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  „Die Puppenspieler” von Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Oktober 2003
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorinnen.
 
Thema:  Eine fremde furchterregende kristalline Intelligenz offenbart sich auf der Erde und auf London und erzeugt gefährliche Besessene und Horrorgestalten. Während Ko'lan Hilfe von der Wawa-Lebensform sucht, fragen wir uns: was geschah mit Zo'or?
Zeitpunkt:  das Jahr 2334
Charaktere:  Zo'or, William Boone, menschliche Gefangene und Soldaten der Fricks; auf der Erde: Audre, Fingers, Colt, Massimo Jiello, General Rebelliand, Inspektor Whitewater; Dunkelmächte und Kristallintelligenzen; auf Sondermission: Ko'lan, Ariel mit Tochter Bethany, Qui'sa und die Zasa-Anführerin „Weißes Schaf”; auf London: die Taelons Ho'shin, Pri'nur und Mis'rai, Inspektor Llewelyn, Muriel Hogarty.
 

 

DIE PUPPENSPIELER

Kapitel 7

 

Teil 1

Zo'or wurde von zwei Fricks in den höhlenartigen Saal zurückgeschleift. Sie war nackt, voller blauer Flecken, und blutete aus mehreren frischen Wunden. Die Fricks, große Wesen mit braunem Zottelfell, gelben großen Raubtieraugen und zwei mächtigen Hauern, die aus dem breiten Maul herausragten, warfen die bewusstlose Taelon wie einen Tierkadaver auf die Erde, ketteten ihren Fuß an den Boden. Danach brummten sie drohend zu den erstarrt stehenden Menschen und verließen den Saal wieder. William Boone zog die Fetzen seiner Decke an sich, ging hinüber und legte sie behutsam über Zo'or. „Steht nicht so da!” fuhr er die erschöpften Zuschauer an. „Bringt etwas Wasser zum Abwaschen! Ihr seid auch schon verhört worden. Wir müssen zusammenhalten und uns hier gegenseitig helfen, so gut wir können.”

Meder brachte bald ein nasses Tuch. Er hatte schon viele so Zugerichtete gesehen. Vorsichtig versuchten die beiden Männer, Zo'ors Wunden zu säubern und die Blutungen zu stillen. Irgendwann schlug sie die Augen auf. Sie war zu erschöpft und verletzt, um sich zu wehren. Stolz war ein Luxusgut, das hier nicht mehr existierte. Hier war die Hölle.

„Es war so fürchterlich”, flüsterte sie. „Sie hörten nicht auf, aber ich habe ihnen bereits alles gesagt, was ich weiß. Warum läßt man mich nicht sterben? Warum tötet ihr mich nicht aus Mitleid? - Heißt es nicht, Menschen kennen so etwas wie Mitleid??” Zo'or begann still und verzweifelt vor sich hin zu weinen, drehte sich weg und schlug die Decke so über das Gesicht, dass niemand sie mehr sehen konnte.

Die anderen Menschen gingen wieder zu ihren Schlafplätzen und legten sich hin. Schon bald würden die Wachen wieder kommen und sie als Sklaven in den Minen arbeiten lassen. Schlaf war kostbar. Boone blieb dennoch neben Zo'or sitzen und wartete eine ganze Weile, bis Zo'or sich etwas beruhigt hatte. Dem großen muskulösen Mann mit den dunkelblonden Haaren und dem mittlerweile gewachsenen Bart tat die Prä-Taelon-Frau furchtbar leid.

„Sie dürfen einfach nicht verzweifeln”, versuchte er die Prä-Taelon leise zu trösten. „Sie waren bisher mutig genug, alle Demütigungen, Verhöre und Folterungen durchzustehen. Ihr Mut und Durchhaltevermögen war uns bis jetzt ein Vorbild. Geben Sie nicht auf! Sie sind so alt - viel älter als ich - und im Vergleich dazu können diese Jahre hier nur eine kurze Episode sein. Diese Fricks können die Verhöre nicht ewig fortsetzen; selbst ihnen muss die Einsicht kommen, dass nichts mehr zu holen ist.”

„Sie prügeln nur zur Freude, nicht um zu verhören. Es gibt bessere und weniger leidvolle Verhörmethoden, wenn es nur das wäre”, erwiderte Zo'or und wischte sich die Tränen vom Gesicht. „Es macht ihnen Freude, den Anführer und letzten der Taelons langsam umzubringen. Das ist unsere Strafe, die Strafe für alle Taelons, die ich jetzt erleide, dafür dass so viele Völker umgekommen sind. Dafür, dass Ha'gel einfach so ins Weltall geschossen worden ist für Jahrhunderttausende.”

Boone holte eine volle Schale mit Nahrungsbrei und reichte sie Zo'or. „Sie müssen etwas essen. Sie müssen bei Kräften bleiben. Mit einem vollen Bauch kann man schwerer verzweifeln. Geben Sie den Fricks nicht die Genugtuung, sich selbst aufzugeben. Versuchen Sie, trotz allem zu überleben!”

Zo'or setzte sich auf, die Decke um den Körper gewickelt, nahm die Schüssel mit dem Holzlöffel dankbar an und aß hastig davon. „Ich bin so hungrig, schwach und ohne Energie - Sie sollten froh sein, dass ich angekettet bin”, meinte sie, etwas gefasster. „Ich könnte Ihnen oder den anderen Menschen die Lebensenergie rauben, so hungrig und erschöpft wie ich bin. - Vergessen Sie nicht: ich bin nichts als eine humanoid aussehende Riesenspinne. Appellieren Sie daher besser nicht an meine Überlebensinstinkte!” Ab und zu brach sogar hier der alte trockene Sarkasmus bei ihr durch. Zo'or aß noch ein paar Löffel Brei. „Und diese primitiven Kreaturen haben mir wieder die Kleidung genommen”, ärgerte sie sich deprimiert. „Um mich zu entwürdigen. Um mich vor den Menschen zu entwürdigen. Nur gut, dass die Minen so klimatisiert sind, dass man darin auch ohne Kleidung überlebt.”

Boone holte von seinem Lager einen einfachen abgetragenen Kittel mit Stoffgürtel. „Ich dachte mir schon, dass so etwas wieder passiert”, meinte er und gab Zo'or den Kittel. „Sie wissen, vorgestern ist Hanna gestorben. Sie braucht den Kittel nicht mehr.”

Zo'or nahm den Stoff mit beiden Händen. Sie spürte noch den Geruch und die Restaura der Frau in den Kleidern, und schloß für einen Moment die Augen. Dann überwand sie sich und schlüpfte in den Kittel, band sich den Gürtel um. „Danke!” sagte sie. „Ich bin Ihnen wirklich dankbar - für alles. Und dabei wollte ich Sie früher töten - als Verräter. Und weil Sie uns Ihr Blut gegeben haben und damit die Taelons auf Ihre Stufe heruntergezogen haben. Ihr Menschen wart für mich nur intelligentere Tiere. Ich war wirklich sehr arrogant und dumm. Es tut mir leid.”

„Nun, Sie haben mich nicht getötet, nicht wahr? Man weiß niemals, was die Zukunft bringt.”

„Sie denken bestimmt wieder an Flucht. Wir haben das schon dreimal versucht. Das kostete bereits vielen Menschen das Leben, und verwandelte das Leben der Übrigen in einen Alptraum.”

„Sind Sie sicher, dass Sie die letzte Taelon sind? Sonst wäre es doch möglich, über das Gemeinwesen Hilfe herbeizurufen”, meinte Boone müde. „Sie könnten es zumindestens VERSUCHEN.”

Zo'or lehnte sich an die Wand und lachte bitter. „Wer weiß, vielleicht gibt es tatsächlich noch irgendwo Taelons, die nicht von den Jaridians ausgelöscht worden sind, oder die nicht diese Existenzebene verlassen haben. Ausgestoßene. Aber wenn, sind sie unendlich weit weg, ich kann sie nicht erreichen. Abgesehen davon, dass ich in dieser Form nur einen Bruchteil der telepathischen Möglichkeiten habe im Vergleich zu meiner früheren Energieform. Und - das ist wohl genauso schlimm: ich bin eine Verbrecherin. Ich habe die Gesetze und Traditionen der Taelons gebrochen. Ich habe aus Hunger getötet. Ich verdiene keine Hilfe, keine Gnade. Ich sollte besser tot sein.”

„Jeder verdient eine zweite Chance. Sie wussten es nicht besser.” Boone setzte sich neben sie. „Erzählen Sie mir von den Hintermännern der Fricks und von den Minen. Die Taelons bezogen heimlich ihr Salz von hier. Daraus gewannen sie in einem bestimmten Verfahren diese blauen Kristalle, und aus diesen die spezielle Lebensenergie, die ihr Bewusstsein ansteigen ließ und sie fast unsterblich machte - und süchtig. Warum werden Menschen davon nicht krank oder süchtig?”

„Die Menschen sind eine andere Spezies; vielleicht müsste man dazu einfach die Herstellung der Kristalle modifizieren. Der menschliche Körperbau ist erstaunlicherweise, trotzdem wir von völlig verschieden Welten stammen, ausgesprochen dem der Prä-Taelons oder „Atavus” ähnlich. Ich war davon immer fasziniert. Es wäre möglich, dass modifizierte Kristalle auch Menschen in langlebige Energiewesen verwandeln könnten. Aber wenn ich die Entstehung der Prä-Taelons bedenke, würden die meisten Menschen den Genuß mit dem Leben bezahlen. Die anderen würden zu Ungeheuern mutieren.” Zo'or strich sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht nach hinten. „Wünschen Sie sich das besser nicht. Der Preis wäre für die Menschheit wäre zu hoch.”

„Die Hintermänner,” erinnerte Boone Zo'or und schloss die Augen.

„Es gibt ein Gerücht, eine Legende unter den Taelons, dass es einen „Bund der Alten Völker” gäbe, bestehend aus uralten Kulturen, die so weit entwickelt sind, dass sie eigentlich einer höheren Existenzebene angehören. Sie widmen sich der Förderung der Belange des Kosmos. Ihr Gegenstück wäre - verstehen Sie mich recht, es ist eher ein Mythos als konkretes Wissen - eine ebenso uralte Kultur aus Dunkelmaterie, die das Leben der herkömmlichen Lebensformen im Universum bekämpft. Dunkelmaterie - ist eine völlig andere Art von Materie oder genauer gesagt: Energie. Taelons in ihrer blaustrahlenden Energieform müssen in der Nähe von Dunkelmaterie erstarren: Dunkelmaterie unterbindet oder verlangsamt herkömmliche Energie- und Lichtströme. Während das Salz sie erhöht. - Aber ich will nicht abschweifen. Am letzten Tag auf der Erde wurde ich von eben solchen mysteriösen Wesen angegriffen und verschleppt. Als Prä-Taelon habe ich sie nicht sofort erkannt. Jetzt weiß ich: sie existieren tatsächlich.”

Zo'or legte sich auf dem Boden und lehnte sich dabei mit dem Kopf etwas an Boone. „Seither habe ich sie nicht mehr gesehen. Aber sie müssen mit dieser Entführung zu tun haben. Die Fricks scheinen daher das Hilfsvolk dieser Dunklen zu sein. Aus irgend einem Grund haben sie sich der Minen bemächtigt. Aus keinem guten Grund.” - Boone ließ Zo'ors Nähe zu. - „Und die verschleppten Menschen sind so etwas wie Versuchskaninchen.”

Weit im Hintergrund, beleuchtet vom mageren Licht der paar Deckenlampen, lagen die anderen Menschen, zum Teil alleine, zum Teil aneinandergekuschelt, und schliefen. Einige stöhnten ab und zu, ein paar schnarchten, zwei husteten immer wieder und waren krank. Im Leid waren sie und die ehemalige Taelon gleich geworden. Wie lange sollte die Gefangenschaft dauern? Würden sie je wieder freikommen?

„Lassen Sie mich nicht allein”, murmelte Zo'or, am Rande des Schlafes. „Ich habe im ganzen Universum niemanden mehr. Ich habe als Taelon nie gelernt, alleine zu sein. Das ist für mich das Allerschlimmste.”

 
* * *
 

(Gegenwart, auf einem Dunkelschiff vor dem Salzplaneten:)
„Siehst du, da ist das Hilfsvolk der Alten bereits”, deutete der Anführer der Dunklen auf das geortete Zefir-Schiff. „Soll die Taelon nur weiter um Hilfe rufen!”

„Sollten wir es nicht hinwegfegen?” fragte der andere. „Das ist für uns kein Gegner.”

„Du weißt, es existiert eine Art Verhaltenskodex”, meinte der Anführer bedauernd. „Wir hier sind drei Schiffe - und, siehst du da, da sind zwei Schiffe der Beria und eins der Zaza's versteckt und beobachten. Du scheinst offenbar wichtige Richtlinien vergessen zu haben”, sagte das schwarzwabernde Wesen und warf einen schmerzhaften Impuls als Strafe gegen das andere. „Ich erinnere dich daher: nachdem wir nach langen Ausrottungskriegen selbst erkannt haben, dass wir als Vertreter der Finsternis und die als Vertreter des Lichtes im Universum gleich stark sind und Licht und Finsternis in diesem Universum naturgegeben immer gleich stark sein werden, führen hochstehende Völker wie wir selbst keine Kriege mehr! Niemals. Denn für jedes Volk, das ausgelöscht wird, kommt ein anderes und tritt an seine Stelle. Für den Krieg und für die anderen Angelegenheiten werden daher nur noch Hilfsvölker eingesetzt. Es wäre sinnlos, dies hier ändern zu wollen. So sind die Spielregeln. Sie halten sich raus - wir halten uns raus. Wir haben alle Voraussetzungen geschaffen, haben die Fricks positioniert. Es liegt ganz in der Hand der Fricks. Lasst uns nun freudig zusehen, was unsere Marionetten Blutiges daraus machen! Und dann kann eine neue starke Saat der Überlebenden im Kosmos heranreifen.”

Das bestrafte Gegenüber stöhnte demütig. „Ich verstehe. Ich werde das in Zukunft bedenken.” Insgeheim dachte er jedoch: ‚Und ich hätte dennoch das fremde Schiff vernichtet! Irgendwann machst du (Mistkerl) einen Fehler, und ICH werde die Macht haben!’

Die Dunkelschiffe beschleunigten und verschwanden im demonstrativen Rückzug.

 
* * *
 

Da'an war mental noch völlig fertig von dem verzweifelten Gedankenimpuls Zo'ors. Zo'or, der ehemalige kriminelle Synodenführer, war offenbar noch am Leben, und zwar wieder in seiner Energieform, da er das Gemeinwesen kontaktiert hatte; jedenfalls das, was davon jetzt noch existierte. - Wie war das überhaupt möglich? Zo'or war auf der Erde am Ende ein Atavus gewesen und angeblich umgekommen. Und jetzt war er hier, und in seinen Gedanken war soviel Schmerz, soviel Leid und Trauer gewesen, dass es alle Taelons an Bord erfasst hatte. Sie spürten es als Teil ihres eigenen Wesens!

„Kommt dennoch nicht in Frage, dass wir jetzt losstürmen und den Taelon befreien, wo da überall fremde Schiffe lauern! Sogar Dunkelschiffe”, protestierte Rj'lev.

„Im Prinzip waren wir uns einig, wie wir vorgehen: Wir senden Sonden hinab, damit Replikanten unten die Lage ausspionieren können. Vielleicht finden wir einen Weg, selbst heimlich hinuntergehen”, meinte Je'dir. „Daran ändert sich nichts.”

„Die Verbindung mit Zo'or wäre schon dahingehend nützlich, dass er selbst uns die Lage auf dem Salzplaneten schildern kann”, meinte Ariel dazu und streichelte Ko'lans Schulter, der etwas abwesend zu sein schien und vor ihr auf dem Sofa saß. Die Taelons waren gedanklich weiterhin heftig beim Diskutieren:

‚Wie ist es möglich, dass Zo'or hier ist, noch am Leben? Ich dachte, nur Kimera wären noch imstande, einen zu einem Atavus Rückverwandelten wieder in einen Taelon zu verwandeln. Kimera gibt es doch keine mehr, die befinden sich auf einer anderen Existenzebene’, meinte Dar'den.

‚Es sei denn , auch ein anderes Volk wäre dazu in der Lage. Unwahrscheinlich, aber immerhin möglich’, erwiderte Ken'tau geistig.

‚Es gibt sehr wohl Kimera - in unseren Genen leben sie fort. Oder in anderen Genen. Wie war es mit diesem Liam Kincaid? Da'an wurde doch selbst von diesem rückverwandelt’, wies Ko'lan hin.

‚Ich kann es nicht glauben, mein Kind lebt noch und hat so Furchtbares erlebt’ dachte Da'an immer noch ganz erschüttert. Die Gefühle waren offenbar noch ein Erbe aus dem Taelon-Jaridian-Kimera-Mensch-Kollektiv.

‚Und was geschieht mit Zo'or, falls wir ihn befreien können?’ meinte Ka'sar dazu. ‚Wir können zwar Ho'shin jetzt nicht fragen, aber ich erinnere daran, dass Zo'or das Gemeinwesen freiwillig verlassen hatte und Verbrechen gegen die Taelons und gegen Menschen begangen hat.’

‚Doch er war geisteskrank, mitten im Ka'atham und ohne Core-Energie. Selbst bei Menschen kommt Kannibalismus während einer Hungersnot vor,’ erinnerte Ken'tau.

‚Nur mit dem Unterschied, dass Zo'or ein Taelon und kein Tier war’, sagte Ko'lan geistig. ‚Taelons sollten sich vor der Großen Leere nicht fürchten.’

‚Zo'or war der jüngste Taelon und mit dieser Aufgabe überfordert. Dennoch hat die Synode die Aufgabe an Zo'or übertragen, diesen nicht kontrolliert und alles hingenommen. Damit ist die Synode mitschuldig geworden’, sagte Da'an. ‚Auch ich.’

'Typisch Synode!’ schimpfte Mur'ru. ‚Deren Zeiten sind vorbei, genauso Zo'ors Zeit als Synodenführer. - ‚Und, nur zur Erinnerung: Zo'or ist jetzt ein weibliche Taelon. Nichts anderes. Die Muster sind eindeutig.’

„Genauso machen wir es”, hörten die Taelons in der Zentrale Sy'la sagen. „Roleta soll sich im Ringsystem eines Planetenriesen verstecken, während wir jetzt Sonden zur Oberfläche losschicken.”

„Wir haben doch schon mal mit einer semi-energetischen Intelligenz gesprochen, erinnert euch doch an den Planeten Wawa”, meinte Peter Combe. „Wenn es stimmt, dass die Kristalle eine gewisse eigenständige Intelligenz aufweisen, dann wird es höchste Zeit, zu untersuchen, WIE intelligent diese Lebensform ist. Wäre es nicht sehr interessant, wenn wir mit den Kristallen Kontakt aufnehmen könnten? Vielleicht ist das überhaupt DIE Lösung des Drogenproblems.”

„Um zu kommunizieren, benötigte Wawa die Größe eines ganzen Planeten”, widersprach Andersen. „Der Salzplanet ist bestenfalls mit Salzadern durchzogen. Ich kann nicht glauben, dass das Salz in dieser geringen Menge ausreichend intelligent sein soll.”
„Doch intelligent genug, um parasitär über die Taelons ein Gemeinwesen zu errichten und dieses zu dominieren”, beharrte Combe. „In konzentrierter Form, aber immerhin...” „Ihr tut gerade so, als ob wir Taelons irgend jemandes Marionetten gewesen wären”, protestierte Da'an. „Dem war nicht so, das versichere ich. Wir Taelons selbst trafen alle Entscheidungen.”

„Und ich sage, ihr wusstet nicht, dass ihr immer vom Salz manipuliert worden seid!” widersprach Korn't. „Die Jaridians wussten das immer. WIR verwendeten daher die Kristalle anders als ihr nur zur Kühlung, wenn überhaupt.”

Es ging noch eine Weile so weiter, während die ausgesandten Sonden bereits die Oberfläche des Salzplaneten untersuchten und genau die Fremden ausspionierten, die wie große aufrechtgehende Wildschweine mit hellbraunem Zottelpelz aussahen, und mit gelben Raubtieraugen und zwei mächtigen Maulhauern ausgestattet waren. Irgendwo da unten war auch das Gefängnis von Zo'or - und offenbar einigen anderen Spezies.

Ein anderes Beiboot war Richtung Wawa unterwegs. Auf der Suche nach guten Ratschlägen von der spielfreudigen Intelligenz für den Umgang mit einer ähnlich gearteten kristallinen Spezies.

 
* * *
 

‚Halt!’ Audre blieb stehen und lauschte. ‚Achte auf deine Schritte!’br>Sie sah die Maserung am Fußboden. Tödliche Fallen. Ein falscher Schritt, und die Sache war vorüber.
‚Führe mich!’ verlangte die alte Frau.
Ihr innerer „Gast” übernahm gänzlich die Kontrolle über ihren Körper. Sie fühlte, wie sie ganz leicht wurde, als ob sie schwebte. Tatsächlich glitt sie, ohne einen Fuss zu bewegen, über die Fallen hinweg. Ihr Körper glühte wie im Fieber, und irgendwie war ihr unwohl. Am Ende des Flurs flackerte etwas an der Wand kurz auf und verpuffte; wahrscheinlich ein anderer Überwachungsmechanismus. Das Tor zum Dachappartement glitt auf.
Sie verständigte gedanklich die anderen Schatten, die auf dem Gelände in Stellung gegangen waren. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Die Wächter wurden lautlos ausgeschaltet, die Kameras unbrauchbar gemacht. Da war das Lager mit dem Kristallballen! Tückisch schimmerte er im schmalen Scheinwerferlicht. Wert ein Vermögen.
‚Nähert ihm euch nicht!’ warnte ihre innere Stimme. Über Audres Gedanken sah ihr Gast alles, was die anderen Schatten sahen. ‚Es ist manipuliert. Es ist gefährlich.’

Audre teilte diese Erfahrung den anderen mit. Dann eilte sie lautlos weiter ins Schlafzimmer und zog ihre Waffe. Jiello lag unbekleidet auf dem weichen Wasserbett wie ein weicher aufgedunsener weißer Schwamm, das Gesicht mit den geschlossenen Augen zur Decke gewendet, der Mund leicht geöffnet. Sein voller Bauch leuchtete im kärglichen Licht milchigweiß. Offenbar war er noch betrunken; der Geruch von Alkohol lag zusammen mit denen von Ausdünstungen wie ein stinkender feuchter Nebel im Raum. Seine jetzige Geliebte war schon gegangen. ‚Umso besser’, dachte Audre.

„Fetter Mann!” rief sie scharf in den Raum, auf den Lichtschalter tippend. „Massimo Jiello, wach auf, Mann!”

Der nackte Mann zuckte und grunzte irgend etwas. Der Speichel tropfte ihm aus dem Mundwinkel.

„Wach auf, Mann!”

Jiello schlug die Augen auf, rollte sich seitlich hoch zum Sitzen und sah etwas verwirrt zu Audre. Er dachte aber nicht daran, sich etwa zu bedecken. Er blinzelte, schnupfte seinen Rotz hoch, kratzte sich die Genitalien und sah dann ungerührt zur alten Frau. Dann wischte er sich mit der anderen Hand über den Mund und gähnte. „Was soll das, Alte!” brummte er. „Mein Gott, bist du häßlich! - Zieh Leine, hier gibt es nichts zu holen, du dumme Nuss!”

Er war wohl noch immer zu betrunken, um die Sachlage klar zu erkennen. Der dachte wohl, dass sie eine Einbrecherin war und ihn ausrauben wollte. Ihr dunkler Aufzug konnte zu diesen Gedanken verführen.
„Du bist angeklagt, einer der Hauptverteiler von Blue zu sein. Und ich möchte wissen, wer die anderen sind!”

Der Mann begann sich zu wundern, wo seine Kumpels und Leibwächter waren. Und warum der Alarm nicht angegangen war. Immerhin hatte er noch den Nerv, ihr zu drohen: „Bist wohl wahnsinnig, was? Weißt du nicht, wer ich bin? Wie lange glaubst du, werde ich dich nach dieser Aktion am Leben lassen?”

„Die Namen der anderen Hauptverteiler der Droge! Und keine Spielchen. Deine Leute sind tot. Dein Lager wird vernichtet. Wenn du am Leben bleiben willst, so rede.”

„Damit kommst du nicht durch, Alte!” sagte der nackte Fettwanst. Audre warf ihm zwei Instant-Fotos aufs Bett. Bilder von zwei seiner Leibwächter, offenbar tot. Er besah sie glotzend. Audre richtete die Strahlenwaffe von der Tür aus, wo sie noch immer stand, nun auf seinen Kopf: „Also?”

Er wollte sie nicht nennen, natürlich, aber er dachte an die Namen, und das genügte. Er dachte sogar daran, wo sie waren. Dann überlegte er. „Schön, ich nenne dir Namen”, sagte er, sich überwindend. Er stand auf und tappte zur Kommode für Schreibzeug. Er griff sich aber eine nussgroße Granate. Der Raum fühlte sich aber mit Energie, noch bevor er sie nach Audre werfen konnte, und Jiello sackte, gesotten wie gekochtes Fleisch, tot zu Boden.

‚Du hast ihn getötet’, sagte Audre tadelnd zu ihrem Gast. ‚Wir hatten doch die Namen!’

‚Das tut nichts zur Sache, Audre’, erwiderte der Geist in ihrem Bewusstsein. ‚Ich musste seine Körperhülle zerstören, er bedrohte dich. Und er hatte keinen weiteren Nutzen.’ Er wollte nicht darüber debattieren, und Audres Selbständigkeit war nicht mehr groß genug, um weiter zu opponieren. Sie spürte, dass der Geist wollte, dass sie die anderen Hauptverteiler stellen und eliminieren sollten. Sie rief die Schatten, die inzwischen in einem Sicherheitsabstand um die Kristallballung standen, und sah die dortigen Vorgänge mit den Augen der anderen.

Die Kristallballung lag da, ein sich ballender Haufen von verschieden großen Kristallen. Da und dort wuchsen urplötzlich hauchdünne nadelartige Auswüchse heraus, die sich plötzlich bewegten, wie Tentakel, als suchten sie etwas. Der Haufen selbst machte plötzlich den Eindruck, als wäre er lebendig geworden, und schob sich leicht vorwärts, sehr langsam, aber doch. Dann erkannte die Ballung, dass kein Lebewesen in Reichweite war und erstarrte wieder in trügerischer Unschuld, die Tentakel-Nadeln lösten sich in blauen Staub auf.

„Wenn ich das nicht gesehen hätte, würde ich es nicht glauben”, sagte Colt atemlos. „Wie kann denn so ein Haufen leben?”

Fingers kam heran mit der Chemikalie, die sie eigens angefertigt und mitgebracht hatten. Die Formel stammte von Audre, und wo die sie herhatte, war ein Geheimnis. Einige der Schatten verstanden genug von Chemie, um sie herzustellen. Mit speziellen Düsen sprühten sie den Haufen ein, ohne den Sicherheitsabstand zu verlassen, damit die Kristalle sie nicht befallen konnten. Die Kristallballung schmolz zischend zusammen zu einem Haufen scheinbar leblosen Salzes, der abgefackelt werden konnte. Irgendwie bedauerte der Greis, dass man soviel Geld in Form von Blue so einfach vernichtete, aber Audre wollte das so, und die Art, wie Audre sich inzwischen verändert hatte, riet ihm, besser den Mund zu halten. Seine alte Freundin war sogar ihm unheimlich geworden.

Audre befahl den anderen Schatten, zum nächsten Ziel über Interdimensionsportale oder Fluggeräte aufzubrechen. Ihre Leute gehorchten. Die Telepathen standen offenbar ebenso bereits irgendwie unter dem seltsamen Einfluss; kein Protest erfolgte, niemand zog es vor wieder stehlen zu gehen. Sie alle unterstellten sich dem kollektiven Befehl: „Sucht die Drahtzieher, die Kristalle und das Salz und vernichtet sie!”

 
* * *
 

(Irgendwo im Kosmos:)
Sie öffnete sich sofort dem geistigen Ruf, welches sie für einige Momente über die Fernen der Galaxien in ihre Heimat der Vollkommenheit zog.
‚Licht sei mit dir.’
‚Energie mit dir. Warum kontaktierst du mich?’
Vorwurfsvoll kam die Frage: ‚Warum zerstörst du nützliche Hüllen und machst unsere Arbeit auf diesem primitiven Planeten zunichte, Schwester?’
‚Ich bin überzeugt, die Wahl ist falsch. Diese Spezies ist nicht geeignet für uns. Sie sterben an den Folgen. Ihr Körpermaterial ist nicht fein genug. Es war von den dunklen Mächten falsch geraten, so zu handeln.’
‚So verfahren wir immer. Wir bekommen bewegliche Hüllen und sie bekommen durch uns Bewusstsein, Größe und Unsterblichkeit. Die, die es nicht schaffen, sind vernachlässigbar. Nur die, die uns nützlich sind, haben Wert.’
‚Ich fühle Bedauern. Eine freiwillige Zusammenarbeit wäre sinnvoller, wie einst mit den unwissenden Taelons. Die Symbiose war von gegenseitigem Nutzen, zumal sie sich unterwarfen.’
Ihre Schwester zeigte ihr Eindrücke von tausenden Energiefeldern der Spezies zur Demonstration.‚Es ist nicht üblich, solch unterentwickelte und unverständliche Spezies zu fragen. Ihre Wildheit würde sie nur aufmüpfig machen.’
‚Die dunklen Mächte haben sich am Salz vergriffen und es manipuliert. Es ist eine Perversion, unsere unbewusste Kindsform so zu verformen. Ich fühle mich veranlasst, diese Perversionen auszutilgen.’br>‚Das steht dir nicht zu, Schwester!’ tadelte ihr Kontakt. „Wir können uns in unserer reifen Form nicht weiterentwickeln, wir benötigen dringend bewegliche Hüllen. Tausende von uns ziehen geistig umher und suchen, und viele brennen dabei aus und verglühen. Wir müssen Salz opfern. Nur das Salz macht die Hüllen geeignet. Sobald Kristalle da sind, sind wir am Ziel. Das weißt du doch.’ Ihr Gegenüber war ganz bekümmert. Sie fühlte, sie konnte die andere nicht überzeugen. „Licht mit dir!” beendete ihre Schwester seufzend den unbefriedigenden Gedankenaustausch.
„Energie mit dir!”

Sie senkte ihre Barriere ab und wandte sich mit einem starken geistigen Ruf direkt an das Große: „Licht mit euch!” Sie versicherte dem Großen ihren Respekt und ihre Loyalität und öffnete sich, damit das Große erkennen konnte, das ihre Gedanken echt waren. Sie zeigte die grauen Energiefelder und drastischen Vorgänge bildhaft auf und betonte, dass die Perversion des Salzes durch die dunklen Mächte ein Verbrechen war, selbst wenn dadurch ein paar Hüllen mehr gewonnen werden konnten. Der Pakt mit den dunklen Mächten sei zu überdenken.

‚Was kümmert dich die Befindlichkeit dieser Hüllen mehr als das Wohl des Ganzen?’ erkundigte sich das Große. ‚Unsere Entwicklung stagniert, solange wir gefesselt im Boden liegen, selbst wenn unser Geist umherstreifen kann! Du siehst, dass die Mehrheit von uns für die Besitznahme ist und die Vorgänge gutheißt. Die Alten Völker lehnen jede Hilfestellung ab. Es sind nur die uralten dunklen Mächte, die unsere Nöte verstehen und nicht von Skrupeln beladen sind. Wir halten den Pakt, sie helfen uns, Hüllen zu beschaffen, und wir manipulieren die Hüllen in einigen Punkten nach dem Willen der Dunklen. Die höchste, effektivste und zielgerichtetste Form der Existenz ist nun einmal die kollektive Form. Die Spezies kann sich glücklich schätzen, teilnehmen zu dürfen, und sei es nur durch ein paar Überlebende. Unterentwickelte Formen haben den höherentwickelten zur Verfügung zu stehen.’

‚Ich muss die vertreten, die gegensätzlicher Meinung sind. Die Symbiose und unsere geistige Dominanz rechtfertigt nicht die Eliminierung von Millionen. Wir haben es bei den Taelons gesehen: am Ende haben alle Seiten nur verloren, die wahren Gewinner waren die Chaosmächte. Ihr Angebot der Hilfe ist verlockend, aber auf lange Sicht gesehen endet es immer in Zerstörung. Wir müssen eine andere Form der Weiterentwicklung suchen. Benötigen wir für alle Zukunft wirklich primitive Hüllen?’

‚Ich stehe für die Mehrheit! Wenn du dich gegen den Willen des Großen stellst, wirst du ganz alleine sein und findest nirgendwo Unterstützung. Ich ordne daher an: Sabotiere nicht mehr unseren Plan!’

Das Große hatte geistig sehr nachdrücklich gesprochen und alles mit Bildern und Tönen unterlegt. ‚Kehre heim!’ befahl es nochmals. ‚Das Licht der Weisheit sei mit dir!’

‚Die lebendige Energie sei mit euch!’ gab sie nachdenklich zurück. Dann konzentrierte sie sich auf das ihr bekannte schwache Energiefeld in der fernen Galaxis und versetzte sich gedankenschnell dahin.

 

 

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