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  „Neue Freunde” von Zi'ra,   Februar 2011
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Die Suche nach dem Mann der Träume ist auch dieses Mal wieder sehr enttäuschend für Cleo und Renee. Es sieht so aus, als würde alles wieder auf ein Weihnachtsfest unter zwei Freundinnen hinauslaufen, doch am Weihnachtsabend kommt dann doch noch die große Überraschung.
Zeitpunkt:  zwei Jahre nach der 4. Staffel
Charaktere:  Zo'or, Da'an, T'than, Mit'gai, Liam Kincaid, Ronald Sandoval, Renee Palmer, Cleo Crystal
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2009 geschrieben.
 

 

NEUE FREUNDE

 


Gut verpackt in ihrem hellbeigen Kunstpelzmantel stöckelte Cleo an diesem, wettermäßig schönen, Mittwoch Nachmittag den Boulevard entlang und hielt, neben einem kleinen Schaufensterbummel, immer wieder Ausschau nach einem ansprechenden, männlichen Individuum. Doch weit und breit waren hauptsächlich nur Pärchen zu sehen. Arm in Arm. Vermutlich sollte sie auch dieses Jahr wieder kein Glück haben. War es denn wirklich so schwierig den richtigen zu finden? Oder sollte sie sich lieber finden lassen? Cleo hielt tiefseufzend inne, als ihr Blick plötzlich auf das Bild eines vor Glück strahlenden Pärchens hinter einem der vielen Fenster fiel. Ein Hochzeitsfoto! Ganz romantisch auf einer weißen Kutsche, geziert von einer goldenen Inschrift: Just married! - weich gebettet von einer edlen roten Decke und gezogen von zwei schneeweißen Pferden. Dabei dachte Cleo, dass es sowas nur in diesen verträumten Disney-Filmen gab, aber anscheinend hatten manche Menschen wirklich das große Glück solche Dinge wahr werden zu lassen. Und sie war es ihnen auch vergönnt, keine Frage, aber das Alleinsein legte sich einem erst in der stillen Zeit wieder wie ein harter Brocken auf das Herz und solche Bilder trugen nicht unbedingt zur Verbesserung dieser Lage bei. Am besten ging sie schnell weiter, weg von diesem Bild und weg von diesen vielen, sich liebenden Menschen. Cleo konzentrierte sich lieber auf ihren kondensierenden Atem und entschloss sich dazu, wenigstens einen Kaffee trinken zu gehen, um nicht ganz umsonst rausgegangen zu sein. Starbucks war das nächstgelegene und hatte guten Kaffee, was man so hörte. Und vielleicht auch einen netten Mitarbeiter? Der Gedanke an Zweisamkeit ließ die Agentin einfach nicht mehr los. Eigentlich sollte sie sich ja freuen, dass sie heute mal wieder frei hatte, aber es wäre ihr ehrlich gesagt lieber gewesen, den Tag, wie sonst auch, von morgens bis abends auf dem Mutterschiff hinter ihrem Schreibtisch zu verbringen. Da war sie wenigstens abgelenkt und konnte nicht viel über die Liebe nachdenken, aber Zo'or musste ihr ja unbedingt einen freien Tag aufhalsen. Cleo fing an sich darüber zu ärgern, dabei half ihr das doch auch nicht aus der Situation.

Endlich in der warmen Stube und die dicke Wolke aus Kaffeearoma hätte Cleo auch fast erschlagen, als sie zur Tür hereinkam. Selbstverständlich war alles überfüllt, aber irgendwo würde sich schon noch ein Plätzchen für sie finden. Wenigstens hatte sie jetzt mal die Gelegenheit den Mantel abzulegen und ihr neugekauftes Kleid in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, wenngleich es auch niemanden zu interessieren schien. Es war wohl ein fälschlicher Gedanke ihrerseits, mit diesem schlichten, schwarzen Fetzen von Versace aufzufallen und vielleicht sogar noch jemanden aufzureißen. Etwas enttäuscht über die nichtvorhandene Beachtung der anderen Gäste hielt sie sich an ihrem Kunstpelz fest und versuchte einen Becher Kaffee zu ergattern. Im letzten hinteren Eck fand Cleo dann auch noch einen Sitzplatz. Eine Wohltat! Fenster zum rausgucken hatte sie zwar keines, aber die Leute die hier drin saßen, waren auch ganz nett zu beobachten. Cleos Blick blieb an einer roten Perücke hängen. Die dazugehörige Dame hatte entweder das gleiche Schicksal getroffen wie sie, oder wartete auf jemanden. Was auch immer es schließlich sein würde, Cleo würde deswegen immer noch allein hier rumsitzen. Ihr Blick schweifte quer durch das Lokal. Weit und breit waren fast nur Pärchen zu sehen, die wenigen, welche allein zu sein schienen, waren entweder Frauen, oder Männer die bereits so alt sein mussten, dass sie ihre Väter sein könnten.

„Cleo?”, wurde sie plötzlich von schräg hinten angesprochen und zuckte daraufhin kurz zusammen. Moment mal! Diese Stimme kannte sie doch! Sie drehte sich blitzschnell um „Renee!” Was machte sie denn bei Starbucks? Wobei, diese Frage hätte Cleo sich auch selbst stellen können. Freudig bot sie Renee einen Platz an ihrem sowieso viel zu kleinen, runden Tischchen an und schob noch schnell (platzschaffend) ihre Handtasche zur Seite, woraufhin Renee sofort dankend den Platz besetzte. Ja, sie waren Freundinnen! Unglaublich aber wahr. Die eine, die mit Leib und Seele für die Taelons arbeitete und die andere, die immer mit Herzblut dagegen kämpfte. Und trotzdem hatten die beiden irgendwann eine Ebene gefunden auf der sie sich prima verstanden.
„Du hast heute einen freien Tag?”, grinste die Blondine frech und zog ihre Augenbrauen hoch.
„Ja”, kam eine knappe Antwort und Cleo nippte vorsichtig an ihrem heißen Kaffee.
Renee fing an zu schmunzeln, „Zo'or gibt dir einfach so frei?” Das konnte sie nicht glauben. Zo'or war ein Taelon der schlimmsten Sorte, niemals würde der die Gutmütigkeit besitzen jemandem frei zu geben, nur weil die Weihnachtsfeiertage vor der Tür standen und sonst sowieso schon gar nicht.
„Wenn ich frei haben will, dann krieg ich auch frei. Sogar, wenn ich nicht will!”, konterte die Agentin überzeugt. Sie wusste, dass sich die Einstellung ihrer Freundin den Taelons gegenüber noch nicht viel geändert hatte.
„Ach wirklich?”, stellte Renee ihre Aussage in Frage.
Ein bisschen eingeschnappt antwortete Cleo, nahm sich währenddessen aber schon vor, das Gespräch baldmöglichst in eine andere Richtung zu lenken. „Natürlich! Zo'or ist doch kein Diktator, oder so...”, sie rollte mit den Augen und fing in diesem Moment an darüber nachzudenken, was sie gerade eben gesagt hatte. „Naja, vielleicht ein bisschen”, schmunzelte sie dann doch noch. „Aber seit die Taelons ihre Energiekrise überwunden haben, sind sie alle viel entspannter!”, merkte sie noch an. „Doch, ehrlich!”, fügte Cleo hinzu als Renee plötzlich laut aufseufzte. „Außerdem warst du auch schon ewig nicht mehr in der Botschaft, geschweige denn auf dem Mutterschiff!”, warf sie der Blondine vor.
Ja natürlich! Ein entspannter Zo'or, der Cleo vielleicht auch noch anfängt Kaffee zu kochen, weil er sich ja so geändert hatte. Renee rollte mit den Augen und musste doch grinsen. Was ihre Freundin nicht alles auf die Taelons hielt. Es war Renee noch ein bisschen unbegreiflich.

„Was machst du dieses Jahr an Weihnachten?”, fragte Renee, hintergründig anklingen lassend, ob sie dieses Mal auch wieder gemeinsam feiern würden.
Cleo zuckte mit den Schultern. Sie wusste es wirklich nicht. „Jedenfalls werde ich nicht arbeiten!”, tat sie kund und führte sich mit einem letzten, großen Schluck den Rest Kaffee zu Gemüte. „Wollen wir wo anders hingehen?”, meinte sie mit Dackelblick zu Renee. Die Blondine nickte, leerte ihren Becher, stand auf und packte sich in ihren roten Stoffmantel mit großen schwarzen Knöpfen ein. Es sah fast so aus, als könnte es ihr nicht schnell genug gehen den Laden endlich wieder zu verlassen. Die beiden Damen marschierten durch die Tür und atmeten draußen erst einmal tief durch. Ah, Frischluft! Erst jetzt bemerkten die beiden, wie müde sie in dem gnadenlos überfüllten Lokal eigentlich geworden waren und beschlossen einstweilen an der frischen Luft zu bleiben. Sie steuerten auf den gegenüberliegenden Park zu. Dort würde ihnen wenigstens der Verkehr erspart bleiben. Nur die unzähligen verliebten Pärchen nicht, die nahmen wirklich jeden Bereich der Stadt in Anspruch.
Die beiden Freundinnen spazierten den Weg entlang und bis auf die niederen Temperaturen war es auch ein sehr schöner Tag zum Spazierengehen. Die Sonnenstrahlen schienen durch die Äste der Bäume, die sich wie eine Kuppel über den Weg geformt hatten und brachten das bisschen Schnee, welcher an ihnen hängengeblieben war, zum glitzern. Hier und da waren ein paar kleine Vögelchen zu sehen und bei einer älteren Dame auf der Bank an der sie gerade vorbeikamen, schienen sie sich besonders wohl zu fühlen. Klar, wenn man das Essen so bequem vor die Füße geworfen bekam, anstatt ewig danach suchen zu müssen!
Renee starrte die alte Dame eine Weile an, bis sie sich plötzlich ein bisschen merkwürdig dabei vorkam. Aber das Gesicht dieser Frau glänzte in der Wintersonne ebenso schön wie der Schnee auf den Bäumen und ihr Anblick zauberte Renee ein Lächeln ins Gesicht.
„Bezaubernd, nicht?”, lächelte Cleo ihrer Freundin zu, „wie gut Menschen und Tiere miteinander auskommen können, obwohl sie doch so verschieden sind.” Sie winkte kurz der Dame auf der Parkbank zu, als diese die beiden Frauen bemerkt hatte und ihnen einen strahlenden Blick schenkte.
Renee wusste, dass das eine Anspielung auf das Verhältnis zwischen Taelons und Menschen sein sollte, aber sie fand, das war etwas völlig anderes und konnte man unter keinen Umständen miteinander vergleichen. Aber Cleo zuliebe wollte sie sich nicht gegen den Versuch ihr einzureden, dass man mit den Außerirdischen gut auskommen konnte, wehren.
„Wenn du willst, können wir ja dieses Jahr Weihnachten auch wieder gemeinsam verbringen!”, schlug Renee, das Thema wechselnd, vor.
„Gern!”
„Sofern nichts dazwischenkommt natürlich”, warf die Blondine noch ein und Cleo nickte heftig, „Wenn nichts dazwischenkommt!”

* * *

Der Donnerstag brach an und Cleo begann, wie immer, viel zu früh ihren Dienst auf dem Mutterschiff. Manche Leute fanden es etwas eigenartig, dass eine FBI-Agentin sich zu einer „Tippse” degradieren hatte lassen, aber Cleo empfand es meist nicht als Abstieg, sondern als sehr angenehm, regelmäßige Arbeitszeiten und das Wochenende frei zu haben. Wobei sich die Wochenenden oft sehr in die Länge zogen und das passte ihr wieder so gar nicht in den Kram. Außerdem war sie keine Tippse, sondern eine Art Verwaltungsangestellte, die sich unter anderem um die Sicherheit der Mutterschiff-Datenbank kümmerte. Die einzigen die sich noch regelmäßig im Außendienst beschäftigten waren Major Kincaid und Agent Sandoval. Früher war Cleo T'than's Beschützerin gewesen, aber diesen Umstand hatte der Kriegsminister vor einiger Zeit geändert. Cleo war nicht besonders glücklich darüber und äußerte sich diesbezüglich nicht, sofern es nicht unbedingt sein musste.
Seit es die Energiekrise für die Taelons nicht mehr gab, war das Arbeiten auf dem Mutterschiff noch viel schöner. Keiner war mehr Implantiert! Auch wenn Renee ihr das bis heute noch nicht geglaubt hatte, aber es war so. Es herrschte mittlerweile ein allgemein gutes Vertrauen zwischen den Taelons und den Menschen, wobei es natürlich immer noch ein paar Ausnahmen gab - sie dachte zum Beispiel an Renee.

* * *

„Guten Morgen Zo'or!”, begrüßte Cleo den Synodenführer. Um viertel vor sieben! Wo ihr Dienst offiziell eigentlich erst um acht anfing und das war schon extra für die Agentin so eingerichtet worden.
„Hatten Sie gestern einen schönen Tag?”, fragte Zo'or und nickte höflich zur Begrüßung.
Cleo starrte ihn an. Schön? „Äh, ja, sicher!”, flunkerte sie ein ganz kleines bisschen. Zugegeben, Renee zu treffen hatte ihr den Tag gerettet und das sie eigentlich gar nicht frei haben wollte, wusste Zo'or nur zu gut.
Er grinste. Zo'or war ein Schelm. Ja, wirklich! Aber ein netter Schelm. Tatsächlich stand auf Cleos Schreibtisch eine Tasse frisch gebrühter Kaffee nach der sie sofort griff.
„Von Major Kincaids Maschine”, merkte der Synodenführer an, „Ich weiß, dass sie keinen anderen trinken.”
„Danke!”, lächelte sie und setzte sich an den Computer. Ab dann war es wie immer. Nach und nach trudelten die Freiwilligen ein und um etwa neun kam dann auch Sandoval zum Vorschein. „Morgen Zo'or! Cleo!”, grüßte Ronald und warf ihr einen Brief auf den Tisch. Ihr Name stand drauf, also riss sie ihn sofort an sich.
„Nein!”, unterbrach Ronald sie lautstark, „Machen Sie den nicht jetzt auf.”
Cleo starrte Ronald verwirrt an und legte langsam den Brief wieder zur Seite, so langsam, dass man meinen könnte, er würde sonst explodieren. Dann stand sie plötzlich auf. Kaffee war alle! Mit der XXL-Kaffeetasse in der Hand und den Worten „Ich bin gleich wieder da!”, verschwand sie kurzerhand in die Botschaft, wo Major Kincaids Kaffeemaschine stand.

„Guten Tag, Agent Crystal”, wurde sie von Da'an sehr freundlich begrüßt und sogar angelächelt.
„Feiern Sie dieses Jahr auch mal Weihnachten?”, fragte Cleo den Botschafter neugierig, „Immerhin tun es die Jaridians auch!” Sie bediente sich an Liams Kaffee.
Da'an schmunzelte. Er dachte daran, dass er wohl nicht alle Taelons dazu überreden konnte, dieses Fest zu feiern, aber ein paar würden ja schon ausreichen.
„Vielleicht”, antwortete er Cleo.
Sie verkrümelte sich auch gleich wieder aufs Mutterschiff, da Liam auch nicht da war, um einen kurzen Plausch zu halten und ohnehin noch genug Arbeit auf sie wartete.
Nicht nur Arbeit, wie sie sogleich feststellen durfte, als sie zurückkam. T'than stattete Zo'or gerade einen kleinen Besuch ab. Cleo reagierte auf Bemerkungen seinerseits sehr empfindlich. Er war in der Vergangenheit nicht sehr nett zu ihr gewesen und hatte sich auch nie dafür entschuldigt. Nicht wie Zo'or das getan hatte, nachdem sich für die Taelons das Problem mit der Grundenergie gelöst hatte. Nein, der Kriegsminister war einfach nur gemein, immer noch! Jedenfalls empfand Cleo es so. Außerdem hatte er sie als seine Beschützerin förmlich weggeschmissen, mit Worten an die sie sich gar nicht mehr erinnern wollte, aber jedesmal wenn sie ihn sah, musste sie daran denken, wie er meinte, sie wäre ein nutzloses und vollkommen wertloses Objekt, sowohl für Taelons als auch für Menschen und dass sie sich nicht zu wundern bräuchte keinen Mann zu haben, wenn man nur so vor jeglicher Inkompetenz strotzte. Und das war nichts, was man in der besinnlichen Zeit gebrauchen konnte, schon gar nicht, wenn man zu Hause allein war. Wenngleich sie auch daran dachte, dass man von T'than wohl auch nichts anderes erwarten konnte.

* * *

Cleo begrüßte den Kriegsminister dennoch sehr förmlich auf taelonische Art. Mehr war nicht drin! Dass er nicht mal diese Geste erwiderte brach ihr fast das Herz. Ja! Sie mochte immer alle Taelons, auch T'than, obwohl er sie oft genug spüren ließ, wie unwichtig ihm so etwas scheinbar war und er mit den Worten, die ihr immer noch im Gedächtnis hingen, ihre wohl verwundbarste Stelle getroffen hatte.
Cleo musste sich zurückhalten nicht laut und tief zu seufzen, sie schluckte es einfach hinunter und vertiefte sich in irgendwelche Zahlen auf ihrem Bildschirm.
Es dauerte, bis der Kriegsminister endlich wieder verschwunden war, allerdings mitsamt Agent Sandoval und Zo'or, der erst gegen Mittag wieder erschien.
Den Nachmittag verbrachte Cleo damit, sämtliche noch nicht bearbeiteten Urlaubsanträge endlich genehmigen zu lassen und diverse andere Kleinigkeiten, mit denen sich außer ihr keiner beschäftigen mochte.
Ausnahmsweise ging sie heute auch mal zeitig, um fünf, nach Hause. Da war sie zwar allein, konnte aber endlich den Brief öffnen, den ihr Sandoval gegeben hatte. Neugierig und hektisch zog sie das Papier aus dem Umschlag.

- Samstag, 18:00 Uhr in der Botschaft, wichtig!!! Sandoval. -

Wow, sehr informativ, war Cleos erster Gedanke dem ein Schulterzucken folgte. Aber sie würde schon hingehen, es stand ja auch, dass es wichtig sei. Mit drei Ausrufezeichen! Aber was am Weihnachtsabend in der Botschaft so wichtig sein konnte, war ihr noch ein Rätsel.

* * *

So, nun war es soweit. Vergeblich hatte Cleo die restlichen Stunden des vergangenen Freitags und den ganzen heutigen Tag darauf gewartet, das sich Renee, nach ein paar Versuchen sie zu erreichen, bei ihr meldete. Von wegen den Weihnachtsabend gemeinsam verbringen. Dafür hatte sie die Zeit so nebenbei fürs Geschenke kaufen genutzt. Wobei sie sich nicht sicher war, ob sich Da'an und dergleichen über einen Plüschtaelon freuen würden, aber einen Versuch war es ihr wert. Denn wenn sie schon an Weihnachten wohin ging, dann wollte sie auch etwas mitbringen. Das gehörte sich so. Auch das Geschenk für Renee nahm sie mit, für den Fall, dass sie sich später doch noch treffen würden.
Cleo packte alles in eine etwas größere rote Tasche, wo auch noch sehr schön und offensichtlich „Merry Christmas” in goldener Schrift drauf stand. Andere bekam man zu dieser Zeit auch kaum. Sie kontrollierte noch schnell ob auch alle Elektrogeräte und das Feuer im Kamin aus waren. Gut, alles aus. Zur Sicherheit sah sie auch nochmal bei allen Wasserhähnen nach, ob sie vielleicht einen vergessen hatte abzudrehen. Sie war nervös! Das wurde Cleo bewusst, als sie zum dritten Mal nachkontrollierte, ob der Herd auch wirklich aus war. Das tat sie sonst auch nie, weil sie sowieso sehr selten etwas darauf kochte, aber heute gleich drei Mal? Es war die Unwissenheit. Dieser Brief von Sandoval hatte sie total aus dem Konzept gebracht. Mehrmals hatte sie ihn noch zur Hand genommen, um irgendwo auf dem Papier nach einem kleinen Satz, der einen Hinweis beinhalten könnte, zu suchen, doch da war nichts! Und sie hatte noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt genauer nachzufragen. Denn genau wie Renee, hatten sich auch Agent Sandoval und Major Kincaid nicht gemeldet, als sie versuchte die beiden auf ihren Globals zu erreichen und gestern war Sandoval den ganzen Tag auch nicht auf dem Mutterschiff gewesen. Auch Zo'or selbst, war etwas seltsam gewesen, er hatte die meiste Zeit versucht ihr aus dem Weg zu gehen, beziehungsweise tat er das auch, indem er sich lieber, während Cleos gesamter Arbeitszeit, in der Botschaft oder sonstwo aufhielt.
Jetzt musste sie aber wirklich los, stellte die Agentin erschrocken fest, als sie auf die Uhr sah. Es war bereits zehn vor sechs. Ein Hoch auf die Portale und sie hatte auch noch das Glück, das eines davon fast vor ihrer Haustür stand. Ihr Arbeitsweg nahm daher in etwa fünf Minuten ein, wenn überhaupt. Sie musste sich zusammenreißen nicht noch einmal alles auf seine Richtigkeit zu überprüfen, biss sich auf die Unterlippe, warf sich den Mantel um und huschte mit der Tasche voller Geschenken zur Tür hinaus. Es war windig. Extrem windig und die Haare, sowie auch unzählige Schneeflocken, flogen Cleo nur so um die Ohren, also beeilte sie sich, so schnell wie möglich das Portal zu erreichen. Geschafft! Und schwupps stand sie auch schon in der Botschaft. Sie freute sich jedesmal aufs Neue darüber, wie schnell das ging.

* * *

Tja, das war es aber dann auch schon mit der Freude. Irritiert blickte sich Cleo um. Keiner da! Es herrschte absolute Totenstille. Das die Freiwilligen nicht da waren ging ihr ein, die hatten an solchen Feiertagen sowieso immer frei. Sie tat ein paar Schritte in Richtung Korridor und siehe da. Ihr fiel glatt die Tasche aus der Hand. Erstaunt starrte sie auf zwei scheinbar unendliche Girlanden jeweils an den Seitenwänden des Korridors, geschmückt mit kleinen und großen Kugeln in den verschiedensten Farben. Manche mit silbernen Glitzer und andere die matt, aber trotzdem einen besonderen, farblichen Akzent setzten. Auf dem Boden standen sogar kleine Laternchen, eines nach dem anderen, den Gang entlang, fast so, als würden sie als Wegweiser dienen. Vielleicht taten sie das ja?
Cleo wurde heiß. Sie zog sich den dicken Mantel aus und legte ihn sich über den Arm, dann nahm sie die Tasche wieder in die Hand und ging langsamen Schrittes ein Stück weit in den Korridor hinein. Ihr Herz klopfte. Cleo war zu Hause schon nervös gewesen, was sich durch die schockierende Totenstille jedoch schnell geändert hatte, aber jetzt fing es wieder an. Nein, nicht richtig nervös, eher aufgeregt. Hatte Da'an sich etwa entschlossen doch Weihnachten zu feiern? Anscheinend! Gespannt, was jetzt wohl noch auf sie zukommen sollte, ging sie weiter und bestaunte immer wieder diese wirklich lange Girlande, die sich den gesamten Gang entlang zog. Und es duftete plötzlich so gut. Cleo kannte diesen Geruch, das waren ganz eindeutig Kekse. Schokoladenkekse! Von denen konnte sie einfach nie genug kriegen und hatte deshalb auch immer genügend Vorrat, um neben der Arbeit immer was zum Naschen zu haben. Und es kam noch besser! Kaffee lag in der Luft. Das wichtigste überhaupt.
Eilig ging sie die letzten Schritte weiter und als sie am anderen Ende des Korridors mit den hübschen Girlanden und den kleinen Laternchen ankam, blieb Cleo einen Moment lang wie versteinert stehen. Der Raum war noch viel schöner und aufwendiger dekoriert, als der Gang eben. Auf einem Tischchen auf der anderen Seite des Raumes, standen auch die Kekse und der Kaffee und an einem langen edlen Tisch, mit einem roten Läufer und kleinen Kränzchen mit kleinen Teelichtern in der Mitte, stand jemand, mit dem sie hier in der Botschaft überhaupt nicht gerechnet hatte. Renee! In diesem Augenblick machte Cleos Herz einen Sprung.
„Renee!”, jauchzte sie vor Freude und Überraschung und ließ Tasche und Mantel auf der Stelle fallen, um ihre Freundin dann fast bis zur Bewusstlosigkeit zu umarmen.

* * *

Die Blondine musste aufpassen, nicht den Teller aus der Hand zu verlieren, welchen sie eigentlich noch schnell zur Vollendung der Tischdekoration an seinen Platz legen wollte. Aber sie freute sich mit. Sehr sogar! Renee wusste, wie viel es ihrer Freundin bedeutete.
„Du wusstest es die ganze Zeit schon und hast mir nichts gesagt. Wie unverschämt!”, wurde sie von Cleo beschuldigt, ihr diese Überraschung selbstverständlich vorenthalten zu haben. „Es war aber bestimmt nicht deine Idee?”
Renee biss sich auf die Unterlippe. Sie war tatsächlich nicht ganz freiwillig gekommen. „Liam hat mich überredet und naja, ich bin hauptsächlich wegen dir hier”, gab sie zu. Aber es war auch egal und trübte die Freude kein bisschen.
Die beiden Frauen strahlten sich gegenseitig an und in ihren Augen war ein deutlicher Schimmer zu erkennen.
„Kann ich dir irgendetwas helfen?”, fragte Cleo.
„Du kannst die Geschenke unter den Baum legen. Jedenfalls nehme ich an, dass du in deiner Tasche welche hast”, lächelte Renee und schielte auffällig zu diesem überwältigenden Prachtexemplar eines Weihnachtsbaumes - mit so wunderschönen blauen, silbernen und violetten Kugeln, viel Lametta in den gleichen Farben, sowie kleinen und großen Strohsternchen, Tannenzapfen, vielen Kerzen und natürlich der schönsten Baumspitze in Silber, die man sich vorstellen konnte.
Cleo schnappte sich ihre Tasche und packte ein Geschenk nach dem anderen unter den Baum, danach hing sie ihren Mantel, der noch sehr deplatziert auf dem Boden herumlag, über einen Stuhl.
„Oh gut, noch mehr Geschenke!”, grinste Sandoval vergnügt, als er plötzlich hereinstürmte, „Und Sie haben sich auch schon ihren Platz reserviert, wie ich sehe.”
Renee war mit der Anordnung des Bestecks endlich fertig geworden, dazwischen waren insgesamt vier Plätze ohne Geschirr, was nur eins bedeuten konnte. Das waren die Plätze der Taelons. Vier? Wer konnte das sein? Da'an, vermutete Cleo sofort, der war sowieso nie wie die anderen Taelons gewesen und eventuell, oder wahrscheinlich Zo'or, aber wer sollten die anderen beiden sein? Nun, sie wollte sich mal überraschen lassen.
Der Erste kam auch sogleich. Es war Da'an! Der Botschafter begrüßte Cleo freundlich wie immer und begutachtete den Baum und die darunterliegenden Geschenke, die eine beachtliche Anzahl erreicht hatten. „Achtzehn”, gab Da'an bekannt und marschierte dann direkt auf diese zu. Offenbar begeisterte ihn die Vielfalt an buntem Geschenkpapier und den Schleifen, die am einen oder anderen Päckchen angebracht waren. Er inspizierte alles genauestens.
Bald schon kam auch Liam mit Mit'gai im Schlepptau. Da war also der Nächste! Der Heiler machte einen etwas unbeholfenen Eindruck, was nur allzu Verständlich war, immerhin hatte er es bisher noch nie mit einem derartigen Fest zu tun gehabt. Cleo lächelte ihn an, wie sie es meistens tat. Einfach nur freundlich, während Mit'gai sich erst einmal irritiert umsah.
„Hey Cleo! Na, sind sie überrascht?”, fragte Liam breitgrinsend und überließ Mit'gai sich selbst.
„Ja! Und wie”, sie schüttelte noch leicht ungläubig den Kopf, um dadurch vielleicht aus einem möglichen Traum zu erwachen, aber es änderte sich nichts.
Dann kam Zo'or!

* * *

Cleo machte sich auf, um sich den einsamen Schokokeksen anzunehmen, da stellte sich ihr der Synodenführer plötzlich in den Weg. „Guten Abend, Agent Crystal! Auf Ihrem Schreibtisch liegen noch ein paar offene Akten und ich dachte, wo Sie schon hier sind, könnten Sie diese, der Ordnung halber, gleich verstauen”, sprach Zo'or höflich, aber direkt. Damit hatte sie jetzt zwar nicht gerechnet, aber Cleo nickte, machte ein freundliches Gesicht und begab sich kurzerhand aufs Mutterschiff. Sie überlegte auch, welche Akten das nur sein konnten? Sie ließ doch nie etwas offen liegen. Niemals! Egal, welche auch immer es waren, die wären im Handumdrehen weggeräumt. Sie wollte gerade die Brücke betreten, als ihr mit einem Mal der Atem stockte. Zwei ihr sehr bekannte Augen sahen sie an, aber etwas war anders.
„T'than?” Cleo grüßte den Kriegsminister auf die übliche Weise. Taelonisch. „Zo'or ist in der Botschaft!”, merkte sie sogleich an, doch es schien den Taelon nicht zu interessieren, oder er wusste es bereits.
Die Agentin ging leicht verwirrt an ihren Schreibtisch, wo sie allerdings keine offenen Akten vorfand, wie Zo'or gemeint hatte.
„Es war ein Vorwand!”, erklärte der Kriegsminister schließlich, als er sah, dass seine ehemalige Beschützerin ganz offensichtlich nicht recht wusste, was das sollte. „Ich wollte einen Moment mit Ihnen allein sprechen!”, wobei wollte, nicht ganz ehrlich war, da Da'an ihn in letzter Zeit, was das Verhältnis zwischen Taelons und Menschen anbelangte, sehr bearbeitet hatte.
Cleo zog die Augenbrauen nach oben. Weit nach oben. Noch weiter und sie wären ihr vielleicht davongeflogen. War das jetzt ein Grund zum fürchten? Und das am Weihnachtsabend?
„Es gab ein paar unschöne Dinge in der Vergangenheit, die ich mit Ihnen nun klären sollte”, fing der Kriegsminister an und er tat sich etwas schwer, denn etwas auf diese Weise zu klären entsprach irgendwie so ganz und gar nicht seiner Art.
Cleo war sprachlos und wartete erstmal ab.
„Da'an hat mich bereits des Öfteren darauf aufmerksam gemacht, wie sehr gewisse Worte Sie verletzt haben”, gab er zu und fing auch sogleich an, sich zu verteidigen, „Ich stand kurz vor meinem Ende. Meinem Tod. Was natürlich nichts von dem entschuldigt, was ich zu Ihnen gesagt habe.”
Cleo starrte den Taelon an. Ob er das ernst meinte? Aber er wäre bestimmt nicht hier, wenn es nicht so wäre, überlegte sie. So gut kannte sie T'than eigentlich, dass sie wusste, er würde dem andernfalls einfach aus dem Weg gehen. Wobei man seinen Worten sehr gut entnehmen konnte, dass Da'an ihn wohl ein klein wenig unter Druck gesetzt hatte. Wie auch immer.
„Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Agent Crystal”, fuhr er fort, „Eigentlich möchte ich gar nicht hier sein. Mir lag nie wirklich etwas an diesem Planeten, geschweige den an ihrer Spezies.” Er musterte die Agentin argwöhnisch, „Es bleibt mir aber nichts anderes übrig, als ihn jetzt als neue Heimat zu akzeptieren. Wir werden diesen Planeten nämlich allen Anschein nach nicht wieder verlassen.”
„Das tut mir Leid für Sie, T'than”, meinte Cleo nicht gänzlich ehrlich, aber gut gespielt einfühlsam, wobei sie sich nicht ganz sicher war, ob das einen Taelon, außer vielleicht Da'an, in irgendeiner Weise trösten konnte.
„Ich danke Ihnen!”, brummte er und hielt einen Moment inne, „Hören Sie, wenn ich jetzt nicht mit Ihnen mitgehe um dieses ? Weihnachten zu feiern, dann wird mir Da'an das gesamte nächste Jahr damit in den Ohren liegen”, was er vollkommen ernst meinte und leicht gequält klang.
Cleo musste schmunzeln. Sie fand die Vorstellung, dass Da'an den Kriegsminister vollnörgeln würde, wenn er nicht spurte, einfach herrlich.
„Dann können wir jetzt zu den anderen gehen?”, fragte der Taelon und marschierte währenddessen schon voran, gefolgt von einer amüsierten und zugleich leicht verblüfften Agentin, die ein paar Sekunden brauchte, um zu realisieren, dass der Kriegsminister gleich Weihnachten feiern würde.

Wieder zurück am Ort des Geschehens, sah Cleo, wie alle irgendwo am werkeln waren. Da'an hatte sich nach den Geschenken den Weihnachtsbaumkugeln zugewandt, Liam stellte gerade eine Kanne Tee auf den Tisch neben den Keksen, Renee bastelte schon wieder an der Tischdekoration, wobei Mit'gai ihr tatkräftig zusah und Zo'or war wohl auf der Suche nach einem Geschenk für sich. Sandoval ging ab! Allerdings änderte sich das innerhalb einer Millisekunde nachdem Cleo sein Fehlen bemerkt hatte.
Da kam er plötzlich herein und der Agent hatte auch noch einen Servierwagen dabei, der eine sehr appetitanregende Duftwolke mit sich zog.
„So, bitte setzen, sonst wird das Essen kalt!”, forderte er die anwesende Truppe auf, die ihm brav folgte und fing kurz darauf auch schon an zu servieren. Wie ungewöhnlich sich von seinem Vorgesetzten bedienen zu lassen. Und wo hatte er das Essen her? Lieferservice? Cleo grinste. Auch, weil sie Renee direkt gegenüber saß und Mit'gai zu ihrer Rechten am einen Ende des Tisches platziert war. Der Heiler blickte etwas schief auf die Mahlzeiten die Ronald gerade den beiden Damen serviert hatte, aber er musste ja zum Glück nichts davon selbst essen.
Nachdem sich auch Ronald endlich am Tisch eingefunden hatte und der Synodenführer als Startschuss für das Essen jedem einen guten Appetit gewünscht hatte, stellte Da'an plötzlich fest: „Ich würde gerne wissen, wie so eine Entenbrust schmeckt” und schielte grinsend zu seinem Beschützer. Liam grinste dem Botschafter zurück und hob wie selbstverständlich seine Hand und bot sie dem Taelon für ein Sharing an. Als hätten die beiden das schön öfter gemacht! Und was sein Elter machte, wollte Zo'or nachmachen und forderte Agent Sandoval mit einem schrägen Blick auf, ihm dabei zu helfen. Während Renee und Cleo erst etwas verblüfft auf diese Szene starrten und T'than und Mit'gai ebenso wenig danach zu streben schienen es den anderen gleich zu tun, wollten sich die Damen allein! an ihr Essen machen.
„Nun, was ist?”, fragte Da'an frech grinsend und warf dem Kriegsminister einen besonders eindringlichen Blick zu.
T'than leuchtete kurz, aber stark auf. Wohl ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er Sharingmäßig auf keinen Fall nachgeben würde und hätten die beiden Damen am Tisch aufleuchten können, dann hätten sie es getan! Mit'gai machte stattdessen eher den Eindruck, auf der Stelle flüchten zu wollen, wofür er sich jedoch hütete. Da'an würde ihm das sonst bis ans Ende seines Lebens vorwerfen und nachdem sie keine Energiekrise mehr hatten, würde dieses Leben doch noch eine Weile andauern.
So weit waren also alle vier noch nicht und beließen es dabei. Es war ohnehin schon ein großer Schritt gewesen, dass sie überhaupt miteinander feierten und das war für Cleo wohl das größte Geschenk. Vor allem ließ es sie für eine Weile den Gedanken an den fehlenden Mann an ihrer Seite vergessen und die innere Einsamkeit verflog. Auch wenn nicht alle ganz freiwillig hergekommen waren, so wurde es doch noch ein schöner Weihnachtsabend.

 

ENDE

 

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