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  „Der Krieg” von Foxfeather   (Emailadresse siehe Autorenseite)
„Mission Erde” / Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Genaue Angaben zum Copyright finden Sie in der Vorbemerkung der Autorin. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis.
 
Handlung:  Die Jaridians kommen zur Erde
Zeitpunkt:  „Der Krieg” ist die direkte Fortsetzung von „Gefangenschaft
Charaktere:  Da'an, Lili, Zo'or, [Liam, Sandoval, T'than]
 
Worte in ** sind Gedankensprache.
 

 

DER KRIEG

 

„Da'an, was ist auf Jaridia passiert?”
„Ich will nicht daran erinnert werden, Zo'or. Bitte frag mich nicht danach.”
Da'an fröstelte bei der Erinnerung an seine Erlebnisse auf der jaridianischen Heimatwelt. Die Gefangenschaft, die schreckliche Folter, all das wollte er so schnell wie möglich vergessen.
Und wie sollte er Zo'or seine Flucht auch erklären? Wenn Zo'or von der erfolgreichen Heimkehr des Jaridians Ter'kozz erfuhr, würde er Liam und Lili des Verrats bezichtigen. Schließlich hatten sie ihm berichtet, der Jaridian sei auf dem explodierenden Kimera-Schiff umgekommen. Lili war sowieso schon als Verräterin abgestempelt gewesen und Zo'or hielt sie für tot. Aber Liam genoss noch immer sein Vertrauen, und das wollte Da'an auf keinen Fall zerstören.
Auch Liam gegenüber hatte er nicht über seine Gefangenschaft sprechen können. Lili hatte ihm erzählt, was sie wusste, das hatte er in Liams Augen lesen können. Das Mitleid und die Wut auf die jaridianischen Führer hatte er nicht verbergen können. Aber er hatte ihn nicht darauf angesprochen, und dafür war er Liam sehr dankbar. Doch selbst Lili wusste nicht alles.
Wie sollte er Zo'or erklären, dass Ter'kozz ihm, seinem Feind, das Leben gerettet hatte? Dass er ihn sogar in seine Familie aufgenommen hatte? Ob er mit ihm sprach oder nicht, Zo'or würde ihn so oder so des Verrats an seiner eigenen Rasse beschuldigen.
Lilis Verwicklung in diese Geschichte durfte Zo'or auf keinen Fall bekannt werden. Er würde sofort versuchen, sie aufzuspüren, zu verhören und dann zu töten. Was T'than mit ihr machen würde, sollte er sie in die Finger bekommen, wagte Da'an sich gar nicht erst auszumalen.
Da'an bemerkte, dass Sandoval ihn von seiner Konsole auf der anderen Seite der Brücke aus beobachtete. Ahnte er, dass Da'an Lili getroffen hatte? Was hatte er überhaupt damit bezweckt, Lili nach Jaridia zu schicken?
Auf diese Fragen hatte Da'an keine Antworten. Sandoval verfolgte eigene Pläne. Lili hatte ihm berichtet, dass Sandovals CVI nicht mehr richtig funktionierte. Aus dem Verhalten des Agenten hatte Da'an schon ähnliche Schlüsse gezogen. Obwohl Zo'or ebenfalls davon wissen musste, ließ er Sandoval gewähren.
„Da'an? Hörst du mir überhaupt zu?”
„Was?”
„Ich sagte, wenn du mir nicht sagst, was mit dir passiert ist, muss ich dich aus der Synode entfernen.”
„Ich kann und will dir nicht antworten, Zo'or. Tu, was du tun musst.”
Mit einem resignierten Gesichtsausdruck drehte sich Da'an herum, um die Brücke zu verlassen.
„Du hast es nicht anders...”
„Zo'or! Wir empfangen seltsame Signale von außerhalb des Sonnensystems”, unterbrach ihn Sandoval.
„Was für Signale?” fragte Zo'or, verärgert über die Unterbrechung.
„Ich kann sie nicht identifizieren. Aber was es auch ist, es ist sehr groß.”
Da'an blieb stehen. Zo'or stand auf und ging zu Sandoval hinüber.
„Lassen Sie sehen.” Er betrachtete die Anzeigen. „Wo ist das... Objekt hergekommen, Agent?”
„Ich weiß es nicht, Zo'or. Es ist plötzlich auf den Scannern aufgetaucht. Es scheint aber nicht näher zu kommen. Es ist einfach in der Nähe Plutos materialisiert.”
„Ich erwarte mehr von ihnen, Agent Sandoval. Mit ‚Ich weiß es nicht’ kann ich nichts anfangen!” rügte Zo'or seinen Beschützer.
„Was ist los, Zo'or?” T'than betrat die Brücke.
„Ein unidentifiziertes Objekt ist am Rand des Sonnensystems aufgetaucht, T'than.” Zo'or klang verärgert. Er und T'than konnte sich nicht ausstehen und er versuchte, ihm soweit möglich aus dem Weg zu gehen. T'than schien es dagegen zu genießen, Zo'or zu reizen.
„Agent Sandoval, schicken sie sofort einige Shuttles los, um das Objekt zu untersuchen.”
„Jawohl, T'than.”
Da'an sah Zo'or an, dass er sich darüber ärgerte, dass T'than ihm einfach so die Fäden aus der Hand genommen hatte.
Minuten später waren vier bewaffnete Shuttles zum Rand des Sonnensystems unterwegs.
„Untersuchen Sie das Objekt weiterhin auf allen Wellenlängen und geben Sie mir Bescheid, sobald sich etwas ändert, Agent Sandoval”, ordnete Zo'or an. Mit einem wütenden Blick auf T'than wandte er sich um, um zu seinem Kommandosessel zurückzukehren, als das Schiff schwer erschüttert wurde. Alarmglocken schrillten los und ein Energieabfall verdunkelte die Brücke.
„Bericht!” riefen T'than und Zo'or gleichzeitig.
„Wir werden angegriffen! Fünf jaridianische Schlachtkreuzer sind aus dem Interdimensionsraum aufgetaucht und haben uns im Kreuzfeuer!”
„Feuer erwidern!” befahl Zo'or. „Schicken Sie sofort alle verfügbaren Shuttles raus.”
Sandoval arbeitete fieberhaft an seiner Konsole.
„Sir, das Objekt da draußen, es hat sich einfach aufgelöst. Die Shuttles können nichts mehr feststellen. So wie es aussieht, war es nur ein Echo, das die Shuttles von uns weglocken sollte.”
Eine neue Angriffswelle erschütterte das Schiff und zwang Sandoval, sich an seiner Konsole festzuklammern. „Die Startrampen wurden schwer beschädigt! Die Shuttles können nicht mehr starten. Es werden Eindringlinge an Bord gemeldet. Die vier Erkundungsshuttles wurden abgeschossen. Wir...”
Plötzlich dröhnte eine laute Stimme durch die Lautsprecher der Brücke.
„Ergebt euch, Taelons. Ihr habt keine Chance gegen uns.”
Da'an wurde bleich. „Fa'loth! Nicht Fa'loth!” flüsterte er. Seine aufsteigende Panik bekämpfend, drehte er sich um und stolperte von der Brücke.
„Da'an!” Zo'or hatte seine Flucht bemerkt. „Er hat uns verraten! Sandoval, bereiten Sie die Selbstzerstörung des Schiffes vor. Ich werde nicht zulassen, dass dieses Schiff dem Feind in die Hände fällt!”
Noch ehe Sandoval auf Zo'ors Befehl reagieren konnte, ertönte hinter ihm ein sirrendes Geräusch, dann ein schriller Pfeifton.
Er spürte, wie sein Skrill panisch versuchte, sich vor dem Geräusch zu schützen. Raven schien sich vor Schmerzen zu winden. Dann überspülte die Schmerzwelle auch Sandovals Gehirn und alles wurde dunkel.
Zo'or hatte sich beim ersten Geräusch umgedreht und sah Sandoval zusammenbrechen. Hinter ihm standen fünf jaridianische Soldaten mit feuerbereiten Waffen.
„Gib auf, Taelon. Das Schiff ist bereits in unserer Hand.”
In ohnmächtiger Wut musste Zo'or zusehen, wie seine Feinde das Schiff übernahmen.

 
* * *
 

Da'an schlich durch normalerweise verlassene Gänge des Mutterschiffs. Immer wieder duckte er sich in dunkle Ecken. Die Jaridians hatten mit den meisten Freiwilligen kurzen Prozess gemacht. In vielen Gängen lagen Leichen. Da'an hatte beobachtet, wie Zo'or und T'than zu den Sicherheitszellen des Schiffes abgeführt worden waren. Alle Taelons, die sich an Bord des Schiffes befunden hatten, waren gefangen genommen worden. Da'an wusste, dass viele von ihnen versuchen würden, Selbstmord zu begehen. Er wusste auch, dass Zo'or kämpfen würde. Das Schiff war in der Hand des Feindes. Er würde mit allen Mitteln versuchen, es zu vernichten. Die gespeicherten Daten und die Technologie waren zu gefährlich, als dass sie in die falschen Hände gelangen durften.
In einer der feindlichen Gruppen hatte Da'an Ter'kozz erkannt. Es gab also Hoffnung, dass der jaridianische Widerstand versuchen würde, die Pläne der Militärs zu sabotieren. Die Widerstandskämpfer hofften wie Da'an auf eine friedliche Lösung des jahrhundertelangen Krieges zwischen ihren beiden Völkern. Die Militärs wollten die Taelons ausrotten. Um jeden Preis. General Fa'loth schien diesen Angriff auf die Taelons zu leiten. Auf keinen Fall durfte Da'an ihm in die Hände fallen. Fa'loth hatte ihn damals gefoltert und verhört. Er würde nicht eher ruhen, bis er erfahren hatte, wie Da'an ihm entkommen konnte und wer ihm dabei geholfen hatte.
Leise schlich er weiter durch die Gänge. Wenn er es bis zum Portal schaffte, konnte er vielleicht entkommen. Er wusste, dass die Chancen gleich Null standen, denn das Portal würde mit Sicherheit streng bewacht werden, aber seine Angst vor Fa'loth ließ ihn die Hoffnung nicht aufgeben.
Der Portalraum war nur noch wenige Meter entfernt, als er entdeckt wurde.
Aus. Vorbei. Wenn er jetzt noch versuchte zu fliehen, würden sie ihn vielleicht schnell töten. Mit der Kraft der Verzweiflung wehrte er sich gegen die Wachen.
„Wen haben wir denn hier? Ich glaube, wir kennen uns, nicht wahr?” ertönte eine süffisante Stimme hinter seinem Rücken. Eine Stimme, die Da'an nur zu gut kannte.
Die Jaridians, die ihn festhielten, zwangen Da'an, Fa'loth anzusehen. Der General schien sich köstlich über die Panik in Da'ans Augen zu amüsieren.
„Du hast dich gut erholt, Taelon. Wie schön! Um so mehr hältst du aus. Es wird Spaß machen, sich wieder mit dir zu unterhalten. Du erinnerst dich doch an unsere Unterhaltungen, nicht wahr? NICHT WAHR?” schrie er Da'an an, als dieser nicht antwortete.
Mit aller Kraft schlug er Da'an ins Gesicht.
„Ich erinnere mich...” flüsterte Da'an.
„So ist es brav! Bringt ihn auf mein Schiff und bewacht ihn gut. Gebt ihm keine Möglichkeit, sich selbst zu töten, oder ihr werdet dafür bezahlen müssen.” Fa'loth lächelte seine Soldaten wohlwollend an. „Ich bin sicher, wir verstehen uns.”
Resigniert ergab sich Da'an seinem Schicksal.

 
* * *
 

„...den Kontakt zum Mutterschiff verloren. Im Orbit um die Erde sind fünf fremde Schiffe gesichtet worden, die das Mutterschiff angegriffen haben. Die Taelons, die sich auf der Erde aufhalten, haben sich in ihren Botschaften verschanzt. Bei den Angreifern handelt es sich den Aussagen der Companion-Agenten nach um Jaridians. Da'an, der Nordamerikanische Companion, und Zo'or, der Führer der Synode, hielten sich zur Zeit des Angriffs auf dem Mutterschiff auf. Über ihren Verbleib ist nichts bekannt. Bisher haben die Fremden die Erde nicht angegriffen. Unter der Bevölkerung ist bisher keine Panik ausgebrochen. Wir halten Sie weiterhin auf dem laufenden. Syfyman für News Broadcast.”
Augur schaltete den Fernseher ab.
„Meine Computer zeigen an, dass das Mutterschiff schwer beschädigt wurde. Es sieht so aus, als hätten die Jaridians das Schiff übernommen. Ich kann die Systeme des Mutterschiffs allerdings nur bedingt anzapfen. Das System ist teilweise offline.”
„Und Da'an?” Lili wanderte unruhig auf und ab. „Weißt du was über Da'an? Lebt er noch?” Sie warf Augur einen bittenden Blick zu.
„Tut mir leid, Lili. Ich weiß es nicht.”
„Wir müssen doch irgendwas tun können!”
„Ich wüsste nicht, was. Wir wissen nichts über die Absichten der Jaridians. Vielleicht schnappen sie sich die Taelons und verschwinden wieder. Dann hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Tut mir leid, Lili. Selbst wenn Da'an noch lebt, weiß ich keinen Weg, wie wir mit ihm Kontakt aufnehmen könnten.”

 
* * *
 

In der Botschaft in Washington war der Teufel los. Liam und das restliche Personal versuchten mit allen Mitteln, Kontakt zum Mutterschiff herzustellen. Die Portale standen unter strengster Bewachung. Bisher hatte sich jedoch nichts gerührt.
„Haben wir Kontakt zu den anderen Botschaften?” fragte Liam Gaeriel, einen der Techniker.
„Jawohl, Sir. Auch dort ist noch alles ruhig. Die Companions, die sich noch auf der Erde aufhalten, berichten alle über eine große Todeswelle auf dem Mutterschiff. Es sieht so aus, als ob die Taelons, die nicht beim Angriff umgekommen sind, sich nun selbst töten. Wer noch am Leben ist und wer nicht, können sie im Moment jedoch nicht sagen. Das Gemeinwesen scheint völlig durcheinander zu sein.”
Liam machte sich die größten Sorgen um Da'an. Auch über seine eigene schwache Verbindung zum Gemeinwesen konnte er keine einzelnen Wesen lokalisieren.
Er konnte nur hoffen und beten, dass sein Freund und Mentor noch lebte.

 
* * *
 

Da'an war in einer gut gesicherten Zelle an Bord des jaridianischen Flaggschiffes untergebracht worden. Jede halbe Stunde wurde er von einem Soldaten kontrolliert. Fa'loth hatte noch keine Zeit gehabt, sich näher mit ihm zu befassen. Wieder kam eine Wache herein, um nach ihm zu sehen.
„Da'an!”
Müde blickte Da'an auf. „Ich bin wach.” Die Wache schob ihre Kapuze zurück. „Ter'kozz!”
„Nicht so laut! Ich will dir helfen, zu entkommen. Wenn Fa'loth dich in die Finger bekommt, ist der Widerstand in Gefahr.”
Ter'kozz brachte ein kleines Gerät am Kraftfeldgenerator an. „Mit diesem kleinen Ding wird genug Energie abgezapft, um die Geräte denken zu lassen, das Kraftfeld sei noch intakt. Ich habe ein Shuttle vorbereiten lassen, mit dem ich in einer Stunde zu eurem Mutterschiff zurückkehren will. Du weißt, wie die Kontrollen funktionieren. Viel Glück! Und grüß Lili von mir.”
Da'ans Erleichterung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, Ter'kozz. Versuch, an ein Global heranzukommen. Über die Nummer 555-24675 kannst du mit Lili Kontakt aufnehmen.”
„Gut. Am anderen Ende des Ganges ist eine Kleiderkammer. Zieh eine der Uniformen über und leg einen Mantel um. Damit wirst du vielleicht nicht gleich erkannt. Und jetzt beeil dich!”
Da'an trat aus seiner Zelle heraus und dankte seinem Freund mit einem letzten Händedruck, bevor er den Gang hinunterlief und in der Kleiderkammer verschwand.

In seiner Verkleidung zwang Da'an sich, mit festen Schritten und selbstsicher zum Shuttlehangar zu gehen. Hinter sich hörte er Ter'kozz mit lauter Stimme Soldaten herumkommandieren. Tatsächlich schaffte er es, unbeachtet in Ter'kozz’ Shuttle zu gelangen. Doch dann entdeckte ihn einer der Wartungsleute und schlug Alarm.
Mit den Bordwaffen schoss Da'an ein Loch in die Bordwand und jagte das kleine Schiff mit Vollschub ins All.
Die Verfolger ließen nicht lange auf sich warten. Das Shuttle war nicht mit ID-Triebwerken ausgestattet und die fremden Kontrollen taten ein Übriges, dass die anderen Schiffe ihn einzuholen begannen.
Nahe der amerikanischen Ostküste eröffneten sie das Feuer auf ihn. Mit einem lauten Knall und einem Funkenregen verabschiedeten sich die Steuerkontrollen. Die Maschine sackte durch und begann zu trudeln. Nach einem weiteren Volltreffer am Heck fing das kleine Schiff Feuer. Kurz bevor es ins Meer stürzte, schaffte Da'an es noch, aus der Maschine abzuspringen. Hart schlug er auf der Wasseroberfläche auf. Das kalte Wasser lähmte ihn. Hinter ihm versank das Shuttle in den Fluten. Verzweifelt versuchte Da'an, sich zu orientieren und wieder an die Oberfläche zu kommen. Nach Luft schnappend tauchte er schließlich aus den Fluten auf. In der gleichen Sekunde explodierte unter ihm der Antrieb des Schiffes. Die Druckwelle zog ihn wieder unter Wasser und raubte ihm die letzte Orientierung, ehe er das Bewusstsein verlor.

 
* * *
 

„General Fa'loth... wir haben keine Spur von dem Flüchtling entdecken können. Das Shuttle ist explodiert. Das kann er nicht überlebt haben.”
Mit vor Angst geweiteten Augen erwartete der Soldat die kommende Explosion.
„Soso. Ihr habt ihn also verloren.”
Fa'loth warf dem Soldaten, der vor ihm stand, einen langen Blick zu.
„Ich sagte, ich wollte ihn lebend. Befolgen Sie so meine Befehle, Soldat...?” „Sephy'ros, Sir.”
„Soldat Sephy'ros also.”
Fa'loths Stimme war gefährlich leise geworden.
„Das wird Folgen haben. Verschwinden Sie augenblicklich, ehe ich mich vergesse!” Das letzte brüllte er.
Der nun deutlich sichtbar zitternde Sephy'ros tat nichts lieber als das.
Fa'loth bebte vor Wut. Er würde den Verantwortlichen finden. Der Taelon konnte unmöglich ohne fremde Hilfe entkommen sein, weder hier noch damals auf Jaridia. Wer auch immer dahinter steckte, er musste zu Fa'loths Leuten gehören. Aber Fa'loth duldete keinen Verrat. Er würde den Verräter finden. Er würde gewinnen. Er gewann immer.

 
* * *
 

Lili und Augur waren damit beschäftigt, die Nachrichten, die zwischen den jaridianischen Schiffen ausgetauscht wurden, zu entschlüsseln, als Lilis Global piepste.
„Liam, hast du...”
Der Bildschirm blieb dunkel.
„Hier spricht nicht Liam, Lili.”
Lili wurde blass. „T...”
„Schhh. Ich will nicht erkannt werden, falls dieses Ding hier abgehört werden kann. Hör zu. Ich habe nicht viel Zeit. Da'an konnte fliehen.”
„Gott sei Dank! Wo ist er jetzt?”
„Lili... Ich glaube, er ist tot. Sein Shuttle wurde verfolgt und über dem Atlantik abgeschossen. Die Soldaten haben ihn nicht finden können.”
„Nein...”
Lili spürte, wie ihr Innerstes zu erstarren schien und ihre Beine nachgaben. Augur, der hinter ihr stand, stützte sie und brachte sie zu einem Sessel.
„Es tut mir leid... Ich habe die Daten über den Absturz in dein Global überspielt.” Ter'kozz’ Stimme wurde hektisch.
„Ich muss aufhören. Ich melde mich wieder.”
Die Verbindung wurde unterbrochen.
„Lili, wer war das?” wollte Augur wissen.
„Das war der Jaridian, der Da'an und mir damals geholfen hat. Ter'kozz. Augur, ich glaube nicht, dass Da'an tot ist.”
„Lili...”
„Ich fahre dorthin. Ich werde ihn finden.”
„Lili, das sind falsche Hoffnungen. Wenn die Soldaten ihn nicht finden konnten, dann ist er tot.” Lili brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
„Okay, okay. Du hast gewonnen. Ich rufe Liam.”

 
* * *
 

An Bord des Mutterschiffes hatte sich das Gerücht um Da'ans missglückte Flucht ebenfalls verbreitet.
„Ich habe nichts davon gespürt, dass Da'an diese Ebene verlassen hätte.”
Zo'or wanderte in seiner Zelle hin und her.
„Er war ein Verräter an seiner eigene Rasse. Er hat mit dem Feind zusammengearbeitet. Warum sonst hätten sie ihn auf ihr Flaggschiff gebracht?”
T'than war sich seiner Sache sicher.
Zo'or dagegen wurde von Zweifeln geplagt, auch wenn er das T'than gegenüber nicht zugab. Er konnte es nicht glauben, dass sein Elter sein Volk verraten hatte. Er war mit Da'an zwar nur selten einer Meinung gewesen, aber sie beide trieb die Sorge um ihr Volk an. Zo'or traute Da'an einiges zu, aber dass er sein Volk dem Untergang weihen sollte... Obwohl, er hatte mit dem Widerstand zusammengearbeitet. Das kam bereits einem Verrat gleich. Vielleicht wäre es ihm doch zuzutrauen, zum Feind überzulaufen?
Aber wenn Da'an das getan hätte, warum hatte der Gegner dann das Gerücht seines Todes verbreitet? Das machte irgendwie keinen Sinn.
Und wenn Da'an wirklich tot war? Im Gemeinwesen herrschte ein solcher Aufruhr, dass es schon möglich gewesen wäre, dass Zo'or Da'ans Tod übersehen hätte.
Der Gedanke an diese Möglichkeit erschreckte Zo'or mehr, als ihm lieb war. Er hatte Da'an zwar oft den Tod gewünscht, aber ihn so zu verlieren tat weh. Es war eine Herausforderung gewesen, mit ihm oder gegen ihn zu arbeiten. Sollte Da'an wirklich tot sein...
Zo'or riss sich zusammen. Er durfte sich jetzt nicht von Gefühlen beeinflussen lassen. Es würde seine ganze Konzentration erfordern, am Leben zu bleiben.
Widerspenstig gab er sich selbst gegenüber zu, dass T'than wahrscheinlich recht hatte. Anders konnte er sich Da'ans Handlungen nicht erklären. Er hatte sein Volk verraten.

 
* * *
 

Liam war von Ter'kozz’ Nachricht tief betroffen. Er glaubte nicht wie Lili daran, dass sein Freund und Mentor noch lebte. Der Hass zwischen Jaridians und Taelons war einfach zu groß, als dass die Soldaten einen so wichtigen Gefangenen wie Da'an einfach entkommen ließen.
Er wusste aber, dass er nicht eher Ruhe haben würde, bis er sich selbst von Da'ans Tod überzeugt hätte. Er würde nie wieder ruhig schlafen können, wenn er die winzige Chance, dass Da'an noch lebte, nicht genutzt hätte, um nach ihm zu suchen.
Er wusste, das zwischen Lili und Da'an eine besondere Verbindung bestand, die sich nach ihrer Rückkehr von Jaridia noch vertieft zu haben schien. Und wenn Lili glaubte, dass Da'an noch lebte, dann würde er ihr helfen, ihn zu suchen.

Mit einem schwarzen Lieferwagen waren sie zur Küste hinaus gefahren. Lili hatte ihnen unterwegs die Aufzeichnungen des Absturzes gezeigt. Liam war beinahe übel geworden, als er gesehen hatte, wie das Shuttle in einer gewaltigen Wolke aus Wasserdampf und Feuer explodiert war. Mit Augurs Hilfe und den letzten Wetterdaten war es ihnen gelungen, anhand der Strömung festzustellen, wo das Wrack höchstwahrscheinlich an Land gespült worden war.

Die Stelle war nicht zu übersehen. Die Explosion war so stark gewesen, dass sich das jaridianische Äquivalent des virtuellen Glases in Millionen feinster Splitter aufgelöst hatte. Der Strand glitzerte in atemberaubende Farben in der Sonne. Größere und kleiner Wrackteile waren über den Sand verteilt, alle bis zur Unkenntlichkeit verbogen und geschmolzen.
Augur warf Lili einen besorgten Blick zu. Jedes Wesen an Bord wäre von der Explosion und den herumfliegenden Trümmern zerfetzt worden.
Lili war sehr blass geworden, als sie die Trümmer sah. Tränen rollten über ihre Wangen. Sie sank langsam auf einen Felsen und vergrub das Gesicht in den Händen. Die beiden Männer konnten sie leise nach Da'an rufen hören. Auch Liam wandte sich ab und wanderte einige Meter den Strand entlang. Lange Zeit sagte niemand ein Wort.

Die Sonne verschwand langsam im Meer, als Lili plötzlich den Kopf hob. Mit weit aufgerissenen Augen starte sie Augur an.
„Lili? Was ist los?”
„Kalt, nass und dunkel. Dunkel. Keine Kraft mehr. Augur, Da'an ist hier irgendwo. Ich kann ihn hören!”
„Das bildest du dir ein, Lili. Lili!”
Augur starrte ihr verblüfft nach, als sie begann, so schnell sie konnte den Strand entlang zu laufen.
„Hey Liam! Ich glaube, Lili hat was gefunden!” brüllte er in die andere Richtung.
Dunkel. Lili hatte gehört, dass es an diesem Küstenabschnitt Höhlen gab. In Gedanken rief sie immer wieder nach Da'an. Da. Eine Höhle, in die ein Arm Meerwasser hineinschwappte.
Ohne zu zögern sprang Lili in das eiskalte Wasser. Es reichte ihr bis zu den Hüften. Eine starke Strömung zog sie in die Grotte hinein. Weiter hinten sah sie einen schwachen blauen Lichtschein.
„Da'an?”
Der Taelon klammerte sich mit letzter Kraft an einen Felsen. Die Wände waren zu glitschig, als dass er sich hätte an Land ziehen können. Die Kälte des Wassers hatte Da'ans Kräfte gelähmt. Lili konnte mehrere Schnittwunden erkennen, aus denen die Energie seinen Körper verließ.
„Ich bin hier, Da'an. Gleich bist du in Sicherheit.”
Lili nahm ihren Freund in einen Rettungsschwimmergriff und versuchte, gegen die Strömung wieder aus der Höhle zu schwimmen. Das eisige Wasser ließ auch ihre Kräfte schnell erlahmen. Als sie schon glaubte, es nicht mehr zu schaffen, wurden sie und Da'an von kräftigen Händen gepackt und an Land gezogen.
„Ich glaub’ das einfach nicht.”
Augur starrte die beiden tropfnassen Wesen einen Moment lang an, bevor er sich besann und zum Wagen zurückrannte, um Decken zu besorgen.
„Wir müssen Da'an so schnell wie möglich in die Botschaft bringen.”
Liam hatte bereits sein Global gezückt, um Dr. Belman zu informieren.
Da'an begann, sich in seinen Armen zu winden.
„Fa'loth... nicht...”
„Oh Gott.”
Lili schlug Liam das Global aus der Hand.
„Die Jaridians dürfen auf gar keinen Fall erfahren, dass Da'an noch lebt! Und in der Botschaft würden sie das mit Sicherheit herausbekommen. Wir müssen ihn woanders hin bringen.”
„Warum denn das? Nur in der Botschaft können wir ihm helfen, wieder zu Kräften zu kommen.”
Liam warf Lili einen verwirrten Blick zu.
„Liam, verstehst du denn nicht? Fa'loth ist der Jaridian, der Da'an damals gefoltert hat. Und Ter'kozz hat ihm sowohl damals als auch jetzt geholfen zu fliehen. Was glaubst du, was passiert, wenn Fa'loth Da'an in die Finger bekommt?”
Liam war blass geworden.
„Du hast recht. Augur, du hast doch genug Material zuhause, um eine Energiedusche für Da'an basteln zu können, oder?”
„Na ja, also...”
„Hast du oder hast du nicht?”
„Okay! Aber langsam reicht's mir. Ich betreibe doch kein Asyl für Gejagte.”
„Danke Augur! Aber wir müssen uns beeilen, Da'an geht es sehr schlecht.”
„Ich kann ihm helfen.” sagte Lili und kletterte zu Da'an in den Laderaum des Wagens.
„Fahrt endlich los!”
Kurze Zeit später erfüllte ein leises Glühen den Wagen. Als Liam und Augur sich erstaunt umdrehten, sahen sie Lili, wie sie Da'an in den Armen hielt. Sie hielten sich an den Händen. Da'ans Handflächen glühten durch sein aktiviertes Shaquarava und eine Art Energieband schien sich von Lili auf Da'an zu übertragen.
Als sie bei Augur ankamen, hatte sich das Energieband stabilisiert und beide sahen aus, als würden sie schlafen.
Mit Mühe und Not schafften die beiden Männer es, Lili und Da'an auf ein Bett zu legen, ohne sie voneinander zu trennen. Da'ans Wunden begannen bereits, sich zu schließen.
Augur schüttelte nur den Kopf, eher er sich an die Arbeit machte.
„Ich glaub's immer noch nicht.”

 
* * *
 

Etwa zwei Stunden später hatte Augur es geschafft, eine provisorische Energiedusche für Da'an zusammenzubasteln. Der Taelon hatte sich bereits wieder halbwegs erholt und schaffte es allein, zu dem Gerät hinüberzuwanken und sich hineinzusetzen.
Lili schien ziemlich geschafft zu sein. Sie wirkte schläfrig und strahlte dabei eine zufriedene Ruhe aus.
Liam hatte es nie für möglich gehalten, dass Lili einem Taelon so sehr vertrauen würde, dass sie ihre Lebensenergie mit ihm teilte, aber er musste wohl oder übel seinen Augen trauen. Diese enge Verbindung zwischen Lili und Da'an machte ihn etwas eifersüchtig.
Als Da'an sich wieder aufgeladen hatte, berichtete er den Dreien ausführlich, was auf dem Mutterschiff geschehen war.
„Ich mache mir große Sorgen um Zo'or. Er ist als Führer der Synode in großer Gefahr. Und wenn Fa'loth herausbekommt, dass er mein Kind ist... Ich befürchte das Schlimmste!”
„Da'an, wissen Sie, was aus Sandoval geworden ist?”
Liam hatte erst vor wenigen Minuten von einem Freiwilligen aus der Botschaft erfahren, dass sich Sandoval während des Angriffs auf dem Mutterschiff aufgehalten hatte.
„Die Jaridians haben die Skrills aller Agenten an Bord betäubt, was sich dann auch auf ihre Wirte ausgewirkt hat. Ich weiß leider nicht, was dann aus ihnen geworden ist.”
Da'an sah Liam bedrückt an.
„Ich hoffe, das es allen Menschen an Bord gut geht. Ich bezweifle, das die Jaridians ihnen etwas angetan haben. Sie kämpfen gegen die Taelons, nicht gegen die Menschen. Wenn sie von der Menschheit auf der Erde unterstützt werden wollen, dann müssen sie die Freiwilligen am Leben lassen. Liam, dein Vater ist sehr schlau. Er wird einen Weg gefunden haben, zu überleben.”
Liam wirkte ein wenig getröstet, aber nicht überzeugt.

 
* * *
 

Fa'loth hatte es sich nicht nehmen lassen, seine beiden wichtigsten Gefangenen persönlich zu verhören.
„Du nennst dich also „Führer” der Taelons? Ein halbes Kind! Mal sehen, was wir mit dir anstellen. Und du bist der... wie nennt ihr das? Kriegsminister? Nein, wie beeindruckend! Ich denke... ja, ich denke, ich werde euch einfach töten müssen. Ohne euch wird euer Volk führer- und ministerlos umherirren; leicht zu fangen und auszulöschen. Wie ich hörte, hat sich der größte Teil eurer Synode selbst getötet. Wie schwächlich ihr doch seid. Ich frage mich, wie ihr so lange gegen uns bestehen konntet. Ach ja, ich vergaß, eure Hilfsvölker! Was sie wohl von euch halten werden, wenn sie sehen, was für Feiglinge ihr im Grunde seid!”
T'than plusterte sich auf. „Wag es nicht, mich einen Feigling zu nennen, Jaridian!”
Fa'loth schaute ihn lächelnd an, dann packte er ihn am Hals und zünde kurz sein Shaquarava. T'than sackte röchelnd in sich zusammen.
„Bringt ihn in eine Zelle und diesmal wird er rund um die Uhr von zwei Soldaten und mit Kameras überwacht! Er kann uns noch nützlich sein. Als Kriegsminister weiß er eine Menge Dinge, die uns helfen werden, unsere Feinde endgültig zu besiegen.”
Er drehte sich zu Zo'or um.
„Was machen wir mit dir, hmm? Ein Kleinkind als Führer! Die Taelons müssen wirklich verzweifelt sein. Ach übrigens: Meine Leute haben die Datenbanken des Schiffes geknackt. Deine kleinen Geheimnisse, deine ‚Projekte’, sind uns also bekannt. Ich wüsste eigentlich nicht, was wir noch mit dir anstellen sollten. Denk du doch mal nach. Vielleicht fällt dir noch was ein, wie du uns helfen könntest. Ansonsten werde ich dich morgen persönlich töten. Führt ihn ab!”
Zo'or war blass geworden. Er musste am Leben bleiben. Es musste einen Weg geben, seinem Volk zu helfen; sie von den Jaridians zu befreien. Wenn er dazu ein doppeltes Spiel spielen musste, gut. Aber was wäre wertvoll genug, um es diesem General anzubieten? Zo'or fing an zu grübeln.

 
* * *
 

Die Widerstandskämpfer, die sich nach den Übergriffen der Taelons hatten in Sicherheit bringen können, versammelten sich nun wieder, wenn auch in Gruppen mit sehr unterschiedlichen Zielen. Einige wollten sich mit all ihrer Kraft hinter die Jaridians stellen, um die Taelons endgültig von der Erde zu vertreiben. Nur eine kleine Gruppe hielt die Jaridians für eine ebenso große Gefahr wie die Taelons. Mit dieser Gruppe setzte sich Liam nun in Verbindung.
Aus den verschiedensten Staaten hatte er Führer von Widerstandszellen zusammengerufen, um sich mit ihnen zu beraten.
Liam berichtete ihnen kurz über das, was Da'an und Lili ihm über die Jaridians erzählt hatten.
„Es gibt also Mitglieder des Jaridianischen Widerstands auf dem Mutterschiff. Habe ich das richtig verstanden?” wollte Carillion wissen.
„Genau. Ter'kozz hat Da'an geholfen zu fliehen. Er steht mit Captain Marquette in Kontakt.”
„Marquette? Ich dachte, sie sei bei dem Angriff auf das Mutterschiff vor ein paar Wochen umgekommen?” warf Martinez ein. Sarah, Beth und Rilei nickten zustimmend.
„Uff, das ist eine lange Geschichte. Sie ist von Agent Sandoval, Zo'ors Beschützer, nach Jaridia geschickt worden. Dort hat sie dann Kontakte zur Widerstandsbewegung knüpfen können.”
„Können wir diesem Terk... irgendwas, können wir ihm wirklich trauen?”
Shadow Walker war sich der Sache nicht sicher.
„Wir können nicht wissen, was für ein Spiel er wirklich spielt. Schließlich ist uns bekannt, wie sehr die Taelons und die Jaridians einander hassen.”
„Er hat Da'an bereits mehrmals das Leben gerettet, und mir auch. Lili vertraut ihm, und ich vertraue Lili.” Liam blickte die Zweifler ernst an.
„Er hat recht. Wenn wir diese Chance nicht nutzen, weil wir unseren Verbündeten nicht trauen, dann haben wir vielleicht alles verspielt.”
Fear stellte sich neben Liam.
„Wer ist noch dafür, dass wir Terk... wie auch immer erst mal vertrauen?”
Smiley und Dani standen auf und gesellten sich zu ihr. Morwen und Mirager wechselten zweifelnde Blicke, stimmten dann aber auch zu. Shadow Walker sah sich überstimmt. „Okay, ich bin dabei.”
„Das wäre also geklärt.
„Wo ist Da'an jetzt? Wenn er zur Erde geflohen ist, ist er in seiner Botschaft nicht sicher. Und was ist eigentlich dran an der Geschichte, dass er mit dem Widerstand zusammengearbeitet hat?” wollte Fear wissen.
„Wenn er bisher auch nicht aktiv am Widerstand teilgenommen hat, jetzt ist er dabei. Er wusste über einige Mitglieder Bescheid und hat darüber geschwiegen. Im Moment befindet er sich hier in unserem Hauptquartier.” erklärte Liam.
„Wir wissen außerdem, dass sich noch andere Taelons auf der Erde versteckt halten. Hier in Nordamerika ist es nur noch der kanadische Companion Li'zel, aber in Europa sind es noch einige. Unsere Leute haben Kontakt mit dem französischen Companion Je'en, dem belgischen, Ja'ain, dem englischen, Qua'or, dem österreichischen, Tra'el und dem deutschen, Ten'ra. Die jeweiligen Companion-Agenten befinden sich ebenfalls in Sicherheit. Ich habe in Europa Widerstandsmitglieder ausfindig machen können, die uns und ihren jeweiligen Taelons helfen wollen. Die Agenten waren zwar nicht so begeistert darüber, aber sie geben zu, dass, wenn _sie_ den Widerstand nicht finden konnten, es auch die Jaridians nicht können.”
In diesem Moment betraten Lili und ein erschüttert wirkender Da'an den Raum. Er blieb stehen und grüßte die Anwesenden mit dem taelonischen Gruß.
Mit zum Teil gemischten Gefühlen grüßten ihn die Widerstandskämpfer zurück.
„Liam... Ter'kozz hat sich wieder gemeldet.”
„Was ist los, Da'an?”
„Zo'or... Er soll in sechs Stunden hingerichtet werden.”
Stille breitete sich im Raum aus.
„Uhm, juchhu?” sagte Mirager.
Lili warf ihm einen bösen Blick zu.
„Liam, wir müssen ihm helfen.”
„Wie sollen wir denn das anstellen?”
„Ihn retten? Er wollte uns versklaven und jetzt sollen wir ihn retten?” Martinez sah Liam ungläubig an.
„Er ist mein Kind...” flüsterte Da'an.
Liam brauchte nicht lange zu überlegen. „Ich werde Ihnen helfen, Da'an.”
Carillion sah sich um, dann stand sie auf. „Ich bin dabei. Wer noch?”
Fear warf Liam einen bewundernden Blick zu. „Ich bin natürlich auch dabei.”
Auch Dani und Morwen stimmten zu.
Martinez sah die anderen kopfschüttelnd an. „Das ist viel zu gefährlich! Ich bleibe jedenfalls hier.”
Sarah und Beth sahen Da'an bedauernd an. „Es ist wirklich riskant. Aber wenn ihr von hier unten Unterstützung braucht, werden wir euch helfen. Ich kenne da ein paar Computerspezialisten, die euch auch helfen könnten.” meinte Beth.
„Augur wird es euch danken! Hoffe ich.”
Fear sah Liam an.
„Wie sieht dein Plan aus?”

 
* * *
 

„Die Shuttles sind bereit, Liam.” berichtete Skrill, einer der Techniker, die Beth besorgt hatte.
„Gut. Dann rufe ich jetzt die Shuttlepiloten aus Europa und Kanada. Ich hoffe, das Ablenkungsmanöver gelingt uns.”
Liam öffnete sein Global für eine Konferenzschaltung.
„Wir haben eine provisorische Tarnvorrichtung erstellt, für kurze Zeit sollte sie ausreichen, um die Jaridians zu täuschen. Sind alle bereit, das Taelon-Mutterschiff anzugreifen? Frankreich?
„Missy bereit!”
„Belgien?”
„Syd bereit, Liam.”
„England? Schottland?”
„Hecate, Raissa, Dreamer und Loui bereit, Sir!”
„Irland?”
„Dave ist bereit zum Start.”
„Kanada?”
„Tag und Sandoval bereit.”
„Sandoval?!?”
„Weder verwandt, noch verschwägert, Sir.”
„Oh, ach so. Fehlen noch Deutschland und Österreich.”
„Foxfeather und Morrigan melden alle Systeme bereit, Liam.”
„Dann los.”
Liam dreht sich zu seinem eigene Shuttle um. Vor ihm stand Da'an.
„Ich komme mit euch, Liam.”
„Kommt ja gar nicht in Frage! Da'an, es ist besser, wenn Sie hier bleiben. Wenn einer der Soldaten da oben Sie erkennt, dann wird Fa'loth nicht eher ruhen, als bis er Sie aufgespürt hat. Außerdem sind Sie noch viel zu schwach. Das Meerwasser hat Ihnen ganz schön zugesetzt.”
Lili kam über den Platz auf sie zugelaufen.
„Da'an! Augur, David und BoredTech suchen dich überall! Du sollt ihnen helfen, die Codes für die Überwachungskameras an Bord zu knacken.”
„Hier unten können Sie uns mehr helfen. Da'an.”
Geknickt drehte sich Da'an zu Lili um.
„Sie haben recht, aber es gefällt mir nicht. Zo'or...”
Für einen Moment leuchtete er blau auf.
„Es wird schon alles klappen, Da'an.”

 
* * *
 

Zo'or kauerte in seiner Zelle und zerbrach sich den Kopf darüber, wie er Fa'loth davon überzeugen konnte, ihn am Leben zu lassen. Einige Angebote hatte er durch die Wachsoldaten schon zu dem General übermitteln lassen, aber ohne Erfolg. Langsam begann er, Panik zu bekommen. Er musste einen Weg finden, am Leben zu bleiben.
Plötzlich höre er, wie draußen Befehle gebrüllt wurden. Das Schiff erzitterte heftig. Ein Angriff?
„Bringt den Taelon hier raus!” dröhnte eine Stimme vor seiner Zelle.
„Was habt ihr mit mir vor?”
„Ruhe!”
Ter'kozz starrte Zo'or lange an. Dann drehte er sich um und gab weitere Befehle.
Zwei Soldaten zerrten Zo'or unsanft aus seiner Zelle und schleppten ihn in den Korridor. Zo'or wehrte sich heftig gegen ihren Griff. Er befürchtete, zu seiner Hinrichtung gebracht zu werden. Aus dem Gang vor ihnen tauchten maskierte Gestalten auf und eröffneten das Feuer auf seine beiden Wächter. Ohne lange zu zögern packten sie ihn dann bei den Armen und führten ihn davon. Einige Gänge weiter trafen sie auf weitere Maskierte.
„Wo ist Sandoval?” wollte einer von ihnen wissen.
„Ich weiß nicht...”
„Bringt ihn zum Shuttle!”

 
* * *
 

Liam rannte weiter durch die Gänge, immer auf der Suche nach seinem Vater. In den Zellenblocks im Heck des Schiffes fand er schließlich einige Freiwillige.
„Wo ist Sandoval?”
„Keine Ahnung, Sir.” antwortete Dru, eine der Freiwilligen, die Liam von der Brücke kannte. Außer ihr waren noch Seven, Karone und Leigh in der engen Zelle.
„Viele von uns haben versucht, die Taelons zu schützen und sind dabei umgekommen.” berichtete Seven. „Ob Agent Sandoval dabei war, weiß ich nicht.”
Liams Hoffnungen schwanden. Dann fasste er sich wieder.
„Kommen Sie, wir müssen hier raus! Die Jaridians haben alle Hände voll damit, unsere Piloten in Schach zu halten, aber wir werden sie nicht mehr lange aufhalten können. Bald werden Sie uns bemerken. Unsere Hacker auf der Erde werden die Systeme des Schiffes auch nicht mehr lange täuschen können.”
„Nebenan sind noch andere Freiwillige, Sir.”
„Holen Sie sie und kommen sie so schnell wie möglich zum Shuttlehangar! Wissen Sie, wo die anderen Taelons sind?”
„Ja, in der Nähe der Brücke, aber sie sind sehr streng bewacht, nachdem es Da'an gelungen ist, zu fliehen.”
„Eine Befreiungsaktion ist jetzt zu riskant. Wir müssen sie hier lassen. Beeilen Sie sich!”
Fünf Minuten später waren alle bei den Shuttles versammelt.
„Verteilen Sie sich auf die Shuttles und fliehen Sie zur Erde. Keine Heldentaten. Versuchen Sie, die Shuttles irgendwo zu verstecken. Melden Sie sich dann in den Botschaften von Deutschland, England oder Frankreich! Viel Glück!”
Liam hielt verzweifelt Ausschau nach Sandoval, aber er konnte ihn nicht unter den befreiten Menschen erkennen, die sich jetzt in aller Eile auf die Shuttles verteilten und starteten.

* * *

Wieder auf festem Boden, führte Liam Zo'or und zwei der Freiwilligen, die ihn im Shuttle begleitet hatten, zum Versteck des Wiederstandes.
Zo'or sah Liam misstrauisch an.
„Woher wussten Sie eigentlich, dass ich hingerichtet werden sollte? Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mich gerettet haben, aber ich verstehe nicht, warum Sie Ihr Leben auf diese Weise riskiert haben, um mich zu retten.”
Liam warf Zo'or einen Blick zu.
„Wir haben einen Informanten an Bord des Mutterschiffes.” Zo'ors Kopf zuckte hoch. Das konnte doch nur ein Jaridian sein. Wohin war er hier geraten?
Liam fuhr fort. „Ihre Rettung verdanken Sie...”
„Da'an!”
„Zo'or!” Vor Freude strahlend kam Da'an auf sein Kind zu. „Sie haben es geschafft!”
Zo'ors Gesicht verfinsterte sich. Das hier musste eine Falle sein. Er war noch immer in den Händen des Feindes.
„Verräter!”
Da'an blieb abrupt stehen. Ein ungläubiger Ausdruck zog über sein Gesicht.
„Was...”
„Du hast uns an den Feind ausgeliefert! Du hast uns in den Untergang geführt!”
Zo'or wurde immer wütender.
Da'an begann, seine Stofflichkeit zu verlieren. Abwehrend den Kopf schüttelnd, wich er vor Zo'or zurück.
„Zo'or, ich habe nicht...”
„Alles Lügen!”
Lili rannte zu Da'an hinüber, um ihn zu stützen.
„Zo'or! Da'an hat die Taelons nicht verraten!”
„Marquette? Ihre Anwesenheit hier beweist es doch! Er hat Sie geschützt, obwohl Sie versucht haben, uns in die Luft zu sprengen.”
Da'an hatte seine menschliche Fassade nun völlig verloren und war auf einem Stuhl zusammengesunken.
Dani und Trinity, eine von Augurs Helfern, wechselten einen Blick.
„Das hat Da'an nicht verdient. Zo'or ist wirklich ein Ekel. Wir hätten ihn da oben verrecken lassen sollen!”
Liam hatte mit offenem Mund den Streit zugesehen. Nun platzte auch ihm der Kragen. Er packte Zo'or an der Schulter und wirbelte ihn herum.
„Halten Sie mal die Luft an, Zo'or! Dass Lili noch lebte, hat Da'an nicht gewusst. Da hat Sandoval Sie belogen. Und einzig und allein Da'ans Fürsprache haben Sie es zu verdanken, dass wir unser Leben riskiert haben, um ihr armseliges Dasein zu retten!”
Zo'or stieß ein bellendes Lachen aus.
„Sie haben mich nicht gerettet. Ich bin noch immer in der Hand der Jaridians. Da'an arbeitet mit dem Feind zusammen. Sie wollen mich in Sicherheit wiegen, um mehr aus mir herauszubekommen.”
Liam schnappte nach Luft und setzte zu einer neuen Tirade an, als Da'an ihn unterbrach. Er wirkte entspannt, als habe er gerade eine schwere Bürde abgelegt.
„Lassen Sie ihn, Major. Er wird Ihnen nicht glauben. Zo'or, General Fa'loth würde niemals so subtil vorgehen, um an die gewünschten Informationen zu kommen. Er nutzt andere Methoden. Solche wie diese hier...”
Er packte Zo'ors Hände und erzwang eine Verbindung mit ihm.
Zo'or wollte noch etwas sagen, aber seine Worte blieben ihm im Hals stecken. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Da'an an, bevor er fast grell aufleuchtete und dann in sich zusammensackte.
Dru und Seven, die beiden Freiwilligen, wollten Zo'or zu Hilfe eilen, wurden aber von Liam mit einer Handbewegung daran gehindert.
„Was tut er da?” wollte Fear wissen.
„Er zwingt Zo'or, mitzuerleben, was er auf Jaridia durchgemacht hat.”
Lili wirkte grün im Gesicht. Voll Horror erinnerte sie sich, wie sie und Ter'kozz Da'an damals in Fa'loths Kerker gefunden hatten. Wie Da'an die Kraft aufbrachte, das alles noch mal zu durchleben, war ihr ein Rätsel.
Nach scheinbar endlosen Minuten ließ Da'an Zo'ors Hände wieder los. Mit Mühe schaffte er es, sein menschliches Aussehen wieder anzunehmen. Er sah blass und eingefallen aus. Lili stützte ihn und trug ihn fast aus dem Raum in ein leeres Zimmer.
Zo'or saß heftig zitternd auf dem Fußboden.
„Er steht unter Schock. Ich kümmere mich um ihn.” sagte Dru und kniete sich neben Zo'or. „Wo kann ich...”
Liam half ihr, Zo'or wieder auf die Füße zu stellen, und brachte die beiden aus dem Zimmer.
Schockiertes Schweigen hatte sich über den Raum gesenkt.
„Machen wir uns wieder an die Arbeit. Wir können ihnen nicht helfen, wenn wir hier rumhängen und Löcher in die Wände starren,” durchbrach Augur die Stille.
„Sie da, Freiwillige.”
„Mein Name ist Seven O'Nine.”
„Okay, Seven. Was können Sie uns über die Zustände auf dem Mutterschiff sagen?”

 
* * *
 

„Da'an?”
Lili hatte den Companion auf ein Sofa gesetzt und ihn in eine Decke gehüllt. ‚Wenn er ein Mensch wäre, würde ich ihm jetzt einen großen Drink holen.’ dachte sie. ‚Aber was mache ich jetzt mit einem Taelon?’
Da'an begann jetzt, heftig zu zittern, und verlor wieder seine Fassade.
„Lili..., hilf mir.”
Er lehnte sich schwer gegen sie.
Lili nahm ihn in die Arme wie ein kleines Kind, wiegte ihn hin und her und flüsterte beruhigende Nichtigkeiten. Sie stütze ihr Kinn auf Da'ans Kopf und summte leise vor sich hin. Da'an hielt sich an ihren Armen fest, als sei sie der einzige Anker in seinem Leben.
Lili spürte, wie er sich langsam wieder entspannte. Sie strich ihm mit der freien Hand über den Kopf.
‚Es ist seltsam,’ dachte sie, ‚er besteht aus Energie und ich könnte durch ihn hindurch greifen, wenn er es wollte, aber wenn ich die Augen schließe, fühlt er sich so normal an, als würde er hierher gehören.’
Sie küsste ihn auf die Stirn.
Überrascht blickte Da'an auf.
„Ich bin immer bei dir, ich werde nicht zulassen, dass sie dir wieder weh tun.” flüsterte sie.
Langsam malte sie die Energiespuren in Da'ans Gesicht nach.
„Ich liebe dich, Da'an.”
Diesmal küsste sie ihn auf den Mund.
Zu ihrer Überraschung küsste Da'an sie zurück.
*Ich liebe dich auch, Lili.* hörte sie ihn in ihrem Kopf.
Sie öffnete ihm ihre Gedanken und hüllt ihn in ihre Gefühle ein wie in eine Decke.
Mit einem Gefühl der Erfüllung spürte sie, wie sich ihre Gedanken verschränkten.

 
* * *
 

Dru machte sich Sorgen um Zo'or. Er war aus seiner Erstarrung aufgewacht und murmelte auf Eunoia vor sich hin. Auf ihre Versuche, mit ihm zu sprechen, hatte er nicht reagiert. Was auch immer diese seltsame Verbindung zwischen ihm und Da'an gewesen war, sie hatte Zo'or völlig durcheinander gebracht.
Jetzt schien er jedoch endlich wieder aufzuwachen.
„Zo'or?”
Er reagierte nicht. Vorsichtig wagte Dru es, seine Hand zu berühren.
Zo'or hob langsam den Kopf und schaute ihr lange ins Gesicht.
Dru wurde es mulmig. Was kam jetzt?
„Ich habe ihn nie richtig verstanden.”
„Wen?”
„Da'an. Seine Ansichten über die Menschheit. Ich habe ihn für schwach gehalten, aber das ist er nicht. Ich habe so vieles falsch gemacht. Was soll ich jetzt tun?”
Dru sah in erstaunt an. So hatte sie den Führer der Synode noch nie erlebt. Zo'or sah sie noch immer an, als bäte er sie um Hilfe.
„Uhm, na ja, wenn ich was falsch gemacht habe, dann bin ich zu der betreffenden Person gegangen und habe mich bei ihr entschuldigt. Danach ging es mir immer viel besser.”
„Da'an wird mir niemals vergeben.”
„Unsinn, Zo'or. Da'an wollte selbst wieder auf das Mutterschiff zurückkehren, um Sie zu retten. Er liebt Sie. Natürlich wird er ihnen vergeben. Jetzt zerfließen Sie mir nur nicht in Selbstmitleid. Das können wir hier wirklich nicht gebrauchen!”
‚Ups. Das war nicht gut. Jetzt reißt er mir den Kopf ab.’ dachte Dru und duckte sich. Zu ihrer Überraschung sah Zo'or sie nur hoffnungsvoll an.
„Ich werde es versuchen.”
Er zögerte.
„Uhm, soll ich vielleicht mitkommen?”
Zo'or glühte auf. „Ja, das wäre... hilfreich.”
Mit einem ‚Oh, Gott, was mache ich hier bloß’ zog Dru den Taelon vom Boden hoch.
Zo'or zuckte zusammen, als plötzlich die Tür aufging. Er hielt sich immer noch an Drus Hand fest.
Da'an und Lili kamen herein.
Ohne noch lange zu überlegen, redete Zo'or los.
„Da'an! Ich möchte mich bei dir entschuldigen.”
„Zo'or! Ich... sehe, dass es dir besser geht. Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun dürfen.”
Beide sprachen zur gleichen Zeit.
„Da'an. Bitte hör mir zu. ich weiß nicht, ob das sonst je wieder tun kann. Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich hätte wissen müssen, dass du unser Volk niemals verraten würdest. Ich... ich weiß nicht, ob ich... nein. Ich bin sicher, dass ich Fa'loths Verhöre nicht durchgehalten hätte. Ich habe soviel falsch gemacht und ich möchte mich bei dir entschuldigen.”
Zo'or hielt den Kopf gesenkt und starrte den Boden an. Lili bemerkte amüsiert, dass er noch immer Drus Hand festhielt. Dru hatte versucht, ihre Hand wegzuziehen, aber Zo'ors Griff hatte etwas Schraubstockartiges angenommen. Mit rotem Kopf schielte sie nun zu Lili hinüber.
Da'an hatte sich Zo'ors Entschuldigung ruhig angehört. Jetzt legte er Zo'or die Hand auf die Schulter.
„Ich bin dir nicht böse, Zo'or. Ich weiß, dass du nur das Beste für unser Volk im Sinn hattest. Wie könnte ich meinem Kind nicht verzeihen?”
Zo'or hob den Kopf, und hielt Da'an seine freie Hand hin. Da'an ergriff sie und zog Zo'or in eine Umarmung.
Dru schnappte nach Luft, als sie die Gefühle der beiden Taelons aufschnappte. Zo'or hatte sie offenbar völlig vergessen. Erst als er sich wieder von Da'an löste, bemerkte er ihre Anwesenheit und ließ ihre Hand los. Verlegen sah er sie an und einen Moment lang schien es, als ob er ihr etwas sagen wollte, dann riss er sich wieder zusammen.
„Wir sollten uns an die Arbeit machen und versuchen, das Schiff wieder in unsere Hand zu bekommen.”
„Damit bin ich einverstanden, Zo'or. Aber denk daran. Diesen Kampf führt Liam an, nicht du. Die meisten der Menschen hier gehören zum Widerstand. Sie werden nicht auf dich hören.”
Zo'or sah Da'an einen Augenblick lang verblüfft an. Er wollte instinktiv anordnen, diese Menschen festnehmen zu lassen, ehe er sich an die geänderten Bedingungen erinnerte.
„Ich werde versuchen, daran zu denken.”
Die beiden Taelons verließen in Harmonie und Eintracht den Raum.
Lili drehte sich zu Dru um, die wie angewachsen mitten im Raum stand und ihre Hand betrachtete.
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?”
„Was... was war das?”
„Taelons können ihre Gefühle und ihr... ‚Selbst’ über eine Berührung mit der Hand einem anderen mitteilen. Die Verbindung mit Ihnen scheint ungewollt zustande gekommen zu sein. Ich war beim ersten Mal auch ziemlich durcheinander. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht?”
„Sie... auch?”
„Ja. Mit Da'an.”
„Sie und Da'an stehen sich sehr nahe, nicht war? Ich habe sein Gesicht gesehen, als er von der Bliss-Geschichte erfuhr. Und von Ihrem Tod...”
Lilis Gesicht wurde verträumt. „Ja, wir stehen uns nahe.” Sie riss sich wieder zusammen.
„Was haben Sie von Zo'or empfangen? Wenn Sie darüber reden wollen...”
„Er ist... durcheinander. Sein ganzes Weltbild ist erschüttert worden. Es sieht so aus, als habe er niemals gelernt, dass es außer schwarz und weiß auch Grautöne gibt. Er gibt es nicht zu, aber Da'ans Meinung bedeutet ihm sehr viel. Seine Aufgabe als Führer der Synode ist ihm eine schwere Bürde, manchmal zu schwer. Er sehnt sich danach, jemanden zu haben, der ihm zur Seite steht. Da ist noch viel mehr, über die Menschen und Da'an. Aber ich muss das erst mal verdauen.”
Lili legte Dru die Hand auf die Schulter.
„Ruhen Sie sich erst mal aus. Ich wette, auch Zo'or hat erst mal eine Menge zum Nachdenken.”

 
* * *
 

Zo'or hatte seine Mühe, sich in seiner neuen Umgebung zurecht zu finden. Er war nur selten in Kontakt mit ‚normalen’, nicht implantierten Menschen gewesen. Er versuchte, Da'an zuliebe sein überhebliches Verhalten gegenüber den Menschen abzulegen, aber es gelang ihm nicht immer.
Immer wieder ertappte er sich dabei, Da'an zu beobachten. Wie konnte er den Menschen so vertrauen? Der Computerhacker, Augur, war derjenige gewesen, der Da'an damals in einen Atavus verwandelt hatte, das hatte Zo'or zufällig in einem Gespräch mitbekommen. Und Da'an wusste das auch. Aber trotzdem schien er sich mit dem exzentrischen Menschen gut zu verstehen.
Und Da'ans Beziehung zu Marquette schien ihm noch unverständlicher. Sie war ein loyales Mitglied des Widerstandes und hatte versucht, Da'an und alle anderen Taelons und Menschen an Bord des Mutterschiffes in die Luft zu jagen. Aus der Verbindung mit Da'an hatte er erfahren, dass Marquette maßgeblich an Da'ans Rettung auf Jaridia beteiligt gewesen war. Aber das erklärte doch nicht die Nähe, die die beiden augenscheinlich teilten. Die beiden wechselten immer wieder kleine Berührungen, lächelten sich durch den Raum zu und traten überhaupt fast nur zusammen auf.
Zo'or gab sich die größte Mühe, seinen Vater zu verstehen, aber diese Attraktion zu den Menschen blieb ihm ein Rätsel.
Überhaupt, Menschen. Was war der Grund, warum diese Freiwillige, Dru, ihm geholfen hatte und sich um ihn gekümmert hatte? Verlegen und wütend auf sich selbst fragte er sich, warum er ihr vertraut hatte. Er hatte sie berührt und sich an ihre Hand geklammert wie ein Kleinkind. Er hatte sie in die Verbindung mit hineingezogen, ehe ihm noch bewusst werden konnte, was er da tat. Die Gedanken und Emotionen, die er von ihr empfangen hatte, waren verwirrend gewesen. Er hatte versucht, sie zu verdrängen, aber immer wieder musste er sich aus einem grüblerischen Gedankenkreis reißen, der sich um diese Frau drehte. In ihren Gedanken waren Angst und der Drang zum Weglaufen gewesen, aber auch noch etwas anderes, das er nicht so recht einordnen konnte.
Zo'or hatte bemerkt, das Dru ihm aus dem Weg ging, ihn aber auch, wann immer es möglich war, beobachtete. Was hatte sie wohl von seinen Gedanken gespürt? Die ganze Sache war ihm peinlich und unangenehm und trotzdem zog es ihn immer wieder zu der Freiwilligen hin.
Da'an hatte Zo'ors Kampf mit sich selbst bemerkt und hielt ein Auge auf sein Kind. Er war stolz auf ihn. Zo'or versuchte, sich zu ändern und zu verstehen und das war alles andere als leicht für ihn. Der Umgang mit den Menschen erschreckte ihn. Obwohl Krieg herrschte, konnten die Menschen um ihn herum Witze reißen und lustig sein. Sie quollen vor Kraft und Tatendrang beinahe über.
Da'an erinnerte sich, wie sehr ihn dieser unbändige Wille zu leben und das so kurze menschliche Leben zu genießen erstaunt hatten, als er zur Erde gekommen war. Durch seine enge Zusammenarbeit mit Boone war diese Sicht des Lebens auf ihn abgefärbt. Er hatte sich wie neugeboren gefühlt, jung und voller Energie. Zo'or hatte diese Energie abtöten, die Menschheit zu Sklaven machen wollen. Aber selbst Zo'or schien diese Energie jetzt wahrzunehmen.
Lili hatte ihm von Dru erzählt. Sie hatte die Freiwillige und Zo'or beobachtet und berichtete amüsiert über jedes neue Vorkommnis in der seltsamen Beziehung der beiden. Sie schienen einander zu mögen, aber keiner wollte es dem anderen gegenüber zugeben, geschweige denn gegenüber sich selbst. Viele der anwesenden Menschen hatten diese Beziehung inzwischen bemerkt und Da'an hatte sogar mitangehört, wie Wetten über den Fortgang des Ganzen abgeschlossen worden waren. Er hoffte nur, dass Zo'or etwaige Verkupplungsversuche mit Humor aufnehmen würde.
Die Veränderung in seiner Beziehung zu Lili war von den Menschen schnell bemerkt und von den meisten auch akzeptiert worden. Er machte sich noch immer Sorgen, wie Zo'or diese Beziehung aufnehmen würde, aber Lili überzeugte ihn davon, dass Zo'or das wohl kaum etwas anginge. Die meisten Widerstandskämpfer hatten Da'an schnell als einen der ihren angenommen und freuten sich mit ihm über seine neugefundene Liebe.

 
* * *
 

Fa'loth schäumte vor Wut darüber, dass ihm schon wieder ein Gefangener entkommen konnte. Irgendetwas ging hier doch nicht mit rechten Dingen zu.
„Finden Sie gefälligst heraus, wie diese Menschen erfahren konnten, was mit dem Taelon-Führer geplant war,” wandte er sich an die Person, die hinter ihm stand.
„Ich will wissen, wer sie sind, und was sie vorhaben. Und das so schnell wie möglich. Ich will doch sehr hoffen, das Sie mit dem Überfall nichts zu tun hatten, oder, Agent?”
Sandoval schüttelte den Kopf.
„Nein, General. Ich habe nichts davon gewusst. Es muss eine undichte Stelle an Bord geben. Ich werde sie finden, verlassen Sie sich darauf.”
„Es ist gut zu wissen, dass Sie mit uns kooperieren, Sandoval.”
Sandoval antwortete nicht. Im Stillen verfluchte er Fa'loth. Er hatte den Kontakt zu den Jaridians gesucht, damit sie ihm halfen, die Taelons von der Erde zu vertreiben. Er hatte die nötigen Informationen übermittelt, die die Jaridians brauchten, um zur Erde zu gelangen, und er hatte die Instrumente des Mutterschiffes sabotiert, damit sie die feindlichen Schiffe viel zu spät orteten. Sein Ziel war eine Allianz mit den Jaridians gegen die Taelons gewesen. Aber mit Fa'loth war er vom Regen in die Traufe geraten. Dieser Jaridian war mit Sicherheit wahnsinnig. Und machtgierig. Fa'loth wollte die Erde genauso unterjochen wie die Taelons. Und er hatte die Macht dazu. Aber Sandoval musste wohl oder übel weiterhin vortäuschen, auf Fa'loths Seite zu stehen. Er hatte gesehen, wie der General mit Dingen und Wesen, die nicht in seine Pläne passten, umsprang.
Sandoval war froh, dass Zo'or entkommen konnte. Er mochte den Taelon nicht, aber der Tod, den Fa'loth für ihn geplant hatte, war selbst für Zo'or zu grausam gewesen. Da'ans Tod hatte Sandoval mehr mitgenommen, als er vor sich selbst zugeben wollte. Da'an war... anders gewesen. Er war so ziemlich der einzige Taelon gewesen, den Sandoval gemocht hatte, auch ohne den motivatorischen Imperativ. Nach Da'ans Flucht hatte Fa'loth zunächst Sandoval in Verdacht gehabt, ihm geholfen zu haben. Dann fiel ihm ein, dass Sandoval ja wie alle anderen Skrillträger außer Gefecht gewesen war, als der Taelon entkam. Mit Schaudern erinnerte sich Sandoval an den fast schon enttäuschten Ausdruck in Fa'loths Gesicht, als er erfuhr, dass Sandoval nicht der gesuchte Verräter war.
Der nächste Verdächtige war Ter'kozz, einer der ranghöchsten Soldaten an Bord. Sandoval erinnerte sich an ihn. Er war bis vor mehreren Monaten auf dem Mutterschiff gefangen gewesen, konnte entkommen und war von Kincaid und Marquette für tot erklärt worden. Wieso er jetzt quicklebendig wieder hier war, konnte Sandoval sich nicht erklären. Er hatte auch keinerlei Kontakt zu Marquette bekommen können. Sie war von ihm nach Jaridia geschickt worden, um erste Kontakte zu knüpfen. Das hatte sie auch getan. Dann war ihr CVI ausgefallen und seitdem hatte Sandoval den Kontakt zu ihr verloren. Auch Da'an, der ja auf Jaridia gewesen war, hatte nichts über sie erwähnt.
Ter'kozz hatte zur Zeit von Da'ans Flucht von Jaridia mit dem Taelon in Kontakt gestanden und auch hier gehörte er zu den letzten, die ihn lebend gesehen hatten. Aber erstens hatte er ein Alibi durch mehrere Soldaten, die ihn zur fraglichen Zeit gesehen hatten und zweitens konnte Sandoval sich nicht vorstellen, dass Ter'kozz den Wesen, die ihn so lange gefangen gehalten hatten, helfen würde.
Aber wer auch immer Zo'or geholfen hatte zu entkommen, er stand auf Sandovals Seite. Er musste diese Leute nur noch finden, dann konnte er sein Doppelspiel beginnen.

 
* * *
 

Auf der Erde hatten die Widerstandskämpfer beschlossen, mal einen freien Tag einzulegen. Augur hatte Geburtstag und man hatte sich unter Vorschlägen wie ‚große Party’ und ‚Kneipentour’ für einen Videoabend entschieden.
Molly und Kathryn hatten alles in Bewegung gesetzt, um an den neuesten Star Wars-Film heranzukommen. Mit Feuereifer hatten sie sich daran gemacht, Da'an und Zo'or das Geschehen der ersten sieben Episoden zu erklären.
Nachdem Da'an sicher war, dass sich Zo'or bei den beiden in guten Händen befand, verdrückte er sich in Richtung Küche. Er hatte bereits zusammen mit Boone Bekanntschaft mit Luke Skywalker, Obi-Wan Kenobi und Yoda gemacht. Von der Küchentür aus warf Da'an noch einmal einen Blick zurück auf Zo'or, der mit weit aufgerissenen Augen zuhörte, wie Kathryn ihre Lieblingshelden beschrieb, als kenne sie sie schon seit Jahren persönlich.

In der Küche herrschte ein heilloses Chaos. Lili, Liam, Augur und noch einige andere Mitglieder der Bewegung versuchten sich zu einigen, was auf eine ordentliche Pizza gehörte und was nicht. J und Jade sahen aus, als wären sie in ein Mehlfass gefallen. Offenbar waren sie für die Herstellung des Teigs verantwortlich. Mithril und Jazia kämpften mit den bereits fertigen Teigfladen, die sich weigerten, sich in eine auch nur annähernd runde Form walzen zu lassen. Überall waren offene Dosen, Schalen und Teller verteilt, gefüllt mit den verschiedensten Pizzabelägen. Hinter Da'an drängte sich Crystal in die Küche und schob einen Platz auf dem Tisch frei, auf dem sie mehrere Papiertüten abstellte.
Lili begann sofort, den Inhalt zu untersuchen.
„Noch mehr Tomaten. Champignons, Schinken und Salami. Spaghetti? Na ja, wer's mag. Sardellen und Thunfisch. Igitt. Und... Erdbeermarmelade?!?”
„Jep. Die ist für mich.” Trinity schnappte sich das Glas und tanzte damit durch die Küche.
„Du tust Erdbeermarmelade auf deine Pizza?” Fear sah sie entgeistert an. Okay, Trinity war etwas... ungewöhnlich, aber das kannte sie auch noch nicht.
Lili schüttelte sich. „Wo ist denn der Käse?”
„Oh, Mist! Komme gleich wieder!” Crystal wirbelte herum und stürmte wieder hinaus, wobei sie Da'an beinahe umrannte. „Tschuldigung!” und weg war sie.
Jetzt hatte auch Lili den Taelon entdeckt. Mit klebrigen Händen ging sie auf ihn zu und gab ihm einen Kuss.
„Kannst du mir mal die Dose da aufmachen, Da'an?”
Sie deutete auf eine Dose Obstsalat. Da'an ging zum Tisch und sah sich suchend um. Im Vorbeigehen drückte ihm Mithril einen Dosenöffner in die Hand. Da'an betrachte das Gerät einige Sekunden kritisch, dann versuchte er die Dose zu öffnen. Nach einigen Fehlversuchen hielt er Lili stolz die offene Dose hin.
„Hm? Oh, danke, Da'an. Da sind noch mehr Dosen.” Mit voller Konzentration belegte Lili ihre Pizza in kunstvollen Mustern mit Champignons, Schinken, Salami und Früchten.
Während Da'an weiter mit diversen Dosen kämpfte, ging hinter ihm zwischen J und Jade eine Mehlschlacht los, die schnell um sich griff. Minuten später wusste niemand mehr, um was es eigentlich gegangen war, aber man hätte alle Anwesenden leicht als neue Rekruten zur Geisterarmee schicken können.

Als die Pizzen fertig belegt im Ofen und die Küche wieder als solche erkennbar war, zog die Küchencrew wie eine Parade von Wüstensträflingen durchs Wohnzimmer, um sich auf ihre jeweiligen Zimmer zurückzuziehen und die Kleidung zu wechseln. Nur Crystal, die mit dem Käse erst später zurückgekommen war, sah noch halbwegs normal aus.
Dann machten es sich alle mit ihren Pizzen vor dem Fernseher bequem. Trinity und ihre Marmeladenpizza standen natürlich im Mittepunkt des Gesprächs. Sie genoss es sichtlich und weigerte sich, irgendjemanden von ihrer Kreation probieren zu lassen.
„Apropos probieren.” fiel Lili ein.
„Da'an und Zo'or, ihr habt ja gar nichts von der Pizza. Es ist wirklich schade, dass Taelons nicht essen.”
„Aber probieren kann ich deine Pizza trotzdem.” sagte Da'an grinsend und hielt Lili seine Hand hin.
Lili sah die Hand zunächst verwirrt an, doch dann ging ihr ein Licht auf. Sie berührte Da'ans Handfläche und biss dann genüsslich in ihre Pizza.
Ein Leuchten zog über Da'ans Gesicht.
„Das ist... interessant. Ich glaube, ich mag Pizza.” sagte er dann.
Lili sah Dru fest in die Augen und nickte mit dem Kopf in Zo'ors Richtung.
Dru wurde rot.
„Uhm, Zo'or...?”
Schüchtern hielt sie ihm die Hand hin.
Zo'or sah Da'an mit einem komisch-entsetzten Gesichtsausdruck an, doch der nickte nur zustimmend.
„Probier es ruhig, Zo'or. Es... ‚schmeckt’... wirklich gut.”
Er drehte sich wider zu Lili um.
„Bekomme ich noch ein Stück?”
Zo'or hatte die amüsierten Blicke der anderen bemerkt und schielte unentschlossen auf Drus Hand.
‚Ich werde mich doch nicht von einer Horde Menschen fertig machen lassen.’ dachte er. Ohne weiter zu zögern, ergriff er Drus Hand.
Überrascht blickte sie auf. Dann entspannte sie sich, grinste Zo'or an und biss ab. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich voll auf den Geschmack von Tomate, Käse und Ananas. Als sie die Augen wieder aufmachte, lächelte Zo'or sie an.
„Du hattest recht. Es... ‚schmeckt’ nach mehr.”

Es war weit nach Mitternacht, als Augur den Videorecorder abstellte. Er sah sich um. Überall standen leere Teller und Gläser. Lili war auf der Couch eingeschlafen und Dru hatte sich an Zo'ors Schulter gelehnt und war ebenfalls ins Traumland verschwunden.
Zo'or saß stocksteif da und ließ sie nicht aus den Augen. Schlafende Menschen waren ihm unheimlich. Auch Taelons konnten durch das Samhaad (sp?) in einen schlafartigen Zustand geraten oder das Bewusstsein verlieren, aber sie träumten nicht. Aber Dru träumte, und durch die Berührung mit ihr konnte er Fetzten davon selbst miterleben. Was ihn noch mehr erschreckte, war, dass sie von _ihm_ träumte.
Er sah zu Da'an hinüber, der mit geschlossenen Augen vor der Couch auf dem Boden hockte und Lilis Hand hielt. Er wirkte zufrieden und erfüllt, so als sei er an einem lang ersehnten Ziel angekommen. Zo'or war sich nicht sicher, aber es schien ihm, als ob beide, sowohl Da'an als auch Lili, von einem schwachen Lichtschein eingehüllt würden.
Augur lächelte Zo'or zu, als er eine Decke vom Boden aufhob und Lili damit zudeckte. Dann holte er noch ein zweite aus dem Nebenraum und legte sie um Dru und Zo'or, ehe er den Raum verließ und das Licht ausschaltete.

Am nächsten Morgen waren alle damit beschäftigt, das Hauptquartier nach der Party wieder auf Vordermann zu bringen, als Lilis Global piepste. Der Bildschirm blieb schwarz und die Stimme, die sich meldete, klang verzerrt.
„Hallo Erdlinge. Hier spricht ET.” nannte Ter'kozz ein vereinbartes Passwort.
„Ich habe gute Nachrichten für euch. Meine Schwester und ihre Freunde haben mir berichtet, dass das jaridianische Volk kurz vor einem Putsch steht. Jetzt, wo Fa'loth den Planeten verlassen hat, wagen die Leute, über seine Regierung nachzudenken. Der Widerstand hat die Bevölkerung fast soweit, dass sie ihn stürzen wollen. Aber sie haben noch zuviel Angst vor ihm. Wenn wir ihn ausschalten können, wird auf Jaridia eine neue Regierung eingesetzt. Und die wird vielleicht mit euch verhandeln. Und vielleicht auch mit den Taelons.”
„Das sind großartige Nachrichten! Warum greift ihr ihn nicht auf dem Schiff an? Außer dir sind doch noch andere Mitglieder des Widerstands auf dem Schiff. Ihr könnt ihn besiegen.” schlug Lili vor.
„Einen Anschlag auf einen unserer eigenen Rasse lässt die Ehre nicht zu. Nicht nur die Ehre des Attentäters würde verletzt, sondern auch die des ganzen Volkes. Seit langer Zeit schon hat kein Jaridian einem anderen mehr körperliches Leid zugefügt.”
„Aber so wie Fa'loth handelt, verstößt er dann doch gegen euren Ehrenkodex. Er...”
„Trotz allem ist er ein Jaridian.” unterbrach Ter'kozz Lili. „Ich verlange nicht, dass du das verstehst. Mir ist bekannt, dass die Menschen nicht nach einem solchen Kodex handeln. Wir werden Fa'loth kein Haar krümmen. Und wenn ihr von meinem Volk akzeptiert werden wollt, dann dürft auch ihr ihn nicht kaltblütig umbringen.”
„Das stellt uns vor große Probleme.”
„Es stürzt auch mein Volk in einen großen Konflikt. Aber die Ehre ist unser höchstes Gesetz. Und wir sind nicht bereit, es zu brechen.”
„Dann werden wir einen anderen Weg finden. ” versprach Lili.

 
* * *
 

Lili hatte ihr Global gerade wieder geschlossen, als Augur herein stürzte.
„Lili! Hast du schon die Nachrichten gesehen?”
Lili folgte ihm in den Nebenraum, wo der Fernseher in voller Lautstärke die neusten Nachrichten zeigte.
„...haben die Jaridians ein Ultimatum gestellt. Wenn nicht binnen 24 Stunden alle sich noch auf der Erde aufhaltenden Taelons zum Mutterschiff zurückkehren, werden die Jaridians die taelonischen Botschaften in allen Städten angreifen. Die Regierungen der betroffenen Länder sind sehr um die Sicherheit ihrer Bürger besorgt. Niemand weiß, ob dabei nicht auch Zivilisten verletzt werden könnten. Es ist uns bisher nicht gelungen, Kontakt zu den Taelons in den Botschaften aufzunehmen. Es sind Gerüchte in Umlauf, dass die Companions bei einzelnen Widerstandsgruppen Zuflucht gefunden haben. Die Regierungen appellieren daher an diese Gruppen: Liefern Sie die Taelons an die Jaridians aus, oder die Menschheit wird in einen intergalaktischen Krieg mit hineingezogen. Ich wiederhole...”
„Was denken die sich eigentlich? Wir sind doch schon mittendrin in diesem Krieg. Glauben die wirklich, wenn wir uns ducken und lieb Kind spielen, werden die Jaridians uns in Ruhe lassen? So was naives habe ich noch nicht gesehen.”
Lili schäumte vor Wut.
„Wenn wir Fa'loths Forderungen auch nur einmal nachgeben, dann hat er uns in der Hand.” sagte Liam, der zusammen mit einigen anderen Widerstandskämpfern die Sendung verfolgt hatte.
„Wir müssen was tun!” meinte Lili und berichtete, was sie von Ter'kozz erfahren hatte.
Liam wanderte einige Minuten grübelnd durch den Raum, dann drehte er sich zu Augur um.
„Nimm Kontakt zu den europäischen und kanadischen Widerstandszellen auf. Sag ihnen, sie sollen die Taelons darauf vorbereiten, zum Mutterschiff zurückzukehren. Ich habe eine Idee, wie wir Fa'loth festsetzten können.”

 
* * *
 

Sandoval tat Dienst auf der Brücke des Mutterschiffes. Er war noch immer auf der Suche nach dem Verräter, der ihm vielleicht die Möglichkeit geben würde, seinen Fehler der Menschheit gegenüber wieder gut zu machen. Eine blinkende Anzeige neben seiner linken Hand signalisierte ihm, dass seine Suchprogramme etwas ungewöhnliches aufgeschnappt hatten. Schnell legte er die Hand darauf. Fa'loth brauchte nichts von seinem Fund zu erfahren.
Eine nähere Diagnose ergab, dass eine nicht genehmigte Funkverbindung vom Mutterschiff zur Erde stattgefunden hatte. Die genaue Quelle an Bord ließ sich nicht ausfindig machen. Die Signatur ließ ein Global vermuten. Aber wer an Bord verfügte noch über ein Global? Mit speziellen Algorithmen konnte Sandoval nach mehreren Minuten Arbeit die gewählte Nummer entschlüsseln. Sie war in keiner Datei verzeichnet. Es musste sich um ein nicht registriertes Gerät handeln. Wer auch immer der Kontakt auf der Erde war, er konnte es nur herausfinden, wenn er die Nummer anrief.

 
* * *
 

Liam gab die letzten Anweisungen an seine Leute, als er hörte, wie Lilis Global erneut piepste.
„Schon wieder Ter'kozz?” fragte er.
Lili öffnete ihr Global und erstarrte, als sie Sandoval erkannte. Das Global war noch immer auf Verschlüsselung eingestellt, so dass er sie nicht erkennen konnte. Mit einer Hand winkte sie Liam zu sich herüber.
„Ich weiß nicht, wer Sie sind.” begann Sandoval. „Und ich will es auch nicht wissen, denn ich will Sie nicht in Gefahr bringen. Mir ist bekannt, dass Sie mit einem jaridianischen Doppelagenten hier an Bord in Kontakt stehen. Es ist meine Schuld, dass die Jaridians so überraschend angreifen konnten. Ich habe einen großen Fehler gemacht und will Ihnen helfen. Fa'loth plant, die Erde in jedem Fall zu unterjochen und in das jaridianische Imperium einzugliedern. Für den Fall, dass Sie mir nicht glauben, schicke ich ihnen die geheimen Daten Fa'loths, soweit ich auf sie zugreifen kann.”
Schockiert hörten Liam und Lili Sandovals Worten zu. Das war also sein Plan gewesen.
Obwohl Liam über Sandovals Verrat an der Menschheit wütend war, zeichnete sich die Erleichterung, dass sein Vater lebte, doch deutlich in seinem Gesicht ab.
„Ich beginne mit der Übertragung.” Liam sah, wie sein Vater einige Schaltflächen auf dem Global berührte und sich dann erschrocken umsah. Sandovals Global fiel zu Boden und zeigte noch, wie er von jaridianischen Soldaten festgenommen wurde, ehe der Bildschirm schwarz wurde.

 
* * *
 

Als Sandoval erwachte, fand er sich in einem der Labors des Mutterschiffes an einen Tisch gefesselt wieder. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie Fa'loth mit einem vergnügten Grinsen im Gesicht den Raum betrat. Ein Soldat, der eine kleine Kiste trug, folgte ihm.
Mit einem Glitzern der Vorfreude in den Augen sah Fa'loth auf Sandoval hinunter.
„Haben Sie wirklich gedacht, ich würde Sie nicht genauestens im Auge behalten, Mensch? Ich weiß doch, dass die Menschheit keine Ehre besitzt. Aber dieses Signal, dass Sie da entdeckt haben, gute Arbeit. Ich werde schon herausfinden, von wem es gesendet worden ist. Sie können gut mit den Kontrollen des Schiffes umgehen, Mensch. Leider hat der sogenannte Kriegsminister überhaupt keine Ahnung von dieser Technik gehabt. Er war uns nur solange von Nutzen, bis wir die Pläne der Taelons für die anderen Völker der Galaxis aufgedeckt hatten, mit deren Hilfe sie uns vernichten wollten. Ich habe ihn noch etwas verhört, aber er war nicht sehr zäh, leider. Der Taelon, den meine Leute versehentlich abgeschossen haben, war da viel amüsanter. So ein Pech, dass er jetzt auch tot ist. Aber was soll's. Ich bin gespannt, wie viel ihr Menschen so aushaltet.”
Fa'loth öffnete die Kiste, die der Soldat für ihn getragen hatte und zog ein seltsam geformtes Werkzeug heraus, mit dem er sich über Sandoval beugte.

 
* * *
 

„Verdammt! Wir müssen sofort was tun!”
Liam wanderte wieder im Raum herum.
„Wir werden meinen ursprünglichen Plan weiterverfolgen. Aber alles muss jetzt viel schneller gehen.”
„Wie sieht Ihr Plan denn genau aus, Liam?” wollte Da'an wissen. Er und Zo'or hatten während des Kontakts mit Sandoval den Raum betreten und dessen Verhaftung mitbekommen.
„Wenn es Ter'kozz gelingt, Fa'loth abzulenken und den Dienstplan seiner Männer so zu ändern, dass sie die ankommenden Taelons in Empfang nehmen, können sich diese ungehindert auf dem Schiff bewegen. Sie kennen die Kontrollen besser als wir und können die Soldaten an Bord außer Gefecht setzten, wenn sie dabei von Ter'kozz’ Männern unterstützt werden. Wenn es uns gelingt, die Kontrollen für das Schiff hier zur Erde zu übertragen, haben wir die Jaridians in der Hand. Und ohne seine Soldaten ist auch Fa'loth nicht mehr so mächtig wie er tut. Er spielt uns mit seinen Drohungen gegen die Erdbevölkerung sogar noch in die Hände. Wenn er die Nachrichten verfolgt, wird er glauben, wir hätten zu große Angst, um das Risiko einzugehen, uns mit ihm anzulegen. Er wird nicht damit rechnen, von einer Handvoll Menschen überrumpelt zu werden. Der Plan ist gefährlich, aber er ist unsere Chance. Wir dürfen nicht länger warten.”
Liam wandte sich an Zo'or.
„Bitte sprechen Sie mit den anderen Companions auf der Erde. Überlegen Sie sich, wie wir das Schiff unter Kontrolle bringen können. Augur und seine Leute werden Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.”
Zo'or nickte und ging mit Augur und Da'an in den Nebenraum, um seinen Teil dieser Aufgabe in Angriff zu nehmen.
Liam teilte seine Leute ein, damit sie die notwendige Ausrüstung zusammenstellten, und machte sich dann an die Arbeit, die Widerstandszellen in Europa in seinen Plan einzuweihen. Lili meldete sich bei Ter'kozz.

Zwei Stunden vor Ablauf des Ultimatums waren alle einsatzbereit. Die Taelon-Botschaften hatten durchgegeben, dass die Companions bereit waren, sich zu ergeben. Die Nachrichtensender hatten diese Meldung überall verbreitet und natürlich nicht versäumt, über die Welle der Erleichterung unter den Menschen zu berichten.
Lili betrat den Raum.
„Ter'kozz hat gemeldet, dass seine Leute bereit stehen. Wir können starten.”
„Gut. Alle Mann zu den Shuttles. Da'an?”
„Dieses Mal komme ich mit, Liam. Auf dem Mutterschiff wird jeder Taelon gebraucht.”
„Na gut. Einverstanden. Aber passen Sie auf sich auf.”
Liam legte eine Hand auf Da'ans Schulter, dann drehte er sich herum und gab letzte Anweisungen. Außer einem menschlichen Piloten befand sich noch je ein Widerstandskämpfer mit an Bord der Shuttles. Nicht viel, aber alles andere wäre zu auffällig gewesen.
Augur und seine Techniker hatten jedem kleine Sender mitgegeben, die miteinander vernetzt waren, so dass die ganze Aktion von der Erde aus koordiniert werden konnte.
„Na dann mal los.” meinte Liam, nachdem er sich in den Pilotensitz von Zo'ors Shuttle festgeschnallt hatte. „Auf in den Kampf.”
Die Shuttles starteten.

 
* * *
 

Zunächst ging alles glatt. Die Shuttles wurden von Ter'kozz Leuten in Empfang genommen. Augur schaffte es mit Ter'kozz Hilfe, die Kommunikation innerhalb des Mutterschiffes so weit zu stören, dass die Soldaten keinen Kontakt zu Fa'loth aufnehmen konnten. Jeder Taelon wurde von zwei Jaridians zu den zu sabotierenden Konsolen begleitet. Als Begründung sollte die Ausrede dienen, die Taelons würden den Soldaten die Systeme näher erklären. Sobald ein fremder Soldat auftauchte, würden die jaridianischen Verbündeten die Taelons mit aktiviertem Shaquarava bedrohen.
Mit falschen Meldungen schafften sie es, die Soldaten, die noch loyal zu Fa'loth standen, in einem Teil des Schiffes zusammenzutreiben und diesen dann zu versiegeln. Erst jetzt traten die Menschen, die sich in den Shuttles versteckt hatten, unter Liams Führung auf dem Plan. Mit Da'ans Hilfe bahnten Sie sich ihren Weg durch selten benutzte Gänge und, wo es nötig war, auch durch die Wände aus virtuellem Glas in Richtung Brücke, wo sich Fa'loth aufhielt.
„Wir sind jetzt so nahe, dass wir uns nicht mehr durch Seitengänge vorwärtsbewegen können.” flüsterte Da'an. „Wir müssen uns trennen.”
„Augur! Kannst du mich empfangen?”
„Laut und deutlich, Liam.”
„Versuch jetzt, die Soldaten mit Falschmeldungen von der Brücke zu locken. Wir sind gleich soweit. Ist Fa'loth noch immer da, wo wir ihn haben wollen?”
„Ja. Ter'kozz’ Global ist noch immer aktiviert. Ich kann ihn anpeilen. Er sagte, er wolle so lang wie möglich in Fa'loths Nähe bleiben.”
„Alles klar. Liam Ende. Dann los, verteilen wir uns.”

Da'an lugte um die Ecke des Ganges. Alles war frei. Er konnte ungehindert bis in den nächsten Raum vordringen. Leise schlich er über den Gang, als er plötzlich vor sich Stimmen hörte.
„Sir, wir sollten auf der Brücke bleiben. Dort...”
„Nichts da. Diese Soldaten hätten sich vor fünf Minuten melden sollen und haben es nicht getan. Ich werde selbst nachsehen, was da los ist. Solche Zustände werde ich hier nicht dulden, Ter'kozz!”
Da'an versuchte noch, so schnell wie möglich wieder in seinem Verseck zu verschwinden, aber es war bereits zu spät. Fa'loth hatte ihn bereits entdeckt.
„Taelon! Stehen bleiben! Ter'kozz, bringen Sie ihn her.”
Mit aktiviertem Shaquarava ging Ter'kozz auf Da'an zu, der bewegungslos in der Mitte des Ganges stehen geblieben war. Als er ihn zu Fa'loth umdrehte, ging ein ungläubiges Leuchten über dessen Gesicht.
„So eine Überraschung. Du lebst ja doch noch! Welch ein Glück. Ich wollte mich ja noch mit dir unterhalten. Wie nett, das wir jetzt doch noch die Gelegenheit zu diesem Gespräch haben. Bringen Sie ihn auf die Brücke, Ter'kozz.”
Da'an versuchte ruhig zu bleiben. Ter'kozz war da, und die andern auf dem Weg zur Brücke. Er versuchte, die in ihm aufsteigende Panik zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht.

In einem anderen Teil des Schiffes horchte Zo'or auf. Irgendetwas stimmte nicht.
*Da'an?* fragte er in Gedanken.
Als Antwort empfing er nur undeutliche Gefühle. Gefühle wie... Panik?
Ohne zu zögern wirbelte Zo'or herum und rannte zur Brücke.
„Augur! Fa'loth hat Da'an!” gab er durch. Hoffentlich kam er nicht zu spät.

Auf der Brücke betrachtete Fa'loth seinen Gefangenen genüsslich von oben bis unten.
„Weißt du noch, worüber wir uns das letzte Mal unterhalten haben? Ich denke, das Thema ist jetzt abgeschlossen. Aber was hältst du denn von diesem Thema: Wer hat dir geholfen, zu fliehen? Diese Frage interessiert mich wirklich brennend.”
Er stellte sich dicht vor Da'an und strich ihm sanft mit einem Finger über die Brust.
„Na? Willst du mir denn nicht antworten?”
In diesem Augenblick betrat ein Soldat die Brücke. Verärgert über die Unterbrechung sah Fa'loth auf.
„Was ist?” bellte er.
„Sir, wir haben den Ort des fremden Signals, dass der Mensch geortet hat, lokalisieren können. Die Nachricht wurde aus Ter'kozz’ Quartier gesendet. Auch jetzt können wir ein Signal orten, aber es ist viel schwächer. Diesmal kommt es von der Brücke.”
Fa'loth drehte sich langsam zu Ter'kozz um.
„So, so. Von der Brücke. Durchsucht ihn!”
Es dauerte nicht lange, bis einer der Soldaten das Global entdeckte.
„Es sieht so aus, als ob wir unseren Verräter entlarvt hätten.”
Fa'loth drehte sich wieder zu Da'an um.
„Pech für dich, Taelon. Du wirst jetzt wohl nicht mehr gebraucht.”
Er aktivierte sein Shaquarava und legte Da'an die Hände auf die Brust.

Zo'or und die anderen erreichten die Brücke und sahen noch, wie Fa'loth sein Shaquarava zündete. Da'an wurde wie ein Puppe durch den Raum geschleudert, schlug hart an der Wand auf und sackte zu Boden.
„Nein! Da'an!”
Zo'or leuchtete grell auf, entriss dem neben ihm stehenden Liam die Waffe und feuerte das ganze Magazin auf Fa'loth ab. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er den Jaridian an. Dann ließ er entkräftet die Waffe fallen und ging zu Da'ans verkrümmt daliegenden Körper hinüber. Lili erwachte aus ihrer Erstarrung und rannte zu Da'an. Mit Tränen in den Augen kniete sie sich neben ihn, nahm seinen leblosen Körper in die Arme und wiegte ihn hin und her. Zo'or kniete sich nun ebenfalls hin. Er nahm Da'ans Hand und hielt sie fest.
Die anderen reagierten nun auch und hielten die jaridianischen Soldaten auf der Brücke mit ihren Waffen in Schach. Liam sah Ter'kozz bittend an.
„Können Sie ihm helfen?”
„Ich... ich werde es versuchen.”
Ter'kozz kniete sich neben Lili und legte Da'an die Hände auf. Zo'or erstarrte, als der Jaridian seinen Elter berührte, aber Lili beruhigte ihn wieder. Ein sanftes Glühen umspielte Da'ans Körper, als der Jaridian seine heilenden Kräfte aktivierte.
Draußen in den Korridoren wurden Stimmen laut.
Ter'kozz setzte sich erschöpft zurück.
„Er wird es überleben, aber ihr müsst ihn so schnell wie möglich vom Schiff bringen. Jetzt wo Fa'loth tot ist, wird hier das Chaos ausbrechen. Ihr müsst verschwinden!”
Dankbar sah Lili Ter'kozz an.
„Danke, mein Freund! Ich wünsche dir viel Glück!”
Sie half Zo'or auf die Füße. Liam nahm Da'an auf die Arme und drehte sich um.
„Los jetzt, verschwinden wir. Augur?”
„Ich bin hier, Liam. Die anderen Teams haben Sandoval und die anderen Taelons gefunden und zu den Shuttles gebracht. Wir können das Schiff jetzt von hier unten aus steuern. Ich halte euch einen Korridor frei. Macht, dass ihr da raus kommt!”
Liam tat nichts lieber als das.

 
* * *
 

Die geretteten Taelons wurden in den Botschaften überall af der Welt untergebracht und versorgt. Da'an und Sandoval waren in die Washingtoner Botschaft gebracht worden, wo sich Dr. Belman um ihre Verletzungen kümmerte.
„Kincaid?”
„Ja, Agent Sandoval? Wie geht es Ihnen?”
„Besser. Haben Sie mich da raus geholt?”
„Ja, Sir.”
„Woher wussten Sie... Waren Sie etwa die Kontaktperson des Jaridian-Spions auf der Erde?”
„Nicht ganz, Sandoval. Aber ich war dabei, als Sie diese Person kontaktierten.”
„Ich bin nicht sicher, aber war das Da'an, den sie im Nebenzimmer behandeln?”
„Ja. Wir konnten ihn retten. Das ist alles einen lange Geschichte. Ich werde sie Ihnen erzählen, wenn Sie wieder bei Kräften sind.”
Sandoval schloss die Augen. Liam saß noch lange an seinem Bett.

Sandoval schien tief und fest zu schlafen, als Fear den Raum betrat.
„Dachte mir doch, dass du hier bist, Liam. Wie geht es deinem Vater?”
„Es geht ihm besser. Er muss ganz schön was durchgemacht haben.”
Sandoval öffnete einen Spalt breit die Augen.
„Vater?”
„Sie träumen. Schlafen Sie weiter!” befahl Liam erschrocken. Fear heilt sich den Mund zu und warf Liam einen schuldbewussten Blick zu.
„Ups.”
Sandoval drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter.
Liam seufzte. „Das ist ja gerade noch mal gut gegangen.”

 
* * *
 

Drei Tage später meldete sich Ter'kozz wieder bei Lili.
„Ihr habt es geschafft! Die Regierung auf Jaridia wurde gestürzt. Eine neue ist soeben gewählt und eingesetzt worden. Der neue Führer der Jaridians, sein Name ist Fe'lazz, arbeitet mit dem Widerstand zusammen und hat mich zum Oberbefehlshaber der Flotte ernannt!”
„Ich gratuliere!” Lili strahlte.
„Die Regierung hat beschlossen, dass wir mit den Taelons Friedensverhandlungen aufnehmen sollen. Ich soll mit Vertretern der Taelonsynode ein Waffenstillstandsabkommen vorbereiten, das der Führer der Taelonsynode und der neue Führer der Jaridians unterzeichnen werden. Fe'lazz ist bereits zur Erde aufgebrochen. Die Menschen sollen als eine Art Schiedsrichter und Vermittler dienen.”
„Das wird ja immer besser. Ich werde sofort den anderen Bescheid geben.”
„Als Oberbefehlshaber der Flotte und Botschafter der Jaridians schlage ich vor, dass Da'an als Botschafter der Taelons in diesen Verhandlungen auftritt. Er hat genug Verständnis für unsere Belange und steht dabei voll hinter seinem eigenen Volk. Er hat unter den Jaridians gelebt und kann daher leichter Vorurteile abbauen als jeder andere Taelon. Wie geht es ihm überhaupt?”
„Er hat sich gut erholt. Ich bin sicher, dass er mit deinem Vorschlag einverstanden ist.”
„Und Zo'or?”
„Der ist noch ziemlich durcheinander. Aber er hat Hilfe. Wird das jaridianische Volk ihn als Führer der Taelon-Synode anerkennen? Er hat Fa'loth schließlich umgebracht.”
„Es hat überraschende Reaktionen auf Zo'ors Tat gegeben. Viele bewundern ihn, denn er hat Familiensinn gezeigt. Das ist etwas, das mein Volk niemals bei einem Taelon vermutet hätte. Er hat in Notwehr gehandelt, um seinen Elter zu schützen. Er ist fast schon ein Held bei uns.”
„Das wird ihn sicher freuen.”
„Meine Leute haben eure Regierungen kontaktiert. Die Delegationen, die die Verhandlungen führen sollen, werden sich auf der Erde, also auf relativ neutralem Grund treffen. Ich bin sicher, wir sehen uns dort. Bis dann, Lili.”
„Bis dann, mein Freund.”

Zwei Wochen später waren die Grundverträge für einen Waffenstillstand abgeschlossen und wurden in einer großartigen Zeremonie von Fe'lazz, Zo'or und einem Vertreter der Regierungen der Erde unterzeichnet.
Der erste Schritt zu einem dauerhaften Frieden war getan.

 

ENDE

 

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