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  „Der gespiegelte Blick” von Emma   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungszeitraum: Dezember 2002/Januar 2003
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Frederic Cockburn muss erfahren, dass die Welt, in die ihn die Taelon verschleppt haben, ihm mehr als fremd ist. Stella gerät während dessen an den Rande eines Zusammenbruchs.
Zeitpunkt:  einige Monate nach der Ankunft der Taelons auf der Erde, kurz nach dem Unfall bei Silent Falls
Charaktere:  Frederic Cockburn, Stella, Sa'el
 

 

DER GESPIEGELTE BLICK

Kapitel 5: Fremde Welt

 

Teil 2

*Du hättest mich rufen müssen!*
Sa'el war aufgebracht, doch Stella war es gleich. Es war so angenehm, ihn in ihrer Nähe zu haben. Seine Aura umfloss sie, stützte sie und über seine Hand an ihrem Arm ließ er ihr Energie zufließen, nach der sie regelrecht gierte, obwohl sie beinahe schmerzhaft in ihr brannte. Vor ihren Augen verschwamm alles, so dass sie nur mit Mühe erkennen konnte, wohin sie gingen.
Gingen... Verwundert sah sie auf die Beine hinunter, die ihre sein mussten. Sie konnte sie nur schemenhaft durch die wabernden, schillernden Energieströme erkennen, sie waren darin so dunkel und fremd... Erstaunlich, dass sie sich bewegten. Wer bewegte sie?
Sa'el änderte die Richtung und Stella sah irritiert auf. Die Bewegung ihres Kopfes ließ sie schwindeln, dunkle Flecken und helle Pünktchen verdeckten ihr Sichtfeld, in dem sie noch einige Meter vor sich eine Plattform aus dem Boden wachsen sah, bevor alles schwarz wurde und es in ihrem Kopf sirrte.
Sie merkte, wie ihre Beine nachgaben, doch sie fiel nicht. Einen Augenblick war nichts als warme, wirbelnde Dunkelheit und dieses Sirren um sie, dann spürte sie, wie sie auf einer festen Fläche abgelegt wurde und sich die Schwärze zurück zog. Die hellen Pünktchen flimmerten noch durch ihr Sichtfeld, doch sie konnte durch sie hindurch wieder Sa'el erkennen und die Wände der Teth'a'dar.
*Stella, warum lässt du es mich nicht wissen, wenn es dir nicht gut geht?*
Sa'el war um die Plattform herumgegangen und hatte den Energiestrom aktiviert, so dass nun Strahlung in sanften Wellen auf sie nieder und durch sie hindurch floss. Es sollte wohltuend sein, doch sie hatte das Gefühl, als würden sie am ganzen Körper Nadeln pieksen.
*Stella?*
Sa'el klang nun nicht mehr ärgerlich, sondern nur noch so besorgt, wie seine Aura sich schon die ganze Zeit angefühlt hatte. Stella sah lächelnd auf und fand seinen Blick.
*Das ist schön, dass du dir um mich Sorgen machst.*
Sa'el machte eine resignierte Geste. *Was bleibt mir anderes übrig, wenn du mir nicht mitteilst, was mit dir los ist? Helfen kann ich dir so nicht.* In seinem Blick lag die Frage, warum dies so war, doch dann wandte er sich ab und ließ seine Augen forschend über ihren Körper gleiten.
Stella war dankbar dafür. Sie wusste ja selbst nicht, warum sie sich so verhielt. Sie hatte so viele Fragen, aber etwas hielt sie konsequent davon ab, sie zu stellen und mit Sa'el offen über alles zu reden. Es ging einfach nicht. Alles, was sie konnte, war hin und wieder verklausuliert etwas anzusprechen in der Hoffnung, dass Sa'els Bemerkungen darauf sie bei dem, was sie eigentlich wissen wollte, weiterbrachte.
Doch jetzt wollte sie nicht darüber nachdenken. Jetzt nicht... Matt ließ sie den Kopf zur Seite fallen. Durch ein kleines Fenster sah sie hinaus in die hohe Halle.
*Warum hast du ihm nicht gesagt, was los ist?*
*Das wollte ich, aber du hast mich unterbrochen.*
Hatte sie das?
Sie spürte, wie Sa'el ihr sanft eine Hand auf den Bauch legte, unterhalb des Nabels, dort wo das Dan-tien lag und sie merkte, wie sich das Gefühl zu schweben etwas legte und sie klarer denken konnte.
*Ja, aber das war schon kurz bevor wir gingen und du ihm bereits mehrmals ausweichend geantwortet hättest.*
*Wir hatten keine Zeit für ausführliche Erklärungen. Und ich muss gestehen, dass ich auch nicht weiß, wie ich einem Menschen dergleichen erklären soll.*
Sa'el begann mit den Fingerspitzen seiner anderen Hand sachte und langsam - mal da, mal dort länger verweilend - die Energiebahnen ihres Körpers abzuprüfen und wo er sie berührt hatte, ließ der prickelnde Schmerz nach.
Stella drehte ihren Kopf wieder und sah Sa'el an. *Das ist angenehm.*
In Sa'els Blick trat ein Lächeln. *Schön, dass ich meine ehemalige Profession nicht ganz verlernt habe.*
*Du warst mal ein Heiler?*
*Ja, ich war ein sogar ein guter Louyai. Zu gut wohl – und zu neugierig.*
Eine Weile widmete er sich nachdenklich seiner Tätigkeit und auch Stella schwieg. Sie konnte sich Sa'el sehr gut als Heiler vorstellen. Diese Mischung aus Hingabe und Entschlossenheit, ja, Sturheit, mit der er seine Ziele verfolgte und anderen begegnete, passte zu dieser Aufgabe. Andererseits schien er ihr nicht ausgeglichen genug...
*Es ist gefährlich zu viel Neugier zu zeigen”, meinte Sa'el offensichtlich seine Gedanken in Worte fassend. *Für die Neugierigen hält das Leben Überraschungen parat. Und die wenigsten sind erfreulich.*
*Du wärst gerne wieder ein Louyai?*
Sa'el dachte über ihre Frage nach und fuhr dabei fort, die Energie in ihrem Körper auszugleichen. Sie merkte, wie sie sich dem hingab und ihre Gedanken davon liefen, hin zu dem wie sie sich fühlte. Ausgelaugt, kraftlos, sie hatte das Gefühl, als würde sich keines ihrer Körperteile auf ihren Befehl hin bewegen, doch sie war viel zu matt, um diesen Eindruck zu überprüfen. Gleichzeitig war sie wieder voller Unruhe. Sie spürte, wie die Energie in ihr unregelmäßig flackerte und gleichzeitig ihr Herz hart und schnell pochte, während ihr Atem flach und hastig ging. Sie wollte sich darauf konzentrieren, was Sa'el tat und dann darauf, was sie ihn gefragt hatte, doch ihre Gedanken sprangen umher, wie ein Affe von Ast zu Ast.
*Warum hast du ihn überhaupt raus gelassen?*
Sa'els wandernde Hand hielt inne und sie spürte seine Irritation. Ohne zu antworten legte er ihr eine Hand auf die Stirn. Stella spürte eine kühle Welle durch ihren Kopf laufen und ihre Gedanken wurden davon weggespült. Für einen Moment spürte sie tiefe Ruhe und atmete aus, während sie sich entspannte.
Sie behielt die Augen geschlossen, auch nachdem Sa'el seine Hand weggezogen und seine Tätigkeit wieder aufgenommen hatte. Es gab so viel, worüber sie nachdenken sollte und die Fragen, die sie Sa'el gestellt hatte, versuchten sich wieder in ihr Bewusstsein zu drängen. Doch Stella schob sie fort und konzentrierte ihre Aufmerksamkeit statt dessen auf Sa'els Berührungen.
Er schien genau zu wissen, was sie fühlte und kehrte stets, kaum dass sich in ihr der Wunsch geformt hatte, an die Stellen zurück, an denen sie ihn brauchte. Nach und nach ließ das schmerzhafte Prickeln in ihr nach und die Konzentration fiel ihr immer leichter. Sie merkte, was Sa'el tat und wo er ein Zuviel und wo ein Zuwenig an Energie ausglich. Probeweise versuchte sie ihn zu unterstützen und erhielt dafür von Sa'el einen ermutigenden – und in gewissem Sinne erleichterten - Impuls damit fortzufahren. Der Dialog, der sich daraus entspann, war angenehm für sie beide und gemeinsam brachten sie schließlich Ordnung in ihren Energiekreislauf.

Schließlich bat Stella die Teth'a'dar, die Plattform, auf der sie lag, zu einer Liege zu formen, so dass sie ihren Oberkörper aufrichten konnte und sah Sa'el an, der seine Hand vorsichtig von ihrem Bauch nahm und sich dann neben sie setzte. In seinem Blick lag eine gewisse fragende Zurückhaltung, auf die Stella nicht anders reagieren konnte, als seine Hand zu nehmen und ihm über diesen direkten Kontakt ihre Dankbarkeit übermittelte.
*Es tut mir leid*, meinte sie nach einer Weile und erinnerte Sa'el an ihre letzte Begegnung.
*Deine Sturheit irritiert mich*, gab er zu und seine Besorgnis wurde spürbar. *Hast du dir die Daten bereits angeschaut?*
*Nein.*
Überraschung trat in seinem Blick. *Was hat dann deinen Zustand verursacht?*
Ausweichend sah sie auf ihre Hand, die in Sa'els ruhte und betrachtete eingehend, wie sich ihre Auren darum vermischten und in vielfarbigen Schlieren schimmerten. *Es war alles etwas viel...*, meinte sie schließlich, in der Hoffnung Sa'el würde es ihr als Verlegenheit auslegen, dass sie seinem Blick auswich und es fiel ihr nicht schwer, Verwirrung zu signalisieren, um diesen Eindruck zu unterstützen. *Es ist nicht so leicht mit den Erinnerungen vor der Hybridisierung zurechtzukommen*, fügte sie noch hinzu, Sa'els nun wieder ansehend.
Er hüllte sie tröstend in einen warmen Strom seiner Energie. *Musst du das denn? Ignoriere die Vergangenheit!*
Erschöpft legte Stella den Kopf auf der Liege ab. Es wäre schön, dies zu können. Einfach vergessen, was sie gewesen war und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
*Das kann ich nicht...*
Zu ihrem Erstaunen neigte Sa'el bestätigend den Kopf. *Da'an*, meinte er etwas bitter. *Er hat sowohl mit dir wie mit mir andere Pläne.*
*Wie meinst du das?* Stella blickte alarmiert wieder auf, doch nun war es Sa'el, der ihr mit einer resignierenden Geste auswich.
*Wenn ich das so genau wüsste...* Für einen Moment sah er nachdenklich vor sich hin, bevor er ihr einen musternden Seitenblick schenkte. *Stella,* sendete er direkt über den Kontakt ihrer Hände, *auch wenn es so scheint, als wären wir hier von aller Welt vergessen und als wäre das, was hier geschieht für die Synode lediglich von geringfügigem Interesse: Dieser Eindruck täuscht! Wir stehen mitten im Zentrum einer strategischen Auseinandersetzung und dies umso mehr, sobald Ne'eg und Ro'ha hier eintreffen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zwischen den Fronten zerrieben werden!*
Stella merkte, wie sie trotz ihrer Erschöpfung hellwach wurde.
Was bezweckte Sa'el? Prüfend ließ sie ihre Energie sich mit seiner mischen, doch alles was sie wahr nahm, war offene Beunruhigung über das, was er gesagt hatte. Von seiner gewohnten leicht herablassenden Fürsorglichkeit war nichts zu spüren, im Gegenteil hatte Stella das Gefühl, als erwarte er von ihr einen Vorschlag, wie damit umzugehen wäre.
Doch Stella Gedanken wanderten zurück zu Da'an. Ihrem Eindruck nach hatte er versucht, einen Teil ihrer Erinnerungen zu blockieren, während Sa'el angedeutete er wäre dafür verantwortlich, dass sie ein so großes Bedürfnis eben danach verspürte, sich zu erinnern. Dies machte keinen Sinn und war eben deshalb so beunruhigend. *Wenn es so wichtig ist, was wir hier tun, wie sehr sind wir dann von Da'an manipuliert?*
*Wir tragen seine Energie, was also erwartest du?*, antwortete Sa'el mit einer Gegenfrage. *Aber mach nicht den Fehler, dich auf diese Frage zu konzentrieren! Da'an ist derjenige, unter dessen Schutz wir stehen und auch wenn es uns nicht gefällt, sollten wir froh sein, wenn uns der Einfluss seiner Energie lenkt. Probleme haben wir dort, wo fremde Einflüsse auf uns einwirken. Darüber mache ich mir Sorgen. Sei vorsichtig, wenn du mit Ne'eg und Ro'ha redest - und vor allem: Sei vorsichtig gegenüber Zo'or!*
*Zo'or...*, murmelte Stella, unwillkürlich suchte sie im Gemeinwesen nach Informationen. Diplomat, Synodenmitglied, Anhänger von Quo'ons Strategie, jüngster derzeit existierender Taelon und das letzte Kind Da'ans war, was sie erhielt. *Was ist mit ihm?*
*Er hat angekündigt, bald mit dir reden zu wollen. Er ist ein unangenehmer Zeitgenosse! Man weiß nie, was er im Schilde führt, also sei einfach vorsichtig!*
Stella nickte, auch wenn sie nicht recht wusste, was sie davon halten sollte. Was erwartete Sa'el, das sie tun solle? Was erwartete Da'an? Sie kam kaum zurecht und doch prasselte ständig etwas Neues auf sie ein, noch mehr Probleme, noch mehr worauf zu achten war. Sie spürte ihre Erschöpfung wieder deutlich und gab sich einem Moment einfach nur den sanften durch sie gleitenden Wellen des Energiestromes hin.
*Ruh dich erst einmal aus*, meinte Sa'el besänftigend und legte behutsam ihre Hand auf der Liege ab. Stella antwortete nicht, sondern zog nur ihre Aura auf den Bereich unterhalb des Energiestrom zurück und ließ sich übergangslos ins Gemeinwesen sinken...

 
* * *
 

Sa'el betrachtete die nun friedlich daliegende Hybridin. Ihr Energielevel war niedrig, doch ihre Energiebahnen wurde gleichmäßig durchströmt. Die Gefahr eines Zusammenbruchs war gebannt. Er blieb noch einen Moment in die Betrachtung versunken stehen, dann wandte er sich ab und verließ den Raum, den Eingang sorgsam hinter sich versiegelnd.
Es war tatsächlich alles ein wenig viel für sie. Ein Hybrid sollte sich erst einmal eingewöhnen, langsam in einer geschützten Atmosphäre lernen können und nicht wie Stella mitten in eine politische Intrige geworfen werden! Er wusste nicht, was Da'an genau getan hatte, doch er gewann den Eindruck, dass Stellas Probleme zu einem Großteil von ihm verursacht worden waren. Denn es war ungewöhnlich, dass sich Hybriden nach so kurz Zeit schon wieder für ihre Erinnerungen interessierten und er konnte nur argwöhnen, dass es bei Stella daran lag, dass Da'an sie so bald als möglich als Beraterin zur Verfügung haben wollte. Etwas, was ihm der Diplomat wohlweislich verschwiegen hatte, war es doch alles andere als ungefährlich für Stella, wie ihr Beinahe-Zusammenbruch gerade gezeigt hatte.
Sa'el unterdrückte den aufsteigenden Ärger. Alles was er tun konnte, war in Zukunft trotz Stellas Beschwichtigungen früher nach ihr zu sehen, wenn ihm die Teth'a'dar meldete, dass ihr Energiezustand kritisch war.
Die Teth'a'dar...
Dies war eine andere Sache, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Während er noch Stratton seinen neuen Arbeitsplatz zeigte, hatte sie mit erstaunlichem Nachdruck darauf bestanden, Cockburn aus der engen Beschränkung auf sein Zimmer und die Räumlichkeiten darum zu entlassen. Nicht einmal seine Bitte, damit noch etwas zu warten, hatte sie akzeptiert, sondern ihn einfach nur in Kenntnis gesetzt, dass sie ihm einen Ausgang geöffnet hatte.
So verhielten sich Teth'a'dar für gewöhnlich nicht. Sie nahmen alles wahr, was in ihnen geschah, doch sie griffen normalerweise nicht ein – es sei denn, sie hatte entsprechende Anweisung... Doch von wem?
‚Quo'on’ war eine logische Antwort. Ihr werter Synodenführer wurde nicht müde, alle auf dieser Mission befindlichen Taelon bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass ein größtmöglicher Kontakt mit Menschen das Ziel ihrer Anwesenheit wäre. - Und alle bemühten sich erfolgreich seine diesbezüglichen Anweisungen zu ignorieren. Es schien, als wäre nun ausgerechnet er derjenige, dem dies nicht mehr länger gelingen würde. Das war absehbar gewesen und er wusste, dass es ihm nur recht geschah, nun selbst ein Versuchsobjekt zu sein. Dennoch wäre er lieber wieder an der Front. Da stände die Chance heil aus der Sache herauszukommen besser...

Widerwillig baute er seine menschliche Maske auf und bat die Teth'a'dar um den gegenwärtigen Aufenthaltsort der beiden Menschen. Stratton war noch im Labor und Cockburn noch immer in der hohen Halle. Es war die Wahl zwischen Not und Elend, doch da Cockburn offensichtlich wartete, während Stratton beschäftigt war, war sie dennoch leicht zu treffen.
Er ging die paar Meter zurück und öffnete den Durchgang, der diesen Gang mit der Galerie um die hohe Halle verband. Als er an die Balustrade trat und hinunter sah, stellte er fest, dass der Mensch immer noch auf dem Rand des Beckens saß und in dem Buch las, das sich Stella aus seine Sachen herausgesucht hatte.
Er bemerkte ihn nicht. Auch nicht, als Sa'el über die Rampe den Boden der Halle erreicht hatte. Wie konnte man so unsensibel gegenüber fremden Energien sein? Probeweise sendete er ihm einen direkten Impuls, der seine Anwesenheit mitteilte.
Erschrocken fuhr der Mann zusammen und sah sich hektisch um, bevor er ihn am Fuß der Rampe stehen sah – ein deutliches Zeichen, dass es nur das CVI in seinem Kopf gewesen war, dass ihn bemerkt hatte.
Cockburn sprang auf und starrte ihn an. „Wo ist Stella?”
Hatte es Sinn, höflich zu sein? Er hatte es bei Stratton versucht und war damit kläglich gescheitert. Menschen schienen mit einem gewissen Maß an Aggressivität besser zurecht zu kommen.
Provozierend langsam ging Sa'el auf den Menschen zu und musterte ihn, erst einmal abschätzig nachdem er vor ihm zum Stehen gekommen war. Während Stratton größer war als er, konnte Sa'el Cockburn mehr oder weniger auf gleicher Höhe in die Augen blicken.
„Was denken Sie, was ich mit ihr getan habe?”, antwortete er schließlich mit einer Gegenfrage, so scharf und ärgerlich, wie er über versteckte Anschuldigung war.
Tatsächlich senkte der Mensch verunsichert den Blick, um ihn dann gleich wieder - mehr fragend als herausfordernd - zu heben.
„Sie haben an ihr herumexperimentiert und ich fürchte, Sie tun es immer noch...”
„So? Das fürchten Sie?” Sa'el ließ seinen Blick noch eine Spur abschätziger werden. „Was, bitte, wissen Sie über die Experimente?”
Cockburns Blick wurde stechender, aber hinter der aufflackernden Wut war immer noch deutlich Verunsicherung zu spüren. „Ich weiß, dass Sie mit Menschen experimentiert haben und dabei welche ermordet haben. Das reicht mir!”
„Wirklich?” Sa'el gab seiner Stimme einen sanfteren Ton, der ihn beunruhigend an Da'an erinnerte. „Vielleicht ist es an der Zeit, Ihnen etwas mehr darüber zu erklären...”
Mit einer fließenden Bewegung ließ er sich auf dem Beckenrand nieder, darauf achtend dabei eine Haltung einzunehmen, von der er wusste, dass sie typisch für einen weiblichen Menschen war und forderte Cockburn mit einer Handbewegung dazu auf, sich neben ihn zu setzen.
Zögernd sah ihn der Mensch an und es war leicht ersichtlich, dass er mit sich rang, doch schließlich folgte er seiner Ausforderung, ob aus Neugier, ansozialisierter Höflichkeit oder einer Mischung aus beidem, war Sa'el nicht ersichtlich.
„Sie wissen,” begann er seine Erklärung, „dass wir untersuchten, wie man menschliche Zellen verändern muss, damit sie größere Mengen Taelonenergie tragen können. Ihre Vermutung war durchaus richtig, dass das Ziel dieser Experimente darin lag, ganze Menschen zu verändern.”
Cockburn zog scharf den Atem ein und Sa'el unterbrach sich, um ihm die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben. Doch der Mann zog es vor zu schweigen, also fuhr er fort.
„Der Unfall bei Silent Falls bot hierfür eine Gelegenheit, die wir nutzten. Die Menschen, die wir auswählten, waren einerseits jung und kräftig und andererseits möglichst ungebunden und wenig integriert, so...”
„...so dass sie niemand vermisste, wenn sie dabei starben.” Cockburn schluckte und sah ihn starr an.
„Nein, auch wenn Da'ans Beschützer ebenfalls dieser Ansicht war, so gab es doch auch einen anderen Grund dafür. Lose gebundenen Individuen fällt es leichter, sich in eine andere Gemeinschaft einzufügen. Ich bin kein Experte für Psychologie, aber dies war selbst mir klar, da ich mich mit Ihrem Kollegen Dr. Wolf über dieses Thema ausführlich beraten habe.”
Sa'el erhielt einen für ihn undefinierbaren Blick von dem Menschen, doch ansonsten hüllte er sich weiter in Schweigen.
„Nach einigen Fehlschlägen stellten wir fest, wie es möglich ist, in einen lebenden menschlichen Körper ein relevantes Maß Taelonenergie zirkulieren zu lassen. Stella ist der Beweis dafür.”
Sa'el beschloss, seine Erklärung damit zu beenden und es dem Menschen zu überlassen, die noch zu klärenden Fragen zu stellen. Er konnte schwer sagen, wie seine Worte auf Cockburn wirkten. Er wusste, dass sein Bericht kalt klang, doch er hatte sich bewusst bemüht, seine Erklärung möglichst sachlich und kühl zu halten. Seine Gefühle und Ansichten über all das hätte der Mensch nicht verstanden, einmal vorausgesetzt er hätte es überhaupt versuchen wollen. Darüber hinaus Sa'el hatte auch kein Bedürfnis danach Cockburn begreiflich zu machen, dass er es nicht gerne getan hatte.
Er hatte gewusst, dass der Unfall bei Silent Falls eine überaus günstige Gelegenheit war und er danach kaum wieder derart unkontrolliert würde arbeiten können. Alle Berichte der Wissenschaftler, mit denen er Kontakt hatte, deutete darauf hin, dass Quo'ons Druck, mehr und mehr von seinem Gefolge zur Erde zu bringen, stetig anstieg. Gleichzeitig sank mit zunehmender Dauer der Mission die Wahrscheinlichkeit eines Kurswechsels, auf den er, wie so viele, gehofft hatte. Sie alle hatten Da'ans Verhalten genauestens beobachtet, doch nichts deutete darauf hin, dass der ehemalige Synodenführer in die Offensive gehen würde. Wollten sie wissen, wie man Mensch-Taelon-Hybride schuf, dann hatte er handeln müssen. Und das hatte er getan - in vollem Bewusstsein dessen, dass es diese waren, die unter den ungünstigen Bedingungen ihrer Erschaffung würden leiden müssen.
Er wusste, dass er für diese Handlung würde bezahlen müssen, gleich ob er nun Schuld empfand oder nicht. Das Leben kennt hierin keine Gnade. Sa'el empfand deswegen ganz bestimmt kein Selbstmitleid, nur Mitleid mit Stella und den anderen Hybriden, die davon nichts hatten. Also konnte er seine Gefühle auch heraushalten. Sie spielten zumindest momentan für nichts und niemanden eine Rolle.
Immer noch herrschte Schweigen, das Cockburn schließlich brach. „Warum?”, fragte er mit einem leichten Zittern in der Stimme und stellte damit natürlich gleich die schwierigste aller möglichen Fragen.
„Das kann ich Ihnen nicht sagen”, antwortete Sa'el wahrheitsgemäß. „Um das zu verstehen, müssten Sie einiges über uns Taelon wissen, das sich nicht so einfach erklären lässt.”
Der Mensch sah ihn abweisend an. „Warum versuchen Sie es nicht einfach? Denken Sie, ich wäre als Mensch zu blöd dazu es zu verstehen?”
„Nicht zu blöd, nur zu anders. Ich verstehe Sie ja auch nicht und bin weit davon entfernt, mich für blöd zu halten.” Sa'el konnte nicht anders, als den Versuch zu unternehmen, Zo'ors arroganten Blick zu imitieren.
Natürlich hatte der Menschen keine Chance zu erkennen, dass dies ein unangebrachter Scherz gewesen war und statt dessen sprach nun deutlich Wut aus seinem Blick. „Dann können Sie mir vielleicht wenigstens sagen, was all das für Stella bedeutete! Vermutlich verstehen Sie das auch nicht, aber ich fühle mich verantwortlich für sie. Ich habe Ihnen geholfen bei den Vorarbeiten zu diesen verfluchten Experimenten und nun hänge ich mit drin, egal ob ich wusste, was ich da tat oder nicht. Aber soweit, um das zu verstehen, gehen wohl Ihre Moralvorstellung nicht!”
Sa'el entging nicht der Hohn, der in Cockburns letzten Worten lag und in entsprechend abweisendem Tonfall antwortete er. „Ganz im Gegenteil! Wie ich bereits bei unserem letzten längeren Gespräch sagte, gehen wir Taelon nicht davon aus, dass Unwissenheit vor Schuld und Strafe schützt. Die Folgen seiner Handlungen hat man zu tragen, unabhängig davon welche Motive und welches Wissen man hatte. – Was Ihre Frage anbelangt, so ist auch diese schwierig zu beantworten, aber ich will es versuchen. In Stellas Körper zirkuliert nun eine nicht unbeträchtliche Menge Taelon-Energie. Um genau zu sein, eben jene Menge, die auch ein Taelon trägt. Man könnte daher sagen, Stella ist nun ein Taelon mit einem menschlichen Körper oder aber eine Mischung aus Taelon und Mensch, ein Hybrid.”
„Das ist unmöglich...” Cockburn starrt ihn fassungslos an. Sa'el konnte ihm regelrecht ansehen, wie sein Verstand zu arbeiten begann. „Man kann kein lebendes Wesen derart verändern, um so etwas behaupten zu können...”
„Nein?”, fragte Sa'el amüsiert zurück.
„Das hieße ja das Erbgut eines Wesens in all seinen Zellen systematisch zu verändern und das ist völlig unmöglich! Auch haben die durchgeführten Experimente an den Zellen nie darauf abgezielt. Es ging nur darum, die Leitfähigkeit und Toleranz gegenüber Strahlungen, durch Einlagerung verschiedener Substanzen zu erhöhen...”
„Das ist richtig, doch das waren nur Vorbereitungen, die verhindern sollten, dass der Kreislauf der Probanden vorzeitig zusammenbricht. Die Veränderung des Erbgutes fand erst unter Einwirkung von Strahlung statt, einer bestimmten Art der Taelonenergie, die man in Ihrer Sprache ‚Substanzenergie’ nennen könnte und sie bewirkt, dass nun dauerhaft Taelonenergie in Stellas Körper zirkulieren muss, damit er lebendig bleibt.”
Entsetzt sah der Mensch ihn an.
„Das ist völlig wahnsinnig! So etwas sollte unmöglich sein!”
„Ist dass jetzt eine wissenschaftliche oder eine moralisch Aussage?”, fragte Sa'el provokant zurück.
„Sowohl als auch”, fuhr ihn der Mensch an. „Ob das, was Sie mir da erzählen stimmt oder nicht, Stella scheint es offensichtlich nicht gut zu bekommen, wie ich vorhin deutlich gesehen habe!”
„Sie irren sich. Das, was Sie beobachtet haben, war nichts anders als eine vorübergehende Schwäche, die so kurz nach einer Hybridisierung zu erwarten ist. Nachdem ich ihr Energiesystem wieder in Ordnung gebracht habe, wird es ihr nach einigen Stunden bereits wieder besser gehen. - Und damit wäre wohl auch Ihre erste Frage beantwortet, die danach, was ich mit Stella gemacht habe: Ich habe ihr geholfen, nichts anderes und sie nicht etwa gequält, wie Sie es sich anscheinend ausgemalt haben!”
„Sie haben sie bereits gequält, als Sie sie gegen ihren Willen zu diesem Experiment zwangen!”
„Gegen ihren Willen? Woher wissen Sie das?” Tatsächlich gelang es ihm Cockburn zu verunsichern. Doch er hatte nicht vor, ihm diesbezüglich die Unwahrheit aufzutischen. „Sie wissen es nicht. Sie glauben es zu wissen! Richtig ist, dass ich Stella nicht gefragt habe, aber habe ich damit gegen ihren Willen gehandelt? Vielleicht hätte sie zugestimmt, wenn ich sie gefragt hätte? Und selbst wenn nicht, so hätte sie zu dem Zeitpunkt nicht wissen können, was das für sie bedeuten würde, hätte also gar nicht beurteilen können, was ihr Wille ist.”
Cockburn sah ihn ärgerlich, aber auch mit einer gewissen Verwirrung an. „Was soll diese Haarspalterei? Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen. Wollen Sie sich damit vielleicht rechtfertigen?”
„Nein, vor Ihnen will ich mich nicht rechtfertigen. Ich versuche nur Ihre Gewissheit zu erschüttern, dass Ihre Meinung hinsichtlich der moralischen Bewertung ohne Zweifel ist. Gerade die Frage des Willens, auf die Sie abheben, ist für mich völlig irrelevant. Das Leben fragt prinzipiell nicht danach, ob man etwas erleben will oder nicht. Ich habe weder Stella noch die anderen unnötig leiden lassen!”
Cockburn beugte sich vor und sah ihn eindringlich aus vor Wut funkelnden Augen an.
„Sie haben sie einem Experiment unterzogen, bei dem einige der Menschen gestorben sind. Das nenne ich genug unnötiges Leid!”
Kühl erwiderte Sa'el den Blick. „Sie sind Biologe. An wie vielen Tieren und Pflanzen haben Sie in Ihrem Leben Experimente vollzogen? Wie viele davon sind daran zugrunde gegangen?”
Cockburn lehnte sich wieder zurück, aber sein Blick änderte seinen Ausdruck nicht.
„Dann sind wir Menschen für Sie also nicht mehr wert als irgendein Tier oder irgendeine Pflanze?”
„Nein, in der Tat, das sind Sie nicht. Im Gegensatz zur herrschende Meinung in Ihrer Spezies unterscheinen wir bei unterschiedlichen Gattungen nicht hinsichtlich des Wertes. Leben ist für uns Leben. Egal ob Mensch, Pflanze oder Taelon.”
„Die Experimente haben Sie aber nicht an Taelon gemacht, was doch wenn ein Mischwesen entstehen sollten, genauso möglich sein sollte.”
Sa'el nickte anerkennend. „Sehr scharfsinnig gedacht, Dr. Cockburn. Tatsächlich ist das aber wesentlich schwieriger. Dennoch wird genau das das Ziel der Experimente sein, an denen Dr. Stratton sich, zu Ihrem Entsetzen, so bereitwillig beteiligen möchte.” Überraschung vermischt mit Abscheu zeigte sich auf Cockburns Gesicht. Sa'el war beinahe versucht, ihm zu gestehen, dass er diese Experimente rundweg ablehnte und sich nur gezwungenermaßen daran beteiligte. Doch der Mensch würde die falschen Schlüsse ziehen. „Sie sehen, wir sind auch bereit, uns selbst zu opfern, wenn wir es für notwendig erachten”, fügte er statt dessen hinzu.
Einmal mehr schüttelte der Mensch entgeistert den Kopf. „Warum tun Sie so etwas? Es muss doch eine Grenze geben, dessen was man an wissenschaftlich Möglichem umsetzt!”
Sa'el sah ihn fragend an. „Wo ziehen Sie für sich diese Grenze?”
„Ich habe immer nur Grundlagenforschung gemacht!”, stieß Cockburn hervor.
„Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe lediglich eine Frage gestellt, ich verurteile Sie nicht. Es ist mir bewusst, wie leicht man in die Situation gerät, Dinge zu tun, die man nicht gut heißt. Auch wenn Sie es mir nicht glauben, ich hatte gute Gründe dafür, diese Experimente durchzuführen, Gründe, bei denen ich es nicht für ausgeschlossen halte, dass Sie sie verstehen könnten, würden Sie alle Hintergründen kennen.”
Der Mensch sah ihn skeptisch, um nicht zu sagen verächtlich an und wollte etwas erwidern. Doch Sa'el kam ihm zuvor.
„Mag sein, dass ich mich hierin irre, doch das ändert nicht daran, dass Sie mir helfen werden, die Experimente zu verheimlichen.”
Erst irritiert und dann zunehmend alarmiert sah Cockburn ihn an. „Was soll das heißen?”
Sorgsam suchte Sa'el nach geeigneten Formulierungen, für das was er dem menschlichen Wissenschaftler nahe bringen musste.
„Sie müssen wissen,” begann er und bemühte sich so viel Nachdruck und Ernst wie möglich in seinen Tonfall zu legen, „Sie müssen wissen, dass außer Ihnen, Ihrem Kollegen Stratton, Stella, mir und Da'an niemand weiß, dass die Experimente in Silent Falls stattgefunden haben. Für jeden anderen, insbesondere für die beiden Taelon-Wissenschaftler, die uns in Kürze hier Gesellschaft leisten werden, war Stellas Hybridisierung ein Unfall!”
Die Verwirrung in Cockburns Blick steigerte sich noch, um dann schließlich abermals in Fassungslosigkeit umzuschlagen. „Tatsächlich? Das ist ja hoch interessant!”, meinte er mit einer Art bitteren Belustigung. „Aber was bringt Sie, nach all dem, was Sie sich mir gegenüber geleistet haben, auf die Idee, dass ich Ihnen helfe, etwas zu verheimlichen? Das ist doch völlig absurd! Warum sollte ich das tun?”
Obwohl er eigentlich höchst empfindlich darauf reagierte, wenn man ihn als dumm darstellte, gelang es Sa'el zu seiner eigenen Überraschung, sich durch diese Aussage nicht provozieren zu lassen. „Es wäre ratsam für Sie, zu wissen, welches Ihre Seite ist!”, antwortete er mit einem Lächeln, das nicht freundlich war. „Ich kann nicht für Ihre Sicherheit garantieren, wenn die Wahrheit herauskommt. Ihr Leben und das Strattons hängen von ihrem Kontakt mit mir ab. Das ist der Grund, warum Sie hier sind. Offiziell haben Sie mich hintergangen und als Reaktion darauf, hat der Synodenführer die Strafe verhängt, dass wir unseren Konflikt miteinander austragen sollen. Würde man mich von dieser Mission ausschließen, so wären Sie für uns Taelon nur noch ein Sicherheitsrisiko.” Sa'el wusste, dass er etwas dick aufgetragen hatte. Es war nicht wirklich klar, das mit den beiden geschehen würde, würde er sich für die Durchführung der Experimente verantworten müssen, doch die Drohung tat ihre Wirkung. Cockburn starrte ihn entsetzt an.
Sa'el fuhr dessen ungerührt fort. „Mir gefällt die Situation ebenso wenig wie Ihnen, doch wir sind aufeinander angewiesen. Sie werden schweigen und ich werde Sie schützen, so gut ich kann. Darüber hinaus haben Sie noch eine Entscheidung zu fällen. Bis jetzt habe ich angegeben, dass mir Ihre Motive für den Anschlag unklar seien, doch zumindest Sie selbst sollten eine Idee haben, was Ihre angeblichen Motive dafür waren, ein Labor in Schutt und Asche zu legen, in dem lediglich medizinische Forschung zugunsten der Menschheit stattfand. Ihr Anschlag auf das Labor in Boston kann entweder ein Versuch gewesen sein, unberechtigt an geheime Daten zu kommen oder der unbegründete Anschlag eines Taelongegners. Hinsichtlich letzterem haben Sie die Wahl, was Sie lieber mimen möchten...””
„Das ist pervers...” Cockburns Stimme erstarb tonlos.
„Ich sehe den Zynismus Ihrer Situation durchaus und ich würde Ihnen das ganze gerne ersparen. Doch ich habe hierin leider keine Wahl.” Sa'el erhob sich und sah auf den Menschen herunter. „Überlegen Sie in Ruhe, Sie haben noch etwas Zeit.”
Ohne zu antworten und ohne ihn anzuschauen sah der Mensch vor sich hin. Sa'el zögerte einen Moment. Er wollte Cockburn eigentlich nicht noch mehr zumuten, aber...
„Da wäre noch etwas...”, meinte er trotzdem.
Alarmiert sah der Mensch auf.
„Ich möchte Sie bitten, bis auf weiteres in ein anderes Quartier umzuziehen.”
Verwundert runzelte der Wissenschaftler die Stirn. „Warum?”
„Derzeit würde ich ungern Strattons Beschränkung auf seine bisherigen Räumlichkeiten aufheben. Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber, ihn so lange wie möglich nicht um mich zu habe. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, dann suchen Sie sich einen anderen Raum. Ich werde dann veranlassen, dass Ihre Sachen dort hingebracht werden.”
Zögernd und nicht ganz bei der Sache nickte Cockburn. „Ich lege auch keinen besonderen Wert auf seine Gesellschaft...”
„Dann sind wir uns also wenigstens in einer Sache einig”, stellte Sa'el fest, doch den Mensch reagiert nicht. Also wandte er sich ab und ging. Ein ungutes Gefühl begleitete ihn. Die Vorstellung, die er eben abgeliefert hatte, missfiel ihm zutiefst. Wie ein Diplomat hatte er sich aufgeführt!
Aber hatte er den Menschen dorthin bekommen, wo er ihn hatte haben wollten, ohne ihn durch die Erklärung zu verschrecken, dass er ein CVI trug. Der Mensch würde nicht einmal merken, dass es nicht seinem freien Willen entsprach, wenn er das Geheimnis um die Experimente für sich behielt.

 

Ende von Kapitel 5

 

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