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  „Aylin” von Shaila   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Ein genetisches Experiment der Taelons entwickelt sich vollkommen anderes, als es die Taelons erwarten
Zeitpunkt:  gegen Ende der dritten Staffel
Charaktere:  Ha'ar, Aylin, Liam, Da'an [Zo'or, Renée, Sandoval, Augur]
 

 

AYLIN

Kapitel 1

 

Es war still!
Kein Laut war zu vernehmen. Sie wusste nicht, wie lange diese Stille schon anhielt, aber sie war unheimlich.
Nichts war zu hören, keine Stimmen, keine Geräusche, nicht einmal das Schlagen ihres eigenen Herzens konnte sie hören.
Ihr Bewusstsein war gefangen in dieser Stille und es fand keinen Weg aus ihr heraus.

Plötzlich traten in ihrem ganzen Körper große Schmerzen auf und mit der Stille war es vorbei. Von einem Augenblick zum anderen schlugen Hunderte verschiedener Sinneswahrnehmungen auf sie ein.
Ihr Bewusstsein kehrte aus der Bewusstlosigkeit zurück in die Realität.
„Sie kommt wieder zu sich”, hörte sie eine Stimme aus weiter Entfernung. Die Stimme klang eigenartig, sie klang sehr ruhig und fast melodisch.
Dennoch hatte sie keine Ahnung, wer sie war, oder wo sie war.
Vorsichtig öffnete sie die Augen und blickte an eine seltsam aussehende Decke. Sie bestand aus einer Art lilafarbenem Geflecht, welches graziös durch den Raum lief.
Bei dem Versuch, den Kopf zu drehen, entbrannten neue Schmerzen in ihrem Körper und so stöhnte sie schmerzvoll auf.
Jemand kam auf sie zu und hielt ein seltsames Gerät über sie.
Derjenige war groß und blass, aber da ihr Blick von der Bewusstlosigkeit getrübt war, konnte sie nicht mehr erkennen.
Plötzlich spürte sie einen Stich, an ihrem Hals. Man hatte ihr etwas injiziert, aber was?
Langsam verschwanden die Schmerzen aus ihrem Körper und ihr Blick wurde wieder klar.
„Wie geht es dir?”, fragte die Stimme.
Sie wandte den Blick in die entsprechende Richtung und sah ein seltsames Wesen vor sich stehen. Es hatte die Statur eines Menschen, aber der Kopf war kahl und etwas höher als der eines Menschen. Die Augen des Wesens waren strahlend blau und am Körper trug es eine Art hautengen Anzug, der lila glänzte.
„Wie fühlst du dich?”, fragte das Wesen erneut, aber sie antwortete nicht.
Das Wesen gab den Versuch auf, mit ihr reden zu wollen, und verließ wenig später den Raum.
Jetzt erst wagte sie es aufzustehen und sich genauer umzusehen.

Sie saß auf einer hohen Liege, welche sich in der Mitte des Raumes befand. Es gab kein Fenster oder etwas ähnliches. Nur eine Art Computerterminal befand sich noch in dem Raum.
Langsam glitt sie von der Liege herunter und wanderte durch den Raum.
Als sie hinter der Liege die Wand streifte, öffnete sich ein Zugang zu einem weiteren Raum.
Dort lagen ein paar Kleidungsstücke, auf einer Kiste.

Neugierig schob sie die Kleidung beiseite und öffnete die Kiste. Seltsame Gegenstände befanden sich in ihr, Gegenstände, die sie irgendwoher kannte, aber ihr fiel nicht ein, woher sie diese Sachen kannte. Ihre Hände ergriffen einen Spiegel. Der Rahmen war mit Rosen verziert und nichts von den Dingen in der Kiste schien hier her zu gehören.
Weder die Kleidung, noch der Rest hatte Ähnlichkeit mit den Geräten dieser seltsamen Wesen.
Auch sie war anders, aber warum?
Sie hob den Spiegel hoch und blickte hinein. Das Gesicht eines jungen Mädchens erschien im Spiegel. Schulterlange, rote Haare, blaue Augen und ein paar Sommersprossen zierten den Anblick.
Sie stand auf und starrte immer noch auf den Spiegel, ein Außenstehender hätte sie höchstens auf 12 Jahre geschätzt.
Sie war ein Mensch, das wusste sie, aber woher wusste sie das nur. Wo war sie, wo waren ihre Eltern?

„Wie ich sehe, hast du deine Sachen bereits gefunden!”, ertönte eine Stimme hinter ihr.
Erschrocken fuhr das Mädchen herum und starrte den Störenfried verärgert an.
Wieder stand eines dieser anmutigen Wesen vor ihr.
„Taelon”, flüsterte sie plötzlich.
Scheinbar erfreut über dieses Wort lächelte das Wesen und legte sanft den Kopf zur Seite.
„Deine Erinnerungen kehren langsam zurück, das ist ein gutes Zeichen!”
„Für was?”, fragte das Mädchen verwirrt, ihre Stimme klang ganz zart und beinahe genau so melodisch wie die des Taelons.
„Mein Name ist Ha'ar”, stellte sich der Taelon vor.
„Was mache ich hier und wie komme ich überhaupt hier her?” bemerkte das Mädchen, ohne auf die Vorstellung des Taelons zu reagieren.
„Du wurdest schwer verletzt und hast sehr lange im Koma gelegen”, antwortete Ha'ar.
Ungläubig starrte das Mädchen ihn an.
„Wenn du mir nicht glaubst, dann sieh selbst”, meinte Ha'ar und aktivierte einen Datenstrom.
Er zeigte das Mädchen, welches dem Zeitindex nach lange bewusstlos dalag.
„Was ist mit mir geschehen?”
„Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten, man brachte dich in diesem Zustand zu mir und seitdem kümmere ich mich um dich.”
Wieder starrte das Mädchen den Taelon ungläubig an.
Sie wollte ihn noch etwas fragen, aber sie bekam einen Schwächeanfall und drohte zu stürzen. Der Taelon bewahrte das Mädchen vor dem Sturz und legte sie zurück auf die Liege.
„Ruh dich aus! Antworten werden bald folgen.”
Mit diesen Worten verlor sich das Bewusstsein des Mädchens wieder in einer tiefen Schwärze.

 
* * *
 

„Bericht”, kam es von Zo'or, als Ha'ar die Brücke betrat.
„Sie ist vor kurzem aufgewacht und hat Fragen gestellt, ich habe ihr das gesagt, was du wolltest, aber ich weiß nicht, ob sie es mir geglaubt hat. Jetzt schläft sie wieder!”
„Sie soll es ja auch nicht für immer glauben, sie soll dir nur vertrauen, damit wir sie unter Kontrolle halten können.”
„Ich weiß nicht, ob das überhaupt möglich ist, Zo'or! Sie ist zwar erst drei Erdenjahre alt, aber ihr Verstand ist wesentlich weiterentwickelt. Ohne die Drogen würde sie das auch wissen.”
„Du bist viel zu negativ, Ha'ar.”
Ha'ar legte den Kopf schief und sah Zo'or fragend an. Er mochte den jungen Taelon nicht besonders, aber er war der Führer der Synode und deshalb war es gefährlich, sich ihm in den Weg zu stellen.
„Wie darf ich das verstehen?”, fragte er schließlich.
„Es wird noch wenigstens ein weiteres Erdenjahr dauern, bis sie vollständig entwickelt ist, und bis dahin, kann man ihren Verstand leicht kontrollieren.” Bei diesen Worten lächelte Zo'or auf eine Art und Weise, die Ha'ar absolut nicht gefiel.
„Wie du meinst”, lautete seine Antwort und damit verließ er die Brücke wieder.

Im Gehen, blickte er noch einmal seinen Weg zur Brücke zurück. Er achtete nicht darauf, was vor ihm war, und stieß deshalb mit jemandem zusammen.
„Oh, tut mir leid, ich habe Sie nicht gesehen”, vor ihm stand ein junger Mann, in dessen Gesicht sich leichte Verlegenheit zeigte.
Kurz darauf erkannt Ha'ar den Mann und schüttelte leicht den Kopf.
„Das macht nichts, Major. Ich habe auch nicht aufgepasst, wo ich hin gehe. Sie müssen sich wohl wieder bei Zo'or melden”, beruhigte Ha'ar Liam Kincaid.
„Ja, er wünscht, dass ich ihm meinen letzten Bericht persönlich bringe, obwohl ich nicht verstehe, weshalb”, antwortete Liam und seine Erleichterung über Ha'ars Reaktion war ihm deutlich anzumerken.
„Dann gebe ich Ihnen den Tipp, verhalten Sie sich absolut korrekt. Zo'or scheint heute keinen Widerspruch zu dulden!”
Ein Lächeln zeigte sich auf Liams Gesicht: „Danke, ich werde Ihren Rat beherzigen.”
Nach diesen Worten setzten beide ihren Weg fort.

Liam fand Ha'ar sympathisch. Es war selten, dass ein Taelon so offen mit Menschen sprach. Diese Eigenschaft gefiel Liam.

Ha'ar seinerseits hatte sich über die kleine Begegnung mit Kincaid ebenfalls gefreut. Er war erst vor kurzem aus der Heimatgalaxie der Taelons zur Erde gekommen und hatte noch nicht sehr viel Kontakt mit Menschen.
Zwei Namen fielen unter den Taelons oft. Zum einen der Name Ronald Sandoval und zum anderen Liam Kincaid. Von Sandoval wusste Ha'ar, dass er der Beschützer von Zo'or war und für einen Menschen eine ziemlich hohe Befehlsgewalt hatte. Außerdem war er einer der ersten Implantanten und somit sehr erfahren.
Kincaid war Da'ans Beschützer, aber trug im Gegensatz zu allen anderen Beschützern kein CVI. Anfangs machte ihn das etwas misstrauisch, aber sein alter Freund Da'an hatte bestimmt seine Gründe, so zu handeln.
Auf jeden Fall war ihm der junge Major wesentlich sympathischer als der förmliche Sandoval, und irgendwie hatte Kincaid etwas Außergewöhnliches an sich, das Ha'ar zwar spürte, es aber nicht bestimmen konnte.

 
* * *
 

Seit Ha'ar auf dem Mutterschiff angekommen war, hatte er die Aufgabe, sich um das Mädchen zu kümmern. Zo'or hatte nicht viel dazu gesagt, nur dass es sich um ein wichtiges Projekt handeln würde.
Allerdings hatte Ha'ar genaue Anweisungen bekommen, wie er mit dem Mädchen verfahren sollte.
Er sollte ihr Vertrauen gewinnen und sie für die Taelons gefügig machen, aber diese Vorstellung missfiel Ha'ar sehr.
Er betrog die Menschen nicht gerne, er hasste es überhaupt jemandem etwas vorzuspielen, aber zum Wohle seines Volkes gehorchte er Zo'ors Befehl.

 
* * *
 

Zwei Monate später

Das Mädchen hatte inzwischen den Namen Aylin erhalten.
Auf Ha'ars Frage hin hatte sie diesen Namen selbst gewählt, weil sie glaubte, ihn zu kennen.

„Was machen wir heute?” Aylin war aufgeregt, als Ha'ar an diesem Morgen zu ihr kam.
Allerdings verflog die Freude in ihrer Stimme, als sie Ha'ars Gesichtsausdruck bemerkte. Obwohl die Taelons nicht sehr viel durch ihre Mimik ausdrückten, so hatte Aylin doch schnell gelernt die Körpersprache der Taelons zu verstehen.
„Stimmt etwas nicht?”, fragte sie besorgt.
Ha'ar schritt an ihr vorbei und setzte sich auf die Liege, er winkte sie zu sich und so hüpfte sie zu ihm auf die Liege und sah ihn erwartungsvoll an.
„Aylin, ich muss dir etwas sagen, was vielleicht nicht ganz leicht verständlich ist”, drückte Ha'ar sich um eine Antwort.
„Ich habe dir doch erzählt, du hättest nach einem Unfall im Koma gelegen und man hätte dich erst kurz vor deinem Erwachen zu mir gebracht!”
Aylin nickt, allerdings war ihr Gesichtsausdruck nicht gerade beruhigend.
„Nun, das entspricht nicht der Wahrheit... (er legte eine Pause ein)... Wie alt bist du?”
Aylin schüttelte den Kopf: „Na zwölf, das hast du mir gesagt und du hast mir Bilder von andern Zwölfjährigen gezeigt.”
„Nein, Aylin, du bist erst drei Erdenjahre alt und du hast auch nicht im Koma gelegen. Dir wurden Drogen gegeben, um deinen Verstand zu vernebeln, und deswegen hast du auch so wenig Erinnerungen. Ich habe in den letzten Monaten die Drogen verringert, um es dir zu ermöglichen klarer zu denken.”
Aylin blickte Ha'ar entsetzt an, dann lief ihr eine Träne über die Wange, weil sie erkannte, dass Ha'ar die Wahrheit sagte.
„Warum sagst du mir das ausgerechnet jetzt und warum hast du mir das überhaupt angetan?” Die Wut in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Ich hatte den Befehl, dein Vertrauen zu gewinnen, aber etwas in mir wehrt sich dagegen, andere zu belügen.”
„Aber du hast mich belogen!” Aylin schrie fast.
„Ja, das habe ich und es tut mir leid, aber wenn ich dich nicht sofort von hier fort bringe, dann lebst du wahrscheinlich nicht mehr lange.”
Erst jetzt beruhigte Aylin sich ein wenig und bedeutete Ha'ar fortzufahren.
„Ich bin deshalb heute gekommen, weil sie dich wegbringen wollen, und ich möchte verhindern, dass irgendwelche Experimente mit dir gemacht werden, solange du deine Fähigkeiten noch nicht kennst.”
„Fähigkeiten?” Aylin flüsterte jetzt.
„Ja, du bist deshalb erst drei Jahre alt, weil du ein Hybrid bist, Aylin. Ein Hybrid aus einem Menschen und einem Taelon, außerdem besitzt du einen weiteren DNS Strang, der den Taelons nur noch ein einziges mal zur Verfügung stand, weil die dazugehörige Rasse nicht mehr existiert.”
„Welche Rasse?”, wollte Aylin wissen, aber Ha'ar konnte ihr nicht mehr antworten, da sie plötzlich Stimmen hörten.
Ha'ar packte Aylin an der Hand und zog sie hinter sich her. Sie verschwanden durch einen geheimen Zugang, der wohl nicht für Aylins Augen bestimmt war.
Ein paar Freiwillige betraten unter der Führung von Sandoval Aylins Quartier.
Nachdem sie alles durchsucht hatten, meldete Sandoval Zo'or das Verschwinden des Mädchens.

„Riegeln Sie sofort das gesamte Schiff ab, niemand kommt hier herauf und niemand verlässt das Schiff!”, befahl Zo'or.
Im gleichen Moment hatte Ha'ar mit Aylin ein ID-Portal erreicht.
„Ohne die Drogen wird dein gesamtes Wissen bald wiederkehren, dann wirst du wissen, wie du dich dort unten verhalten musst.
Eins noch”, er holte etwas aus einer kleinen Tasche in seinem Anzug hervor, „von diesem Mittel musst du dir noch drei Monate lang, regelmäßig eine minimale Dosis verabreichen. Dein Körper braucht es.” Bei diesen Worten drückte Ha'ar ihr zwei Phiolen in die Hand.
Aylin sah Ha'ar verblüfft an, sie sah, dass er sich wirklich Sorgen um sie machte, und deshalb wollte sie ihm verzeihen und ihn nach seinen Gründen fragen ihr zu helfen, aber da wurde sie schon von der Energie des Portals erfasst.
Kurze Zeit später fand sie sich in einer Stadt wieder. Hochhäuser ragten in den Himmel und Menschen liefen überall umher.
Vorsichtig entfernte sie sich vom Portal und verschwand in einer Seitenstraße.

 
* * *
 

„Wie zum Teufel konnte sie entkommen”, fauchte Zo'or Sandoval an.
Der Agent verlagerte sein Gewicht vom einen auf das andere Bein, da er Zo'or absolut keine Erklärung geben konnte.
„Ich weiß nicht, wie sie entkommen konnte. Wir kamen zu ihrem Quartier und sie war einfach nicht mehr da!”
Zo'or wollte noch etwas hinzufügen, als Ha'ar die Brücke betrat. Sofort wandte Zo'or sich von Sandoval ab und blickt Ha'ar an:
„Du weißt nicht zufällig, wie deine Patientin entkommen konnte!”
„Weshalb, ist sie etwa weg?”, fragte Ha'ar ganz unschuldig.
Überrascht sah Zo'or Ha'ar an: „Aylin, wie du sie nennst, ist verschwunden und sie befindet sich nicht mehr auf dem Mutterschiff, sonst hätten wir sie schon längst gefunden.”
Wieder stellte Ha'ar sich unwissend: „Dann sollten deine Leute sie schnell finden, wenn die Drogen nachlassen und ihr Verstand sich aufklart, dann wird es schwierig werden, sie wieder unter Kontrolle zu bringen.” Der Ernst in Ha'ars Stimme schien Zo'or davon zu überzeugen, dass er mit der Flucht nichts zu tun hatte, denn er wandte sich wieder an Sandoval und gab ihm Instruktionen für die Suche nach Aylin.

 
* * *
 

Los Angeles

Ha'ar hatte recht behalten. Jetzt da sie keine Drogen mehr zugeführt bekam, hatte sich ihre Denkweise verändert. Sie verstand jetzt, was mit ihr geschehen war, wie alt sie war, und sie lernte schnell, wie sie sich auf der Erde verhalten musste, um nicht aufzufallen.
Aylin schlenderte durch die Sonne und beobachtete das Meer, es war schon fast Abend und so beschloss sie sich den Sonnenuntergang anzusehen.
Die Sonne war schon fast komplett verschwunden, als Aylin sich auf den Weg zurück in die Stadt machte.
In einer Seitenstraße stellte sich ihr plötzlich ein Mann in den Weg. Er trug eine schwarze Lederjacke und eine zerrissene Jeans.
„Na, wo willst du denn um diese Zeit noch hin, meine Kleine?”
Aylin antwortete nicht, sondern lief weiter, aber er stellte sich ihr wieder in den Weg.
„Kannst du nicht antworteten, wenn man dich etwas fragt?”
Wieder wollte Aylin an ihm vorbei, aber wieder ließ der Mann es nicht zu.
Diesmal packte er sie am Arm: „Du Rotzgöre hältst dich wohl für etwas besonderes, mal sehen, ob du immer noch so denkst, wenn du ohne Geld nach Hause musst.”
Grob stieß er Aylin zu Boden, als er gerade ihre Hosentaschen durchsuchen wollte, schrie sie ihn wütend an: „Nehmen Sie ihre Hände von mir weg!”
„Na sieh mal einer an, die Kleine kann ja doch sprechen, aber jetzt halt die Klappe und rück deine Wertsachen raus.”
„Ich habe keine Wertsachen und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.”
„Oh, das glaube ich dir nicht.” Mit diesen Worten griff er wieder nach Aylin, aber diesmal riss sie ihre Hände hoch um ihn abzuwehren.
Plötzlich wurde der Mann von einer Energieentladung getroffen und durch die Gasse geschleudert. Vorsichtig öffnete Aylin ihre geschlossenen Augen und starrte auf ihre Hände. Sie hatten begonnen hell zu leuchten und setzten eine unglaubliche Energie frei, dann versiegte das Glühen und zurück blieb ein großes Hitzegefühl in ihren Händen.
Erst jetzt sah sie auf und entdeckte den Mann, der nun regungslos ein paar Meter von ihr entfernt lag.
Langsam näherte sie sich ihm, er blutete am Hinterkopf und war nicht mehr bei Bewusstsein.
Erschrocken machte Aylin auf dem Absatz kehrt und rannte weg.
So schnell sie ihre Beine trugen, rannte sie durch die Straßen. Bei einer Portalstation angekommen, drückte sie irgendwelche Koordinaten ein und ließ sich von der Energie davon tragen.

 
* * *
 

Ha'ar war schritt langsam durch die Gänge der Washingtoner Botschaft. Er brauchte Hilfe bei der Suche nach Aylin und der einzige, den er um Hilfe bitten konnte, war sein alter Freund Da'an.
Kurz vor Da'ans Büro blieb er stehen, er hörte Stimmen. Die eine Stimme gehörte Da'an, ihn würde er unter Tausenden von Stimmen noch erkenne. Die andere Stimme konnte er nicht ganz zu ordnen, aber er schätze sie mal auf Major Kincaid.
Ha'ar behielt recht, denn beim Betreten des Büros sah er den jungen Mann an einem Schreibtisch, gegenüber von Da'ans Stuhl.
„Ha'ar, ich freue mich dich zu sehen!” Da'an war aufgestanden und kam Ha'ar entgegen.
„Ich freu mich auch, dich wiederzusehen”, antwortete Ha'ar und führte den Taelongruß aus.
„Was führt dich zu mir?” Das mochte Ha'ar an Da'an, er redete nie sehr lange um die Dinge herum und so fiel es auch Ha'ar leichter, die richtigen Worte zu finden.
„Ich hätte dich ja schon früher aufgesucht, aber ich war beschäftigt.”
„Ja, mit einem Projekt von Zo'or, soweit ich weiß.” Ha'ar war über die Bitterkeit überrascht, die in diesen Worten mitschwang, aber er sagte nichts.
„Ja, es war ein Projekt für Zo'or, aber ich hätte es besser nicht durchgeführt.” Nun sah Da'an seinen alten Freund überrascht an.
„Da'an, was hältst du von den Menschen?”
Bei diesen Worten wurde Liam hinter seinem Tisch hellhörig, aber er arbeitete weiter, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ihn interessierte es sehr stark, was Da'an antworten würde, immerhin hatten sie beide es nach langem endlich geschafft, ihre Differenzen beizulegen, welche seit Da'ans Verrat immer wieder aufgetreten waren. Lange Zeit hatte Liam mit sich gekämpft und auch Da'an kostete es einiges an Überwindung, aber sie hatten es geschafft, wieder auf einer Basis miteinander zu reden, ohne jedes mal gleich in Streit zu geraten.
Und Liam wollte keinen Grund serviert bekommen, der diese Basis wieder zerstörte.
„Ich bin der Ansicht, dass die Menschen unsere gleichgestellten Verbündeten sein sollten und nicht unsere Sklaven, wie Zo'or es am liebsten hätte.”
Jetzt hielt Liam in seiner Arbeit inne, Da'an hatte bewusst das Wort „Sklaven” erwähnt, aber da Ha'ar Da'an zustimmte, musste er wohl auch eher ein Gegner von Zo'or sein.
Wenn Liam Ha'ar ansah, dann bemerkte er eine gewisse Ähnlichkeit zu Da'an. Ha'ar und Da'an waren gleichgroß und sogar ihre Körpersprache ähnelte einander sehr, dass einzige, was Ha'ar deutlich von Da'an unterschied, waren seine Stimme und seine Gesichtszüge. Ha'ars Stimme war etwas dunkler als Da'ans und seine Gesichtszüge waren etwas markanter und nicht so fein wie bei Da'an.
„So sehe ich das auch, und genau deshalb brauche ich auch deine Hilfe.”
Da'an nickte und wandte sich dann plötzlich an Liam.
„Major, würden Sie uns bitte für einen Moment allein lassen, aber bleiben Sie bitte in der Botschaft, ich brauche ihre Dienste vielleicht später noch!”
„Natürlich Da'an”, antwortete Liam und verließ lautlos das Büro.
„Warum trägt dein Beschützer eigentlich kein CVI?”, fragte Ha'ar beiläufig.
„Liam ist etwas besonderes und deshalb empfand ich es nicht als notwendig ihn zu implantieren.” Ha'ar gab sich vorerst mit dieser Antwort zufrieden und folgte Da'an zu dessen Stuhl.
„Für was benötigst du nun meine Hilfe, Ha'ar?”
„Wie du weißt, bin ich erst vor vier Monaten auf dem Mutterschiff eingetroffen”, Da'an nickte, „und kurz nach meiner Ankunft rief Zo'or mich zu sich. Er übergab mir die Aufsicht über ein Projekt, welches mit der Erschaffung von Taelon-Mensch-Hybriden zu tun hat.”
Überrascht sah Da'an auf. Seit wann hatte Zo'or diesbezüglich ein eigenes Projekt? Das letzte Mal, als dieses Thema zur Sprache gekommen war, war nach der Entdeckung der Hartley Kinder, aber er ließ Ha'ar weitersprechen.
„Ich bekam die Aufgabe, mich um eine junge Hybridin zu kümmern. Sie ist erst drei Erdenjahre alt, doch besitzt bereits das Erscheinungsbild eines zwölfjährigen Menschen. Ihre Nervenbahnen haben sich mit unglaublicher Geschwindigkeit gebildet und deshalb ist ihr Verstand schon wesentlich weiterentwickelt, als er es sein sollte, und nun ist sie verschwunden.”
Da'an winkelte den Kopf leicht an: „Und nun möchtest du, dass ich dir bei der Suche helfe, da sie nicht Zo'or in die Hände fallen soll.”
„Das ist richtig.”
„Dann verstehe ich nur eine Sache nicht.” Jetzt sah Ha'ar Da'an überrascht an.
„Wenn sie ein Mensch-Taelon-Hybrid und erst drei Jahre alt ist, wieso ist ihr Verstand dann schon soweit. Ich selbst habe Erfahrungen mit dieser Art von Hybriden und sie haben sich jedes Mal in menschlicher Geschwindigkeit entwickelt, sowohl Körper, als auch Geist!”
Ha'ar wandte kurz den Blick von Da'an ab und schloss für ein paar Sekunden die Augen, bevor er Da'an antwortete: „Das habe ich mich auch gefragt und ich habe die Antwort nach langem Suchen gefunden. Aylin besitzt nicht nur menschliche DNS und Taelon-Energie.”
Erwartungsvoll bedeutete Da'an Ha'ar, er solle fortfahren.
„Ihrem DNS Strang wurde ein weiterer Strang hinzugefügt, von einer Rasse, welche nicht länger existiert.”
„Welche Rasse?”, hackte Da'an nach.
„Von den Kimera”, antwortete Ha'ar.
„Wie ist das möglich, es wurden nie irgendwelche DNS Proben von ihnen aufbewahrt!”, stellte Da'an überrascht fest.
„Offensichtlich doch, ich weiß nicht, woher Zo'or die Probe hatte, aber ich versichere dir, dass es die Signatur eines Kimera ist. Daher wahrscheinlich auch ihre schnelle Entwicklung.”
Da'an war sich sogar sehr sicher, dass sie sich deshalb so schnell entwickelt hatte, aber er konnte Ha'ar ja nicht einfach auf die Nase binden, woher er sich darüber so sicher sein konnte, oder vielleicht doch?
„Ich werde dir helfen, Ha'ar, und ich bin mir ziemlich sicher, dass uns Major Kincaid auch nach Kräften bei der Suche unterstützen wird.”
„Ich dachte mir schon, dass du deinem menschlichen Beschützer diese Aufgabe übertragen würdest, und ich möchte dich bitten, es nicht zu tun.”
„Warum nicht?”
„Er ist zwar dein Beschützer, aber was würde ihn daran hindern, zu Zo'or zu gehen und ihm die gleichen Informationen zu geben, die er auch dir gibt?”
Nun lächelte Da'an. Ha'ar konnte ja nicht wissen, dass Liam der letzte Mensch auf der Erde war, der Zo'or freiwillig irgendwelche Informationen geben würde.
„Dann muss ich dir etwas über Major Kincaid sagen, aber du musst mir versprechen, dass es ein absolutes Geheimnis bleibt!”
Jetzt war Ha'ars Gesichtsausdruck nicht zu deuten.
„Für wie alt würdest du Liam schätzen?”
Ha'ar verzog das Gesicht, er wusste nicht, was diese Frage mit dem Thema zu tun haben sollte, aber er tat Da'an den Gefallen und gab seine Schätzung, auf Anfang dreißig, ab.
„Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass Liam in Wirklichkeit gerade mal zwei Erdenjahre alt ist!”
„Wie darf ich das verstehen Da'an?” Ha'ar war über diese Aussage verwirrt.
„Liam Kincaid ist zu 70% ein Mensch, zu den anderen 30% ist er ein Kimera!”
Entsetzt trat Ha'ar ein Stück zurück. Er hatte auf dem Mutterschiff etwas Außergewöhnliches an Liam gespürt, aber das hätte er nicht erwartet. Und warum wusste kein anderer Taelon darüber Bescheid?
„Ich nehme mal an, du hattest deine Gründe, es niemandem zu sagen.”
„Die hatte ich allerdings. Liam hat mir mit seinen Fähigkeiten mehr als einmal das Leben gerettet. Jetzt sag mir bitte, was geschehen wäre, wenn ich Zo'or über seine Identität informiert hätte!”
Ha'ar verstand diese Anspielung, er mochte die Menschen. Schon, bevor er aufs Mutterschiff gekommen war, hatte er sich mit all ihren Daten auseinander gesetzt und er fand sie faszinierend. Hätte jemand wie Zo'or von einem derartigen Hybriden erfahren, so hätte dieser Hybrid mit Sicherheit seine Freiheit oder sogar sein Leben verloren.
Er gab Da'an sein Versprechen, es für sich zu behalten, außerdem war er selbst von der Möglichkeit fasziniert, mit einem Kimera-Mensch-Mischling zu arbeiten.

 
* * *
 

Irgendwo in New York

Aylin stolperte durch die Straßen. Sie weinte! Die Ereignisse mit dem Mann hatten sie doch sehr mitgenommen.
Sie steckte die Hände in die Taschen und schrie kurz auf. Sofort riss sie die Hände wieder aus den Taschen. An der rechten Hand hatte sie sich geschnitten. Vorsichtig tastete sie wieder in die Tasche und zog die zerbrochenen Phiolen heraus.
Sie mussten bei dem Sturz zerbrochen sein und der Inhalt befand sich mehr oder weniger in ihrer Tasche. Es war ein feines Pulver, welches von der kleinsten Brise davon geweht wurde.
Sie ließ die Phiolen fallen und schüttelte ihre Tasche aus.
Ha'ar hatte gesagt, sie würde es brauchen, jetzt konnte sie nur hoffen, dass es nicht allzu wichtig war.
Sie lief weiter und blieb vor einem alten Haus stehen, das abrissreif war. Nach kurzem Suchen hatte sie einen Weg hinein gefunden.
Im oberen Stockwerk fand sie eine leerstehende, aber noch voll eingerichtete Wohnung vor.
Schnell hatte sie die Tür geschlossen und einen Stuhl unter die Klinke geschoben. Es war alles ziemlich unordentlich, aber nachdem sie ihre Wunde gesäubert hatte, machte sie sich daran etwas aufzuräumen.

 
* * *
 

Mutterschiff

„Freiwilligen-Trupps gehen derzeit allen Spuren nach. Der bis jetzt beste Anhaltspunkt war das Auffinden einer Leiche. Laut der Gerichtsmedizin wurde der Mann von einer starken Energieentladung getroffen, die letztendlich auch zu seinem Tod führte. Allerdings konnte die Art der Energie nicht ermittelt werden.”
Sandoval hatte versucht, Zo'or diesen Kurzbericht so positiv wie möglich zu vermitteln, aber der Führer der Synode gab sich nie mit Zwischenbilanzen zufrieden.
„Konnten Sie denn heraus finden, woher die Energie stammte?”, fragte er in einem ungewöhnlich ruhigen Tonfall.
„Ja, Zo'or. Die Restsignatur der Energie weist eindeutig eine Taelonstruktur auf, zusammen mit einer menschlichen DNS und einer weiteren Energie, die wir bis jetzt nicht identifizieren konnten.”
„Gut, sie ist es! Befragen Sie alle Menschen, die etwas gesehen haben könnten, und bringen Sie sie endlich zurück, Agent Sandoval. Ich will Resultate sehen und keine Ausflüchte mehr hören!” Mit diesen Worten entließ Zo'or Sandoval, welcher auch sofort davon eilte.

Sandoval kontaktierte Kincaid und befahl ihm an der Suche nach einer verschwundenen Testperson teilzunehmen. Er schickte ihm die Einzelheiten über das Global und wartete auf die Bestätigung des Majors.

 
* * *
 

Washington

Nicht gerade erfreut über den neuen Auftrag schob Liam das Global zusammen. Er war heute morgen in die Botschaft gekommen und hatte auf seinem Schreibtisch eine Menge Papierkram vorgefunden, den es zu bewältigen galt, also hatte er sich schnell an die Bearbeitung des Papierberges gemacht.
Trotzdem war der Tag bis jetzt sehr gut gewesen, er hatte seit langem mal wieder mit Da'an ein normales Gespräch geführt und das hatte ihm sehr gut getan. Und jetzt musste er wieder für Sandoval durch die Gegend flitzen.

Als er Da'ans Büro betrat, hielten die beiden Taelons in ihrem Gespräch inne.
„Gibt es etwas Dringendes, Major?”
Liam errötete ein wenig, immerhin hatte er die Beiden in einem privaten Gespräch unterbrochen, aber er wollte Da'an so schnell wie möglich von dem neuen Befehl unterrichten.
„Agent Sandoval hat sich gerade bei mir gemeldet und hat mich zu einer Suchaktion herangezogen. Mit Ihrer Erlaubnis, wollte ich mich an die Arbeit machen”, antwortete Liam schließlich.
Da'an freute sich über den freundlichen Tonfall, den Liam ihm gegenüber wieder benutzte, aber er antwortete nicht direkt auf seine Frage: „Um was für eine Suchaktion handelt es sich denn?”
Liam zuckte mit den Schultern: „Das hat Sandoval nicht gesagt, er meinte nur, es ging um eine entflohene Person vom Mutterschiff!”
Da'an war es nicht entgangen, dass Ha'ar Liam mit einem neuen Interesse beobachtete. Liam selbst schien es noch nicht bemerkt zu haben. Als Ha'ar Da'ans Blick bemerkte, sahen die Beiden sich für eine Minute an.
Liam hatte das Gefühl, als würden sie geistig darüber beraten, wie sie jetzt vorgehen würden.
Schließlich nickten die Beiden und Ha'ar wandte sich an Liam:
„Die Person, die Sie suchen sollen, ist ein kleines Mädchen. Ihr Erscheinungsbild gleicht dem einer Zwölfjährigen.”
Da'an lächelte innerlich, als er sah, wie Liam die Kinnlade herunter klappte.
„Erscheinungsbild?”, brachte er schließlich hervor.
„Ja, Major. In Wirklichkeit ist dieses Mädchen erst drei Jahre alt, aber das Zusammenwirken von drei verschiedenen Spezies begünstigte eine derartige Entwicklung!”
„Welche Spezies?”
„Das Mädchen ist ein Hybrid aus Taelon und Mensch, allerdings besitzt sie einen winzigen Anteil von den...” Ha'ar stoppte im Satz und blickt hilfesuchend zu Da'an.
Dieser beendete für ihn den Satz: „Der geringere Anteil stammt von einem Kimera, Liam!”
Jetzt hätte sich wahrscheinlich jeder über Liams Gesicht kaputt gelacht, aber in Liams Kopf überschlugen sich die Empfindungen.
„Sie können Ihre Meinung dazu offen äußern, Major.”
„Die Kimera sind eine ausgestorbene Rasse, also wie kann dieses Mädchen einen Teil davon in sich tragen?”
Ha'ar war beeindruckt, Liam drückte sich sehr geschickt aus. Hätte Da'an ihm nicht etwas über Liams Identität erzählt, dann wäre er nie darauf gekommen, dass Liam auch ein Kimeramischling war.
„Das wissen wir auch nicht. Ha'ar vermutet, dass die Probe wohl irgendwo gelagert wurde. Zo'or muss sie zufällig entdeckt und dann für sein Projekt benutzt haben. Deshalb sein Sie auf der Suche nach dem Mädchen bitte vorsichtig und versuchen Sie, sie zuerst finden, und bringen Sie sie dann bitte zu mir in die Botschaft.”
Nach diesen Worten holte Liam seinen Mantel und verließ das Büro.
„Warum hast du ihm nicht gesagt, dass ich jetzt über ihn Bescheid weiß!”, bemerkte Ha'ar neugierig.
„Ich hätte Liams Freundschaft beinahe verloren, weil ich ihn einmal verraten habe. Es war ein harter Weg, dass er sein Vertrauen in mich wiedergefunden hat. Außerdem ist er ja selbst noch ein Kind und ich möchte nicht, dass er sich den ganzen Tag darüber den Kopf zerbricht, was du mit diesen Informationen machen könntest.”
„Ich verstehe. Dann wollen wir mal hoffen, dass Liam Aylin schneller findet als Agent Sandoval!”
Da'an nickte zustimmend und warf dann einen Blick zum Fenster. Es war mittlerweile sehr spät geworden, aber die Lichter der Stadt leuchteten wie Sterne, und so genossen Da'an und Ha'ar die Aussicht.

 
* * *
 

Kaum hatte Liam die Botschaft verlassen, machte er sich auf den Weg zu Renée. Sie würde ihn bei der Suche sicher unterstützen und das konnte für ihn nur von Vorteil sein.
„Liam, wie geht es Ihnen?”, begrüßte ihn Renée, als Liam ihr Büro betrat.
„Oh, mir geht es soweit sehr gut, aber jetzt raten Sie mal, was mein neuer Auftrag ist!”
„Sind Sie für Da'an oder Sandoval unterwegs?”
„Sandoval!”
„So also Sandoval,...”, Renée legte kurz etwas den Kopf zur Seite, „…mhm, ich habe keine Idee, es sei denn, es hängt mit den jüngsten Ereignissen auf dem Mutterschiff zusammen”, antwortete sie geheimnisvoll.
Liam hob überrascht eine Augenbraue. „Was wissen Sie?”
Renée zuckte mit den Schultern: „Leider nicht viel. Ich hatte gerade ein Gespräch mit Zo'or, als dieser es plötzlich abbrach und sich seither nicht mehr gemeldet hat, also muss da oben ja irgend etwas passiert sein, oder?”
Liam lächelte, nur allzu oft bewunderte er Renées Scharfsinn, aber wenigstens war er ihr diesmal einen, wenn auch nur kleinen, Schritt voraus.
„Eine Testperson der Taelons ist vom Mutterschiff geflüchtet, und nun haben alle Companionbeschützer den Befehl erhalten, nach dieser Person zu suchen!”
Neugierig blickte Renée zu Liam und bedeutete ihn fortzufahren.
„Soweit ich weiß, ist die Person, die gesucht werden soll, ein junges Mädchen im Alter von 12 Jahren”, Renées Blick, bei diesen Worten ließ sich nicht deuten, sie schien sowohl überrascht, als auch entsetzt zu sein, „und jetzt kommt's: Die Kleine ist ein Mensch-Taelon-Hybrid und besitzt noch einen zusätzlichen DNS-Strang!”
„Was für ein DNS-Strang?” Renée mochte es nicht, wenn Liam Information so bruchstückhaft preisgab. Manchmal war Liam selbst ein Rätsel für Renée, aber sie hatte sich daran gewöhnt.
„Der zusätzliche Strang stammt von den Kimera”, antwortete Liam nach ein paar Sekunden. In Renées Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wo hatte sie das Wort >Kimera< schon mal gehört! Plötzlich fiel es ihr ein, und sie starrte Liam an.
„Sie haben mir doch einmal erzählt, Sie wären zum Teil ein Kimera!”
Liam nickte. Er stand auf und ging zum Fenster. Von Renées Büro aus hatte man eine sehr gute Sicht über die Stadt, aber im Augenblick genoss Liam nicht die Aussicht, im Gegenteil, er versuchte die Hoffnungen und Empfindungen in seinem Kopf zu ordnen. Es fiel ihm sehr schwer zu glauben, dass dieses Mädchen tatsächlich etwas von den Kimera in sich trug. Aber gleichzeitig entstand in ihm die Hoffnung, doch nicht der letzte der Kimera zu sein.
„Liam!”, holte ihn Renées Stimme aus seinen Gedanken zurück.
„Entschuldigung, haben Sie noch etwas gesagt?”, stotterte er verlegen.
Renée sah ihn etwas verärgert, aber dann verständnisvoll an.
„Ja, ich habe Sie gefragt, ob Sie das glauben und was Sie unternehmen wollen.”
„Ich weiß nicht so recht, ob ich es glauben soll, aber schon die Tatsache, dass die Kleine vor den Taelons geflohen ist, gibt mir einen Grund sie zu suchen, und genau das werde ich jetzt tun.” Bei diesen Worten wollte er Renées Büro verlassen, wurde aber von ihrer Stimme kurz zurückgehalten.
„Ich werde Ihnen helfen!”
Dankbar sah Liam Renée an und gemeinsam verließen sie den Gebäudekomplex von Doors International und machten sich auf den Weg zu Augur.

 

 

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