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Es kostete Leandra große Mühe, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, als sie ihrem Helfer die Hand zum Abschied reichte und dessen festen Händedruck erwiderte, und sie glaubte auch, dass es ihr wohl nicht gänzlich gelungen war, das, was sie empfand, nicht zu zeigen, da sich ihr unverhoffter Helfer offenbar um sie zu sorgen schien. Das war etwas, das sie so noch nie kennen gelernt hatte und das sie nicht einzuordnen wusste. So reagierte sie auch kaum auf dessen an sie gerichtete Abschiedsworte und hinterließ dadurch wohl einen recht unnahbaren Eindruck. Ein Umstand, welcher ihr wiederum nicht so recht gefallen wollte. Jedenfalls nicht, wenn es ausgerechnet den Menschen anbetraf, der ihr geholfen und sie hierher gebracht hatte. Bisher hatte sie nur einen Menschen direkt berührt, und das war der gewesen, der sie nun auf diese Mission geschickt hatte. Sie hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sie derart von Maurices Emotionen überschwemmt werden würde, welche sie, kaum, dass sie ihn berührte, empfand, die durch sie hindurch fluteten und sie regelrecht mit sich zu reißen drohten. Irgendwie empfand sie Mitleid mit dem Davongegangenen, und aus diesem Grunde hatte sie auch vorhin versucht, ihn bei seiner Suche zu unterstützen. Der Beitrag, den sie dazu geleistet hatte, war wahrlich nichts Großes gewesen, aber es war das erste Mal, dass sie etwas nicht nur für sich selbst tat, oder für etwas, das, so wie sie selbst, sich in den Tiefen des Waldes am wohlsten fühlte, sondern allein aus einem Gefühl der Dankbarkeit heraus handelte, und das war etwas, das sie nun vollends verwirrte. Es fühlte sich einfach richtig an, was sie - wenn auch erfolglos - versucht hatte, doch wunderte es sie, dass sie derart empfand und so saß sie einfach nur still da, während die Bedienung wiederkam und das gewünschte Getränk auf dem Tisch vor ihr abstellte. Wieder wanderte Leandras Blick, wie von einer unsichtbaren Kraft angezogen, zu dem einzig anderen in diesem Etablissement für sie interessanten Menschen hin zurück. Dieser hatte etwas an sich, das sie bisher bei noch keinem Menschen gespürt hatte und das sie viel eher an - ja, in gewisser Weise an das erinnerte, was für sie selbst verboten worden war. Jedoch auf eine viel offenere und, wie sie meinte, ungeformtere Art und Weise. Noch ehe sie sich dessen selbst richtig bewusst war, hatte sie sich bereits erhoben, ließ das ihr gebrachte Getränk einfach stehen und ging direkt auf den in eine schwarze Lederjacke gekleideten und auf einem Barhocker sitzenden, dunkelhaarigen Mann zu, welcher sich in eben diesem Moment, als sie sich ihm näherte, zu ihr umdrehte und ihren fest auf ihn gerichteten Blick erst ein wenig überrascht wirkend, dann jedoch mit einem breiten Lächeln erwiderte. Sie hatte ihn auch schon vor Maurices Abschied mehrmals - zuerst aus den Augenwinkeln heraus und dann für kurze Momente auch direkter - betrachtet, doch gelang es ihr nicht - im Gegensatz zu fast jedem anderen in diesem Raum - ihn einer bestimmten Gruppe von Menschen zuzuordnen, so wie es ihr Andrej beigebracht hatte. Ein Umstand, der sie nicht nur aufmerksamer diesem Fremden gegenüber werden ließ, sondern auch ihre unstillbare Neugierde weckte. Der schwarzhaarigen Bedienung, welche wieder damit begonnen hatte, hinter dem Tresen und damit nun in ihrer unmittelbaren Nähe, weiter die benutzten Gläser abzuspülen, schenkte sie dabei nur soviel Aufmerksamkeit, dass sie sich dieser, so wie jedes anderen Gastes auch, weiterhin bewusst war und so nicht von einem von ihnen durch eine plötzliche Annäherung überrascht werden konnte. Anschließend richtete sie ihren Blick wieder auf den nun rechts neben ihr sitzenden Mann, um dessen nun ein wenig zögernder werdendes Lächeln ebenso zu erwidern, tat dann jedoch nichts weiter, da sie sich nicht sicher war, wie sie nun weiter vorgehen wollte, oder dies überhaupt sollte. Fast schon bedauerte Leandra es, sich dem jungen Mann genähert zu haben, als dieser seine offen in seinem Gesicht lesbare Unsicherheit offenbar als Erster überwand und sie ansprach: „Schmeckt Ihnen Ihr Drink nicht?”, wobei er dann ebenso schnell wieder schwieg und leicht errötend seine Augen hastig wieder auf einen Punkt jenseits von ihr richtete. Jenseits, aber nicht allzu weit fort, wie Leandra auffiel, als sie kurz und aus den Augenwinkeln heraus dessen Blickrichtung folgte und sah, dass er zu der schwarzhaarigen Bedienung schaute, welche ihn jedoch nicht weiter beachtete und sich einem neuen abzuspülenden Glas zuwandte. „Nein ... Es ist alles in Ordnung damit”, erwiderte sie schließlich mit nur anfangs leicht ins Stocken geratender Stimme, ihren Blick weiterhin fest auf den dunkelhaarigen Mann gerichtet haltend, was diesen offenbar nur noch weiter zu verunsichern schien. Natürlich wusste sie, das ein direkter und stets aufrecht gehaltener Augenkontakt nicht gerade zum Wohlbefinden einer Person zutrug - das war schließlich mit ein Teil ihrer Ausbildung bei Andrej gewesen - doch war dies, so fand sie jedenfalls und so hatte es auch Andrej immer und immer wieder betont, der schnellste und direkteste Weg, mehr über ein ihr interessant erscheinendes Ziel herauszufinden. Zu ihrer leichten Überraschung und zugleich zu ihrer Freude reagierte der junge Mann nicht weiterhin so, wie es wohl fast jeder andere in seiner Situation getan hätte und er zumindest im ersten Moment - nein er tat genau das, was sie selbst getan hätte und ging nun seinerseits dazu über, sie genauer in Augenschein zu nehmen. Leandra wusste nicht genau zu sagen, wie viel Zeit verging, während sie sich gegenseitig offen und unverwandt musterten und jede Einzelheit ihres jeweiligen Gegenübers in sich aufzunehmen schienen, als sich die Bedienung plötzlich einmischte und ihr gegenseitiges Starren unterbrach. „Möchten Sie vielleicht etwas anderes trinken?”, erkundigte sich Lili mit einem nur leicht missbilligenden Blick in Liams Richtung. Sie musste dem jungen Mann wohl noch einige Manieren beibringen, da es nicht höflich war, junge Frauen derart unverschämt zu mustern. Insbesondere nicht solche, die offenbar bereits vergeben zu sein schienen. Ohne zu blinzeln wandte Leandra den Kopf und erwiderte den tadelnden Blick der schwarzhaarigen Bedienung und antwortete ihr schließlich mit einem nur leicht um ihre Mundwinkel spielenden Lächeln: „Nein, danke - ich habe nur vergessen, mein Getränk mit hierher zu nehmen.” Das leichte Schaben von Holz über Parkett ließ sie sofort wieder zu ihrem eigentlichen Gesprächspartner blicken, welcher sich hastig von seinem hochbeinigem Hocker schwang und diesen dabei leicht verschob, was dieses Geräusch verursachte. Leandra schenkte dem jungen Mann, der ihr das zuvor vergessene Getränk holte, ein kleines Lächeln und nickte diesem dankbar zu, als er es ihr in die Hand drückte, wobei sie vermied, seine Finger direkt zu berühren, als sie das ihr gereichte Glas entgegennahm. Sie wollte nicht noch einmal in so kurzer Zeit mit jemandem in direkten körperlichen Kontakt kommen. Nicht, wenn das hieß, dass sie dies jedes Mal wieder aufs Neue mit derartig verwirrenden und überwältigenden Erfahrungen konfrontierte. Nachdem er der weißblonden Schönheit ihr Getränk gebracht hatte, grinste Liam leicht und, wie er wusste, dabei wohl nicht gerade sehr intelligent aussehend und machte sich dann schnell daran, sich wieder zurück auf seinen Barhocker zu begeben, so dass er der jungen Frau wieder gegenüber saß, wenn er sich ihr zudrehte und seinen rechten Arm lässig auf die glänzend polierte Theke legte. Fieberhaft überlegte er, was wohl Lili oder Augur in diesem Fall tun oder sagen würden. Lili würde sicherlich den Kontakt entweder ganz vermeiden oder, wenn es nicht anders ginge, sich eher unnahbar zeigen. Zwar freundlich, aber auch nicht gerade zu einem weiteren Gespräch einladend. Augur hingegen würde nicht lange zögern und mit einem frechen Spruch und einer, wie er es nannte, direkten Anmache sofort die Fronten klären. Ihm jedoch erschienen beide Taktiken nicht gerade sehr hilfreich. Schon gar nicht bei der vor ihm sitzenden Frau, da er nicht glaubte, dass sie auf derart plumpe Anreden überhaupt reagieren würde oder diese gar gut heißen würde. So kaute er nur hilflos und weiter überlegend auf seiner Unterlippe herum, dabei ein wenig nervös mit den Fingern auf der Theke vor sich hin trommelnd. Da er also beide Möglichkeiten, die er kannte, nicht verwenden konnte beziehungsweise dies in dieser Situation nicht wollte und nicht für - angemessen erachtete, entschied er sich schließlich einfach dafür, ihr die Wahrheit zu sagen. Jedenfalls soweit er dies im Moment unter den wachsamen Augen Lilis durfte. Der Gedanke daran, dass er ihr, wäre die Shuttlepilotin nicht da gewesen, mehr erzählt hätte, beunruhigte ihn nicht im Mindesten, obwohl er das hätte tun sollen. Nein, ganz im Gegenteil, er fühlte sich irgendwie ... Er fand nicht die richtigen Worte. Aber wenn er in diese wunderschönen, großen leuchtenden Augen blickte, hatte er einfach das unwiderstehliche Bedürfnis, sich ihr gegenüber zu offenbaren. „Leandra ...”, erwiderte sie, noch ehe ihr so richtig klar war, dass sie damit mehr über sich preisgegeben hatte, als sie es eigentlich in einer solchen Umgebung hätte tun wollen. Namen waren gefährlich ... Man erinnerte sich viel eher an Personen im Zusammenhang mit bestimmten Namen, als nur an die Personen selbst, wenn man diese nicht namentlich kannte. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sie derart unvorsichtig wurde, auch wenn sie von dem sich ihr als Liam vorgestellt habenden jungen Mann auf seltsame Art und Weise fasziniert war und sich - irgendwie von ihm angezogen fühlte. Wie nebenbei schlossen sich ihre Finger etwas fester um das kühle Getränk und sie nahm einen Schluck davon, nur dank ihres Trainings nicht von dem ihr ungewohnten Geschmack husten müssend und warf dabei einen kurzen, forschenden Blick in Richtung der Barfrau. Diese schien gerade damit beschäftigt, sich um zwei neue, weiter hinten an der Theke in Richtung des Einganges sitzenden Gäste zu kümmern und hatte ihre Vorstellung wohl nicht bemerkt. Ein wenig unsicher ließ Liam die Hand, welche Leandra mit ihrem irgendwie nach innen gekehrt wirkenden Blick wohl nicht bemerkt hatte, wieder sinken, sie dabei jedoch weiterhin, ihr direkt in das schöne, leicht blasse Gesicht blickend, musternd. Etwas an ihr war seltsam, nicht das Gefühl, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte, sondern etwas anderes ... Etwas, das ihm ein Gefühl von - so unwahrscheinlich und lächerlich es auch klingen mochte - in eben diesem Moment, in welchem sie so abwesend und in Gedanken versunken wirkte, ein Gefühl von Gefahr vermittelte und zwar einer, die direkt ihm zu gelten schien. ‚Lächerlich ... das ist mehr als verrückt ...’, schalt er sich selbst gleich auch schon in Gedanken, seine diesbezüglichen Emotionen hastig beiseite schiebend und seine Konzentration wieder nach außen richtend. „Also, Leandra ... Wie kommt es, dass du ausgerechnet in diese Bar hier gekommen bist?”, erkundigte Liam sich, als ihm das Schweigen, das zwischen ihnen herrschte, zu lang wurde. Behutsam stellte sie das zuvor genommene Glas wieder zurück auf den Tresen, dabei Liam nicht auch nur für eine Sekunde aus den Augen lassend. „Es war reiner Zufall, dass ich mich hierher begeben hatte”, antwortete Leandra nach kurzem Überlegen, da sie, wie sie fand, bereits viel zu viel von sich selbst verraten hatte. „Verstehe - und ... Bleibst du noch länger hier?”, fragte Liam weiter, sich so einfach nicht abwimmeln lassen wollend. Leicht schüttelte Leandra den Kopf. „Schade - ich dachte, ich könnte dich ein wenig herumführen, damit du diese Gegend ein wenig besser kennen lernst, und dir das ein oder andere zeigen”, gab Liam, seine Enttäuschung nicht gänzlich verbergen könnend, von sich. „Wie kommst du darauf, dass ich nicht aus dieser Gegend hier stamme?”, verlangte Leandra zu wissen, nun wieder ihre Aufmerksamkeit mehr auf das Gespräch richtend und konzentrierte ihren Blick einmal mehr auf die Augen ihres Gegenübers, da sie gelernt hatte, das meiste in selbigen zu lesen und zu erkennen. Die Gesichtszüge an sich konnte man beherrschen lernen und so unter eigener Kontrolle halten, doch die Augen ... Diese verrieten immer etwas über den eigentlichen Menschen, den man gerade vor sich hatte. Liam, dem der forschende Blick der jungen Frau nun doch etwas unangenehm vorkam, besonders im Zusammenhang mit seinem zuvor plötzlich empfundenen Unbehagen ihr gegenüber, welches er sich immer noch nicht so recht zu erklären wusste und für das er auch keinen Grund sah. Natürlich war ihm klar, dass das Äußere täuschen konnte, doch glaubte er dies nicht bei ihr. Dazu war sie ihm viel zu ähnlich. Plötzlich stockte er, nun mehr als nur seinen äußeren Blick auf die sich ihm als Leandra vorgestellt habende Frau richtend. Konnte es tatsächlich sein, dass sie ... Und dennoch ... Doch dies war ihm bereits zuvor aufgefallen. Was konnte es also sonst noch sein, das ihn derart an ihr faszinierte? Er konnte in ihr und um sie ein sanftes Leuchten erkennen, das, je weiter er in sie hinein sah, an Intensität zunahm und ihn am Schluss derart blendete, dass er gezwungen war, seinen Blick von ihr abzuwenden. Er hatte ein Potential, eine Kraft in ihr gesehen, die tief in ihrem Innersten zu schlummern schien und deren äußerste Schicht zwar erwacht, aber dennoch auf eine ihm nicht verständliche Art und Weise zugleich unterdrückt wurde. Warum das so war, konnte er nicht begreifen. Immer noch geblendet, wandte er seine Augen in Richtung des ‚Flat-Planet’- Eingangsbereiches, wo in eben diesem Moment die Tür aufschwang und, vom hellen Licht der Sonne begleitet, jemand das Café betrat. Wer das war, konnte Liam derzeit jedoch nicht erkennen, da, wie er verblüfft feststellte, ihn immer noch das bei Leandra erblickte Strahlen zu schaffen machte, welches ihm noch heller und intensiver als das irdische Zentralgestirn erschien. Angestrengt versuchte der junge Kimerahybrid, darauf zu kommen, an was ihn eine solch gewaltige Energieansammlung erinnerte, doch wollte ihm die entscheidende Idee einfach nicht kommen und so ließ er es fürs Erste bleiben. Erst die Ankunft desjenigen, welcher gerade zur Tür hereingekommen war, ließ seine Gedanken wieder von dieser soeben gemachten Entdeckung abschweifen. „Hallo Augur!”, begrüßte er mit einem breiten Lächeln seinen Freund, der sich locker-lässig, wie dieser nun einmal war und sich immer - insbesondere in der Nähe schöner junger Frauen - gab, auf den Barhocker hinter Leandra niederließ, so dass diese nun zwischen ihm und Liam saß. |
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