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  „Der gespiegelte Blick” von Emma   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungszeitraum: Frühjahr 2003
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Elaine sucht Stellas ehemalige Chefin Attwood auf, doch das läuft in mehr als einer Hinsicht nicht wie gedacht.
Zeitpunkt:  einige Monate nach der Ankunft der Taelons auf der Erde, kurz nach dem Unfall bei Silent Falls
Charaktere:  Elaine Lorber [Carol, Celine, David, Attwood, drei Männer, Allan, Nicco]
 

 

DER GESPIEGELTE BLICK

Kapitel 6: Im Untergrund

 

Teil 2

Die letzten paar Meter bis zu ihrem Auto rannte sie beinahe, so als könnte sie vor dem Erlebnis davon laufen, vor sich selbst und als würde sie dort zumindest etwas Sicherheit finden. Sie wollte nur noch heim, in die düstere Lagerhalle, die ihr mit einem Mal geradezu verlockend erschien und der zumindest ein Hauch von zuhause anhaftete. Mit zittrigen Fingern suchte Elaine in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel und öffnete den Wagen per Funksignal. Sie hatte die Hand schon am Griff als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
Sie fuhr herum, da wurde sie auch schon gepackt. Instinktiv gab sie nach, führte die Bewegung fort und war mit einer Drehung ihres Armes wieder frei, während gleichzeitig ihr Ellbogen in der Seite ihres Angreifers landete. Doch schneller als Elaine reagieren konnte, packten sie andere Hände. Sie trat nach hinten, traf und begann schon zu rennen, als sie ein heftiger Stoß von hinten zu Boden gehen ließ. Als sie wieder aufblickte, sah sie direkt in den Lauf einer Handfeuerwaffe.
Sie hob den Blick weiter.
Die Waffe wurde gehalten von einem drahtigen weißen Mann mittleren Alters. Polizei, dachte Elaine sofort. Straßenräuber waren selten älter als 20. Doch seine Kleidung war dunkel und unauffällig und ließ nicht darauf schließen, ob er tatsächlich zu einer staatlichen Organisation gehörte.
Elaine wurde von zwei Paar Händen gepackt und auf die Beine gestellt. Sie wollte den drahtigen Mann mit der Waffe nur ungern aus den Augen lassen, dennoch riskierte sie zwei Seitenblicke, um herauszufinden mit wem sie es zu tun hatte.
Der Mann zu ihrer Rechten war groß und kräftig. Es war jener, der sie zuerst angegriffen hatte. Auch er war mittleren Alters. Der Mann zu ihrer Linken hingegen war kleiner und jünger.
„Gut, Mrs. Lorber,” lenkte der Drahtige wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Sie werden uns jetzt begleiten.”
„Wer sind Sie?”, verlangte Elaine mit möglichst fester Stimme zu wissen. Aber der Mann gab den beiden anderen nur eine stumme Anweisung, woraufhin der Kräftigere ihr die Arme auf den Rücken drehte und der Jüngere sie durchsuchte. Er förderte ihren Revolver, ihr Global, ihren Autoschlüssel sowie die CD zutage. Letzter reichte er dem Mann mit der Waffe, bevor er die Tür ihres Wagens öffnete und einstieg.
Sie hingegen wurde von dem Kräftigen - mit nach wie vor auf ihrem Rücken fixierten Armen - zu einem mittelgroßen Lieferwagen auf der anderen Straßenseite geschoben. Den Drahtigen mit der Waffe sah Elaine nicht, aber sie hörte seine Schritte und wusste, dass er ihnen folgte.
Angst begann in ihrem Bauch zu brennen. Das hier war keine normale Polizei! Sie wurde nicht festgenommen und das konnte bedeuten, dass man sie einfach töten wollte. Sie musste fliehen! Jetzt sofort, sonst hatte sie vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu.
„Versuchen Sie bitte nicht zu fliehen.” Der Drahtige hatte offensichtlich ihren Blick richtig gedeutet. „Wenn Sie kooperativ sind, haben Sie nichts zu befürchten.”
Elaine merkte, dass sie die Worte ganz gegen ihren Willen beruhigten. Dabei sagte ihr ihr Verstand, dass es ebenso gut möglich war, dass der Mann log. Vielleicht wollte er keine Kooperation, sondern ihren Tod. Die Taelon hatten allen Grund ihn zu wünschen und das hier mochten von ihnen bezahlte Leute sein.
Zum Schein senkte sie ergeben den Blick und ließ die Schultern hängen. Jetzt konnte sie sich nicht befreien, aber vielleicht...
Kurz darauf öffnete der Mann mit der Waffe die hintere Tür des weißen Lieferwagens und stieg auf die Ladefläche, während der Kräftige begann sie hinauf zu bugsieren - und tatsächlich lockerte sich sein Griff!
Sie reagierte blitzschnell und rammte dem Drahtigen ihren Kopf in den Bauch, während sie dem anderen mit einem Rückwärtstritt kräftig in die Weichteile trat. Die Waffe fiel klirrend zu Boden und sie wurde mit einem Ruck losgelassen, der ihr beinahe die Schultergelenke auskugelte.
Sie fuhr herum und stieß sich ab, um mit einem Satz über sich krümmenden Mann aus dem Wagen zu springen, da flog von hinten ein Arm um ihren Hals. Er schnürte ihr die Luft ab. Sie verlor das Gleichgewicht und gleichzeitig durchfuhr sie ein stechender Schmerz, als ein gutplatzierter Stoß in ihrer Seite landete. Noch in ihrer Schrecksekunde, drehte der Drahtige ihren Arm und drückte sie mit Schwung auf den Boden. Sie wollte sich fallen lassen, auszuweichen, da hatte er sie auch schon in eine Position gezwungen, in der sie sich nicht mehr rühren konnte. Mit einem dumpfen Knall flog die Wagentür zu und um sie wurde es stockdunkel.
„Licht!”, befahl der Drahtige, der mit seinem ganzen Gewicht auf ihr lag. Durch sein Keuchen hörte sie das des Kräftigen, das ebenso stoßweise und schmerzverzerrt klang wie ihr eigenes.
Künstliches, fahles Licht flackerte auf, doch eine schmutzige Ladefläche war alles, was sie darin erkennen konnte.
Sie spürte, wie ihr die Arme hinter dem Rücken mit Handschellen zusammengebunden wurden. Erst dann wurde sie gepackt und auf eine Bank quer zur Fahrtrichtung verfrachtet. Der Drahtige schlug zweimal kräftig gegen die Trennwand zur Fahrerkabine und sie setzten sich in Bewegung.

Elaines Seite schmerzte, es war ein recht präziser Schlag in die Niere gewesen, doch sie sah mit grimmiger Befriedigung, dass auch ihre Gegner mitgenommen aussahen. Der Kräftige lehnte immer noch in gekrümmter Haltung an der Rückfront und starrte sie wütend an, während der Drahtige vor Anstrengung keuchte und um seine Haltung rang. Dann erst richtete er seinen Blick auf sie.
„Alle Achtung, Mrs. Lorber, Sie haben uns die Sache wirklich nicht leicht gemacht.”
Elaine sah scharf und abweisen zurück, trotz ihrer Überraschung über die Annerkennung. Erfahrungsgemäß war zu erwarten gewesen, dass beide Männer wütend waren und diese Wut an ihr auslassen würden.
„Was wollen Sie von mir?”, fragte sie kühl, während sie den Drahtigen musterte. Der Mann war älter als der andere. In den Vierzigern, schätzte sie, aber er war jünger, als sein zerfurchtes Gesicht ihn wirken ließen. Die Haut war um seine hellen Augen herum nicht allzu faltig und seine braunen kurzen Haare noch ohne offensichtliches Grau.
„Was wir von Ihnen wollen?”, wiederholte er ihre Frage, doch anstatt sie zu beantworten, setzte er sich ihr gegenüber und maß er sie ihrerseits mit seinem Blick.
Es war dieser prüfende Blick, der ihre Angst fürs erste verscheuchte. Nicht, weil er freundlich oder vertrauenserweckend war. Nein, das war er nicht im mindesten. Es war vielmehr die Tatsache, dass sich dieser Mann offensichtlich bemühte sie einzuschätzen. Er wollte etwas von ihr und das war zumindest nicht ausschließlich ihr Tod. Und das gab ihr auch in ihrer jetzigen Situation noch die Möglichkeit, Einfluss auf die Situation zu nehmen. Vor der Konzentration, die dies erforderte, musste jeder Anflug von Furcht zurück stehen.
„Wir wollen mit Ihnen kooperieren”, meinte ihr Gegenüber schließlich. Die Unbestimmtheit dieser Aussage ließ sie vermuten, dass er mit seiner Einschätzung von ihr noch nicht zu einem für ihn befriedigenden Ergebnis gekommen war.
Elaine entschloss sich, lediglich skeptisch eine Augenbraue zu heben und ihm weiterhin das Reden zu überlassen.
„Wir wissen einiges über Sie, Mrs. Lorber”, meinte er nach einer weiteren Pause, in der er sie anscheinend taxierte, aber wohl eher überlegte, was er sagen sollte. „Sie waren in Silent Falls, vorgeblich als Journalistin, insgeheim aber im Auftrag von Mr. Doors. Sie hatten gute Voraussetzung für diesen Einsatz, denn zwei Freunde von Ihnen, Dr. Frank Stratton und Dr. Stella Morel, arbeiteten vor Ort für die Taelons. Dennoch glückte die geplante Entwendung von Taelonartefakten nicht. Ihre Freunde blieben zurück, während Ihnen die Leute, die Doors bei den Taelon eingeschmuggelt hat, zur Flucht verhalfen. Und seitdem arbeiten sie Undercover für ihn mit dem Ziel des Aufbaus einer Widerstandsorganisation.”
Er ließ sie nicht einen Moment aus den Augen, während er sprach. Seine Worte enthielt nicht viel mehr als das, was jeder aus den Fernsehberichten entnehmen konnte. Aber immerhin etwas wusste er: Dass Doors Leute bei den Taelons eingeschmuggelt hatte und sie selbst für ihn arbeitete.
Elaine hütete sich eine Reaktion zu zeigen. Sie konnte förmlich spüren, wie es ihrem Gegenüber missfiel, dass sie ihm keinerlei Anhaltspunkte gab, sie einzuschätzen und ihn so effektiv in die Unsicherheit zwang, das Gespräch zu lenken. Also schwieg sie weiter, wartete und musterte ihn dabei ebenso aufmerksam wie ausdruckslos.
Doch auch er schwieg und hielt ihren Blick.
Die Zeit verstrich und nichts geschah, als dass sie sich mit Blicken maßen.

Entgegen aller Vernunft war Elaine der Mann sympathisch. Er hatte Verstand und war geschickt darin, sie über seine Motive im Unklaren zu lassen. Um seine Ziele zu erreichen, spielte er nicht seine augenblickliche Macht über sie aus, sondern versuchte sie einzuschätzen, wohl wissend, dass dies oft die wirksame Strategie war. Ihr waren in ihrem Berufsleben nicht viele Menschen begegnet, die so handelten und sie erkannte es an, selbst, wenn sie einem Gegner gegenüber stand.

Es waren nicht sie, die ihr lautloses Kräftemessen schließlich unterbrachen, sondern der dritte Mann, der unruhig hin und her zu rutschten begann. Dass er trotz seiner Unruhe nichts sagte, ließ darauf schließen, wie hoch die Autorität des anderen war. Dennoch reagierte dieser.
Elaine sah seinen Blick aufflackern, so als hätte er eine Entscheidung getroffen. Ohne den Blickkontakt mit ihr zu unterbrechen, hob er den Arm und schlug zweimal gegen die Wand zum Führerhaus.
„Was...?”, stieß der Kräftige überrascht aus, doch er vollendete seine Frage nicht und erhielt keine Antwort. Kurz darauf wurde der Wagen langsamer und hielt schließlich.
„Geh nach vorne!”, befahl der Drahtige.
„Aber...”, es war nur ein schwacher Protest, mehr aus Erstaunen geboren als aus Opposition.
„Geh!” Die hellen Augen ihres Kontrahenten verließen sie nun und richteten sich auf den anderen Mann.
Aus dem Augenwinkel sah Elaine, ohne den Blick von ihrem Gegenüber zu nehmen, wie der Kräftige knapp und zackig nickte. „Sehr wohl!”, bestätigte er und verließ dann den Laderaum. Hinter ihm fiel die Tür wieder ins Schloss.

Der Blick des Drahtigen wandte sich ihr wieder zu, nun mit einem anderen Ausdruck, den Elaine nicht so recht zu deuten wusste. Sie selbst hielt ihren unverändert ausdruckslos und beobachtete wachsam, wie der Drahtige nach seiner Waffe aufnahm, sie sicherte und wegsteckte.
Der Wagen setzte sich wieder in Bewegung und kurz darauf nahm der Mann das Gespräch, das bislang keines gewesen war, wieder auf.
„Mrs. Lorber, mir ist mittlerweile klar, dass Sie zu klug sind, als dass ich Sie zu einer Kooperation bewegen kann, ohne Ihnen einige Informationen zu geben, die ich Ihnen eigentlich nicht geben dürfte. Normalerweise sollte ich Sie einfach gehen lassen und ich würde es tun, wenn ich mir nicht ganz persönlich etwas von einer Zusammenarbeit mit Ihnen versprechen würde.”
Wieder trat eine Pause ein und wieder musterten sie sich. Der Mann versuchte herauszufinden, ob sie ihm glaubte und Elaine stellte fest, dass sie es entgegen aller Vernunft tat. Es klang vordergründig nach einem mehr als platten Versuch ihr Vertrauen zu gewinnen und dem Blick des Mannes zufolge wusste er ganz genau, dass sie keinen Grund hatte, ihm seine Worte abzunehmen. Trotzdem bat sie dieser Blick, es zu tun.
Sie brach ihr Schweigen nicht, aber sie nickte und vertraute drauf, dass ihr Gegenüber, der ihr so verblüffend ähnlich zu sein schien, seinerseits ihren Augen ablas, was das bedeutete.
„In Ordnung,” meinte er und atmete tief durch, bevor er aufstand und die Handschellen aufschloss. Angespannt wartete er, was sie tun würde, doch Elaine rieb sich nur kurz die Handgelenke und wartete darauf, dass er sich wieder setzte. Sie wusste es besser, als einen Kampf zu beginnen, der ihr auch bei einem für sie positivem Ausgang nur die Möglichkeit bot, aus einem fahrenden Auto zu springen.
„Mrs. Lorber,” begann der Mann, nachdem er sich wieder gesetzt hatte, „bevor ich Ihnen etwas über mich erzähle, möchte ich Ihnen doch noch eine Frage stellen. Gehen wir einmal davon aus, dass Jonathan Doors wirklich plant eine Widerstandsbewegung aufzubauen. Was, bitte, würden Sie von einem solchen Vorhaben halten?”
Ein letzter Versuch herauszufinden, ob sie da stand, wo er sie vermutete. Sie war mehr als bereit, ihm zu sagen, was sie dachte. Sie war geradezu froh, es endlich jemandem sagen zu können!
„Ich würde es für hirnverbrannt halten!”, brach es aus ihr heraus. „Wie auch immer man so eine Organisation aufbaut, sie wird immer aus einer Ansammlung von Gruppierungen bestehen, die bestenfalls lose gekoppelt sind. Diese Leute wären fähig mal hier und mal dort eine Aktion durchzuführen, aber die Organisation wäre in sich zu heterogen, um auch nur einheitliche Ziele anzustreben. Ganz zu schweigen von einem einheitlichen Handeln! Eine solche Organisation kann keinen anderen Zweck habe, als Unruhe zu stiften.” Elaine zwang sich zur Ruhe. „Dennoch hätte ich in meiner Situation keine andere Möglichkeiten, als auf ein solches Angebot einzugehen...”
Sie beugte sich etwas vor, um die Reaktion des Mannes noch etwas genauer abschätzen zu können.
Er nickte ernst und wirkte... zufrieden. „Ich gebe zu, dass ich die Sache nicht anders sehen würde. Und ich denke, wie Sie, dass das Ziel einer solchen Organisation wohl tatsächlich nirgendwo anders liegen würde, als darin Unruhe zu stiften.”
„Nicht allein das,” wandte Elaine ein, „berücksichtigt man, dass Mr. Doors in erster Linie Geschäftsmann ist, so würde er vor allem versuchen, aus einem solchen Engagement wirtschaftlich verwertbare Informationen zu ziehen, selbst wenn die Mitglieder der Organisation selbst für allein moralische Ziele eintreten.”
„Ich sehe, wir teilen die gleiche Einschätzung”, meinte der Mann und lehnte sich etwas zurück. „Nun bin ich wohl an der Reihe einige Informationen preiszugeben.”
Elaine lächelte. „Wie zum Beispiel, dass Sie vom Militärgeheimdienst sind...”
Es war nur ein Aufflackern in seinen Augen, die die Überraschung des Mannes deutlich machte. Wieder ein forschender Blick, der herauszufinden versuchte, ob sie nur geraten hatte. Das hatte sie nicht, aber sie behielt für sich, dass die etwas zackig geratende Entgegennahme seines Befehls durch seinen Untergebenen ihn verraten hatte.
„Ganz recht”, bestätigte ihr Gegenüber nach einem längeren Zögern, das Elaine daran zweifeln ließ, ob es wirklich das gewesen war, was er ihr hatte mitteilen wollen. Als er schließlich weitersprach, war seine Stimme leiser als zuvor, beinahe ein Flüstern. „Ihre Vermutung ist richtig, aber sie trifft die Sache dennoch nicht in ihrem Kern. Ich stehe keiner normalen Einheit innerhalb des Militärgeheimdienstes vor, keiner, die im Pentagon ein und aus geht. Mein Kommando operiert unabhängig von allen anderen Strukturen und ist absolut geheim. Drei ranghohe Generäle der US-Marines haben es gleich nach Ankunft der Taelons gegründet und außer diesen und den Mitgliedern des Sonderkommandos selbst weiß niemand davon.”
Der Mann lehnte sich wieder etwas zurück und wieder folgte eine Phase gegenseitigen Musterns.
Elaine fielen auf Anhieb ein gutes Dutzend Argumente ein, warum sie diese Geschichte nicht glauben sollte. Warum erzählte er ihr davon, wenn seine Aufgabe so geheim war? Warum sollte der Leiter eines sicherlich mehr als gut ausgestatteten Sonderkommandos sie, die organisatorische Leiterin einer Widerstandsbewegung, von der er offensichtlich nichts hielt, zu einer Kooperation veranlassen? Alles sprach gegen seine Geschichte und alles dafür, dass sie es nur mit einer kleinen Unterabteilung des Militärgeheimdienstes zu tun hatte, die sich mit zusätzlichen Informationen wichtig machen wollte.
Alles - außer der Person, die sie vor sich hatte.
Sollte sie die Leitung eine Sondereinheit, wie er sie gerade beschrieben habe, besetzen, dann würde ihre Wahl auf genau so jemand wie diesen Mann fallen. Er hatte etwas an sich, dass es ebenso unwahrscheinlich erscheinen ließ, dass er eine unbedeutende Untereinheit leitete, wie dass er ein hochrangiger Funktionär innerhalb der Militärhierarchie war. Für beides war er zu klug und daher zu gefährlich. Leute wie ihn konnte eine Institution nur in Sonderrollen dulden.
Elaine konnte nicht sagen, woher sie all das so genau wusste. Es war eine der Mutmaßungen, zu der sie ihre Intuition befähigte und die sie so gut in ihrem Beruf sein ließ. Sie wünschte, sie wäre in ihrem Privatleben ähnlich geschickt...
„Ich weiß, dass das nicht sehr glaubwürdig klingt”, führ der Mann fort, nachdem sie abermals nichts gesagt hatte und es trat etwas wie Resignation in seinen Blick. „Alles was ich Ihnen erzähle, ist schwer zu glauben. Aber gut. Ich werde trotzdem versuchen, Sie zu überzeugen, auch wenn ich nicht weiß, ob mir das überhaupt gelingen kann. Warum also erzähle ich Ihnen das, wenn es sich doch um eine solch geheime Sache handelt...”
„Die Taelon haben in Silent Falls Experimente an Menschen gemacht.”
Für einen winzigen Moment trat Verblüffung in die Mine des Mannes und sie musste unwillkürlich lächeln. Nun hatte sie den Beweis, dass der versteinerte Ausdruck auf dessen zerfurchtem Gesicht nicht unveränderlich war.
„Sie können sich die Mühe weiterer Erklärungen sparen, denn ich habe mich entgegen aller Vernunft dazu entschieden, Ihnen zu vertrauen.”
Er fing sich schnell wieder und besann sich darauf, was genau sie gesagt hatte.
„Was ist in Silent Falls geschehen?”
Elaine zögerte. Wie sollte sie das erzählen? In kurzen Worten, verständlich, ohne zu viele Details - und vor allem ohne Emotionen?
„Sie wissen, dass es eine Verschwörung von Wissenschaftlern unter Leitung von Prof. Attwood gab, denn sonst hätten Sie mich nicht ausgerechnet hier abgefangen.” Ihr Gegenüber nickte bestätigend. „Diese Verschwörung ist in Silent Falls entgültig aufgeflogen. Meine beiden Freunde, Dr. Stratton und Dr. Morel, waren Mitglieder dieser Verschwörung und das ist ein Grund, warum sie nun beide verschwunden sind. Mit dem Diebstahl meinerseits hat das nichts zu tun, denn einen solchen hat es nie gegeben. Die gesamte Aufzeichnung ist eine Fälschung. Fragen Sie mich nicht, wie die Taelons das gemacht haben, aber es ist so. Jetzt sind Sie an der Reihe mir etwas zu glauben, ohne dass ich Ihnen Beweise liefern kann.”
„Es ist nur fair, das zu tun”, gab der Drahtige zu. „Bitte fahren Sie fort. Was hat das mit Experimenten an Menschen zu tun?”
„Zunächst einmal nichts. Von diesen Experimenten habe ich ganz unabhängig von der Verschwörung erfahren und zwar von den Leuten, die Doors bei den Taelons eingeschleust hat. Doch ist es offensichtlich so, dass Dr. Stratton an diesen Experimenten mitgewirkt hat, während... Dr. Morel ein Opfer derselben wurde.”
Die Augenbraue ihres Gegenübers wanderte überrascht nach oben, doch seinem Blick nach glaubte er ihr. „Der eigentliche Grund für ihr Verschwinden, nehme ich an?”
„In der Tat”, bestätigte Elaine. „Was die Experimente letztendlich bezwecken sollten, wissen wir nicht, aber es ist unzweifelhaft so, dass die Taelons mindestens sieben der Opfer des Unfalls von Silent Falls für Experimente missbraucht haben. Davon sind fünf tot und von einem der Toten haben wir die Leiche.”
Ein grimmiges Lächeln verriet, dass ihr Gegenüber die Bedeutung dieser Aussage völlig verstand. Doch sie musste seine Hoffnungen gleich wieder enttäuschen.
„Leider hat uns das bislang in der Frage, was die Taelons genau gemacht haben, nicht sehr viel weitergebracht. Wir wissen immer noch nicht, wozu das Ganze diente.”
„Können Sie mir genauere Daten zur Verfügung stellen?”
Elaine zögerte, aber sie war schon so weit gegangen, dass es keinen Sinn machte, nun auf halbem Weg umzukehren. „Ich stelle Ihnen alles zu Verfügung, was ich habe - unter einer Bedingung!”
„Ja?”
„Ich will im Gegenzug von allen Ergebnissen erfahren, die Sie mit Hilfe dieser Daten gewinnen, sowie alles weitere, was Sie über die Sache mit den Experimenten vielleicht noch herausfinden.”
„Auch das erscheint mir nur fair”, besiegelte der Mann diese Abmachung. „Und ich denke, nun bin ich abermals an der Reihe.” An dem Blick, den er ihr schenkte, meinte Elaine erkennen zu können, dass er im Begriff war, ihr abermals etwas zu sagen, was er absolut nicht preisgeben dürfte. „Die Experimente, von denen Sie berichten, werden wohl nicht die einzigen von Taelons an Menschen durchgeführten Versuche bleiben. Ich weiß noch nichts genaues, aber offensichtlich plant das Pentagon in Kooperation mit den Taelons eine Gruppe von Soldaten körperlich zu verändern. Ich weiß leider noch nicht, wozu das dienen soll und wie weit es schon gediehen ist, aber ich werde es herausfinden.”
Elaine erwiderte seinen Blick und sie mussten es nicht laut aussprechen, dass sie beide dachten, dies könne miteinander zusammenhängen.
„Es sieht so aus, als wären wir tatsächlich kein schlechtes Team”, meinte der Mann schließlich und zum ersten Mal erhielt sie von ihm so etwas wie ein Lächeln.
Sie erwiderte es, um jedoch sofort wieder ernst zu werden.
„Sie sprachen von einer persönlichen Kooperation zwischen uns beiden. Ich weiß, was ich für mich darunter verstehen könnte. Aber wie ist das mit Ihnen? Sie sind der Leiter des geheimen Sonderkommandos und damit sind Sie mehr oder weniger identisch mit ihm. Was also könnte für Sie ein persönliches Interesse sein?”
Ein missmutiger Zug erschien um die Lippen ihres Gegenübers. „Die Betonung liegt auf mehr oder weniger. Ich bin in einer prekären Situation zwischen meinen drei Vorgesetzten, die mich jederzeit auffliegen und im Stich lassen können, und meinen Untergebenen, denen ich das Gefühl geben muss, dass sie eine sinnvolle Aufgabe erfüllen. Ein schwieriger Spagat! Man erwartet von mir, eine nicht unbeträchtliche Anzahl von hervorragend ausgebildeten Leuten auf ungewisse Zeit im Untergrund zu halten, damit sie irgendwann, im Falle eines Krieges gegen die Taelons, als Spezialeinheit eingesetzt werden können. Und das, obwohl wir nichts, aber auch gar nichts über die militärische Stärke dieser Außerirdischen wissen und darüber, ob und wie eine solche Spezialeinheit etwas bewirken könnte.
Für die Herren Generäle ist es eine feine Sache, sie in der Hinterhand zu haben, doch sie machen sich keine Gedanken darüber, wie diese Leute die Zeit bis zu ihrem Einsatz überstehen sollen. Das sind keine Roboter, die man abstellen und bei Bedarf wieder in Funktion setzen kann. Es sind Menschen, die eine Aufgabe brauchen und eine Motivation diese zu erfüllen. Deswegen muss ich meine Befehle brechen und ihnen etwas zu tun geben, ohne dass meine Vorgesetzten etwas davon erfahren und dabei brauche ich Ihre Hilfe.”
„Inwiefern?”
„Helfen Sie mir, welche von meinen Leuten in die von Ihnen aufzubauenden Widerstandszellen zu schleusen und wir treffen dabei eine ganz persönliche Abmachung: Sie halten es vor Doors geheim und im Gegenzug erhalten Sie alle Informationen, die ich durch meine Leute über Doors Widerstandszellen bekomme. Auf der anderen Seite halten ich meine Untergebenen in dem Glauben, dass Sie lediglich eine einfache Informantin sind.”
Elaine nickte langsam und so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht verhindern, dass sich ein verschwörerisches Glitzern in ihren Blick stahl. Der Gedanke hatte etwas verführerisches. „Ich verstehe. Sie wollen das Wissen zweier Organisationen in unseren beiden Personen konzentrieren. Ich nehme an, Sie trauen einigen von Ihren Leuten nicht mehr, als ich Doors traue.”
„Das ist richtig. Es gibt Spitzel, die mich für meine Vorgesetzten überwachen. Aber ich bin mir sicher mittlerweile zu wissen, um wen es sich handelt und wie ich sie aus der Sache heraushalten kann.”
„Gut, ich kann mich mit Ihrem Vorschlag ohne weiteres anfreunden. Aber allein der Neugierde wegen, bleibt noch eine Frage. Sie hatten zu Anfang nicht vor, mir diese Idee zu unterbreiten. Was wollten Sie ursprünglich von mir?”
„Sie haben Recht, auf diese Idee bin ich erst gekommen, nachdem ich Sie kennen gelernt hatte. Ursprünglich wollte ich nur die Daten, die Sie voraussichtlich von Attwood bekommen haben sowie einige Informationen über Doors Organisation, die mir eventuell geholfen hätten, eigenständig die Widerstandszellen zu unterwandern.”
Elaine mustere ihn auf ein neues. „Sie riskieren viel mit Ihrer Offenheit, während ich nicht viel zu verlieren habe. Warum vertrauen Sie mir?”
„Ich kann Menschen einschätzen und ich habe das Gefühl, dass wir uns ähnlich sind. Nennen Sie es Intuition, wenn Sie wollen. Mit Logik hat es jedenfalls genauso wenig zu tun, wie dass Sie mir vertrauen.”
Elaine nickte und merkte erst jetzt, dass sie insgeheim so eine Antwort erwartet hatte. Sonderbarerweise hatte ihr in diesem Fall ihre Vermutung nicht gereicht. Sie hatte die Worte hören müssen. Vielleicht um sich ihrer eigenen Motive gewisser zu werden.
„Und nun?”, frage sie schließlich. Sie merkte, wie trotz der vielen noch offenen Fragen, das Gespräch beenden wollte. Sie war erschöpft und wollte über all das erst einmal nachdenken. Kurz kam ihr die gefesselte Attwood in den Sinn, doch sie schob den Gedanken schnell wieder von sich.
Ihr Gegenüber schien ihr etwas anzumerken.
„Ich denke, wir lassen es dabei fürs erste bewenden.”
Er schlug mit der Hand wieder zweimal an die Vorderfront zum Führerhaus. „Wenn Sie nichts dagegen haben, dann behalte ich erst einmal die Daten, die Sie von Attwood erhalten haben. Ich nehme an, sie sind auf der CD, die Ihnen mein Untergebener vorhin mit den anderen Sachen abgenommen hat?” Elaine nickte und sah ihn auffordernd an. „Sie erhalten die Informationen natürlich ebenfalls, sobald ich die Gelegenheit dazu habe, sie Ihnen zu überspielen. Gleichzeitig übermittele ich Ihnen auch einen Weg, wie Sie mich erreichen können.”

Nur wenige Minuten später saß Elaine in ihrem Auto und sah dem weißen Lieferwagen hinterher. Als er außer Sichtweite war, legte sie die Arme um das Lenkrad und ließ ihren Kopf darauf sinken.
Die Anspannung der letzten Stunden wich von ihr und ließ sie kraftlos und vor Erschöpfung zitternd zurück.
Erst Attwood und nun das! Sie war fix und fertig, aber während sie die erste Begegnung am liebsten aus ihrem Gedächtnis streichen wollte, so erfüllte sie die letzte mit neuem Mut. Sie hatte so etwas wie einen Verbündeten gefunden! Sie wusste im Grunde nichts von dem Mann, ja, noch nicht einmal seinen Namen, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass er jemand war, dessen Einschätzungen sie teilen und dem sie vertrauen konnte. Und nach all dem Wahnsinn der letzten Zeit, war dies wie ein Wunder und zusammen mit dem Angebot, dass er ihr gemacht hatte, bekam all das, was sie tat, endlich einen Sinn.
Elaine verscheuchte den Gedanken, dass sie einer Täuschung zum Opfer fiel und startete den Wagen. Die Zukunft würde zeigen, ob sie sich geirrt hatte und bis dahin würde sie entsprechend ihrer Intuition handeln.

Um sich abzulenken, schaltete sie das Radio ein und wurde sofort wieder daran erinnert, dass sich heute Abend noch etwas bedeutsames ereignet hatte. Der Anschlag!
Sie hatte ihn völlig vergessen.
Elaine musste unzählige Interviews mit vermeintlichen Augenzeugen, Rettungskräften und Krankenhauspersonal über sich ergehen lassen, bevor sie erfuhr, dass die Todesopfer - vermutlich sehr zum Bedauern der Medien - die Zahl drei nicht überstiegen hatte und dass mittlerweile ein Bekennerschreiben aufgetaucht war. Ein Gruppe, die sich zur Freude der Reporter den klangvollen Namen „Schwarzer Mittwoch” gegeben hatte, bekannte sich zu dieser „Wahnsinns-Tat”. Über sonstige Aussagen im Bekennerschreiben erfuhr sie nichts, statt dessen folgte ein Interview mit einem Psychologen, der sich in wilden Spekulationen über die Ursachen pathologischer Alienangst und die Motive der Terroristen ausließ.
Um sich weitere Nichtigkeiten, die die Medienleute Informationen zu nennen pflegten, zu ersparen, schaltete Elaine das Radio wieder aus. Wozu hatte sie mit Carol jemanden, der ihr eine Zusammenfassung solchen Unsinns frei Haus lieferte?
Analysen von Medienberichten aller Art waren Carols Spezialität und Elaine musste zugeben, dass sie es sehr geschickt verstand, die Grundstimmungen und Hintergründe herauszufiltern.
Warum also sollte sie sich das selbst antun?

Tatsächlich fand sie die ehemalige Psychologiestudentin bei ihrer Rückkehr in die Lagerhalle vor dem Fernseher vor. Offensichtlich hatten auch alle anderen jungen Leute ihren Tag in die Nacht verlegt, aber nur Allan, ein schlaksiger Kerl Anfang Zwanzig mit rotblondem Haar und immer ernstem Gesicht saß mit ihr in der leidlich gemütlichen Sitzecke, die ihnen - ein wenig abgetrennt vom Rest der Halle - als Fernsehzimmer diente. Vermutlich weniger aus Begeisterung für das Programm als für Carol. Der arme Kerl hatte noch nicht realisiert, dass seine Avancen hoffnungslos waren, erstens weil er dem falschen Geschlecht angehörte und zweitens, weil Carols Interesse wohl eher Celine galt. Die zierliche Schwarzhaarige, die von irgendwo einen Hauch ostasiatischen Blutes hatte, arbeitete konzentriert an einem der Computer. Auch David, ein sportlicher Mittzwanziger mit zu viel Energie, saß vor konzentriert vor einem Rechner - allerdings faszinierte ihn weniger eine ernsthafte Arbeit als ein Computerspiel. Immerhin hatte er den Ton abgeschaltet, etwas wofür sicher die ruheliebende Celine gesorgt hatte. Nico fand sie in der Küche beim Kaffeekochen.
„Willste auch?” Der rundliche Latino hob fragend eine Tasse.
„Danke.” Elaine schüttelte den Kopf. „Ich brauche den Wortlaut des Bekennerschreibens.”
„Bin schon dran.”
Der Junge gab sich cool, aber in seinem Ton lag eine Mischung aus Stolz und Triumph, dass sie etwas von ihm wollte und er das bereits vorausgeahnt hatte.
Wie einfach es war, diese Kinder zu motivieren - und wie erstaunlich, dass sie für sie jemand war, dem sie imponieren wollten. Dabei hatte sie ihnen den Umgang mit ihr nicht gerade leicht gemacht, ja, im Grund hatte sie sie kaum beachtet. Aber vielleicht war es ja genau das, was ihr diesen Respekt einbrachte. Sie konnten sie nicht richtig einschätzen, auch weil sie immer Carol als Mittlerin verwendet hatte, ein Umstand, der im wesentlichen für Carols herausragende Position unter den jungen Leuten verantwortlich war.
Wenn sie es recht betrachtete, so war dies kein unglückliches Arrangement...
Elaine trat zu der Sitzgruppe und wartete mit Blick auf den Fernseher, bis sie bemerkt wurde. Schließlich hob Carol den Kopf.
„Hi. Wieder zurück?”
Es klang etwas kühl. Kaum verwunderlich nach ihrem Abschied am zurückliegenden Abend.
„Ja”, antwortete Elaine ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. „Ich hab die Daten, die die Wissenschaftler gesammelt haben.”
Carol sah überrascht aus und begann zu lächeln, als sie verstand, welche Daten sie meinte und, dass Elaine diese Information extra so verpackt hatte, dass nur Carol sie verstand.
„Ich bin gespannt auf deine Analyse”, fügte Elaine mit einem Nicken in Richtung Bildschirm hinzu.
„Klar, kommt schon morgen - zumindest das vorläufige.”
Carol klang erfreut, aber sie beäugte sie auch abschätzend. Elaine ahnte, wenn Allan nicht daneben sitzen würde, würde sie direkt fragen, was denn diese Veränderung in ihrem Verhalten verursacht hatte. Carol war nicht dumm, schon gar nicht, wenn es darum ging, andere Menschen einzuschätzen. Sie würde sich etwas einfallen lassen müssen...
„Du siehst müde aus”, bemerkte Carol statt dessen nur.
Kein Wunder! Elaine nickte matt. „Ja, ich geh jetzt auch ins Bett. - Bis morgen.”
„Bis morgen. Schlaf gut!”

Elaine wandte sich ab und ging in ihr Quartier. Sie merkte, wie ihr dieser Friedensschluss gut tat. Es wurde Zeit, dass sie die Leute, um sie herum wahr - und ernst nahm! Auch wenn sie sich insgeheim immer noch dagegen wehrte.
Himmel, wie sollte sie diese Kinder beschützen? Sie waren viel zu willig sich in diese Widerstandsarbeit zu stürzen. Wie sollte sie verhindern, dass sie ausgenützt wurden? Von Doors, aber auch von ihr selbst...
Elaine ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen und starrte an die Decke des winzigen Raumes. Ihr ging auf, dass die Situation noch ein ganzes Stück komplizierter war, als sie bislang gedacht hatte.
Es gab so viel zu bedenken. Stella und Frank, deren Arbeit und Attwood. Die Experimente. Doors, ihr neuer Verbündeter, der aufzubauende Widerstand und dann noch die Verantwortung, die sie dabei übernahm.
Sie hatte in ihrer Firma auch schon Leute geleitet, aber das hier war etwas anderes. Hier hatte sie es mit begeisterten jungen Leuten zu tun, die scheinbar nur darauf warteten, dass jemand all ihre Energien in eine bestimmte Richtung lenkte. Elaine kamen Stellas Worte in den Sinn. Hatte sie bei ihrem letzten vertraulichen Gespräch Treffen auf dieser Party, die schon Jahrhunderte zurück zu liegen schien, nicht etwas ähnliches über die Freiwilligen gesagt?
Stella... Wie es ihr wohl ging? Wo sie wohl war?
Elaine merkte, wie ihr ihre Gedanken entglitten. Sie streifte ihre Schuhe ab und schälte sich aus ihrer Jacke. Etwas Hartes stach sie in die Seite und sie zog im Halbschlaf die Diskette von Doors hervor, die sie am Abend achtlos auf dem Bett hatte liegen lassen. Sie ließ sie auf den Boden fallen. Das musste warten bis morgen...

 

Ende von Kapitel 6

 

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