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Nachdenklich und auch ein wenig überrascht folgte der Beschützer mit den Augen den flinken und geschickten Bewegungen der Shuttlepilotin, mit welchen diese das Taelongefährt einem ihm ungewissen Ziel und einer für ihn selbst noch ungewisseren Zukunft entgegen steuerte. Obwohl Letzteres zumindest nicht ganz stimmte. Er glaubte, ziemlich gut zu wissen, was spätestens am Ende des Fluges mit ihm geschehen würde, nur begriff er einfach nicht, weshalb sie das derart hinauszögerte. Dass sie über ihn nicht an weitere Informationen kommen würde, musste ihr doch klar sein. Was aber sollte die Frage nach Commander Boones Tätigkeit? Natürlich wusste er - so wie auch jeder andere Beschützer - was dieser tat und dass es auch zu dessen Aufgaben gehört hatte, den Widerstand zu infiltrieren. Während er immer noch überlegte, ob er nun auf ihre Frage eingehen oder doch eher lieber schweigen sollte, kam ihm Captain Marquette schon zuvor und wandte sich kurz wieder ihm zu, indem sie sich ein wenig mehr mit ihrem Stuhl zu ihm herumdrehte, dabei jedoch die Kontrollen und Anzeigen des Shuttles nicht außer Acht lassend. „Wenn Sie jetzt denken, dass ich etwas mit seinem Tod zu tun hatte, dann könnten Sie nicht ferner liegen. Ich - habe den Commander sehr geschätzt”, begann Lili dem sie mit stoischer Miene musternden Ramirez zu erklären, was nicht nur ‚nur’ der Wahrheit entsprach, sondern auch, wie sie hoffte, dessen Misstrauen ihr gegenüber ein wenig zu mildern vermochte. „Natürlich ... Sie schätzten ihn”, erwiderte der Beschützer voller Sarkasmus, „und das sogar so sehr, dass Sie ihn verraten und verkauft haben!”, fügte er anschließend noch mit kalter Stimme, den Abscheu, den er bei dem Gedanken daran, was sie für ihre ‚ glorreiche Tat’ vom Widerstand wohl erhalten haben mochte, empfand und seine Verachtung ihr gegenüber nicht gänzlich aus seinen Worten heraushalten könnend, hinzu. Es war nur ein Hauch von dem, was er tief in seinem Inneren empfand, nur ein kleiner Teil dessen, den er in seinen Worten, in seiner Stimme mitklingen ließ. Vielleicht schaffte er es ja so, sich ihre Aufmerksamkeit für einige weitere kostbare Momente zu sichern - Augenblicke, in denen die Taelons dem Ziel, des gestohlenen Shuttles wieder habhaft zu werden, näher kommen würden. Lili beherrschte sich, den gefesselten Mann nicht zornig anzufahren, und beobachtete stattdessen die auf dessen Gesicht - wenn auch nur sehr flüchtig - erscheinende Gefühlsregung, die seine Worte begleitete. Nur zu genau wusste er, das man ihnen, den Implantierten, Emotionen nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß ansehen konnte. Wenn doch, dann war es - so wie auch jetzt bei ihm selbst - eiskalte Berechnung und die Hoffnung, etwas damit bewirken zu können und nichts anderes. Es war kein echtes Gefühl, das er nach außen hin durch seine stets vorhandene Maske hindurch dringen ließ. Natürlich empfand er so, nur bis es dazu kam, das er sich diese Emotion nach außen hin zu zeigen gestattete, hatte er sie schon mehrmals analysiert, jedwede mögliche Konsequenz einer solchen ihm äußerlich ansehbaren Regung mit Hilfe seines Cyberviralen Implantats berechnet und dabei den möglichen Nutzen eruiert. So war das, was schlussendlich an Emotionen für andere Menschen sichtbar wurde, nur noch Schauspiel und nicht mehr das ursprüngliche Gefühl selbst. „Sie wissen also, welche Aufgabe Commander Boone tatsächlich verfolgte?”, hakte Lili Marquette nach, statt weiter auf Ramirez' seltsames und ungewöhnliches Verhalten einzugehen, sich dabei jedoch an eine Situation erinnernd, in welcher der selbst unter den Beschützern als kaltblütig geltende Ronald Sandoval einmal beinahe ausgerastet wäre - und dies auch noch vor laufenden Kameras - als mehrere von Studenten unternommene Protestaktionen gegen die Taelons und deren Einmischung in den Lehrplan stattgefunden hatten. Es war damals um neu erschaffene, den Interessen der Taelon zuarbeitende Pflichtfächer und die Rekrutierung von ‚Freiwilligen’ aus den Reihen der Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter gegangen. Natürlich hatte bei diesen ganzen Querelen Doors seine Finger im Spiel gehabt. Es war einer jener Punkte im Kampf wider die Besatzer, welchen der Multimilliardär und ehemalige Firmenbonze für sich entscheiden hatte können. Was sollte es ihm bringen, wenn er jetzt schwieg und dann auch noch über etwas, das sie schon längst wusste? Besonders, da es jemanden betraf, der sowieso nicht mehr am Leben war? Den Taelons schaden konnte er damit schließlich nicht, wenn er zugab, dass Da'ans Beschützer gegen den Widerstand gearbeitet hatte. Es war etwas, das fast jeder wusste, so wie auch jeder wusste, das keiner, der den Taelons gegenüber loyal war, wirklich loyal, für deren Feinde sprechen oder handeln würde. Lili verdrehte die Augen ob der Sturheit des hinter ihr gefesselt sitzenden Mannes. Mit einem nur mühsam unterdrückten und von ihrer Ungeduld zeugenden Seufzer schüttelte sie den Kopf. „Unmöglich!”, war das Erste, was Tonio Ramirez, Beschützer des lateinamerikanischen Companions, auch sofort, nachdem er die Worte der Verräterin vernommen hatte, hervorstieß. „Halten Sie den Mund und hören Sie mir erst einmal zu!”, fuhr Lili dem aufgebrachten Mann dazwischen, ehe dieser sich abermals in eine Lobtirade ob der taelontreuen Beschützer und anderer fehlgeleiteter Menschen hineinsteigern und ihr so nur unnötig weitere kostbare Zeit stehlen würde. Ramirez hingegen schüttelte nur abermals den Kopf, die Shuttlepilotin dabei fast schon zornig anfunkelnd. Lili seufzte entnervt. „Was haben Sie vor, Marquette?”, verlangte der Beschützer mit scharfer Stimme zu wissen, dabei die offensichtliche Todesdrohung gegen ihn ignorierend, da er sowieso nicht glaubte, dass die Verräterin ihn am Leben lassen würde, nachdem sie endlich einmal eingesehen hätte, dass alles Reden der Welt seine Meinung nicht würde ändern können - und das sagte er ihr dann auch. Erneut zuckte Lilis Finger leicht in Richtung des Abzuges der auf den Beschützer gerichteten Waffe. Eine Geste, die diesen zum Verstummen brachte. Jedenfalls vorläufig, wie die Shuttlepilotin befürchtete. Doch um ihn nicht länger im Ungewissen zu lassen über das was sie vorhatte - früher oder später würde er es sowieso erfahren - sagte sie ihm schließlich: „Ich werde Ihnen Ihre Freiheit wieder geben. Das, was die Taelons Ihnen genommen haben.” Ein fast schon mitleidiger Blick trat in die Augen des Implantanten. Fast schon fassungslos starrte Lili den gefesselten Mann an. „Die Wahrheit - und das Einzige, was ich jemals glauben werde, ganz gleich, was auch immer Sie darunter verstehen, mir ‚meine Freiheit’ wiederzugeben”, stellte Tonio mit kompromisslos klingender Stimme klar, darauf hoffend, dass die Verräterin endlich einsehen würde, dass er nichts von dem, was auch immer sie ihm erzählen würde, jemals akzeptieren konnte oder wollte. „Sie werden verstehen Ramirez, das versichere ich Ihnen, und dann werden Sie begreifen, dass nicht alles immer so ist, wie es einem eingeimpft wurde.” Sie erhob sich, dabei ihre plötzlich zitternden Knie fest durchstreckend und das Beben ihrer Hände durch das Formen von Fäusten unterdrückend, und drehte sich dann abermals zu ihrem Gefangenen um. |
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