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  „Die Puppenspieler” von Sy'la, Predator und Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2003
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorinnen.
 
Thema:  Während die „Schatten” auf der Erde ihre Arbeit aufnehmen, und auch in London Blue grassiert, jagt die verzweifelte Crew auf Wanaban die Entführer der misshandelten Kinder und verbündet sich mit der dortigen Opposition...
Zeitpunkt:  das Jahr 2333
Charaktere:  die Zentaur Ekama Mar, Troh Tir, der große Weiße, die Murigel Joliy und Kuliy als Eingeborene von Wanaban; General Ernest Rebelliand, Inspektor Whitewater, Audre, Fingers und Colt; Frank; der Kriminalagent Konrad Stoller, Cornelia Katz, Peter J. Combe; Sy'la mit ihrer Tochter Alexa, Ariel mit Tochter Bethany; die Taelons Da'an, Ko'lan, Mur'ru, Ka'sar, Ken'tau und Dar'den; die Jaridians Je'dir, Rj'lev und Palwyr, Korn't und Trestim, ihre Kinder Wanjak und Hakar; die jugendlichen Taelons - namentlich Qui'sa, Blo'or, Pa'lol und Har'on; die künstliche Schiffsintelligenz Roleta; unsichtbare Existenzen; die Eingeborenen von Wanaban; die Vrennen; auf London: die Taelons Ho'shin, Sa'ben und Mis'rai.
 

 

DIE PUPPENSPIELER

Kapitel 4

 

Teil 2

(Auf und in London:)
Ho'shin wies auf die 3-D-Wand, auf der tausende Galaxien funkelten. „Ihr fragt euch, wie die Anfänge der taelonischen Raumfahrt verlaufen sind. Wir begannen wie die Menschen, bis wir entdeckten, dass wir die Grenzen der Materie so nicht überwinden konnten. Wir besiedelten zuerst Planeten aus unserer näheren Umgebung, wobei allein die Hinreise mehrere Jahrzehnte in Anspruch nahm. Um auf ihnen zu leben, mussten sich die Taelons genetisch an die neuen Lebensbedingungen auf ihnen anpassen. Die Taelons entwickelten in vielen Tausenden von Jahren eine gute Begabung darin, sich an immer neue Welten und Bedingungen körperlich anpassen zu können.

Aber was ist schon Materie? Nehmen wir einen Menschen - er ist fest, überwiegend flüssig, in den Lungen zirkuliert Gas und er besteht auch aus Energie, die als Aura aus ihm strömt. Der Unterschied zwischen den Aggregatzuständen ist eine Frage des Energieniveaus. Je höher, desto beweglicher werden die Moleküle. Starre beengende Grenzen verschwinden, wenn das Energieniveau erhöht wird. Es ist somit ein Irrtum zu glauben, materielle Grenzen wäre unüberwindbar. Durch eine Erhöhung des Energieniveaus verschwinden herkömmliche Begrenzungen, andere Gesetzmäßigkeiten tun sich auf. Indem unsere Schiffe aus gezüchtetem organischen Material hergestellt wurden, war es möglich, einen neuen evolutionären Schritt voranzuschreiten. Die Schiffshülle selbst sog sich mit Energie voll, erhöhte das Energieniveau ihrer Aura und mit dieser Technik überwanden wir die hinderliche Lichtgeschwindigkeit, die Gravitation und fanden die Reisemöglichkeiten durch Wurmlöcher. Und Black Holes mit einem geeigneten Horizont für eine Wurmlochreise gibt es in jeder Galaxie zu tausenden.”

Einer der Studenten im Hörsaal zeigte auf. „Gibt es irgendwelche physikalischen oder biochemischen Hilfsmittel, die diese Anhebung des Energieniveaus gefördert haben?”

„Ja - die gab es”, gab der Taelon zögernd zu. „Durch genetische Experimente und die Expeditionen in Regionen des Weltalls sind wir auf besonders günstige Kombinationen von organischem und anorganischem Material gestoßen, mit denen wir solche Schiffe wie das ehemalige Mutterschiff, Häuser und auch diese blauen Hauthüllen, die wir tragen, herstellen konnten. Wir benötigten eine ganze Weile, da einige Kombinationen schädliche Strahlung emittierten. Endlich hatten wir als letzten Schritt solche entwickelt, die lebend waren und sich perfekt an unsere Energiekörper anpassen konnten. Man kann auch sagen, sie und die Taelons standen in gegenseitiger Wechselwirkung, lebten symbiotisch.- Aber, um es gleich zu sagen, was für UNS unschädlich ist, ist nicht unbedingt auch für Menschen unschädlich.”

Eine weitere Studentin zeigte auf. „ Du hast von der Erhöhung des Energieniveaus gesprochen. Ist die Entwicklung zur energetische Lebensform so ähnlich verlaufen?”

„In der Tat”, erwiderte Ho'shin. „Wenn der Mensch denkt, so senden die Gehirnzellen elektrochemische Ströme aus. Je koordinierter und umfassender das geschieht, desto höhere Gehirnwellen werden hervorgebracht. Der Mensch jedoch gebraucht einen Großteil seines Gehirnpotentials überhaupt nicht, und wenn Gehirnaktivitäten stattfinden, so sind sie wenig koordiniert. Ein Taelon verwendet und steuert nicht nur jede Gehirnzelle, sondern JEDE Zelle seines Körpers vollkommen bewusst, und seine Kontrolle reicht bis in die atomare Ebene hinab. Alle Vorgänge laufen im höchsten Maße koordiniert und kontrolliert ab, womit viel höhere energetische Frequenzen unbegrenzt aus ihm herausstrahlen können. Bewusstsein - gehört zur Quantenphysik.” Der Taelon hatte zur Demonstration noch während seines Sprechens seinen Körper in die strahlend weißblaue Energiegestalt gewandelt. „Wie ihr seht, durchdringt diese Energie des Bewusstseins den Körper sogar solcherart, dass sein Energieniveau erhöht wird und ein Energiekörper entsteht. Der Schritt zum Energiekörper ist vergleichbar mit dem Schritt vom Fisch zum auf dem Land lebenden Amphibium oder von der Raupenlarve zum fliegenden Falter. Auch in euch entwickelt sich ein Energiekörper, und irgendwann wird er auch für euch einmal erscheinen und ihr werdet eure alte materielle Hülle ablegen wie verbrauchte Haut.”

Die Zuseher waren hingerissen vom strahlenden Anblick Ho'shins. Leider sah man Ho'shin höchst selten in dieser Form. Und schon verwandelte er sich auch wieder in seine menschenähnliche Hülle. Die Stunde war ohnehin um, die Studenten verließen den Hörsaal, und Ho'shin begab sich wieder in seine Wohnung, wo Sa'ben gerade liebevoll seine Pflanzen goß und mit ihnen geistig kommunizierte. Sa'ben war eines der neun jungen Taelons, auf die Ho'shin mit aller Sorgfalt und Strenge Obacht gab. So wie es aussah, würde Sa'ben zur Kaste der Wissenschaftler mit dem Bereich Biologie, Botanik, Genetik gehören, wie seine Vorfahren. Der junge Taelon wandte sich zu ihm und begrüßte ihn, die Linke an die Brust legend, die Rechte offen entgegenstreckend. Ho'shin grüßte zurück und begab sich in die Räume zu Mis'rai, die ihm etwas Kummer machte.

Mis'rai hatte ständig Probleme mit der Nahrungszufuhr. Sie hatte höchst merkwürdige Ernährungsversuche gestartet, ernährte sich wochenlang von Meerestang, dann wieder von rohem Fleisch, sammelte im Graswald um London spezielle Gräser, hatte dann unlängst Uran gestohlen und verspeist und trank dann eine Woche reines Ochsenblut. Ho'shin, der ja als ehemaliger Teil des Taelon-Jaridian-Kimera-Mensch-Kollektivs von seinem Energieproblem erlöst worden war, bevor er zurückgesandt wurde, konnte sich nur vage vorstellen, wie sich junge Taelons fühlen mussten, die sich nach zig-tausenden Jahren wieder von Core-Energie auf feste Nahrung umstellen mussten, noch dazu in einer total fremdartigen Umgebung.

„Wie geht es dir heute, Mis'rai?” fragte er fürsorglich, sandte einen wärmenden Gedankenstrahl und machte eine aufmunternde Geste.

„Ach, ich bin total müde und zerschlagen”, sagte sie und ließ den Kopf hängen. „Ich glaube, ich bin mehr ein Atavus als ein Taelon!”

„Nicht doch! Du bist anfänglich im Bauch einer Menschenfrau herangezogen worden und hast dich auf ihre Schwingungen eingestellt. Abgesehen von Haaren und deinem größeren Kopf siehst du ganz menschlich und taelonisch aus.”

„Warum darf ich nicht von den blauen Kristallen probieren, die neuerdings hier in London kursieren”, murrte sie. „Sie sollen ähnlich wirken wie eure Core-Energie früher. Die Menschen brennen davon aus, die freigesetzte Energie ist zuviel für sie. MIR kann es ja nicht schaden, ich bin doch ein Taelon! Ach, erlaube es mir doch!”

Ho'shin wurde ganz ernst. „Du weißt genau, dass dadurch deine biologische Entwicklung unterbrochen wird. Core-Energie macht süchtig und löscht alle Emotionen aus. Ohne Emotionen aber wird man unkreativ, kalt, berechnend, gewissenlos. Ganz zu schweigen von der Unfruchtbarkeit.”

„Du sprichst ganz als Mensch oder Jaridian, nicht als Taelon”, warf Mis'rai dem Älteren vor. "Ohne die Hilfe der Core-Energie werde ich nie ein vollwertiges Mitglied unserer Spezies, besitze nie einen Energiekörper!"

„Diese Droge muss bekämpft werden!” widersprach Ho'shin. „Einst hatte sich unser Urvolk soweit entwickelt, dass wir fast kollektiv dachten, aber dann wurde dieses unglückselige Kristall gefunden. Die Taelon-Vorfahren konnten der Versuchung nicht widerstehen. Milliarden kamen um, brannten innerlich aus, weil sie nicht weit genug entwickelt dafür waren. Für die Überlebenden war das Kollektiv verzerrt: die Taelons rissen zuviel Bewusstsein, zuviel Kraft, die Unsterblichkeit gar an sich, während die späteren Jaridians außerhalb blieben, mit einem kürzeren Leben, energetisch instabil, unterprivilegiert, von Emotionen wie Hass gepeitscht. Willst du diese Zeiten zurückhaben!? - Das Schicksal meinte es gut, es hat die letzten unserer Art mit euch gerettet. Ich werde ganz sicher nicht zusehen, wie diese zweite Chance verspielt wird.” Ho'shin gab sich einen Ruck und hörte auf, Mis'rai zu bemitleiden. Nein, das war nicht das, was sie brauchte. Sie musste es ohne schaffen, und sie würde es schaffen!

Und er nahm sich vor, Jagd auf die geheimen Drogenhändler zu machen, die diese Welt heimsuchten.

 
* * *
 

(Auf Wanaban:)
Die junge Frau war etwas zu laut durch das Gebüsch gegangen, beinahe nach vorne stolpernd hielt sie sich gerade noch an einem vertrockneten Baumstumpf fest und atmete tief ein und aus. Die kleine Gestalt war viel flinker, als sie angenommen hatte. Vielleicht aber führte sie dieses Wesen irgendwo hin zu etwas, was ihr bei der Suche nach ihrer Tochter behilflich werden konnte. Also gab sie die Verfolgung nicht auf, bis die vertrockneten Bäume immer seltener wurden; zwischen diesen dürren streifigen Schatten in der Dunkelheit bewegte sich ein größeren zusammenhängender Schatten und blieb schließlich stehen. Die fremde schattige Gestalt erinnerte an ein kleines Pferd. Die kleine Kreatur huschte geschickt zwischen dessen Hufe und kletterte an ihm hoch.

Sy'la stoppte ihre Schritte nur wenige Meter vor der Gestalt, die sah fast identisch der Kreatur glich, die in ihren Arme furchtlos auf die andere Ebene des Daseins gewandert war. Es war erst vor wenigen Stunden gewesen, als dies geschah. Sie hatte keine Angst vor diesem Alien, dessen schwarze Augen im Silberlicht der Monde leuchteten. Schnaufend war es stehen geblieben, flüsterte dem kleinen Wesen auf seinem Rücken ein paar seltsam klingende Worte ins Ohr, und drehte dann seinen Kopf in ihre Richtung.

Sie blieb abwartend stehen, ohne jegliche Furcht oder Angst zu zeigen. Ihre Neugier hätte sie noch näher an dieser Gestalt getrieben, wäre da nicht ihre innere Stimme gewesen, die sie aufhielt. Was dieses Alien wohl als nächstes tun würde? Dessen war sie sich noch nicht sicher. Aber sollte sich diese Gestalt als gefährlich erweisen, hatte neben ihrer Waffe immer noch ihr Shakarava, das sie im Laufe der Jahre gelernt hatte, gedanklich zu kontrollieren.

 
* * *
 

Ekama witterte und lauschte, öffnete ihre tiefen sensiblen Empfindungen für dieses Fremde. Doch was sie wahrnahm war nur eine seltsame, primitiv erscheinende Entschlossenheit zu einem Kampf, den sie selbst gar nicht wollte. Auch verständnislose Neugier schimmerte in diesen kalten blauen Augen im hellen Licht der Monde, und tief verdrängt eine kleine zitternde Furcht, von ihr angegriffen zu werden.

Sie schnaubte ärgerlich. Warum sollte sie dieses Wesen angreifen?
Warum sich auf einen Kampf einlassen, den dieses Wesen, dessen energetische Waffe sie nur zu deutlich spüren konnte, ihren Hufen sowieso weit überlegen war?
Was war das nur für ein Zweibein, dass trotz seiner Überlegenheit nicht in der Lage zu sein schien, zu erkennen, wann es notwendig war sich auf einen Kampf vorzubereiten, und wann nicht?
Wieso erkannte diese Kreatur nicht, dass sie unbewaffnet war?
Oder war es etwa möglich, dass dieses Wesen ihre, Ekamas, eigenen besonderen Fähigkeiten wahrnehmen konnte? Nein, sicher nicht.
Es war alles so unsinnig!

Troh hatte recht: diese uneinsichtigen, unsensiblen, verständnislosen Kreaturen mussten ihren Planeten, ja sogar ihr Sonnensystem, endgültig und für alle Zeiten verlassen!
Nun, die Zeit war nahe.
Der endgültigen Befreiung ihres Planeten standen auch diese, sie schnaubte verächtlich, geistig und körperlich sichtbar ungelenken und unflexible Kreaturen nicht mehr im Wege.
Sie wandte sich von dem Zweibein ab, warf ihren Schweif voller Verachtung hoch, peitschte ihn in dessen Richtung und setzte sich in Galopp.
Und sie ließ dieses Wesen einfach stehen.
Ließ dieses Etwas stehen in einer Welt, die seinesgleichen so zerstört hatten und das nicht einmal in der Lage war, dieses Unrecht zu erkennen.

 
* * *
 

Für einen Moment hatte die Hybridin fast offen ihre Furcht gezeigt, die in sie brodelte. Dabei wollte sie das unter allen Umständen vermeiden.
Als das pferdeartige Alien keine aggressiven Maßnahmen ergriff, sondern sich umdrehte und davongaloppierte, setzte Sy'la erleichtert noch eine Weile ihren Weg fort, ohne auch darauf zu achten, wie lange sie eigentlich schon weg gewesen war. Irgend wann kehrte sie zum Lager zurück.

 
* * *
 


Ekama lief mit dem Wind, bis sie den scharfen Geruch der Ausdünstung dieses Albtraums nicht mehr in den Nüstern hatte. Erst dann änderte sie wieder ihre Richtung und kehrte zu ihrer Gruppe zurück. Hier gab es viele Neuigkeiten, die ihr Troh sofort in allen Einzelheiten mitteilte. Sie selbst berichtete nur kurz von dieser enttäuschenden Begegnung.

Der kleine Murigel, der sich zu Ekama geflüchtet hatte, berichtete auch, dass eine Gruppe der Fremden in die Burg eingedrungen war und den dortigen Kommandanten nach den ‚Vrennen’ wegen irgend welcher blauen Steine befragten hatte, und dass die Gruppe vom Kommandanten aufgefordert worden war, die Baue der Murigels auszuheben.

Troh schnaubte verärgert: „Wieder bringen sie nichts anderes als ihre eigenen Interessen. Wieder nichts anderes als Auseinandersetzung und Gewalt. Um was geht es ihnen eigentlich? Wie es aussieht, geht es ihnen nicht in erster Linie um ihre Nachkommen! Nein, jetzt suchen sie auch noch nach blauen Steinen! Womöglich war diese Entführung nur vordergründig ein Anlass für sie, wieder über unseren Planeten herzufallen! Wie ich das Ganze verabscheue! Doch unsere Verstärkung ist auf dem Weg. Du, Ekama, und ich werden uns zu dieser Gruppe der Zweibeiner aufmachen, von denen dieses eine sich abgesondert hatte, und wir werden die Fremden mit den anderen Gruppen zusammen zu ihren Kindern führen, falls sie das überhaupt wirklich wollen. Wir werden dann ja sehen, wo ihre Interessen wirklich liegen. Die anderen von uns werden sich zum Kampf rüsten und diesen selbsternannten Kommandanten unseres Planeten für alle Zeiten eliminieren. Ihr Murigels kennt eure Welt besser als wir. Ihr wisst besser, wie ihr euch schützen könnt. Was wir für euren Schutz tun können, werden wir tun, hier oben. Nun, Ekama, lass uns aufbrechen.”

Und so galoppierte Ekama neben Troh durch das gequälte und zerstörte Land in Richtung auf das Lager, mit dem Bewusstsein, wieder auf diese unerträglichen Zweibeiner zu stoßen und sogar, möglicherweise, mit ihnen zusammenarbeiten zu müssen. - Doch mit diesem gewaltigen Hengst an ihrer Seite fühlte sie sich der Aufgabe gewachsen. Seine Entschlossenheit und seine Stärke erfüllten auch sie mit Mut und Zuversicht.

Mit dem Morgengrauen standen sie am Rand eines kleinen Lagers an dem sich vier der Zweibeiner aufhielten. Troh ließ die Waffen in ihren Säcken verstauen, nickte Ekama aufmunternd zu, und ging langsam, vorsichtig, mit erhobenen Händen, auf die kleine Gruppe der Fremden zu:

„Ich bin Troh Tir, geschickt vom Volk der Wüstenberge. Wir haben eure Kinder aus ihren Gefängnissen befreit und sie an einen für sie sicheren Ort gebracht. Ihre Wunden werden geheilt. Ich und Ekama Mar, vom Volk der Hügel, sind bereit, euch und die anderen drei Gruppen zu ihnen zu bringen.”

 
* * *
 

(Szenenwechsel zur Erde, in Nordamerika:)
Nein, es war nicht das erste Mal, dass Audre ihre Fähigkeiten und die ihrer Freunde einsetzte, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Doch niemals hatten sie das in derart großem Stil abgezogen, niemals ihre Fähigkeiten gegen eine noch unbekannte Größe gerichtet.
Wer waren die Lieferanten? Wer die Hersteller, beziehungsweise die Veränderer dieser Droge? Was war die Absicht dahinter?

Wenn nur Mord an den Menschen damit beabsichtigt war, würden sie, da stimmten sie alle überein, mit ihren gesammelten und gebündelten psychischen Kräften diese Mörder vernichten. Wenn sie überhaupt auf dieser Welt an sie herankamen. Und wenn nicht, blieb ihnen nichts übrig, als die Lieferungen zu zerstören, und dazu mussten sie erst mal in Erfahrung bringen, wann und wo diese auf dieser Erde stattfanden. Das bedeutete, dass die „Schatten” sich wahrscheinlich aufteilen mussten, da es wohl nicht nur einen einzigen Lieferplatz gab, was wiederum eine Schwächung für ihre Kräfte bedeutete. Es sei denn, es fanden sich noch mehr Überlebende ihrer einstigen „Schatten”, die sich ihnen anschlossen. Doch um diese zu finden, mussten sie sich auch wieder aufteilen.

Audre seufzte. Wie sie es auch drehte und wendete: aus wichtigen Gründen musste sie ihre jetzige Gruppe aufteilen. Es gab keine technische Möglichkeiten mehr, die das hätte verhindern können.

‚Vielleicht kann ich helfen?’

Audre hatte durch ihr Grübeln ganz ihre innere Begleitung vergessen. ‚Wie?’

‚Meine Kräfte sind nicht abhängig von Zeit und Raum, wie die deinen. Die es eigentlich auch nicht sind, sondern nur du selbst setzt diese Grenzen. Doch das ist ein anderes Thema. Ich kann deine telepathische Kräfte verstärken und es dir so ermöglichen, all die zu erreichen, die überall auf dieser Welt verstreut sind.’

Audre nickte. ‚Ja! Ich bin einverstanden. Machen wir es sofort!’

Sie hielt ihr Pferd an, stieg ab und setzte sich unter einen der wenigen noch lebenden Birkenbäume in dieser Gegend. Sie lehnte sich entspannt an, schloss die Augen und dehnte ihren inneren Sender immer weiter aus.
Schneller und weiter als jemals zuvor rief sie ihren Code und immer mehr Passwörter prasselten als Antworten auf sie ein. Wie viele hatte überlebt!

Tiefe Freude trieb ihre Suche an. Und mehr antworteten. Doch dann kam niemand mehr dazu. Sie hatte ihren telepathischen Kreis um die Welt geschlossen. Informationen wechselten in rasender Schnelle, Fragen wurden gestellt und beantwortet, Pläne geschmiedet und verworfen und dann doch Einigung erzielt. Audre half diejenigen zusammen zu bringen, die sich geografisch nahe waren, doch im Augenblick noch zu weit voneinander entfernt waren, um Kontakt zu einander herzustellen.

Als sie sich aus dieser geistigen Arbeit löste, fühlte sie sich einerseits endlos müde, doch andrerseits auch unglaublich gestärkt und glücklich. Ja, jetzt hatten sie eine reelle Chance! Und, was ihr jetzt auffiel: Die Kontakte blieben bestehen. Leicht an der Oberfläche, aber beständig.

Auf ihre Verwunderung darüber flüsterte es leise in ihr: ‚Du solltest das Erbe deiner geistigen Fähigkeiten endlich genauso annehmen, wie das Erbe deiner Körperlichkeit, Audre.’

 
* * *
 

(Zurück auf Wanaban:)
Und weiter ging das mühsame Gedrücke und Geschiebe und Gerobbe in dieser Enge und Dunkelheit. Alexa hatte es so satt. Sie sehnte sich nur noch nach offenem Land und nach Sonne und frischer Luft. Oh, wie gern hätte sie jetzt in der Sonne gesessen, den Wind um sich gespürt, oder, wie noch lieber wäre sie jetzt auf dem Zefir-Schiff bei ihren Eltern gewesen.

Doch plötzlich spürte sie eine deutliche Veränderung. Mit ihrer aus der Dunkelheit gewachsenen Wahrnehmung fühlte sie diese so, als ob sie sehen könnte. Die Enge weitete sich! Noch eine letzte Anstrengung und sie fühlte, dass sie sich in eine größeren Höhle schob. Und dann konnte sie sogar normal sehen!

Die Höhle wurde jetzt von den kleinen sie stets begleitenden pelzigen Geschöpfen, mit sanftem türkisem Licht, das von ihren Händen ausging, ausgeleuchtet. Das war ein Glitzern und Funkeln an den wild zerklüfteten Felswänden, Alexa blieb vor Staunen der Mund offen. Die mussten irgend ein leuchtendes Zeugs an den Ärmchen haben. Begeistert erhob sie sich. Kuliy kletterte, so rasch wie sie sich erhob, wieder auf ihre Schulter, und sah sich mit ihr um, als ob er selbst fremd hier wäre.

Zurück auf ihren winzigen Gang sehend, bemerkte Alexa, wie diese Pelzigen diesen gerade mit Sand und Steinen verschlossen. Nichts deutete mehr darauf hin, dass da mal ein Martyrium sondergleichen für sie stattgefunden hatte.

 
* * *
 

Der junge Jaridian hatte mit dem Rücken gegen das Feuer Wache gehalten und seinen unentschlossenen Blick in die finstere Nacht gerichtet, dessen Sterne klar in der weiten Ferne glitzerten. Er hatte gewartet. Seine Gefährtin war bereits zu lange fort. Bestimmt, so hatte er gedacht, versuchte sie wieder intuitiv einen geistigen Zugang zu ihrer Tochter zu finden. Je'dir begann sich zu fragen, ob er allein loslaufen sollte, um sie zu suchen, oder er erst vernünftigerweise die Taelons informieren sollte.

Diese hatten sich schon lange im kleinen Beiboot schlafen gelegt. Sie taten das nur, wenn sie wirklich dringend Energie brauchten. Vermutlich hatten Mur'ru und Ka'sar wieder eine Energiedusche nötig. Seitdem der jämmerliche Rest der Taelons auf der Erde lebte, hatten sie versucht, Energie aus anderen Quellen zu ziehen. Sie wollten in ihrer Evolutionsgeschichte ein paar Schritte rückwärts gehen, denn nur so konnten sie sich auch sicher sein, dass sie alles getan hatten, um ihre Spezies zu retten. Deswegen wollten die Taelons auch, dass ihre Nachkommen „ohne” zugeführte Core-Energie lebten. Und sich baldmöglichst fortpflanzten. Nur so war garantiert, dass sie überleben konnten, oder zumindest ein Teil von ihnen.

Gerade als Je'dir sich entschlossen hatte, sich auf die Suche zu machen und aufgestanden war, hörte er in der Nähe leise, schnelle Fußschritte, die heraneilten. Seine Gefährtin war endlich zurückgekommen. Etwas erschöpft sah die junge Frau aus, kleine Schweißtränen liefen ihr die Stirn herunter. Ihr eisblauer Blick, der normalerweise den Jaridian schwer in ihren Bann zog, richtete sich besorgt sehend auf das mittlerweile schon kleiner gewordene Feuer.

„Was ist los? Was ist passiert?” fragte Je'dir, nachdem er sie in die Arme geschlossen hatte. „Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich mir Sorgen mache? Wo bist du gewesen?” Erschöpft erzählte sie ihm von der seltsamen Begegnung mit einem Bewohner des Planeten. Dabei setzten sie sich bequem an das kleine Lagerfeuer, und an Je'dir angelehnt, konnte Sy'la sich alles von der Seele sprechen, dass sie bei diesem Erlebnis empfunden hatte. Man wusste nicht, woran man bei den Eingeborenen war. Obwohl das Wesen bei der Begegnung keinerlei Gewalttätigkeit gezeigt hatte. Es war nur einfach stehen geblieben, hatte sie angesehen und war dann davon galoppiert.

„Warum läufst du überhaupt einem Tier hinterher?” fragte der Jaridian. „Die Eingeborenen können uns nicht freundlich gesinnt sein, bei ihren Erfahrungen. Das ist höchst unvernünftig.”

„Eines bin ich mir fast sicher”, sagte die Frau, halb wach, halb schlafend, in die Dunkelheit hinein. „Sie werden uns aufspüren, sie werden kommen, ob in Frieden oder im Bösen, es ist nur eine Frage der Zeit. Schließlich sind wir nur zu viert.” Der Jaridian hörte ihr noch eine Weile zu, und dann, als sie an seiner Schulter eingeschlafen war, deckte er sie mit einer dünnen Thermo-Decke aus dem Ausrüstungsbeutel zu, aktivierte einen Melder und versuchte, selbst noch etwas Ruhe zu finden.

 
* * *
 

Die Frau wachte gegen Morgen zu vom trampelnden Lärm auf und vom Pfeifen des Melders auf. Langsam und noch etwas müde schlug sie die Decke weg, rüttelte an ihrem eingeschlafenen Gefährten und stand auf. Ihre noch an die Dunkelheit der letzten Nacht gewöhnten Augen mussten sich erst an das aufkommende Tageslicht gewöhnen, um überhaupt zu erkennen, was sich vor der Höhle zutrug.

Eine Herde von Zentaur galoppierte auf das Lager zu. Die Wesen, die von Weitem an Pferde erinnerten, liefen ungeordnet durch die vertrockneten Felder. Ihre Fellfarben reichten von tiefschwarz, grauweiß bis hin zu den verschiedensten Brauntönen, und alle waren sichtbar bewaffnet. Die Taelons hatten ebenfalls den Krach mitbekommen und stiegen aus der Kabine des Kleinschiffes, mit dem die Gruppe gestern hier gelandet war.

Sich in das Schiff flüchten? Nein! Sy'la marschierte stattdessen mutig, hinter sich Je'dir wissend, ein paar Schritte nach vorne. (Hundert Meter) von ihr entfernt blieb die Gruppe, schnaubend und mit dem Schweif schlagend, stehen. Der offensichtliche Anführer und ein weiteres Wesen seiner Art schritten würdevoll nach vorne, dem Lager entgegen. Sie waren unbewaffnet und blieben stolz vor ihr stehen. Ihre Augenbraue nach oben ziehend, betrachtete Sy'la das ganze Schauspiel ein wenig kritisch. Was wollten diese hier von ihnen? Als der Anführer ein paar Worte auf taelonisch sagte, war der Zweck des Treffens endgültig klar, und ein riesiger Stein fiel ihr richtiggehend vom Herzen, als sie hörte, dass Alexa und die anderen Kinder noch am Leben waren.

„Das ist Je'dir, mein Gefährte, das sind Mur'ru und Ka'sar und ich bin Sy'la.” Sie deutete dabei auf den Jaridian und die beiden Taelons und fuhr dann fort: „Es ist uns eine Freude, Angehörige ihres Volkes zu sehen, die die schweren Zeiten überlebt haben. Besonders, da wir von ihnen hören, dass unsere Kinder noch leben. Ich bin eine der betroffenen Mütter.” Sie musste sich bei diesem Satz wirklich zusammen reißen, um den Geschöpfen vor Freude nicht um die Mähne zu fallen, obgleich sie sie noch vorgestern alle für die Entführung hätte erschießen mögen. Hin und her gerissen, konnte sie als Kompromiss nach außen ein befreites Lächeln nicht verbergen.

Sie drehte sich zum zweiten Geschöpf um, das Troh gerade vorgestellt hatte, und sah dieses neugierig in die Augen. „Ich glaube, wir kennen uns schon, da ich gestern nacht alleine durch eure Gegend spaziert bin. Ich bin äußerst... misstrauisch, was andere Rassen angeht, ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel. Man muss nun mal vorsichtig sein und außerdem... dein kleiner Freund hätte auch ein Späher der Vrennen sein können.” Diesmal zeigte Sy'la weder Scheu, noch Furcht vor der Kreatur, die stolz mit ihren Hufen und klauenbewehrten Armen vor ihr stand und sich ihre Worte mit Gelassenheit anhörte.

Der große Jaridian war inzwischen nach vorne neben Sy'la getreten, und die bisher schweigenden Taelons kamen nun auch langsam nach vorne und nahmen am Gespräch teil. „Wo befinden sich die Kinder jetzt? Wie wollt ihr sie uns überhaupt zuführen? Und: Ist dieser Ort hier sicher genug?” fragte Mur'ru Troh mit besorgter Stimme. Ihre Hände bewegten sich hektisch und drückten aus, was in ihr vorging. Eigentlich seltsam für eine Taelon. Obwohl Mur'ru... Jedenfalls scheuten sich die Taelons immer weniger, Gefühle erkennbar zu zeigen. Die Rassen schienen sich gegenseitig immer mehr anzupassen. Menschen, Taelons und Jaridians an Bord wurden einander immer ähnlicher.

 
* * *
 

Ekama mußte sich zusammenreißen, als diese Zweibeiner sich ihr näherten, warum rochen sie nur so - streng - so unfassbar fremd? Doch sie spürte auch deren Sorge, Erleichterung und vor allem von dem Zweibein, dem sie des Nachts begegnet war, Sy'la wie sie sich nannte, tiefe Freude. Troh legte sanft eine Hand auf Ekamas Rücken. Er spürte ihr Unbehagen und teilte es. Doch jetzt war nicht der richtige Augenblick, ihren Instinkten nachzugeben.

Durch die warme Anteilnahme Trohs ermutigt, bestätigte Ekama der Frau: „Ja, wir sind uns des Nachts begegnet.” Sie wand sich jetzt der ganzen kleinen Gruppe der Fremden zu: „Wo die Kinder genau sind, können wir euch im Augenblick noch nicht sagen. Darüber haben wir noch keine Information. Wir wissen nur, dass sie aus ihren Gefängnissen mit Hilfe unserer kleinen Freunde, von denen du, Sy'la, eines verfolgt hattest, befreit worden sind und nun irgendwie zu uns geführt werden. Andere der unsrigen werden sie in Empfang nehmen, sie nähren, sie schützen, und sie hierher transportieren. Meine und Trohs Aufgabe ist es nur, euch davon zu verständigen. Wenn ihr eine Möglichkeit habt, dies unter Zuhilfenahme eurer Technik den anderen Gruppen von euch mitzuteilen, dann wäre das sehr hilfreich. Diese Herde dort,” sie wies auf die in Entfernung Wartenden, „wird sich zu den Minen, die unter der Burg, dem Hauptsitz des selbsternannten Kommandanten, liegen, begeben, um den weiteren Handel mit den Vrennen und den unser Volk zerstörenden Handlungen dieses Kommandanten ein Ende zu setzen.”

Nachdenklich musterte sie die vor ihr stehenden Zweibeiner, ob sie ihre Botschaft auch wirklich verstanden hatte. „Wir sind im Krieg,” betonte sie noch einmal, „holt die Euren besser hierher zusammen. Niemand kann mehr für eure Sicherheit sorgen, wenn ihr verstreut bleibt.”

Troh nickte zustimmend zu den Worten Ekamas in der mühsam gehauchten, gefauchten Taelonsprache, und gab der Gruppe weit hinter ihm ein Zeichen. Wie ein einziges Lebewesen galoppierte die ganze Gruppe schlagartig los. Ihr Kriegsruf donnerte über die verbrannte Erde, ihre Hufe wirbelten Steine und Asche auf, in deren Schleier sie verschwanden.

Ekama und Troh sahen ihnen, hoffnungsvoll und doch auch besorgt, nach, ehe sie sich wieder Sy'la und deren Gefährden zuwandten. Etwas Winziges huschte, zum Erstaunen der Zweibeiner, wie ein Blitz aus einem Erdloch kommend, an Troh hoch. Der Informationsaustausch war kurz; der kleine Murigel jagte wieder davon, noch eh Sy'la, Je'dir, Mur'ru oder Ka'sar es richtig erkennen konnten.

„Die Kinder sind zusammengeführt”, erklärte Troh. „Ihr Aufenthaltsort ist uns nun bekannt. Nicht sehr weit von hier. Holt eure anderen Gefährten, damit wir euch zu ihnen bringen können.”

 
* * *
 

Die kleinen Pelzwesen hatten ihr eine kleine Verschnaufspause gegönnt. Aber nun wollten sie wieder weiter.
Mehrere Gänge führten aus dieser Höhle. Die sie begleitende Gruppe der Kleinen verstreute sich in diese und sie blieb mit Kuliy zurück. Kuliy zupfte sie am Ohr, deutete auf den linken Gang und Alexa setzte sich in Bewegung. Ja, gut, sie brauchte sich nun nicht mehr auf dem Bauch blind voran zu schieben, Kuliy beleuchtete den Gang mit diesem Licht und sie konnte aufrecht gehen. Doch was war das für ein Gehen!

Oft ging es steil bergauf, so dass sie regelrecht auf allen Vieren klettern musste, dann wieder zwischen Felsen durch, zwischen denen sie sich nur seitwärts vorwärts quetschen konnte. Plötzlich um Ecken weiterführende Gänge, die sie erst erkannte, wenn sie fast an dem rauen Fels mit der Nase anstieß. Nur ein klein wenig größer, und sie hätte sich in den Gängen des kleinen Volks nicht zu bewegen vermocht. Aber immerhin, meistens konnte sie aufrecht gehen und frische Luft kühlte ihr erhitztes Gesicht.

Und dann betraten sie, nach dem Vorbeiquetschen an einer scheinbaren Sackgasse, eine offene Höhle, in die heller aufgehender Sonnschein fiel, und in seiner Mitte saßen wartend Mu'ru, Ka'sar und Je'dir. Bei ihren Freunden vom Schiff stand ein Zentaur von einem blendenden Weiß, mit goldfarbener Mähne vom Kopf bis zu seinem Rücken hinab und einem respektablen Schweif, und dieser bemerkte sie zuerst und senkte freundlich grüßend das Haupt. Und zwei schwerbewaffnete Zentaur standen am Höhleneingang und überwachten das Land draußen.

Sie stieß einen Freudenschrei aus und lief trotz aller Müdigkeit zu ihrem Vater. Es gab unzählige Fragen zu beantworten. Doch was das Wichtigste war: Sie war nicht mehr alleine! Und sie spürte, dass sie alle darüber nur noch glücklich waren. „Wo ist Mama?” fragte die Kleine suchend. Die war offensichtlich in ihrer Rastlosigkeit draußen irgendwo. Nein, da kam schon Sy'la, ihre Mutter herbeigerannt, nahm das Mädchen weinend vor Freude in die Arme und wollte sie gar nicht mehr loslassen.

Der weiße Zentaur sagte mit einer tiefen warmen Stimme über den Tumult hinweg:
„Wir erwarten bis zum Abend das Eintreffen aller Eltern der entführten Kinder, damit sie die Kleinen in Empfang nehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die anderen Kinder hierhergeleitet werden können. Wir bitten noch um etwas Geduld.”

Jetzt, gewaschen, umgezogen, satt, an ihren Vater gekuschelt, fiel alle Anspannung und Anstrengung von ihr ab.
Nun erst merkte sie mit großem Bedauern, dass Kuliy sie wortlos verlassen hatte, wie auch die anderen kleinen fürsorglichen Helfer verschwunden waren. Dabei hätte sie ihn so gerne ihrem Vater vorgestellt. Alexa war heilfroh, in Sicherheit zu sein, und hoffte, bald auch die anderen Kinder sehen zu können. Dann schlief sie ein.

 
* * *
 

(In der Zwischenzeit, an einem anderen Ort auf Wanaban:)
Die Beauftragte des Kommandanten hatte Da'an, Ko'lan, Ariel und Combe nach unten geführt. Überrascht mussten sie feststellen, dass in der Tiefe der Burg doch noch ein Tunnelsystem existierte, in der Expressfahrzeuge mit rasender Geschwindigkeit zu den einzelnen Punkten des Planeten verkehrten. „Nur für Bevorzugte und Soldaten, selbstverständlich”, erklärte der weibliche Zentaur. „Nicht für die gewöhnlichen Leute oder gar für die unterirdischen Freaks.”

Wen sie mit „Freaks” meinte, wurde am Endpunkt ihrer Reise klar: als die Gruppe ausstieg, sahen sie versklavte Arbeiter, die an einer neuen Röhre arbeiten, beaufsichtigt von Soldaten mit Schockstäben. Sie waren schmutzig, ihr Fell war voller Narben und Geschwüre und diese Wesen wiesen vereinzelt Mutationen auf. Einige hatten vereiterte Hufen. Diese Kaste der (Untermenschen) wurde gezwungen, unterirdisch zu leben und den oberen Klassen in den verbliebenen Städten alle schwere und schmutzige Arbeit und Produktion abzunehmen. „Einige Bereiche auf Wanaban sind noch stark verstrahlt. Doch da wir unsere Produktion und Minen dort haben, muss es eben welche geben, die auch dort ihre Verwendung finden.”

Ein Soldat drosch soeben auf eine trächtige Stute ein. „ Aufhören! Muss das sein?!” entfuhr es Peter Combe. „Was habt ihr hier nur für eine perverse Gesellschaft!”

Die Beauftragte winkte, und die Soldaten brachen den Gästen zuliebe die Bestrafung ab. „Was habt ihr denn?” fragte die Eingeborene. „Ohne Hiebe würden die doch nicht arbeiten! Wir haben nichts als Scherereien mit dem Pack. - Und jetzt führe ich euch zu den Vrennen. Die könnt ihr befragen, wenn ihr wollt.”

Die Vrennen liefen geschäftig in den Uranminen umher, in denen natürlich auch Sklaven arbeiteten. Es stank überall nach Aas. Sie sahen aus wie Humanoide, doch dort am Kopf, wo das Gesicht sein sollte, gab es einen Büschel tentakelartige Stacheln mit Sinnesknospen. Auch die Bewegung war vollkommen fremdartig: sie bewegten sich äußerst schnell und vornehmlich im rechten Winkel, wobei sie abrupt vor jeder Winkeländerung stoppten. „Fast wie Insekten”, dachte Combe bei sich.

Natürlich bestritten die Vrennen quakend, jemals etwas mit einer Entführung oder einem Handel von verbotenem Salz oder Kristallen zu tun gehabt zu haben, und Bremzen Asse ... na, der war ohnehin ein Outlaw, nach dem sie selber fahndeten. Behaupteten sie. Ariel und Ko'lan wurden zunehmend wütend. Die Lügen waren offensichtlich.

„Aber wenn wir euch bei der Suche behilflich sein sollen, dann müsst ihr uns nur ausreichend bezahlen. Wir könnten auch Informationen beschaffen, aber natürlich nicht umsonst”, hatte der Vrennen-Anführer die Frechheit, zu verlangen.

„Gebt acht”, meinte Da'an kalt. „Wir glauben euch nicht. Ihr habt euch diese Welt dienstbar gemacht, und euch hier ausgebreitet, als gehöre diese Welt euch. Aber ihr gehört nicht hierher. Eure Heimat wurde im Krieg von den Jaridians vernichtet. Ihr wisst also sehr wohl, dass unsere Spezies Drohungen wahr macht. Wir feilschen nicht. Wenn ihr nicht das Schicksal eurer Heimat teilen wollt, so werdet ihr uns alles sagen, was ihr wisst - und vielleicht, vielleicht lassen wir euch am Leben. Denn die Jaridians wollen aus Rache, dass einer von euch die Kinder zu entführen wagte, diese Welt ohnehin vernichten. Was noch übrig von ihr ist.”

Peter Combe konnte seinen Ohren nicht trauen, da er Da'an immer als besonders einfühlsam in Erinnerung hatte. Das waren ja total neue Charakterzüge! Die Drohung musste aber gewirkt haben, denn die Vrennen hielten plötzlich, wo sie waren, inne, ein Zeichen kollektiven Schocks. Nicht einmal 30 Sekunden später sagte der Anführer: „Wir sagen euch, was wir wissen, und verlangen nichts dafür.”

Er berichtete auf taelonisch, dass die Vrennen irgendwie mitbekommen hatten, dass eine fremde Macht in einem entfernten galaktischen Sektor (er nannte die Koordinaten) offenbar die dortige Region unterwandert habe, und blaue Kristalle in alle Richtungen exportiere. Mehr wüssten sie nicht, denn zwar hätten sie sich am lukrativen Geschäft beteiligen wollen, allein alle Versuche dazu waren gescheitert. Und was die Kinder beträfe - und nun wechselte er ins Quaken, so dass die Beauftragte des Kommandanten nichts verstand - so habe offenbar die Opposition unter den Eingeborenen, geführt von einem mysteriösen Troh Tir, die Kinder mit Hilfe der Murigels aus der Hand von den Fanatikern (nationalen Revanchisten) entführt. Der Kommandant indessen bekämpfe beide Parteien mit großer Härte. Er würde, wenn er den Standort wüsste, beide Seiten plus die Kinder eliminieren, um alle Spuren zu beseitigen.

„Wir hoffen, euch damit einen Dienst erwiesen zu haben”, beeilte sich der Vrennen zu erklären, „und erhoffen von euch als zukünftiger Großmacht der Region dafür eine gute Zusammenarbeit.”

„Was hat er gesagt?” fragte die Stute verunsichert.

„Er hat uns von den Kristallen berichtet und uns seiner Loyalität und Bereitschaft zur Zusammenarbeit versichert”, meinte Da'an. „Leider konnte er uns bezüglich der Kinder auch nicht helfen. - Du jedenfalls bist entlassen. Der Besuch hat hier nichts gebracht. Wir werden alleine weitersuchen.”

Just in diesem Moment läutete das Global bei Combe. Marclay berichtete aufgeregt in irdischer Sprache, dass sie die Spur der Kinder gefunden hatten und sich alle in die Nähe der Aumtocht-Höhlen begeben sollten, da die Kinder heimlich von Einheimischen dorthin gebracht werden würden. Er nannte ihnen die Koordinaten.

Die Gruppe um Da'an beeilte sich, mit dem Beiboot hinzufliegen. Endlich angekommen, fanden sie bereits alle Teilnehmer der Suchaktion dort vor, und eine kleine etwas mitgenommene und müde Alexa, die ihre Mutter, Sy'la, kaum mehr aus den Armen ließ. Ein stattlicher Hengst, Troh Tir selbst, unterhielt sich in Begleitung zwei anderer Zentaur bereits länger mit Mur'ru.

‚Die Murigel haben die Kinder befreit - ihr erinnert euch, diese kleinen pelzigen Geschöpfe, die wir einst auf diese Welt gebracht haben, als es noch zu unserem Imperium gehörte’, erläuterte Mur'ru geistig gleichzeitig den anderen Taelons. ‚Wie Reste der Wanabans haben auch sie die Vernichtung durch die Jaridians hier überlebt.’

‚Erstaunlich’ kam es gleich eines Echos geistig von Dar'den, Ken'tau und Ka'sar.

‚Troh Tir will nichts sehnlicher, als diese Welt frei von allen Fremden zu sehen. Allerdings wäre es besser, wenn hier auch die Gerätschaften der Jaridians und die Kommandozentrale in der Burg verschwinden würden. Erst dann wäre eine eigenständige Evolution möglich.’

‚Ich verstehe, was du meinst’, erwiderte geistig Da'an, der gerade nach außen hin mit den Jaridians und Menschen sprach. ‚Es wäre auf alle Fälle absolut logisch. Sie sollen ihren Frieden haben. Obwohl diese verbrannte Welt wirklich neu aufgebaut werden müsste. So wird es viele Jahrhunderte dauern.’

„Wenn alle Fremden weg sind, werden wir die Burg stürmen und den Kommandanten gefangen setzen”, erklärte Troh in der offenen Höhle und schritt elegant und kraftvoll vor den Anwesenden auf und ab. Auf seinem Rücken saßen einige kleine pelzige Murigel, die ausnahmsweise zu diesem besonderen Anlass länger außerhalb ihrer Erdröhren verweilten. „In der neuen Gesellschaft wird es auch keine Ausbeutung oder Sklaverei geben. Alle werden gleich sein. Alle Wanabans sollen an der Oberfläche leben, auf denen wir Wiesen und Wälder schaffen werden. Wir ganz allein!”

Auch die anderen Kinder trafen mehr oder weniger gesund, schmutzig und mitgenommen ein. Bethany war ganz verweint und flüchtete zu Ariel, während Wanjak und Hakar sich bemühten, ganz cool und jaridianisch zu wirken, was ihnen aber nicht ganz gelang. Ihre Bewacher hatten sie schlimm verprügelt, denn gerade sie waren rein jaridisch. Ihre Eltern kochten innerlich vor Hass.

„Gebt Acht!” warnte plötzlich Roleta. „Ich orte einen Truppenaufmarsch in der Nähe. Und sie agieren nicht so, als ob die Soldaten euch am Leben lassen wollten. Sie laden ihre Waffen.”

„Wir werden euch jetzt verlassen”, bestimmte Je'dir. Und an die Zentaur gewandt: „Flieht, damit ihr nicht zu Schaden kommt.”

Die Beiboote des Zefirschiffes kamen rasch heran und nahmen die Expeditionsteilnehmer auf. Zurück an Bord, begab sich Mur'ru in die Waffenleitzentrale. Zufrieden erkannte Mur'ru, dass Roleta nicht untätig geblieben war, sondern einen ziemlich großen Teil der Sprengsätze rund um den Planeten eingesammelt und „entsorgt” hatte. Nun machte sich das Zefir-Schiff zum Abflug aus dem System bereit.

„Roleta”, wies die Taelon-Generalin an. „Hast du die Hilfsgüter und das Saatgut an das Ziel geliefert, wie ich es gesagt habe?”

„Alles wurde inzwischen geliefert”, sagte das Bordgehirn und erschien als Hologramm. „Die Wanabans werden die Güter gut für eine Begrünung nutzen können. Sofern sie klug sind.”

„Dann befehle ich noch eins: vernichte die Burg! Vernichte die große Uranmine, und zerstöre soviel der planetaren Jaridian-Abfang- und Kontrollvorrichtungen, wie du kannst. Es ist für Wanaban unerlässlich.”

Roleta zögerte. Sie hatte alle Zustände auf dem Planeten analysiert. Sie wusste, dass der Befehl bedeutete, dass viele Unschuldige ebenfalls sterben würden. Viele Gefangene im Kerker der Burg und in den Minen. Sie wägte das Für und Wider ab. Doch dann führt sie die Befehle aus. Nicht, weil Mur'ru es ihr befohlen hatte. Sondern weil es die letztlich langfristig für das Gedeihen Wanabans notwendig war. Und dann verließ das Zefir-Schiff das System.

 
* * *
 

So schnell ging alles, dass Troh und Ekama es kaum fassen konnten. „Was für ein aufgeregtes und hektisches Volk,” murmelte Ekama fassungslos. Die Fremden waren weg, in den Aumtocht-Höhlen hatten sie verschiedenes Saatgut und Gegenstände zurückgelassen, das sie später noch genauer untersuchen würden.

Im Tal hörten sie das wütende Gebrüll der diese Höhlen angreifenden Horden des Kommandanten. Doch hinter diesen erscholl nun laut und herausfordernd der laute Schlachtruf ihrer Verbündeten. Troh nickte Ekama zu und griff seinerseits mit den einstigen Beschützern der Kinder die Angreifern an. In der Ferne explodierte die Burg des Kommandanten, ein unerklärliches Mysterium; die Erde erbebte bis zu ihnen.

Ekama lief „mit dem Wind” zu der Heiligen Höhle, in der schon andere Magier ihrer Art und der Murigels einen Kreis um einen wie einen Kelch geformten Felsen gebildet hatten. Über diesem schwebte und bewegte sich zeitgleich ein kleines Abbild ihres eigenen Sonnensystems.

Ekama schloß den Kreis der Magier und geistigen Mutanten. Sie konzentrierten sich alle auf die Sonne. Ließen ihr Licht sich mehr und mehr ausbreiten bis es schützend ihr ganzes Sonnensystem einhüllte. Ihre vereinigte Kraft, so lange im Verborgenen gehalten, war gigantisch. Sie wußten, das Bild war nur eine Projektion, doch dieses war perfekt. Denn nun war für Fremde, die dies nicht wußten, diese Stelle in ihrer Galaxie nur noch eine Supernova, der sich niemand mehr nähern würde.

Da diese Welt der Zentaur damit nicht mehr besucht werden kann, und da selbst ich ihre Illusion nicht durchdringen kann, endet hiermit ihre Geschichte.

 
* * *
 

(Auf der Erde, Innenministerium:)
Whitewater wurde nach 40 Minuten endlich zum Chef der Inneren Sicherheit und Abwehr, General Ernest Rebelliand, hereingebeten. Der saß wuchtig hinter seinem Echtholz-Schreibtisch und erhob sich höflich, um den IP-Inspektor zu begrüßen.

„Ich habe dich hergebeten, da du innerhalb der Internationalen Polizei den Ruf besitzt, besonders tüchtig und verlässlich zu sein”, begann der General ohne Umschweife. „Außerdem kennst du die Drogen-Szene sehr gut.” Er schaltete kurz. Dreidimensionale Bilder füllten den Raum und zeigten verschieden Personen. „Ist dir von diesen jemand bekannt?”

Whitewater studierte die Gesichter. „Nein, noch nie gesehen.”

„Diese Personen wurden in der Nähe von der primitiven Neustadt Torontos gesichtet. Es handelt sich um Kriminelle, die die verlassenen Gebiete in dieser Gegend bewohnen und glauben, damit außerhalb unserer Gesellschaft agieren zu dürfen. Outlaws.” Der General schaltete die Bilder wieder ab. ”In der Nähe des Toronto-Kraters gab es vor kurzem den Absturz eines uralten Taelon-Shuttles. Dieses hatte einen Notruf gesendet, doch als ein Rotorplane der Kanadischen Raumüberwachung den Abgestürzten zu Hilfe eilen wollte, wurde es abgeschossen. Drei Insassen starben. Die Ermittler des Mordanschlags fanden zwar niemanden an der Absturzstelle des Shuttles mehr vor, doch konnten Bioreste und Molekülproben aus der Luft nachweisen, dass diese Kriminelle sich dort mit anderen Personen aufgehalten haben müssen. Wir fanden außerdem ein frisches Grab von einem verstorbenen Blue-Junkie. Die Obduktion ergab, dass er ein wenig zu früh verschieden ist und zudem noch Frequenzspuren einer fremdartigen Strahlung aufwies.”

„Wir wissen, dass fast alle Blue-Junkies an ihrer Sucht sterben, doch wer überlebt, soll angeblich ähnliche Fähigkeiten wie die ehemaligen Taelons aufweisen. So heißt es jedenfalls bei den Eso-Spinnern”, meinte Whitewater. „Wir haben doch noch die Daten über die Auren der Taelons in den Archiven. Weist diese Strahlung in irgendeiner Weise auf diese Möglichkeit hin?”

„Das wissen wir nicht. Die Eso-Leute verschanzen sich, wie du weißt, in ihren blauen Iglus, singen die ganze Zeit über ihre Chants, dopen sich voll mit Haschisch und wer weiß was sonst noch und geben sonst keine Auskunft. Der Staat ist für sie korrupt, unvollkommen, abzulehnen. Sie wollen die perfekte Gesellschaft eines taelonischen kollektiven Gemeinwesens. Sie hüllen sich in weite Gewänder, rasieren sich die Schädel und leben vom Erspartem oder von dem, was sie gerade anbauen, sofern sie nicht faul herumlungern. Steuern werden natürlich keine bezahlt. Fragt man sie, kommen stets dieselben auswendig gelernten Phrasen. Sollten wirklich ein paar Menschen diese ominöse Bewusstseinsverschiebung miterlebt haben, so werden sie vor uns verborgen. Wir können somit solche Auren nicht überprüfen. Und ich könnte wetten, diese Eso-Spinner haben mit der Drogenverbreitung zu tun. Aber das war bisher nicht zu beweisen.”

„Was genau ist mein Auftrag?” fragte Whitewater.

„Ah - ich bin abgeschweift. Geduld! Jedenfalls hatten wir einen Kontaktmann in eine Gruppe von Drogendealern eingeschleust, um das Vertreibernetz in Kanada aufzudecken. Aber leider wurden alle seine Recherchen zunichte gemacht! Irgend jemand oder etwas hat die Fahrzeuge der Dealer mit eben besagter Strahlenfrequenz - verbrannt? In die Luft gesprengt? - und alle Beweismittel vernichtet. Und das, wo unsere IP sie so „herzlich” in Neu-Chikago ein paar Tage später in Empfang nehmen wollte. Zufall?” Rebelliand schüttelte den Kopf. „Nein, gewiss nicht. Unser Kontaktmann berichtete, dass alle bewusstlos umfielen und als sie erwachten, war der ganze Stoff weg. Zerstört oder gestohlen? Oder hat man unseren Kontaktmann, - den Replikanten Nr. 2745 namens Dregger, - enttarnt? Wurde der Überfall seinetwegen inszeniert?”

Der General lies sich eine alte staubige Mappe hereinbringen. „Einiges konnten wir doch vor den Tzeks in Sicherheit bringen”, meinte er. „Hier sind Berichte über ganz seltsame Phänomene gesammelt. Dinge, die nur mit parapsychischen Kräften erklärbar sind. Personen, die unsichtbar erscheinen, man kennt sie nicht, sieht sie nicht, es gibt nur die Berichte.” Er lachte sarkastisch. „Wir wissen doch gar nicht, wann GENAU sich Blue auf der Erde zu verbreiten begonnen hat, noch woher es kam. Gut möglich, dass diese parapsychischen Personen damit zu tun haben. Leute, die eine geheime feindliche Gegengesellschaft auf der Erde aufbauen, mit unheimlichen psychischen Kräften. Hier” - er reichte Whitewater die Akte - „ du und eine zu schaffende Sonderabteilung sollt dem nachgehen. Findet diese Personen, enttarnt sie, sucht nach Bindegliedern zwischen ihnen und der Todesdroge Blue. Rechne damit, dass diese Personen äußerst schlau sind und eventuell eure Gedanken zu lesen versuchen. Lasst euch Abschirmbänder von der Reservatenkammer aushändigen. Diese Stirnbänder schirmen eure Gehirnwellen ab. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir es mit Telepathen zu tun bekommen.”

„Nicht?” fragte der ältere Inspektor dem der Pferdeschwanzfrisur.

„Aber nein”, versicherte Rebelliand. „Die Regierungen benutzten seit dem 20. Jahrhundert immer wieder Personen mit parapsychischen Fähigkeiten. Es gab auch an und ab mysteriöse X-Akten. Neu daran ist hier nur, dass es sich offenbar um einen geheimen ZUSAMMENSCHLUSS solcher Personen handelt. Und Gott allein weiß, zu welchem Zweck. Geheim - das heißt: nichts Gutes.”

„Ich werde dem Auftrag mit meiner Abteilung Folge leisten, General,” bestätigte Whitewater. „Ich werde noch heute mit einem Rotorplane nach New Toronto fliegen und die Leute dort diesbezüglich verhören. Und außerdem wird es Zeit, endlich die leeren Gebiete zu durchsuchen. Es geht ja nicht an, dass sich dort Outlaws und Gesindel aller Art versteckt, um von dort kriminelle Aktionen zu starten. Die zuständige örtliche Polizei soll endlich mehr tun.”

Damit war Whitewater entlassen. Zufrieden, nachdenklich, dann zunehmend besorgt, zum Fenster gewandt, sah der General hinunter auf die Hauptstadt.

 

Ende von Kapitel 4

 

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