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  „Ka'ar'mash” von Ro'an   (Emailadresse siehe Autorenseite),   angefangen im Dezember 2001
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Zo'or hat eines von Da'ans längst aufgegebenen Experimenten aufgegriffen und eine Studentin gerät mitten hinein.
Zeitpunkt:  nicht definiert (wahrscheinlich habe ich alles durcheinander geworfen ;-) )
Charaktere:  Da'an, Zo'or, Mit'gai, T'than, Agent Sandoval, Liam, Anja O'Neill, Doktor Beagle
 

 

KA'AR'MASH

Kapitel 1

 


Washington, Botschaft des nordamerikanischen Companion

Friedvolle Stille umgab ihn und als er seinen Blick über die Landschaft schweifen ließ, waren alle Sorgen und Zweifel für einen Moment vergessen. Da'an genoss die wenigen Stunden des Tages, die ganz allein ihm gehörten. Er genoss den Anblick der untergehenden Sonne, wie sie alles in ein orange- und rosafarbenes Licht tauchte. Die Farbe des Himmels reichte von einem intensiven dunkelblau im Osten bis hin zu einem leuchtenden rotorange im Westen. Die ersten Sterne leuchteten am Firmament und die schmale Sichel des einzigen Erdenmondes strahlte so hell, wie schon lange nicht mehr.
Die Sonne war schon fast vollständig hinter dem Horizont verschwunden, als es zu schneien begann. Zuerst waren es nur ein paar kleine weiße Punkte, doch nach wenigen Minuten fielen dicke Flocken bedächtig aus einer einsamen großen Wolke über Washington.
Die Lichter der Stadt funkelten in der Dunkelheit und ein tiefes Gefühl von Frieden und Glück machte sich in dem Taelon breit, der mit einer Hand das virtuelle Glas berührte.


Erdorbit, Mutterschiff der Taelons

Es war ein äußerst anstrengender Tag gewesen, auch wenn T'than die meiste Zeit damit verbracht hatte, mit Zo'or zu streiten und Hinweise auf seine Unfähigkeit, weiterhin Führer der Synode zu bleiben, zu suchen. Verdammt, er war Kriegsminister und kein Babysitter! Aber wenn er Zo'or absetzen wollte, dann musste er wohl oder übel viel Zeit in dessen Nähe verbringen.
T'than ließ sich auf einem Stuhl in seinem privaten Raum nieder und aktivierte die Energiedusche. Er sollte sich zumindest jetzt anderen Dingen widmen, als sich über Zo'or aufzuregen. Also begann er, im Gemeinwesen nach Da'ans Anwesenheit zu suchen. Er war überrascht, als er den Geist des anderen Taelons spürte. Da'an schien so glücklich zu sein - und er reagierte nicht auf T'thans Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Der Kriegsminister war verwirrt, was machte Da'an gerade? Und warum ignorierte er ihn?


Washington, Wohnung einer Studentin

Erschöpft ließ sich Anja auf einen Sessel fallen und stützte ihren Kopf auf die Hände. Wenn diese Kopfschmerzen nicht bald aufhörten, würde sie noch verrückt. Das ging jetzt schon seit Wochen so. Der Arzt hatte Migräneattacken diagnostiziert, aber Anja wusste, dass es mit dem Unfall zusammenhängen musste. Die Schmerzen kamen unregelmäßig, aber in den letzten Tagen immer häufiger und heftiger - vor allem, wenn sich Anja in der Nähe elektrischer Felder aufhielt.
Alles hatte mit diesem Unfall begonnen... Es war ein ganz normaler Tag gewesen, bis Anja das Chemielabor der Uni betreten hatte. Sie wollte eine Freundin abholen, aber Sina war noch mit einem Experiment beschäftigt gewesen. Also gesellte Anja sich zu ihr und bot ihre Hilfe an. Fünf Sekunden später brach das Chaos aus. Anja wusste nicht mehr, warum, aber auf einmal hatte ein gleißend helles Licht den Raum erfüllt, dann detonierte etwas mit einem ohrenbetäubenden Knall. Das letzte, was sie wahrnahm, war eine unglaubliche Hitze und das Schrillen einer Alarmsirene, dann war alles dunkel.
Als sie wieder aufwachte, war eine Woche vergangen und die Ärzte teilten ihr mit, dass Sina tot war. Ihre eigenen Überlebenschancen waren sehr gering gewesen, nur das Angebot der Taelons, sie auf dem Mutterschiff zu behandeln, hatte sie retten können.
Anja konnte sich immer noch nicht erklären, wie es zu dem Unfall gekommen war und warum die Taelons ihr geholfen haben. Und das schlimmste war: Sie lebte und Sina war tot.
Erneut rollte eine Schmerzattacke durch ihren Kopf und konzentrierte sich hinter ihrer linken Schläfe.
Die Studentin hatte vor ein paar Tagen beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, aber im Krankenhaus konnte man ihr keine Auskunft über die Behandlung auf dem Mutterschiff geben. Die Namen der beteiligten menschlichen Ärzte waren niemandem bekannt. Vielleicht konnte ihr der nordamerikanische Companion weiterhelfen? Anja entschied sich, morgen zur Botschaft zu gehen und mit Da'an zu reden.


Erdorbit, Mutterschiff der Taelons

Schon bevor Mit'gai das Kommandodeck des Mutterschiffes betrat, konnte er Zo'ors Stimme hören. Wütend herrschte dieser seinen Beschützer an.
„Agent Sandoval, Sie wollen mir das doch nicht wirklich vorschlagen?”
„Aber Zo'or, der Vorschlag stammt doch gar nicht...”
„Sparen Sie sich Ihre jämmerlichen Erklärungsversuche! Machen Sie sich lieber nützlich und erledigen Sie Ihre Aufgaben!”
„Ja, Zo'or.” Der Agent verließ die Brücke, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Währenddessen wandte sich der Synodenführer Mit'gai zu.
„Ah, Mit'gai. Ich habe eine Aufgabe für dich.”
Der Heiler war näher an Zo'or herangetreten und hob sofort seine Hände in einer abwehrenden Geste. „Nein, Zo'or. Ich bin ein Heiler der Taelons und wenn du noch einmal von mir verlangen solltest, mit menschlichen Ärzten zusammenzuarbeiten und eine menschliche Frau zu heilen...” Mit'gai war aufgebracht. Er hatte sich nicht freiwillig mit diesem Experiment einverstanden erklärt und ihm war bei der ganzen Sache nicht wohl gewesen.
Zo'or lenkte sofort ein. „Nein, das wird in nächster Zeit wohl nicht nötig sein. Jedoch wird sich jemand um diese Frau kümmern müssen, der über den nötigen medizinischen Sachverstand verfügt. Und da du nun einmal...”
„Nein”, unterbrach Mit'gai den anderen Taelon entschieden und erntete dafür einen strafenden Blick. „Nein, ich werde mich nicht weiter auf diese Weise mit Menschen abgeben. Ich bin...”
„Ich weiß”, lächelte Zo'or, „ein Heiler der Taelons. - Und als ein solcher unterstehst du meinem Befehl.” Der letzte Satz klang überhaupt nicht mehr freundlich und machte Mit'gai klar, dass jeglicher Widerstand seinerseits zwecklos war.


Washington, Botschaft des nordamerikanischen Companion

„Haben Sie denn einen Termin?”
Natürlich hatte Anja keinen Termin. „Nein, den habe ich nicht. Aber könnte ich bitte trotzdem kurz mit Da'an sprechen?”
Die junge Frau blieb zwar freundlich, aber Anja merkte ihr an, dass sie sie am liebsten auf der Stelle rausgeworfen hätte. „Es tut mir leid, aber Da'an ist nicht da. Machen Sie einfach einen Termin aus, dann können Sie mit ihm reden. - Wäre Ihnen Mittwoch nächste Woche recht?”
„Entschuldigen Sie, aber es ist dringend. Ich kann nicht bis nächste Woche warten.”
Die Frau hinter dem Empfang wollte etwas erwidern, aber Anja hatte sich schon umgedreht und starrte den Companion an, der gerade in diesem Moment die Botschaft betrat.
„Da'an”, sprach sie ihn an, während sie ein paar Schritte auf den Taelon zuging, „kann ich bitte mit Ihnen reden?”
Der Angesprochene wollte gerade antworten, als sich Major Kincaid zwischen ihn und Anja schob. „Es tut mir leid, aber Da'an hat jetzt keine Zeit.”
Anja schaute den Mann mit den hochgegeelten Haaren verwirrt an. In diesem Moment piepte sein Global und Anjas Kopf schien vor Schmerzen förmlich zu explodieren. Sie taumelte ein paar Schritte in Richtung Da'an und wurde von seinem Beschützer aufgefangen, der erschrocken sein Global fallen gelassen hatte.
„Alles in Ordnung?” Liam klang ernsthaft besorgt.
‚Blöde Frage’, dachte Anja, ‚nichts ist in Ordnung, das sieht man doch!’ Laut sagte sie „Ja, danke. Es geht schon wieder.”
Der Mann streckte ihr seine Hand entgegen. „Liam Kincaid, Da'ans Beschützer.”
„Anja O'Neill.” Sie zögerte kurz. „Hat Da'an jetzt vielleicht Zeit für mich?” Etwas verlegen stellte sie fest, dass Da'an direkt neben ihr stand und sie schon die ganze Zeit angestarrt haben musste.
„Bitte, folgen Sie mir”, forderte der Taelon Anja und Liam auf und ging in sein Büro.


etwas später

„Und Sie meinen also, dass diese Umstände Schuld an Ihrem jetzigen Zustand sind?”, folgerte Da'an mit ruhiger Stimme.
Anja nickte. Sie wollte es sich zwar nicht eingestehen, aber Da'an faszinierte sie. Seine Art sich zu bewegen, seine sanfte und tiefe Stimme und vor allem seine strahlend blauen Augen...
„..Meinung nach unternehmen?” Da'an sah Anja fragend an, aber diese hatte allem Anschein nach überhaupt nicht zugehört.
„Entschuldigung, was haben Sie gesagt?”, fragte die Studentin etwas verlegen.
„Ich fragte, was ich Ihrer Meinung nach unternehmen soll? Denn Sie verfolgen doch sicherlich die Absicht, dass ich etwas unternehmen soll.”
„Nun ja, es wäre sehr nett, wenn Sie... Bis jetzt konnte mir niemand Auskunft über die zuständigen Ärzte geben. Und da auch ein Arzt der Taelons beteiligt war, dachte ich, Sie könnten mir vielleicht weiterhelfen.” Jetzt war es raus. Und wahrscheinlich würde sie auch gleich rausgeschmissen werden. Dieser Liam Kincaid schaute sie schon die ganze Zeit so seltsam an.
Da'an schwieg und sah Anja ganz unverwandt mit leicht schiefgelegtem Kopf an. Nach einer Weile sagte er „Ich werde sehen, was ich herausfinden kann.”
Nachdem Anja gegangen war, trat Liam an Da'an heran. Er war sichtlich überrascht. „Warum...” Irgendwie fehlten dem Mann die passenden Worte.
„Weil sie mir...”, der Taelon überlegte kurz, „sympathisch ist.”


Erdorbit, Mutterschiff der Taelons

Mit'gai legte das Reagenzglas mit der Probe zur Seite, die er gerade analysieren wollte, und drehte sich nun vollständig zu Da'an um. „Da'an, es ist nicht dein Projekt und ich darf dir nichts darüber erzählen. Auch wenn du noch eine halbe Stunde auf mich einredest, Zo'or hat höchste Geheimhaltung verlangt.”
Da'an horchte auf. „Zo'or? Es ist also Zo'ors Projekt?”
Der Heiler murmelte etwas vor sich hin, das einem inbrünstigen ‚Sha'bra’ ziemlich nahe kam. Dann erwiderte er „Ja, es ist Zo'ors Projekt.” ‚Und Zo'or wird mir den Kopf abreißen, wenn er erfährt, dass du etwas von mir darüber erfahren hast’, fügte er in Gedanken hinzu.
Der andere Taelon hegte bereits einen Verdacht, um welches Projekt es sich handeln könnte. Nach allem, was Anja ihm erzählt hatte, lag dieser Gedanke sogar ziemlich nahe. Trotzdem, er musste genaueres in Erfahrung bringen. „Mit'gai, bitte, es ist sehr wichtig für mich. Um welches Projekt handelt es sich?”, fragte er noch einmal mit eindringlicher Stimme.
Mit'gai war kurz davor, ihm alles zu erzählen. Zur Hölle mit Zo'or, um ein menschliches Sprichwort zu gebrauchen. Aber andererseits war Zo'or Führer der Synode und wenn ihm zu Ohren käme, dass Mit'gai absichtlich einen ausdrücklichen Befehl missachtet hat... Schließlich sagte Mit'gai „Da'an, ich werde jetzt eine Pause machen.” und mental fügte er hinzu „im Computer sind alle wichtigen Daten über das Projekt gespeichert.”
Da'an dankte dem Taelon-Heiler, öffnete einen Datenstrom und war zutiefst erschüttert, als er sah, an welchem Projekt Anja O'Neill beteiligt war. Geheimhaltung hin oder her, Da'an war kurz davor, umgehend auf das Kommandodeck zu stürmen und seinem Kind ordentlich die Meinung zu sagen. Dieser Gemütszustand hielt jedoch nur ungefähr fünf Sekunden an, nämlich solange, bis er daran dachte, dass nicht nur er selbst sondern vor allem Mit'gai in große Schwierigkeiten geraten würde. Also begnügte sich der Taelon damit, sämtliche Daten in den Computer seiner Botschaft zu transferieren und machte sich auf den Weg zu einem Portal.
Währenddessen hing er seinen Gedanken nach. ‚Zo'or hat schon viele meiner Projekte weitergeführt, aber das hier geht eindeutig zu weit. Das Projekt war nicht nur abgebrochen, es war aufgegeben, und zwar für immer.’


zur gleichen Zeit, Kommandodeck des Mutterschiffes

Zo'or saß auf seinem Kommandostuhl und ging der Aufgabe nach, die er am besten beherrschte: delegieren.
„Agent Sandoval, sorgen Sie dafür, dass alle nötigen Vorbereitungen für die Beta-Phase getroffen werden und informieren Sie Mit'gai.”
„Natürlich, Zo'or.”
„Und bringen Sie Anja O'Neill her.”
„Ja, Zo'or. - Dürfte ich vorschlagen, dass...”
Der Taelon unterbrach Sandoval sofort. „Nein, dürfen Sie nicht. Momentan besteht kein Bedarf an weiteren Vorschlägen Ihrerseits.”
Betreten verließ der Agent die Brücke. In letzter Zeit hatte Zo'or extrem schlechte Laune und scheuchte ihn nur noch durch die Gegend. Keine wirklich wichtigen Aufgaben, dafür aber viele Botengänge. Wozu gab es denn Freiwillige und andere niedriggestellte Implantanten?


Washington, Botschaft des nordamerikanischen Companion

Da'an saß vor dem holografischen Bildschirm in seinem Büro und machte sich mit den neuesten Daten des Projektes vertraut. Er hatte keine Ahnung, wie er Anja da raus holen sollte, aber er musste handeln. Er konnte nicht einfach nur dasitzen und zusehen, wie Zo'or - wieder einmal - eines seiner Projekte aufgriff. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wie Menschen sinnlos starben - und es würden viele Menschen sterben. Entweder, und das war die unwahrscheinlichere Variante, hatte Zo'or Erfolg und würde das Projekt ausdehnen, oder er hatte keinen Erfolg und würde trotzdem weitermachen.
Da'an leuchtete kurz blau auf. Er sollte sich lieber nicht vorstellen, wie dieses Projekt enden könnte...
„Da'an?” Liam hatte unbemerkt den Raum betreten und sah, wie der Taelon beinahe seine Fassade verlor. „Alles in Ordnung?”
Der Angesprochene drehte sich in seinem Stuhl halb herum. „Liam, bitte kontaktieren Sie Miss O'Neill. Vielleicht ist es das beste, wenn Sie sofort hierher kommt.”
Der Major nickte und zog sein Global aus einer Jackentasche. Nach einer Weile wurde sein Gesichtsausdruck deutlich besorgt, was dem Taelon natürlich nicht entging. Fragend schaute Da'an seinen Beschützer an.
„Sie meldet sich nicht.”
Da'an überlegte kurz, drehte sich dann wieder dem Bildschirm zu und öffnete den Datenstrom.
Liam war überrascht, Mit'gais Gesicht zu sehen, bekam aber keine Gelegenheit eine entsprechende Frage zu stellen.
„Mit'gai, ist sie auf dem Mutterschiff?” Da'an kam direkt zur Sache.
„Da'an, ich kann dir nicht weiterhelfen. Du solltest mir noch nicht einmal eine solche Frage stellen.” Der Heiler sah sich nervös um. Erst vor einer Minute war Agent Sandoval bei ihm gewesen.
„Mit'gai, das ist eine sehr ernste Angelegenheit.” Die Stimme des Companions verriet, wie wichtig ihm das ganze war. „Es geht hier nicht um dich, mich oder Zo'or. Wenn du mir nicht die Informationen gibst, die ich brauche, werden sehr viele Menschen sterben.”
Natürlich war das nicht die Art von Argumentation, mit der man Mit'gai beeindrucken konnte. „Du weißt, wie ich zu den Menschen stehe, Da'an. Und wenn ich wählen soll zwischen Loyalität gegenüber der Synode und dem Wohle einiger Menschen...”
„Mit'gai, wenn das Projekt Erfolg hat, dann werden die Jaridians früher hier sein, als wir denken.”
Dieses Argument, gekoppelt mit Da'ans Tonfall, war überzeugend. Mit'gai schwieg kurz, sah sich noch einmal in seinem Labor um und sagte dann „Ja, sie ist hier. Kurz nachdem du weg warst, hat Zo'or die Beta-Phase angeordnet. Ich soll mit Doktor Beagle zusammen das Implantat aktivieren.”
„Wann?”
„Morgen früh.”
Da'an unterbrach die Verbindung. Die Situation sah nicht sehr vielversprechend aus.
Ein Räuspern von Major Kincaid erinnerte den Taelon daran, dass er nicht allein war. Der fragende Blick des Menschen verlangte geradezu nach einer Erklärung.
„Liam, wir werden uns etwas einfallen lassen müssen. Auch wenn es mir widerstrebt, Zo'ors Projekt zu sabotieren, in diesem Fall wird uns nichts anderes übrig bleiben.”
„Halt.” Liams Stimme verriet sein Misstrauen. „Warum reden Sie von ‚wir’? Soll das etwa heißen, dass ich Sie dabei unterstützen soll?”
„Ja, so habe ich es mir gedacht.” Ein leichtes Lächeln umspielte Da'ans Züge.
Insgeheim freute sich Liam wie wild, dass er jetzt endlich Gelegenheit hatte, Zo'or so richtig eins auszuwischen. Und außerdem gab ihm Da'ans plötzlicher Wille, etwas zu unternehmen, neue Hoffnung. „Ich wüsste aber schon ganz gerne, worum es bei dieser ganzen Sache eigentlich geht. Sie machen doch nicht so einen Aufwand, nur weil eine Studentin ein paar mal zu oft Kopfschmerzen hat?” Dieser Kommentar sollte eigentlich witzig sein, aber Da'ans Gesichtsausdruck verriet Liam, dass er die Sache erstens so ziemlich auf den Punkt gebracht hatte und dass sie zweitens todernst war.
„Im Gegenteil, Liam, Miss O'Neill hat mich erst auf die Situation aufmerksam gemacht. Ihre Kopfschmerzen rühren von einem Implantat her, das ihr bei der Behandlung auf dem Mutterschiff eingesetzt wurde - und zwar im Rahmen des Ka'ar'mash-Projektes.”
„Was ist das für ein Projekt?”
„Das Ka'ar'mash-Projekt sollte ursprünglich dazu dienen, Menschen mit Implantaten auszustatten, die es ihnen ermöglichen, verschiedene Geräte, die auf Taelon-Technologie basieren, allein durch die Kraft ihrer Gedanken zu steuern. Diese Implantate hätte man dann in einer späteren Phase umprogrammieren können, so dass die Menschen quasi als Saboteure in den Krieg gegen die Jaridians hätten geschickt werden können.”
Liam war entsetzt. Doch bevor er etwas einwenden konnte, fuhr Da'an fort.
„Die Ka'ar'mash-Implantate waren jedoch nicht kompatibel mit dem menschlichen Gehirn und nach einigen Fehlschlägen wurde das Projekt beendet und für ineffizient erklärt.”
Liam war nicht entgangen, wie beharrlich Da'an bei der Beschreibung die ‚man-Form’ bewahrt hatte. Deshalb kam ihm auch sofort der Verdacht, dass dieses Projekt zu Beginn Da'ans Projekt gewesen war. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Ja, Liam”, meinte der Taelon mit echtem Bedauern in der Stimme, „es war mein Projekt gewesen.”
Der Mann konnte sich nicht helfen, er empfand seltsamerweise Mitleid für sein Gegenüber. Da'an hatte sich anscheinend geändert, und nun wurde er tagtäglich an seine Taten erinnert...


Erdorbit, Mutterschiff der Taelons

Mit'gai stand vor dem Bildschirm und starrte geradezu durch ihn hindurch. Zo'or hatte ihn zwar mit der Betreuung dieser Menschen-Frau beauftragt, aber er hatte ihm nicht mitgeteilt, worum es bei dem Test dieses Implantates wirklich ging. Nach einigen Augenblicken riss er sich förmlich los und wollte mit seiner Arbeit fortfahren. Mit'gai drehte sich um - und erstarrte im selben Augenblick zur Salzsäule. Zutiefst erschrocken blickte er in ein Gesicht, das wie so oft von einem leichten, etwas arroganten Grinsen beherrscht wurde.
„T'than...” brachte der Heiler mit Mühe hervor, „wie... lange stehst du schon hier?”
„Lange genug, Mit'gai”, war die vielsagende Antwort des Kriegsministers. „Aber wenn du dich sorgst, ich könnte Zo'or von deiner kleinen Verfehlung berichten, dann lass dich von mir beruhigen.”
„Was beabsichtigst du, T'than?” Mit'gai wusste genau, dass T'than die Situation schamlos ausnutzen würde.
„Ich möchte nur, dass du mir alle Informationen über dieses Projekt zur Verfügung stellst. Sollten mir diese Informationen dienlich sein, Beweismaterial gegen Zo'or zu finden, ist dir mein Dank gewiss.”
Mit'gai stand vor einer Wahl, die in Wahrheit keine war. Entweder zog er Zo'ors Zorn noch stärker auf sich, indem er auch noch T'than von dem Ka'ar'mash-Projekt berichtete, oder er weigerte sich und riskierte es dabei, T'than zu verärgern - beide Vorstellungen waren nicht besonders angenehm und die zweite Variante beinhaltete zusätzlich noch Zo'ors Unmut, da Mit'gai bereits Da'an geheime Informationen zugespielt hatte.
„Nun?” T'than wurde langsam ungeduldig.
Anstelle einer Antwort trat Mit'gai resignierend zur Seite und überließ dem anderen Taelon den Computer.
Mit'gai spielte mit dem Gedanken, vielleicht eine Versetzung in die Morova-Galaxie zu beantragen, und zwar möglichst noch bevor Zo'or herausfand, was er da gerade getan hatte. Es war schon schlimm genug, sich mit dem Trio Zo'or, T'than und Da'an auf einem Planeten - bzw. in seiner Umlaufbahn - zu befinden, aber wenn man dann noch in ihre Projekte und Streitigkeiten verwickelt war...


zur gleichen Zeit, irgendwo auf dem Mutterschiff

Agent Sandoval geleitete die Studentin durch die Gänge des Mutterschiffes.
„Sie werden heute Nacht zur Beobachtung hier bleiben. Morgen früh werden Sie dann in ein Labor auf der Erde begleitet. Die Untersuchungen dort sollen möglichen Nach- und Nebenwirkungen Ihrer Behandlung durch die Taelons vorbeugen.”
Anja nickte unsicher. Das ganze war ihr nicht geheuer. Aber Da'an wollte sich ja erkundigen, was hier vor sich ging und allein diese Tatsache ließ sie hoffen, dass sie diese Situation unbeschadet überstehen würde.


wenig später

Anja stand in Mit'gais Labor und schaute dem Taelon neugierig über die Schulter. Dieser war offensichtlich nicht sehr begeistert davon und fühlte sich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
„Könnten Sie sich bitte irgendwo hinsetzten?” fragte er in einem wenig freundlichen Tonfall.
„Aber ihre Arbeit interessiert mich. Vor allem, weil sie mit mir zu tun hat.”
Der Heiler murmelte etwas, und schnaubte verächtlich. „Menschen...”
„Es tut mir wirklich sehr leid”, verkündete Liam, der gerade den Raum betrat und Mühe hatte, ein Grinsen zu unterdrücken, „aber ich werde Ihre Patientin jetzt mitnehmen, Mit'gai.”
Ein erstaunter Blick des Taelons machte Liam klar, dass er Anja nicht freiwillig gehen lassen würde.
„Major Kincaid, ich nehme an, dass Sie in Da'ans Auftrag handeln. Also teilen Sie Da'an mit, dass ich eine Sabotage an diesem Projekt nicht...”
„Aber Mit'gai”, unterbrach Liam den Taelon. „Es wäre keine Sabotage und Sie hätten keine Schuld, wenn Ihre Patientin plötzlich beschließen würde, abzuhauen.” Mit einem Blick gab er Anja zu verstehen, dass sie ihm jetzt folgen sollte und beide verließen fluchtartig das Labor in Richtung Shuttle-Hangar.
„Major Kincaid, bleiben Sie sofort stehen!” rief Mit'gai, aber der Angesprochene dachte gar nicht daran. Intuitiv wollte der Heiler Alarm schlagen, aber sobald er Kincaid erwähnen würde, käme die Frage auf, woher dieser von Anja wusste. „Sha'bra!”


Washington, Botschaft des nordamerikanischen Companion

„Die wollen aus mir also so etwas wie eine wandelnde Fernbedienung machen?” schloss Anja nach Da'ans Ausführungen.
„Zumindest wollten sie das versuchen. Denn bis jetzt hat noch kein Mensch nach der Aktivierung eines KI länger als ein paar Stunden gelebt”, informierte Liam.
„KI?” Anja war verwirrt.
„Ist doch kürzer als Ka'ar'mash-Implantat”, rechtfertigte sich der Mann.
„Aber etwas ist mir noch unklar.” Die Studentin klang nachdenklich und auf die fragenden Blicke von Liam und Da'an hin fuhr sie fort. „Sie meinten, dass dieses Projekt geheim ist. Aber dafür waren relativ viele Taelons in dem Labor und haben sich nach dem neuesten Stand der Dinge erkundigt.”
„Wie viele?” wollte Da'an wissen.
„Na ja, erstens dieser Heiler... Mit'gai. Das ist ja nicht weiter ungewöhnlich. Dann kam Zo'or vorbei, so hat Mit'gai den Taelon zumindest genannt. Und nach einer Weile wollte sich noch einer Daten abholen, ich weiß nicht wie er heißt, aber er hatte einen seltsamen Gang drauf und trug so eine komische Schärpe...”
„T'than”, schlussfolgerte Da'an, wobei er den Hinweis mit dem seltsamen Gang geflissentlich überhörte.
„Aber woher weiß T'than davon?” meldete sich Da'ans Beschützer zu Wort. „Zo'or würde ihn doch niemals in seine Pläne einweihen.”
Darauf wusste keiner der Anwesenden eine Antwort und alle hüteten sich, Vermutungen anzustellen. Aber das war auch gar nicht nötig, weil genau in diesem Moment Liams Global piepte.
Anja zog sich sofort in den angrenzenden Raum zurück und entging damit einer erneuten Schmerzattacke.
„Major Kincaid”, stellte der Kriegsminister der Taelons fest. „Sie waren nicht zufällig vor einer Stunde auf dem Mutterschiff?”
Liam fing einen warnenden Blick von Da'an auf und beschloss, sich erst mal dumm zu stellen. „Warum fragen Sie mich das, T'than? Ist etwas geklaut worden?”
Der Gesichtsausdruck des Taelons verriet Liam, dass er diese Bemerkung gar nicht witzig fand.
„Ja, so in der Art. Mit'gai vermisst eine Patientin und ich vermute, dass sie sich bei Ihnen und Da'an befindet.”
„Wie kommen Sie denn auf die Idee?”
„Major, versuchen Sie nicht sich dümmer darzustellen, als Sie sind.” T'thans Laune näherte sich langsam aber sicher dem Siedepunkt. „Ist Anja O'Neill bei Ihnen oder nicht?”
Noch bevor Liam antworten konnte, nahm Da'an ihm das Global aus der Hand. „Ja T'than, sie ist hier. Ich weiß jedoch nicht, weshalb dich das interessiert.”
„Nun, Da'an, entweder bringst du sie zurück oder Zo'or wird äußerst ungehalten reagieren und sich eine andere Versuchsperson suchen müssen.”
Da'an wusste, dass T'than ihm nicht ernsthaft anriet, die Studentin zurück auf das Mutterschiff zu bringen und er wusste ebenfalls, dass Zo'or keinesfalls vom Kriegsminister erfahren würde, wer sie versteckt hielt. Jeden Moment würde er seine dritte Alternative offenbaren.
„- Wenn wir ihn nicht davon abhalten.”
‚So läuft also der Hase’, dachte Liam und war kaum überrascht, schließlich kannte er diese Spielchen schon zur Genüge. Was ihn jedoch überraschte, war Da'ans Antwort.
„Gut, ich werde mir deinen Vorschlag anhören, T'than.”
Fünf Minuten später wurde das Interdimensionsportal in Da'ans Botschaft aktiviert.

 

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