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  „Nichts als Ärger!” von JolinarMV, KitharaJ und Bastet-X   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Mission Erde/Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorinnen.
 
Handlung:  Da Zo'or Liam für das Gerät von Ma'el braucht, tauscht er Liam und Sandoval aus um ihn näher bei sich zu haben. Daraufhin beginnt ein Machtkampf zwischen Zo'or und Da'an, sowie zwischen Sandoval und Liam.
Zeitpunkt:  schließt direkt an den vorletzten Teil der dritten Staffel an
Charaktere:  Liam, Sandoval, [Zo'or, Da'an, Augur, Renee]
 
Anmerkung der Autorinnen:  Wir möchten uns bei all unseren Feedbackschreibern in der Taelonbotschaft bedanken, die unser Selbstbewusstsein gestärkt und uns versichert haben, dass wir doch nicht so schlecht sind in Sachen ME, da wir eigentlich aus dem Stargatebereich kommen. Besonderer Dank gilt Anca und Anne Lisa, die uns nach jedem geposteten Teil ihre Meinung gesagt haben. Trotzdem würden wir uns natürlich über jedes weitere Feedback unserer Leser riesig freuen. J
 

 

NICHTS ALS ÄRGER!

 

Es war ein ungewöhnlich warmer Herbsttag in Washington D.C. Ein leichter Wind wehte durch die Bäume, an deren Ästen sich die Blätter in allen Farben wiederfanden. Die Herbstsonne strahlte auf die Stadt hernieder und legte über sie einen besonderen Glanz. Der nordamerikanische Companion stand am Fenster der filigranen Botschaft und verfolgte die Veränderungen, die in der Natur der Erde und an deren Bewohnern vorgingen.
Während er dies tat, fand er für einen kurzen Moment Ruhe, was für ihn ein ebenso wertvoller wie seltener Schatz war, den Da'an nur selten zu finden vermochte.
Bald würde die Zeit weitergehen und es würden wieder Entscheidungen gefordert werden, die schwer auf dem Gewissen der Taelons lasteten. Aber irgend jemand musste bereit sein das richtige für sein Volk zu tun und außer ihm war das anscheinend niemand.

 
* * *
 

In der Zwischenzeit betrat der junge Companionbeschützer Major Liam Kincaid die Washingtoner Taelonbotschaft, um seinen Dienst anzutreten.
Der Major war gut gekleidet. Er liebte es etwas legerer als sein Vorgesetzter Agent Ronald Sandoval, mit dem ihn auch sonst nicht viel verband wie es schien.
Liam war angespannt, wie er es seit Monaten immer war, wenn er sich auf dem Weg zu Da'an befand. Er befürchtete eine weitere Auseinandersetzung mit ihm. Doch noch mehr als die Auseinandersetzung fürchtete er das Schweigen zwischen ihnen. Dies war noch unerträglicher für ihn und wahrscheinlich ging es Da'an genauso.

 
* * *
 

Wie hatte es nur so weit kommen können? Dieser Streit mit Da'an war absolut überflüssig gewesen, aber er hatte Liam so wütend gemacht!
Nachdem er sich dem Companion offenbart hatte, war Da'an eine Zeit lang so etwas wie ein Mentor für ihn gewesen. Aber letztendlich hatte er andere Vorstellungen darüber, wie Liam sein Leben führen sollte. Er hätte es lieber gesehen, wenn er sich mehr seiner Kimeraseite gewidmet hätte, aber Major Kincaid hielt das für überflüssig.
Am Anfang waren seine Fähigkeiten kaum kontrollierbar gewesen, doch mit der Zeit waren sie aus unerklärlichen Gründen mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Er war sich nicht mal sicher, ob er sie jetzt überhaupt noch einsetzen konnte, selbst wenn er es wollte.
Er war ein Mensch unter Menschen und das reichte ihm. Es lag für ihn kein Reiz darin der letzte seiner Art zu sein, von allen gejagt, gehasst und unverstanden. Selbst die Menschen würden in ihm sicher eine Gefahr sehen, wenn sie wüssten, was er wirklich war.
Er hatte weder die Nerven noch die Zeit sich um Da'ans Ziele zu scheren und das hatte er ihm auch gesagt. Der Taelon hatte darauf geantwortet, dass er diesen Teil seines Wesens nicht ignorieren konnte. Liam wusste, dass er recht hatte. Er war bereits mit einem genetischen Gedächtnis geboren worden, was ihm oft geholfen hatte. Mit diesem Wissen schien er aber auch ein gewisses Maß an Weisheit geerbt zu haben, und so wusste er, dass seine Kimeraseite sowohl Vor- als auch Nachteile hatte und dass es vielleicht nicht ganz richtig war, wie er damit umging.
Die tägliche Gratwanderung, die er zwischen seinen Aufgaben als Companionbeschützer und als Führer des Widerstandes vollführte, lastete ihn völlig aus. Die Kimera, die Jaridians und selbst die Taelons mussten eben warten, bis sie an der Reihe waren. Bisher hatte sich sein Leben zwar aufregend aber im großen und ganzen zu seiner Zufriedenheit gestaltet. Erst in letzter Zeit hatte sich das ein wenig geändert, aber es gab keinen Grund anzunehmen, dass das in Zukunft ein Problem werden würde. Und genau in diesem Punkt waren er und Da'an nicht einer Meinung.
Doch viel schlimmer als die Dinge, die sie sich gesagt hatten, waren die Dinge, die ungesagt geblieben waren. Sie waren schon öfters verschiedener Ansicht und auch wenn es dem anderen nicht paßte waren sie immer offen zueinander gewesen und genossen es. Doch dieses mal war alles anders. Seit Wochen herrschte eine relative Funkstille zwischen ihnen und beide Seiten beschränkten ihren Kontakt auf das Notwendige.
Liam seufzte. Es würde ein schwieriger Tag werden, so wie alle Tage mit Da'an seit ihrem Streit.

 
* * *
 

Auf dem Mutterschiff

Zo'or saß wie immer auf seinem Stuhl. Die Beschreibung Thron traf es wohl eher. Er fühlte sich allem und jedem überlegen. Die Menschen verachtete er und seine eigene Rasse... na ja, sie verstanden ihn einfach nicht. Sie müssten aggressiver vorgehen, aber die Synode wollte es einfach nicht begreifen. Da'an machte ihm immer einen Strich durch die Rechnung, aber das würde sich bald ändern. Er plante schon seit langem etwas, um Da'an los zu werden, und jetzt hatte sich eine hervorragende Möglichkeit ergeben. Wenn er es geschickt anstellen würde, hätte er bald keine Probleme mehr.
Aber nicht nur Da'an und die anderen seiner Rasse bereiteten ihm Schwierigkeiten. Sein Beschützer Sandoval ebenfalls. Er wusste, dass er irgendwas im Schilde führte, aber er konnte nicht sagen was. Er tat zwar immer das, was er tun sollte, aber er hinterging ihn auch. Wenn er nicht so gut wäre, hätte er ihn längst entfernt. Als nächstes musste er sich aber um Liam kümmern. Er musste sicher stellen, dass er niemandem von Ma'els Bericht erzählte. Vor allem Da'an nicht. Vorerst durfte er nicht an die Informationen kommen. Der nächste Teil würde bald verfügbar werden und er musste mit Liam Kontakt aufnehmen, damit er an die Informationen kam. Er war schon sehr neugierig darauf. Natürlich würde er das niemals zugeben. Er war überhaupt nicht Ma'els Meinung. Sie mussten sich nicht mit den Menschen vermischen, damit sie überleben konnten. Es gab andere Mittel und Wege und die würde er finden. Egal was es kostete. Der Zeitpunkt war gekommen Liam zu kontaktieren. Er vollzog mit seiner Hand eine Bewegung, die die Verbindung zu ihm aufbaute. Es dauerte eine Weile, bis dieser ran ging.
„Zo'or, was gibt es?”
„Es wird Zeit. Der Datenspeicher gibt die nächsten Informationen preis. Kommen Sie aufs Mutterschiff.”
„Ich kann noch nicht. Ich habe noch etwas anderes zu tun. Ich komme, sobald es mir möglich ist.” Er wartete keine Antwort mehr von Zo'or ab. Liam schob sein Global wieder zusammen und steckte es in die Jackentasche. Es gefiel ihm, dass Zo'or von ihm abhängig war. Was sollte er auch gegen seine Unverfrorenheit tun. Er brauchte ihn. Er brauchte den Führer des Widerstandes. Wenn Zo'or das wüsste! Er drehte sich wieder zu Da'an um.
„Da'an, brauchen Sie mich heute noch?”
„Ja, ich habe heute noch ein Treffen. Ich möchte, dass Sie mich begleiten.”
„Wohin soll es denn gehen?”
„Zur Kirche der Companions.”
„Gut. Rufen Sie mich, wenn's los gehen soll. Ich habe noch was zu erledigen.” Liam wandte sich um und wollte gehen.
„Wohin wollen Sie, Major?” fragte Da'an. Seine Stimme ließ den Major aufhorchen.
„Ich dachte, Sie sind mein Beschützer? Sollten Sie mich dann nicht.... beschützen?”
Kincaid warf Da'an einen letzten Blick zu und ging ohne etwas zu sagen.

 
* * *
 

Zo'or dachte wieder einmal über seinen Plan nach. Wie nur konnte er Da'an so diskreditieren, dass es keine Möglichkeit mehr gab, dass er in der Synode jemals wieder etwas zu sagen hatte? Wie alle Taelons, so waren auch sie beide in ein Geflecht von Intrigen und illegalen Machenschaften verwickelt. Er konnte Da'an nicht aus dem Weg räumen, ohne dass dieser sich ihm widersetzte, und Zo'or hatte viel zu verlieren.
Es war sehr ärgerlich, dass er an die Informationen aus Ma'els Gerät nur mit der Hilfe eines Menschen heran kam. Aber musste es ausgerechnet Major Kincaid sein? Gerade der engste menschliche Vertraute von Da'an? Am Anfang war er sich beinahe sicher gewesen, dass Da'an über alles Bescheid wusste. Aber er hatte nie eine seiner zweideutigen Bemerkungen in dieser Hinsicht fallen lassen. Auch hatte er, soweit Zo'or das einschätzen konnte, nie etwas unternommen, um mehr Informationen zu erlangen.
Zo'or hatte das Verhältnis von Liam und Da'an in der letzten Zeit interessiert im Auge behalten. Es war ihm nicht entgangen, dass die Chemie zwischen den beiden nicht mehr stimmte. Also hatte er seinen Plan den Umständen angepasst. Vor etwa einer Stunde hatte er Agent Sandoval zurück auf das Mutterschiff gerufen, um ihm Instruktionen in dieser Sache zu geben. Auch wenn er sich nie ganz sicher war, was dieser Mensch im Schilde führte, war er doch der, dem er am meisten vertraute. Eigentlich müsste er jeden Moment eintreffen....
In diesem Moment betrat Sandoval das private Büro von Zo'or, dem Führer der Taelonsynode. Sie waren allein. „Sie haben mich gerufen?”
„Das habe ich. Ich habe einen Auftrag für Sie.”
Sandoval blieb ruhig. Er wartete gespannt auf das, was von Zo'or kommen sollte. Sicher war es nichts gutes, sonst hätte er die neuen Instruktionen auf der Brücke gegeben.
„Sie werden Major Kincaid in Zukunft mehr mit Aufgaben betrauen, die ihn auf dem Mutterschiff beschäftigen. Ich möchte ihn in meiner Nähe haben.”
Man konnte regelrecht sehen, wie es in Sandovals Gehirn zu arbeiten begann. Für gewöhnlich wollte Zo'or nicht, dass Kincaid ihm zu nahe kam, und nun war es ihm plötzlich egal, ob er Einblick in seine Machenschaften erhielt? Denn genau das würde zwangsläufig passieren, wenn er dort eingesetzt wurde, wo es Zo'or wünschte.
„Sind Sie sicher... Ich meine...” begann Sandoval.
„Stellen Sie nicht meine Anordnungen in Frage, Agent!” Zo'ors Stimme duldete keinen Widerspruch.
Oh, nein. Das hätte Sandoval niemals getan. Er wollte seine einflussreiche Position nicht verlieren, aber wenn er Liam hier auf dem Mutterschiff einsetzte, hieß das, dass er ihn nicht mehr so oft für spezielle Außenmissionen einsetzten konnte. Auch wenn er ihm nicht wirklich traute, war er einer seiner besten Leute. Zwangsläufig hieß das also, dass er die wirklich wichtigen Dinge selbst tun musste und das wiederum bedeutete, dass Kincaid früher oder später seinen Platz hier einnehmen würde.
Sandoval atmete durch. So weit war es noch lange nicht. Das hoffte er zumindest. Er würde die Situation im Auge behalten und reagieren, wenn es nötig wurde.
„Ändern Sie den Dienstplan zum nächstmöglichen Zeitpunkt entsprechend”, fuhr Zo'or fort.
„Natürlich.” Sandoval entfernte sich ohne ein weiteres Wort.

 
* * *
 

Da'an sah aus dem Fenster. Das tat er oft, wenn er über etwas nachdenken musste. Er steckte in Schwierigkeiten, aber auch das war leider nichts neues. Was war eigentlich schief gelaufen? Er hatte in der letzten Zeit praktisch an jeder Front Boden verloren, wenn man das so sagen konnte.
Zo'or hatte die Macht in der Synode an sich gerissen. Wie und warum, das war ihm noch immer nicht so ganz klar. Liam Kincaid, den er für ihre beiden Rassen für außerordentlich wichtig hielt, hatte sich von ihm abgewendet und entzog sich mehr und mehr seinem Einfluss.
Dabei wollte er doch nur das beste für alle Beteiligten. Er war sich ganz sicher, dass die Synode hier einen falschen Weg einschlug. Der einzige Grund, warum Zo'ors Gewalttätigkeit und seine Machtphantasien geduldet wurden, war ihr Mangel an Alternativen. Die meisten Taelons erkannten, dass sie in der Wahl ihrer Mittel nicht wählerisch sein durften, wenn es um das Überleben ihrer Spezies ging. Gleichzeitig waren aber auch die meisten von ihnen unfähig das Notwendige zu tun und darum ließen sie Zo'or gewähren.
Da'an hatte mit seiner Idee, die beiden Rassen zu vereinen und in friedlicher Koexistenz zu leben, leider kein Gehör gefunden, weil die Chancen, dass dies gelang, deutlich schlechter standen als bei Zo'ors Plan. Dennoch hielt er dies für den einzig richtigen Weg.
Und um das zu erreichen, musste auch er Opfer bringen, die ihm nicht angenehm waren. Auch er musste mitunter Mittel einsetzen, die den Menschen nicht gefallen würden, wenn sie davon wüssten. Aber wenn alles gut ging, würden sie nie davon erfahren. Schließlich war das Ergebnis das einzige, was zählte.
Er musste sich entscheiden, und er tat es. Um das richtige zu tun, musste er zunächst wieder an eine entsprechend wichtige Position aufsteigen, dann konnte er sich um seine eigentlichen Pläne kümmern. Auf Liam konnte er in dieser Sache nicht zählen, aber es gab einen, auf den man sich in solchen Fällen verlassen konnte, einen, der den Taelons treu diente und der Vertrauen in das hatte, was sie entschieden, zum Vorteil ihrer beiden Rassen: Ronald Sandoval. Genau dieser Mann würde ihm nun helfen seinen Plan in die Tat umzusetzen und ihn decken, wenn es darauf ankam.

 
* * *
 

„Liam!” rief Augur in sein Global. „Liam!” Warum ging er denn nicht ran? Seit zehn Minuten rief er ihn pausenlos. Er hatte seinen Anruf mit einem Dringlichkeitsvermerk versehen, aber Liam schien sein Gobal abgeschaltet zu haben.
Nervös lief Augur vor seinem Schreibtisch auf und ab. Er saß hier fest, konnte nichts für ihn tun. Wenn er sich nicht schnell meldete, war es vielleicht schon zu spät.
Plötzlich klickte es in den Lautsprechern. Augur stürzte zu seinem Computer. Endlich wurde das Gespräch angenommen.
„LIAM! Wo zum Teufel bist du gewesen? Ich versuche schon seit Ewigkeiten dich anzurufen!”
„Ich war bei Zo'or. Ich habe jetzt einen neuen Posten. Was ist denn los?” Der Major hatte keine Ahnung warum ihn Augur so anfuhr, aber es versetzte ihn sofort in Alarmbereitschaft.
„Ich habe eine Nachricht an das Mutterschiff abgefangen. Irgend jemand hat den Widerstand verraten.”
„WAS? Wie lange ist das her?”
„Zehn Minuten. Vielleicht eine viertel Stunde.”
Liams Gedanken rasten. Die Taelons reagierten, wenn es um den Widerstand ging, schnell und empfindlich, aber vielleicht hatten sie noch Zeit. „Was war das für eine Nachricht? Worum ging es genau?”
„Es war eine Transmission die Mitgliederlisten, Namen und Orte enthielt, sogar unsere Bewaffnung ist dort beschrieben. Nur du wirst mit keinem Wort erwähnt. Liam,” sagte Augur eindringlich „Das ist unser Ende. Du musst dort sofort verschwinden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie herausfinden, wer der Anführer ist.”
„Woher kam die Nachricht?”
„Liam, das ist doch jetzt unwichtig...”
„Augur! Woher kam sie?!”
Augur schwieg einen Moment. „Aus Da'ans Büro”, antwortete er dann leise. Er konnte sehen, wie sich Liams Gesicht verschloss. Er kannte diesen Ausdruck und er verhieß nichts gutes.
„Sieh zu, ob du die Widerstandszellen erreichen kannst. Warne so viele wie möglich. Sag ihnen, sie sollen untertauchen, bis wir sie wieder kontakten.” Dann sah er auf die Uhr. „Wenn ich in einer Stunde nicht zurück bin, dann verschwinde du auch”, befahl er kurz angebunden.
„Liam!” bettelte Augur. „Was hast du vor? Wir müssen uns verziehen!”
„Mach dir keine Sorgen um mich. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Tu, was ich dir gesagt habe!” Damit beendete er das Gespräch, ohne auf eine Antwort zu warten, und ließ einen verzweifelten Augur zurück.
Es gab nur einen, der all dies über den Widerstand wusste und der in der Botschaft in Washington saß, und diesen jemand würde Liam Kincaid sich jetzt vorknöpfen.

 
* * *
 

Liam war ein weiteres Mal wütend auf Da'an. Wütend war kaum das Wort, das beschrieb, was er empfand. Er verachtete diesen Taelon einfach. Er war genauso hinterlistig wie alle seiner Art! Über Wochen hinweg hatte sich der Druck langsam immer weiter aufgebaut, aber nun war das Maß voll. Von allen Seiten wurde er unter Dampf gesetzt. Aber damit war jetzt endgültig Schluss! Da'an musste lernen, dass er nicht sein Sklave war.
Liam hatte fest damit gerechnet, dass der Companion ihn rufen würde, wenn die Zeit für die Reise zur Kirche der Companions gekommen war. Das hatte er immer gemacht. Aber dieses mal war es nicht so. Er hatte absichtlich nicht nachgefragt, obwohl die Zeit für ihren Abflug längst heran war. Statt dessen war er von Zo'or aufs Mutterschiff beordert worden, wo er erfuhr, dass Da'an bereits mit Sandoval abgereist war. Und nun dieser Verrat! Jetzt war es wirklich genug!
Er stürmte mit großen Schritten durch die Gänge der Botschaft auf dem Weg zu den Räumen des Taelon. Ohne Rücksicht zu nehmen polterte er in Da'ans Büro. Sein Gesicht war gerötet, ob aus Wut oder vom schnellen Laufen war nicht zu erkennen.
Da'an saß zurückgelehnt in seinem Stuhl. Seine Gestalt war leuchtend und transparent, was ganz klar anzeigte, dass er sich in seinem Regenerationszyklus befand. Normalerweise hätte Kincaid ihn in dieser Situation nie gestört, aber in diesem Moment dachte er nicht darüber nach.
„Da'an!” rief er, doch dieser reagierte nicht. „Da'an!” Er wurde ungeduldig, und seine Stimme lauter und fordernder.
Da'ans Körper verdichtete sich und die Schwaden von Energie, die ihn umgaben, verblassten. Er setzte sich auf und schenkte Liam einen reservierten Blick. Er wusste ganz genau, warum sein Beschützer hier war, aber er wollte nicht darüber diskutieren. „Sie wissen, dass es unhöflich ist, mich in diesem Moment zu stören”, sagte er.
Aber dem Major war Höflichkeit in dieser Situation völlig egal. „Was haben Sie sich dabei gedacht!”
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.” Da'an ließ seine Stimme emotionslos klingen, aber wer ihn besser kannte, und das war bei Liam der Fall, der bemerkte auch, dass er verärgert war.
„Das wissen Sie ganz genau! Wenn Sie mir nicht mehr vertrauen, dann sagen Sie es doch ganz einfach und behandeln Sie mich nicht wie ein Kind!”
„Wie soll ich Ihnen vertrauen, wenn Sie nicht da sind, wenn ich Sie brauche? Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, was ich von einem Beschützer erwarte.” Für einen Moment befürchtete er, der Major hätte ihn durchschaut.
„Sie hätten mich nur rufen brauchen! Das haben Sie gewusst! Ich bin kein Hund, der auf einen Pfiff hin gehorcht. Aber wie ich sehe, haben Sie ja jemanden gefunden, der Ihren Ansprüchen besser gerecht wird als ich.” Kincaid wusste, das Da'an nur so tat, als wüsste er von nichts. Nun gut! Er würde das Spiel mitspielen und sich Zeit dabei lassen.
Da'an stand auf und kam langsam näher. Er sah Liam fest in die Augen und hob dann demonstrativ die Hand, um mit einer fließenden Bewegung seine Aussage zu unterstreichen. „Agent Sandoval bemüht sich in der Tat rührend um mich.” Natürlich war er nicht halb so vertrauenswürdig wie Liam, aber das schien hier nicht von Gewicht zu sein. „Vielleicht liegt es daran, dass Sie wegen Ihrer anderen Aufgaben überfordert sind.”
Liam beherrschte sich nur noch mühsam. Er zwang sich Da'an nicht anzuschreien. Nicht, weil er es nicht gewollt hätte, sondern nur, weil er wusste, es würde ihm Recht geben. „Dann bin ich Ihnen also zu unzuverlässig? Und das wollen Sie ändern, indem Sie mich verraten?!” fragte er gepresst.
Nun war es vorbei mit der Diplomatie. Da'an erkannte, dass der Major ihn wirklich durchschaut hatte, aber er würde ihm die wahren Gründe dieser Entscheidung nicht offenbaren und er würde sich nicht rechtfertigen für das, was er zur Rettung seines sterbenden Volkes tat.
„Wenn Sie es so ausdrücken wollen...”
„Oh nein Da'an! Das lasse ich mir von Ihnen nicht sagen! Es ist mein Leben und ich setze die Prioritäten so, wie ich es für richtig halte. Darüber hinaus erfülle ich meine Pflichten, wie es von mir erwartet wird, und damit hat es sich!”
„Dann sollte ich Sie vielleicht von Ihren Pflichten mir gegenüber entbinden...”
Liam spürte, wie sich ihm der Magen umdrehte. Da'an wusste ganz genau, dass er ihm hier nicht mit einem simplen Rauswurf drohte. Als Führer des Widerstandes war er absolut auf die Informationen angewiesen, die er in den Diensten der Taelons sammelte. Er konnte es sich nicht leisten gefeuert zu werden und das wusste der Taelon. Er wollte Liam nur dazu zwingen, dass er nachgab, aber das konnte er vergessen! Dieses Mal nicht! Unerwarteterweise hatte er Zo'or im Rücken, der ihn heute persönlich seinem Kommando unterstellt hatte, und Liam war es nur recht gewesen.
„Das würde ich mir noch mal überlegen. Dieser Planet gehört uns und die Taelons werden einen hohen Preis zahlen müssen, bevor sie ihn bekommen, falls sie so dumm sein sollten ihn an sich reißen zu wollen. Sie denken Sie können mich einfach so ausbooten. Aber das können Sie gleich wieder vergessen!” Liams Stimme wurde leise und gefährlich. Die Taelons waren nicht die einzigen, die zu drohen verstanden „Es gibt da sicher eine Menge Dinge, die Zo'or brennend interessieren würden.”
„Versuchen Sie es erst gar nicht. Sie können mir nicht schaden Major, nicht halb so sehr, wie ich Ihnen schaden könnte.”
Liam saß in der Patsche, denn Da'an hatte recht. Der Taelon hatte in der letzten Zeit viel an Respekt und Einfluss verloren und zwar in einem Ausmaß, dass es kaum schlimmer werden konnte. Doch für den Anführer des Widerstandes stand nach wie vor alles auf dem Spiel. Dass er nun auch noch erpresst wurde, machte ihn nur noch unbeherrschter und wütender.
Die körperliche Nähe zu Da'an wurde ihm von Sekunde zu Sekunde unerträglicher. Was war nur mit ihm los? Er wich einen Schritt von dem Taelon zurück. Ihm wurde heiß. Für einen kurzen Moment schien es, als würde er zittern. Dann wusste er plötzlich, was mit ihm geschah, auch wenn er nicht mehr damit gerechnet hatte, dass dieser Zustand je wieder eintreten würde.
Er konnte fühlen, wie sich die Energie in ihm aufbaute, wie sein ganzer Hass und seine Unzufriedenheit, seine Angst und sein Zorn in die Handflächen strömten. Er wusste, dass er es nicht verhindern konnte. Es war ein Reflex, etwas, das unwillkürlich eintrat, wenn man ihn angriff und er sich verteidigen musste. Doch etwas war anders. Niemand hatte ihn körperlich angegriffen. War es normal, dass er so reagierte, wenn man ihm so zusetzte, wie Da'an es getan hatte? Es gab niemanden, den er fragen konnte. Das einzige, was er tun konnte, war die Richtung der Entladung zu steuern.
Als Da'an bemerkte, dass sein ehemaliger Beschützer nicht antwortete, glaubte er schon gewonnen zu haben und wollte sich von ihm abwenden. Er musste unbedingt seinen Regenerationszyklus beenden. Doch dann sah er, wie Liam mit einem bestürzten Gesichtsausdruck vor ihm zurück wich. Seine Handflächen begannen zu glühen und der Taelon wusste, dass er zu weit gegangen war. Er konnte sich nicht erinnern, dass seine Art jemals einen Kimera so gereizt hatte, dass es zu einer solchen Reaktion gekommen war, aber Liam war in jeder Hinsicht etwas besonderes, kam es Da'an nun zu Bewusstsein. Vielleicht sollte er die Beziehung zu ihm doch nicht so leichtfertig aus Spiel setzten.
Er sah Kincaid an, der ihm einen vorwurfsvollen Blick zuwarf. Aber es lag auch ein guter Teil Angst darin. Er konnte sie nicht ganz verbergen.
Als Liam sah, wie seine Handflächen zu glühen begannen, stieg Panik in ihm auf. Sie machte den Zorn, den er in sich spürte, nur noch unkontrollierbarer. Die Reaktion war unaufhaltsam. In seiner Verwirrung war er für einen Moment bereit auf Da'an zu zielen, um die Ursache seiner Wut zu beseitigen. Doch er unterdrückte den Impuls. Schließlich wurde die Menge der Energie, die sich in seinen Händen sammelte, unerträglich groß. Er richtete sie auf eine Wand und verschloss die Augen vor dem grellen Blitz. Mit lautem Getöse entlud sich die Energie aus Liams Chakarava. Ein guter Teil der Wand verdampfte unter dem Einschlag. Es war ein befreiendes Gefühl und mit dem Rauch in der Luft verrauchte auch seine Wut. Er fühlte sich besser. Der Streit war vorerst vergessen.
Da'an war überrascht. Es war eine beeindruckend starke Entladung und das von einem nicht ausgebildeten Kimeramischling. Sollte er diese Fähigkeit jemals unter Kontrolle bekommen, würde er keine Feinde mehr fürchten müssen, auch die Taelons nicht.
Liam ging in die Knie. Die Entladung hatte ihn geschwächt. Als er den Kopf wieder hob, um nach dem Taelon zu sehen, bemerkte er eine Bewegung hinter Da'ans Rücken. Im ersten Moment konnte er nicht recht erkennen, was es war, doch dann gelang es ihm. Was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht, denn dort stand mit offenem Mund... Sandoval.

 
* * *
 

Wie konnte das nur passieren? Liam rannte aus der Botschaft so schnell er nur konnte. Ich muss mich wieder beruhigen. Ich hätte fast Da'an umgebracht. Ich war bereit dazu. Na gut, er hat uns verraten, aber ihn dafür töten, das geht zu weit. Ich muss mich beruhigen und nachdenken. Oh Gott, Sandoval hat es gesehen. Jetzt ist alles aus. Liam lief immer noch. Er hatte kein bestimmtes Ziel. Er wollte einfach nur weg, weit weg von Da'an und noch weiter von Sandoval.

 
* * *
 

Ich wusste es doch. Ich habe es immer gewusst, dass er ein Geheimnis hat. Und jetzt weiß ich es endlich. Jetzt habe ich nicht nur Da'an in der Hand, sondern auch Kincaid. Sandoval drehte sich um und ging den Gang zurück, den er gekommen war. Er wollte Da'an jetzt nicht stören, denn dieser war schon wieder in seinem Regenrationszykuls. Wenn die Zeit gekommen war, würde er daraus seinen Nutzen ziehen. Er ging zum Portal, um auf das Mutterschiff zu gelangen. Er hatte noch viel zu tun. Die Mitglieder der Widerstandsgruppe, die sie bis jetzt gefangen hatten, mussten verhört werden. Sie mussten den Anführer finden, denn ohne ihn würden sie immer weiter kämpfen, aber wenn sie ihn hatten, dann waren sie führerlos. Natürlich würden sie einen Nachfolger finden, aber es würde helfen sie vorerst ruhig zu stellen und sie zu demoralisieren. Außerdem fing er langsam an es persönlich zu nehmen. Sie kamen ihm immer wieder in die Quere. Ohne diesen verdammten Widerstand hätte er schon sehr viel weiter sein können. Sie verstanden es einfach nicht. Man konnte den Taelons nicht mit Gewalt begegnen, sie waren sehr viel stärker als die Menschen. Man musste ihnen mit List beikommen. Dieser Prozess musste schleichend passieren. Wenn sie es bemerkten, wäre es zu spät. Er hatte die beste Position überhaupt. Er war der Beschützer des Synodenführers, aber dieser Posten geriet jetzt ins Wanken. Und ausgerechnet jetzt, wo er fast am Ziel war, musste Zo'or Liam aufs Mutterschiff holen und ihn mit seinen Aufgaben betreuen. Wieso nur? Was hatte Zo'or zu verbergen? Aber das würde er auch noch raus bekommen. Dafür konnte er Liam benutzen, denn mit diesem Wissen hatte er ihn in der Hand. Er war jetzt auf dem Mutterschiff angekommen. Er ging sofort Richtung Zellen, um sich den ersten Widerständler vor zu nehmen.

 
* * *
 

Liam hatte sich beruhigt. Er griff nach seinem Global und rief Augur an.
„Liam?”
„Bist du in Sicherheit, Augur?”
„Ja, ich habe mich hier unter verbarrikadiert. Hier kommt keiner rein. Hast du mit Da'an gesprochen?”
„Ja, er hat immer die selben Ausreden und mir reicht es jetzt. Ich bin froh, dass ich ab heute hauptsächlich für Zo'or arbeiten werde. Ich komme erst mal zu dir. Mal sehen, was wir tun können?” Dass Sandoval ihn entdeckt hatte behielt er für sich. Wenn er etwas verraten hätte, wären die Taelons längst ausgeschwärmt um ihn einzufangen und das hätte Augur längst mitbekommen. Aber wenigstens in dieser Hinsicht war auf dem Mutterschiff alles ruhig. Vielleicht war es auch eine Falle um ihn hervor zu locken, aber das konnte er nicht wissen.
„Ok. Bis gleich.” Damit schoben beide ihr Global zusammen. Augur machte sich wieder an die Arbeit und Liam auf den Weg zu ihm.
Nach ungefähr einer halben Stunde war Liam in Augurs Wohnung. „Was machen wir jetzt, Liam?”
„Ich weiß noch nicht, aber wir müssen die anderen da raus holen. Konnte Rene entkommen?”
„Sie stand ebenfalls nicht auf der Liste. Ich habe sie mir noch mal genau angesehen und es wurden nur recht wenige wichtige Leute enttarnt.” Liam sah Augur mit einem fragenden Blick an. Man konnte richtig sehen, wie sich ein großes Fragezeichen über Liams Kopf formte. „Es wurden nur zwei Stützpunkte verraten. Zwei kleine von der radikalen Seite. Ich weiß nicht so genau, woher Da'an diese Information hat. Er scheint aber mehr über uns zu wissen, als wir dachten. Wir müssen vorsichtig sein. Ich hoffe, die anderen werden niemanden verraten.”
„Genau deswegen müssen wir sie da raus holen. Kannst du feststellen wohin sie gebracht wurden?”
„Aufs Mutterschiff.”
„Na super, das weiß ich selber.”
„Wenn du alles besser weißt, dann brauchst du meine Hilfe ja nicht”, sagte Augur etwas genervt über Liams abschätzigen Kommentar.
„War nicht so gemeint, aber ich komme immer noch nicht klar damit, dass Da'an uns verraten hat.”
„Schon gut. Ich muss die Systeme vom Mutterschiff anzapfen, dann weiß ich mehr. Wann musst du wieder rauf'?”
„Gleich. Zo'or hat noch ein paar Aufträge für mich. Ich sollte pünktlich sein. Er ist die einzige Hoffnung für uns. Oh Gott! Wie das klingt, wir sind auf Zo'or angewiesen, jetzt wo Da'an uns in die Pfanne gehauen hat.”
„Na dann, geh mal und lass deinen neuen Schützling nicht warten.” Augur konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Liam sah ihn nur an und dachte Wenn die Lage nicht so ernst wäre, könnte man schon fast darüber lachen. Er drehte sich um ohne auch nur noch ein Wort zu sagen und ging nach draußen und zum nächsten Portal, um aufs Mutterschiff zu gelangen. Er konnte nur hoffen, dass Sandoval auch weiterhin dicht hielt, auch wenn er keine Ahnung hatte, warum er das tat. Er hatte keine Wahl. Er konnte sich nicht verkriechen und seine Leute den Taelons überlassen. Liam entschloss sich die Flucht nach vorn anzutreten. Entweder tauchte er unter, dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie heraus bekamen, wer und was er war, oder er ging zum Gegenangriff über und versuchte das Heft irgendwie in der Hand zu behalten.

 
* * *
 

Nachdem Liam auf dem Mutterschiff angekommen war, machte er sich sofort auf den Weg zu Zo'or. Er war schon spät dran und Zo'or hasste Unpünktlichkeit. Besonders von seinen Untergebenen. Wenn Menschen zu spät kamen und ihn warten ließen, konnte er unausstehlich werden, obwohl er das ja meistens so oder so war. Liam beeilte sich also, um zu ihm zu gelangen.
Zo'or saß wie immer auf seinem Thron. Er war mit irgendwelchen Daten beschäftigt und beachtete ihn zuerst gar nicht. Der Major machte auch keine Anstalten auf sich aufmerksam zu machen, sondern beobachtete ihn nur. Liam war in seine Gedanken versunken, als ihn die Stimme von Zo'or in die Realität zurück holte. Er sah ihn etwas irritiert an.
„Major haben Sie mich verstanden?”
„Was?... Könnten Sie es noch mal sagen? Ich war ein wenig abgelenkt.”
„Das habe ich gemerkt. Dass das nicht zur Gewohnheit wird. Ich bin nicht so nachgiebig wie Da'an. Ich habe gesagt, das Sie ab heute für meine Sicherheit zuständig sind. Sie arbeiten nicht mehr für Da'an, sondern ausschließlich für mich.”
„Wieso denn das?”
„Weil ich es so will, das sollte doch reichen.” Liam beließ es dabei, weil er eh keine befriedigende Antwort von ihm bekommen hätte. Er konnte sich schon denken, warum Zo'or
ihn bei sich haben oder besser gesagt kontrollieren wollte. Wusste er von dem Vorfall in der Botschaft? War es ein Trick? Wollte er, dass sich Liam in Sicherheit glaubte um ihn weiter ausnutzen zu können? Er wollte sicher stellen, das er Da'an keine Informationen über Ma'els Hinterlassenschaft gab. Dass er es sowieso nicht tun würde, konnte Zo'or ja nicht wissen. Ebenfalls konnte er nicht wissen, wie recht Liam das war. Er wollte Da'an im Moment nicht sehen. Also fragte er nur:
„Was kann ich für Sie tun Zo'or?”
„Sie können zu Sandoval gehen und ihm sagen, das er ab heute Da'ans Beschützer ist und Sie ab heute auch alle seine Aufgaben übernehmen werden. Sein neues Aufgabengebiet und seine Kompetenzen werden sich nur auf die amerikanische Botschaft beschränken. Sie werden also die Rollen tauschen.”
Liam sah Zo'or entgeistert an. War das etwa ein Lächeln in Zo'ors Gesicht?
„Was stehen Sie hier noch rum? Gehen Sie, und Major, wenn Sie mit den Verhören der Widerständler fertig sind, erstatten Sie mir Bericht.” Er drehte sich um und nahm wieder auf seinem Stuhl platz. Er musste bei dem Gedanken innerlich lachen, wenn er sich vorstellte wie Liam dem armen Sandoval die neue Nachricht überbringen würde. Er ist bestimmt ganz begeistert.
Liam machte sich also auf, Sandoval die Neuigkeit zu unterbreiten. Wie es sich Zo'or schon dachte war dieser nicht erfreut über die Entwicklung. Genauer gesagt war Sandoval fast am ausrasten. Am liebsten wäre er zu Zo'or gestürmt und hätte ihm seine Meinung ins Gesicht geschrien, aber er begnügte sich im Moment damit seine Wut an Liam auszulassen. Dieser ließ es über sich ergehen. Ohne auch nur ein Wort zusagen, was Sandoval nur noch wütender machte. So langsam hatte Liam genug gehört und drehte sich um und ließ einen sehr wütenden Agent zurück. Dieser schrie ihm hinterher was ihm einfiele einfach zu gehen, aber Liam beachtete ihm überhaupt nicht. Im stillen amüsierte es ihn genauso wie
Zo'or, aber beide würden es niemals dem anderen gegenüber zugeben.
Wieso sagt er nichts? Na gut er redet schon oder besser gesagt schreit. Aber wieso droht er nicht damit mich auffliegen zu lassen? Er hat es doch gesehen. Ich mache mich lieber aus dem Staub, bevor er es sich anderes überlegt, aber so einfach wird er mich nicht davon kommen lassen, da bin ich mir sicher. Er ist schließlich Agent Ronald Sandoval.
Er wusste wie gefährlich es sein mochte Sandoval wütend zu machen aber er konnte einfach nicht widerstehen. Wenn er ihn bis jetzt noch nicht verraten hatte, dann musste er einen guten Grund dafür haben.
Sandoval beruhigte sich ein wenig. Er verließ den Verhörraum und begab sich in die amerikanische Botschaft. Er durfte jetzt nicht unbeherrscht handeln. Er musste seine Möglichkeiten gut überdenken, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Jeder der ihm begegnete würde seine Wut zu spüren bekommen. Heute war kein guter Tag für Freiwillige, die in seiner Nähe arbeiten mussten. Was bildet sich dieser Taelon denn ein? Ich bin doch nicht irgend jemand. Dafür wirst bezahlen Zo'or! Du wirst den Tag verfluchen, an dem du auf die Erde kamst und mich kennen gelernt hast. Meine Zeit wird kommen. Ich kann warten.

 
* * *
 

Liam ging unterdessen zu den Gefangen. Die neue Entwicklung kam ihm richtig entgegen. Jedenfalls teilweise. Er musste seinen Leuten nur klar machen, dass sie sich gedulden mussten. Er konnte sie jetzt nicht sofort befreien. Das würde auffallen und er wäre dann auch dran. Ihm würde schon was einfallen, wie er sie hier raus bringen konnte. In ein zwei Tagen könnte eine kleine Gruppe vom Widerstand hier eindringen und sie befreien, am besten wenn er mit Zo'or unterwegs war. Er würde ihnen alle Codes geben die nötig wären und anschließend müssten sie für eine Weile von der Bildfläche verschwinden. Das würde auch bedeuten, das sie keine Anschläge durchführen dürften, was ihm noch gelegener kam, da er es sowieso nicht gern sah, wenn sie so radikal vorgingen.
Seine Leute waren hoch erfreut ihn zusehen. Und noch mehr freuten sie sich, dass Liam nun für sie zuständig war. Mit seinem Plan erklärten sie sich einverstanden. Im Prinzip hatten sie ja keine Wahl. Jetzt blieb nur eins zu tun um seine Tarnung nicht auffliegen zulassen. Er musste die Widerständler verhören, jedenfalls so tun als ob. Was leichter gesagt, als getan war. Er rief einen Freiwilligen zu sich und beauftragte ihn, einen von den Gefangenen in den Verhörraum zubringen. Der Freiwillige tat wie ihm aufgetragen wurde. Im Verhörraum begannen sie dann ihr Spielchen. Liam fiel es unheimlich schwer so zu tun, als wenn er wirklich was erfahren wollte oder Gewalt anwenden würde um an sein Ziel zu kommen und dem Widerständler fiel es auch nicht leichter so zu tun, als wenn er alles ernst meinte und Gefühle der Angst vor zu spielen, da er wusste dass Liam ihm nichts tun würde. Nach ungefähr einer halben Stunde machte sich sein Global bemerkbar und Zo'or erschien auf dem Display. „Zo'or?”
„Kommen Sie her!” Zo'or beendete den Anruf sofort wieder. Liam war froh darüber dass ihn Zo'or unterbrach, so hatte er wenigstens einen guten Grund, das Spiel zu beenden. Er ließ den Gefangenen zurück in die Zelle bringen und ging zu Zo'or.

 
* * *
 

Sandoval war immer noch wütend über seine Versetzung. So hatte er sich das alles nicht vorgestellt. Es warf einige seine Pläne über den Haufen oder machte es wenigstens erheblich schwieriger sie durchzuführen. Er war mittlerweile in der Botschaft angekommen und ging nun zu Da'an um zu erfahren, was das alles sollte. Da'an war immer noch in seinem Regenrationszykuls. Oder schon wieder, das wusste Sandoval nicht und es interessierte ihn auch nicht.
„Da'an?” fragte er vorsichtig. Da'an nahm wieder seine menschliche Form an.
„Was kann ich für Sie tun, Agent Sandoval?”
„Ich will....Ich wollte gerne wissen, warum ich jetzt Ihr Beschützer und der Major Zo'ors ist.”
Da'an bewegte seine Hände in der für ihn typischen Art und machte dabei ein überraschtes Gesicht. Er war fest entschlossen diesem Menschen gegenüber so zu tun, als wäre nichts geschehen, aber das überraschte ihn wirklich.
„Wie bitte? Davon weiß ich gar nichts.”
„Zo'or hat es angeordnet. Major Kincaid hat es mir gesagt.” Da'an stellte eine Verbindung zu Zo'or her.
„Zo'or was soll das?”
„Was meinst du?”
„Du hast einfach Major Kincaid gegen Agent Sandoval ausgetauscht.”
„Ja, Major Kincaid hat in letzter Zeit gute Arbeit geleistet und er hat eine Beförderung verdient, während Sandoval mich immer wieder enttäuscht hat. Und da deine Ansprüche nicht so hoch sind, habe ich sie ausgewechselt. Über diese Entscheidung werde ich nicht diskutieren Da'an. Sie steht unweigerlich fest.”
Bevor Da'an etwas erwidern konnte beendete Zo'or die Verbindung.
Da'an war fassungslos, nicht unbedingt weil Zo'or diese Entscheidung über seinen Kopf hinweg, ohne ihn zu informieren, getroffen hatte. NEIN! Da'an konnte seine eigenen Gedanken nicht fassen, denn er konnte nicht behaupten, dass er unglücklich darüber gewesen wäre.
Die ewigen Reibereien und Auseinandersetzungen mit Liam würden sich voraussichtlich um einiges reduzieren. Liam war meist unberechenbar, wie es ein Kind nun mal war, bei Agent Ronald Sandoval wusste Da'an zumindest woran er war.
Ihm war voll und ganz bewusst dass dieser Mensch nicht so loyal war wie es den Anschein hatte. Sandoval war für Da'an, so glaubte er, völlig transparent.
Doch gleichzeitig machte sich Da'an Sorgen um Zo'or und Liam, denn bei ihnen war die Gefahr da, dass ihre Differenzen, die es bei zwei so starrsinnigen Wesen geben würde, die Situation zum eskalieren bringen könnten. Was für die beiden fatal enden konnte, doch für Da'an nur gut war, denn wenn sie mit sich beschäftigt waren konnte er seinen Plänen nachgehen.

 
* * *
 

Agent Sandoval hatte sich inzwischen wieder unter absoluter Kontrolle, nach außen hin zeigte er nicht die kleinste Emotion, seine Maske saß wieder perfekt. Er war es dann auch, der mit resoluter Stimme die Stille, die nun in der filigranen Taelon Botschaft herrschte, brach.
„ Da'an sie erlauben mir eine Frage.” Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
Da'an setzte nur zu einem kaum wahrnehmbaren Nicken an, und signalisierte seinem neuen Beschützer somit, dass dieser fortfahren sollte.
„Es könnte eine Gefahr für die Taelons darstellen wenn man Major Kincaid unbeaufsichtigt lassen würde.”
Dem Nordamerikanischen Companion war klar worauf Sandoval hinaus wollte, doch war Da'an nicht gewillt, Agent Sandoval in dieser Hinsicht eine Information zu geben, so antwortete er mit gewohnt ruhiger Stimme.
„ Major Kincaid ist nun Zo'ors Beschützer, somit steht es Ihnen Agent Sandoval nicht zu, ihn als Bedrohung zu sehen. Da ihm der Synodenführer der Taelons offensichtlich Vertrauen schenkt werden wir uns nicht widersetzten.”
Agent Sandoval wusste, zum wiederholten Male an diesem Tag, nicht was er dazu sagen sollte.
Hatte Da'an vor, diese offensichtliche Beleidigung, von Zo'or zu übersehen? Was war Da'ans nächster Schachzug in diesem Spiel zwischen den Taelons, in denen die Menschen höchstens Bauern waren, die nach Ansicht der Taelons ohne Bedenken geopfert werden konnten?
Sandoval hatte sich nach diesem Vorfall erhofft von Da'an Informationen über Liam Kincaid zu bekommen. Wer war dieser Mann oder vielmehr was er war?
Agent Sandoval hatte diesem jungen Hitzkopf noch nie vertraut !
Es hatte einfach zu viele ungeklärte Fragen ihn betreffend gegeben.
Vor allem bei dem Atavus-Vorfall.
Ronald Sandoval konnte sich noch genau der Situation im Krankenhaus entsinnen, als Agent Beckett und Major Kincaid an seinem Bett Wache hielten, und er erwachte.
Es erschien ihm damals so richtig, dass diese beiden Menschen miteinander an seinem Bett auf sein Erwachen warteten, doch er konnte sich nicht erklären weswegen dies so war.
Und wie hatte Kincaid es geschafft Da'an zu retten?
Sandoval war kein Mensch der sich mit Halbwahrheiten abfand. Dies hatte er noch nie getan und würde nun nicht damit beginnen.

 
* * *
 

Inzwischen auf dem Mutterschiff

Zo'or war darauf gefasst, sofort von Da'an zu hören, doch hatte er ihn früher erwartet.....
Nun, darüber konnte er nicht nachdenken. Er hatte anderes zu tun. Es war von grösster Wichtigkeit an Ma'els Gerät weiter zu arbeiten, doch dazu brauchte er den Major, und dieser war nirgends zu finden.
Sein neuer Beschützer machte ihn nun schon so kurze Zeit nach seiner Beförderung wütend. Dies hatte er mit Da'an wohl tun können, doch mit ihm bestimmt nicht !
Liam war schon auf dem Weg zu Zo'or gewesen als sein Global piepste, es war Augur, der ihn im unpassendsten Moment störte, wie so oft.
Augur hasste es Liam im Mutterschiff kontaktieren zu müssen. Es bestand immer ein, seiner Meinung nach, zu grosses Risiko darin.
Doch Augurs Informationen waren für Liam wichtig. Es musste auch immer alles auf einmal kommen, warum war er nicht bei seinen Geschäften geblieben?
Aber nein, er hatte sich stattdessen als Widerständler versucht, und das alles nur wegen Liam. Seit er aufgetaucht war, hatte sich alles verändert!
Augur war zwar schon zuvor für den Widerstand tätig gewesen, und hatte Freunde dort gehabt, doch mit Liam war Verantwortung dem Widerstand gegenüber dazu gekommen, was für sein Bankkonto eine nicht zu übersehende Belastung war!!

 
* * *
 

Liam war genervt. Er stand unter gewaltigem Druck. Er war es gewohnt mit der ständigen Angst vor Entdeckung zu leben aber das strapazierte selbst seine Nerven aufs heftigste. Natürlich war es wichtig wenn Augur das Risiko einging ihn hier anzurufen aber die einzig guten Nachrichten in dieser Lage wären keine Nachrichten gewesen.
Er ließ das Global aufschnappen. „Was?” Blaffte er Augur an.
Dieser hatten seinen Freund noch nie für besonders ausgeglichen gehalten. Meistens konnte man es ihm deutlich ansehen wenn ihm etwas nicht paßte und das war hier der Fall. Doch er entschloss sich, die Launen des Kimera zu übersehen. Das hier war wichtiger.
„Wir haben ein Problem.”
„Oh! Noch eins!” Liam rang sich ein gequältes Grinsen ab. „Was ist es diesmal?”
„Eine der kleineren Widerstandszellen macht sich selbstständig und trifft Vorbereitungen, die Gefangenen auf eigene Faust zu befreien.”
„Welche?” fragte Liam kurz angebunden. Er hatte keine Zeit für diesen Kinderkram. Er wünschte seine Leute würden ihm endlich auch einmal etwas zutrauen und nicht immer das tun was ihnen gerade in den Sinn kam!
„Das wird dich überraschen! Es ist die Zelle in Pasadena.”
„Pasadena?!” Das überraschte Liam wirklich. Sie waren nie besonders in Erscheinung getreten. Sie hatten kaum Leute mit militärischer Ausbildung oder den entsprechenden Waffen. Liam hatte sie zum spionieren eingesetzt aber nie für Interventionen und das aus gutem Grund. „Pfeiff sie zurück! Sie sollen sich gefälligst ruhig verhalten. Ich habe keine Lust, mir auch noch um sie Gedanken machen zu müssen!”
„Das habe ich schon versucht. Aber nach den ersten zwei Anrufen haben sie alle weiteren Rufe von mir abgelehnt. Ich kann sie nicht mehr erreichen.!”
Liam war inzwischen weitergegangen. Zo'or wartete auf ihn. Er hatte einfach zu wenig Zeit um sich um alles selber zu kümmern. Trotzdem musste er eingestehen, dass Augur recht hatte. Es duldete keinen Aufschub. Wie so vieles an diesem Tag. Er wartete einen Freiwilligen ab, der den Gang herunter kam. „Verbinde mich mit ihnen.” Sagte er als er vorbei war.
Augur verschwand vom Bildschirm und die Anzeige ‚Verbindung wird hergestellt’ erschien stattdessen. Einen Moment später zeigte sich das Bild einer jungen Frau auf dem Schirm.
„Oh, Major Kincaid...” rief sie überrascht.
„Was denken Sie sich dabei!?” donnerte Liam los. „Sie wissen genau, dass Sie Ihre Aktionen mit uns koordinieren müssen!”
Die Überraschung wich aus dem Gesicht der jungen Frau und machte offensichtlichem Trotz platz. „Wir werden jedenfalls nicht daneben stehen und zusehen wie unsere Kameraden von den Taelons durch den Wolf gedreht werden...!” so wie Sie! Das sagte sie natürlich nicht, aber sie meinte es und Liam wusste das.
„WAS?!” Das war ja wohl die Höhe. Wie konnte eine Organisation wie der Widerstand funktionieren wenn jeder seine Autorität in Frage stellte? Sie waren handlungsunfähig wenn er gezwungen war jeden seiner Pläne erst lang und breit zu erklären bevor er ihn ausführen konnte. „Sie sind nicht in der Lage so eine Aktion durch zu ziehen. Gedulden Sie sich! Wir werden das Problem lösen! Sie werden tun was ich Ihnen sage....”
„Sonst was?” fiel ihm die Frau ins Wort. „Sie sind doch auch nur ein Büttel der Taelons! Lassen Sie uns in Ruhe! Wir kommen auch ohne Sie klar!” Damit beendete sie die Verbindung. Liam versuchte noch einmal sie zu erreichen aber sie nahm den Anruf nicht mehr entgegen.
Er hatte es versaut! Vielleicht, wenn er etwas diplomatischer gewesen wäre...? Wenn er ihre Fähigkeiten nicht in Frage gestellt hätte...? Verdammt noch mal! Warum entglitt nach und nach alles seiner Kontrolle? Mit Pasadena hatte er auf keinen Fall gerechnet. Er kannte sie nicht und das machte sie um so unberechenbarer. Noch eine Variable in der Gleichung.

 
* * *
 

Als er das Global zusammenklappte gelangte er gerade an die Tür zu Zo'ors Büro. Er holte tief Luft und war nun bereit sich dem nächsten Problem zu stellen. Was blieb ihm auch sonst übrig? Er versuchte sein Gesicht zu entspannen und trat ein.
„Ah. Major Kincaid. Da sind Sie ja endlich! Was gibt es für Neuigkeiten von den Gefangenen? Haben sie bereits gestanden?”
„Nein Zo'or. Es gibt noch nichts in dieser Hinsicht, aber sie werden sicher bald aufgeben.”
„Nun. Ich bin sicher, dass Sie das regeln werden.”
In Liams Kopf begann es zu arbeiten. Eigentlich hatte er mit einer Standpauke deswegen gerechnet, so wie es Zo'ors Art war, wenn ihm etwas nicht schnell genug ging. Wusste er was mit Liam los war und dass er es nicht ernsthaft versuchte? Liam versuchte sich zu beruhigen. Er sah überall Gespenster. Wenn Zo'or alles über ihn wüsste, würde er ihn nie in seine Nähe lassen. Vielleicht überschätzte er den Führer der Synode. Hinter jedem seiner Worte vermutete er eine List. Dennoch, dass Zo'or sich auf ihn verließ kam nicht oft vor.
„Warum haben Sie mich gerufen?”
„Ah. Sie kommen gleich zur Sache. Das gefällt mir an Ihnen Major.”
Nun war Liam endgültig verwirrt. War das wirklich Zo'or oder irgendein obskurer Doppelgänger?
Zo'or begab sich in den hinteren Teil seines Büros wo sich einige Bedienelemente befanden. Mit einer Handbewegung befahl er dem Schiff, das Büro zu versiegeln. Einige Sekunden später war der Raum von einer undurchsichtigen Wand virtuellen Glases umschlossen, die das Büro vom Rest der Brücke trennte. Dann kam er langsam zurück. In seinen Händen trug er Ma'els Gerät. Er stellte es auf dem Tisch zwischen ihnen ab.
Aha. Daher wehte also der Wind! Liam wurde klar, warum Zo'or ihn hier haben wollte und warum er so freundlich zu ihm war. Oder sah er nur wieder Gespenster? Da'an hatte auch immer vorgegeben ihn zu mögen, dennoch hatte er ihn verraten. Zumindest in dieser Hinsicht war Zo'or ausnahmslos ehrlich gewesen. Er mochte Menschen nicht und er behandelte sie auch so. Auch jetzt war er nicht wirklich freundlich zu ihm, aber er behandelte ihn weniger schlecht als zum Beispiel die Freiwilligen auf der Brücke oder sogar Sandoval. Was das betraf konnte man sich auf ihn verlassen. Wenn er jemanden nicht mochte, dann erfuhr es der Betroffene umgehend und nachhaltig. Ein Freiwilliger, der einmal in Ungnade bei ihm gefallen war, brauchte sich auf dem Mutterschiff nie wieder blicken zu lassen.
Es war eine schwierige Situation. Liam war gezwungen allem und jedem zu misstrauen. Doch gleichzeitig brauchte er dringend ein paar Dinge mit denen er als Konstante rechnen konnte. Wie er eben festgestellt hatte zählten selbst seine eigenen Leute nicht dazu. Vielleicht war Zo'or ja deutlich berechenbarer als es bisher den Anschein gehabt hatte.
Zo'or beobachtete den Major. Er ließ ihm Zeit sich vom Anblick des Taelongerätes zu lösen.
„Es ist beeindruckend, nicht wahr?” fragte er. Offensichtlich nahm er an, dass es Liam beim Anblick des Gerätes die Sprache verschlagen hatte.
„Oh, äh! Ja, das ist es.” Stammelte dieser.
„Es ist nun bereit, uns weitere Informationen preiszugeben.”
Der Führer der Taelonsynode trat näher an das Gerät und bedeutete Liam mit einer Handbewegung seinen Platz ihm gegenüber einzunehmen.
Liam tat was von ihm erwartet wurde und legte seine Hand auf die dafür vorgesehene Fläche.
Zo'or sah ihm für einen Moment in die Augen und legte dann ebenfalls seine Hand auf das Gerät. Für einen kurzen Augenblick wurde der Taelon transparent und begann zu glühen, dann startete die Aufzeichnung und zog Liams gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
Das Gerät gab weniger Informationen preis als er erwartet hatte. Sicher hatte auch Zo'or sich mehr erhofft, denn gerade ihm konnte dieses ganze Projekt nicht schnell genug gehen. Doch zu Liams Überraschung zeigte er es nicht.
Innerhalb weniger Sekunden lud das Gerät Informationen in sein Hirn die jene, welche sie bereits hatten mehr oder weniger ergänzten. Dennoch waren sie so umfangreich, dass sie Liams Geist in seiner derzeitigen Verfassung zu überfordern drohten.
Er war nicht sicher, inwiefern diese Informationen wichtig waren. Sie waren überwiegend biochemischer Natur und befassten sich mit der technischen Komponente der Verschmelzung zwischen Menschen und Taelons. Liam hielt diese Informationen für zweitrangig. Durch sein Erbe war er in der Lage Ma'els Forschungen zu verstehen und zu interpretieren aber er glaubte, dass all dies nicht das war, was der längst tote Taelon eigentlich hatte mitteilen wollen. Da war noch etwas anderes. Es war fast greifbar... doch dann brach das Gerät die Verbindung abrupt ab.
Liam fühlte wie das Gerät einen leichten Rückstoß aussandte, anders als beim ersten Mal. Keuchend wich er zurück und bemerkte erst jetzt wie sehr er sich verkrampfte und dass er die ganze Zeit über keine Luft geholt hatte.
Zo'or sah ihn prüfend an. Ja, es waren viele Informationen gewesen, aber längst nicht so viele wie beim ersten Mal. Natürlich waren es immer noch mehr als er je einem Menschen zugetraut hätte, aber Liam hatte bereits bewiesen, dass er das tun konnte, was Zo'or von ihm erwartete. Aber nun schien es als wäre Kincaid doch mit der Masse an Wissen überfordert.
Liam wusste nicht recht, was mit ihm geschah. Das Gerät hatte die Verbindung vorzeitig beendet. Das konnte er deutlich spüren. Erstaunlich, dass Zo'or ihn nicht darauf ansprach. Er musste es doch auch bemerkt haben. Als er sah, wie er beobachtet wurde, zwang er sich dazu durchzuatmen und sich aufzurichten. Er versuchte sich zu entspannen und so zu tun als sei nichts. Dennoch konnte er deutlich spüren, wie sich eine innerliche Anspannung aufbaute.
Erleichtert verzeichnete Zo'or dass Kincaid sich wieder gefangen hatte. Es bestand also doch keine Notwendigkeit ihn zu ersetzen. Gut. Die Menschen waren eben von Natur aus schwach. Kein Wunder, dass ihnen die Taelontechnologie alles abverlangte.
Mit einer Handbewegung befahl er dem Schiff, die Isolation aufzuheben. Das virtuelle Glas wurde augenblicklich transparent und verschwand, einen blassen violetten Glanz in der Luft hinterlassend.
Als Liam begriff was mit ihm passierte war es schon fast zu spät. Noch wenige Sekunden zuvor war es ein unspezifisches Gefühl der Erregung gewesen. Nun begannen seine Handflächen zu kribbeln und er wusste dass sich zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit sein Chakarava meldete. Doch dieses Mal war es anders. Es war zwar schwächer, aber es baute sich schneller auf. So schnell, dass er nicht wusste, ob ihm noch Zeit zum reagieren blieb. Und noch etwas war anders: bisher war es nur aufgetreten wenn er angegriffen wurde und in Not war. Da'ans Angriff war zwar nur verbal erfolgt, aber es war ein Angriff gewesen und zwar einer der durchaus existenzbedrohend für ihn war.
Er ballte die Hände zu Fäusten um das Leuchten zu verbergen. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er musste unbedingt hier raus. Er konnte es hier vor aller Augen und vor allem vor Zo'or zu keiner Entladung kommen lassen. Es war als ob einem das Kribbeln welches ein Niesen ankündigt in einem unpassenden Moment in die Nase steigt. Einerseits möchte man nachgeben um das Kribbeln los zu werden andererseits weiß man genau, dass man es sich auf keinen Fall erlauben darf.
Der Führer der Taelonsynode ließ sich wieder auf seinem Thron nieder und rief einen Bericht auf dem virtuellen Schirm vor sich auf. „Ich wünsche, dass Sie mit mir den letzen Sicherheitsbericht von Agent Sandoval durchgehen. Ich möchte sicher gehen, dass Sie meine Anforderungen voll und ganz verstehen und erfüllen.” Er sah ihn erwartungsvoll an.
Liam sah sich jedoch außerstande ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Er musste hier heraus! Jetzt! Aber Zo'or widersprach man nicht so ohne weiteres. Er musste vorsichtig sein.
„Natürlich Zo'or.” Lenkte er ein. „Das Verhör der Widerständler kann warten. Schließlich können sie uns hier nicht entwischen.” Er versuchte sich ein Lächeln abzuringen. Es gelang ihm nicht sehr gut.
Der Taelon interpretierte den verkniffenen Gesichtsausdruck jedoch als Schadenfreude und dachte während er in dieses abstoßende menschliche Gesicht sah, dass er das Durchsetzungsvermögen dieses Menschen gegenüber seiner eigenen Art deutlich unterschätzt hatte. Es war möglich, dass sie besser zusammen arbeiten würden als er angenommen hatte. Jedenfalls war dieser Major Kincaid bisher deutlich kooperativer als er ihn in Erinnerung hatte.
„Nein” entschied er einem Gefühl folgend „die Vernichtung des Widerstandes hat Priorität. Die Sicherheitsberichte können warten. Fahren Sie mit dem Verhör fort und erstatten Sie mir Bericht.”
Zo'or wischte den Schirm vor sich mit einer Handbewegung beiseite und entließ Liam damit.
Der Major zwang sich dazu langsam zu gehen, solange er in Sichtweite der Brücke war. Kaum war er um die erste Ecke gebogen begann er zu rennen. Das Mutterschiff war riesig doch es gab nirgendwo einen Ort an dem er seine Waffen entladen konnte ohne dass es bemerkt wurde.
Er rannte um den Kopf frei zu bekommen, um vor Zo'or zu fliehen, um den Stress los zu werden. Er rannte bis er kaum noch Sauerstoff in die Lungen bekam. Die Freiwilligen, denen er begegnete sprangen auf die Seite um ihm nicht im Wege zu stehen. Es war nichts besonderes, dass es ein Companionbeschützer so eilig hatte, so dass sich niemand etwas dabei dachte.
Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis Liam einen abgelegenen Teil des Schiffes erreichte, wo er beinahe allein war. Er war bis in den vordersten Teil gelangt, weit entfernt von den Maschinen und den Shuttles und von allem anderen, was Taelonenergie abstrahlte. Mit jedem Schritt, der ihn weiter von Zo'or entfernte, fühlte er das Kribbeln nachlassen bis der Dang sein Chakarava zu entladen beinahe verschwand. Dennoch spürte er, dass die Energie nach wie vor da war. Es war das erste Mal, dass er sie unter Kontrolle hatte halten können, doch es war verdammt nah an der Grenze gewesen! Intuitiv wusste er dass es zu weiteren Zwischenfällen dieser Art kommen würde, wenn er keine Gelegenheit bekam, die Energie zu entladen. Auf dem Mutterschiff würden dies die Sensoren sofort erkennen, doch es gab in den nächsten Stunden keine Möglichkeit von hier weg zu kommen.
Er sah auf seine Hände hinab. Er wünschte sich in diesem Moment nur eines: Zeit. Zeit seine eigenen Fähigkeiten zu erforschen, Zeit sein Leben wieder ins Gleichgewicht zu bringen, Zeit sich um den Widerstand zu kümmern.... Der Wiederstand. Er riss sich zusammen. Seine Leute hatten nun Priorität. Wie so oft mussten Liam und seine Probleme zurückstehen, damit Major Kincaid die Dinge regeln konnte, die dem Überleben der Menschheit dienen sollten.
Er zog sein Global aus der Tasche und rief Augur an. Eben war ihm eine Idee gekommen wie er die Gefangenen hier herausbringen konnte.

 

 

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