Startseite Aktuelles Update Geschichten Kategorien Bilder Forum - Der Baum Links Hilfe Kontakt
  „Wer ist Liam?” von Shaila   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Oktober 2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Angy versucht, herauszufinden, wer Liam ist und was mit ihm geschehen ist
Zeitpunkt:  weit nach der Serie; Fortsetzung zu „Denk zurück!
Charaktere:  Da'an, Liam, Angy, Angis (La'han, Julie)
 

 

WER IST LIAM?

 

Teil 3
 

Als das Portal die beiden wieder freigab, standen sie in einem sehr kleinen Raum auf dem Mutterschiff. Noch während sich Angy umsah, trat Da'an ein.
Er und Liam sahen sich wie vom Donner gerührt an.
Liam bemerkte, dass das äußere Erscheinungsbild des Companions deutlich vorteilhafter geworden war. Seine Haut wirkte nicht mehr so weiß und wies mehr menschliche Strukturen auf.
Da'an stellte fest, dass sich der Halbkimera kein bisschen verändert hatte - als hätte man ihn in der Zeit eingefroren.
Langsam trat der Taelon näher und berührte vorsichtig, sogar fast ehrfürchtig Liams Gesicht.
„Ich hätte nie gedacht, dich noch einmal wieder zu sehen”, hauchte er.
„Ich auch nicht, aber für mich ist es so, als wäre ich nicht lange weg gewesen.”
„Das mag für dich so sein, aber es ist viel Zeit vergangen und es hat sich vieles verändert - und das dank dir!”
Dann schlang Da'an seine Arme um Liam und zog ihn an sich. Dieser war zunächst beinahe schockiert, überwand jedoch schließlich seine Überraschung und erwiderte die Umarmung.
Nach unendlich langen Sekunden ließen sie einander wieder los und der Taelon wandte sich an Angy.
„Sie sind wahrhaftig die Urenkelin Ihrer Urgroßmutter: Gebildet, schön und unnachgiebig. Ich bin Ihnen mehr als nur dankbar, Miss Palmer.” Er verbeugte sich leicht vor der jungen Frau.
Angy erwiderte die Geste. „Sie brauchen nicht mir zu danken - es stammte noch alles von meiner Urgroßmutter. Sie hat diese Ehre verdient.”
„Gewiss, jedoch war es Ihr Eifer und ihr Wunsch, die Arbeit von Renée fortzuführen. Somit gebührt auch Ihnen dieser Respekt und meine Dankbarkeit!”
Mit einem Nicken gab Angy nach.
„Wir sollten uns an einen angenehmeren Ort zurück ziehen, dieser Portalraum ist für ein solches Wiedersehen nicht besonders geeignet”, meinte Da'an und bedeute Angy und Liam, ihm zu folgen.
Sie gingen durch die schmalsten Gänge des Mutterschiffes. Niemand war zu sehen, und so erreichten sie schnell das Quartier des Synodenführers.
Zu Liams Überraschung schien es doch etwas zu geben, das sich nicht verändert hatte - die privaten Räume des Taelons. Er fühlte sich für einen Augenblick beinahe wie zu Hause.
Da'an schritt zum Aussichtsfenster des Quartiers und blickte hinaus ins All. Als er sich wieder seinen Gästen zuwandte, bat er die junge Frau darum, ihm zu erklären, wie sie Liam zurückgeholt hatten. Angy nickte und begann, ihm davon zu erzählen, über den Fund des Fotos, Renées Hologramm und ihre Theorie über das, was mit dem Halbkimera geschehen war, bis hin zum ID-Portal und dem erfolgreichen Versuch, Liam aus der Daseinsform gestaltloser Energie wieder ins irdische Leben zu transferieren.
Es dauerte fast eine Stunde, bis Angy ihre Erläuterungen beendet hatte.
Da'an nickte anerkennend.
„Sie haben sich all die Mühe gemacht, um jemanden zu finden, den Sie nicht kannten, an dessen Existenz Sie nicht einmal glaubten. Warum?”
Die junge Frau zuckte mit den Schultern.
„Das ist wohl eine Art von uns Menschen - wir wollen bestimmte Dinge zu Ende bringen, vor allem dann, wenn das entsprechende Vorhaben von einem geliebten Menschen begonnen wurde. Außerdem war mir Liam ja nicht ganz fremd. Meine Urgroßmutter hat mir viele Geschichten mit ihm und über ihn erzählt, also konnte ich mir in etwa vorstellen, was da auf mich zu kommt!”
„Und dafür bin ich Ihnen mehr als dankbar. Sie haben mir eine zweite Chance gegeben, und die bekommt man nicht jeden Tag”, meldete Liam sich plötzlich zu Wort.
„Gern geschehen!” lautete Angys knappe Antwort.
Liam trat auf sie zu. „Renée wäre sicher unendlich stolz auf Sie!”
Angy sah ihm tief in die Augen und wusste, das er das ernst meinte.
Sie nickte und trat ein Stück zurück. „Ich werde dann jetzt gehen. Sie haben sich sicher viel zu erzählen und zu Hause wartet mein kleiner Schreihals auf mich!”
Da'an nickte knapp, aber als sie sich umwandte, um den Raum zu verlassen, wurde sie von Liam aufgehalten.
Er zog sie zu sich heran und schlang die Arme um sie.
Zuerst war sie völlig geschockt, aber dann freute sie sich über die Umarmung und erwiderte sie. Ihr kamen fast die Tränen, als Liam ihr noch einmal „Danke” ins Ohr hauchte und ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange gab.
„Werde ich Sie wiedersehen?” kam es leise von ihren Lippen.
„Auf jeden Fall - es wäre für mich nicht mehr die Erde, wenn ich keine Palmer zur Freundin hätte”, antwortete Liam und zwinkerte ihr zu.

 
*
 

Angy verabschiedete sich noch von Da'an und verliess anschließend das Quartier. Sie fand schnell zum Portalraum zurück und war genauso schnell wieder auf der Erde. Sie rannte zurück nach Hause, wo sie von Angis herzlich begrüßt wurde.
Sie ließ sich in seine Arme fallen und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss.
Völlig überrascht legte Angis die Stirn in Falten.
„Wie komme ich denn zu der Ehre?”
Angy schmunzelte: „Während der ganzen Suche nach Liam ist mir etwas klar geworden!”
„Und was?”
„Du warst sofort da, als ich dich um Hilfe gebeten habe, und du bist auch sonst immer für mich da, besonders seit mich ein gewisser Herr und Vater von Julie sitzen gelassen hat - und in all der Zeit habe ich nie bemerkt, wie viel du mir eigentlich bedeutest ... ich ... ich liebe dich, Angis!”
Der junge Mann lächelte und strich ihr sanft über die Wange.
„Wieso merkst du jetzt erst, wie viel ich Dir bedeute?”
„Ich schätze mal, es liegt an diesem Halbkimera!”
Angis hob kritisch die Augenbrauen.
„Wieso hängt das mit Liam zusammen?”
„Seit ich das Foto von ihm gesehen hatte, war ich fasziniert von ihm, und als wir ihn dann zurück geholt hatten, da dachte ich, ich hätte mich in ihn verliebt, aber kurze Zeit später ist mir klar geworden, dass das nicht stimmte. Und als ich auf dem Mutterschiff ihn und Da'an beobachtete und verstand, dass die beiden zusammengehören, da wurde mir auch klar, zu wem ich gehöre - zu dir, Angis!”
Angis lief eine Träne über die Wange, er spürte, dass Angy begonnen hatte zu zittern, er wusste nicht warum, aber deshalb zog er sie an sich. Er sah ihr tief in die Augen und sie blickte zurück, blickte in die Augen, die sie liebte und die sie so lange außer Acht gelassen hatte ...
Als seine Lippen schließlich die ihren berührten, fühlte sie unendliches Glück. Sie gab sich ganz hin und legte all ihre Leidenschaft in diesen Kuss.
Das war der schönste Tag ihres Lebens. Sie hatte nicht nur den größten Traum ihrer Urgroßmutter erfüllt, sondern auch - endlich ihre Liebe gefunden ...
Innerlich wünschte sie sich, dass dieser Tag, dieser Augenblick nie zu Ende ginge. Sie würde ihn immer im Herzen bewahren.

Angy seufzte, als sich Angis von ihr löste.
„Was hast du gemeint, als du sagtest, Da'an und Liam gehören zusammen?” fragte er.
Zuerst wollte sie ihn grob anfahren, weil er diesen wunderbaren Moment beendet hatte, aber dann lächelte sie nur noch.
„Du hättest Da'ans Blick sehen müssen. Er empfindet so offensichtlich mehr als nur Freundschaft für Liam und in Liams Blick konnte man ähnliches erkennen - und da ist mir erst in den Sinn gekommen, welche Art von Blick du mir immer geschenkt hast. Den Rest kennst du ja!”
Angis nickte.
„Dann muss ich Liam ja richtig dankbar sein,” meinte er lächelnd und drückte Angy wieder an sich.
So umschlungen schien die Zeit für die beiden still zu stehen.

 
* * *
 

Liam stand neben Da'an und sah auf die Erde hinunter.
„Es hat sich eine Menge verändert, während ich weg war ...”
Der Taelon lächelte: „Ja, es hat sich einiges verändert.”
Das war im Grunde das, was Liam erwartet hatte, aber nicht genau das, was er hören wollte.
„Was ist damals geschehen, Da'an? Von Angy habe ich erfahren, was Zo'or mit mir gemacht hat und dass lange nach mir gesucht wurde, aber warum haben Sie mich totgeschwiegen?”
„Um des Friedens Willen. Vertreter der Taelons, Jaridians und Menschen kamen zu diesem Entschluss, um den neuen Frieden zwischen den Rassen nicht zu gefährden. Wenn die Menschen erfahren hätten, dass kurz nach dem Abkommen ein Taelon einen Menschen getötet hat, dann hätte der Friede keine Zukunft gehabt. Sie wurden anfangs für tot erklärt und nach und nach wurden alle Dateien über Sie gelöscht.” Die Stimme des Taelon war schwer von Traurigkeit.
„Und Sie haben das zugelassen.” Trotz der Tatsache, dass dies ein Vorwurf war, war in Liams Stimme kein bisschen Aggressivität zu hören.
„Ich habe die Daten allerdings nicht gelöscht, ich habe sie gegen die Entscheidung bewahrt. Ich wollte mich immer an dich erinnern und obwohl ich die Suche aufgab, so habe ich dich niemals aufgegeben!”
„Ich weiß”, meinte Liam und sah Da'an mit verständnisvollen Augen an.
„Für mich ist es zwar so, als sei ich nicht lange weg gewesen, aber etwas habe auch ich in diesem Zustand gelernt. Ich weiß jetzt, wo ich hin gehöre und wer meine Freunde sind - und dieses Wissen ist für einen Sturkopf wie mich unbezahlbar.”
In Da'an keimte in diesem Augenblick eine Hoffnung auf, die er schon lange verloren glaubte.
„Gib mir bitte deine Hand, Liam.”
Zunächst zögerlich streckte Liam ihm seine Hand entgegen. Er wusste ganz genau, was der Taelon vorhatte. Er wollte ihm etwas zeigen, und dazu wollte er eine Verbindung zu ihm herstellen.

Das Gefühl, wenn Da'an ein Sharing einleitete, war immer noch unbeschreiblich, und als Liam wieder etwas wahrnahm, fand er sich auf einer grünen Wiese wieder. Trotz der vielen Zeit wusste er genau, wo er war. Derartige Wiesen gab es nur in Irland, der Heimat seiner menschlichen Mutter.
Der Taelon tauchte hinter ihm auf und lächelte.
>Ich sehe, du erkennst deine Heimat noch ...<
Liam nickte nur. So etwas konnte man einfach nicht vergessen, und er freute sich sehr, dass auch Da'an diese Erinnerung bewahrt hatte.
>Ich ziehe mich oft hierher zurück< ließ der Companion ihn wissen. >In dieser Umgebung hatte ich immer das Gefühl, du wärst in meiner Nähe ... Du warst so fern und schienst doch so greifbar nah ...<
Liam war überrumpelt. Damit hätte er nun nicht gerechnet.
Mit einem Mal stürzten tausend verschiedene Erinnerungen, Gefühle und Emotionen auf ihn ein, nicht nur die eigenen, sondern auch die des Taelons ... und dann erinnerte er sich plötzlich an seine Zeit als pure Energie.
Aber das war alles zu viel auf einmal. Liam ging in die Knie und presste sich die Hände an den Kopf. Heftige Schmerzen hatten ihn mit den Erinnerungen heimgesucht und nun kämpfte er gegen diese an. Da'an hatte es natürlich bemerkt, aber das war seine Absicht gewesen - Liam sollte sich erinnern können und er sollte erfahren, was der Companion für ihn empfand.

Nach wenigen Minuten ließen die Schmerzen nach und Liam kehrte mit Da'an in die Wirklichkeit zurück.

Total überrumpelt stand er da und starrte den Taelon einfach nur an.
„Das habe ich nicht gewusst”, kam es leise von seinen Lippen. Er verarbeitete noch die eben gewonnenen Eindrücke, aber eines war ihm mit Sicherheit klar geworden: Da'ans Gefühle für ihn!
„Ich fand, dass dies die beste Möglichkeit wäre, es dir zu sagen,” meinte dieser ruhig.
Liam hob langsam den Kopf und blickte Da'an in die Augen, er musste ihm nichts sagen, denn dieser wußte bereits, was ihn bewegte. In den Augen des Halbkimera spiegelten sich dessen Empfindungen genau wider.
Er liebte Da'an und das schon seit langem ... Während ihrer gemeinsamen Zeit war dieser mehr geworden als nur sein Mentor. Er hatte es zunächst nicht wahrhaben wollen, immerhin war er davon ausgegangen, dass Da'an ihn verraten hatte, aber nie hatte dieser etwas getan, was Liam selbst wirklich geschadet hätte, und das wurde ihm jetzt klar.
Da'an empfand genauso. Die anfängliche Faszination für diesen ungehobelten Kimera-Mischling wandelte sich bald in Zuneigung. Als Liam sich vor langer Zeit von ihm abwandte, brach es dem Taelon fast das Herz, und als Liam verloren war, da hatte auch er einen Teil von sich verloren. Damals hatte er auch bemerkt, dass er für Zo'or nicht halb so viel empfand wie für Liam. Aber nun war dieser zu ihm zurückgekehrt. Er bekam ebenfalls eine zweite Chance, und er nahm sich fest vor, diese zu nutzen.
„Was willst du jetzt tun?” fragte er sein Gegenüber schließlich.
Liam zögerte. Er hatte darüber nachgedacht, sein früheres Leben wieder aufzunehmen, aber was würde das für den Frieden bedeuten, wenn er jetzt einfach in die Welt platzte und eine alte Wunde aufriss? Nein, das wollte er gewiss nicht.
„Ich möchte mir eine neue Existenz aufbauen - und das möchte ich mit dir tun, Da'an”, antwortete er schließlich.
Eine unendliche Schwere fiel von dem Taelon ab.
„Ich möchte auch, dass du bei mir bleibst, und ich werde alles tun, um dir ein angenehmes Leben ermöglichen zu können.” Seine Worte waren sanft und sie versicherten Liam seine Zukunft.
Dieser konnte zwar noch nicht sagen, wie sein neues Leben aussehen sollte, aber solange er mit Da'an zusammen sein konnte, war ihm das gleich.

Lange Zeit hatten sie geredet, die Vergangenheit nachgeholt und Pläne für die Zukunft gemacht. Nun lag Liam schlafend auf einer Liege in Da'ans Quartier.
Da'an selbst stand vor seinem Fenster und blickte hinaus ins All. Immer wieder schaute er auch zu Liam, wie dieser so ruhig da lag und im Schlaf seine Kräfte sammelte.
Der Taelon beobachtete, wie sich Liams Brustkorb gleichmäßig hob und wieder senkte. Er fand die Menschen schon immer sehr faszinierend, und das waren sie auch. Im Schlaf wirkten sie so rein und unschuldig, fast hilflos, und Da'an war dankbar, endlich mit dieser Rasse in Frieden zu leben.
Plötzlich durchzuckte ihn ein anderes Gefühl.
„Nicht jetzt”, dachte er bei sich. Er krümmte sich. Vor Jahren hatten die Taelons mit Hilfe der Jaridians ihre Grundenergie stabilisieren können. Allerdings hatte diese Hilfe einen überraschenden Nebeneffekt gehabt - seitdem waren die Taelons wieder fähig sich fortzupflanzen.
Da'an befand sich schon seit zwei Tagen im Ka'ath'am. Er hatte es nicht wahrhaben wollen, da er keinen Partner hatte. Wegen der Überraschung mit Liam hatte er es sogar für einige Zeit vergessen können, aber jetzt kehrte es mit übermäßiger Stärke zurück. Er setzte sich in einen Stuhl und lehnte sich zurück. Unbewusst hatte er einen Stöhnen von sich gegeben, nicht laut, aber es genügte, um Liam zu wecken.
Dieser sah sich verwirrt um und suchte nach der Quelle des seltsamen Geräusches, als er den Companion mit geschlossenen Augen auf seinem Stuhl entdeckte. Er erhob sich von der Liege und ging auf ihn zu, er sah ziemlich besorgt aus und Da'an erschrak richtig, als er die Augen öffnete und Liam mit einem Mal direkt vor ihm stand.
„Was ist mit dir, stimmt etwas nicht?” fragte er Liam vorsichtig, doch dieser legte nur die Stirn in Falten.
„Das sollte ich wohl eher dich fragen, du siehst nämlich überhaupt nicht gut aus und deine Energieausstrahlung ist extrem hoch.”
Der Taelon wandte den Blick von Liam ab. Er hatte ihm alles über die Vergangenheit erzählt, dann müsste er ja wissen, was mit ihm los sein könnte und dem war scheinbar auch so, den plötzlich sah der Halbkimera ihn überrascht an.
„Du bist im Ka'a'th'am,” sagte er schließlich gerade heraus, und Da'an nickte.
„Ja, und es wird noch eine Weile dauern, bis es wieder vorüber ist, und bis dahin muss ich mich konzentrieren können, um es zu ignorieren, nur gelingt mir das nicht mehr, seit du wieder in meiner Nähe bist”, Da'an versuchte zu lächeln, was ihm allerdings kläglich misslang.
Der Companion stand auf und trat wieder vor das Fenster. Etwas hilflos beobachtete Liam ihn. Er wollte ihm helfen, wusste aber nicht wie.
Schließlich trat er hinter Da'an und schloss die Arme um ihn. Der Taelon lehnte den Kopf an ihn, dankbar für diese tröstende Geste.
Und dann, wie von Geisterhand geführt, legten sich Da'ans Hände in Liams und eine Verbindung entstand zwischen den beiden. Liam hatte Angst und wollte zurückweichen, aber Da'ans sanfte Stimme hielt ihn davon ab.
Der Taelon drehte sich zu dem Halbkimera um und sah ihm direkt in die Augen. Dieser schaute zurück - und erkannte endlich, wo er hin gehörte. Er gehörte zu Da'an, für immer!
Als ihm das endlich bewusst war, öffnete er sich und Da'an erhielt Zutritt zum Innersten seiner Seele. Was während ihres Zusammenseins noch geschah, war beiden klar. Die Verbindung zwischen ihnen war perfekt, die Außenwelt war vollkommen weggewischt, das Einzige, was für die beiden zählte, war ihr Gegenüber, und wenn Liam früher bewusst gewesen wäre, was Da'an wirklich für ihn empfand, dann hätte er ihn der Vergangenheit nie verletzt, aber Da'an hatte ihm verziehen, und das war alles, was jetzt zählte.
Als die Verbindung endete, war eines beiden klar: Da'an würde ein Kind bekommen!

 
* * *
 

Drei Tage hatte Angy nichts mehr von Liam gehört. Noch mehr beunruhigte es sie, dass sie kaum gemerkt hatte, wie schnell diese drei Tage vergangen waren. Der Neubeginn mit Angis hatte sie vollkommen aus der Form geworfen.
Die beiden hatten diese Tage genossen, als wäre es die letzten ihres Lebens, und im Augenblick war Angis mit Julie spazieren. Die Kleine freute sich immer über seine Anwesenheit und damit war sich auch Angy sicher, dass Angis der Richtige für sie war.
Als sie zurück dachte, musste sie lachen. Sie kannte Angis schon ziemlich lange, und sie hatte ihn von Anfang an gemocht - aber warum hatte sie so lange nicht bemerkt, dass sie in ihn verliebt war?
Dabei kam ihr eine alte Weisheit in den Kopf: Warum in der Ferne suchen, wenn das Gute so nah ist!
Das passte - sie hatte immer in einem zu großen Umfeld nach einem Partner gesucht, dabei war der richtige genau vor ihrer Nase.
Angy lächelte, aber viel länger konnte sie ihren Gedanken nicht nachhängen. Irgend etwas in ihrer Nähe piepste und machte mit lauten Tönen auf sich aufmerksam.
Sie brauchte einen kleinen Augenblick, um zu begreifen, dass es ihr Global war.
Sie schnappte sich das kleine Gerät und öffnete es. Zu ihrem Erstaunen erschien Liams Gesicht auf dem kleinen Schirm.
„Hi”, brachte sie nach einigen Sekunden überrascht hervor.
„Hallo, wie geht es Ihnen?” fragte Liam vorsichtig.
„Oh, mir geht gut - und Ihnen? Ich meine - haben Sie entschieden, wie Sie Ihr Leben ab jetzt gestalten wollen? Kommen Sie zurück auf die Erde? Geben Sie sich den anderen Menschen zu erkennen? Was haben die Jaridians gesagt, als sie sahen, dass Sie noch am Leben sind? Wie geht es Da'an?” Sie hätte noch viel mehr Fragen gestellt, wenn Liam sie nicht unterbrochen hätte.
„Nein, ich gebe mich nicht zu erkennen!”
Das warf Angy völlig aus ihrem Konzept, sie hatte damit gerechnet, auf der Jahrestagsfeier mit einer riesigen Überraschung für die Menschen aufwarten zu können, aber dieser Gedanke löste sich wohl gerade in Luft auf.
„Wieso? Sie sind ein Held, ohne Sie gäbe es vielleicht noch keinen Frieden zwischen den Rassen!”
Liams Blick brachte sie zum Schweigen. Sie biss sich auf die Lippe und bedeutete ihm, fortzufahren.
„Da'an hat mir alles aus seiner Sicht erzählt, mein Verschwinden, die Vereinigung, die Entscheidung, alles über mich zu löschen - und ich will, daß alles bleibt, wie es ist. Ich werde hier bei Da'an bleiben.”
Angy schien diese Antwort nicht akzeptieren zu wollen.
„Warum? Warum wollen Sie nicht der Mann sein, der Sie sind? Der Mann, der den Frieden zwischen die Rassen brachte ...”
„Denken Sie einmal nach, Angy - seit fast neunzig Jahren leben die Menschen, Taelons und Jaridians in Frieden und diesen stabilen Frieden soll ich von seinem festen Fundament auf wacklige Beine stellen? Nein, das könnte ich den Menschen und unseren Verbündeten nicht antun.” Wieder wollte Angy ihn unterbrechen, aber Liam sprach einfach weiter: „Außerdem ist es, wie Renée sagte, ich habe eine zweite Chance bekommen und die will und werde ich nutzen. Es tut mir leid, dass das vielleicht nicht so stattfindet, wie Sie es sich erhofft hatten, aber Sie haben so lange um mich gekämpft, das ich genau weiß, Sie werden es verstehen!”
Angy verstand ihn tatsächlich. Er hatte all diese Jahre seines Lebens verpasst und wollte nun nicht in sein altes Ich zurück gedrückt werden, er wollte sein neues Leben nutzen und von vorn anfangen.
„Ich verstehe Sie sehr gut. Ich hatte nur gehofft, wir könnten Freunde werden”, meinte Angy leise.
Liam lachte: „Angy, wir sind schon Freunde, und ich werde Sie auf jeden Fall besuchen kommen. Sie haben mir diese zweite Chance gegeben, und das werde ich Ihnen niemals vergessen. Wenn Sie Hilfe brauchen oder einfach mal einen Babysitter, dann rufen Sie mich an. Ich bin auf dem Mutterschiff immer für Sie erreichbar!”
Angy strahlte: „Das werde ich tun! Ich wünsche Ihnen alles Gute!”
„Danke!”
Der kleine Schirm wurde wieder schwarz, und Angy musste weinen. Sie weinte Freudentränen - noch nie war ihr jemand so schnell ans Herz gewachsen wie dieser Liam, und nun wusste er, was er mit seinem Leben anfangen wollte und das hatte einen großen Stein von Angys Herzen genommen.
Sie hörte nicht, dass Angis das Zimmer betrat.
„Hey, mein Schatz, warum weinst du denn?” fragte er leise.
Sie drehte sich zu ihm um und lächelte. Angis brauchte gar nicht zu fragen, er wusste direkt, dass sie mit Liam gesprochen hatte und offensichtlich hatten die beiden sich über die Zukunft geeinigt.
Ohne Worte nahm Angis sie in den Arm und drückte sie fest an sich.
„Ihm wird es gut ergehen und uns wird es auch gut gehen”, flüsterte er ihr ins Ohr und küsste sie auf die Wange.
„Ich weiß”, war die kaum hörbare Antwort von Angy.
Sie wusste genau, dass Liam sich richtig entschieden hatte, und das hatte sie auch. Sie hatte für die Zukunft den Mann gefunden, mit dem sie leben wollte, und er wollte das auch und nichts konnte dieses Glück jemals zerstören.
Ein Schnaufen von Julie ließ die beiden aufschrecken. Die Kleine rekelte sich in ihrem Kinderwagen und grinste, als Angy sie auf den Arm nahm.
Angy trug ihre kleine Tochter zum großen Fenster und blickte mit ihr hinaus. Angis kam ebenfalls zu ihr und legte den Arm um ihre Schulter, und sie lehnte sich bei ihm an.
Die Blicke der drei gingen in Richtung Himmel.

 
* * *
 

Auf dem Mutterschiff stand Liam vor dem großen Aussichtsfenster in seinem Quartier und blickte Richtung Erde. Er zuckte leicht zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte.
„Bist du dir über deine Entscheidung auch vollkommen sicher?” fragte die sanfte Stimme von Da'an.
Liam wandte sich langsam zu seinem geliebten Taelon um.
„Ich bin mir sogar sehr sicher, ich möchte mein Leben an deiner Seite verbringen, Da'an, und niemand kann mich von dir trennen!”
Da'an lächelte, es war schon lange her, dass er so glücklich gewesen war.
Liam war zurückgekehrt, er war zu ihm zurückgekehrt und das war alles, was für Da'an zählte.
Arm in Arm blickten sie aus dem Fenster direkt hinunter auf den kleinen, blauen Planeten.

 

ENDE

 

Zurück / Back

 

Zum Seitenanfang