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  „Weihnachtswunder” von Cat   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Dezember 2002
Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Boone erhält nach seinem Tod eine zweite Chance.
Zeitpunkt:  zweite Staffel
Charaktere:  William Boone, Da'an, Mike, Samantha Donald
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2002 geschrieben.
 

 

WEIHNACHTSWUNDER

 

Teil 1
Im Jenseits


Da'an blickte gedankenverloren auf die verschneite Stadt hinunter. Dort herrschte, wie jedes Jahr um diese Zeit, rege Betriebsamkeit. Weihnachten war für die Menschen die schönste Zeit des Jahres - das hatte Boone ihm einmal erzählt.
Boone ... War es wirklich schon ein halbes Jahr her, dass er seinen Beschützer verloren hatte? Nein! Nicht nur seinen Beschützer, sondern ............ Selbst jetzt wagte er es nicht, den Gedanken zu Ende zu führen - außerdem war es ohnehin zu spät.
Wieder richtete er seinen Blick auf das nächtliche Treiben der Stadt. Er hatte zwar einen neuen Beschützer, aber Liam war in vieler Hinsicht noch ein Kind - ein Kind, das Anleitung und Geduld brauchte. Er mochte ihn sehr, aber es war nicht wie bei Boone - er würde wohl zu keinem anderen Menschen jemals eine solche Beziehung wie zu seinem toten Beschützer aufbauen können. Dazu war der Schmerz über den Verlust einfach zu groß!


William Boone erwachte schlagartig.
Um sich herum konnte er nichts außer einem silbrigen Licht wahrnehmen. Nur in der Ferne war ein goldener Schimmer zu erkennen. Langsam ging er darauf zu. Dort angekommen, konnte er eine Art Tor erkennen.
Zögernd blieb er stehen.
Wo war er eigentlich - und wie war er hierher gekommen? Es kam ihm richtig vor, hier zu sein, aber was war geschehen? Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war die Kirche - und Ha'gel, der auf ihn geschossen hatte!
Erschrocken blickte er sich noch einmal um. Konnte es sein? Er hatte einige Berichte von Nahtodeserfahrungen gelesen, und die Beschreibung dieser Erlebnisse passte auf diesen Ort.
Langsam sickerte die Erkenntnis in sein Bewusstsein ... aber das konnte doch nicht wahr sein ... er konnte doch unmöglich ... es gab noch so vieles zu erledigen! Aber je länger er darüber nachdachte, desto ruhiger wurde er, ein tiefer Frieden breitete sich in ihm aus. Seine Freunde würden auch ohne ihn weiter machen!
Erneut blickte er das Tor an. Was ihn wohl auf der anderen Seite erwartete? Er schloss die Augen, um besser nachdenken zu können - und kannte die Antwort. Seine Frau würde dort sein und auf ihn warten, er würde sie endlich wiedersehen!
Sein Entschluss stand fest.
Langsam brachte er die letzten Schritte, die ihn von dem Licht trennten, hinter sich - und prallte heftig gegen das Tor.

Als er wieder zu sich kam, rieb er sich über die Stirn - wieso konnte er nicht durch das Tor gehen?
„Wieder wach?!”
Erschrocken setzte Boone sich auf und entdeckte neben sich einen jungen Mann.
„Wer sind Sie, und was machen Sie hier?”
„Du kannst mich Mike nennen. Wenn du aufgestanden bist, können wir uns ja miteinander reden.” Dabei lächelte der Fremde freundlich.
Boone erhob sich etwas wacklig.
„Weißt du, im Stehen kann man sich immer so schlecht unterhalten, also denke ich, sollten wir uns erst einmal setzen”, meinte der junge Mann.
Will runzelte die Stirn. Wo bitte konnte man sich denn hier setzen? Als hätte Mike seine Gedanken gelesen, deutete er auf eine Stelle etwa zwei Meter von ihnen entfernt. Wie von Geisterhand stand dort auf einmal eine goldene Bank.
Nachdem sie sich gesetzt hatten, musterte Will sein Gegenüber erst einmal. Mike schien ein junger Mann zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren zu sein. Er hatte kurzes weißblondes Haar, feminine Gesichtszüge - und, was ihm erst jetzt auffiel - silber-goldene Augen.
„Wo bin ich hier?”
„Ich denke, das weißt du doch schon.”
„Ich bin also tot und im Himmel?”
„Nun, das trifft es nicht ganz.”
Will atmete tief durch.
„Wo bin ich denn dann?”
„Das hier ist eine Zwischenwelt. Jeder, der gestorben ist, kommt zu erst einmal hierher, um sich zu orientieren und zu begreifen, dass er nicht mehr lebt. Dies dauert bei einigen länger, andere akzeptieren es sofort. Wenn das geschehen ist, gehen sie durch das Licht und wechseln auf die nächste Ebene über.”
Will hob nach den letzten Worten den Kopf und blickte Mike an. Er hatte es doch akzeptiert, aber er konnte das Tor nicht durchschreiten!
„Wieso komm ich dann nicht durch?”
Der junge Mann zeigte ihm ein trauriges Lächeln.
„Nun, es gibt jemanden auf der Erde, der dich nicht los lässt. Solange diese Person nicht bereit ist, dich gehen zu lassen, ist dir das Jenseits verwehrt.”
Will musste diese Worte erst einmal verdauen, denn das würde ja bedeuten, dass er hier eventuell sehr lange fest säße.
„Könnte man nicht einmal eine Ausnahme machen?”
„Das ist nicht möglich. Um ins Jenseits zu gelangen, darf einen nichts und niemand mehr im Diesseits halten. An dieser Regel kann nichts geändert werden!”
„Aber dann kann ich hier ja ewig festsitzen!”
„Du ahnst gar nicht, wie Recht du damit hast!”
Jetzt war Will wirklich verwirrt.
„Was soll das denn heißen?”
„In manchen Fällen wird der Verstorbene so lange hier festgehalten, bis derjenige, der ihn am Weitergehen hindert, ebenfalls stirbt und sie gemeinsam überwechseln können. In deinem Fall könnte das sehr, sehr lange dauern!” Mike blickte ihm dabei fest in die Augen, als wolle er ihn dazu bringen, in seinen Gedanken zu lesen, wer denn diese Person sei.
Will beendete schließlich den Blickkontakt und schaute nachdenklich auf seine Hände. Langsam begann es ihm zu dämmern.
„Da'an hält mich hier, nicht wahr?”
„So ist es! Du verstehst also, was dies bedeuten könnte?”
„Ja.”
Da'an ... Will fühlte einen Stich in seiner Brust. An seinen Companion hatte er, seit er hier war, noch nicht eine einzige Sekunde gedacht. Wie es ihm wohl ohne ihn ging - und wer würde sein neuer Beschützer werden? Würde dieser ihn auch so gut verstehen, wie er es getan hatte? Die Sorge um seinen Freund überschwemmte ihn förmlich.
„Die Verbindung zwischen euch war und ist noch immer sehr stark - und solange sie noch besteht, kannst du nicht weiter gehen”, meinte der junge Mann mit den seltsamen Augen, sehr sanft.
Will wusste nicht, was er sagen sollte. Mike hatte recht, Da'an war für ihn mehr als nur der Taelon gewesen, den er beschützte. Oft hatte er sich innerlich zerrissen gefühlt zwischen seinen Pflichten gegenüber dem Widerstand und seiner Freundschaft zu Da'an.

Will brauchte eine Weile, bis er sich wieder gefasst hatte.
„Wenn jeder, der gestorben ist, hierher kommt, wieso ist mir dann noch niemand begegnet außer dir?”
„Weil jeder sich seine eigene Welt schafft. Bei dir ist es ein großer leuchtender Raum, bei einem anderen vielleicht ein Tunnel. Jede dieser Welten grenzt an eine andere an, und wenn du ein wenig Übung hast, kannst du zwischen ihnen wechseln. Stell es dir als viele kleine Luftblasen vor, die aneinander grenzen.”
„Dann bist du von einer dieser Blasen gekommen?”
„Ja und nein. Ich war noch bei einem anderen Neuankömmling.” Will runzelte die Stirn. Mike hatte bisher geschickt vermieden, ihm zu sagen, wer - oder was - er war und was er hier genau machte.
„Aber nun zu dem eigentlichen Grund meines Hierseins.”
Will sah ihn fragend an, die ganze Sache wurde immer verwirrender.
„Da dein Fall alles andere als leicht ist, haben wir beschlossen, dir ein Angebot zu machen.”
„Und was soll das sein?”
„Nun - du darfst zurück auf die Erde, wenn du möchtest!”
„Wieso?” Will konnte sich nicht vorstellen, dass das so einfach möglich sein sollte.
„Nun, du hast es geschafft, dass Da'an menschliche Gefühle entwickelt, und seit du fort bist, beginnt er, wieder in seine alten Gewohnheiten zurück zu fallen - etwas, das weder für die Menschen noch für die Taelons gut ist.” Bei den letzten Worten hatte Mike sehr besorgt geklungen.
„Ich lass dich jetzt erst einmal eine Weile allein, damit du über alles in Ruhe nachdenken kannst.” Sprach's und war im nächsten Moment verschwunden, um einen über alle Maßen verwirrten William Bonne zurück zu lassen.

Bonne hatte begonnen, unruhig auf und ab zu gehen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er hatte erst eben registriert, dass er kein Implantat mehr besaß, und dieses hätte er gerade jetzt gut gebrauchen können. So musste er allein alles abwägen, und ohne Hilfe seines CVIs war es ungewohnt schwer für ihn.
Auf der einen Seite konnte er seine Frau wiedersehen, auf der anderen Seite war da Da'an, der ihn offenbar brauchte - und die Menschheit, nicht zu vergessen ... Wer konnte schon sagen, was die Taelons noch mit ihr machen würden? Frustriert ließ er sich wieder auf die Bank fallen. Er war hin und her gerissen. Zwei seiner stärksten Gefühle kämpften gegeneinander - zum einen die Sehnsucht nach Kate, zum anderen das Verlangen, immer für Da'an da zu sein und ihn zu beschützen.
Als würde der Raum um ihn herum spüren, was in ihm vorging, begann sich vor ihm ein Wirbel zu bilden, in dem schemenhafte Bilder zu erkennen waren, die langsam klarer wurden.
Zuerst sah er sich mit Ha'gel in der Kirche und als nächstes sich selbst in einem Heiltank.
Was er dann zu Gesicht bekam, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Nicht Ha'gel hatte ihn getötet, sondern Zo'or!
Aber die Bilder verharrten nicht und ließen ihm keine Zeit, sich zu orientieren.
Plötzlich waren sie bei seiner Beerdigung, und er sah, wie Qo'on von einer Sonde getötet wurde und ein junger Mann Da'an rettete. Als nächstes waren Da'an und dieser junge Mann in der Botschaft, auf der Flucht vor der Sonde, und der Mann vernichtete sie mit Energie, die aus seinen Händen kam.
Wer war dieser Mann? Der Wirbel beantwortete seine Frage sofort. Er sah Ha'gel und Beckett und danach Beckett hochschwanger im Hauptquartier des Widerstandes einen kleinen Jungen zur Welt bringend. Dieser Junge wuchs in atemberaubender Geschwindigkeit - zu dem eben gesehenem jungen Mann heran!
Die nächsten Bilder zeigten ihm Da'an, der am Fenster der Botschaft stand und auf die nächtliche Stadt blickte. Er wirkte traurig und gedankenverloren. Will spürte förmlich seine Einsamkeit und sein Inneres verkrampfte sich schmerzhaft.
Als letztes wurde ihm der Tod seiner Frau noch einmal gezeigt. Aber es tat nicht mehr so weh, er hatte es akzeptiert und sie gehen lassen. Ein Teil von ihr würde immer in seinem Herzen sein, aber jemand anderes hatte ebenfalls einen Platz darin eingenommen. Jemand, der ihn mehr denn je brauchte!
Will blickte noch einmal in den verlöschenden Wirbel.
Er hatte sich entschieden.
Jetzt musste er nur noch auf Mike warten.

„Hast du dich entschlossen?”
„Ja! Ich möchte zurück, dort werde ich gebraucht.”
Mike lächelte ihn an, er hatte William Boone richtig eingeschätzt. Aber er hatte auch selten eine solch starke Bindung zwischen zwei so verschiedenen Wesen erlebt.
„Dann solltest du allerdings wissen, dass du nicht als Commander William Boone zurück kannst. Aber darum haben wir uns schon gekümmert, du wirst als jemand anderes zurück geschickt. Du wirst dich an diesen Ort und an alles, was ich dir gesagt habe, nicht mehr erinnern können. Es ist nicht gut, wenn ein Lebender sich an das Jenseits erinnert! Ich hoffe, du verstehst das.”
„Aber an mein vorheriges Leben werde ich mich doch noch erinnern können?”
„Ja, das wirst du, ansonsten würde es ja nicht viel bringen, dich zu Da'an zurück zu schicken.”
Will überlegte kurz und stellte schließlich eine Frage, die ihn schon die ganze Zeit über beschäftigte.
„Wird öfters jemand zurück geschickt?”
Jetzt lächelte Mike.
„Es kommt durchaus vor, aber nicht so oft, wie manche Menschen glauben. Allerdings werden die wenigsten mit Erinnerungen zurück geschickt. Du bist eine der wenigen Ausnahmen, die wir machen.”
„Oh.........Ehm....................wie lange bin ich eigentlich schon hier? Ich meine - ich habe eben einige Szenen gesehen, die sich nach meinem Tod abgespielt haben - es sei denn, ich habe die Zukunft gesehen.”
„Nein, von hier aus kannst du nicht in die Zukunft blicken, nur in die Vergangenheit und die Gegenwart. Du bist schon ein halbes Jahr hier.”
„Ich kann unmöglich schon so lange nicht mehr leben - ich meine, ich bin doch höchstens erst seit ein paar Stunden hier!
„Die Zeit vergeht hier anders. Was dir wie einige Stunden vorkam, sind auf der Erde fast sechs Monate.”
Will schluckte. Ein halbes Jahr ... Was hatte Da'an in dieser Zeit noch alles durch machen müssen?
„Du hast gesagt, dass man von hier aus nicht in die Zukunft sehen kann. Woran liegt das? Gilt das nur für uns, oder ist es grundsätzlich unmöglich?”
„Grundsätzlich ist es möglich, aber nur wenigen ist es gestattet, das zu tun, und da du zurückkehren wirst, bringt es ohnehin nichts, wenn du in die Zukunft schaust, da du nur sehen könntest, was geschähe, wenn du hier bliebest. Außerdem ist die Zeit immer in Bewegung und so klar das, was man sieht, auch scheint - eine kleine Abweichung kann alles bereits wieder verändern. Ein Beispiel: Ein Mann geht morgens zur Arbeit und geht einfach an einer jungen Frau vorbei. Diese ist in Gedanken versunken, geht über die Straße, ohne sich umzuschauen und wird überfahren - dadurch wird sie nie einen neues Heilmittel gegen Krebs entdecken. Wenn der Mann sie jetzt aber bemerkt und anspricht, reißt er sie aus ihren Überlegungen, und sie zögert, bevor sie über die Straße geht, dadurch sieht sie das Auto und lebt weiter. Du siehst also: Was du als Zukunft wahrnehmen würdest, sind nur Möglichkeiten, die nicht zwingend Wirklichkeit werden.”
Boone schwirrte der Kopf. Das war alles so neu und schwer zu begreifen ... Er hätte vermutlich sehr viel mehr Zeit gebraucht, um wirklich zu verstehen.
„Aber genug geredet, es wird Zeit für dich!”
„Muss ich irgend etwas tun?”
„Nein. Ich werde dich leiten, vertrau mir einfach.”
Will zögerte kurz, ergriff dann aber die ihm von Mike dargebotene Hand. Auf einmal waren sie in strahlendes goldenes Licht getaucht, und er musste die Augen schließen.
Als er sie blinzelnd wieder öffnete, befanden sie sich in einem wirbelnden Tunnel.
„Ab hier muss ich dich allein lassen. Leb wohl und viel Glück.”
Das letzte, was Will sah, war, wie Mike nach oben schwebte - und dieser hatte silbrig-weiße Flügel!
Boones letzter Gedanke war, dass es also wirklich Engel gab.
Dann wurde er gänzlich von dem Wirbel verschluckt und sein Denken erlahmte.
Er versank in vollkommene Dunkelheit.

Mike blickte noch einmal zurück, aber William Boone war nicht mehr zu sehen. Zufrieden machte er sich auf den Weg zu dem anderen Neuankömmling. Dieser war ein selten schwerer Fall, er wollte sich nicht vom Diesseits lösen, meinte, er habe noch soviel zu erledigen und werde unter allen Umständen noch gebraucht ...
Plötzlich blieb der Engel stehen. Vielleicht sollte er sich mit den anderen beraten - sie hatten ihm im Falle des Commanders ja auch geholfen.
Mal sehen, was Gabriel und Raphael meinten, was er mit Ha'gel anstellen solle ... Vor sich hin pfeifend machte Mike - oder auch Michael genant - sich auf den Weg zu den anderen Erzengeln. Wer wusste, was noch alles geschehen konnte - auf der Erde war schließlich Weihnachtszeit, und Schutzengel konnte es nie genug geben!

 

 

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