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  „Aveenas Lied” von AlienVibe   (Emailadresse siehe Autorenseite)
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Thema:  Die Geschichte der Zhawi / Aufbruch nach Jaridia / Kontakte unterwegs
Zeitpunkt:  weit vor Beginn der ersten Staffel
Charaktere:  Der auf dem Weg, der Erinnerer der Zhawi, die Gesangshütenden des Wasser-, Erd- und Windvolkes, der Heiler und der Sprecher der Jaridians (die Besatzungen des Jaridian- und des Zhawi-Schiffes, Angehörige der vier Völker, vier unbekannte Wesen)
 

 

AVEENAS LIED

Kapitel 14

 

Teil 2

In dem flachen, winzigen schwarz-grünen Stein schwang die Trägerwelle eines jaridianischen Schiffsantriebs.
Wozu waren die Zhawi fähig, im Vollbesitz ihrer Kräfte?
Der Hüter der Gesänge derer in den Tiefen hatte die Zwischenlider weit geöffnet. Der auf dem Weg hielt den Blick des Sprechers fest, bittend und unnachgiebig zugleich, und der Sprecher schaute zurück, innerlich glühend und mit der gleichen Unnachgiebigkeit - und dann verschwand das Steinbildnis, die Dunkelheit des Weltraums zurücklassend. Eine silberfarbene, pulsierende Linie tauchte auf, vier Ph'taalblattförmige Zeichen deuteten auf verschiedene Abschnitte davon - die Zeitlinie der Taelons und der Jaridians, wobei das vierte Zeichen auf die erscheinende Welt der Menschen wies. Dann war, weit davor, ein Abbild unseres Systems in der Schwärze entstanden, und eine dünne, vierfarbige Linie schlängelte sich hindurch und auf das dritte Zeichen auf der silbernen zu, um sich ab dann mit dieser zu verweben.
Jetzt tauchte weit hinten unterhalb der silbernen Linie das Heimatsystem der Zhawi auf, eine breite goldfarbene Spur wob sich hindurch, traf auf die Taelon-Jaridian-Zeitlinie und verband sich mit ihr, bis sich plötzlich, dicht oberhalb der Stelle, an der sich die vierfarbige erstmals damit verflochten hatte, ein dünner Strang davon abspaltete, hinein in die Schwärze ... und durch das soeben entstandene Abbild des Sonnensystems auf dem Steinbild hindurchlief, um sich der silbernen Zeitlinie wieder anzunähern ... und es sah aus, als ob sie sie oberhalb der Welt der Menschen wieder berühren würde.
Der Sprecher wandte sich dem Erinnerer zu. „Wir finden diese Welt für Euch.” Und wir spürten, das war das Versprechen eines Kriegers an einen Krieger, bindend durch die Ehre dessen, der es gab ... Auf dem Flug nach Jaridia, wo unser Weg für das Ganze beginnen würde, würde für die Zhawi ein Zuhause gefunden, ein Ort, an dem sie bleiben konnten, um das zu bewahren, was sie wirklich waren ... und die Bewegungen der pulsierenden Zeitlinien im Raum hießen eine Befreiung der Ihren nicht unmöglich ...
Das Gedankenbild, das die gesamte Unterkunft ausgefüllt hatte, verblaßte langsam.
Was wir gesucht hatten, war gefunden.

Nach und nach tauchten alle aus dem tiefen Kontakt auf. Irgendwann öffneten wir den Kreis, und Anspannung und Konzentration wichen der Erleichterung und Erschöpfung. Weder die Zhawi noch wir wußten, wieviel Zeit vergangen war, seit wir uns zusammengefunden hatten; die Beleuchtung unserer Bleibe war auf Dunkelphase geschaltet. Die seltsame Wirkung der Zwischenholzbeeren war abgeklungen, und ich hatte Schwierigkeiten, mich in meinem Körper zurecht zu finden - alles fühlte sich sonderbar an, ich hockte schief da, meine Haut juckte wieder, und wo waren meine Schwungfedern geblieben? Einige Eindrücke der Reise, die wir hinter uns hatten, fand ich irgendwie beängstigend, wie den des schuppigen Geschöpfes, das sich in den Fußklauen eines Zhawi wand ...
Müdigkeit spülte schließlich alle Bilder fort.
In der nächsten Hellphase baten die Zhawi die Jaridians um eine Unterkunft für sich allein. Unsere Unterstützung benötigten sie nicht mehr, um so mehr aber die Konzentration aufeinander und auf das, was sie über sich und die Ihren noch herauszufinden hatten ... Der Erinnerer machte, zu seinem Erstaunen, mühelos Gebrauch von seinen Fähigkeiten, von seiner Funktion als Zugang zum genetischen Gedächtnis seines Stammes, und ihrer aller Verwandlung schritt fort; inzwischen waren alle flaumbedeckt ... Da der Platz für getrennte Quartiere erst noch geschaffen werden mußte und es für uns auf dem Kreuzer jetzt keine Arbeit mehr zu tun gab, schlugen wir vor, den Zhawi zunächst unsere Unterkunft zu überlassen, während wir auf unsere Welt zurück kehren würden, bis uns die Jaridians wieder brauchten. Diese waren damit einverstanden, und gegen Ende dieser Hellphase flogen uns zwei der Ihren wieder hinunter auf unseren Planeten.
Der, der das Shuttle flog, steuerte den Strand an; der Platz in der Nähe der Feuerstätten hatte den kahlen Fels vor der ehemaligen Taelon-Behausung als Start- und Landeplatz offenbar endgültig abgelöst. Aber diese Landung verlief anders als alle vorhergehenden.
Keine Gruppe Erwartungsvoller hockte in der Nähe versammelt. Statt dessen war der Strand überfüllt - es wurde gerade genügend Platz geschaffen, das Shuttle aufsetzen zu lassen. Als es sich öffnete, war es sofort umringt, und aus Wasser-, Wind- und Erdvolk drängten Unsrige herein, mit strahlenden Gesichtern und einer Woge von überwältigendem Duft - dem Duft von Zwischenholzblüten ... Mein Körper reagierte so intensiv, daß mir schwindelig wurde und meine Beine nachgaben. Fallen konnte ich nicht, weil ich bereits von unzähligen Händen und Flossen gehalten wurde ...
Die Feiern des Neubeginns.
Wir hatten die richtige Wahl getroffen ...
Auch die Jaridians wurden von den Unseren umlagert und, wie ich über den Kontakt wahrnahm, zum Bleiben eingeladen. Einer der beiden fragte über sein Kommunikationsgerät auf dem Kreuzer nach, wie sie sich jetzt verhalten sollten - und bekam zu seiner Begeisterung nicht nur die Erlaubnis, sondern die Anweisung, zu bleiben - eine solche Gelegenheit, über uns zu lernen, würde sich nicht so bald wieder ergeben ...
Draußen war der Duft der Zwischenholzblüten betäubend, und binnen kurzem hatte ich alle Bilder, Eindrücke, Ängste und Sorgen der letzten Zeit, die ich während des Fluges mit den anderen geteilt hatte, vergessen. Ich tauchte ein in Berührung, in wilde Freude, in die Fülle und Vielfalt der Unseren, zu denen jetzt auch das Vierte Volk gehörte, auch wenn ich vielleicht keinem der Ihren begegnen würde ...
In der folgenden, rauschhaften Zeit hatte ich so viele und so intensive Begegnungen wie nie zuvor während der Feiern; der Jaridian, der das Shuttle geflogen hatte, war darunter und sogar zwei derer aus den Tiefen, die sonst nur sehr selten Angehörigen der anderen Völker begegnen ...
Aber als drei Hell- und Dunkelphasen später die Blüten zu fallen begannen und die ersten weiblichen Angehörigen meines Stammes mit leuchtenden Augen auf dem Mitte-Lager hockten, wartete ich vergebens darauf, daß mein Körper sich zu verändern begann.
In meinem Innersten wurden keine neuen Stimmen wach.
Keine neue Schwingung durchzog das Ganze, das ich war.
In der nächsten Hellphase stieg ich den Baum hinunter, vorsichtig durch das Zwischenholz mit seinen winzigen Beerenansätzen hindurch, und suchte die Gesangshüterin derer im Dunklen auf. Sie legte ihre warmen Hände auf meinen Leib, ich die Flügelhände auf den ihren ...
Keine neuen Stimmen.
Keine neue Schwingung.
Keine von uns beiden würde einweben - weder in diesem noch im nächsten Umlaufzyklus.
Wir schauten einander an.
Unsere Körper hatten es gewußt. Zelltief. Und die derer, denen wir begegnet waren, auch.
Unser Weg für das Ganze hatte begonnen.
Unsere Abreise nach Jaridia stand unmittelbar bevor.

Die Unseren und wir sangen einander von Aufregung und Traurigkeit, von bleiben wollen und gehen müssen, von gehen wollen und bleiben müssen, von Abschied und Wiederkehr ... Jemand aus meinem Stamm hatte mir ein großes Büschel Fell ausgezupft, es in ein Ph'taalblatt gewickelt und mit trockenem Gras verschnürt für das Mitte-Lager unseres Baumes, für die Verbundenheit, so, wie ich den kleinen Beutel am Körper trug.
Als die Sonne unterzugehen begann, landete ein Shuttle am Strand, und wir stiegen hinein, dieses Mal jeder mit einem Bündel bepackt. Und während die versammelten Unseren noch einmal den Gesang von Abschied und Wiederkehr anstimmten, hob das Shuttle ab, und unsere Reise hatte begonnen.

Auf dem Kreuzer waren alle Vorkehrungen für den langen Flug bereits beendet, als wir eintrafen.
Wir wurden angewiesen, uns in unsere Unterkunft zu begeben, dort alles Bewegliche zu verstauen und uns auf das Verlassen des Orbits und die erste Beschleunigungsphase vorzubereiten, wie wir es gelernt hatten.
Wir fanden unser Quartier deutlich verändert vor, viel kleiner, da wir einen Teil Platz an die Zhawi hatten abgeben müssen, und mit einigem mehr an Sicherheitsvorrichtungen. Den eingeprägten Regeln folgend, begab sich der Gesangshüter der Wasser sofort in seinen Teil der Unterkunft, schloß den Eingang hinter sich und sicherten ihn, während wir übrigen unser Gepäck in die dafür vorgesehenen Halterungen schoben, das Mitte-Lager auflösten, das Laub in Säcke stopften, die wiederum an einer der Wände befestigt wurden und schließlich in die Behältnisse stiegen, in denen wir die Beschleunigungsphasen verbringen würden. Die erste dieser Phasen würde sehr lange dauern. Die Jaridians hatten angeboten, uns für die Dauer dieses Teils der Reise in Schlaf zu versetzen, aber das hatte keiner von uns gewollt ... wir konnten das für uns selbst tun, sollte es nötig werden.
Ich schloß den Deckel des Behältnisses über mir, legte mich auf die Unterlage und drückte den Knopf für die zusätzliche Sauerstoffzufuhr, bevor ich die Sicherheitsgurte über mir zurecht zog und einrasten ließ. Das hier war wesentlich bequemer als es die Simulation gewesen war ... Durch das Schiff ging ein heftiger Ruck, als sich plötzlich die Trägerwelle des Antriebs zu verändern begann - der komplexe Klang wurde zunehmend voller und dunkler, als offenbar zuvor ruhende Elemente zugeschaltet wurden. Zusätzlich zu Braun, Grün und Orange öffnete sich ein sehr tieffrequentes Schwarzbraun - in das Schiffsinnere und ins All zugleich. Die ersten drei Farben hatte ich bereits mitgesungen, jetzt stimmte ich mit vertikalen Stimmbändern und Resonanzsehnen in den neuen Klang ein ...
Das hier war pure Kraft .
Das Mitsingen erleichterte den ungeheuren Andruck, als der Kreuzer den Orbit um die, die die Unseren trug, verließ.
Wir waren unterwegs.
Zeit verging, mit Singen mit dem Antrieb, Schlafen, Konzentration auf den kleinen Beutel, den die Gurte in mein Brustfell drückten, und Gedanken darüber, was vor uns lag ... wie mochte es den Zhawi jetzt gehen? Es hatte keine Gelegenheit mehr gegeben, mit ihnen zu singen ... ob sie alle in ähnlichen Behältnissen ruhten wie wir? Hatten sie bereits Schwingen? Es war für mich kaum vorstellbar, daß die Jaridians auf dem Schiff einfach ihrer Arbeit nachgingen - wie konnte sich ein lebendes Wesen unter diesen Bedingungen überhaupt bewegen?
Irgendwann schaltete sich in meinem Behältnis das Licht ein, es gab einen hellen Summton und die Gurte lösten sich von selbst. Die Beschleunigungsphase war beendet, es würde jetzt eine längere Zeit konstanter Geschwindigkeit geben, während derer wir uns im Schiff frei bewegen durften.
Wenig später hockten wir alle auf dem rasch wieder aufgeschütteten Mitte-Lager und sangen einander von der Beschleunigung, die jeder auf seine Weise gut überstanden hatte. Der Heiler kam, um uns zu scannen, erleichtert, uns wohlbehalten vorzufinden. Die Jaridians hatten in unserer Unterkunft den Wechsel zwischen Hell- und Dunkelphasen beibehalten - vier Wechsel hatten wir unter Beschleunigung verbracht und die Anpassung unserer körperlichen Funktionen daran war ebenso leicht verlaufen wie die jetzige Umstellung auf normale Flugbedingungen. Wir fragten nach den Zhawi und erhielten die Erlaubnis, sie in ihrem Quartier zu besuchen, so oft es ihnen und uns angenehm sei, und wir nahmen dieses Angebot dankend an.

Der Erinnerer und ich standen lange zusammen, seine Greifklauen in meine Flügelhände gelegt. Aufrecht überragte er mich deutlich. Seine Schwingen waren fast ausgewachsen, und ihre Spannweite ließ erahnen, daß er, wenn er seine Verwandlung vollständig durchlaufen hätte, über die Körperstruktur eines Stammesersten verfügen würde. „Mir und den Meinen geht es gut ...”
Die Jaridian hatten eine Möglichkeit gefunden, das Schiff der Zhawi so an ihrem zu sichern, daß es mühelos jedem Manöver des Kreuzers folgen konnte. Die Zhawi hatten bereits im Orbit begonnen, es zu reparieren und ihren neuen Gegebenheiten anzupassen, was sich als nicht ganz einfach erwies. Sie würden dies in jeder Phase konstanter Fluggeschwindigkeit fortsetzen. Ein raumtaugliches Schiff, fähig, selbst auf Planeten zu landen und diese auch wieder zu verlassen, erhöhte die Überlebenschancen dieser Gruppe erheblich ... Dreißig Individuen, die ihren Weg klar vor sich sahen: überleben - auf einer Welt, auf der sie zu Gast sein würden, bis ihr Volk irgendwann befreit war, vielleicht sogar mit ihrer Hilfe ... Alle drei ihrer Geschlechter waren in ihrer Besatzung vertreten, wenn auch nicht ausgewogen ... sie hegten die Hoffnung, ihren Stamm anwachsen lassen zu können, vielleicht sogar ihr Volk zu erneuern ...

Hell- und Dunkelphasen vergingen, Konstanz-, Beschleunigungs- und Sprungphasen wechselten einander ab. Während der Sprungphasen - dem Durchqueren von Wurmlöchern - hielten wir uns längst nicht mehr in den Behältnissen auf. Die Jaridians hatten befürchtet, die merkwürdigen Veränderungen, die das Schiff während dessen durchlief, könnten uns Schaden zufügen oder zumindest ängstigen, so daß wir die ersten zwei dieser Durchgänge in den Gurten verbracht hatten, aber nichts dergleichen war geschehen ... wir sangen und tanzten mit dem ungewöhnlichen Farbenspiel, den fremdartigen weichen Klängen und den sich scheinbar auflösenden Wänden, die sie mit sich brachten, staunend darüber, welch unvorstellbare Entfernungen wir in dieser Zeit zurücklegten, und hatten uns an die winzigen Veränderungen, die die Sprungphasen an uns und um uns jedes Mal hinterließen, rasch gewöhnt. Der auf dem Weg bekam leuchtende Augen, wenn die Klänge der Zwischen-Zeit in den Durchgängen uns umflossen, und nur er war, zusammen mit dem Hüter der Gesänge der Tiefen, in der Lage, außerhalb der Sprünge ihr Lied zu singen ... in seinem leichten, aber sperrigen Bündel hatte er nicht nur den ausgehöhlten Ph'taal-Ast für den Gesang der Konzentration und andere Gesänge derer im Dunklen mitgebracht, sondern auch ein Gebilde aus dem gleichen festen, glänzenden Material, aus dem das Feuervolk-Zeichen in meinem Beutel hergestellt war - aus Metall. Es war eine Art flache, runde, bis auf eine Öffnung in der Mitte geschlossene Schale. In die Öffnung war etwas wie ein hohler Ast gesteckt, gleichfalls aus Metall, und verschieden lange, dünne, gerade metallene Gebilde, wie seltsame kleine Zweige, waren außen am Rand der Schale nebeneinander angebracht, rund herum. Dazu gehörte ein langer toter Zwischenholz-Zweig, sanft gebogen, die Enden zusammengehalten von straff gespannten, dicht aneinander gelegten, mit Ph'taalharz bestrichenen Grashalmen. Die Schale war zur Hälfte mit Meerwasser aus dem Behältnis des Gesangshüters derer in den Tiefen gefüllt.
Der auf dem Weg hockte manchmal da, die Schale an dem hineingesteckten Metallast in der linken, den Ph'taalzweig mit den Grashalmen in der rechten Hand, und ließ die geharzten Halme über die dünnen Zweiglein streichen, während er die Schale sanft hin und her bewegte ... und je nach dem, wie er das tat, erklang entweder ein Lied derer aus den Tiefen - oder aber der Gesang der Zwischen-Zeit, und wir anderen waren immer wieder fasziniert davon, wie ähnlich diese Gesänge einander waren ... die in den Wassern waren zwischen den Zeiten zuhause wie wir in den Wolken ...
Die Feuervolk-Leute verfügten, wie die, deren Vorfahren sie waren, nur über ein einziges Stimmbandpaar. Die komplexe Eigenfrequenz ihres Volkes, braun und grau, strahlend weiß und golden, orange und rot, entstand, wenn sie sie gemeinsam woben, indem jeder von ihnen einen einzelnen Klang davon produzierte. Um die Lieder der anderen Völker, die zu ihrem neuen Zuhause gehörten, singen zu können, hatten sie sich die zusätzlichen Stimmbänder, über die unsere Körper verfügten, die ihren jedoch nicht, einfach geschaffen - in Form von Werkzeugen, von Instrumenten ... etwas, das wir nie gebraucht hatten. Etwas Neues ... das vierte Volk bringt Veränderung ...
Immer wieder sangen wir mit ihm zusammen ... und lernten ...
Von unserer Welt hatten wir uns seit langem so weit entfernt, daß nicht einmal mehr der Raumsektor, in dem sie sich befand, mehr auf den Bildschirmen auf der Brücke erschien. Das Gebiet, das wir zur Zeit durchflogen, gehörte bereits zum riesigen jaridianischen Territorium, das wir zu zwei Dritteln würden durchqueren müssen, um Jaridia zu erreichen. Zwei Sprünge würden uns zwischendurch der Front sehr nahe bringen - Wurmloch-Durchgänge, die die zurückzulegende Strecke erheblich verkürzten.
Wo ein Taelon-Schiff am Ausgangspunkt einer Reise von sich aus diese Art von Raum und Zeit - Zwischen-Raum und Zwischen-Zeit, sprang und, diese Inter-Dimension mit einem Satz durchquerend, sie am Zielort wieder verließ, waren die Jaridians auf ihre Treibstoff-Vorräte, die unvorstellbare Kraft ihrer linear funktionierenden Antriebe und die natürlicherweise im Raum vorkommenden Interdimensionsübergänge - die Wurmlöcher - angewiesen ...

Irgendwann wurde ich, bei Konstantgeschwindigkeit während einer Dunkelphase, auf dem Mitte-Lager zwischen der Erd-Gesangshüterin und dem aus den Feuern wach - von einer sanften Berührung. Von
einer Berührung mitten in meinem Kopf.
Überrascht setzte ich mich auf und schaute mich um, außer uns Vieren war niemand hier ... Ich vernahm ein feines, helles Geräusch und spürte jemandes Belustigung - Belustigung über meine offensichtliche Verwirrung ... Die fremde Berührung streifte durch mein Inneres, wanderte vorsichtig zwischen meinen Gedanken hindurch, diese beiseite schiebend und ab und zu hinein und dahinter schauend, als suche sie nach etwas Bestimmtem. Sie strich durch meine Energiekanäle, schien mit leichtem Erstaunen meine Organe zu betrachten, zupfte an den Resonanzsehnen und Stimmbändern und glitt schließlich über Flügel und Fell - um sich dann, mit einem Gefühl der Erleichterung, wieder in meinen Kopf zurückzuziehen. Und zu warten.
Die Prüfung, der sie mich unterzogen hatte, war offenbar zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen.
Ich war viel zu verblüfft, um mich zu fürchten, außerdem hatte die seltsame Präsenz überhaupt nichts Bedrohliches an sich. Sehr vorsichtig konzentrierte ich mich auf die Stelle in meinem Kopf, wo ich sie wahrnahm, und berührte sie meinerseits ganz sanft in Gedanken mit einer Flügelhand.
Inzwischen waren auch die anderen erwacht - und erlebten offenbar das gleiche wie ich ... Der Gesangshüter derer in den Tiefen hatte seinen Bereich unserer Unterkunft verlassen und kam zu uns auf das Mitte-Lager, und wir gingen in Kontakt.
In der Berührung nahm ich nicht nur die beiden Gesangshütenden und den Feuervolk-Angehörigen wahr, sondern darüber hinaus drei weitere fremde Präsenzen, die sich in ihnen zu befinden schienen, so wie bei mir ... „Wer seid Ihr?” fragte ich über die Berührung. Als Antwort kamen wieder die feinen, hellen Töne, die ich zuvor schon gehört hatte, verbunden mit blitzenden Fünkchen und dem Gefühl der Belustigung, diesmal vierfach. „Ihr seid uns angenehm”, klang eine Stimme in meinen Gedanken, wie aneinander klirrende Stückchen gefrorenen Wassers, wenn dieses in den Höhen zu Beginn der Warmphase zu schmelzen beginnt. „Ihr seid wie die Starken, Ihr habt keine Absichten ... Warum sind Eure Lichter so klein, obwohl Ihr sie nicht verbergt, so wie die Starken es tun?”
Es gelang uns, die Präsenzen zu verstehen, indem wir den Gedankeneindrücken folgten, die mit ihrem Gesang verbunden waren. Mit den „Starken” waren die Jaridians gemeint, „Absichten” bedeuteten den Wunsch, diesen Wesenheiten, wer und wo immer sie sein mochten, Schaden zuzufügen, und ein „Licht” war für sie offenbar die Fähigkeit eines Geschöpfes, sich so zu verständigen, wie wir es gerade taten - durch das Teilen von Gedanken, Bildern und Gefühlen ... „Wir kennen Euch nicht”, - das war die Präsenz, die mit der Hüterin der Gesänge derer im Dunklen Kontakt aufgenommen hatte. „Warum seid Ihr mit den Starken? Seid Ihr krank, so wie die anderen, die sie mit heim nehmen und die wir nicht zu berühren wagen, weil ihre Lichter sonst verlöschen könnten, verletzt, wie sie sind? Wir wissen, wer ihnen das angetan hat ...” Die Präsenz verband das mit einem Bild der Zhawi, die in ihrer Unterkunft fest schliefen. Wir waren sofort in Sorge. Weil ihr Licht sonst verlöschen könnte? Hatten wir etwas übersehen? Alle vier Präsenzen strahlten sofort Beruhigung aus. „Nein ... es ist nichts, was Ihr tun könnt ... das können nicht einmal wir heilen, das kann nur die Zeit ...” Wieder wurde mein Geist sanft durchstreift, ebenso bei den anderen. „Ihr seid nicht krank ...” Ich öffnete den Präsenzen meine Gedanken, so, wie es die anderen auch taten. Und während die Fremden die Geschichte unserer vier Völker mit den Jaridians und den Taelon in sich aufnahmen, erfuhren wir, wer hier mit uns in Kontakt war.

 

Ende von Kapitel 14

 

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