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Taelonbotschaft, Washington Er war des Ganzen so überdrüssig. Eine Mischung aus Wut und Frustration bildete einen harten Knoten in seiner Brust. Die ständigen Streitigkeiten mit Zo'or und Liam, die Machtkämpfe in der Synode, T'than, der ihn abwechselnd umschmeichelte und bedrohte.
„Du willst WAS?”, schrie Zo'or mit aufgerissenen Augen. T'than neben ihm wirkte, als habe er einen Schlag ins Gesicht erhalten. Die Hände des Synodenführers umklammerten krampfhaft die Lehnen seines Stuhls. Alles hatte er erwartet, als Da'an T'than und ihn um ein Treffen gebeten hatte, aber nicht das. Da'an würde gehen, er hatte den Kampf gegen ihn aufgegeben, hatte ihn aufgegeben. Ein unkontrollierbares Zittern durchlief Zo'ors Körper. Er spürte, es war kein Bluff. Da'an würde ihn im Stich lassen, endgültig. Die Kämpfe, die auch ihn belastet hatten, würden enden. „Gut.” Da'an nickte zufrieden. Er hatte seine beiden Kontrahenten im Auge behalten, hatte mit stiller Zufriedenheit das Erschrecken in ihren Gesichtern gesehen. Vermutlich wurden durch seine Abreise alle ihre Pläne zunichte gemacht und sie fragten sich, was er jetzt vorhatte. Sie wären sicher erstaunt, wenn sie es wüssten. Der ehemalige nordamerikanische Companion sah sich beim Verlassen der Bücke noch einmal genau um. Es würde wohl eine lange Zeit vergehen, ehe er hierher oder auf die Erde zurückkehrte, wenn überhaupt. Er bedauerte es nicht. Alles, was er fühlte, war Erleichterung, das alles hinter sich lassen zu können. Er schritt in Richtung Portalraum, in Gedanken bereits am Ziel.
„Da'an hat gekündigt?” Augur klang verwirrt.
Der Medienrummel um Da'ans Ablösung hatte sich gelegt und sein Nachfolger war problemlos akzeptiert worden. Si'va, der neue nordamerikanische Companion, war ein wenig größer als Da'an und sehr feingliedrig, seine Bewegungen waren grazil, schienen jedoch stets zweckgebunden, als wolle er keine Energie verschwenden. Das einzig Auffällige an ihm waren seine Augen, groß und ausdrucksvoll und bisweilen von starken Emotionen erfüllt. Doch meist war seine Mimik undeutbar, als trüge er ständig eine Maske. Liam mochte ihn nicht. Der Taelon verhielt sich ihm gegenüber sehr förmlich, ließ keinerlei Nähe aufkommen. Allgemein schien er für die Menschen nichts übrig zu haben. Mehr als einmal hatte Liam Verachtung und Abscheu in den blauen Augen blitzen sehen. Offensichtlich wollte Si'va genauso wenig hier sein, wie Liam ihn hier haben wollte. Bevor er sich noch weiter in diesen Gedanken vertiefen konnte, piepte sein Global. Mit einem verärgerten Knurren nahm er das Gespräch entgegen und fror förmlich in der Bewegung ein, als er den Störenfried erkannte. Auf dem Mutterschiff angekommen, wurde er von einer Freiwilligen zu einem ihm unbekannten Raum eskortiert, wo Zo'or bereits auf ihn wartete. Der hochgewachsene Alien kam ohne Umschweife zum Thema. Der Taelon bemerkte das Zögern des Menschen und beschloss, sich etwas näher zu erklären. „Si'va ist mit seinem Posten unzufrieden, er wünscht die Rückkehr Da'ans und ich ebenfalls.” Liam glaubte, nicht recht gehört zu haben. Er war auf vieles gefasst gewesen, nur nicht darauf. Er entschied, ehrlich zu antworten. „Ich ziehe Da'an als Companion vor und es ist offensichtlich, dass Si'va das Hier sein verabscheut.” Der Synodenführer lächelte leicht bei diesen Worten, er wirkte zufrieden. „Dann werden Sie mich begleiten.” Völlig überrumpelt, fragte Liam Zo'or nach dem Grund. Und wohin sollte er Zo'or begleiten? „Wir müssen nach Taelon, Da'an aufsuchen und ihn dazu bringen, dass er wieder auf die Erde zurückkehrt. Keine weiteren Fragen jetzt, wir müssen uns beeilen.” Er schien sich bei diesen Fragen etwas unwohl zu fühlen. Liam nickte bestätigend, äußerlich ruhig, doch innerlich jubelte er förmlich vor Freude. Flüchtig fragte er sich, warum ausgerechnet Zo'or Da'an zurückhaben wollte, aber im Moment erschien ihm das nicht weiter wichtig. Zo'or fühlte sich erleichtert. Da'ans Beschützer würde ihn begleiten. Gemeinsam konnten sie seinen Elter vielleicht überzeugen, trotz dessen Sturheit.
Fasziniert betrachtete Da'an die astrometrischen Aufzeichnungen. So etwas bekam man nicht oft zu sehen. „Ich danke dir, dass du mir das gezeigt hast, Ki'na. Diese Vorgänge sind äußerst interessant, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich annehmen, dass sich eine große Anzahl von Taelon-Schiffen im Othala-Sektor sammelt.” Als die Taelons damals in den Raumbereich jener Wesen eindrangen, rettete ihnen nur die Tatsache, dass sie es aus Unwissenheit taten, das Leben. Ihr Raumschiff war sofort und vollständig zerstört worden, doch die Besatzung war einige Tage später unversehrt auf Taelon aufgetaucht. Mit der Besatzung war jedoch auch eine unmissverständliche Warnung eingetroffen. Eine Stunde lang wurde sie auf allen Frequenzen gesendet. Doch für Ki'na, den Wissenschaftler, zählte im Moment nur, dass er dieses Ereignis nicht erforschen konnte, und das dämpfte seine Stimmung erheblich. Da'an wollte gerade einen weiteren Aufmunterungsversuch starten, als er eine vertraute Präsenz im Gemeinwesen wahrnahm. Oh nein, was wollte er hier? Innerlich aufstöhnend begab sich Da'an in Richtung jener Anwesenheit und bereitete sich seelisch und moralisch darauf vor, seinem Kind gegenüberzutreten.
Der Synodenführer fühlte sich ebenso unwohl wie der Major, wenn auch aus anderen Gründen. Er spürte, dass er nicht sehr willkommen war, die Taelons hier begegneten ihm zwar mit Respekt, aber mehr auch nicht. Auch waren sie nicht sehr hilfsbereit, als er sie nach dem Aufenthaltsort Da'ans befragte. Zo'or seufzte leise und machte sich auf eine längere Suche gefasst. Das wurde jedoch nicht nötig, der Gesuchte kam nämlich auf sie zu, bedeutete ihnen, ihm zu folgen und führte sie dann in ein leeres Labor. Dort angekommen, drehte er sich um und blickte Zo'or abwartend an, den Mann beachtete er gar nicht erst. Zo'or wusste nicht recht, wie er beginnen sollte. Major Kincaid rettete die Situation für ihn. „Da'an, wir wollten Sie bitten, dass sie als nordamerikanischer Companion auf die Erde zurückkehren. Si'va ist nicht sehr glücklich mit dem Posten.” Zu Liams Überraschung brachte seine letzte Äußerung Da'an zum Lächeln. Seine Energielinien leuchteten auf, unterstrichen damit den Gesichtsausdruck. „Es hat mich gewundert, dass er der Ernennung zum Botschafter zugestimmt hat, er steht nicht gern im Licht der Aufmerksamkeit. Allerdings habe ich nicht den Wunsch, auf die Erde zurückzukehren. Ich bin hier zufrieden und will den gegenwärtigen Zustand beibehalten.” Bei diesen Worten hatte Da'an sich seinem früheren Beschützer zugewandt und drehte sich nun wieder zu Zo'or. „Richte Si'va bitte mein Bedauern über seine misslichen Umstände aus.” Damit verließ er den Raum. Der Major sah dem zarten Energiewesen fasziniert hinterher. Zum ersten Mal hatte er Da'an in seinem natürlichen Zustand gesehen. Erstaunt stellte er fest, dass er ihn ... schön fand. Er bewunderte die filigranen, wundervoll geschwungenen Energielinien, spürte die Stärke, gemischt mit Verletzlichkeit, die Da'an ausstrahlte. Er hatte in dem Taelon stets nur seinen Mentor und Verbündeten gesehen, später auch den Gegner und Feind, doch jetzt ... gänzlich ungewohnte Gefühle regten sich in ihm. Zo'or war enttäuscht, so hatte er sich das Wiedersehen nicht vorgestellt. Es würde ein hartes Stück Arbeit werden, seinen Elter umzustimmen. Diese Herausforderung wollte er meistern und der Mensch würde ihm dabei eine größere Hilfe als erwartet sein. Deutlich hatte er den Blick gesehen, den dieser Da'an nachgeworfen hatte. Später mochte das zu einem Problem werden, doch im Augenblick war es sicher nur von Nutzen. Plötzlich ging ein Alarm los. Laut und durchdringend wiederholte er ohne Unterlass immer und immer wieder das Gleiche: FEINDLICHE ANNÄHERUNG Geschockt blickten beide sich um und begaben sich dann zeitgleich in Richtung Ausgang. Einige Meter weiter fanden sie Da'an und einen weiteren Taelon, die sich schnell und aufgeregt miteinander unterhielten. Noch ehe einer von ihnen dazu kam, Fragen zu stellen, wandte Da'an sich an Liam. Major Kincaid blickte den beiden beunruhigt nach. Wer oder was auch immer die Station angriff, er würde ein leichtes Spiel haben. Alle Kriegsschiffe der Taelons befanden sich außer Reichweite und würden nicht schnell genug hierher kommen können. Zumindest nicht ehe die Angreifer ein paar schwere Treffer gelandet oder, im schlimmsten Fall, alles zerstört hatten. Irgendjemand schien, diese Aktion gut geplant zu haben. Noch während die beiden Taelons durch die Gänge eilten, erschütterten die ersten Treffer die Forschungsstation. Augenblicke später fiel die Energiezufuhr aus, das Licht flackerte und erlosch. Der Alarm verklang. Der Synodenführer blickte sein Elternteil verunsichert an. Der schien jedoch, genau zu wissen, was zu tun war, und so folgte er ihm weiterhin, Furcht machte sich in ihm breit. Ihr Weg führte sie vorbei an zum Teil schon vollständig zerstörten Räumen. Als sie die Zentrale erreichten, bot sich ihnen auch hier ein Bild der Vernichtung. Zo'or wusste, dass die Taelons, die hier gearbeitet hatten, tot waren, spürte ihren Verlust im Gemeinwesen . Diese abrupte Trennung, dann Leere, die folgte und fortan dort brannte, wo vorher das Selbst eines Taelons gewesen war. Da'an machte sich an einer der Armaturen zu schaffen, versuchte die Selbstzerstörung der Station auszulösen, damit die Technik der Taelons nicht in die Hände der Angreifer, Jaridians, wie er aus den Sensoraufzeichnungen erfahren hatte, fiel. Die meisten Besatzungsmitglieder und Wissenschaftler waren bereits geflohen. Die Wenigen, die noch da waren, hatten bereits das Portal erreicht und auch er und Zo'or würden sich beeilen müssen, um noch rechtzeitig hinzukommen, sonst starben sie hier. In diesem Moment ertönte eine weitere Explosion, der Raum erzitterte, eine der Wände, hinter seinem Kind!, würde nicht mehr lange standhalten, zitterte schon bedenklich. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, warf Da'an sich über Zo'or, riss ihn im Fall aus der Gefahrenzone. Keinen Moment zu früh. Die Wand brach zusammen, begrub einen Teil der Zentrale unter sich. Da'an fluchte innerlich, er würde die Selbstzerstörung nicht mehr aktivieren können, der Schaltmechanismus war soeben zerstört worden. Sekunden später war das jedoch nicht mehr von Bedeutung für ihn, seine schlimmsten Alpträume wurden Realität, als mehrere schwer bewaffnete Jaridians hereinkamen. Zu seiner Überraschung wurden sie jedoch nicht getötet, sondern von den Jaridians auf ihr Schiff, einen Sokara-Kreuzer, gebracht. Man würde sie verhören! In diesem Moment dachte Da'an zum ersten Mal an Selbstmord.
Gleich nach ihrer Ankunft auf dem Sokarakreuzer hatte man ihnen eine Art Energiestabilisator implantiert, um zu verhindern, dass sie sich in den Tod flüchteten. Die Jaridians hatten schon mehrmals Taelon-Gefangene gehabt, die bei erster Gelegenheit Selbstmord begingen. Das wollten sie dieses Mal verhindern, ihre Beute war zu wertvoll. Dann hatte man sie nach Jaridia gebracht und nun waren sie hier. Vor ihnen stand der Führer des jaridianischen Militärs und damit das Oberhaupt seines Volkes. Sein ganzes Gebaren drückte Stolz und Hochmut aus. Sein Gesichtsausdruck war höhnisch und amüsiert. „Ich hatte angenommen, es wäre weitaus schwieriger, mitten im Taelon-Territorium anzugreifen, aber das war bemerkenswert einfach und die ‚Beute’ hat diesen Ausflug mehr als lohnend gemacht.” Gemächlich ging er vor der Zelle auf und ab, starrte dabei die Taelons hinter dem Energieschild an, welche seinen Blick unerschütterlich erwiderten. „Ich weiß zwar nicht, wer du bist”, er wandte sich zu Zo'or, „aber da du noch ein halbes Kind bist, kannst du nicht sehr wichtig sein.” Zo'or wollte ihn zornig zurechtweisen, aber die mentale Version eines in seine Seite gerammten Ellbogens hielt ihn davon ab. *Willst du unbedingt verhört werden? Du bist noch nicht so lange Synodenführer, dass sie davon wissen könnten,* kam es von Da'an, er hatte sich halb zwischen ihn und den Jaridian geschoben. Dem war diese Handlung nicht entgangen, ein berechnendes Glitzern erschien in seinen Augen. „Aber wer du bist, weiß ich dafür um so besser.” Er blickte Da'an an. „Du hast uns in der Vergangenheit viel Ärger gemacht. Da du dich erwartungsgemäß nicht bereit erklärt hast, uns freiwillig zu unterstützen, werden wir dich überreden müssen.” Er winkte zwei Wachen herbei, die Da'an aus der Zelle zerrten. Es dauerte mehrere Stunden, ehe Da'an zurückkehrte. Zo'or hatte die ganze Zeit auf seinen Geist gelauscht, aber sein Elter war abgeschirmt gegen ihn. Als die Wachen den älteren Taelon zurückbrachten, verstand er allerdings den Grund für die geistige Blockade. Da'an hatte seine Fassade verloren, so waren die ihm zugefügten Verletzungen deutlich zu erkennen. Ohne ein Wort oder auch nur eine mentale Note rollte sein Elter sich in einer Ecke zusammen. Er wahrte dieses eiserne Schweigen auch in den folgenden Tagen, als die Wachen ihn wieder und wieder holten und zum Verhör führten. Zo'or fürchtete jedes mal um ihn, ohne Da'an wäre er völlig allein. Aufgrund der großen Entfernung konnte er das Gemeinwesen kaum noch fühlen. Es war ihm auch unmöglich, seinen Tod herbeizuführen. Und ständig fragte er sich, was man mit ihm anzufangen gedachte. Er war bislang kaum beachtet worden.
Die nächsten Stunden nahm er nur noch verschwommen durch einen Schleier aus alles verschlingender Pein wahr. Er wusste, man zwang Da'an, der Folter zuzusehen, er spürte dessen Entsetzten, als sei es sein eigenes, und er betete um ein baldiges Ende seines Leids, während der Raum von seinen Schreien widerhallte. Dankbar fühlte er schließlich die nahende Ohnmacht und ließ sich in ihre Arme sinken.
*Es ist besser, wenn wir nicht laut sprechen, der Raum wird überwacht.*
Liam war verzweifelt, er erinnerte sich an die Ereignisse, die zu Da'ans und Zo'ors Entführung geführt hatten. Wenn ich nur mit ihnen gegangen wäre. Diese Worte hämmerten ständig in seinem Kopf. Vielleicht hätte ich sie beschützen können. Schuldgefühl und Sorgen fraßen sich durch sein Inneres. Er hatte sich eingestehen müssen, dass er sich inzwischen weit mehr aus Da'an machte als früher, und die Unfähigkeit, ihm zu helfen, brachte den Kimera-Mischling fast um den Verstand. Er wusste, die beiden waren auf Jaridia, so viel hatte auch das Gemeinwesen in Erfahrung bringen können, und dass sie noch lebten. Doch Leben bedeutete in diesem Fall Verhör und Folter.
Als er dieses Mal zu sich kam, blickte Mit'gai auf ihn herab. Der Heiler wirkte erleichtert.
Alle Anwesenden wirkten schockiert, als sein Bericht endete. T'than war der erste, der sich wieder fasste. Zo'or nahm dies zur Kenntnis, ohne sich wirklich dafür zu interessieren. Für ihn zählten im Moment ganz andere Dinge. „Wohin fliegen wir im Moment?” Er fragte eher, um die Stille zu durchbrechen, wollte es nicht wirklich wissen. Angestrengt überlegte er, wie er die Synode überzeugen sollte, nach Da'an zu suchen. Sein Elter war nur einer und vielleicht schon tot und auch nach der Kapitulation der Jaridians war ein solches Unterfangen sicher gefährlich. „Wir halten Kurs auf Jaridia. Die Synode wünscht, dass wir Da'an suchen.”
Zo'or spürte, dass Eile geboten war, wenn sie Da'an retten wollten. Er stellte ein Einsatzteam, bestehend aus ihm selbst, Sandoval, Kincaid, sowie einigen fähigen Freiwilligen, zusammen. Der Major hätte sich wohl nicht daran hindern lassen, mitzukommen, anscheinend fühlte er sich mitschuldig an den Ereignissen. Mit einem Shuttle erreichten sie die Oberfläche und landeten in unmittelbarer Nähe jener Basis, in der sich Da'an noch immer befand. Agent Sandoval blieb beim Shuttle, falls ein rascher Rückzug erforderlich sein sollte. Vorsichtig bewegten sie sich durch die nur spärlich beleuchteten Gänge, geführt von Zo'or, ständig auf unangenehme Begegnungen oder einen Hinterhalt gefasst, aber nichts geschah. Die Station war vollständig geräumt. Sie fanden Da'an auf dem Boden seiner Zelle liegend. Die Jaridians hatten ihren ganzen Zorn an ihm ausgetobt. Seine Energielinien glühten nur noch matt, die zarten Strukturen schwer beschädigt oder zerstört. Sein Körper war bedeckt von Wunden, welche ihn noch mehr schwächten. Tränen stiegen Liam in die Augen, er schluchzte in hilflosem Zorn, während er sich zu Da'an hinunterbeugte und den schwer Verletzten behutsam aufhob. Er wog kaum etwas. Schweigend eilten sie zum Shuttle zurück. Einzig das Geräusch ihrer Schritte war zu hören. Liam bemerkte nicht, wie die anderen ihn umringten, fassungslos sein Tun beobachtend. Er teilte seine Energie mit Da'an, während er auf der Suche nach dem Selbst des Taelon dessen Geist durchstreifte. Flüchtige Erinnerungen, die nicht seine waren, erfüllten seinen Geist. Die meisten waren so schrecklich, dass er erschauerte. Er sah, wer Da'an gewesen war und zu was er wurde. Der Taelon hatte viel Unheil zu verantworten. Er spürte die Finsternis, die Da'an lange Zeit umgab, sah Entscheidungen, die der Taelon getroffen und Opfer, die er gebracht hatte; ebenso aber die Gründe für sein Handeln, teilte einen Augenblick Da'ans verzweifelten Wunsch, sein Volk zu retten. Und erfuhr dabei doch so wenig über ihn. Auf der Erde hatte er sich verändert, einen anderen Weg gesehen. Boone hatte Da'an aus der Dunkelheit geführt, hatte ihm gezeigt, dass es noch Hoffnung gab, und ihn Schritt für Schritt auf dem Pfad begleitet, hatte ihm gegeben, was er sich ersehnte, Freundschaft und Akzeptanz. Doch er, Liam, stieß Da'an zurück, als dieser ihn gebraucht hätte. Mit dem Starrsinn eines Kindes hatte er auf seinem Standpunkt beharrt, ohne zu wissen, wie weh er dem Taelon damit tat. Er hatte ihm Vorhaltungen gemacht, ihn bedroht, obwohl der Taelon versucht hatte, sich ihm verständlich zu machen. Endlich fand er Da'an. Sein Geist trieb in einem Meer aus Schwärze, abgeschottet gegen jeden Sinneseindruck und jede mentale Berührung. Eine kleine Flamme, die zu verlöschen drohte. Liam streckte seine Hände aus, berührte die Barrieren, versuchte, sie zu durchdringen. Erst nach mehreren Versuchen gelang es ihm. *Ich zum Beispiel.* *Ich brauche dich, Da'an.* Zo'or war neben Liam getreten. *Du bist ein wertvoller Verbündeter, außerdem hast du die Sympathien der Menschen und bist ein fähiger Botschafter.* *Wenn das der einzige Grund ist ...* Da'an wandte sich ab, um zu gehen. Es hatte sich nichts geändert. Für Zo'or würde er nie mehr sein, dafür lohnte es nicht zu kämpfen, zu leben. *Chi'ma'hé, bitte ... Du weißt, dass ich nie sehr gut darin war, meine Gefühle auszudrücken, aber ... * Sein Kind klang so hilflos. Als er sich umdrehte, sah er, dass Zo'or ihm ebenso wie der Major die Hand entgegenstreckte, mit dieser stummen Geste alles ausdrückte, was er empfand. Langsam trat Da'an näher an die beiden heran, zögernd, noch nicht wirklich überzeugt. Chi'ma'he! Liam war erschüttert. Zo'or war Da'ans Kind. Das hatte er nicht erwartet. Diese beiden, die so verschieden, die Feinde waren, sollten verwandt sein? Er konnte es nicht glauben. Zo'or hatte beobachtet, was geschah und mit erschreckender Klarheit begriffen, dass sein Elter starb. Der Major würde allein nichts ausrichten können. Und er wollte etwas tun, nicht nur hilflos dastehen und zusehen. Hastig hatte er sich neben Da'an niedergelassen und dessen andere Hand ergriffen. Zögernd blickte Liam zu Zo'or, unsicher, was nun geschehen würde. Doch der Synodenführer nickte ihm anerkennend zu, lächelte dabei leicht und wissend. Liam schoss die Röte ins Gesicht, als ihm einfiel, was geschehen war. Er hatte alle seine Gefühle offenbart und nicht nur vor Da'an, Zo'or hatte sie ebenfalls gespürt. Verlegen wandte er sich wieder der Gestalt in seinen Armen zu. Da'an hatte seinen Kopf an die Schulter des Kimera-Mischlings gelehnt und die Augen geschlossen. Noch immer hielt er die Hände seines Kindes und seines Beschützers fest, als seien sie seine einzige Verbindung zum Leben.
Trotz Liams beherztem Eingreifen war Da'an noch sehr geschwächt und daher nicht in der Lage, Widerstand zu leisten, als er zur Erde zurück gebracht wurde. Dort erholte er sich langsam von der Folter. An die Ereignisse auf Jaridia konnte er sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Was in Anbetracht seines Zustandes, als sie ihn fanden, nur ein Segen sein konnte. So konnte er aber leider auch nicht erklären, was mit ihm auf Jaridia geschehen war, was ihn zu einer solchen Tat befähigt hatte. Das würde wohl immer ein Geheimnis bleiben, obwohl Da'an über dieses Thema mehr zu wissen schien, als er zugab.
Sie hatten gerade Si'va verabschiedet, welcher unverzüglich nach Da'ans Wiedereinsetzung als nordamerikanischer Companion hatte abreisen wollen. Liam versuchte schon seit längerem, mit Da'an zu sprechen, es hatte sich bisher aber keine Gelegenheit ergeben. Jetzt nutzte er die Gunst des Augenblicks. Nur was sollte er sagen? Da'an wandte sich ihm mit einem amüsierten Lächeln zu und sah ihm in die Augen, das heißt, er versuchte es, der Beschützer starrte derweil die Wand hinter ihm an. Da'an schwieg jetzt schon einige Minuten, ließ seinen Blick ruhelos schweifen. Liam konnte sich schon denken, bei welchem Thema seine Gedanken weilten. Die Sache schien ihm nicht angenehmer zu sein als Liam. Zögernd setze er sich in Bewegung, um weiterzugehen, als sich eine Hand um seinen Arm schloss. Er wandte sich um und fand sich Auge in Auge mit Da'an. Das Lächeln, das dieser ihm schenkte, war anders als sonst, es war mehr darin als Freundschaft. Dann entließ der Taelon seinen Arm aus seinem Griff und ging zum Shuttle. Liam beeilte sich zu folgen und lief schließlich an seiner Seite. Da'an fühlte Liam zufrieden an seiner Seite und erinnerte sich dabei an Quo'ons Worte:
Epilog
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