Startseite Aktuelles Update Geschichten Kategorien Bilder Forum - Der Baum Links Hilfe Kontakt
  „Die Letzten ihrer Art” von Obi-Wahn   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juni 2004
Alle hier vorkommenden Personen außer Gordon, Kathrin und Sarah Fereman, Ha'jel, Bo'on, Ru'sha, Ta'ki und He'ran gehören den Eigentümern von Mission Erde/Earth: Final Conflict. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis des Autors.
 
Handlung:  Die Jaridians kommen zur Erde.
Zeitpunkt:  gegen Ende der 3. Staffel
Charaktere:  Liam, Boone, Da'an, Zo'or, Gordon, Kathrin und Sarah Fereman und Ha'jel
 

 

DIE LETZTEN IHRER ART

Kapitel 3

 

Teil 1
 

Die Brücke des Mutterschiffs war voll, sehr voll. Alle wollten dabei sein, wenn Zo'or die historische Botschaft absendete und dabei hatte dieser schon vorher den Text gesprochen und musste ihn nur noch losschicken. Er war höchst diplomatisch formuliert und die Jaridians konnten ihn gar nicht missverstehen. Man wollte sich an der Frontlinie treffen und dort kurz einen Friedensvertrag aushandeln, der nicht mehr enthalten würde als: „Wir tun euch nichts und dann tut ihr uns auch nichts.” Die Jaridians würden den IDA bekommen und aus eigener Kraft die Erde erreichen.
Liam war unruhig. Nun würde sich zeigen, ob all seine Vorbereitungen und die der Kimera erfolgreich sein würden, nur musste er bis dahin noch einen Monat warten. Wer hatte auch behauptet, die Taelons und Jaridians wären schnell?
Zo'or blickte sich ein letztes Mal um und nickte dann.
Schwungvoll machte er eine Armbewegung - und es war vollbracht.
Jemand seufzte abgrundtief, und alle fuhren herum.
Es war der Vertreter des östlichen Abkommens, und er drückte aus, was alle waren - erleichtert.
Die Brücke leerte sich.
Nach einiger Zeit standen nur noch Liam, Sarah, die Feremans, Boone, Augur, Da'an und Zo'or dort. Der Computerspezialist war nicht ganz freiwillig dabei, denn Boone hatte ihn darum gebeten. Er wäre am liebsten gar nicht hergekommen, aber Sandoval war ja nicht da und konnte sich für seine Niederlagen nicht rächen. Da'an und Zo'or hatten ihm Amnestie versprochen.
„Wie müssen noch festlegen, wo auf der Erde der Versammlungsort sein soll”, überlegte Boone.
„Die einzelnen Staaten würden sich nie einigen, wo das sein sollte. Deswegen würde ich vorschlagen, das man mitten auf dem Atlantik eine künstliche Insel errichtet. Dort ist man auch sicher vor möglichen Anschlägen von Widerständlern.” Da'an schaute alle nach einander an und blieb bei Liam hängen.
„Ich werde dafür sorgen, dass keine Widerstandszelle mehr den Taelons schadet - oder werde es wenigstens versuchen”, versicherte dieser.
Alle standen noch kurz stumm beieinander. Dann drehte sich Da'an um und ging weg. Zo'or folgte ihm.
„Alles ist gesagt - sich jetzt zu verabschieden, hätte etwas Endgültiges an sich”, dachte Sarah.
Sie und die anderen wandten sich ebenfalls um und gingen langsam die Gänge des Mutterschiffes entlang.
„Ich möchte noch gern zu meinem Vater, Sandoval”, sagte Liam, als sie vor dem Portal standen.
Sarah bot ihm an, ihn zu begleiten, Augur allerdings schüttelte den Kopf.
„Ich denke, es bringt nichts, wenn ich jetzt mit komme. Ich werde später meine Sache mit Ron klären...”
„Er heißt für dich immer noch Sandoval”, brummte Liam.
„...und was ist mit dir, Will?”, beendete Augur seinen Satz.
„Ich denke, es ist besser für Liam, wenn er Sandoval allein sagt, wer er wirklich ist. Er muss ja nicht auch noch gleich verdauen, dass ich noch lebe”, grinste Boone. „Ich denke, ich komme noch kurz mit zu Augur und werde dann mal bei meiner Wohnung vorbei schauen. Augur, ich glaube, du hast meine ganzen Sachen, oder?”
Er drehte sich zu diesem um und sah einen etwas zerknirschten Hacker vor sich stehen.
„Ich habe vor einer Woche angefangen, die großen Möbel an Kinderheime zu verschenken. Sie zu verkaufen, hätte ich nicht übers Herz gebracht.”
William sah für eine Sekunde aus, als wolle er ihn gleich hinterher verschenken und zwar als Abendessen für hungrige Waisen, beruhigte sich dann aber wieder. „Ist ja nicht schlimm - sie waren sowieso schon uralt. Du kannst mir ja neue kaufen.”
Augur sah erleichtert aus.
Liam räusperte sich.” Wir sind dann schon mal weg, ja?”
Augur und William schauten sie verwundert an. Es machte ihnen Spass, sich wie früher zu kabbeln. Sie hatten so lange Zeit ohne einander auskommen müssen, dass sie erst jetzt merkten, dass sie sich wie zwei Brüder fühlten.
„Ja, klar. Wir rufen euch dann nachher an”, rief Boone und schon waren Sarah und Liam in der Interdimension verschwunden.
Kurz darauf folgten ihnen Boone und Augur.

 
* * *
 


Liam blickte sich um.
Irgendwie kam ihm das doch bekannt vor... Er war wieder in Measblack
„Ich freue mich, dich wieder hier begrüßen zu dürfen.”
Die Stimme kam ihm auch bekannt vor.
„Gordon!” Liam drehte sich um, und schon kam ihm sein Freund entgegen. „Wie geht's dir und Kathrin?”
„Och, ganz gut, Da'an und Zo'or haben uns sehr geholfen Bo'on zu beruhigen. Ich glaube, er war nicht so gut auf uns zu sprechen.” Gordon schaute immer wieder zu Sarah, und Liam lächelte.
Auch er würde gleich vielleicht einen Vater haben...
„Hallo, Gordon.” Sarah liess sich von ihrem „Vater” umarmen.
Liam räusperte sich. „Ich gehe schon mal voraus, ich möchte erst mal allein mit Sandoval reden.”
Der Touristenführer nickte. „Du weißt ja, wo der Transit ist. Du musst nur sagen, wo du hinwillst, und du kommst vielleicht an.”
Sarah sagte nichts, aber er spürte, dass sie es ebenfalls für besser hielt, dass er allein zu seinem genetischen Vater ging.
War Sandoval eigentlich wirklich sein Vater?
Der Mann, der im Namen der Taelons Menschen getötet und gequält hatte?
Ha'gel war sein Vater.
Aber auch Sandoval ist dein Erzeuger. Es sind auch seine Gene, die dich zu dem gemacht haben, was du jetzt bist.
Die Worte Ha'gels hallten in ihm nach.
Dauernd musste das Erbe seines Vaters ihn erinnern oder zurecht weisen. Seine Mutter, Sandoval und der Kimera waren in ihm, sie versuchten immer wieder, ihn zu beeinflussen und er musste aufpassen, dass er sich nicht verlor bei den ganzen Ratschlägen.
Kimera hatten ein fast vollständiges genetisches Gedächtnis, und das schloss auch seine Vorfahren ein. Es war wie ein kleines Gemeinwesen... Zum Glück waren nur seine Eltern „präsent”, denn noch mehr „Lärm” hätte er nicht vertragen können.
Er trat in den Transit und gab sein Ziel an: „Krankenstation.”
Eine dumpfe Computerstimme antwortete: „Bitte identifizieren Sie sich!”
„Liam Liam ”
„Willkommen im Measblack-Forschungskomplex. Als Companionbeschützer haben Sie die Sicherheitsstufe l-24-minus. Bitte tragen Sie Ihren Ausweis immer bei sich, er wird jetzt unten rechts ausgegeben. Sie können damit alle Einrichtungen nutzen, bis auf die Ebene l-25. Die Sicherheitsstufe beträgt dort l-25-plus. Sollten Sie innerhalb einer der Einrichtungen in Kontakt mit gefährlichen Stoffen kommen, melden Sie sich bitte sofort auf der Krankenstation...”
„Da will ich doch hin”, knurrte Liam. Er blickte sich um, wo man diese nervtötende Stimme abstellen konnte. Die anderen Mitfahrenden hörten wahrscheinlich gar nicht mehr hin. Da bemerkte er, dass neben jedem Platz ein Lautsprecher war - jeder hatte seine persönliche Nervensäge. Jetzt wollte sie von ihm, dass er Bekannte als Forscher oder Sicherheitspersonal anwerben sollte.
„...Jetzt erreichen wir die Krankenstation auf Level l-12. Vergewissern Sie sich, dass Sie keine Sachen im Zug liegen lassen. Mr. Ronald Sandoval liegt in Zimmer 46.”
Woher wusste der verdammte Computer, wo er hinwollte??? Er musste Augur unbedingt den Tipp geben, dass er sich mal ins Computernetzwerk von Measblack einhacken sollte. Oder er konnte auch einfach Da'an um einen Zugang bitten oder sogar Zo'or.
Liam grinste. Er ging durch mehrere Gänge, bis er vor der Tür mit der Aufschrift „Krankenzimmer 46” stand. Er klopfte an.
„Ja, herein”, erklang es von drinnen.
Liam holte tief Luft, drückte die Klinke herunter und trat ins Zimmer.
„Major, was tun Sie denn hier???”, Sandoval machte ein verblüfftes Gesicht mit Augen, mit so großen Augen, das Liam Angst bekam, sie gleich aufzusammeln zu müssen.
Er grinste.
Man konnte Special Agent Ronald Sandoval ja auch irgendwie verstehen - was wollte sein „Erzfeind” hier?
„Ich wollte mal sehen wie es Ihnen geht, Zo'or vermisst Sie schon.”
Musste er gleich schon wieder mit dem Beruf anfangen? Liam ärgerte sich.
Sandoval grinste auch, ein gutes Zeichen, er gab sich eine vermeintliche Schwäche.
„Natürlich vermisst er mich. Ich muss ja auch die ganze Arbeit machen, während er immer nur in seinem Thron sitzt und zuschaut.”
„Es wundert mich, wie Sie über Ihren Chef reden, wo Sie doch einen Motivationsimperativ haben...” Liam lächelte immer breiter.
Sandovals Lächeln gefror.
„Ich weiß schon länger, dass Ihr CVI eine ‚Fehlfunktion’ hat, Ronald.”
‚Ronald’ störte sich nicht an dieser vertraulichen Anrede, auch er benutzte jetzt den Vornamen seines Gegenübers.
„Und ich weiß schon länger, dass Sie wahrscheinlich für die Widerstandsbewegung arbeiten, Liam.”
„Ach ja? Und warum haben Sie nichts dagegen getan? Weil es Ihnen doch ganz gut in den Kram passte, dass Zo'or mit mir beschäftigt war und Sie in Ruhe Ihren eigen Plänen nachgehen konnten?”
Er erhielt keine Antwort. Er wechselte abrupt das Thema.
„Sie erinnern sich doch noch sicher an den Tag, an dem Ha'gel sein Unwesen getrieben hat.”
Ich habe kein ‚Unwesen’ getrieben!, maulte der Kimera in Liams Kopf. RUHE!
„Damals hat Ha'gel Ihre DNS benutzt, um hier auf der Erde zu leben.”
„Wie könnte ich das vergessen, es war schliesslich Winter”, murmelte Sandoval, der sich nur zu genau erinnerte, wie er damals zu sich gekommen war, nackt und ...
„Ms. Beckett wurde doch erst sehr viel später gefunden, oder? Mir ist bekannt, dass Sie mit ihr eine Beziehung hatten - das stimmt doch, nicht wahr?” Liam wollte, dass Sandoval selbst die kritischen Fragen stellte, aber dieser war ein harter Brocken.
Dieser blickte ihn so an, dass es selbst für ein Shaqarava keine Schande gewesen wäre.
„Woher wissen Sie das? Niemand außer Ms. Beckett und mir...” Ronald zischte fast.
„...Und Ha'gel - vergessen Sie nicht, er hat alle Ihre Erinnerungen, zum Beispiel an Ihren Hochzeitstag... War es schön so ganz allein mit Ihrer Frau unter Bäumen am Fluss?” Liam musste sich bremsen.
Er wollte letztendlich, dass Sandoval ihm vertraute.
Er hätte ihm sogar die Uhrzeit nennen können, - er konnte seine geerbten Erinnerungen zeitlich fast alle genau einordnen.
„Woher...? Was... Wer sind Sie?” Ronald bekam es sichtlich mit der Angst zu tun.
Er war nicht stark genug, seinen Skrill einzusetzen und er war allein mit Major Liam ...
„Ich? Ich bin Ihr Sohn.”
Liam sprach davon, als wäre das das Selbstverständlichste der Welt.
„Sie waren das damals mit dem Blut ersten Verwandtschaftsgrads... Aber wer... Wer war Ihre Mutter?”
Der Agent schien es schon zu ahnen.
„Siobhàn Beckett”, sagte Liam ruhig.
„Und Ha'gel hat mit meiner DNS ein Kind gezeugt? Aber dann müsste das ja jetzt erst ein paar Jahre alt sein... Kimera!” Sandoval sprach das Wort fast ehrfürchtig aus.
Liam nickte nur.
„Willst du wissen was wirklich ist?” Es war keine richtige Frage, natürlich wollte sein Vater wissen ...
Liam ließ sein Shaqarava erstrahlen.
Sandoval hielt ihm die offenen Handflächen hin.
Wenn Liam Gefahr bedeuten würde, warum lebte er dann noch? Er hatte sich in Major Liam Liam, seinem Sohn, getäuscht.
Der Skrill spürte die große Energie, die von Liam ausging, und fing an zu pulsieren.

Auf der einen Seite standen Liam, Ha'gel, Siobhàn, ein schwaches Abbild Sandovals und Hunderte von schemenhaften Gestalten, auf der anderen Ronald mit einem leuchtenden Arm, dem Skrill.
„Siehst du? Du warst immer bei mir, Vater, genauso wie meine Mutter, mein anderer Vater Ha'gel und alle meine Vorfahren.”
Sandoval blickte auf seinen Arm und es schien, als würde er zum ersten Mal wahrnehmen, dass der Skrill ein denkendes Wesen war.
Siobhàn machte den ersten Schritt auf Ronald zu und umarmte ihn.
„Ich bin so glücklich, dass du unseren Sohn doch noch kennengelernt hast.”
Ha'gel und der ‚andere’ Sandoval traten auf ihn zu und sagten gleichzeitig:
„Wir haben gehofft, dass du erkennst, was wir schon länger erkannt haben. Du kannst nicht immer der Sandoval bleiben, der du bist oder besser warst. Du musstest dich wieder an die Menschen erinnern, die dich lieben.”
Ronald nickte nur schwach.
Liam trat hervor.
„Jetzt zeige ich dir alles”
Es war eine Flut von Bildern, Tönen, Gerüchen, Geschmäckern, Gefühlen und Berührungen die vorüberrauschte, und als das vorbei war, war alles gesagt.
Fast alles.
„Siehst Du all diese hellen Flecken um uns herum?”
„Ja - ist das das Taelon-Gemeinwesen?”
„...und siehst du auch die noch schwächeren Flecken dazwischen?”
Ronald nickte wieder. „Was ist das?”
„Dort gehören die Menschen und die Jaridians hin!”

 
* * *
 

Ein paar Monate später:

Sandoval blickte sich auf der Plattform um.
Es war schon irgendwie komisch - vor drei Monaten war hier noch nichts als Wasser gewesen, und das drei Kilometer tief. Doch waren die Taelons mit einem „Bauschiff” gekommen, das sich im Meeresgrund verankert hatte und gewachsen war. Als es durch die Wasseroberfläche brach, wurde damit begonnen, auf ihm zu arbeiten.
Jetzt war es ein Taelon-Mensch-Gebäude, wie es noch keines gegeben hatte. Die weiche Eleganz der Taelons und die harte Individualität der Menschen wurden in perfekter Harmonie eingebracht, die Jaridians würden vielleicht auch noch einen Teil dazu beitragen.
Das Gebäude war ringförmig um einen hohen schmalen Turm in der Mitte angeordnet. Ein Ringsegment war Taelon, eines Mensch und bald auch eins Jaridian. Der Turm in der Mitte sah zwar mehr nach Taelon aus, war aber älter, nämlich Kimera. Liam und Sarah hatten ihn aus ihrer Erinnerung rekonstruiert. So hatte früher das Haupt-Regierungsgebäude der Kimera ausgesehen.
Liam, ... sein Sohn.
Jetzt, nachdem auch die letzten Reste seines Motivationsimperativs entfernt worden waren, konnte er vollkommen anders über ihn nachdenken. Er fing an, väterliche Gefühle für ihn zu entwickeln und verfluchte sein CVI dafür, dass er/es Siobhàn Beckett damals zurückgewiesen hatte. Sie hätten damals eine Familie - eine normale - werden können.

Was war eigentlich mit Dee Dee? Er musste unbedingt Boone fragen. Er erinnerte sich bruchstückhaft an Boone mit ihrem Ehering...
‚...Sie hat nicht gelitten...’
Er schüttelte den Kopf. Boone war schon immer zu schwach gewesen, durchzugreifen. Doch nun wusste er, dass der Commander nie ein Motivationsimperativ besessen hatte.
Kurz nachdem er aus Measblack entlassen war, war dieser zu ihm gekommen:

Er saß gerade an seinem Wohnzimmer zu Hause, er war das erste Mal seit ein paar Monaten wieder in seiner Wohnung. Es war eigentlich ein ganz geschmackvolles Wohnung, nur war alles in blauen und lila Tönen gehalten, das musste er dringend ändern.
Er dachte über sein Leben unter den Taelons nach.
Alles war von den Companions bestimmt worden, sogar seine Frau hatte er wegen ihnen in ein Irrenhaus gesteckt. Das würde er den Taelons nie verzeihen.
Es klingelte an seiner Haustür.
Wer konnte das sein? Die Nachbarn nicht, es gab keine.
Bekannte und Verwandte hatte er bis auf Liam nicht mehr, und ihn hatte er vor knapp einer Stunde gesehen.
Er hob sich ächzend von seinem Imitat des Thrones auf dem Mutterschiff.
Moment - er konnte doch die Tür von hier aus öffnen ...
Er fing an, Sachen zu vergessen.
Der fehlende Motivationsimperativ?
Er drücke auf den Knopf für den Türöffner und Boones Gesicht erschien auf dem Display. „Commander Boone, was machen Sie denn hier?” Sandovals Überraschung war nicht zu übersehen.
„Ich wollte mit Ihnen etwas bereden - kann ich hereinkommen?”, fragte Boone.
„Die Tür ist offen.”
Sandoval überlegte kurz, ob er den Commander auf dem Thron empfangen sollte, überlegte es sich aber dann doch anders. So war er früher gewesen - jetzt war er wieder Ronald Sandoval und nicht Special Agent, Companionbeschützer und Weltenverschwörer. Er stand auf und ging William entgegen, der gerade die Tür wieder schloss und sich dann zu ihm umdrehte.
Kurzes gegenseitiges Taxieren.
Friede?

„Ich freue mich, dass es Ihnen wieder besser geht. Ich weiß, wie es ist, von einem Kimera angeschossen zu werden”, fing schließlich Boone an.
„Ich wurde gut versorgt”, erwiderte Sandoval.
Boone schwieg eine Sekunde und sagte dann: „Ich habe jetzt keine Lust, wie immer um den heißen Brei herum zu reden. Ich will mit Ihnen ein Gespräch führen, das alles erklärt und nicht wie immer nur oberflächliches Gelaber ist.”
Sandoval blinzelte überrascht.
„Wie bitte?”
„Ich will Ihnen einiges erklären und mich auch für manche Sachen entschuldigen, genau so, wie ich von Ihnen in manchen Dingen eine Entschuldigung erwarte - für vieles, aber nicht für alles, können Sie die Taelons verantwortlich machen.”
Sandoval war sichtlich sprachlos.
„Na gut... Kommen Sie doch erst einmal in die Küche... Ich wollte mir gerade einen Kaffee machen, wollen Sie auch einen?”
Er hatte zwar gar nicht vor, Kaffee zu kochen, aber das konnte sich ja ändern. Er bedeutete Bonne, ihm zu folgen und sie gingen in die Küche. Diese war ebenfalls in blau-lila gehalten.
Boone schien das Gleiche zu denken wie er selbst zuvor - ihm war anzusehen, daß er sich unwohl fühlte.
„Ich weiß, hier muss mal renoviert werden, und zwar dringend. Der Taelon-Look gefällt auch mir inzwischen nicht mehr”, gab Sandoval zu und wandte sich zu der Kocheinheit um. Wo war noch mal der Knopf für Kaffee?
Ach ja - da. Er drückte ihn und beeilte sich, zwei Tassen (blaue) unter die Auslässe zu stellen.
„Wollen Sie Zucker oder Milch?” fragte er Boone, während er im Küchenschrank herumwühlte.
Keine Antwort.
Er drehte sich verwundert zu Boone um und bemerkte mit noch größerer Überraschung, dass dieser ein Bild von DeeDee aufmerksam studierte.
„Was?... Wie bitte?” Man merkte dem Commander an, dass er nicht zugehört hatte, aber dann fiel sein Blick auf die Milchkanne und er nuschelte, dass er nur etwas Milch haben wolle.

Als sie wenig später im Wohnzimmer saßen, jeder mit einer dampfenden Tasse Kaffee vor sich, war es ruhig. Eine Zeitlang hing jeder seinen eigenen Gedanken nach, und sie schauten einander nur hin und wieder an.
„Wo soll ich anfangen?”, überlegte Boone schließlich laut. „Vielleicht am besten am Anfang... Damals, als die Taelons auf die Erde kamen und Sie mich baten, ihr Beschützer zu werden, gaben Sie den Befehl, meine Frau zu ermorden, um mich zu überreden, den Taelons zu dienen - stimmt das?” Er blickte sein Gegenüber scharf an.
Dieser schien mit der Frage gerechnet zu haben.
„Ja und nein - die Taelons hatten mir befohlen, Ihre Frau zu töten, aber die Art und Weise, das zu tun, blieb mir überlassen.”
Er stockte. „Es tut mir leid.” Nur diesen einfachen Satz. Boone schaute Sandoval in die Augen und bemerkte wieviel Kraft es seinem Gegenüber erforderte, seinem Blick standzuhalten
Schließlich brach William das Schweigen.
„Ich nehme Ihre Entschuldigung an, werde Ihnen und den Taelons aber nie verzeihen können.”
„So wie ich den Taelons nie das Schicksal meiner Frau verzeihen kann.”
Beide hatten ihre große Liebe verloren.
Der eine war sich sicher, dass es für immer war, und der andere dachte, für ihn würde das selbe gelten.
Wieder schwiegen beide Männer, in die eigenen Gedanken versunken.
Und wieder war es William, der zuerst sprach.
„So, ich muss jetzt wieder weg, es gibt noch einige Angelegenheiten hinsichtlich meines Wiederauftauchens zu erledigen. Danke für den Kaffee.”
Er stand auf und streckte Ronald die Hand entgegen. Dieser schlug ein.
Sie waren sich ein Stück weit näher gekommen.
Sie würden nie Brüder werden, aber sie würden wieder menschlich miteinander umgehen können.
Sandoval begleitete Boone bis zum Ausgang seiner Wohnung und rief ihm hinterher, als er schon im Aufzug war:
„Auf Wiedersehen!”
Boone konnte nur noch nicken. Sandoval schloss die Tür und ging zurück in die Küche. Er setzte sich wieder auf den Stuhl und schlürfte seinen Kaffee.
Unten vor dem Haus blickte Boone nach links und dann wieder nach rechts. Links ging es zur Botschaft, wo er eigentlich hin sollte, und rechts ging es zum Flat Planet. Er ging rechts herum.

 
* * *
 

Ronald seufzte.
Das Gespräch war nicht sehr ausgiebig gewesen.
Jeder hatte gespürt, dass sie zu verschieden waren und zu zerstritten, um sich gegenseitig zu verzeihen. Sie hatten wieder um den heißen Brei herum geredet, wie Boone es ausgedrückt hatte. Es war schon ein bisschen skurril - er, dessen Motivations-Imperativ zusammen gebrochen war und ...
Irgendwie hatte er das Gefühl, dass da noch etwas war...
Er wusste aber nicht, was.
Er führte den Gedanken nicht zu Ende.

Er war wieder hinaus zum Turm gereist. Er blickte daran hoch.
Durch das virtuelle Glas konnte er eine Gestalt erkennen.
Wahrscheinlich sein Sohn.

 

 

Zurück / Back

 

Zum Seitenanfang