„Liam sagte mir, ich würde Sie hier finden!” sagte Lyta.
„Ja, stimmt, Sie finden mich hier!” antwortete Claire und warf die Würfel die Bahn entlang: „Ich spiele eben gern!”
„Offenbar auch sehr finanzkräftig!” bemerkte Lyta.
„Ach, das liegt daran, dass ich ständig gewinne!” murmelte Claire und fuhr sich mit einer Hand durch die braunen Haare: „Ah, schon wieder gewonnen!” Sie liess sich den Gewinn sofort auf ihre Karte verbuchen. „Aber jetzt sollten wir gehen, sonst fliegt das Schiff ohne uns ab!”
„Sie betrügen!” stellte Lyta fest, als sie und Claire ein Stück vom Spieltisch weggegangen waren. Claire zuckte mit den Schultern.
„Ich verwende keine unerlaubten technischen Hilfsmittel!” sagte sie: „Nur mein Shaqarava!” „Haben Sie keine Angst vor der Entdeckung?” fragte Lyta.
„Nein!” meinte Claire schmunzelnd: „Sehen Sie mal! Sehen Sie mein Shaqarava?” Sie drehte ihre Handflächen nach oben, zu sehen war nichts. „Ich kann die Würfel kippen, ohne dass man es sieht!”
„Erstaunlich!” murmelte Lyta.
„Naja, auf diese Art verdiene ich mir ein kleines Häppchen dazu!” sagte Claire: „Aber eigentlich bin ich von Grund auf ehrlich! Die Spieler sind eh selber schuld, dass sie verlieren! Was spielen sie auch?”

Lyta folgte Claire in deren Quartier und die Türe schloss sich zischend.
Claire begann, in einer grossen, blauen Tasche zu kramen und hielt schliesslich triumphierend ein kleines, weisses Etwas hoch. Lyta meinte, darin ein kleines Bewusstsein wahrnehmen zu können, ähnlich wie in den Weissen Sternen.
„Das ist es, die Fernsteuerung für Li'vatas, unser kleines Schiff!” erklärte Claire: „Ich befehle ihm, zum Mars zu fliegen und getarnt in der Interdimension zu warten!” Sie kramte weiter in der Tasche herum und warf etliche säuberlich verpackte Perücken auf den Boden. Und schliesslich fand sie auch die Kontaktlinsen und einen grossen Pack verschiedene Schminkfarben. Lyta hob die Brauen.
„Wozu brauchen Sie denn das alles?” fragte sie.
„Schon vergessen? Ich bin von Grund auf ehrlich!” erklärte Claire: „Nur manchmal betrüge ich eben ein bisschen! Haben Sie lieber blonde oder schwarze Haare?”

Lyta, jetzt schwarzhaarig, mit hellgrünen Augen und neuem Namen, spazierte neben Claire zum Schiff, das sie zum Mars bringen würde.
„Ihre Identicards bitte!” sagte ein Sicherheitsbeamter. Lyta, oder jetzt eher Katherine Mylaine, und Claire streckten ihm ihre Ausweise entgegen und wurden durchgewinkt. Lyta hatte fast damit gerechnet, dass sie die Erinnerungen des Beamten etwas korrigieren musste, aber Claire war offenbar eine Meisterin der Fälschung.
„Sagen Sie, Claire, was sind Sie von Beruf?” fragte Lyta schliesslich. Claire grinste bis über beide Ohren.
„Sicherheitsspezialistin!” erklärte sie und schob Lyta zu ihrem reservierten Platz: „Setzen Sie sich, ich hab auch ein paar Kartenspiele mitgenommen, dass uns nicht langweilig wird!”

Das leise, melodische Klingeln rief Liza, Thomas und Áine aus ihrer Erinnerung hoch.
„Ranger Liza, wir sind angekommen!” meldete Captain Higgins. Liza sprang auf und sammelte ihre Gedanken.
„Ich komme auf die Brücke!” sagte sie. Thomas und Áine folgten ihr, als sie durch die Gänge des Weissen Sterns 52 lief.
„Ist es wirklich nötig, die Schiffe zu holen?” fragte Áine. Liza blieb stehen.
„Li'am hat entschieden, dass der Kampf gegen die Schatten wichtig ist!” sagte sie auf Kimerianisch: „Sollten andere bemerken, dass es sich dabei um Schiffe der Kimera handelt, bin ich sicher, dass wir auf den Schutz von Babylon 5 und den Rangern zählen können! Bitte stelle Li'ams Entscheidung nicht in Frage!”
„Es ist mir nicht recht, unsere Existenz für den Kampf gegen die Schatten zu gefährden!” antwortete Áine ebenfalls auf Kimerianisch: „Aber wenn das niemand täte, wären die Schatten die Herrscher über die Galaxis! Es ist nur so, dass wir so wenige sind!”
„204 Kimera, An'ya, mit denen bei den Schiffen sogar 218!” meinte Liza: „Es gibt Völker da draussen, die sind weniger als wir! Die Maviss zum Beispiel sind nur noch 51 und kämpfen mit allen ihren Schiffen gegen die Schatten!”

Leonard Higgins starrte gebannt auf die Aussenbilder. Der Pilot Lashann steuerte den Weissen Stern 52 geschickt zwischen den Felsen durch. Ranger Liza und ihre drei Geschwister sahen ebenfalls auf die riesige holographische Anzeige. Mit einem leichten Ruck landete Lashann den Weissen Stern und meldete, dass alles in Ordnung war.
„In wenigen Minuten wird die für diesen Hangar zuständige Wächterin Ma'ti ankommen!” erklärte Liza der Besatzung. In die anderen Bereiche des Schiffes wurde ihre Erklärung holographisch übertragen.
Leonard war sich sicher, dass die der Besatzung gut bekannte blonde Frau die uneingeschränkte Aufmerksamkeit genoss. Aber selbst er wusste noch nicht, worum es bei diesem von Entil'zha Delenn persönlich befohlenen Spezialeinsatz ging.
„Ich bin nicht Liza Collins!” sagte Liza: „Ich wurde am zwölften März 2014 als Elizabeth Siobhán Kincaid geboren! Ich bin nur zu zwei Dritteln Mensch, der Rest ist Kimera!” Leonard konnte sich nicht zurückhalten und liess ungeniert seinen Unterkiefer fallen. „Thomas Reed Bennson, geboren 2103, Charles Jeffrey O'Marnall, geboren 2144 und Áine Ní Suillebháin, geboren 2211!” lüftete Liza nun die wahren Identitäten ihrer Geschwister: „Auch sie sind zu einem Drittel Kimera!”

Lashann wies Leonard dezent darauf hin, seinen Mund zu schliessen. Der Captain bekam eine leicht rötliche Farbe im Gesicht, aber er glaubte, die Tatsache, dass Liza ihn derartig überrascht hatte, entschuldigte ihn. Sie schien sich auch nicht über ihn zu ärgern, obwohl sie es bestimmt gesehen hatte.
„Dieser Planet ist Ca'har'ta, die Heimatwelt der Kimera!” erklärte Liza weiter: „Ausser den Mischlingen existieren noch 14 reine Kimera, die in diesem unterirdischen Komplex die Kimeraschiffe bewachen!” Wieder drohte Leonards Unterkiefer die Reise nach unten anzutreten, aber er verhinderte es knapp. „18 der Schiffe sind unverletzt und können sofort nach Babylon 5 fliegen, die anderen 12 werden wir vielleicht gemeinsam zum Teil heilen können!” sagte Áine. Liza nickte Lashann zu, der die holographischen Systeme deaktivierte.
„Captain, Sie, Lashann und G'Dal verlassen mit uns den Weissen Stern!” bestimmte sie dann: „Beeilen wir uns!” Die vier Kimera, der Mensch, der Minbari und die Narn liefen durch das Schiff und öffneten die grosse Luke an der Unterseite des Weissen Sterns.