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  „Die Puppenspieler” von Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   November 2003
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Während die fremde Spezies der Beria die Menschen auf der Erde erpresst, versucht ein Außenteam der Roleta, den Fricks und den Dunkelmächten ein höchst gefährliches gestohlenes Gerät abzunehmen. Sy'la muss eine bittere private Wahrheit akzeptieren, und drei Taelons werden verurteilt. - Was bringt die Zukunft?
Zeitpunkt:  das Jahr 2334
Charaktere:  Großpräsident Jakob Matsooni, die Minister Wen, Chevez und Maldiven, die Generäle Clark und Rebelliand; Chrcht, Tcht und Brwt aus dem Volk der Beria; Alex J. Chevelleau und Haggis; Konrad Stoller, Dr. Cornelia Katz, Cephas Tshombokongo, Anneliese Roma, Jaro Cvitic, Henry Heinlein und Peter J. Combe als Außenteam; die Fricks Ouf, Schwa, Wench und Kmin; die Ärzte Dr. Ben Myinga und Lonegan Schelling; die Taelon-Mensch-Hybridin Sy'la; die Jaridians Je'dir, Palwyr, Korn't und Trestim; Jean-Marie Marclay, Andre M. Andersen, Pearl Pack, Ariel; von den Taelons und Jungtaelons vor allem Ho'shin, Da'an, Ko'lan, Mur'ru, Zo'or , Pa'lol und Blo'or; die künstliche Schiffsintelligenz Roleta; Dunkel(materie)mächte.
 

 

DIE PUPPENSPIELER

Kapitel 10

 

Teil 1

(Auf dem Zefirschiff Roleta:)
Die Besatzung der Roleta freute sich, dass Ko'lan, Ariel und Qui'sa auf Schleichwegen zurückgefunden und dabei so gute Neuigkeiten mitgebracht hatten. Das Kristallproblem schien gelöst zu sein, wobei die paar Taelons der alten Art an Bord, Mur'ru, Ka'sar, Ken'tau, Ko'lan und - eventuell Zo'or? -, durch das kristalline Ladegut der einen Fluchtkapsel vom Salzplaneten noch genügend Core-Energie haben würden für die nächsten weiteren 1000 Jahre. Die Mission war damit beendet - oder doch nicht? Viele Millionen Menschen litten an schwere Nachwirkungen durch ihre Blue-Sucht. Die Fricks - das war klar - würden sich an den Menschen rächen wollen, sofern sie sie fänden, und wann das war, wer mochte das sagen? Schließlich wussten die Dunkelmächte als Drahtzieher im Hintergrund genau, wo die Erde lokalisiert war. Es war damit unerlässlich für die Menschen, so schnell wie möglich aufzurüsten. Und dann war die Frage seit Jahren noch immer offen, wo London abgeblieben war. Jedenfalls wollten die einen wieder zur Erde zurück, während die anderen - darunter die mitgeschickten Agenten -, jedes Interesse daran hatten, die Situation zu nützen und etwas über die Dunkelmächte herauszufinden. Die Spionage-Gruppen brachten auch jede Menge Informationen über die Fricks zum Schiff zurück; aber rein gar nichts über die schwarzen Schiffe. Es gab nur eine seltsame gemessene Strahlung... die neugierig machte.... Also flog die Roleta selbst hin, gehüllt in ihre Tarnfelder. Es handelte sich um das Tobi-System, wie die Fricks das Sonnensystem anscheinend bezeichneten.

Während die Besatzung somit ihren Beschäftigungen nachging, hatte Je'dir ein anderes Problem auszufechten, und wirklich niemand konnte ihm dabei helfen.

Da lag Palwyr mit ihrem nackten Bauch, mitten in den Wehen. Trestim und Dr. Myinga, letzerer im Schutzanzug gegen die Kälte, versuchten, der Gebärenden beizustehen. Je'dir stand hilflos daneben, und Korn't befand sich etwas erbost über soviel Zögern hinter ihm: „Je'dir!” meinte er wütend, „Es ist deine Pflicht, jetzt die Vaterrolle zu übernehmen! Worauf wartest du noch, verdammt?”

„Also gut! Gut! - Hier”, Je'dir nahm nervös sein Allzweckarmbandgerät ab und legte es in Palwyrs Hand. „Ich erfülle meine Pflicht zu Ehren meines Vaters als letzter männlicher Verwandter und nehme dich vor Zeugen zur zweiten Frau, damit das Kind einen Vater hat! So sei es. Ich schwöre dir meine Unterstützung, meinen Schutz und meinen Respekt.”

„Ich schwöre es dir ebenfalls”, erwiderte Palwyr stöhnend. „Und jetzt fang endlich an!”

Je'dir stand mit erhobenen Armen über Palwyr und suchte mit seinem Shakaravah den Kontakt zum Kind. Auch Palwyr aktivierte ihr Shakaravah und richtete die Kräfte auf ihren Bauch. Und dann war es soweit. Das Kind verließ, solcherart aufgeladen und kurzfristig in ein Energiewesen verwandelt, als Energieform durch die natürliche Gebäröffnung mit Leichtigkeit die Mutter und, kaum außerhalb des Körpers, materialisierte es sich wieder als jaridianisches Baby. Ein Mädchen.

„Oh, ist die süß!” flüsterte Trestim begeistert und legte es, da sich die Nabelschnur energetisch verflüchtete, direkt in die Arme der Mutter, die der Arzt nun zudeckte. Die Geräte in der Bordklinik besagten, dass alles in Ordnung mit Mutter und Kind war.

„Ihr Name ist Daherr”, sagte Palwyr - was soviel bedeutete wie „Tradition”. Sie war total glücklich, und Je'dir musste nun auch zugeben, dass Daherr - seine nunmehrige angenommene Tochter - ein hübsches kleines Ding war. Wie er aber das Ganze Sy'la begreiflich machen sollte, sobald sie den Regenerationstank verlassen haben würde, da hatte er keine Ahnung.

 
* * *
 

(Auf der Erde:)
Sie befanden sich im mexikanischen Gebäude der Familie der Chevelleaus, im kleinen Observatorium auf dem Dach.

„Siehst du, hier”, deutete Haggis auf einige Linien der 3-D-Projektion. „Diese Linien korrelieren mathematisch mit astronomischen Daten, die wir aus unserer Galaxis haben. Diese hier zum Beispiel beschreibt die Zusammensetzung eines außergewöhnlichen Sternes. Offenbar haben die alten Kimera die Spektralanalysen in Form solcher Linien dargestellt.”

„Von solchen Sternen wie diese gibt es in unserer Galaxie” - Alex J. Chevelleau, der sich nach seinem Vorfahr gerne als „Augur” bezeichnete, besah sich seinen Computer - „genau, warte mal - 12.457 Sterne. Sehr hilfreich!”

„Ja gut”, gab die Wissenschaftlerin zu. „Das scheinen viele zu sein, und auch wieder nicht.”

„Besonders, wo wir nicht einmal Raumschiffe haben, um all diese Plätze aufzusuchen”, ächzte Augur.

„Es sei denn, die Kimera haben die Wissenspeicher nach einem bestimmten Muster aufgestellt. Nach geometrischen Figuren, vielleicht. Oder in gewissen Abständen voneinander. Wir wissen, wo der zerstörte Wissenspeicher plaziert war. Wir könnten gewisse Figuren und Abstände erstellen und darauf achten, ob einige der Sterne in dieses Muster hineinpassen.”

„Immerhin eine Möglichkeit, sich die Zeit zu vertreiben. Aber was soll's, ein scheinbar unüberwindbares Rätsel ist immer eine lohnende Herausforderung! - Und jetzt, liebe Haggis, lassen wir kimerische Dateien Dateien sein und nehmen einen Imbiss ein. Mein Butler hat soeben auftragen lassen!”

Sie verließen die Räume und fuhren mit dem Lift nach unten, und ließen dabei die mysteriösen Linien zurück, die irgendwie an die Scharrbilder von Nazca in Peru erinnerten. Es war nur niemand da, dem dies auffiel.

 
* * *
 

(Über der Erde auf einer Umlaufbahn:)
Chrcht konnte ihren Augen nicht trauen. Typisch primitive Verhaltensweisen einer Spezies 4,8. Und jetzt schickten sie auch noch Raketen hoch vom Typ 7,9. Sie hatte es gerade noch bemerkt. Die anderen Völker hatten schon recht, die Spezies war wirklich gefährlich und noch recht unreif.

Sie glitt, schwerfällig durch den dicken Hinterleib, mit einem Fadenstrang rüber zur Kommunikationseinheit.

„Was willst du denn jetzt tun?” fragte ihr Gefährte Tcht. „Du kannst dich denen nicht zeigen. Dazu sind sie viel zu primitiv!”

„Schon möglich, aber wir müssen jetzt aktiv werden! Diese Menschen sind imstande und sprengen ihren eigenen Planeten in die Luft, nur weil sie es nicht besser verstehen.”

„Wir sollten das Zeug einfach abwerfen und verschwinden”, meinte die zukünftige Kommandantin Brwt brummend, die reglos in einer Ecke hockte.

Chrcht schaltete mit einem Fuß die Übersetzung ein, blendete aber das Gegenbild aus. Sie rief per Übersetzung auf den drei gängigsten Frequenzen. Auf einigen Umwegen, bei der sie nicht umhinkonnte, gelangweilt mit einigen ihrer Beine auf den Boden zu trommeln, gelangte sie offenbar zum zuständigen „Großpräsidenten Matsooni”.

„Du bist der Anführer auf diesem Planeten?” fragte sie und blendete ein Bild der abgefangenen Interdimensionsrakete ein. „Soll ich das Ding da auch in die Sonne transportieren, damit es dort explodiert?”

Der Großpräsident schnappte nach Luft. „Nein”, sagte er dann. „Die Folgen wären vermutlich zu dramatisch.”

„Ganz recht. ‚Dramatisch’. Warum schickt ihr uns so etwas entgegen? Wir haben euch schließlich nichts getan.”

„Wer seid ihr, und warum meldet ihr euch auf Anruf nicht? Ihr seid ungebeten hier aufgetaucht. Warum zeigt ihr euch uns nicht?” Matsooni, etwas ratlos, sah auf seinem Bildschirm nur ein Abbild des Weltraums.

„Ihr seid viel zu unreif, um Wesen wie uns richtig einschätzen zu können. Für euch wären wir einfach schrecklich häßlich und damit bösartig. Ihr hättet uns und unserer Kultur gegenüber nichts als Vorurteile. Daher ist es besser, ihr kennt uns nur den Namen nach. Wir sind ausgezeichnete Chemiker und Biologen, und in dieser Eigenschaft mit Heilwesen aller Art bestens vertraut. Euer Volk ist sehr krank, und daher sind wir gekommen, unsere Hilfe anzubieten. Die Taelons, die ihr wohl gekannt habt, nannten uns ‚Baeh'hrei'ah’. Mein Name ist Chrcht.”

Matsooni gab einem Sekretär einen Wink. Eventuell fand sich in einer alten Taelon-Datei ein Bericht über dieses mysteriöse Volk. „Gehört - von wem? - Wir könnten zwar Hilfe wirklich brauchen”, gab der Großpräsident seinem unsichtbaren Gegenüber zu, „denn Millionen von unserem Volk sind süchtig gewesen, und andere sind körperlich schwer geschädigt. Wir haben jedoch gelernt, dass nichts auf der Welt umsonst ist. Was also verlangt ihr für eure Hilfe, sofern ihr den Menschen tatsächlich helfen könnt?”

„Nicht viel. An eurer Technik oder Landwirtschaft sind wir nicht interessiert. 100 Billiarden Währungseinheiten in Platin, Gold, Edelsteinen und in Form von anderen kostbaren Metallen, nach euren Währungs- und Bewertungssystemen, binnen einer Woche gegen 1000 Tonnen Medikamente. Wir denken, das ist fair.”

„100 Billiarden...” hauchte Matsooni. Dem Menschen verschlug es glatt die Sprache.

Brwt krümmte sich in der Ecke vor Lachen. Ihr ganzer Körper vibrierte an den acht geknickten Beingelenken auf und ab. Chrcht hatte wirklich einen köstlichen Humor. Wenn es sie nach der Eiablage nicht mehr gab, würde das ein herber Schlag für ihr Volk sein.

„Ich fürchte, soviel können wir gar nicht aufbringen...,” hauchte Matsooni erschüttert.

„Aber ja doch”, sagte Chrcht heiter . „Wir haben euren Planeten gescannt. Soviel besitzt ihr, ganz sicher!”

„Ich muss erst beraten”, sagte der Großpräsident. „Ich melde mich in zwei Tagen wieder.”

„Gewiss. Bedenke nur, dass viele Menschen inzwischen sterben, Großpräsident. Also beeile dich!”

Chrcht schaltete die Übertragung ab.

„Die werden uns jetzt für Räuber halten”, sagte Tcht, und streichelte mit zwei seiner dünnen Beine den Rumpf seiner Gefährtin. „Vielleicht haben sie einen anderen Sinn für Humor als wir!”

„Ganz sicher haben sie den.” Chrcht brummte und krabbelte einen Faden entlang zurück zur Decke, wo sie eine bequeme Hängeecke eingerichtet hatte. Tcht folgte ihr. „Sie erwarten keine Geschenke, hast du nicht gehört? Sie empfingen uns mit Bomben und Angriffsflügen. Stell dir vor, wir hätten diese Interdimensionsbombe nicht rechtzeitig abgefangen. Wir revanchieren uns nur für ihre Freundlichkeit.”

 
* * *
 

Matsooni hatte alle Minister zur Sitzung einberufen: die 7 Verwaltungsgouverneure der planetaren Regionen und die Verantwortlichen der anderen Ressorts. Auch die obersten Chefs des Militärs.

Aus den alten Taelon-Dateien ging über die ‚Baeh'hrei'ah’ - oder kurz in menschlicher Sprache: Beria - nur wenig hervor. Eine uralte Spezies. Sie hatten röhrenförmig verschachtelte Schiffe, schienen kleinwüchsige Vielfüßer zu sein, obwohl sie eine ausgesprochene Abneigung zu haben schienen, sich anderen Spezies visuell zu zeigen, und traten in der Geschichte der Taelons nur dreimal in Erscheinung. In all diesen Fällen hätten sie nach Katastrophen „Erste Hilfe” geleistet. Was sie dafür verlangt haben, war nirgends verzeichnet.

„Und was ist, wenn sie zuerst für Seuchen, Süchte und Unfälle aller Art sorgen, um danach als Retter vor einem Planeten erscheinen und sich ihre Hilfe teuer bezahlen lassen?” fragte General Clark.

„Und wenn sie wirklich nur zufällig hierhergekommen sind und Hilfe von sich aus anbieten?” fragte General Rebelliand zurück. „Vielleicht sind sie nicht nur Chemiker und Heiler, sondern auch noch zufällig geschäftstüchtig?”

„Den hunderten Millionen von ehemaligen Süchtigen geht es wirklich schlecht,” sagte Sozialministerin Wen. „Denkt daran, wieviel Geld es erst kostet, diese Kranken ihr Leben lang betreuen zu müssen, sofern sie die körperlichen Schäden, die durch die Kristalle verursacht worden sind, überhaupt überleben. Letztlich ist es nur Geld.”

„Werte Kollegin - dieses Geld muss erst erwirtschaft werden”, antwortete Finanzminister Chevez. „Muss ich darauf hinweisen, dass die Schäden vom Tzek-Krieg noch nicht behoben worden sind, und jetzt noch die Sache mit der Sucht. Haben denn die Gesunden nicht auch ein Recht, zu leben? Wieso sollen sie es büßen, dass die Süchtigen sich nicht beherrschen konnten? Wenn wir soviel Geld aus der Wirtschaft und dem Budget entnehmen, sind wir für die nächsten Jahrzehnte Bankrott, und die Erde wird sich lange davon nicht erholen. Auf Ausgaben wie Aufbau, freie Bildung, militärischen Schutz, Sozialfürsorge, Forschungsförderung, freie Gesundheitsversorgung oder Kultursubventionen kann die Bevölkerung vergessen!”

„Sollen wir vielleicht unzählige Millionen von Menschen dahinsiechen und sterben lassen, denen wir hätten helfen können, nur weil wir das Geld nicht herausrücken wollten?” antwortete Ministerin Maldiven, verantwortlich für Wissenschaften, entsetzt. „Das wäre de facto Mord. Was soll denn in den Geschichtsbüchern später über uns stehen? Dass wir egoistische Schweine gewesen sind?”

„So etwas gab es zu allen Zeiten”, sagte Großpräsident Matsooni, „dass man Menschen sterben ließ. Um selbst zu überleben. Das wäre nur ein weiteres Kapitel in unserer irdischen Geschichte. Wir wissen noch nicht einmal, ob die Beria uns wirklich helfen könnten und ob das, was sie uns anbieten, tatsächlich wirkt. Ich werde um eine Probe ersuchen. Vielleicht können unsere eigenen Ärzte daraus ein Heilmittel für das Nervensystem entwickeln, und wir benötigen die Beria überhaupt nicht mehr. - Chevez”, wandte er sich an den Finanzminister, „lass' eine Liste erstellen von dem Kapital, das wir gegenwärtig weltweit zur Verfügung haben. Ich fürchte nämlich, dass wir, selbst wenn wir wollten, gar nicht soviel Geld und Rohstoffe auftreiben könnten.”

 
* * *
 

(Im Frick-Territorium.)
Von der Roleta aus war ein Einsatzkommando getarnt zum vierten Planeten des Tobi-Systems gestartet. Diesmal bestand das Kommando nur aus künstlichen Scouts und Menschen, da die Jaridians momentan privat Probleme hatten und die Taelons die Ausstrahlung der Dunkelmaterie, die von Mentobia ausging, nicht vertrugen.

Da Peter Lorenz, der vierte der ursprünglich Konrad Stoller begleitenden Agenten, beim Abschuss von Rj'levs Beiboot gestorben war, waren nur noch Cephas Tshombokongo, Anneliese Roma und Jaro Cvitic von seinem Team übrig. Mit Konrad Stoller mitgekommen waren noch Cornelia Katz als Ärztin sowie Peter J. Combe und Henry Heinlein als Physiker. Das Beiboot landete mit seinen starken Tarnfeldern vorsichtig im Gebirge, etwa 10 km vom „Zielpunkt” entfernt. Das Ziel war eine zum Teil aus Dunkelmaterie bestehende Station auf einem Gebirgspass, die undefinierbare Signale aussandte. Man hoffte heimlich in die Station eindringen zu können, um herauszufinden, welchen Zweck sie hatte, und wer oder was die Erbauer waren, die anonyme Macht im Hintergrund. Und dass, obwohl Jean-Marie Marclay die Teilnehmer der Mission mit all seinen mysteriösen psychischen Wahrnehmungen und Warnungen genervt hatte. Die mitgebrachten künstlichen Scouts sollten heimlich die Gegend ausspionieren und den Teilnehmern Schutz gewähren.

Die Agenten hatten die Station von der Ferne aus eine Woche lang beobachtet und Regelmäßigkeiten notiert. So Wachablösungen und Lieferungen. Sie fanden heraus, wo außerhalb Verteidigungsanlagen und Schutzschirme lagen und wann Dinge angeliefert wurden. Die Anlage war zwar technisch geschützt und äußerlich bewacht, doch im Innern konnten nur etwa 20 Fricks arbeiten. Es war Zeit mit Plan B fortzufahren: sich einer leitenden Person zu bemächtigen und durch ihre Informationen in die Station zu gelangen.

Regelmäßig flogen zwei Fahrzeuge vom Gelände weg oder kamen an, deren Insassen besonders geschmückt waren, denen alle Soldaten gehorchten und denen sie Ehren erwiesen. Sie mussten leitende Offiziere der Anlage sein. Ein Scout schlich sich in eines ihrer parkenden Fahrzeuge und wartete, bis es abhob und bis es beim Haus des Offiziers in seinem Wohnort angekommen war. Dann betäubte der Roboter den Insassen, dessen schwacher künstlicher Körperschutzschirm für den Roboter kein Problem darstellte, umhüllte das Fahrzeug mit seinem Tarnfeld und wartete. Binnen 40 Minuten war ein Teil des Teams mit ihren umgeschnallten Mini-Fluggeräten angekommen. Bewaffnet betrat man das Haus und setzte alle Insassen gefangen. Es waren da drei unbekleidete weibliche Fricks, die verängstigt nun mit fünf Junge in einer Ecke in einem Haufen Heu kauerten und auf die bewaffneten Fremden starrten, die den Offizier in die Mitte des Raumes legten. Der Scout verpasste ihm einen Stromschlag, und er wachte auf, brüllte vor Zorn und schlug aus. Mühsam musste das Team ihn wieder bändigen und mit Klebebändern fesseln. Da man umständebedingt die meisten Bestandteile der frickschen Sprache per Computer übersetzen konnte, konnte die Befragung beginnen.

„Wie ist dein Name?” fragte Stoller.

„Ouf”, spuckte der schweinsköpfige Frick zwischen seinen Maulhauern hasserfüllt hervor. „Und euer Frevel wird bestraft werden, das könnt ihr mir glauben! Ihr werdet doch nicht glauben, diesen Planeten lebendig wieder verlassen zu können?!”

„Gar nicht neugierig, wer wir sind?” fragte Stoller.

„Ihr gehört zur neuen Testspezies, deren Exemplare die Dunkelmächte auf dem Salzplaneten gefangen gehalten haben!”

„Gut, Ouf”, erwiderte Stoller. „Welchen Rang nimmst du ein?”

„Ratet doch! Von mir erfährt ihr nichts!”

„Vielleicht sollten wir deine Familie befragen?”

„Ist mir doch egal. Die sind alle ersetzbar. Weibchen gibt es genug!” Der Frick klappte die Ohren zu, um nichts mehr zu hören, und schloß die Augen.

Das würde eine komplizierte Befragung werden. Während die Männer den Offizier zu verhören versuchten, zog Katz eine Spritze auf. Da entdeckte sie, wie eines der Weibchen Zeichen gab. Tshombokongo und Katz gingen mir ihr in einen Nebenraum und hielten der Frau ihren Übersetzungscomputer hin.

„Mein Name ist Kmin”, sagte die junge Frau mit dem brünetten Zottelfell. „Mein Mann wird euch nichts sagen, denn er steht ganz unter dem Einfluss von Bran, einem Rauschmittel. Das ist etwas, was den Soldaten verabreicht wird, um sie besonders rücksichtslos, brutal und gehorsam gegenüber den Machthabern zu machen. Er wird sich und uns im Bran-Rausch eher töten lassen, als euch etwas zu verraten.”

„Und du willst nicht sterben,” riet Katz.

„Keiner von uns Frauen - Schwa, Wench, die Kinder und ich - wollen sterben. Und wir wollen auch nicht, dass Ouf stirbt. Er war immer regierungskritisch, bis man ihm zwangsweise Bran verabreicht hat. Keiner von uns hat die Mittel, ihn vom Gift zu befreien, und keiner der Ärzte würde es wagen, aber vielleicht könnt ihr...”

„Kannst du uns mehr über Bran sagen?” fragte die Ärztin. Kmin konnte. Als Ehefrau durfte sie zwar nur auf dem Gut arbeiten, doch hatte sie vor der Heirat von ihrem Clan eine medizinische Ausbildung erhalten. Demnach war Bran so etwas wie Kokain mit einer antriebssteigernden, schmerzstillenden, willensbrechenden und persönlichkeitsverändernden Komponente. Kmin verriet, dass Ouf erst am übernächsten Tag zum Dienst erwartet wurde. Keiner der alten Freunde oder Verwandten würden es wagen, zu Besuch zu kommen, denn seitdem Ouf unter Bran stand, hatten alle Angst vor ihm.

Nachdem sich das Team beraten hatte, beschloss man, im Beiboot ein Mittel gegen Bran herzustellen zu versuchen. Wenn Ouf kooperierte, konnte man viel leichter in die Station eindringen. Als Gegenleistung sollte die gesamte Familie mit neuen Identitäten zu einem entfernten Frick-Planeten in Sicherheit gebracht werden. Kmin argumentierte damit, dass Ouf früher oder später alle Verwandten und selbst seine Familie wohl aus Misstrauen umbringen würde. Die Fremden boten immerhin die Chance, diesem Schicksal zu entgehen.

 
* * *
 

Roleta und das Beiboot auf Mentobia kommunizierten über versteckte Wellen, die sie den natürlichen Gravitationswellen von Tobi und Menobia hinzugefügt hatten. Es war für das gut ausgestattete Zefirschiff nicht allzu schwer, ein Gegenmittel zum Rauschgift Bran herzustellen, zumal die Agenten alle Körperdaten der Fricks übermitteln konnten. Es blieben noch zwei Stunden, bis Ouf sich wieder zur Arbeit zurückmelden sollte. Der Offizier brüllte vor Zorn, als ihm Katz die Injektion des Gegenmittels verabreichte. Dann erschlaffte er mit Schaum vor dem Mund. Cornelia Katz dachte schon, sie hätte etwas falsch gemacht und der Kreislauf des Fricks würde der Tortur nicht standhalten, doch Ouf kam nach einer halben Stunde wieder zu Bewusstsein.

Und fing an, vor innerem Schmerz zu blöken und auf seinen Maulhauern zu kauen. „Was hat er denn?” fragte Stoller besorgt. „Das sieht ja nicht so aus, als ob das Gegenmittel...”

„Er drückt nur Hilflosigkeit und innere Scham aus”, antwortete Wench, und drückte die zwei fiebende Jungen an sich.

„Das heißt wohl, er weint”, meinte Tshombokongo. „Wird er jetzt kooperieren?”

„Ich habe so viele liebe Freunde hinrichten lassen”, blökte Ouf los.

„Dafür haben wir keine Zeit. Wir haben dich vom Bran befreit, damit du uns hilfst, Informationen von der Station zu erhalten, oder damit wir selbst in die Station gelangen können. Wir haben auch einen Plan dazu...”, führt Konrad Stoller ungerührt aus. Ouf erklärte sich schließlich zur Kooperation bereit, denn die Alternative wäre die Hinrichtung seiner Familie gewesen; entweder durch die Fremden oder durch das Fricksche Militär. Während Tshombokongo bei der als Geiseln festgehaltenen Familie Oufs bleiben sollte, und Roma das Beiboot zu bewachen hatte, sollten Stoller, Cvitic, Heinlein, Combe und Katz versuchen, mit zwei Jaridian-Scouts und in Tarnfelder gehüllt in die Station einzubrechen.

Sie mussten vom Beiboot aus zu Fuß in die Station. Sie waren dabei unsichtbar und nicht zu orten. Jeder Laut wurde für Außenstehende von den schallwellenverschluckenden Tarnfeldern eliminiert. Sie mussten nur darauf achten, keinem Lebewesen näher als (40 Zentimeter) zu kommen und keine Fußabdrücke zu hinterlassen. Ouf sorgte dafür, dass sie Gelegenheit bekamen, die Sperren und Sicherheitsanlagen zu passieren. Es war gerade Essenszeit, und die Wissenschaftler im Inneren befanden sich bei der Essensausgabe und zur Erfrischung in einem Nebengebäude. Das gab dem Team etwa (eine Stunde), den inneren Kern der Anlage aufzusuchen.

Der Unterschied im Kerngebiet zur äußeren Anlage war krass: plötzlich war da nicht mehr Metall oder Gestein, sondern irgend etwas waberndes Schwarzes ohne echte Konturen, und diffuses düsteres Licht. Griff man das seltsame Material der Wände an, war es als griffe man in eine zähe Masse ohne rechten Widerstand. Selbst der Boden fühlte sich an, als watete man bis zu den Knöcheln in Treibsand.

War das Team bislang noch voller Power gewesen, da das Eindringen in die Anlage scheinbar so glatt ging, wurde den Leuten nun plötzlich mulmig. Die Dunkelheit drückte auf das Gemüt. Das war eindeutig eine sehr fremdartige Technik! - Das Team filmte alles mit zur Auswertung. Die mitgebrachten zwei hochgerüsteten Roboter versuchten, die Anzeige einer frickschen Konsole zu enträtseln. Sie schafften es, ein Hologramm aufzurufen, welches die Anlage zeigte. Combe entschied, einen von ihnen an der Konsole zu belassen, um zu versuchen, sich in die Daten einzuhacken. Man selbst folgte den Weg weiter ins Innere. Das Team musste dabei noch einige Wachen ausschalten und sie durch Hologramme ersetzen. Der Weg wurde kalt und immer düsterer, als würde das bißchen Licht, das die Fricks zur Arbeit installiert hatten, von der Schwärze aufgesaugt. An den Wänden schienen seltsame Geräte zu stehen. Das Team kletterte durch eine Röhre und betrat einen Raum, in dem plötzlich eine Kabinen-große silberfarbene kantige Anlage stand. Es war die Anlage mit der gemessenen eigentümlichen Strahlung. Seltsame Muster waren seitlich an den Wänden der Anlage angebracht, kreisförmige, gerade und gezackte Linien.

„Das sind kimerische Zeichen”, sagte plötzlich der massige Jaridian-Scout mit seiner tiefen Stimme.

„KIMERISCHE Zeichen?” sagte Combe verblüfft. „HIER?”

„Kannst du sie lesen?” fragte Heinlein. „Lies vor!” Der Physiker arbeitete gleichzeitig fieberhaft an seinem Mini-Messgerät weiter, während Combe das Gerät staunend begutachtete und sich fragte, wozu es wohl dienen mochte.

Der Robot sandte ein gerafftes Signal zur Roleta und übertrug die Bilder. Binnen Sekundenbruchteile wurden ihm die Datei mit den den Taelons bekannten Teilen der kimerischen Sprache übermittelt. Viel war es allerdings nicht.

„Ich kann diese Zeichen nur ansatzweise übersetzen, denn es gibt dazu nicht viel erhaltene Dateien. Es ist so eine Art Warnung, dieses Gerät einzusetzen. Es geht um die Zeit, um Manipulationen mit der Zeit... Und die unteren Zeichen weisen unter Umständen darauf hin, wie das Gerät zu bedienen ist.”

„Whow”, sagte Katz. „Du meinst doch nicht etwa, dass das eine Zeitmaschine ist? Eine kimerische Zeitmaschine? - Die müssen wir unbedingt haben!”

„Wenn das eine Zeitmaschine ist, so gebe ich zu bedenken, dass sie AKTIVIERT ist”, sagte Combe alarmiert.
„Wer immer dieses Gerät hat, ist dabei, es zu untersuchen oder gar zu benützen. Das bedeutet, unsere Feinde beabsichtigen, die Zeit zu manipulieren. Verdammt!”

„Wir haben nur mehr (17 Minuten), dann ist die Essenszeit vorbei, und die Wissenschaftler kommen zurück”, gab Cvitic zu bedenken. „Wenn wir nicht schon früher entdeckt werden. Das Gerät können wir unmöglich in dieser Zeit abmontieren und mitnehmen.”

„Hacke dich ein und versuche, so viele Informationen wie möglich über dieses Gerät zu bekommen,” befahl Stoller dem Scout. „Wir können dieses Ding weder mitnehmen noch den Feinden überlassen. Wir werden es vernichten müssen.”

„Du bist wohl verrückt”, protestierte Heinlein. „Du kannst doch nicht im Ernst dieses einzigartige Wunderwerk der Technik...”

„Hoffen wir, dass es einzigartig ist, und die Feinde den Apparat nicht nachbauen können”, meinte Combe. „Ich hoffe nur, es ist ein Einzelstück.”

„Das Gerät ist weder zu scannen noch zu öffnen”, gab der Scout bekannt. „Die Metalllegierung ist vollkommen unbekannt. Man kann das Gerät nur bedienen, weil die äußere Bedienungssperre überbrückt worden ist.” Er deutete auf einige der wabernden schwarzen Stränge, an die der Apparat angeschlossen schien. „Mein System ist mit diesem fremden Material leider nicht kompatibel.” Der Scout lauschte kurz in sich hinein. „Roleta befürchtet, dass der Strahlung nach das Gerät vor etwa einem Tag benützt worden ist. Das Gerät wurde völlig entladen, und ladet sich den Messungen nach im Moment neu auf. Die gemessene Strahlung wird immer intensiver, das Maximum müsste in etwa (drei Tagen) wieder erreicht sein. Dann wäre es offenbar wieder einsetzbar, um das Raum-Zeit-Kontinuum so zu verzerren, dass es für unsere Feinde neuerlich einsetzbar wäre. Ähnlich einem sich bildenden Interdimensionstunnel, nur dass man in der Zeit reist statt im Raum.”

„Das bedeutet, irgend jemand ist unterwegs und richtet gerade Schaden an, sei es in der Zukunft oder in der Vergangenheit, und wir können nichts unternehmen, sondern müssen das Ding hierlassen?” fragte Katz.

„Das Gerät muss uralt sein, womöglich stammt es aus einem alten Wissenspeicher”, überlegte Heinlein, die gescannten Daten auf dem mitgebrachten Mini-Computer betrachtend.

„Wir wurden entdeckt”, sagte der Jaridian-Scout mitten in die Überlegungen hinein.

 
* * *
 

(Einige Minuten zuvor, auf der Roleta:)
„Sie müssen da raus”, warnte Jean-Marie Marclay. „Sofort! - Warum hört ihr nicht auf mich?!”

„Wir wissen, dass diese Mission gefährlich ist. Aber ohne dieses Risiko könnten wir nichts über unsere Feinde erfahren”, meinte Da'an dazu. „Wir müssen einfach mehr über diese Anlage erfahren.”

„Ihr gefährdet das Leben der Teilnehmer!” meinte der Schweizer Hellseher wütend. „Mon Dieu! Wir haben das Salz neutralisiert. Ist das nicht genug? Müssen wir noch mehr Unfrieden stiften?”

„Diese Wesen sind es selbst, die feindlich sind”, gab Ken'tau zu bedenken. „Deine Worte sind nicht logisch, denn in Wahrheit haben sie die Erde längst angegriffen. Die Fricks und die dunklen Unbekannten!”

„Das ist doch nur Zo'ors Meinung”, sagte Marclay aufgebracht. „Bislang hatten wir nur mit den Fricks zu tun. Diese schwarzen Schiffe tauchten nur peripher auf. Die könnten genauso gut als Beobachter unterwegs gewesen sein. Wir dürfen sie auf keinem Fall auf uns aufmerksam machen!”

„Warum sollte Zo'or die Entführung falsch berichtet haben? Die Gefangenschaft?” fragte Ariel.

„Weil Zo'or durch die jahrhundertelangen Misshandlungen so durch den Wind ist, dass er - oder sie - nicht mehr weiß, was damals wirklich passiert ist,” antwortete Marclay. „Zo'or war doch ein Verbrecher - wer kann schon sagen, was an seinen Aussagen wahr oder falsch ist! Vielleicht will er nur euer Mitleid, um einer Bestrafung zu entgehen.”

„Ich halte ihre Aussagen für glaubwürdig”, sagte Korn't dazu. „Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass die Dinge sich NICHT so abgespielt haben, wie sie es berichtet hat.”

„Zo'or mag in euren Augen vielleicht noch immer ein Verbrecher sein, doch ich vertraue seinen Aussagen”, sagte Da'an. „Ich bin überzeugt, er hat mit seinem Bericht nicht gelogen. Und das bedeutet, dass die Mächte in dieser Region seit Jahrhunderten dabei sind, Pläne zu entwickeln, um den Menschen zu schaden, und indirekt damit auch uns. Ist das der Fall, sollte ein Präventivschlag gegen dieses Volk geführt werden, bevor sie etwas anderes aushecken.”

„Die Jaridians haben niemals Feinde lebend zurückgelassen, die sie dann nachträglich überfallen könnten”, sagte Palwyr kämpferisch. Sie wiegte ihre Tochter Daherr auf ihrem Schoß und saß demonstrativ in der Zentrale neben Je'dir, dem momentan jede Lust fehlte, sich an der Diskussion zu beteiligen. Was sollte er schon sagen? Er fand, Marclay hatte recht, und sie alle sollten zur Erde zurück. Er betrachtete seine Hautmuster an den Händen und seine dunklen rötlichen Fingernägel. Palwyr redete neuerdings ohnehin für zwei. Sie begann auch prompt, Beispiele für den Vernichtungsswillen der alten Jaridians aufzuzählen. Sie musste dabei wissen, dass sich die Taelons darüber ärgerten, auch wenn sie völlig unbeteiligt aussahen. Alle bis auf Mur'ru, deren rotgeränderte Augen zornig funkelten.

„Hör auf!” sagte Andre nach ein paar Minuten. „Du wirst uns nicht zu denselben Killern machen, Palwyr, und wenn du noch so viele Planeten aufzählst, deren Lebensformen ihr gänzlich ausgerottet habt.”

Roleta tauchte als großes Hologramm mit ihrem roten Umhang mitten in der Zentrale auf. „Die Jungs und Mädels haben eine kimerische Anlage auf Mentobia entdeckt”, gab sie gleich die Neuigkeit in ihrer saloppen Art bekannt.

„Eine kimerische Anlage?” fragte Ko'lan überrascht. „Tatsächlich? Wie kommt die denn dorthin?”

„Es sieht so aus, als hätten die Dunkelmächte sie sich angeeignet”, vermutete Roleta. „Meine Messungen scheinen sich zu bestätigen: eine zunehmende Raum-Zeit-Verzerrung. Es muss sich um eine Zeitmaschine handeln.”

„Selbst die Kimera haben nie Zeitreisen unternommen”, widersprach Da'an. „Sie befürchteten die Konsequenzen eines Paradoxons.”

„Interessant, dass keiner eine Zeitreise unternommen haben will - weder die Kimera, noch die Taelons und auch nicht die Jaridians”, kommentierte Je'dir trocken. „Aber die Technik war dennoch erfunden.”

„Zeitreisen waren für uns alle tabu”, erwiderte Da'an und holte zu einer allumfassenden Geste aus. „Es muss wohl jeder zum selben Schluss gekommen sein: Es ist zu gefährlich.”

„Schon möglich für euch, denn ihr hättet eure eigene Geschichte gefährdet. Aber was ist mit einer außenstehenden Macht, die EUCH absichtlich gefährden möchte, indem sie in eurer Zeit herumpfuscht, aber nicht in ihrer eigenen Geschichte?” Roleta schwebte in dominierender Position in der Zentrale, für alle sichtbar, und sprach mit betonenden prägnanten Gesten ihrer schlanken silbernen Hände, die in nichts dem Ausdruck der Taelons nachstanden. „Vor einem Tag erst ist jemand auf Mentobia auf die Reise gegangen. Nur der Kosmos weiß, wohin.”

„Dann müssen wir schleunigst etwas unternehmen!” sagte Andre alarmiert.

„Man kann nichts unternehmen”, sagte Ko'lan amüsiert.

„Was soll das heißen?”

„Ko'lan möchte sagen, dass wir bereits in der geänderten Zukunft leben”, erwiderte Da'an mit einem feinen Lächeln. „Was immer derjenige glaubt, mit Zeitreisen bewirken zu können, ist gescheitert, denn wir sind hier. Nicht, dass wir dem nicht nachgehen sollten, es ist nur so, dass das Ergebnis feststeht. Und sollte derjenige in die Zukunft reisen - nun, sie ist instabil und ändert sich von Moment zu Moment.”

„Du willst damit sagen, dass eine Änderung der Zeit nicht möglich ist?” fragte Andre.

„Doch”, gab Ko'lan zu, „es ist möglich, den Verlauf der Zeit zu ändern, nicht aber das Ergebnis für das Hier und Jetzt. Und was immer geändert wird, es ist kaum möglich, nachträglich ein Paradoxon festzustellen, eine unlogische Zeitreise-Spur, eine Zeitänderung. Könnten wir nämlich ein Paradoxon erst feststellen, dann gäbe es uns nicht mehr. Jede Gegenwart wurzelt für uns immer absolut logisch in der Vergangenheit. Es muss somit bereits jemand die Folgen der Zeitreise für uns behoben haben.”

„Wir müssen entweder das Gerät sicherstellen oder aber vernichten”, meinte Je'dir dazu. „Effektiv oder nicht, mit Zeitanomalien sollte nicht gespielt werden.”

„Ich fühle eine immer stärkere Gefahr, aber ich kann nichts Genaueres sagen”, versuchte Marclay es nochmal. „Ich weiß aber, wir MÜSSEN die Agenten bergen und hier weg!” - ‚Diese sturen Böcke!’ schimpfte der Schweizer innerlich. Warum konnten sie nicht auf ihn hören? Warum SAHEN sie einfach nicht?

„Wir könnten einen Plan erstellen, um das Gerät zu bergen”, meinte Korn't. „Kimerische Technik ist immer lohnenswert zu studieren.”

„Oh!” sagte Roleta plötzlich mit Bedauern. „Sie sind entdeckt worden!”

 
* * *
 

(Auf Mentobia:)
Einer der Holo-Soldaten war von den zurückkehrenden Wissenschaftlern als Fälschung enttarnt worden. Die Folge war, dass ein Trupp schwerbewaffneter Soldaten in die Station eindrang. Ouf, der als stellvertretender Kommandant nicht imstande war, den Alarm ohne Ergebnis wieder abzustellen, wurde beim vergeblichen Versuch verhaftet. Inzwischen wurden die Agenten von den zwei nach vorne geeilten Jaridian-Scouts feuermäßig gedeckt, die jedoch im Einsatz ihrer Waffen Rücksicht auf das Überleben der Agenten nehmen mussten, während die Fricks sich an anderer Stelle rücksichtslos durch die Anlage schossen, um die Roboter zu umgehen und in die Kernanlage zu gelangen.

„Wo gibt es einen anderen Ausgang?” fluchte Cvitic.

„Ich fürchte, es gibt nur diese Röhre”, sagte Stoller, der gerade die Anlage mit hochexplosivem Material versah, bereit zur Sprengung. „Fertig! - Los, verschwinden wir!” Der Trupp versuchte, so rasch wie möglich durch das zähe Material zu laufen, um den Kernbereich zu verlassen. Hinter ihnen erfolgte die wuchtige Detonation und zerstörte mit einer starken Erschütterung und einem Feuersturm die Zeitmaschine. Die gespeicherte Energie wurde schlagartig frei und führte kurz zu einem Aussetzer aller höheren Geräte auf Mentobia. Die Zerstörung wurde selbst auf einem der fernen Dunkelschiffe in einigen Parsek Entfernung registriert. Wutentbrannt ließ der Kommandant es mit Höchstwerten zurück in Richtung Tobi-System fliegen.

„Wir stecken fest!” keuchte Combe in die Übertragung zur Roleta. „Und das mitgebrachte Interdimensionsportal funktioniert nicht!” Das Zefirschiff beorderte rasch Anneliese Roma mit dem Beiboot zur Station, um der Truppe den Weg freizuschießen, damit sie an Bord fliehen konnten. Das Manöver dauerte einige Minuten. Doch da war das schwarze Dunkelmaterieschiff plötzlich über dem Planeten. Ein dicker schwarzer Strahl fuhr nieder und zerfetzte den Berg mit der gesamten nutzlos gewordenen Station, die nahe Ortschaft und das sich nähernde Beiboot. Als hätte es nie einen Schutzschirm besessen.

Roleta, die getarnt am Rande des Systems gewartet hatte, wendete und floh so schnell sie konnte aus dem System. Das Schiff ortete hinter sich gerade noch, dass das Dunkelschiff offenbar den gesamten Planeten Mentobia vernichtet hatte, denn der Planet zerbarst in tausende Stücke und brachte das gesamte Gravitationsgefüge des Tobi-Systems durcheinander. Und es begann, das fliehende Zefirschiff zu verfolgen.

„Was ..., was ist denn passiert?” fragte Andre Markus Andersen entsetzt. Er konnte nicht glauben, was da soeben abgelaufen war.

„Eines der schwarzen Schiffe hat soeben den gesamten Planeten Mentobia zerstört”, erwiderte Mur'ru. „Kurz nachdem das Team die Zeitmaschine zerstört hatte.”

Es hielten sich auch einige Menschen in der Zentrale auf, die jetzt entsetzt näher zum Holoschirm kamen und durcheinander redeten. Mittlerweile schrillte ein Alarm durch das gesamte Schiff.

„Das gesamte Team ist tot”, bestätigte Ka'sar, der neben seiner taelonischen Partnerin stand. „Das Beiboot wurde vernichtet.”

„Shabra!” fluchte Mur'ru. „Und jetzt ist dieses schwarze Schiff hinter uns her! Und es ist verdammt schnell!”

 

 

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