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  „Kind der Erde” von Alraune   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Was wäre wenn... Da'an wächst auf der Erde auf und hat gänzlich anders gelagerte Prioritäten
Charaktere:  Da'an, Ma'el, Boone, Zo'or, Liam, T'than, Quo'on, Renee, Doors, Sandoval
 

 

KIND DER ERDE

 

Vor etwa 2000 Jahren

Seit mehreren Wochen schon hatte sich der Taelon zurückgezogen. Er wünschte keinen Kontakt zu den Dorfbewohnern, wollte allein bleiben.
Die Menschen wussten nicht, was dieses Verhalten bedeuten sollte. Zwar verschwand er manchmal jahrelang, doch wenn Ma'el da war, suchte er gewöhnlich den Kontakt zu ihnen.
Die Menschen liebten ihn und wünschten dem Taelon kein Leid und so war ihre Sorge um ihren Freund groß. Sie hofften, dass sich bald eine Erklärung für sein Verhalten fand.

 
* * *
 

Ein alte Frau saß allein in ihrer Hütte. Sie war erschöpft vom Tag und wollte sich zur Ruhe begeben.
Ein sanfter mentaler Ruf.
Seine Stimme
*Maíre, bitte komm zu mir.*
Sie zögerte keine Sekunde. Selten hatte Ma'el sie auf diese Weise gerufen und niemals ohne Grund.
Ma'el bat nicht oft um etwas, daher würde sie ihm gern helfen, was auch immer er wünschte.

Lautlos eilte sie durch die kühle Nacht, eingehüllt in einen dunklen Mantel, welcher sie fast unsichtbar machte.
Schließlich erreichte sie die Hütte in den Hügeln. Ma'el's Heim. Der Eingang war geöffnet und ein schmaler Lichtstreifen durchdrang das Dunkel.
Der Taelon erwartete sie bereits. Sein sanftes Lächeln begrüßte sie wie schon so oft, wärmte ihre Seele.
„Maíre ich danke dir für dein rasches Kommen. Ich ...” die sanfte Stimme verklang als Ma'el tief Luft holte „brauche deine Hilfe. Ich habe eine Entscheidung getroffen, die nicht das Wohlwollen meines Volkes findet. Folge mir bitte.” Mit diesen Worten wandte er sich dem Inneren seiner Behausung zu, führte die verwirrte Frau in einen kleinen Raum. Seine private Kammer wie sie wußte.
Oft war sie nicht hier gewesen, konnte sich aber gut an jede Einzelheit erinnern.
Etwas hatte sich verändert, in der Mitte des Raumes stand eine ... Wiege?
Langsam ging sie näher.
Zarte Laute erklangen und ein paar winziger durchscheinender Fäustchen streckte sich ihr entgegen. Ungläubig trat Maíre vollends heran und blickte in die Wiege.
Ein Baby.
So winzig, kleiner als jedes Menschenkind, aus reinem Licht geformt. Jede Einzelheit vollkommen und doch kaum auszumachen unter dem schwachen Glühen. Ein paar großer blauer Augen blickten sie aufmerksam an. Anders als bei einem Menschenkind war dieser Blick nicht verschwommen und unstet sondern voller Neugier und Intelligenz.
„Ist das ...?” sie beendete diese Frage nicht.
„Mein Kind. Sein Name ist Da'an.” Ma'els Stimme klang noch sanfter als üblich. Er kam nun ebenfalls heran und streckte dem Kind eine Hand entgegen, es griff erstaunlich zielsicher danach und gab einen begeisterten Quiekser von sich. Ma'els Fassade flackerte einen Augenblick, ein glückliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
„Warum brauchst du meine Hilfe?” Sie würde noch eine Weile brauchen all das neue zu verarbeiten. Ma'el hatte ein Kind geboren. Ein unfassbarer Gedanke. Noch immer voller Staunen blickte sie auf das kleine Wesen, welches voller Enthusiasmus mit der freien Hand in der Luft herumfuchtelte.
„Mein Volk wünscht, dass ich ihn ihrer Obhut übergebe, damit er bei ihnen aufwächst. Nur ...”
„Du willst ihn nicht aufgeben.” Es war keine Frage.
„Auch,” gab er widerwillig zu. „Doch hauptsächlich glaube ich nicht, dass es gut für ihn wäre. Ich möchte, dass er hier aufwächst. Hier wird er lernen zu verstehen.”
Maíre lächelte. Ihr Freund hatte dies auch erst lernen müssen, das wusste sie, hatte er es ihr doch erzählt.
„Ich helfe dir, in welcher Weise du auch immer Hilfe brauchst Geehrter.”
Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht Ma'els. „Danke.”


etwa 1000 Jahre später

Die Erinnerung an diese Nacht erfüllte Ma'el mit Glück. Die Taelons waren ganz und gar nicht erfreut gewesen, dass eines der letzten Kinder ihrer Art auf der Erde aufwachsen sollte, fern von ihnen. Doch hatten sie nichts ausrichten können. Da'an blieb auf der Erde. Ma'el wusste es war selbstsüchtig, dass er sein Kind bei sich behalten wollte, aber er konnte und wollte sich nicht von ihm trennen, zu wichtig war ihm dieses junge Leben.
Die Menschen hatten sein Kind mit großer Freude aufgenommen und als Mitglied der Dorfgemeinschaft akzeptiert. So waren die Jahre verstrichen. Da'an wurde erwachsen. Ma'el sah dies mit Zufriedenheit.
Da'an war ein ebenso begeisterter Wissenschaftler wie er, doch gingen seine Interessen in eine andere Richtung als Ma'els, zielten mehr auf die Flora der Erde und überraschenderweise die menschliche Heilkunst, ein Thema das ihn unendlich zu faszinieren schien. Da'an war schnell zu einem hervorragenden Heiler geworden, er reiste um die ganze Welt, um sein Wissen in dieser Hinsicht zu vervollkommnen. Seine überragenden diplomatischen Fähigkeiten waren ihm dabei sehr hilfreich, doch schien er nicht daran interessiert in dieser Richtung tätig zu werden, verschiedene Angebote der anderen Taelons zu ihnen zu kommen und als Botschafter zu fungieren, lehnte er höflich aber nachdrücklich ab.
Seine Heimat war die Erde und nirgendwo anders wollte er sein.
Ma'el lehrte sein Kind alles was er wusste, alle seine Geheimnisse, die er nur bei ihm in guter Obhut wusste. Die Menschen liebten und verehrten Da'an ebenso sehr wie Ma'el und er brachte ihnen Respekt und Zuneigung entgegen, sie waren die einzige Familie, die er kannte. Sein Volk, das waren Fremde für ihn. Fremde deren Handlungen er nicht nachvollziehen oder akzeptieren konnte.

Doch auch für Da'an kam die Zeit des Ka'ath'am. Die Zeit in der er einen Partner wählen und Kinder bekommen musste und so reiste er nach Taelon. Widerwillig und voller Kummer. Erst zwei Jahre später kehrte er zurück und die ganze Zeit bis dahin war er voller Heimweh, sehnte sich nach seinem Zuhause, den grünen Hügeln Irlands, dem weiten klaren Himmel, der sich darüber spannte, den Menschen, die seine Freunde waren. Er weigerte sich, sie zu vergessen und als er seine Pflicht gegenüber seinem Volk erfüllt hatte, forderte er seine Rückkehr zur Erde. Kein Argument konnte ihn umstimmen. Nicht einmal der Gedanke, sein Kind aufzugeben, hielt ihn davon ab.
So ließ man ihn gehen.

„Chi'ma'he.”
Ma'el fuhr herum er hatte nicht erwartet diese Stimme noch einmal zu hören.
Da'an.
Sein Kind stand in der Tür und lächelte freudig. Er trug noch den Taelonoverall, war offenbar auf dem kürzesten Weg zu ihm gekommen.
Er hatte geglaubt seine Leute würden eine Rückkehr seines Kindes verhindern. Aber hier stand er. Ma'el sah sein Gegenüber an, scheinbar hatte er ihn unterschätzt.
Dann breitete er seine Arme aus und mit einem glücklichen Lachen warf Da'an sich an seine Brust, so menschlich in seinen Gesten und Bewegungen. Vielleicht hatten sie ihn deshalb gehen lassen. Er war zu anders als sie, war als Mensch aufgewachsen, betrachtete die Welt aus einem anderen Blickwinkel.
„Du bist wieder da mein Kind?”
„Ja, es hat mich einige Zeit gekostet, das durchzusetzen, aber ich werde hier bleiben.”
„Was ist mit deinem Kind?”
„Ich habe Zo'or in der Obhut meines Gefährten gelassen. Sie haben mir verboten ihn mitzunehmen. Man wollte wohl verhindern, dass er wird wie ich.” Es klang traurig und zugleich amüsiert. „Ich hoffe es wird ihm gut gehen, denn ich werde nicht für ihn da sein können.”
Da'an lehnte seinen Kopf an die Schulter Ma'els, teilte seinen Kummer über den Verlust und die Erleichterung heimgekehrt zu sein mit ihm.

Kurze glückliche Jahre waren seitdem vergangen. Und dann kam der schreckliche Tag an dem Ma'el ihm eröffnet hatte, dass er sterben würde. Schmerz hatte den jungen Taelon durchflutet und einen Moment lang war er unfähig gewesen irgendetwas zu tun oder zu sagen, hatte nur dagestanden und seinen Elter angestarrt. Nur wage hatte er mitbekommen, was Ma'el versucht hatte ihm zu erklären.

Sie hatten Vorbereitungen für jenen Tag getroffen. Ma'els gesamte Aufzeichnungen, waren versteckt oder vernichtet worden, desgleichen sein Schiff und seine Ausrüstung, nichts davon sollte den Taelons helfen, die Menschen zu versklaven. Der einzige, der wusste, wo sich alles befand, der einzige Schlüssel zu diesem Wissen war Da'an und auch er würde sich verbergen. Er würde sich auf Ma'els Schiff in Stasis begeben und die voraussichtliche Ankunft der Taelons abwarten. Denn sie würden Ma'els Warnungen wohl ignorieren. Zu groß war die Gefahr, in der sie schwebten, sie würden diesen Planeten sicher nicht einfach so aufgeben, egal was Ma'el oder Da'an ihnen sagten.


2011 Washington DC
Brücke des Mutterschiffes

Ein einz'ger Blick enthüllt die Wahrheit,
zeigt den Weg zum Schlüssel.
Zum Licht gewandt,
siehst du den Stern, der in der Tiefe schläft.
Dein Handeln bestimmt die Zukunft.

„Das ist die ungefähre Übersetzung eines Gedichtes, das in der Grabkammer Ma'els gefunden wurde. Nur ist leider nicht herauszufinden, was damit gemeint sein könnte.” William Boone, Companionbeschützer und Widerstandsmitglied stand vor Quo'on und wartete auf dessen Reaktion.
„Ich denke, ich weiß, was damit gemeint ist.” Lautete die sanfte Antwort. Zo'or, der an seiner Seite stand, wollte offensichtlich Einspruch einlegen, doch ein kurzes Heben der Hand brachte ihn zum Schweigen.
„Ma'el war damals nicht allein auf der Erde. Er hatte einen Assistenten, der sich nach seinem Tode weigerte, zu uns zurückzukehren. Er verschwand auf der Erde.” Quo'on schien bekümmert von diesem Gedanken. Er hielt den Kopf gesenkt, ein zarter blauer Schimmer lief über sein Gesicht.
„Sie meinen also, das Gedicht könnte auf den Aufenthaltsort dieses Taelons hindeuten?” Boone hatte sich leicht nach vorn gebeugt, erwartete die Antwort.
„Wir wissen recht genau wo er ist.”
„Aber warum ...?” Etwas verwirrt runzelte Boone die Stirn.
„Er befindet sich vermutlich auf Ma'els Schiff, nur wissen wir nicht, wo das Schiff ist.”
„Oh, ...” Das war nicht ganz die Antwort, die der Beschützer erwartet hatte. „Also müssen wir das Schiff finden, dann haben wir auch den vermissten Taelon. Gestatten Sie mir eine Frage?”
Ein anmutiges Nicken.
„Können Sie das Schiff nicht mit Hilfe ihrer Sensoren ausfindig machen?”
„Nein, das ist leider unmöglich. Ma'el wollte nicht, dass das Schiff von uns gefunden wird.”
Eine plötzlich hereinkommende Nachricht unterbrach das Gespräch, mit einer Armbewegung entließ Quo'on seinen Beschützer und wandte sich dann dem Datenstrom zu.


Abend desselben Tages
Hauptquartier des Widerstandes

„Ma'el hatte einen Assistenten? Das könnte sehr nützlich für uns sein.” Renee Palmer saß gemütlich auf der Couch zurückgelehnt und beobachtete die übrigen Anwesenden.
„Aber nur, wenn wir Ma'els Schiff finden. Und das wird sicher nicht so einfach. Der einzige Hinweis, den wir haben, ist ein Gedicht und das hilft uns nicht weiter, da sich die Aussagen auf etwas beziehen, dass vermutlich nicht mehr existiert.” Boone klang müde, er lag in einem der Sessel und machte den Eindruck gleich einschlafen zu wollen.
„Irrtum.” Ertönte eine tiefe, raue Stimme hinter ihm und riss ihn aus dem seichten Schlummer, der ihn umfangen hatte. Alle Anwesenden wandten sich dem Sprecher zu.
„Ich weiß wo Ma'els Schiff ist, meine Leute fanden es vor sieben Jahren als wir ein Gebiet für die Anlage einer neuen Ölbohrplattform untersuchten.”
„Warum wissen wir davon nichts?” kam es empört aus Liams Richtung. Der Kimeramischling lehnte an der Wand und funkelte Jonathan Doors verärgert an.
„Weil ich es nicht für nötig hielt, Sie darüber zu informieren.”
Bevor die Situation eskalieren konnte, griff Boone ein.
„Wo ist das Schiff? Haben Sie vielleicht schon einen Hinweis auf diesen Taelon gefunden?”
„Selbst wenn auf dem Schiff ein Taelon gewesen sein sollte, so ist er jetzt tot. Es liegt vor der Küste Südamerikas, in der Nähe des Rio Layapana, 150 Fuß unter der Oberfläche des Pazifik. Seine Energievorräte gingen schon vor Jahrhunderten zur Neige, Wasser brach ein. Jetzt ist es nur noch ein Korallenüberwachsenes Wrack. Die Technologie ist intakt, ebenso die Aufzeichnungen an Bord, aber irgendwelche Taelons haben wir bisher nicht gefunden.”
„Wie konnten Sie das Schiff untersuchen, wenn es sich unter Wasser befindet?”
„Ich ließ eine Glaskuppel darüber errichten ehe das Wasser abgepumpt wurde. Es dauerte zwei Jahre bis es soweit war und wir sind noch immer damit beschäftig, es von den Korallen zu befreien.”
„Also haben Sie noch nicht alles untersuchen können?”
„Noch nicht,” gab der ehemalige Widerstandsführer widerwillig zu. Er mochte es nicht, verhört zu werden.
Boone brummte zufrieden. „Dann ist es also möglich, dass er immer noch an Bord ist. Ich glaube nicht, dass Ma'el eine solche Möglichkeit nicht bedacht hat, als er das Schiff an dieser Stelle positionierte. Bestimmt gab es irgendein Sicherheitssystem, das verhindert hat, dass seinem Assistenten etwas zustieß. Er ist zu wichtig für uns, als dass wir diese Möglichkeit außer acht lassen könnten." Langsam erhob er sich und dehnte seine Gliedmaßen. „Wir sollten uns auf den Weg machen.”
„Was?” Die anderen starrten ihn an.
„Wir sollten uns an der Suche beteiligen, je mehr suchen desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir etwas finden.”


Drei Wochen später
Ma'els Raumschiff

Nach zähem Suchen und stark beschleunigten Grabungsarbeiten hatten sie eine kleine Kammer im unteren Bereich des Schiffes gefunden. Der Raum war völlig leer bis auf den Stasisbehälter. Es hatte nicht den Anschein, als ob irgendetwas darin überlebt hätte.
Langsam betrat William Boone den Raum. Drei Wochen lang Stress, Ausreden für die Companions erfinden und schweißtreibende Arbeit. Alles umsonst. Sanft strich er über die undurchsichtige Oberfläche des Objektes. Spürte ihre raue Struktur. Er fühlte den Drang sich irgendwo festzuhalten und lehnte sich an die Wand. Dabei fiel sein Blick auf eine Anzeige neben ihm, das erste Zeichen dafür, dass etwas in diesem Schiff noch aktiv war. Sie zeigte den Status der in Stasis befindlichen Person. Die Energielevel waren niedrig, doch es war eindeutig, der Eingeschlossene lebte noch. Hastig durchsuchte Boone die Kammer und fand schließlich den Mechanismus, um den Behälter zu öffnen.

Im Inneren befand sich auf den ersten Blick nur jenes halborganische Material, welches die Taelons für so ziemlich alles zu verwenden schienen. Vorsichtig schob er eine Ecke beiseite.
Ein Taelon in seiner natürlichen Gestalt. Seine Energie glomm matt im Halbdunkel, er war bewusstlos.
Boone hob ihn sanft aus dem Behälter, ein sanftes Stöhnen kündigte das Erwachen seines Schützlings an.

Langsam schlug er die Augen auf. Boone hielt einen Augenblick lang den Atem an als ihre Blicke sich trafen. Faszination hielt ihn gefangen. Etwas war grundlegend anders an diesem Taelon. Doch es gelang ihm nicht, den Finger darauf zu legen. Erst Augenblicke später ging ihm auf, welchen Anblick sie beide bieten mussten. Er, auf dem Boden kauernd, mit einem Taelon in den Armen, den er wie hypnotisiert anstarrte. Offensichtlich waren dem Anderen ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen, er versuchte sich zu befreien, war aber zu schwach, um Erfolg zu haben.

Um überhaupt etwas zu tun, fragte er den Taelon nach seinem Namen. Verständnisloses Starren war seine einzige Antwort. Natürlich er hat tausend Jahre in dieser Kapsel gelegen. Er kann dich gar nicht verstehen du Idiot. Boone hätte sich ohrfeigen mögen. Nur wie sollte er einen Kontakt herstellen? Er versuchte es mit Eunoia, welches er vor einigen Jahren mit Quo'ons Zustimmung erlernt hatte.
Der Erfolg war durchschlagend. Das Gesicht des Taelons hellte sich auf, offensichtlich erfreut über die Möglichkeit zur Kommunikation richtete er seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Mann.
°Mein Name ist Da'an. Wie heißt du?° Eine förmliche Anrede schien er nicht zu kennen.
°Mein Name ist William Boone. Es freut mich dich kennen zu lernen,° antwortete er mit einem Schmunzeln.
Da'an erwiderte es sanft. °Es freut mich ebenfalls. Wie viel Zeit ist vergangen?° Er hatte es sich sehr zu Boones Verlegenheit in dessen Armen bequem gemacht und schien einstweilen dort verbleiben zu wollen.
°Soweit ich weiß, etwa 1000 Jahre wir schreiben jetzt das Jahr 2011 A.D.° Er versuchte behutsam den Taelon loszulassen, aber dieser hielt ihn mit einer sanften Geste auf.
°Bitte nicht, ich nehme durch den Kontakt zu dir Energie auf.° Das stoppte den Mann.
°Eine interessante Methode sich aufzuladen.°
Heiterkeit zeichnete sich auf Da'ans Gesicht ab. Er biss sich auf die Lippen, um nicht zu offensichtlich zu grinsen.
Dieser Taelon war wirklich anders, er hatte Sinn für Humor.
°Wie habt ihr mich gefunden?° während dieser Frage kam Liam herein.

Der Kimera-Mischling stutze einen Moment, trat dann vollends heran und ließ sich neben den Beiden nieder. °Das ist eine längere Geschichte.° antwortete er an Boones Stelle. °Mein Name ist Liam.°
Da'an beugte anmutig den Kopf und stellte sich erneut vor.
Der vollendete Diplomat, schoss es Boone durch den Kopf.
°Gehe ich recht in der Annahme, dass meine Artgenossen bereits auf der Erde angekommen sind?°
Erneut war es Liam, der antwortete.
°Ja, sie kamen schon vor sechs Jahren hier an.°
Da'an nickte, er schien nichts anderes erwartet zu haben.


Mehrere Stunden später
Hauptquartier des Widerstandes

Da'an war inzwischen über die wichtigsten Ereignisse der letzten sechs Jahre in Kenntnis gesetzt worden. Die ganze Zeit über beobachtete Boone ihn. Er besaß die Anmut und Grazie, die allen Taelons zu eigen war, doch war er anders. Seine Mimik und Gestik waren auch menschlich. Man merkte deutlich, dass er viel Zeit unter Menschen verbracht hatte. Seine Bewegungsabläufe waren geschmeidiger, schneller als bei seiner Art üblich. Er wirkte nicht so sehr in seiner eigenen Welt versunken wie seine Artgenossen, schien hauptsächlich im hier und jetzt zu weilen.

Aber er bemerkte noch etwas anderes. Liam schien sich sehr für den Taelon zu interessieren. Der junge Mischling war seit seiner Geburt ein Außenseiter gewesen. Niemandem wirklich zugehörig, hatte er die meiste Zeit sehr einsam verbracht. Ja, Lili und Augur hatten sich um ihn gekümmert, doch sie konnten ihm nicht wirklich geben, was er brauchte. Es schien, als glaubte er in diesem Taelon gefunden zu haben, was er bisher vermisste. Er hatte sich in unmittelbarer Nähe des Aliens niedergelassen und beobachtete ihn ununterbrochen.

Da'an bemerkte seinen Beobachter ebenfalls und beobachtete ihn nun seinerseits. Ein junger Mann vielleicht Anfang dreißig. Hochgewachsen und schlank, mit braunem Haar und grünen Augen. Seine energetische Ausstrahlung war erheblich stärker als bei Menschen üblich, die anderen schienen ihn zu meiden, als sei etwas an ihm, dass sie erschreckte.
Langsam, wie zufällig näherte er sich ihm, ließ sich neben seinem Sitzplatz auf dem Boden nieder und sah ihm direkt ins Gesicht.

Liam starrte voller Erstaunen auf dieses zarte Geschöpf, welches da vor ihm saß. Seit er ihn das erste Mal gesehen hatte, fühlte er sich zu Da'an hingezogen. Er sehnte sich nach der Nähe des Taelons. Verständnislos begegnete er seinen Gefühlen, doch wollte er den Taelon auf keinen Fall verjagen. Interessiert ließ er seinen Blick über ihn gleiten. Da'an war in eine Art blauer Hose und ein langes, bis zu den Oberschenkeln reichendes, helles Leinenhemd gekleidet. Beides von einfachem Schnitt aber guter Qualität. Kleidung, die heutzutage sehr teuer gewesen wäre. Ein schmaler silberner Armreifen am rechten Arm rundete das Bild ab. Es stand ihm. Ein feingeschnittenes Gesicht mit hohen Wangenknochen. Große blaue Augen, voller Intelligenz und Wissensdurst. Ein sanft geschwungener voller Mund, der ständig von einem Lächeln umspielt zu werden schien. Vielleicht war dem auch so.
°Warum beobachtest du mich?° Die melodische Stimme riss ihn aus seiner Betrachtung.
°Ich ...° Er wusste nicht, was er antworten sollte. In diesem Moment griff der Taelon nach seiner Hand und zog sie zu sich heran. Die ganze Zeit über entließ er Liam nicht aus seinem Blick. Der Mann war nicht fähig irgendwie zu reagieren, als Da'an seine Hand umdrehte und die Innenfläche einen Moment lang musterte. Sanft fuhr er mit einem Finger über die Markierung des Sha'ka'ra'var. °Was bist du?° Wieder dieser sanfte Blick. Da'an ließ seine Hand nicht los. °Ich bin zum Teil Kimera. Mein Vater war Ha'gel.°
°Ich verstehe.° Endlich entließ er Liam aus seinem Griff. °Erzähl mir von dir. So weit ich weiß, bist du der erste Mischling dieser Art.°
Liam fügte sich gern, hatte er so doch einen Grund sich in Da'ans Nähe aufzuhalten.


Zur selben Zeit auf der Brücke des Mutterschiff

„Ich spüre Da'ans Anwesenheit. Er ist aufgewacht.” Zo'or stand vor dem großen Aussichtsfenster und blickte auf die Erde. Er wusste nicht, was er denken, fühlen sollte. Er konnte sich nicht an seinen Elter erinnern. Der Taelon, der ihn geboren hatte, war zur Erde zurückgekehrt bevor Zo'or die Möglichkeit hatte, ihn kennen zulernen. T'than hatte ihn aufgezogen. Hatte ihn gelehrt ein Kämpfer zu sein. Ein Lügner und ein Diplomat, was in vieler Hinsicht das gleiche war. Er hasste Da'an nicht, spürte nur wage Sehnsucht nach etwas, das er nie gekannt hatte.
„Warum ist er dann nicht zu uns gekommen?” Quo'ons tiefe Stimme.
„Da'an will die Erde nicht verlassen. Er betrachtet uns nicht als sein Volk und ist auch nicht der Ansicht uns verpflichtet zu sein. Seine Loyalität gehört bedauerlicherweise den Menschen.” Der Kriegsminister klang erstaunlich sanft. Traf dieses Mal nur eine Feststellung, fällte kein Urteil.
Er hat Da'an einmal geliebt. Erinnerte sich Zo'or. Nur dass Da'an nicht bei ihm bleiben wollte.
„Da'an ist der einzige, der uns sagen kann, wo sich die Aufzeichnungen Ma'els befinden. Er muss zu uns gebracht werden.” Quo'on traf die endgültige Entscheidung, niemand widersprach.


Hauptquartier des Widerstandes

Liam sprach nun schon seit zwei Stunden und Da'an hörte zu. Geduldig und interessiert. Hin und wieder stellte er eine Frage. Die ganze Zeit hatte er sich nicht vom Fleck gerührt.

Die Mitglieder des Widerstandes, die versuchten das Gespräch zu unterbrechen und die Aufmerksamkeit des einen oder des anderen zu bekommen, wurden schlicht ignoriert.

„Die beiden sind ja richtiggehend in ihrer eigenen Welt versunken. Vor morgen ist mit denen nicht mehr zu rechnen.” Augur klang sehr amüsiert. „Ich für meinen Teil gehe jetzt ins Bett.” Damit verschwand er in Richtung des Ausgangs. Boone blickte dem bunt gekleideten Schwarzen einen Augenblick lang nach und beschloss dann dasselbe zu tun. Nach und nach wurde es ruhig im Raum. Bis auf die zwei Gestalten, die auch weiterhin alles ausgeblendet hatten.

Der neue Morgen, oder besser Boone, fand die beiden schlafend. Da'an an den Sessel gelehnt. Der Kimera-Mischling im Sitz zusammengesunken, sein Gesicht dicht neben dem des Taelons. Sie wirkten beide sehr jung und verletzlich.
Ich frage mich wie alt Da'an ist. Er wirkt nicht älter als Liam. Boone schmunzelte sanft. Dann beugte er sich hinunter und rüttelte beide vorsichtig wach.

°Da'an, wir wollen mit dir sprechen.° In einer fließenden Bewegung kam der Taelon auf die Füße .
°Worum geht es denn?° fragte er mit schiefgelegtem Kopf.
°Wir brauchen mehr Informationen über dich und über den Verbleib von Ma'els Aufzeichnungen. Bitte begleite mich. Und du auch Liam.° Beide nickten und folgten Boone dann.


Rene Palmer seufzte frustriert. Manchmal fragte sie sich, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, die Führung des Widerstandes zu übernehmen. Speziell in solchen Momenten.
Sie versuchte schon seit einer Stunde den Taelon zu befragen, scheiterte aber an den Sprachbarrieren. Sie hatte nicht bedacht, dass Da'an nach 1000 Jahren in Stasis kein modernes Englisch sprach. Zum x-ten Male verfluchte sie Jonathan Doors, der ihr den Widerstand übergeben hatte, um eine Scheinallianz mit den Taelons einzugehen. So war sie es nun, die mit den anstehenden Problemen, von denen Da'an bei weitem nicht das Größte war, fertig werden musste. Sie fühlte Kopfschmerz heranziehen.
„Gibt es keine Möglichkeit, dass er sich in unserer Sprache mit uns verständigt?” sie rieb sich die Schläfe und zog eine Grimasse, als sie das leichte Stechen hinter ihrer Stirn fühlte.
Boone übersetze für Da'an, der ihn einen Moment lang nur ansah und nachzudenken schien.
°Es gibt eine solche Möglichkeit, nur ist diese sehr ...° er suchte offenbar nach dem richtigen Wort, gab schließlich auf und erklärte statt dessen, was er meinte.
°Ich könnte das erforderliche Wissen direkt aus deinem Geist holen. Mir ist bewusst, das dies sehr intim wäre, deshalb habe ich bisher davon abgesehen diese Möglichkeit zu erwähnen.°
Boone schauderte leicht. Die Vorstellung, dass jemand in seinen Kopf eindringen, seine geheimsten Gedanken und Erinnerungen sehen könnte, ließ ihm eisige Schauer über den Rücken laufen.
Der Taelon hatte offenbar eine solche Reaktion vorausgesehen und deshalb geschwiegen. Doch es war wichtig, dass sie sich mit ihm verständigen konnten.
Langsam und zögernd streckte er dem Taelon eine Hand entgegen. Ihm graute bei dem Gedanken an das, was jetzt kommen würde.
°Also gut ...°
°Bist du sicher, Boone?° Besorgnis und Unsicherheit klangen in der Stimme des Aliens mit.
°Ja! Bitte beeile dich, bevor ich es mir anders überlege.° Er sah noch wie der Taelon seine eigene Hand hob und spürte, wie sie sich leicht und kühl an seine eigene legte, ehe er die Augen schloss.

Ein fremdartiges, kaum zu beschreibendes Gefühl durchfloss ihn, es war mit nichts gleichzusetzen, das er jemals erfahren hatte. Vermutlich gab es in der menschlichen Sprache keine passenden Worte dafür, allenfalls Annäherungen. Eindrücke eines Fremden glitten durch seinen Geist und für einen Moment wusste er, wie es war, was es bedeutete ein Taelon zu sein. Teil eines sehr viel größeren Ganzen und doch ein einzelnes Wesen, begrenzt in seinen Entscheidungen und dafür niemals allein. Stets begleitet von den Stimmen des Gemeinwesens, die ein sanften Murmeln im Hintergrund des eigenen Geistes bildeten. Er erfuhr die Welt mit den Sinnen eines Taelons und staunte über die Unterschiede ebenso wie über die Gemeinsamkeiten. Es würde sicher noch eine Weile dauern bis er sich von der Erfahrung Energiefelder sehen und fühlen zu können erholt hatte.
Erinnerungsfetzen des Taelons strichen durch seinen Geist. Orte und Gesichter, die er nie gesehen hatte, Worte aus Sprachen, die schon lange tot waren. Er verlor sich völlig darin.

Es verstrichen scheinbar Stunden, und doch waren es nur Sekunden, bis der Kontakt abbrach. Als Boone die Augen öffnete sah er ein sanftes Lächeln auf Da'ans Gesicht.
„Danke, das war sehr hilfreich.” Meinte er förmlich und legte leicht den Kopf schief.
Boone war in diesem Moment dankbar, dass nur sie vier René, Da'an, Liam und er in dem kleinen Raum waren, so konnte er sich auf den nächsten Stuhl fallen lassen ohne auf seine Würde achten zu müssen. Der Companionbeschützer hatte das Gefühl, die Knochen in seinen Beine wären durch Gummi ersetzt worden.
Liam, der bis jetzt am Türrahmen gelehnt hatte, kam heran und ließ sich auf der anderen Seite Da'ans nieder, so dass jetzt alle drei Stühle vor René's Schreibtisch besetzt waren. Diese blickte einen Augenblick lang das seltsame Trio an und fragte sich, was genau hier eigentlich vorging.
„Was haben Sie gerade gemacht?” fragte sie misstrauisch.
„Ich habe, einfach ausgedrückt, den für mich relevanten Teil von Boones Wissen kopiert und meinem eigenen hinzugefügt. Informationen privater Natur und den Widerstand betreffend habe ich so gut es mir möglich war außer Acht gelassen.”
Das beruhigte die Widerstandsführerin nicht besonders, aber was konnte sie schon tun? Sie brauchten den Taelon noch, außerdem schien er der einzige von der ganzen Bande zu sein, der ehrliche Absichten verfolgte. Also beschloss sie die Befragung von neuem zu beginnen doch Da'an kam ihr zuvor.
„Ich weiß noch, welche Fragen Sie an mich gerichtet haben. Ich werde Ihnen erzählen soviel ich darf.”
„Soviel Sie dürfen?” eine steile Falte bildete sich zwischen den Brauen der Frau, sie beugte sich leicht vor.
„Mir sind Grenzen gesetzt in dem was ich sage. Soll ich anfangen?”
„Ja, bitte.” Kam es von Boone.
„Wie Sie schon wissen, ist mein Name Da'an. Ich wurde vor 2036 Jahren in Irland geboren.”
„Du wurdest auf der Erde geboren?” Verblüffung kam in der Haltung Liams zum Ausdruck. Seine Stimme klang ungläubig.
„Mein Chi'ma'hé weigerte sich seine Mission zu unterbrechen.” Da'an übte sich in Geduld.
„Und wer ist das?” fragte René, etwas erschlagen von den Ereignissen. Der Blick der drei vor ihr wies sie darauf hin, gerade etwas preislos Dummes gefragt zu haben.
„Schon gut, ich ziehe die Frage zurück.”
Der Taelon seufzte und fuhr dann fort.
„Ma'el behielt mich gegen den Willen der Synode auf der Erde. Er brachte mir alles bei, was er wusste und förderte auch meine eigenen wissenschaftlichen Interessen.”
„Ich welche Richtung gingen die?” fragte Boone, der sich inzwischen etwas erholt zu haben schien und wieder im Stuhl saß, statt darin zu liegen.
„Hauptsächlich die Pflanzenwelt der Erde, sowie die menschliche Heilkunst. Zwei Themen, die in vieler Hinsicht zusammen gehören.”
Noch ein Schock. „Sie sind Arzt?” Boone klang relativ gefasst, hatte sich jedoch kerzengerade aufgerichtet.
„Nach heutiger Definition wohl nicht. Aber nach der damaligen schon. Sogar ein guter. Die Menschen dieser Zeit fänden meine Methoden wohl etwas ‚absonderlich’,” deutlich färbte Ironie Da'ans Worte.
„Bitte fahren Sie fort.” rief René Palmer sich in Erinnerung. Sie klang inzwischen etwas gestresst und das Geschäftsfrauenimage begann zu bröckeln.
„Nun gut. Für etwa tausend Jahre war Ma'el der einzige andere Taelon, den ich sah. Ich konnte zwar mit meinen Artgenossen kommunizieren, aber den Großteil meiner Zeit verbrachte ich mit Menschen. Sie waren, und sind, mir in vielen Beziehungen vertrauter als mein Volk. Ich verließ die Erde nur ein einziges Mal, für etwas mehr als zwei Jahre. Es hat mich einiges gekostet meine Rückkehr durchzusetzen.” Hier klang unüberhörbar Traurigkeit mit, was auch immer er aufgegeben hatte, es musste ihm viel bedeutet haben. „Ein paar Jahre nach meiner Rückkehr starb Ma'el und ich begab mich in Stasis.” Dieses Thema schien er nicht gern anzusprechen. Trotzdem erklärte seine Geschichte eine Menge. Nur eines hatte er nicht erwähnt. René sprach es aus.
„Sie haben uns nicht gesagt, was aus Ma'els Aufzeichnungen wurde.” Typisch René, kurzangebunden und kühl.
„Leider kann ich Ihnen zu diesem Thema keine Auskunft geben. Zwar dürfen diese Aufzeichnungen nicht in die Hände der Taelons fallen, aber Sie müssen mir erst beweisen, dass Sie fähig sind damit umzugehen und Sie nicht nur für eigenen Zwecke missbrauchen werden.”

Das Piepsen eines Globals verhinderte, dass Ms. Palmer Da'an anfuhr. Boone suchte einen Augenblick in seiner Tasche herum, ehe er es endlich zu fassen bekam.
Auf dem Display blickte ihm das vertraute Gesicht seines Kollegen entgegen. „Hallo Sandoval, was kann ich für Sie tun?”
„Quo'on möchte, dass Da'an umgehend auf das Mutterschiff gebracht wird. Ersparen Sie mir bitte Ihr ‚Ich weiß nicht wovon Sie reden’, tun Sie es einfach.” Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen.
„Das klang ernst. Da'an?”
Der Taelon hatte sich bereits erhoben. „Gehen wir.”


Während des Fluges zum Mutterschiff starrte der Taelon ununterbrochen nach draußen. Boone fiel ein, dass Da'an ja noch gar nicht an der Oberfläche gewesen war. Sie hatten ihn von Ma'els Schiff aus mit einem Interdimensionsportal ins Hauptquartier des Widerstandes geschafft, so sah er jetzt zum ersten mal seit langer Zeit die Erde wieder. Ob Sie sich für ihn wohl sehr verändert hatte? Boone konnte diese Frage nicht beantworten, hoffte nur, dass es nicht so war. Tausend Jahre waren sicher auch für Da'an eine lange Zeit.
„Wie fühlen Sie sich?” fragte er sanft, riss den Taelon aus seinen Gedanken.
„Es geht mir gut.” Offensichtlich wollte er gerade nicht reden. Schulterzuckend wandte Boone sich wieder seinen eigenen Überlegungen zu.

Im Shuttlehangar begegneten sie erst einmal einem interessanten Problem. Die Freiwilligen hatten offensichtlich noch nie einen Taelon in altkeltischer Aufmachung, oder überhaupt menschlicher Kleidung gesehen. Entsprechend neugierig waren sie auch, mit dem Ergebnis, dass sich die beiden Neuankömmlinge erst einem Berg von Fragen stellen mussten ehe man sie wegließ. Zu Boones großem Ärger schien Da'an gar nichts gegen einen Schwatz mit den jungen Leuten zu haben, so dass er ihn fast gewaltsam mitschleifen musste.

Da'an hatte es überhaupt nicht eilig auf die Brücke zu kommen. Es war lange her, dass er es mit seinesgleichen zu tun gehabt hatte und die Erinnerungen daran waren größtenteils unerfreulicher Natur. Auch hatte er keine Ahnung, wie viel sich verändert haben mochte. Wie sich die Personen denen er jetzt begegnen würde verändert hatten. Quo'on kam ihm in den Sinn. Bei ihrer letzten Begegnung war er noch nicht Synodenführer gewesen, T'than und Zo'or, die beiden hatten viel erreicht. Wie hatte sein Kind so jung einen solch hohen Posten erlangt?
Nun, T'than war sicher ein guter Lehrer gewesen.
Deutlich erinnerte Da'an sich an den Abschied von seinem Gefährten. T'than war wütend gewesen, hatte ihm Vorwürfe gemacht. Ein tiefer Seufzer entrang sich der Brust des Taelons. Er hatte stets bedauert die Gefühle des anderen nicht erwidern zu können, aber es war nicht zu ändern gewesen. Er schätzte und respektierte T'than, aber mehr auch nicht. Da'an hatte ihn und Zo'or zurückgelassen, mit dem Ergebnis, dass sein eigenes Kind jetzt ein Fremder für ihn war und er seinen ehemaligen Lebensgefährten jetzt vermutlich als Feind betrachten musste. Er hatte nicht viel gutes über die Führungsspitze der Taelons gehört.

Sie erreichten die Brücke wo sie bereits erwartet wurden. Vorsichtig schritt Da'an auf die drei zu. Er fühlte sich als würde er in feindliches Gebiet vordringen, jeder Schritt mochte der letzte sein. Das klang zwar in Anbetracht dreier Taelons, die keinerlei feindliche Regung zeigten lächerlich, aber er wusste nicht, wie er sie einschätzen sollte. Für ihn war weitaus weniger Zeit vergangen als für sie. Sie hatten sich zweifelsohne sehr verändert. Vor Quo'ons Stuhl kam er zum Stehen.
„Ihr wolltet mich sprechen?” Kein guter Anfang, schoss es Da'an durch den Kopf, das klang wie eine Kriegserklärung. Mit ausdruckslosem Gesicht wartete er die Antwort ab. Er hatte in seinem jungen Leben oft mit Kriegsherren zu tun gehabt, das waren zwar ‚nur’ Menschen gewesen, aber er hatte trotzdem viel gelernt. Hoffentlich war ihm dieses Wissen hier von nutzen.
„Ja, und ich denke, du weißt auch warum.” Es war T'than, der das Wort ergriffen hatte. Langsam kam er näher, die Arme in der für ihn typischen Geste auf dem Rücken verschränkt.

T'than blickte seinen ehemaligen Gefährten an. Er hatte sich nicht verändert. Wie auch, er hatte sich die letzten tausend Jahre in Stasis befunden, war nicht gealtert. Vor ihm stand derselbe Taelon, der ihn vor tausend Jahren verlassen hatte, um auf der Erde sein Schicksal zu finden. Derselbe Taelon, der ihn vom ersten Augenblick an fasziniert hatte. Er hatte sich dem nicht entziehen können und auch jetzt gelang es ihm nur mit Mühe. Da'ans Ausstrahlung zog ihn wieder in ihren Bann. Wenn er nicht acht gab würde er komplett vergessen, warum sie hier waren. Langsam umkreiste er sein Gegenüber, unterzog ihn einer genauen Musterung. Er trug ähnliche Kleidung wie damals bei ihrem ersten Treffen, aber der Armreif war neu für T'than. Vermutlich hatte er ihn erst nach seiner Rückkehr auf die Erde bekommen. Nachdem er seine Musterung abgeschlossen hatte, blickte er Da'an in die Augen. Ruhige Entschlossenheit war alles, was er dort fand. Der andere würde sich nicht geschlagen geben, so viel war sicher.
T'than blickte als erster weg.

Zo'or verschlang Da'an förmlich mit den Augen. Lange hatte er diesen Augenblick herbeigesehnt. Er hatte sich so oft gewünscht mit seinem Elter zu sprechen, ihm alle Fragen zu stellen, die er mit T'than nicht zu besprechen wagte, doch jetzt musste er feststellen, dass sich Schüchternheit in ihm breit machte. Was sollte er sagen? Wie sich ausdrücken. Würde Da'an überhaupt mit ihm reden wollen?
Mühsam rief er sich zur Ordnung. Er war doch kein kleines Kind mehr. Genaugenommen waren er und Da'an jetzt gleichaltrig.
Was für eine Verwirrung.
Er beschloss sich auf das nonverbale Kräftemessen zu konzentrieren, das da vor ihm stattfand. Offenbar hatte Da'an gewonnen, jedenfalls wandte T'than sich ab und blickte hinaus zu den Sternen.

Quo'on versuchte sein Gegenüber abzuschätzen, er war Da'an nur wenige Male begegnet und hatte kaum mit ihm gesprochen. Schon damals hatte er gewusst, dass Da'an großes diplomatisches und taktisches Geschick besaß, wäre er geblieben, säße er jetzt vermutlich auf dem Stuhl des Synodenführers. Die Vorstellung, dass das einzige, das er Da'an voraus hatte, ein Vorsprung an Jahren und Erfahrung war, erschreckte Quo'on ein wenig.
Der Jüngere hatte sich für eine andere Welt und die Loyalität zu einer anderen Spezies entschieden. Quo'on wusste nicht, wie er vorgehen sollte. Er ahnte, dass Da'an erheblich mehr Ärger machen konnte als es den Anschein hatte. Hinter der friedlichen Fassade steckte ein stählerner Wille und ein äußerst intelligenter, zu allem entschlossener, Geist. Mit Drohungen würde er hier sicher nicht weiterkommen, mit Schmeicheleien genauso wenig. Was also sollte er tun?

Das Schweigen dauerte nur Sekunden, lastete trotzdem schwer auf den Nerven des Companionbeschützers. Boone verspürte den Wunsch von einem Bein aufs andere zu treten und sich damit ein wenig Erleichterung zu verschaffen. Es war ihm ein Rätsel wie Sandoval derart ruhig stehen konnte. Vielleicht war er einfach eingeschlafen. Eine Fähigkeit, die er im Dienst der Companions sicher perfektioniert hatte.
Stumm beobachtete er die Taelons. Nach dem T'than gesprochen hatte, war kein weiteres Wort gefallen. Jeder schien den anderen sorgfältig abzuschätzen, um nur keine Fehler zu begehen. Dieser Kampf konzentrierte sich hauptsächlich zwischen Quo'on und Da'an. T'than und Zo'or hielten sich seltsamerweise zurück. Schließlich antwortete Da'an.
„Ja. Ich weiß, warum Ihr mich gerufen habt.” Er straffte seine Gestalt, Stolz kam in seiner Haltung zum Ausdruck. „Aber Ihr wisst sicher auch, dass ich euch nicht sagen werde, wo Ma'els Aufzeichnungen sich befinden.”

Quo'on beugte sich vor „Wir werden diese Informationen bekommen, auf die eine oder andere Art.” sagte er in einem freundlich klingenden Tonfall. Doch war die Drohung hinter seinen Worten nur allzu offensichtlich. Er bezweifelte, dass Da'an sich würde einschüchtern lassen, aber er wollte zumindest klare Verhältnisse schaffen.
„Bist du sicher?” Amüsement klang in der Stimme des jungen Taelons mit. „Wenn es weiter nichts zu sagen gibt, werde ich jetzt gehen. Diese Unterhaltung war nutzlos.” Er wandte sich dem Ausgang zu. Boone wollte ihm folgen, doch ein Wink Quo'ons hielt ihn auf.

„Wir müssen uns unterhalten Commander.” Ein Knoten bildete sich im Magen des Mannes. Noch schlimmer wurde es, als er sah, dass die beiden anderen Taelons Da'an folgten. Was hatten sie bloß vor? Sorge machte sich in Boone breit. Allerdings musste er sich jetzt erst einmal um sich selbst kümmern. Vermutlich wollte Quo'on einige Antworten bezüglich Ma'els Schiffes. Dass er Da'an mitgebracht hatte, implizierte so einiges.
„Commander Boone, Sie waren es, der Da'an hergebracht hat?” Quo'on klang sanft.
„Ja.” Der Beschützer blickte starr geradeaus, sein Gesicht eine undurchdringliche Maske, nach außen hin ein loyaler Diener der Companions. Innerlich zitterte er, Nervosität machte sich in ihm breit. Wie sollte er da nur wieder heraus kommen?
„Wo haben Sie ihn gefunden?” Die Stimme des Taelons verriet absolut nichts, weder Zweifel noch Zorn, war völlig emotionslos.
„Commander Boone fand Da'an vor einigen Stunden in den nördlichen Rocky Mountains auf und brachte ihn so schnell es ihm möglich war zu Ihnen.” Sandoval war offenbar gerade noch rechtzeitig aus seiner Trance erwacht. Fast hätte Boone erleichtert aufgeatmet, es schien als würde Quo'on den Worten des Agents Glauben schenken.
Einmal mehr war er sicher, dass sie damals die richtige Entscheidung getroffen hatten, als der Widerstand beschloss Sandoval und seiner Frau DeeDee zu helfen. Das CVI des anderen Beschützers war zusammengebrochen, er hatte seine Frau aus einer Nervenheilanstalt befreit und war mit ihr geflohen. Sandoval hatte Kontakt mit dem Widerstand aufgenommen und war sehr zu seiner Überraschung mit Boone konfrontiert worden. Dr. Belmann hatte ihn reimplantiert, allerdings ohne Motivationsimperativ. DeeDee war mit einer neuen Identität versehen worden und verschwunden. Sandoval kehrte auf seinen Posten als T'thans Beschützer zurück. Er war dem Widerstand nicht beigetreten, hatte Boone jedoch schon öfter geholfen, wenn dieser aufgrund seiner ‚Nebentätigkeit’ Probleme bekam. So wie jetzt.
„Beauftragen Sie sämtliche verfügbaren Freiwilligen damit das entsprechende Gebiet zu durchsuchen. Ich möchte wissen, wie er dort hingekommen ist.”
Damit entließ Quo'on die beiden. Er schien nicht glücklich mit dem Verlauf der Ereignisse zu sein.

Da'an ging langsam durch die Gänge des Mutterschiffes. Dies war eines der wenigen Dinge, die er vermisst hatte. Das Schiff, das Leben, welches es durchfloss, diese ständige stumme Anwesenheit. Nicht bewertend oder beurteilend, nur anwesend und träumend. Er hatte ganze Nächte damit verbracht den lebendigen Strukturen zu lauschen. Sie hatten seine Seele beruhigt, das Heimweh gemildert.
Von einem Moment zum anderen spürte er, dass jemand neben ihm war. Er wandte den Kopf und fand sich Auge in Auge mit T'than. Aus dem Augenwinkel sah er Zo'or, der ihn wieder mit diesem hungrigen Blick ansah. Erneut regte sich Kummer in Da'an, sein Kind lebte, doch für ihn war er verloren. Sie hatten keine gemeinsame Basis, lebten in völlig verschiedenen Welten.
„Was wollt ihr?” seine Stimme klang sanft und freundlich, doch T'than ließ sich nicht täuschen. Da'an war auf eine unerfreuliche Konfrontation gefasst.
„Frieden Da'an, wir sind nicht hier um zu kämpfen,” beruhigte er ihn schnell. Sein ehemaliger Lebensgefährte nickte leicht, blieb jedoch weiterhin vorsichtig. T'than spürte einen leichten Stich in seinem Inneren. Der andere misstraute ihm. Die alte Verbindung zwischen ihnen bestand noch immer, vorsichtig versuchte T'than Da'an zu erreichen, um ihn von seinen friedlichen Absichten zu überzeugen. Erfolgreich. Sein Gegenüber entspannte sich sichtlich.
„Nun gut, weshalb seit ihr dann hier?”
„Wir wollen uns mit dir unterhalten. Es ist viel Zeit vergangen.” Zu seinem Ärger fühlte T'than leichte Verlegenheit. Dabei war er doch entschieden zu alt für solche Spielchen.
„In der Tat. Es ist sicher viel geschehen?” Da'an hatte es gemerkt.
Wie peinlich.
Das wissende Lächeln sprach Bände.

„Ihr solltet euch einen anderen Ort suchen um zu reden, der Gang ist nicht geeignet für ein privates Gespräch.” Zo'or schaltete sich ein, er wollte seine Eltern zwar eigentlich nicht aus den Augen lassen, doch verstand er, dass die beiden jetzt Zeit für sich benötigten. Er würde das Gespräch mit Da'an auf später verschieben müssen. Mit Bedauern sah er den beiden nach, als sie in einem der Korridore verschwanden. Dann wandte er sich wieder seinen Pflichten zu.

T'than führte Da'an zu seinem privaten Quartier. Er wollte auf jeden Fall ungestört bleiben. Der Kriegsminister genoss die Gegenwart des jungen Wissenschaftlers. Schon immer hatte er sich in Da'ans Gegenwart entspannter und sicherer gefühlt als bei jedem anderen. Ein Zustand den er lange Zeit vermisst hatte und jetzt nicht einfach so wieder aufgeben würde. Am Ziel angekommen bedeutete er seinem Begleiter einzutreten und schloss dann die Tür hinter ihnen. Der Raum war dämmrig, das einzige Licht stammte von der Sonne, welche gerade hinter der Erde verschwand.
„Du hast mir gefehlt, Da'an.” Murmelte T'than leise. Langsam trat er näher, Da'an hatte sich zu ihm gewandt, lächelte leicht. „Ich habe dich ebenfalls vermisst. Bitte erzähle mir, was seit meiner Abreise geschehen ist. Ich möchte alles wissen.” Eine fast kindliche Begeisterung lag in diesen Worten und T'than beugte sich dieser Aufforderung gern. Er ließ sich auf der Kante einer nahen Couch *Taelon-Version* nieder und forderte Da'an mit einer Geste auf es ihm gleichzutun. „Wo soll ich anfangen?”
„Am Anfang, vielleicht. Wie bist du, nach meiner Abreise, mit Zo'or zurechtgekommen?”
Verständlich, dass Da'ans erstes Interesse seinem Kind galt. T'than ließ die Ereignisse der letzten Jahre Revue passieren, ließ Da'an mit Worten und Gesten daran teilhaben. Schon lange hatte er sich nicht mehr so friedlich gefühlt, das war noch eines von Da'ans Talenten, er konnte zuhören, endlos und geduldig, gab er dem Erzähler stets das Gefühl im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu stehen. T'than verlor sich in seinem Bericht. Schließlich jedoch kam er zum Ende und beschloss nun seinerseits Da'an auszufragen, wobei er allerdings Reizthemen wie Ma'els Aufzeichnungen und Artefakte, seine lächerliche Loyalität zu einer minderwertigen Spezies, die Dummheit auf eine hervorragende diplomatische Karriere zu verzichten usw. vermeiden wollte. Zu seiner Überraschung stellte er aber fest, dass sein ehemaliger Gefährte eingeschlafen war. Er lag neben ihm, zusammengerollt, den Kopf auf die gefalteten Arme gelegt. Einen Augenblick lang wusste T'than nicht ob er beleidigt sein sollte oder verzaubert. Er entschied sich für letzteres, liebevoll betrachtete er die vertrauten fremden Züge. Langsam hob er eine Hand, näherte sich langsam dem Gesicht des Schlafenden, fuhr sanft mit einem Finger über seine Wange.
Dann ging ihm auf, was er hier tat und er fuhr zurück als habe er sich verbrannt. Ein solches Verhalten war eines Taelon-Kriegsministers nicht würdig. Er verstand nicht was hier vorging. Fast eintausend Jahre hatte er Da'an nicht gesehen, warum nur übte er noch immer diese Anziehung auf ihn aus? T'than beschloss später darüber nachzudenken, vorerst würde er Da'an schlafen lassen und sich irgendwo anders hin verfügen.

Nachdem Boone es geschafft hatte von der Brücke zu fliehen, war er ins Hauptquartier des Widerstandes zurückgekehrt. Nun wartete er ungeduldig auf irgendein Zeichen von Da'an, etwas das ihm versicherte, dass es dem Taelon gut ging. Seit Stunden marschierte er nun schon ruhelos auf und ab, mehrere Aufforderungen Augurs damit aufzuhören ignorierte er einfach. Das Computergenie war schließlich vollkommen entnervt verschwunden. Vermutlich um sich seinen Kunstwerken zu widmen. Einen kurzen Moment lang überlegte der Mann, ob er es wohl schaffen würde den Steinfußboden durchzulaufen, wenn er so weitermachte. Seine Geduld war am Ende. Er entschied erneut zum Mutterschiff zu fliegen und Da'an zu suchen, notfalls würde er jeden Einzelnen, einschließlich Quo'on, nach dem Aufenthaltsort Da'ans befragen. Hoffentlich war alles in Ordnung.

Da'an erwachte. Mit Verlegenheit stellte er fest, dass er sich noch immer in T'thans Quartier befand. Offenbar erlebte er jetzt die Nacheffekte seiner langen Stasis und der durchwachten Nacht. Das war eigentlich zu erwarten gewesen. Er hätte sich noch ein Weilchen schonen müssen, war statt dessen in einen Wirbel von Ereignissen geschleudert worden. Sein Körper hatte sein Recht verlangt. Hoffentlich hatte er T'than nicht zu sehr verärgert, er erinnerte sich noch gut an das Temperament seines ehemaligen Lebensgefährten, sie beide waren oft aneinandergeraten. Vermutlich hatten sie in der kurzen Zeit ihre Zusammenlebens öfter gestritten als andere in Jahrhunderten. Ihre Beziehung war nur als stürmisch zu bezeichnen gewesen. Andererseits, hatte die Synode vermutlich eine gute Entscheidung getroffen, als man sie beide zu Gefährten bestimmte. Sie waren einander ebenbürtig gewesen. Wäre seine Loyalität zu Ma'el und der Erde nicht gewesen ...
Es hatte keinen Sinn darüber nachzudenken, es war vorbei. Heftig stieß Da'an sich empor in eine sitzende Haltung, stand schließlich ganz auf. Er musste das Mutterschiff verlassen, solange es noch möglich war. Quo'on würde sicher bald Maßnahmen ergreifen um ihn hier festzuhalten. Dem wollte er sich lieber entziehen.
Lautlos ging er zur Tür und öffnete sie, sah sich vorsichtig um. Niemand in Sicht. Ob das Interdimensionsportal noch an der selben Stelle war? Er musste darauf vertrauen, ein Shuttle zu stehlen war entschieden zu riskant, auch würde er damit zu sehr auffallen. Von Schatten zu Schatten gleitend, fast völlig unsichtbar für einen zufälligen Beobachter machte er sich auf den Weg. Er hatte auf der Erde in der Tat eine Menge gelernt, auch zu fliehen. Nicht alle Menschen hatten ihn freundlich willkommen geheißen.
Am Portal angekommen, gab er die Zielkoordinaten des Portals in Ma'els Schiff ein und programmierte es anschließend darauf, nach seinem Transfer alle Daten des letzten Tages zu löschen. Das würde verhindern, dass man ihm folgte und die Techniker vermutlich zur Verzweiflung treiben. Selten war er durch die Interdimension gereist und so hatte die Sache eine nicht unbeträchtliche Faszination für ihn. Mit Bedauern registrierte er seine Ankunft und sah sich mehreren Wachen gegenüber, die ihre Waffen auf ihn gerichtet hielten.

Einige Erklärungen später ließ man ihn gehen und er machte sich in Innere des Schiffes auf. Es gab eine Menge zu tun. Ma'el und er hatten noch einen weiteren Plan erstellt. Dieser Plan sah eine Benutzung des Forschungsschiffes vor. Dazu musste er es aktivieren. Mit mehreren anmutigen Bewegungen der Arme öffnete er verschiedene Datenströme. Verschiedene Statusanzeigen unterrichteten ihn darüber, dass das Schiff intakt und flugbereit und seine Fracht unversehrt war. Der letzte Punkt war Da'ans größte Sorge gewesen. Es hatte Jahrhunderte gedauert diese sehr spezielle Ladung zusammenzustellen. Sein Elter und er hatten gemeinsam hart daran gearbeitet sie zu komplettieren, auch wenn er bezweifelte, dass dies gelungen war, die Aufgabe war fast schon zu groß gewesen.
Er wies das Schiff an, seine Systeme wieder in Betrieb zu nehmen und die entstandenen Schäden zu reparieren. Allerdings musste er darauf achten, dass der Energieausstoß nicht zu groß wurde und so würde es einige Tage dauern bis alles bereit war. Er wollte nicht noch im letzten Moment aufgehalten werden.

Auf halbem Wege zum nächsten Portal wurde Boone von einem Soldaten kontaktiert. Einer der Leute die Ma'els Schiff bewachten wie er sich erinnerte.
„Was gibt es?” erkundigte er sich im ruhigsten, ihm zur Zeit möglichen, Tonfall.
„Da'an ist gerade hier aufgetaucht. Ich dachte, ich sollte Sie vielleicht darüber informieren.” Die Nachricht ließ ihn vor Erleichterung tief aufatmen.
„Ich bin sofort da.” Dann viel ihm noch etwas ein. „Kontaktieren Sie bitte auch Liam und sagen Sie ihm dasselbe wie mir.” Er unterbrach die Verbindung und beeilte sich. Was konnte Da'an bei dem Schiff wollen?

Als Liam die Nachricht erhielt, fiel er fast vom Stuhl. Er hatte gerade etwas gegessen und sich um seinen neuen Freund gesorgt, dann kam der Anruf. Irgendwie schaffte er es sogar noch schneller als Boone in der unterirdischen Anlage anzukommen. Der Soldat, der ihn kontaktiert hatte, wies ihm den Weg. Er fand Da'an auf der Brücke des Schiffes.
°Da'an, was machst du hier? Geht es dir gut?° Der Taelon blickte ihn an, bedachte ihn mit seinem sanften Lächeln. Ehrliche Freude ihn zu sehen lag auf den schmalen Zügen.
°Es geht mir gut Liam. Ich habe nur die Schiffssysteme aktiviert. Ich fürchte, ich werde es bald brauchen.° Langsam trat er näher heran, blickte Liam noch immer lächelnd an.
°Was hast du vor?° Liam war verunsichert, wenn Doors herausfand, was er hier tat oder die Taelons ihn gefangen nahmen ... Hinzu kam noch, dass ihm viel an diesem speziellen Taelon lag. Er wollte herausfinden, was zwischen ihnen sein konnte, aber dazu musste Da'an da bleiben und es sah nicht so aus, als hätte er das vor.
°Sei unbesorgt.° Der junge Mann fühlte überrascht Da'ans Hand an seiner Wange. Eine sehr persönliche Geste, bei den Taelons noch mehr als bei den Menschen. °Ich betrachte dies nur als letzte Option, falls mir keine andere Möglichkeit mehr bleibt.° Dann wandte er sich wieder den Anzeigen zu, was er sah, schien ihn zufrieden zu stellen. °Das Schiff wird den Rest jetzt selbst erledigen. Sollen wir gehen?° Mit diesen Worten wandte er sich dem Ausgang zu und blieb abrupt stehen. Boone stand dort, wie lange er schon dagestanden hatte, ließ sich nicht sagen, allerdings schien er mehr mitbekommen zu haben als beiden recht war. Ein leichtes Grinsen spielte um seine Mundwinkel.

Boone war so schnell es ging durch den unterirdischen Gang geeilt, wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass sein Schützling in Ordnung war. Schon bevor er den Raum betrat hörte er die Stimmen, Liam war also schon eingetroffen. Der Beschützer verlangsamte seinen Schritt, wollte auf keinen Fall einfach so hereinplatzen, als er in Sichtweite geriet, sah er ein sehr interessantes Bild. Da'an stand vor Liam und hatte eine seiner schlanken Hände an die Wange des Kimera-Mischlings gelegt. Er sagte etwas, jedoch in einem so leisen Ton, dass Boone nichts verstehen konnte. Nichtsdestotrotz entbehrte die Szene nicht einer gewissen Unterschwelligkeit. Was aus den beiden wohl noch werden würde? Ohne dass er es merkte, zogen sich seine Mundwinkel nach oben. In diesem Moment wandte Da'an sich in seine Richtung, scheinbar um zu gehen, und bemerkte ihn.
Ein leichter blauer Schimmer lief über sein Gesicht, Liams Wangen wurden merklich röter, beide wirkten entschieden verlegen.

 

 

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