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  „Ein kleiner Sonnenstrahl” von Katrin   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juni 2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Da'an findet etwas Trauriges heraus, Liam und Zo'or überlegen, wie sie Da'an helfen können
Charaktere:  Liam, Zo'or, Da'an Mit'gai
 

 

EIN KLEINER SONNENSTRAHL

 
Kapitel 5

 

Als Liam gegangen war, schaltete Da'an den Datenstrom aus. Der junge Mischling hatte sich den ganzen Tag über seltsam verhalten, er schien mit den Gedanken ständig anderswo zu sein. Zuerst hatte Da'an geglaubt, Liam würde wie er selbst von Erinnerungen an das Geschehene gequält werden, aber als er ihn genauer beobachtet hatte, war ihm aufgefallen, dass der junge Mann immer wieder verträumt lächelte.

Aber im Moment wollte er nicht über Liam nachdenken. Er hatte etwas vor, und dabei konnte er niemanden um sich herum gebrauchen. Deshalb hatte er Liam fortgeschickt. Er stand also auf und ging in den kleinen, aber gut ausgestatteten medizinischen Bereich der Botschaft.

Auf dem Weg dorthin dachte Da'an über das nach, was er wohl herausfinden würde. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass mit dem Kind irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Warum hatte Mit'gai nicht ein Wort darüber verloren? Bald würde er es wissen.

Nachdem Da'an den kleinen Raum betreten hatte, nahm er einen Scanner und setzte sich auf das Bett. Er zögerte einen Moment, unsicher, ob er das, was er herausfinden würde, auch würde verkraften können. Aber er musste es einfach wissen!

Er aktivierte den Scanner und führte ihn über seinen Bauch. Er konnte das kleine Energiewesen, das sein Kind war, genau erkennen. Die Größe war normal und alles schien in Ordnung zu sein. Aber dann fiel Da'ans Blick auf die Energieanzeige und er schnappte erschrocken nach Luft. Das konnte einfach nicht wahr sein! Er wiederholte verzweifelt den Scann, aber die Resultate blieben die gleichen. Das Kind hatte ganz eindeutig nicht genug Energie, um es überhaupt bis zu seiner Geburt zu schaffen!
Der Scanner fiel aus Da'ans jetzt kraftloser Hand. Er ließ sich auf das Bett fallen, zog die Beine an und rollte sich zusammen. Ihm kam der Gedanke, sich augenblicklich in die Leere sinken zu lassen. Aber das konnte er nicht, er konnte sein Kind nicht mit sich nehmen und es so aktiv und bewusst töten. Aber was sollte er sonst tun?

Lange Zeit lag Da'an bewegungslos auf dem Bett, unfähig, sich auf etwas anderes als seine Verzweiflung zu konzentrieren.

 
*
 

Da'an bewegte sich stundenlang nicht. Aber plötzlich kam ihm der Gedanke, dass Liam sicher bald zurück sein und sich sorgen würde, wenn er ihn nicht fände. Und er wollte ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten, als es die Ereignisse sowieso schon getan hatten. Daher stand er wie in Trance auf und stolperte aus dem Krankenzimmer.

Als er seinen Empfangsraum erreichte, setzte er sich und starrte ins Leere. Er musste sich beruhigen und darüber nachdenken, was er jetzt tun sollte. Er konnte sich nicht selbst töten, denn das würde bedeuten, auch das Kind aktiv zu töten. Aber nach dessen Tod aufgrund des Energiemangels gäbe es nichts mehr, was ihn noch zurückhalten würde. Er konnte es einfach nicht ertragen, es auf diese Weise zu verlieren. Er wusste, es würde nur noch wenige Tage dauern, bis der Geist des Kindes erwachen und mit seinem Elter rudimentären Kontakt aufnehmen würde. Er würde spüren, wie es sich bewegte, würde seinen Drang, die Welt zu erleben, spüren. Und dann würde es sterben. Die Bewegungen würden aufhören und es würde sich einfach in Nichts auflösen. Und Da'an würde ihm folgen.

 
* * *
 


Liam betrat überglücklich die Botschaft. Zo'or liebte ihn! Im Moment war ihm nur nach Singen und Tanzen zu Mute.
Es war nicht wirklich viel geschehen in den letzten Stunden, aber es war genug gewesen. Sie hatten sich nicht unterhalten, nein, sie hatten einfach nur auf dem Boden gesessen, eng aneinander gelehnt. Zo'or war von seinen Gefühlen viel zu überwältigt gewesen, um sich auf etwas so unwichtiges wie eine Unterhaltung zu konzentrieren. Die Gefühle, die sie füreinander hatten, waren für den Moment genug.

Nach einiger Zeit war Zo'or an Liams Schulter eingeschlafen und Liam hatte ihn sanft umarmt. Er wusste, dass der Taelon tagelang nicht genug geschlafen hatte, und so saß er einfach neben ihm, glücklich, bei dem Wesen zu sein, das er liebte.

Schließlich aber hatte er ihn wecken müssen, um zur Botschaft zurückzukehren. Er wollte Da'an nicht über Nacht alleine lassen. Als Liam gegangen war, waren er und Zo'or beide absolut zufrieden. Sie waren sich darüber im klaren, dass es noch immer eine Menge Dinge gab, die sie nicht über den anderen wussten, aber sie waren sich auch sicher, dass es nicht wirklich von Bedeutung war. Ihre Liebe war alles, was wirklich zählte.


Als Liam Da'ans Raum betrat erstarrte er und sein Lächeln verschwand. Da'an saß, nein, hing in seinem Stuhl, ein Ausdruck unendlicher Trauer auf dem Gesicht. Seine rechte Hand strich über seinen Bauch.

Liam trat näher und flüsterte: „Da'an?”
Aber der Taelon reagierte nicht. Also blieb Liam vor ihm stehen und berührte seinen Arm. Das schien Da'an aus seiner Trance zu wecken und er setzte sich auf und versuchte sichtlich, seine Gefühle zu verbergen.
„Liam, du bist zurück. Hattest du einen angenehmen Tag?”
„Da'an, was ist los?”
„Nichts, es geht mir gut. Ich... ich habe nur gerade an T'than gedacht.”
„Da'an”, seufzte Liam, „bitte sagen Sie mir die Wahrheit. Was ist geschehen?”
„Nichts ist geschehen. Mach dir um mich keine Sorgen.” Ohne darüber nachzudenken fing er wieder an, über seinen Bauch zu streichen. Natürlich bemerkte Liam die Bewegung.
„Da'an, geht es um das Kind?”
Als Da'an nicht antwortete, wusste er, dass sein Mentor irgendwie vom Energielevel seines Kindes erfahren hatte.

„Da'an, es tut mir leid, aber ich muss Sie etwas fragen. Ich will Ihnen nicht weh tun, aber ich muss es einfach wissen.”
„Ja?”
„Da'an, wollen Sie wirklich, dass dieses Kind lebt? Wenn Sie daran denken, wie es gezeugt wurde? Wenn es Sie immer daran erinnern wird?”
Da'an seufzte. „Liam, was T'than getan hat... ist nicht die Schuld des Kindes. Es hat doch nichts getan. Und bevor all das geschehen ist, als ich merkte, dass ich ins Ka'atham kam, dachte ich noch bei mir, dass ich mich freiwillig mit dem Teufel selbst vereinigen würde, wenn das gezeugte Kind leben würde. Und das ist die reine Wahrheit.” Da'an schloss die Augen. „Jetzt scheint es so, als hätte ich wirklich den Teufel bekommen, aber mein Kind wird noch nicht einmal bis zu seiner Geburt leben.” Wieder erschien ein Ausdruck tiefster Traurigkeit auf seinem Gesicht.

Liam entschied sich offen zu sprechen, um dem Taelon weitere Qualen zu ersparen.
„Da'an, Zo'or hat mir etwas über eine bestimmte Fähigkeit der Kimera erzählt. Ich weiß, Ihr Kind hat nicht genug Energie um zu überleben, aber vielleicht kann ich helfen. Natürlich bin ich nicht ganz sicher, ich bin ja nur zu einem Drittel Kimera, aber wir können es zumindest versuchen.”

Da'an starrte ihn für einige Sekunden einfach nur an und sagte dann scharf: „Nein!”
„Wie können Sie so sicher sein, dass es nicht funktionieren wird?”
„Das bin ich nicht. Aber du wirst nicht einmal darüber nachdenken!”
Damit stand Da'an auf, ging zum Fenster und wandte Liam den Rücken zu.

Einen Augenblick lang wusste Liam nicht, was er sagen sollte. Warum nur wollte Da'an es nicht einmal versuchen?
„Aber Da'an, warum? Es gibt doch nichts zu verlieren!”
„Dein Leben steht auf dem Spiel!”
„Was? Warum?”

Da'an drehte sich um und sah Liam an. „Liam, verstehst du denn nicht? Wenn du dem Kind Energie überträgst, dann wird Zo'or schon bald von deiner Abstammung erfahren. Weißt du denn nicht, was das bedeutet? Ich liebe ihn, ja, aber ich vertraue ihm nicht! Vielleicht hat er in letzter Zeit ein paar Gefühle gezeigt, aber das bedeutet nicht, dass er sich geändert hat. Er würde ganz sicher Experimente an dir durchführen! Oder dich töten! Ich würde dich für immer verlieren, Liam!”
„Da'an, Sie müssen sich beruhigen.” Liam lächelte leicht. „Glauben Sie mir, Zo'or würde mir niemals schaden, niemals. Wie sind uns in letzter Zeit näher gekommen und...”
„Näher?”, unterbrach ihn Da'an. „Hast du ihm irgendetwas erzählt? Vielleicht hat er beschlossen, die Situation auszunutzen um Informationen von dir zu bekommen.”
„Da'an, lassen Sie mich einfach nur versuchen, Ihrem Baby zu helfen. Sie verstehen nicht...”
„Ich verstehe sehr gut! Ich soll mich zwischen deinem Leben und dem möglichen Leben meines ungeborenen Kindes entscheiden. Wie kannst du von mir erwarten, das zu tun?”

Liam seufzte. Da'an würde nicht auf ihn hören, zu überwältigt war er von seiner Trauer und Furcht. Und er würde Liam ganz sicher für verrückt halten, würde er ihm jetzt erzählen, dass er und Zo'or sich liebten. Er würde ihm niemals glauben. Nein, das einzige was er tun konnte, war mit Zo'or zu sprechen.

„Da'an, bitte, ich...”
„Nein, lass mich allein!”
Warum verstand Liam nur nicht? Da'an war völlig verzweifelt. Vielleicht könnte Liam seinem Kind eine Chance auf ein Leben geben, aber dass würde für den Hybriden wahrscheinlich den Tod bedeuten. Aber ohne seine Hilfe würde das Kind ganz sicher sterben. Was sollte er nur tun?
„Da'an...”
„Nein! Geh!”

„Da'an”, sagte Liam mit sanfter Stimme und griff nach dem Arm des Taelons, „bitte. Sie müssen sich beruhigen, sonst werden Sie sich selbst schaden. Sie sind noch immer nicht völlig gesund. Glauben Sie mir einfach, alles wird gut werden, in Ordnung? Setzten Sie sich jetzt einfach nur hin.”
Aber Da'an trat zurück und befreite sich von Liams Griff.
„Nichts wird gut werden! Verstehst du denn nicht, dass ich...”
Plötzlich stöhnte Da'an auf und begann, am ganzen Körper zu zittern. Dann fielen seine Augen zu und er brach zusammen. Liam sprang nach vorne und fing den Taelon auf, hob ihn hoch und brachte ihn zu seinem Stuhl.
„Oh Da'an”, flüsterte er, „es tut mir so leid. Aber Sie können mir glauben, wirklich, alles wird gut werden. Ich bin mir sicher ich kann Ihrem Kind helfen.”
Dann rief er Mit'gai.

 
*
 

Der taelonische Heiler erreichte die Botschaft wenige Minuten später. Da'an war noch immer bewusstlos und es gab keine Anzeichen dafür, dass er bald erwachen würde. Mit'gai untersuchte ihn und fragte Liam dann: „Was ist geschehen?”
„Ich weiß es nicht ganz genau. Er hat mich für einige Zeit weggeschickt, und als ich zurückkam, war er zutiefst deprimiert. Ich kann nicht sagen woher, aber irgendwie hat er von dem Energielevel seines Kindes erfahren.”
„Ich verstehe”, seufzte Mit'gai. „Es sieht so aus, als habe er sich überanstrengt und außerdem heute noch keine Zeit in der Energiedusche zugebracht. Sein Körper wird sich schnell wieder erholen, aber ich fürchte um seinen geistigen Zustand. Er hat ganz eindeutig die Grenze dessen, was er zu ertragen im Stande ist, erreicht.”
„Wie lange wird es dauern, bis er aufwacht?”
„Einige Stunden, denke ich.” Mit'gai aktivierte die Energiedusche über Da'an mit einer Handbewegung. „Ich werde hier bleiben.”
„Gut, ich muss gehen und mit Zo'or sprechen.”
„Ich werde Sie rufen, wenn er erwacht.”

 
* * *
 


Liam betrat Zo'ors Quartier und setzte sich in Ermangelung anderer Möglichkeiten auf den Boden und lehnte sich an die Wand. Er hatte Zo'or gesagt, dass er ihn unbedingt sprechen müsse, und der Taelon würde bald eintreffen. Was sollte er ihm erzählen? Einfach die Wahrheit? Warum nicht?

Aber war es wirklich so einfach? Er wusste, Zo'or liebte ihn, aber würde er nicht Zeit brauchen, um sich an die Abstammung seines Geliebten zu gewöhnen und sie zu akzeptieren? Zeit, die sie nicht hatten? Vor einigen Stunden, als sie hier in diesem Raum zusammen gesessen hatten, war es Liam so erschienen, als hätte Zo'or ihre Liebe zueinander akzeptiert. Aber er war trotzdem nicht bereit gewesen, zu reden. Liam hatte den Eindruck, dass er Zeit brauchen würde, um sich mit der neuen Situation zurechtzufinden. Und noch länger würde es wohl dauern, ehe er bereit wäre, anderen etwas über ihre Beziehung zu erzählen. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Nur wenn Zo'or selbst Da'an sagen würde, dass er über Liam Bescheid wusste und ihm nichts tun würde, würde Da'an es vielleicht glauben.

 
*
 

Als Zo'or sein Quartier betrat und Liam am Boden sitzen sah, lächelte er. Es war unglaublich, aber wahr: Dieser wunderschöne Alien gehörte ihm! Und er liebte ihn!

Zo'ors Lächeln verschwand, als er den traurigen Ausdruck auf Liams Gesicht sah. Er setzte sich neben seinen Partner und nahm eine Hand in seine.
„Was ist geschehen?”
„Es geht um Da'an”, seufzte Liam. „Er hat vom Energielevel seines Kindes erfahren.”
„Wie hat er reagiert?”
„Nicht gut. Er hat sich aufgeregt und überanstrengt und ist jetzt bewusstlos. Mit'gai ist bei ihm.”
„Und wir können nichts tun, um ihm zu helfen.”

Liam schwieg eine Zeit lang, sagte aber dann: „Darüber wollte ich mit dir sprechen.”
Zo'or sah ihn daraufhin fragend an.
”Zo'or, ich muss dir etwas wichtiges über mich selbst sagen. Du weißt, es gibt Dinge mich betreffend, von denen ich dir noch nicht erzählt habe und ich... ich... ich weiß du bist nicht bereit zu reden, ich weiß, all das hier ist neu für dich. Aber es ist der einzige Weg, deinem Elter zu helfen.”

Zo'or wartete darauf, dass Liam fortfuhr, aber als er schwieg, sagte er: „Liam, du hast recht, wenn du sagst, ich wäre noch nicht bereit, mit dir über alles... über meine Vergangenheit, meine... alles zu sprechen, das... das muss ich zugeben. Aber ich bin bereit, dir zuzuhören. Liam, weißt du denn nicht, dass es mir gleichgültig ist? Du weißt ich liebe dich und nichts wird daran etwas ändern. Und du musst mir nichts erzählen, wenn du es nicht wünschst.”
„Doch, ich muss, für Da'an. Und ich möchte ja auch, dass du es weißt, ich weiß nur nicht, wie...”
„Dann sag es ganz einfach.”

Liam zögerte lange, riss sich dann aber zusammen und gab sich einen Ruck.
„In Ordnung, ich werde es ganz einfach sagen. Ich... ich bin nicht... ganz menschlich.”
Nach diesen Worten starrte er zu Boden und wartete auf Zo'ors Reaktion.

Zo'or war erstaunt. So etwas hatte er wirklich nicht erwartet, aber es erklärte eine Menge. Er hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass an diesem Menschen etwas anders war, und jetzt wusste er, warum. Aber was genau war er? Eins von Da'ans Projekten? Er musste wirklich sehr jung sein.
Zo'or wartete auf eine Erklärung, aber es kam keine. Liam starrte noch immer einfach nur auf den Boden. Also hob Zo'or eine Hand und strich leicht über seine Wange.
„Liam, bitte sieh mich an. Willst du mir nicht mehr erzählen?”
Liam blickte auf und sah die Liebe in den Augen des Taelons. Also war es Zo'or wirklich egal. Plötzlich lösten sich seine Ängste in Nichts auf.

„Liam?”
„Oh Zo'or, Ich liebe dich so sehr.” Er legte seinen Kopf auf die Schulter des Taelons.
„Und ich liebe dich, Liam.”

Nach einem Augenblick der Stille fragte Zo'or: „Aber ich weiß noch immer nicht, wie du Da'an helfen willst. Selbst wenn du zum Teil Taelon bist...”
„Ich bin nicht zum Teil Taelon. Nun, zumindest nicht wirklich.” Liam holte tief Luft. „Ich bin zum Teil Kimera.”
Zo'or blinzelte heftig, einen ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht.
„Aber wie? Oh, ich verstehe, Ha'gel.”
„Ja, Ha'gel war einer meiner Elternteile.”
„Und wer ist dein menschlicher Elternteil?”
„Ich habe zwei, ich bin nur zu einem Drittel Kimera. Meine Mutter... meine Mutter war Siobhan Beckett.”
Liam schloss die Augen und Zo'or sah deutlich den Schmerz auf seinem Gesicht.
„Es tut mir leid”, sagte er und zog Liam näher.
Aber Liam sagte nur: „Es ist im Moment nicht wichtig.”

Zo'or wurde klar, dass Liam im Augenblick nicht über dieses Thema sprechen wollte, also fragte er: ”Hast du Shaquarava?”
„Ja.”
Liam zeigte dem Taelon seine Handflächen, auf denen die roten Flecken deutlich zu erkennen waren.
„Jetzt verstehe ich, wie du Da'ans Kind helfen willst, aber wo liegt das Problem? Er weiß doch von deiner Abstammung, oder nicht?”
„Ja, natürlich. Aber als ich die Möglichkeit erwähnte, mein Kimeraerbe zu nutzen um dem Kind zu helfen, hat er sich sehr aufgeregt. Er glaubt, du würdest mich töten oder doch zumindest einsperren, wenn du die Wahrheit über mich erfahren würdest. Er glaubt, er müsse sich zwischen meinem Leben und dem seines ungeborenen Kinds entscheiden.”

Zo'or schloss traurig die Augen. Also fürchtete sein Elter ihn noch immer.
„Ich verstehe. Und wahrscheinlich hat er sogar recht, wahrscheinlich hätte ich das getan, bevor wir...”
Zo'or strich erneut über Liams Wange. „Aber jetzt könnte ich dir niemals schaden. Hast du das Da'an nicht gesagt?”
„Ich habe es versucht, Zo'or, aber er hat mir nicht geglaubt. Er glaubt, du würdest mir etwas vorspielen um mir Informationen zu entlocken. Er... er traut dir nicht.”

Zo'or seufzte und lehnte sich an Liam. „Er hat Angst vor mir. Ich will nicht, dass mein Elter sich vor mir fürchtet.”
„Er weiß nicht, wie du wirklich bist, Zo'or, er wird seine Meinung bald ändern. Aber wir werden gemeinsam mit ihm sprechen müssen, oder er wird uns nicht glauben.”
„Du meinst, wir sollen ihm von... uns erzählen?”
„Zo'or, ich weiß du bist nicht bereit dafür und ich bin mir nicht sicher, ob ich es bin, aber ich fürchte, es gibt keine andere Möglichkeit.”

Als Zo'or minutenlang nicht antwortete, fragte Liam schließlich: „Zo'or?”
„Liam, ich... ich weiß nicht... ich...” Er schwieg erneut.
„Zo'or, ich liebe dich und du liebst mich. Warum können wir nicht einfach offen und ehrlich miteinander sein? Warum sagst du mir nicht einfach, was du denkst, was du fühlst? Du musst doch wissen, dass ich anderen gegenüber niemals etwas von dem, was du mir erzählst, erwähnen würde.”
„Ich weiß das, aber...” flüsterte Zo'or.
„Aber was? Zo'or bitte, sprich mit mir!” Liam strich sanft über die Wange des Taelons. „Zo'or, ich bin mir darüber im klaren, dass das alles neu für dich ist, aber wir müssen deinem Elter und Geschwister helfen. Was denkst du also, sollen wir tun?”
Aber wieder erhielt Liam keine Antwort.
„Zo'or, bitte sprich mit mir, bitte!”
„Wie?”
„Wie?”, fragte Liam erstaunt. „Was meinst du damit?”
„Wie?”

Zo'or drehte Liam den Rücken zu und legte seine Wange an die kühle Wand. Er konnte nicht, er war nicht so weit. Wie sollte er jemandem von seinen Gefühlen erzählen, wenn ihm sein Leben lang eingetrichtert worden war, sie zu verbergen? Wie sollte er mit jemandem über persönliche Dinge sprechen, wenn er es nie gelernt, es noch niemals getan hatte? Egal wie sehr er Liam auch liebte, er konnte sich nicht einfach von einem Tag auf den anderen vollständig ändern. Es gab so vieles, was er erst noch lernen musste.

Zo'or fühlte, wie Liam ihm eine Hand auf die Schulter legte und ihn umdrehen wollte. Als er es geschehen ließ, umarmte Liam ihn fest.
„Es tut mir leid, Zo'or”, flüsterte er. „Bitte vergib mir. Ich werde dich nicht mehr drängen, es tut mir leid. Du musst mir gar nichts sagen, wenn du es nicht möchtest.”
„Aber ich möchte ja, ich weiß nur nicht wie.”

Liam antwortete zuerst nicht, aber dann sagte er schließlich zögernd: „Zo'or, normalerweise würde ich sagen wir haben alle Zeit der Welt. Aber... sag mir einfach nur, was du davon hältst, Da'an von unserer... Beziehung zu erzählen. Du willst es jetzt noch nicht tun, habe ich recht?”
„Ja”, flüsterte Zo'or.
„Ok, dann müssen wir eben einen anderen Weg finden um ihn davon zu überzeugen, dass du mir nichts tun wirst. Lass mich darüber nachdenken.”

„Vielleicht könnten wir ihm erzählen, dass du mich als eine Art Geschwister siehst? Was hältst du davon?”
Liam dachte weiter darüber nach und fuhr fort: „Vielleicht wird es funktionieren. Du hast ihm doch bereits gesagt, dass du gehört hast, dass ich für ihn wie ein eigenes Kind bin. Was, wenn wir zu ihm gehen und ihm sagen, dass du von meiner Abstammung weißt, mir aber nichts tun wirst, da ich ja so etwas wie ein Bruder für dich bin?”
Ein Lächeln erschien auf Zo'ors Gesicht.
„Liam, das ist eine wirklich seltsame Idee, weißt du das? Da'an wird das niemals glauben.”
„Ich weiß”, seufzte Liam. „Aber was sollen wir sonst tun?”

„Zo'or”, sagte Liam nach einer Weile, „warum machen wir es eigentlich so kompliziert? Wir sollten ganz einfach zu Da'an gehen und ihm sagen, dass du bereits alles über mich weißt. Du wirst ihm sagen, dass es dir egal ist und dass du möchtest, dass ich deinem ungeborenen Geschwister helfe. Warum Gründe nennen?”
„Er wird mir nicht trauen, Liam.”
„Nun, dann muss er es eben lernen.”

 
* * *
 


Als Liam und Zo'or die Botschaft betraten, wartete Mit'gai schon auf sie.
„Er wird bald aufwachen. Sein Körper wird sich schon bald vollständig erholt haben, aber ich bin mir nicht sicher, wie er auf den baldigen Verlust des Kindes reagieren wird.”
Mit'gai schien noch etwas sagen zu wollen, zögerte aber.
„Was noch?”, fragte Zo'or in typischer Synodenführer-Manier. „Muss ich die Informationen Stück für Stück aus dir herausholen? Ich habe keine Zeit für so etwas.”
„Natürlich nicht, Zo'or. Ah, du weißt, dass Da'ans Kind ganz sicher noch vor seiner Geburt sterben wird, und da habe ich mich gefragt, ob es nicht schon jetzt... auf die nächste Ebene wechseln sollte.”

Liam starrte Mit'gai geschockt an. „Sie wollen Da'ans Baby töten? Nein! Sie werden nichts dergleichen tun, ganz sicher nicht!”
„Ich stimme dem Major zu”, fügte Zo'or hinzu, seine Wut deutlich hörbar in seiner Stimme.

„Bitte, lass mich erklären. Bis jetzt kann Da'an sein Kind noch nicht spüren, aber das wird sich bald ändern. In wenigen Tagen wird das Kind beginnen, nach seinem Elter zu greifen und geistigen Kontakt herstellen. Ich denke, es wäre einfacher für Da'an, das Kind schon vorher zu verlieren.”

„Du wirst nichts dergleichen tun”, befahl Zo'or. „Kümmere dich nur um Da'ans körperliche Verletzungen. Du kannst jetzt gehen und zum Mutterschiff zurückkehren. Du wirst gerufen, wenn Da'an dich braucht.”
So senkte Mit'gai den Kopf und ging.

„Wie kann er nur so etwas vorschlagen?”, sagte Liam wütend als der Heiler gegangen war.
„Aus seiner Sicht ist es verständlich. Aber natürlich werde ich es nicht erlauben.”

Zo'or ging zu seinem Elter und sah ihn an. Nachdem Mit'gai fort war, erlaubt er seinen Emotionen wieder an die Oberfläche zu gelangen. Er seufzte, wandte sich wieder um und sah Liam mit traurigen Augen an.
„Liam, wir können nicht sicher sein, dass du dem Kind wirklich helfen kannst. Ich fürchte, Da'an könnte einen... Misserfolg möglicherweise nicht überleben.” Seine Stimme wurde leiser. „Ich fürchte, ich werde ihn verlieren. Und er wird niemals erfahren, was ich... was ich...”
„Was du für ihn empfindest?”
„Ja.” Zo'ors Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

„Zo'or!”, Liam nahm die Hand des Taelons in seine. „Natürlich kann ich nicht sicher sein, aber ich fühle einfach, dass es funktionieren wird. Das wird es! Es gibt Hoffnung, Zo'or, und solange es Hoffnung gibt geht das Leben weiter.”
„Das ist eine sehr menschliche Sichtweise.”
„Ja, aber ist sie wirklich so schlecht? Fühlst du nicht auch so etwas wie Hoffnung, Zo'or?”
Ein leichtes Lächeln erschien auf Zo'ors Gesicht.
„Ja Liam, das tue ich. Zum ersten Mal in meinem Leben, denke ich. Aber ich fürchte auch...”

Leises Stöhnen von Da'an unterbrach sie. Sie ließen sich sofort los und drehten sich um. Da'ans Hände hatten leicht zu zittern begonnen, sein Stöhnen wurde lauter und er begann, seinen Kopf von einer Seite zur anderen zu drehen. Als Zo'or die Energiedusche ausschaltete, wurde der Schmerz in Da'ans Gesichtsausdruck sichtbar.

„Ich glaube er träumt, Zo'or. Wir sollten ihn wecken.”
Zo'or nickte zustimmend und so nahm Liam Da'ans Hand in seine.
„Da'an? Können Sie mich hören? Sie träumen, wachen Sie auf! Da'an?”

Plötzlich riss Da'an die Augen auf, keuchte und setzte sich abrupt auf.
„Nein!”
„Da'an, wir sind es! Alles ist in Ordnung, es war nur ein Traum. Beruhigen Sie sich.”
Da'an seufzte und entspannte sich etwas, dann aber kam die Erinnerung an das, was er über sein Ungeborenes herausgefunden hatte, mit einem Schlag zurück. Er versteifte sich und löste seine Hand von Liams. Es war nicht nur ein böser Traum, sein Kind würde bald sterben.

Einige Augenblicke herrschte absolute Stille. Liam sah Zo'or an und seine Augen forderten den Taelon zum Sprechen auf. Daher riss sich Zo'or schließlich zusammen.

„Da'an, warum willst du nicht, dass Liam deinem Kind hilft?”
Da'an brauchte einige Sekunden, um wirklich zu verstehen, war er gerade gehört hatte. Zo'or wusste bescheid!
„W... w... was?”
”Ich habe dich gefragt, warum du Liam nicht erlauben willst, zu versuchen, deinem Kind zu helfen. Er mag ja nur zu einem Drittel Kimera sein, aber ich denke, es ist einen Versuch wert.”

Da'an war zutiefst geschockt. Zo'or wusste von Liams Abstammung! Das bedeutete das Ende des jungen Mischlings. Nicht genug, dass er sein Baby verlieren würde, er würde auch Liam verlieren.
Da'ans gequälter Geist brauchte einige Zeit, um wirklich zu realisieren, was gerade geschah, aber dann begann er sich zu wundern. Wenn Zo'or alles wusste, warum stand Liam dann hier, unverletzt und unbewacht? Und hatte Zo'or ihn gerade wirklich aufgefordert, sich von Liam helfen zu lassen?

„Da'an”, unterbrach Zo'or seine Gedanken, „bitte glaube mir. Es ist so, wie Liam es dir bereits gesagt hat, ich werde ihm nichts tun. Du musst dir keine Sorgen machen.”
„Aber... aber... warum?”, schaffte Da'an zu stottern.
„Sage mir, Da'an, warum sollte ich unserer möglichen Rettung Schaden zufügen? Trotz allem, was du vielleicht denken magst, habe ich immer versucht, im besten Interesse unseres Volkes zu handeln. Liam ist bereit, uns zu helfen, also warum sollte ich ihm etwas tun?”

Da'an beruhigte sich ein wenig, aber Zo'or konnte noch immer Zweifel in den Augen seines Elters sehen.
„Es ist so, wie ich dir gesagt habe, Liam, er glaubt mir nicht.”
„Das wird er schon noch, Zo'or.”
Liam holte tief Luft und fuhr fort: „Da'an, ich sage ihnen jetzt, was wir tun werden. Morgen werde ich versuchen, etwas von meiner Energie auf Ihr Kind zu übertragen. Ich kann nicht versprechen, dass es funktionieren wird, aber ich glaube es. Verlieren Sie nicht die Hoffnung! Und versuchen Sie, sich keine Sorgen mehr um mich zu machen. Ich weiß das ist nicht leicht, aber diesmal können Sie Zo'or wirklich vertrauen.”
„Wie kannst du da so sicher sein, Liam?”
Ein Lächeln erschien auf Liams Gesicht, als er antwortete: „Ich kann es in Moment nicht erklären, aber ich bin es.”

 
*
 

Da'an dachte über das nach, was gerade geschehen war. Er verstand es noch immer nicht. Sie waren alle drei auf dem Weg zum Mutterschiff, denn Liam hatte vorgeschlagen, der Heiler sollte ihm noch einmal etwas gegen die Träume geben, so dass er morgen ausgeruht war. Zo'or hatte zugestimmt und so hatten die beiden Da'an einfach mitgenommen, ohne ihn überhaupt zu fragen.

Er war wirklich verwirrt. Wie kam es nur, dass die beiden so gut zusammenarbeiteten? Er hatte immer das Gefühl gehabt, sie könnten sich nicht wirklich leiden. Aber das hatte sich irgendwie geändert. Vielleicht war es aber doch nur ein Trick von Zo'or, um das Vertrauen des jungen Mischlings zu gewinnen. Wie konnte Liam nur so sicher sein, dass es das nicht war?

Da'an musste zugeben, dass Zo'or wirklich verändert wirkte. Er konnte die Veränderung nicht genau bestimmen, aber sie war definitiv da. Oder war das auch nur Teil von Zo'ors Machenschaften? Da'an hatte das Gefühl, das ihm irgendetwas wichtiges entgangen war, etwas, das Liam und Zo'or und ihre Beziehung zueinander betraf. Aber was?

Wieder dachte er an das Schicksal seines ungeborenen Kindes. Würde Liam ihm wirklich helfen können? Er war sich nicht sicher, aber Liam schien sehr zuversichtlich zu sein. Konnte er es wagen, zu hoffen?
Nein, das würde er nicht, denn nichts war wirklich sicher. Vielleicht war Liam ja gar nicht im Stande, dem Kind zu helfen. Oder vielleicht konnte er es, würde aber mit seinem Leben oder zumindest mit seiner Freiheit dafür bezahlen. Nein, Da'an würde das Schlimmste erwarten.

 
*
 

Liam machte sich noch immer Sorgen um Da'an. Er wusste, Da'an traute Zo'or nicht und er konnte im Augenblick nichts tun, um das zu ändern. Liam war klar, dass Da'an verängstigt und total durcheinander war, aber das würde sich morgen ändern. Je mehr er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, dass er dem Kind wirklich helfen konnte. Er wusste nicht, woher dieses Gefühl kam, aber es war da.

 

Ende von Kapitel 5

 

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