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  „Im Dämmern des neuen Tages” von Alraune   (Emailadresse siehe Autorenseite), 2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Sequel zu „Gleichklang”. Das Mutterschiff wird unerwartet in eine andere Dimension gezogen, in der Märchen wahr zu sein scheinen.
Zeitpunkt:  Jenseits der fünften Staffel. AU, Semi-Crossover mit „Die Nebel von Avalon”
Charaktere:  Zo'or, Liam Kincaid, Renée Palmer, Lord Arloin, Gilcon, Aislinn/Da'an, Tassin/Ta'sin, Morgane
 

 

IM DÄMMERN DES NEUEN TAGES

 

Teil 2
 

Die beiden Wachmänner hatten recht wortgewaltig darauf bestanden, die kleine Reisegruppe weiter zu treiben, obwohl eigentlich keiner von ihnen den Wunsch verspürte sich an diesem Tag noch fortzubewegen. Als sie schließlich das Lager aufschlugen, atmete Aislinn schon recht flach und schwitzte sichtbar. Ihr Gefährte nahm sie einfach auf und ließ sich mit ihr neben der, im Entstehen begriffenen, Feuerstelle nieder. Mit steifen Bewegungen befreite sie sich aus ihrem Mantel und lehnte sich dann schwer gegen Tassins Brust. Behutsam glitten dessen schlanke Hände unter die langärmlige, enganliegende Bluse welche sie trug.
„Das ist ja wohl kaum der richtige Zeitpunkt.” Renée Palmers Stimme klang schneidend durch die anbrechende Dunkelheit.
„Seien Sie nicht immer so übereilig mit Ihrem Urteil, Ms. Palmer. Ich habe mir bei meinem Sturz vom Pferd einige Rippen angebrochen und kann mich nicht selbst heilen. Also muss Tassin das tun.” Die Elbin klang müde, doch war der Tadel unüberhörbar, ebenso ihr Ärger.
Erschöpfung trug schließlich jedoch den Sieg davon und sie ließ ihre Augenlider herunterfallen, lehnte den Kopf gegen die Schulter ihres Gefährten.
Eine lange ungemütliche Stille schloss sich an.
Schließlich wurde sie von Zo'or gebrochen.
„Sie sind taelonischer Abstammung.” Er klang beinahe anklagend.
Aislinn hob weder den Kopf noch öffnete sie die Augen. Ihre Antwort war simpel. „Nein.”
„Was soll das heißen nein? Wir alle haben deutlich gesehen ...”
„Ich meine,” jetzt blickte sie den aufgebrachten Taelon scharf an. „nein im Sinne von: Ich war einmal ein Taelon. Das ist ein Unterschied.”
Zo'or war nicht als einziger sprachlos.

„Lassen Sie mich erklären, auch wenn der Beginn meiner Geschichte scheinbar nichts hiermit zu tun hat.” Aislinn sprach noch ehe einer der Schockierten fähig war Worte zu finden um seiner Verblüffung Ausdruck zu verleihen.
„Wir wissen fast nichts über das Volk welches diesen Planeten ursprünglich besiedelte. Nicht einmal welchen Namen sie für sich selbst hatten. Einige ihrer Städte existieren noch immer, obwohl sie größtenteils schon zerfallen sind. Die meisten von uns halten sich dort auf, diese Orte hüten so viele Geheimnisse und nun auch unsere.” Aislinn lächelte selbstironisch.
„Wir wissen, dass die ehemaligen Bewohner mit der Interdimension sehr vertraut waren. Sie schufen das Torsystem, welches uns selbst auf die Monde bringt. Aber eines Tages, ob es nun Absicht war oder ein Versehen, wurde das gesamte System von einer Interdimensionsblase eingeschlossen. Diese Blase erhält sich seitdem selbsttätig aufrecht und wird es wohl auch bis die Sonne verlischt.”
Wehmut strich über ihre Züge.
„Diese Blase trieb für Jahrzehntausende im Universum umher. Unsichtbar bis man hineingeriet, und dann gab es gewöhnlich kein Entkommen mehr. Vor uns kamen noch andere Völker hierher, doch die meisten waren schon wieder ausgelöscht als die ersten von uns landeten. Die Ersten fanden noch Reste der Ursprungsbevölkerung vor, einige wenige Dutzend, die alle wenige Jahre später verschwunden waren. Sie haben nicht sehr viele Informationen hinterlassen obwohl wir große Teile ihrer Sprache noch heute verwenden. Die ersten Völker wie wir uns heute nennen umfassten Taelons, Jaridians und Kimera.”
„KIMERA?!? Hier gibt es Kimera?!?” Liam hatte völlig die Fassung verloren. Ein leises Lachen durchdrang die Stille. Tassins Stimme war tief und angenehm, der selbe melodische Akzent wie Aislinns begleitete seine Worte.
„Es gab hier Kimera. Sie waren schließlich eines der ersten Völker die so weit durch den Weltraum gereist sind.”
„Gab? Ich denke Sie sind ...” Zo'or war aus dem Konzept gebracht. Endlich hatte alles begonnen Sinn zu machen und er hatte sich der Lösung nahe gewähnt und nun war alles wieder zunichte.
Tassin schob seine Kapuze herunter, strahlend grüne Augen bohrten sich förmlich in die des jungen Taelons. „Ich WAR ein Kimera, so wie Aislinn ein Taelon WAR. Es sollte offensichtlich sein, dass wir keine mehr sind.”
„Bevor es wieder zu Unterbrechungen kommt würde ich gern weitererzählen. Die Antworten sind alle in meinem Bericht enthalten.” Die ehemalige Taelon klang etwas ungehalten, die blauen Augen glühten kurz auf im leichten Schein des brennenden Holzes.
„Als die ersten Kimera hier landeten, bahnte sich der Konflikt zwischen Taelons und Kimera bereits an und wurde später auch hierher getragen. Aber die ersten aus allen Völkern waren friedlich, sie waren Wissenschaftler die von politischen Händeln und Ränkespielen nicht viel hielten. Der Friede wurde gebrochen als ein paar Überlende des Massakers landeten. Diese Welt verbrachte die darauf folgenden Jahrtausende unter der Herrschaft des Krieges. Überraschenderweise verweigerten die Jaridians sich dem und zogen sich auf einen der Monde zurück, selbst heute ist es noch eine Seltenheit einen zu sehen.
Der Krieg verlor sehr an Kraft als das Sonnensystem sich aus irgendwelchen Gründen der Erde anschloss und dauerhafte Verbindungen zwischen den Dimensionen schuf. Die ersten Menschen kamen hierher und beendeten den Konflikt.”
„Und wie?” Renée Palmer konnte nicht leugnen, dass sie gefesselt war von dieser Erzählung. Das war besser als jeder Krimi.
„Sie konnten einfach keinen Unterschied zwischen Kimera und Taelons erkennen. Für sie waren beide Völker nur leuchtende Energieschemen, sie konnten einfach nicht verstehen warum wir uns stritten. Sie begannen auch den Dingen Namen zu geben.
Als die Menschen zum ersten Mal herkamen, landeten sie auf einer Insel vor der Küste und nannten sie Avalon, ein Name der später auf den Kontinent und den Planeten ausgedehnt wurde. Uns nannten sie, trotz aller Versuche sie eines besseren zu überzeugen, Elben. Wir gaben irgendwann auf sie umstimmen zu wollen.
Menschliche Fabeln haben jedoch die Angewohnheit sich sehr schnell zu verändern. Was hier noch ein besonders weit und hoch springendes Pferd war, war in ihrer Welt bereits ein Pegasus. Ein mythisches Geschöpf. Und was hier ein Taelon oder Kimera war, war dort ein Elb oder Elf, ein Geschöpf der Anmut und Reinheit, von Weisheit erfüllt. Menschen die diese Sagen gehört und geglaubt hatten kamen hierher und ließen sich auch von der Wahrheit nicht überzeugen.
Unsere Völker waren zu diesem Zeitpunkt den Krieg herzlich leid und sahen im Glauben der Menschen die perfekte Lösung für das ganze Problem.”
°Vielleicht haben unsere Anführer aber auch ein paar Energiestöße zuviel abbekommen. Wer kann das schon sagen°, brummte Ta'sin.
Aislinn versuchte vergeblich das Lachen zu unterdrücken und hielt schließlich die Hand vor den Mund um das Geräusch wenigstens etwas zu dämpfen.
°Es hat gewirkt, oder?° brachte sie schließlich hervor.
„Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Sie entwickelten eine relativ Technik die es ihnen gestattete aus Energie Materie zu formen. Da alle Materie aus Energie besteht forderte dies eigentlich nur eine Umstrukturierung des Energieaufbaus. Diese Veränderung war jedoch nicht hundertprozentig, wir sind noch immer zu einem Teil Energiewesen. Aber es genügt unseren Bedürfnissen. Die Kinder unseres Volkes die nach dieser Veränderung geboren wurden sind nicht selten beider Abstammung, ohne aber davon zu wissen. Wir haben beschlossen, dass diese Zeit besser nicht mehr erzählt und vergessen wird.”
„Sie haben uns davon erzählt.” Liam klang sehr ruhig.
„Sie wussten schon sehr vieles davon, ich musste nur noch die Lücken etwas auffüllen.”
„Also wenn ich das recht verstanden habe, sitzen die Jaridians auf einem Mond und die Taelons und Kimera haben ein gemeinschaftliches Lager aufgeschlagen und beschlossen die Vergangenheit und alle früheren Unterschiede zu vergessen.”
„Ja, Ms. Palmer. Das ist korrekt.”
„Uh. Ich habe Kopfschmerzen.” Die Doors-Mitarbeiterin beschloss sich schlafen zu legen, das war ihr alles einfach zu viel. Sie verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken und taumelte in Richtung ihrer Decken.
Zo'or hingegen hatte noch ein paar Fragen.
„Sie sagten diese Welt habe sich an der Erde festgesetzt. Wie lange ist das schon her?”
Aislinn bekam einen leicht abwesenden Gesichtsausdruck. „... Etwa viertausend Jahre. Plusminus ein bis zwei Jahrhunderte.”
„Und es gibt Wege die von hier zur Erde zurück führen?”
„Früher gab es die, aber die meisten sind inzwischen geschlossen. Die Torhüterin ist die Einzige die weiß wo sich noch offene befinden. Ich vermute Avalon wird sich bald von der Erde lösen.”
„Aber wir können zurück?”
„Ja. Und wenn sie höflich genug fragen wird man ihnen in Kathredin behilflich sein auch ihr Schiff zurück zu bringen.”

„Wie lange sind Sie schon hier, Aislinn?” Zo'or hatte gehofft sie mit dem plötzlichen Themenwechsel zu verwirren und auf diese Weise einen Hinweis zu ihrer Person zu bekommen.
„Seit gut fünfzig Jahren. Allerdings läuft die Zeit hier oft anders.” Der Versuch schien fehlgeschlagen. Oder hatten die letzten Worte doch etwas zu bedeuten?

 
* * *
 

Der folgende Tag verging rasend schnell. Sie erreichten die Torstation ohne weitere Probleme. Liam war beinahe überrascht als sie am frühen Nachmittag die Dächer einer Stadt auftauchen sahen. Laute der Zivilisation drangen zu ihnen herüber. Doch wo man in seiner Welt das Motorengeräusch von Autos hörte, erklangen hier die Schreie von Pferden und Kühen. Kinderlachen, die Rufe von Händlern, beiläufige Gespräche, um den Preis feilschende Hausfrauen, ein beginnender Streit. Offenbar herrschte gerade Markttag. Aislinn hatte nicht gelogen als sie von mittelalterlichen Verhältnissen sprach. Nirgendwo ein Zeichen moderner Technik. Er konnte sich kaum vorstellen, dass die Leute tatsächlich so leben wollten, aber sie wirkten zufrieden. Die Stadt war sauber und die Menschen gesund, niemand schien zu hungern. Er sah nirgends einen jener Bettler die auf der Erde in früherer Zeit das Straßenbild geprägt hatten. Es war eine friedliche Welt. Viele Menschen auf der Erde hätten eine Menge dafür gegeben so leben zu können.
Ihm fiel die Reaktion der Menschen auf die Elben auf. Sie begegneten den Beiden mit unumwundener Freude, aber auch großem Respekt.
„Wir sollten absteigen”, ließ Tassin sich vernehmen.
Der weitere Weg durch die Stadt gestaltete sich ebenso faszinierend wie der erste Eindruck. Die Häuser besaßen alle angefügte Gärten, überall standen Obstbäume und -hecken, die offensichtlich liebevoll gepflegt wurden. Die breiten Straßen ließen sehr viel Licht und Luft in die Stadt. Es herrschte größtenteils ein geregelter Straßenverkehr in dem große Rücksicht auf die überall umherspringenden Kinder genommen wurde.
Der Streit den er bei seiner Ankunft gehört hatte war bereits geschlichtet worden. Vielleicht war diese Welt sogar zivilisierter als seine eigene. Die Menschen wirkten jedenfalls glücklicher.
Ihr eigentliches Ziel wurde deutlich als sie vor einem Tempel hielten. Die beiden Elben reichten anstandslos die Zügel ihrer Pferde an ihre Schutztruppe weiter und Liam nahm dies zum Anlass mit seinem das Gleiche zu tun. Ihre Wege würden sich hier wohl trennen.
Ein uralter Greis begrüßte sie am Eingang mit einem zahnlückigen Grinsen, eine Pfeife hing, gefährlich kurz vor dem Absturz, zwischen seinen Lippen und machte jede Bewegung mit.
Den geheimnisvollen Zeichen der Tabakpfeife folgend achtete der Hybrid zuerst gar nicht auf Aislinns Übersetzung, bis er das Wort Essen hörte. Seit dem Frühstück hatte keiner von ihnen mehr etwas zu sich genommen und sein Magen hing ihm inzwischen in den Kniekehlen.
Der Alte führte sie mit einem noch breiteren Grinsen zu den Speisen, ihm war der Enthusiasmus des Jüngeren nicht entgangen.
Die Mahlzeit war schlicht aber köstlich. Besonders im Vergleich zu ihrem Reiseproviant. Es gab nur ein bestimmtes Maß an Dörrfleisch und Trockenbrot das man ertragen konnte.

 
* * *
 

Zo'or beobachtete mit einem hauchzarten Lächeln die Begeisterung mit welcher sein Gefährte sich auf das Essen stürzte. Zwar war er selbst nicht fähig Dinge wie Geschmack zu würdigen, doch es machte ihm Freude Liam beim Essen zuzusehen.
Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete er jedoch die Elbin. Er hatte einen Verdacht was sie anging, das Gespräch vom vorherigen Abend vertiefte ihn noch. Sie war ihm vertraut erschienen seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Und eher noch hatte er Da'ans Gegenwart gespürt. Alles was er jetzt noch brauchte war ein Beweis, irgendetwas um ihm klar zu bestätigen, dass Aislinn und Da'an ein und die selbe Person waren. Er brauchte nicht zu fragen um zu wissen warum sie gelogen hatte. Sie wollte ihre Vergangenheit abschütteln. Wenn er die Möglichkeit dazu hätte, wäre er wohl in Versuchung das Selbe zu tun. Alles was er wollte war eine Chance. Er wusste nicht auf was. Vielleicht sich zu entschuldigen, vielleicht Lebewohl zu sagen, oder die Fragen zu stellen die ihn schon so lange quälten. Vielleicht eine Chance Da'an wirklich kennen zulernen und ihn zu verstehen, oder um sein Verständnis zu bitten. Eine Chance die Dinge zwischen ihnen beiden richtig zu stellen.

 
* * *
 

Da'an betrachtete aufmerksam das Tor. Sie hatte sich schon mehrmals dieser Reisemöglichkeit bedient, doch verfehlte das erstaunliche Konstrukt nie seine Wirkung auf sie. Die Erbauer der Tore hatten zweifellos einen großen Sinn für Schönheit besessen. Das Tor war wie alle ihre Schöpfungen atemberaubend. Wie bedauerlich das Wesen solchen Geistes nicht länger existierten, ihre Werke zu Staub zerfielen. Eines Tages würde selbst die Erinnerung an sie aufhören zu existieren. Ihrem eigenen Volk drohte das gleiche Schicksal, allen Völkern drohte es. Alles was anfing, musste auch einmal enden.
Sie schüttelte die trübsinnigen Gedanken ab, dafür war jetzt keine Zeit. Sie würde Kathredin sehen. Zwar war sie schon oft durch Orte wie Feréngar gekommen, doch ihr Weg hatte sie nie zur Hauptstadt dieser Welt geführt. Die Zeit hatte nicht ausgereicht. Es gab einfach mehr auf dieser Welt zu sehen und zu tun, als man in ein paar wenigen Jahrzehnten sehen und tun konnte.
Noch immer fühlte sie Ehrfurcht wenn sie eines der Tore betrat, so auch jetzt. Mit der staunenden Faszination eines Kindes sah sie wie die Energie sich aufbaute und begann sie einzuhüllen. Scheinbar Sekundenbruchteile später stand sie auf Kathredins kühlem Marmorboden und blickte in Morganes uralte Augen.
Sie hatte sich nicht verändert.
Dabei waren fast 30 Jahre seit ihrem letzten Treffen vergangen und sie war ein Mensch.

 
* * *
 

Morgane blickte in die zeitlosen Augen der Elbin. Es war lange her, dass sie einander das letzte Mal gesehen hatten. Noch immer konnte sie nur staunen über den Liebreiz welchen sie nach ihrer Wandlung an den Tag gelegt hatte. Schon als Taelon war sie von einer herben Schönheit gewesen, doch als Elbin hatte sich diese vertausendfacht um die ganze Pracht ihrer Seele zu enthüllen. Wer hätte gedacht, dass ein Geschöpf, so beschmutzt durch den Krieg, in seinem Inneren noch eine solche Reinheit aufwies? Sie hatte solche Seelen nur selten in ihrem fast tausendjährigen Leben gesehen, und schätzte sich jedes Mal glücklich wenn sie einer begegnete.
Da'an hatte damals für die Dauer seiner Wandlung in Kyrestelli geweilt. Die Kristallene, wie die Bewohner jener Stadt ihr Heim nannten. Tausende von Juwelen, Kristallen und Halbedelsteinen waren in die Wände jedes Hauses eingelassen und ließen die gesamte Stadt erstrahlen sobald die Sonne hinter den Wolken hervortrat.
Der Taelon war häufig auf den Kristallklippen spazieren gegangen. Er hatte versucht mit sich ins Reine zu kommen und eine Entscheidung zu fällen. Da'an war unsicher gewesen, hatte die anstehende Verwandlung wohl auch gefürchtet. Doch eines Tages hatte sich das ganz plötzlich geändert. Als er von den Klippen zurückkehrte hatte er sich entschieden.
Ob Aislinn nun diese Entscheidung bedauerte?
Es schien nicht so.
Aber wann waren die Dinge jemals so wie sie schienen?

 
* * *
 

Die ruhige Würde der Priesterin beeindruckte Renée Palmer. Nie zuvor war sie einem Menschen mit einer solch starken Ausstrahlung begegnet. Sie strahlte tiefen Seelenfrieden und innere Wärme aus. Man fühlte sich unwillkürlich zu ihr hingezogen. Weisheit lag in den uralten schwarzen Augen, die mehr gesehen und verstanden hatten als je ein Mensch zuvor.
Aislinn hatte sie einander vorgestellt und Morgane in schnellen Worten und Gesten die Situation ihrer neuen Gäste erläutert, ehe sie und Tassin irgendwohin verschwunden waren.
Die blonde Frau blickte ihnen kopfschüttelnd hinterher. Die beiden waren offenbar nur allzu glücklich miteinander allein sein zu können.
Ein nachsichtiges Lächeln lag auf dem Gesicht der Priesterin. Trotz der schneeweißen Haare wirkte sie noch immer wie eine junge Frau. Nur einige wenige Fältchen lagen um ihre Augen und den Mund.
Dann begann sie zu sprechen.
„Ich weiß jetzt warum Ihr hier seit und ich denke wir werden fähig sein euch zu helfen. Aber ich fürchte Ihr werdet nicht dorthin zurückkehren wo Ihr hergekommen seit.”
„Was meinen Sie damit?” Ein angestrengter Unterton lag in der Stimme des jungen Taelons, als hielte er sich nur mühsam vom Schreien ab.
„Die Zeit verläuft hier oft anders als in Eurer Welt.”
„Aislinn hat dasselbe gesagt”, warf Liam ein. „Aber ich habe nicht ganz verstanden was sie damit meinte.”
„Sie meinte, mein junger Freund, dass die Zeit hier in anderem Tempo als auf der anderen Seite verstreicht. So mag hier ein Tag vergehen und in der alten Welt einhundert Jahre. Ebenso kann hier ein Jahrzehnt verstreichen und dort nur eine Sekunde. Die Zeit hat hier ihren eigenen Willen.”
„Aislinn sagte diese Welt sei seit viertausend Jahren an die Erde gebunden.”
„Das stimmt auch, obwohl auf der Erde etwas mehr Zeit verstrichen ist, gut sechstausend Jahre, wenn ich richtig gelesen habe. Die ersten menschlichen Ankömmlinge hielten leider nicht viel von detailgetreuen Aufzeichnungen, sie pflegten sehr vieles mit ihren Vorstellungen und Aberglauben auszufüllen. Aber wie ich schon sagte, die Zeit pflegt hier sehr sonderbare Possen zu spielen.”
„Sagen wir also... Die letzten fünfzig Jahre sind bei uns wie viel Zeit?”
„Etwa vier Jahre.”
„Shabra!!!” Morgane zuckte verblüfft zusammen. Mit dieser Reaktion auf ihre Auskunft hatte sie scheinbar nicht gerechnet. Ebenso wenig damit, dass der Taelon sich umdrehte und aus dem Raum stürmte. Liam und Renée auch nicht, so dachten sie auch nicht daran ihm zu folgen.

 
* * *
 

Zo'or strich ziellos durch den gigantischen Palast in den es ihn verschlagen hatte. Wenn man dieses Gebäude als Palast bezeichnen konnte. Die Wände schienen aus einer Art Metalllegierung zu bestehen. Doch überraschenderweise war nicht viel von Technik zu sehen, sie war völlig in eine harmonische Umgebungsgestaltung integriert worden. Auch hier herrschte keine Hast, die wenigen Personen die er sah schienen nicht in Eile.
Beobachtungen dieser Art machte er jedoch eher am Rande, in der Hauptsache suchte er nach Aislinn, Da'an, wie auch immer sie sich jetzt nannte.
Es war Zufall der ihn schließlich in das was offenbar der Wohnbereich des Palastes war führte.

Leise Stimmen erklangen aus einem der Räume. Tassin und Aislinn. Zo'or konnte nur undeutlich verstehen wovon sie sprachen.
„ ...dest du ... zurü... ehen wenn er dich darum bäte?” Überrascht horchte Zo'or auf und trat lautlos näher.
„Hättest du mich noch vor ein paar Tagen gefragt, Esche, wäre meine Antwort eine unbestimmte gewesen.”
Zo'or war sich bewusst ein privates Gespräch zu belauschen, er wusste er sollte sich entfernen und vergessen was er gehört hatte, doch er konnte es nicht. Es war als hielte ihn irgendetwas an Ort und Stelle, etwas zwang ihn förmlich zuzuhören.
Aislinn fuhr fort. „Aber jetzt, lautet meine Antwort nein. Ich würde nicht zurückkehren. Ich werde dort nicht gebraucht. Zo'or ist erwachsen geworden. Es ist nicht notwendig, dass ich weiter in seiner Nähe bin und jeden seiner Schritte überwache. Er ist völlig fähig die Taelons ohne meine Hilfe zu führen und wenn er jemanden benötigt hat er Liam, diese beiden sind gemeinsam fähig mit allen Schwierigkeiten fertig zu werden. Meine Zeiten als Mutter dieses Kindes sind vorüber. Es ist Zeit mich um mein eigenes Leben zu kümmern, ich habe es lange genug vernachlässigt.”
Tassins Antwort war verloren im wilden Gefühlssturm der durch Zo'or fegte, er hörte noch immer Da'ans Worte in seinem Kopf, nichts anderes. Morganes Worte waren bereits Beweis gewesen, doch war diese kurze Unterhaltung sehr viel aussagekräftiger gewesen. Aislinn war Da'an und Da'an würde nicht zurückkommen. Sie wollte es nicht. Es war als habe er seinen Elter zum zweiten Mal verloren.
Die Nennung seines Namens lenkte seine Aufmerksamkeit erneut auf die Geschehnisse im Raum.
„...schulde Zo'or eine Erklärung? Nein, das denke ich nicht. Würdest du an seiner Stelle erfahren wollen, dass er für mich das Produkt einer Vergewaltigung ist? Dass mir sein bloßer Anblick lange Zeit so weh getan hat, dass ich mich geweigert habe ihn zu sehen? Dass ich ihn nicht haben wollte? Ich könnte Zo'or das nicht antun, das hat er nicht verdient. Er ist unschuldig an den Ereignissen seiner Zeugung, ebenso wie es seine Geschwister sind. Was kann einer von ihnen dafür, dass die Synode mir einen Partner aufzwang weil sie unbedingt Kinder haben wollten? Sie haben sich über meine Wünsche hinweggesetzt, ignoriert dass ich mich nicht mehr binden wollte. Aber das ist nichts, dass ich Zo'or wissen lassen will. Ich kann also nur hoffen, dass er nie dahinter kommt wer ich bin und in seine Welt zurückkehrt. Es ist besser so.”
Zo'or wich mit entsetzt aufgerissenen Augen zurück. Das war nicht wahr, das konnte einfach nicht wahr sein. Die Synode hätte ein solches Vorgehen niemals auch nur in Erwägung gezogen, es widersprach all ihren Regeln.
„Vergib mir, dass ich gefragt habe, Esche. Ich hätte es besser wissen sollen.” Leise Schritte.
Der junge Taelon wirbelte herum und floh vor der Wahrheit die so sehr schmerzte. Es gab keinen Weg, dass die Dinge zwischen ihm und Da'an jemals anders sein würden, das war ihm jetzt klar. Er wünschte er hätte nicht gelauscht, wünschte er hätte diese beiden niemals gefunden, wünschte er hätte es unterlassen nach Da'an zu suchen, wünschte er hätte weiterhin glauben können sein Elter sei tot.

Aislinn hörte wie jemand sich hastig entfernte. Diese Person gab sich keine Mühe ihren Rückzug zu verbergen. Wer konnte das sein? Hatte diese Person ihr Gespräch belauscht? Es gab eigentlich niemanden in diesem Palast der die Sprache der Menschen beherrschte, außer ... Ihr kam ein schrecklicher Verdacht. Ohne zu zögern nahm die Elbin die Verfolgung auf.
Ihr gutes Gehör machte es leicht dem Lauscher zu folgen. Irgendwo vor ihr hatte er schließlich aufgehört zu laufen.
Als Aislinn den Ort erreichte von dem aus sie zuletzt Schritte hörte fand sie ihre Befürchtung bestätigt.
„Zo'or ...” Sein Blick sagte ihr, dass er alles gehört hatte. Er wirkte völlig verstört und verzweifelt; und zutiefst verletzt. Behutsam kniete sie vor ihm nieder. Seine Körperhaltung schrie förmlich ‚Fass mich nicht an!’ doch sie ignorierte es und zog ihn in ihre Arme. Völlig steif lehnte er gegen sie. „Ich sollte dir erklären was du gehört hast Zo'or, auch wenn es besser gewesen wäre du hättest gar nichts gehört.” Ihr Kind schnaubte verächtlich. Offenbar ging es ihm nicht ganz so schlecht wie sie befürchtet hatte.
„Hör mir bitte einfach zu.” Ihn noch fester an sich ziehend richtete sie sich im Schneidersitz auf dem Boden ein.
„Meine zweiter Elternteil, Ra'un, war Diplomat bei den Kimera. Ich hatte ihn dorthin begleitet, da Ma'el nicht die Zeit hatte sich um mich zu kümmern. Es war eine ungewöhnliche Kindheit, da auch Ra'un wenig Zeit hatte wuchs ich zusammen mit anderen Kindern meines Alters auf, allerdings waren die einzigen Kinder dort Kimera und so wurde auch ich größtenteils als Kimera erzogen. Als der Synode dies endlich auffiel war der Schaden bereits angerichtet. Sie bemerkten es erst als ich bereits erwachsen war, um genau zu sein, als ich mich an einen Kimera band. Ta'sin.”
Zo'or zuckte bei der Nennung dieses Namens spürbar zusammen. Diese Wendung hatte er wohl nicht erwartet.
„Sie konnten nicht mehr viel dagegen ausrichten, behielten mich jedoch unter sorgfältiger Beobachtung. Der Angriff kam als völlige Überraschung, nichts hatte indiziert, dass sie etwas derartiges vorhatten. Ta'sin und ich erwarteten zu dieser Zeit unser erstes Kind.” Sie spürte deutlich wie Zo'ors ganzer Körper sich anspannte, er wollte etwas sagen, doch sie legte ihm die Hand sachte auf den Mund, fuhr fort. „In der Nacht des Angriffes wurden wir getrennt. Ta'sin begab sich zu den Fluchtschiffen, ich wollte jedoch noch nach Ra'un suchen. Es war mein größter Fehler. Ich wurde gefangengenommen und zusammen mit den anderen Taelons auf das Mutterschiff gebracht. Ich erinnere mich sehr genau an den Moment in dem ich den Kontakt zu meinem Gefährten verlor, es war kurz nachdem er mir versprach, dass wir uns wiedersehen würden, wie lange es auch dauern sollte. Ich glaubte ihm.” Aislinn holte tief Luft, der nächste Teil war noch immer sehr schmerzlich und verlangte ihr eine Menge ab, wollte sie darüber sprechen. „Unser Kind wurde einige Monate später geboren und sofort getötet.” Zo'ors Entsetzen traf sie wie eine Flutwelle. Doch sie war noch nicht fertig mit ihrem Bericht, sie musste ihn jetzt beenden, sonst würde sie es niemals können. „Da die Synode nun aber den Beweis hatte, dass ich fähig war Nachkommen zu haben, wurde ich gezwungen einen von ihnen gewählten Partner zu akzeptieren. Er war nicht sehr freundlich zu mir und ich war dankbar als er schließlich bei einem Angriff getötet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war meine Macht groß genug, dass niemand mich zwingen konnte erneut eine solche Farce durchzumachen. Ich wollte die Kinder unserer Verbindung nie sehen, nicht weil ich sie nicht geliebt hätte, sondern weil sie zu viele Erinnerungen weckten. Es hat lange gedauert bis ich diesen Zorn überwunden habe, zu lange um zu dir eine echte Beziehung aufzubauen. Zu lange um dich vor dem Griff der Synode zu schützen. Es tut mir leid, dass ich so selbstsüchtig war, aber ich konnte damals nicht anders handeln.”
Aislinn blickte auf ihr Kind hinunter, er war völlig still, tief in Gedanken versunken. Dann langsam, ganz langsam begann er ihre Umarmung zu erwidern.

 
* * *
 

Fast lautlos trugen ihn seine Füße durch die Gänge.
In einem verborgenen Winkel fand er schließlich was er suchte.
Zwei eng aneinadergeschmiegte Gestalten vom Schatten fast vollständig verborgen. Als er sich näherte hob eine von beiden den Kopf, lebhaft blaue Augen blickten ihn an. Tränen liefen bleiche Wangen hinab, doch gleichzeitig lag ein wirkliches Lächeln auf den feinen Zügen.
Und er wusste, wusste zum ersten Mal, dass alles sich zum Guten wenden würde.

 
* * *
 


Der junge Kimera-Hybride war fast wahnsinnig vor Sorge. Zo'or war schon seit Stunden verschwunden und anscheinend hatte niemand ihn gesehen. Liam hätte sich ohrfeigen mögen. Wie hatte er seinen Liebhaber nur einfach davonrennen lassen können? Hätte Morgane ihn nicht daran gehindert würde er in diesem Moment wohl den Palast auseinandernehmen um den Taelon zu finden.
So wie die Dinge aber lagen, blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten.
Hinter ihm war Renée in ein Gespräch mit der Druidin vertieft, doch er hörte nicht ein Wort davon. Missmutig tigerte der junge Mann auf und ab, sein Blick ruhte auf dem Ausgang.

 
* * *
 

Zo'or lag in den Armen seiner Mutter. Er fühlte sich völlig sicher dort, glücklich und geborgen. Doch gleichzeitig wusste er, dass dies nur allzu bald enden würde.
Es gab keine Zukunft in diesem Frieden. Aislinns Platz war in dieser Welt, bei ihrem Gefährten und dem Leben welches sie schon lange vor seiner Geburt für sich gewählt hatte. Sein Platz war auf dem Mutterschiff, als Führer der Synode; und in den Armen Liams. Sein Gefährte machte sich gewiss schon Sorgen um ihn, aber noch wollte Zo'or sich nicht bewegen, noch wollte er den Traum nicht enden lassen.
Er war sich bewusst, dass Ta'sin ein paar Schritte von ihnen entfernt stand, doch der Kimera machte keinerlei Anstalten sie zu stören.

 
* * *
 

Mehrere Tage waren vergangen seit seinem Gespräch mit Da ... Aislinn. Er würde sich erst noch daran gewöhnen müssen, dass seine Mutter nun einen neuen Namen trug und ein gänzlich anderes Leben führte. Ein Leben in dem er nicht der Mittelpunkt war. Sie hieß ihn willkommen, doch es gab jemanden der ihr wichtiger war, immer wichtiger sein würde.
Es würde noch eine Weile dauern ehe er dies völlig akzeptieren konnte, aber er versuchte es. Was blieb ihm anderes übrig? Aislinn würde eher ihn aus ihrem Leben verbannen, als ihren Gemahl aufzugeben.
Morgane hatte zugestimmt sein Anliegen dem führenden Rat der Stadt vorzutragen. Die Mitglieder hatten einstimmig und überraschend schnell zugestimmt ihm und den seinen bei der Rückkehr in ihr Universum behilflich zu sein. Am Vortag erst war das Mutterschiff hergebracht worden und wurde nun einigen Veränderungen unterzogen. Es hatte Zo'or überrascht festzustellen, was die Menschen mit Hilfe der Kimera-Technik zuwege brachten, denn sie waren es die größtenteils diese Stadt bewohnten. Von den anderen Völkern hielten sich nur wenige hier auf, es schien als fühlten sie sich unwohl inmitten all der Technik, als hätten sie verlernt damit zu leben. Tassin zeigte ähnliches Unbehagen und auch Aislinn schien sich weg zu wünschen. Keiner wollte ihm eine Erklärung dafür geben.

Leichte Schritte trugen ihn auf den Balkon seines Raumes hinaus. Er blickte auf das Mutterschiff, dessen gewaltige Form auf dem Platz vor dem Palast ruhte. Es wirkte sonderbar richtig, während es dort lag, als gehörte es dort hin. Nicht verwunderlich in Anbetracht der Tatsache, dass es seine Existenz der selben Technik verdankte wie die Stadt, welche zum Teil noch von Taelons und Kimera errichtet worden war.
Seine Zeit hier näherte sich ihrem Ende. Der Moment seiner Heimkehr stand bereits fest und doch gab es noch etwas zu erledigen.

 
* * *
 

Aufmerksam beobachtete Liam seinen Geliebten. Er ahnte was vorgefallen, ahnte wer Aislinn wirklich war. Es war aber nicht an ihm etwas zu sagen. Dies war Zo'ors Kampf, er würde ihn allein ausfechten müssen. Alles was der junge Hybrid tun konnte war für ihn da zu sein und ihn zu unterstützen. Und zu hoffen, dass sein Lebensgefährte die richtige Entscheidung traf, wie auch immer die aussehen mochte.

 
* * *
 

Der Tag des Abschiedes war gekommen.
Aislinn schritt auf den großen Platz zu. Von weitem schon waren die so vertrauten Umrisse des Mutterschiffes zu erkennen. So lange war es ihr ein Heim gewesen. Ihre Kinder schlummerten noch immer tief in seinem Inneren in einer verborgenen Kammer, von der nur wenige Menschen wussten. Ob sie jemals erwachen würden war fraglich. Doch sonderbarerweise fühlte sie Hoffnung für diese jungen Leben. Sie war nicht länger zornig auf ihren Erzeuger oder die Art und Weise auf die sie in dieses Leben gebracht worden waren.
An diesem Tag würde sie sich wohl endgültig von diesem Teil ihrer Vergangenheit verabschieden. Ihre Träume würden enden. Es blieb nur noch eines zu tun übrig, damit alles gesagt und getan war.

Ihr ältestes Kind war überraschend einfach zu finden. Noch überraschender war, dass er völlig allein war.
„Zo'or.”
Der junge Taelon wandte sich um, ein spontanes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Aislinn. Ich hatte befürchtet du würdest nicht kommen.”
„Warum?” Aislinn war aufrichtig verwirrt. Wie konnte ihr Kind annehmen sie würde sich nicht von ihm verabschieden wollen?
„Du hast deutlich gemacht, dass zwischen uns kein Band mehr existiert.”
Das war es also.
„Zo'or, ich kann nicht länger deine Mutter sein, das weißt du.” Der verlorene Ausdruck in den Augen ihres Gegenübers tat ihr beinahe körperlich weh. „Aber,” Aislinn holte tief Luft ehe sie zögernd fortfuhr „wenn du willst, kann ich deine Freundin sein.” Die Elbin zwang sich Zo'or in die Augen zu sehen, während sie seine Antwort abwartete.
Es war nicht erkennbar was in ihm vorging, das Gesicht des Synodenführers war eine gleichgültige Maske. Dann, glitt ein Lächeln über sein Gesicht, wie ein Sonnenstrahl der durch Gewitterwolken brach. „Das würde mir gefallen.” Die Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, doch Aislinn hört sie trotzdem. Langsam hob sie eine Hand und legte sie behutsam an Zo'ors Wange.

 
* * *
 

Mit einem Lächeln blickte Zo'or zu den Sternen hinaus. Früher hatte er sie als feindselig betrachtet. Ein paar ferne kalte Lichter in der schwarzen Umarmung des Alls. Jetzt sah er etwas anderes. Vielleicht zum ersten Mal nahm er das Universum in seiner ganzen majestätischen Pracht war. Zum ersten Mal ah er die Erde wie Da'an sie gesehen haben musste. Eine zarte zerbrechliche Sphäre die mitten im All schwebte. So zerbrechlich und doch von Leben erfüllt. Eine unendlich geringe Wahrscheinlichkeit hatte dies Wirklichkeit werden lassen.
Es war ein Wunder.
Dieser Gedanke brachte ihn beinahe zum Lachen. Seine Weltsicht hatte sich beinahe über Nacht komplett verändert. Er hoffte. Es gab eine Möglichkeit für sie zu überleben. Ma'el hatte ihnen einen Weg gezeigt, Avalon einen anderen. Es blieb ihnen überlassen welchen sie beschritten. Vielleicht auch beide.
Was noch wichtiger war. Da'an war mit ihm. Er fühlte die Liebe seines Elters in seiner Seele. Eine warme Flamme die unauslöschlich dort brannte. Es war sein Abschiedsgeschenk an ihn gewesen.
Was immer auch geschah, er würde niemals wieder daran zweifeln können.

Und vielleicht würde er Liam ja als Elbin ganz gut gefallen?

 

ENDE

 

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