entschieden werden kann.”
Da'an nickte leicht, alles andere als glücklich. Er konnte nur hoffen, dass Ti'e die Synode zu überzeugen vermochte. Falls dies nicht der Fall war mochte Da'an nicht an die Konsequenzen denken.

T'than setzt Ti'e behutsam ab und wandte seine komplette Aufmerksamkeit Da'an zu. Sein Freund wirkte bedrückt, nicht verwunderlich wenn er daran dachte was geschehen würde, wenn die Synode sich entschied ihr Kind nicht als Taelon anzuerkennen. Sie mochte einfach zur Erde geschickt werden um, dort unter den Menschen zu leben, vielleicht aber auch für Versuche in ein Labor gesperrt werden, der schlimmst Fall wäre ihre sofortige Vernichtung. T'than wusste, von diesem Treffen hing das Fortbestehen seiner Familie ab. Wenn Da'an Ti'e verlor würde er sich selbst aufgeben. Er hatte zu viele tote Kinder, noch eines wäre zu viel. Er war dem Tode nahe gewesen, als er gezwungen worden war die leblosen Neugeborenen aufzugeben. Seine mentalen Schreie hatten jedes Mal stundenlang durch das Gemeinwesen gehallt, ehe sie schließlich gestoppt wurden. Ehe man ihn zwang die Erinnerung an seine toten Kinder in den Hintergrund seines Gedächtnisses zu verbannen und nicht mehr daran zu denken.
Dieses Mal würde er sich töten; und T'than würde ihm folgen. Zu kostbar war dieses Leben mit Da'an und Ti'e für ihn geworden.
Trotzdem zog er es vor dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst dazu kam. Er berührte sanft Da'ans Handgelenk, wurde mit einem leichten Lächeln belohnt.
„Was denkst du, wie wird es enden?”
„Ich weiß es nicht. Ti'e hat viel von einem Taelon, aber auch viel von einem Menschen. Es ist nicht voraussagbar was geschehen wird.”
Beide blickten sich unwillkürlich nach dem Gegenstand ihrer Sorge um. Doch das Kind war verschwunden.

Ti'e hatte die Gelegenheit genutzt als ihre Eltern abgelenkt waren und sich auf Erkundungstour begeben. Vage Erinnerungen aus einer Zeit bevor sie Ti'e wurde teilten ihr mit, dass sie sich im Weltraum befand. Sie wusste wie es sich anfühlte dort draußen, das kalte Vakuum brennen zu spüren, im Licht tausender von Sonnen zu reisen, spürte erneut die grenzenlose Gewaltigkeit jener endlosen Nacht. Doch sie war jetzt nicht dort draußen, sondern in einem Raumschiff und sie gedachte es sich anzusehen. Sie wusste, es war gefährlich allein hier herumzulaufen, doch tat dies ihrer Begeisterung keinen Abbruch, sondern fügte dem noch einen Hauch Abenteuer hinzu. So lange sie acht gab und sich von niemandem sehen ließ, war sie frei zu tun was immer sie wünschte.
Jedenfalls solange sie nicht Da'an in die Arme lief. Er war der einzige, der sie immer und überall fand.
Schritte näherten sich plötzlich aus einem benachbarten Gang. Jemand würde gleich hier sein. Hastig sah sie sich um. Zu ihrer Linken war eine Tür, ohne groß darauf zu achten wohin sie führte, öffnete Ti'e und trat in das Halbdunkel des dahinter befindlichen Raumes. Die Tür schloss sich lautlos hinter ihr.
Interessiert betrachtete sie den Raum vor sich. Ein Großes Fenster ließ die letzten Strahlen der untergehenden Sonne herein. Sie beleuchteten, einen kleinen, recht gemütlichen Raum Ein privates Quartier, ein Rückzugsort. Jemand hatte sich hier ein sicheres Nest geschaffen und würde es gewiss nicht gern sehen wenn er sie hier vorfand. Behutsam begann sich Ti'e rückwärts der Tür entgegen zu bewegen. Doch sie wusste noch ehe sie dort war, dass es zu spät war, sie war nicht allein. Ihr Blick wurde von einer dunklen Ecke des Raumes angezogen. Kalte Blaue Augen trafen die ihren. Sie stand vor dem Synodenführer.

Zo'or hatte sich in sein Quartier zurückgezogen. Er brauchte einen Augenblick für sich. Ein wenig Zeit um in Ruhe nachzudenken. Viel war geschehen in den drei Jahren seit er Da'an das letzte Mal gesehen hatte. Jeder einzelne Tag war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen. Da'an hatte ihm gefehlt. Auch wenn er das nie erfahren würde.
Er erinnerte sich gut an den Tag an dem plötzlich eine neue Präsenz Kontakt zum Gemeinwesen aufnahm, nicht ganz Taelon doch unverkennbar in der Abstammung. Und der Schock zu entdecken woher dies kam. Und dann Fragen, so viel Fragen, ohne Antwort. Da'an hatte sich herausgelogen. obwohl die anderen Synodenmitglieder getäuscht worden waren, hatte Zo'or dies bemerkt. Als einziger. Er war eben nicht ganz grundlos Da'ans Kind, und auch wenn er es nicht einmal sich selbst eingestehen mochte, ein teil von ihm war stolz darauf.
Er hatte wortlos zugesehen wie die Synode Da'an verbannte und das Schicksal des Kindes vorerst im ungewissen ließ. Er hatte nicht sprechen können, er hatte nicht einmal gewusst was dann aus seinem Munde kommen würde. Die Forderung nach dem Tod seines Elters und des Ungeborenen? Oder die verzweifelte Bitte eines Kindes in den Arm genommen und beruhigt zu werden, dass dies alles nur ein schlechter Traum sei? Dass er am Morgen aufwachen würde und wieder der kleine Zo'or war, der von Da'an geliebt worden war?
Zo'or hatte geschwiegen. Er hatte gewusst, egal ob er sprach oder nicht. Er hatte verloren. Da'ans Liebe für ihn war mit der Zeit geschwunden, und nun war da ein anderes Kind dass er lieben konnte. Vielleicht war es besser so, Zo'or hatte nichts was für ihn gesprochen hätte. Er war einmal Da'ans Kind gewesen. Jetzt war er nur noch der Synodenführer. Verhasst und gefürchtet und endgültig allein. Allein, was er stets am meisten gefürchtet hatte.
In den folgenden Tagen und Wochen hatte er sich geweigert von Da'an zu sprechen oder auch nur an ihn zu denken. Der Kontakt mit den Jaridians hatte diesem Unterfangen durchaus geholfen.
Er wusste T'than war oft bei Da'an. Er wusste, dass er eine Schwester hatte. Sie war von den Heilern jener kleinen Exil-Kolonie gründlich untersucht worden. So weit die Ergebnisse eine Deutung zuließen war das Kind, Ti'e, bei bester Gesundheit und gedieh ausgezeichnet. Er hatte anhand ihrer DNA versucht herauszufinden wer ihr Vater war, ohne Erfolg. Eine planetare Suche hatte nichts ergeben.
Damals hatte er versucht mit Da'an zu sprechen, ein paar Antworten zu bekommen. Doch als er ihn gesehen hatte, konnte er nichts sagen und so verfiel er in das alte Muster. Sie stritten.
Seit damals hatten sie sich nicht mehr gesprochen, fast drei Jahre.
Und heute kam er auf das Mutterschiff zurück, mit dem Kind, das er, Zo'or, nie gesehen hatte, seine Schwester. Er war unsicher wie er auf sie reagieren sollte. Sie war ebenso ein Teil von ihm, wie von Da'an. Er konnte sie nicht hassen, so sehr er es auch versuchte, er fühlte bei dem Gedanken an sie nur eine vage Sehnsucht. Sehnsucht nach etwas das er nicht einmal kannte, und wohl auch nie kennen würde. Er wusste nicht wie es war ein lebendes Taelonkind in den Armen zu halten, wie es sich anfühlte sein Gewicht zu spüren.
Die Zusammenkunft der Synode würde entweder Ti'es Ende oder ihre Anerkennung als Taelon bedeuten. Er wusste nicht ob er sich für sie einsetzten konnte. Es würde ihm nur als weitere Schwäche gewertet werden, konnte er dieses Risiko eingehen? Konnte er seine Schwester im Stich lassen? Er hatte keine Antworten.
Seit seiner Ankunft im Quartier waren mehrer Stunden vergangen, die Sonne war fast völlig hinter der Erde verschwunden. Plötzlich öffnete sich die Tür und ein kleiner Schatten kam hereingehuscht.
Ärger flackerte in dem Taelon auf. Wer wagte es ihn hier zu stören?
Es war ein Kind, dessen zierliche Gestalt im Halbdunkel kaum zu erkennen war. Es schien sich umzusehen, ehe es langsam begann sich rückwärts auf die Tür zu zubewegen. Es schien seine Anwesenheit irgendwie zu spüren, ihre Blicke trafen sich.
Einen Moment lang schien die Zeit für Zo'or still zu stehen.
Augen vom gleichen elektrischen Blau wie das aller Taelons bohrten sich in seine. Ihre Gesichtszüge wirkten vertraut. Die Ähnlichkeit war zwar nicht sehr groß, aber vorhanden. Dies war Da'ans Tochter. Ti'e.
Sekundenlang standen sie einander Auge in Auge gegenüber. Keiner von beiden bewegte sich.

Es war Ti'e die sich als erste wieder fing.
Sie war zunächst erschrocken sich Auge in Auge mit ihrem Geschwister zu finden, doch Angst hatte sie keine. Er benahm sich nicht so als sei er zornig auf sie. Er schien eher verblüfft zu sein. Neugierig musterte sie Zo'or, konnte jedoch aufgrund der inzwischen kompletten Dunkelheit nur einen vagen Schemen ausmachen. Sie musste näher heran. Behutsam machte sie einen Schritt vorwärts.
Er holte hörbar Luft. Das stoppte sie, für einen Moment. Dann begann sie sich erneut zu bewegen. Zentimeter für Zentimeter, kam sie näher.

Zo'or hatte einige Probleme zu glauben, dass die derzeitigen Ereignisse der Realität entsprachen. Es erschien ihm reichlich surreal, dass da gerade seine kleine Schwester auf ihn zuschlich. Er konnte sie kaum noch erkennen, er hatte gesehen, dass sie schwarzes Haar, ein elfenhaftes Gesicht und die Augen Da'ans hatte, doch er konnte dies einfach nicht mit der Vorstellung seines Geschwister vereinbaren. Sie hatte zu anders gewirkt, sonderbarerweise nicht im Sinne von menschlich - anders. Sie war ebenso wenig ein Mensch wie sie ein Taelon war, sondern etwas dazwischen, beides und keines davon.
Er war versucht die Lichter zu aktivieren und die sonderbare Situation damit aufzulösen, doch er konnte/wollte es nicht. Zu groß war die Faszination die von diesem kleinen Geschöpf und seinem Tun ausging. Sie war schon fast bei ihm, ihre Augen glommen schwach im Dunkel.
Dann stoppte sie plötzlich.
„Sinaui Euhura.” Es klang kindlich und unsicher. Als wäre sie sich seiner Reaktion nicht sicher. Wie konnte sie auch. Alles was sie von ihm wusste, stammte aus Da'ans Erinnerungen und aus den Berichten anderer Taelons. Nichts davon war positiv, dessen war er sicher.
Mit einer beinahe feierlichen Geste führte er eine Hand an die Brust und streckte ihr die andere entgegen. „Sinaui Euhura, Ti'e.” Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber wusste dass sie lächelte. Er fühlte es im Gemeinwesen. Ihre plötzliche Freude, die ihn umfing, er erkannte er hatte sich geirrt. Sie fürchtete ihn nicht. Was auch immer sie von ihm wusste, es hatte nichts mit Zo'or dem unbarmherzigen Synodenführer zu tun, sondern einzig mit Zo'or dem Kind von Da'an. Sie war bereit ihn als Geschwister zu akzeptieren, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Schon lange war ihm jemand mehr so offen, so vertrauensvoll entgegengetreten, nicht einmal sein Elter. Selbst Da'an war stets, trotz aller Liebe für sein älteres Kind, misstrauisch gewesen, hatte immer damit gerechnet, verletzt zu werden. Er wusste nicht welcher Instinkt ihn dazu veranlasste die Arme zu öffnen. Als nächstes spürte er wie das Kind sich an ihn schmiegte. Er wagte nicht sich zu bewegen, oder sie zu berühren. Er, der mächtige Synodenführer, hatte Angst vor einem Kind. Es war lächerlich, doch es war so. Ti'e schien es ebenfalls zu spüren, sie ergriff eine seiner Hände und schlang seinem Arm um sich. Dann lehnte sie den Kopf an seine Schulter, schnaufte zufrieden und schlief in Sekundenbruchteilen ein. Zo'or war jenseits von Verblüfft. Er hatte keinerlei Ahnung was er jetzt tun sollte. Es blieb ihm nur eines übrig, so erniedrigend es auch war. Er öffnete sich dem Gemeinwesen und suchte die eine Existenz die fähig war ihm jetzt zu helfen. Seine ganze Verzweiflung und Verlegenheit lag in den Ruf. *Da'an? Hilfe!*

 

 

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