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  „Liams Tag” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2010
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Das ist definitiv nicht Liams Tag.
Zeitpunkt:  dritte Staffel, vor der Episode Blutsverwandte
Charaktere:  Liam, Sandoval, Da'an, Renee, Zo'or, Dr. Chen, eine ältere Dame, Superblondie
 
Anmerkung:  Die Geschichte wurde zur Baum-Challenge #4 „Murphys Gesetz” geschrieben.
 

 

LIAMS TAG

 

Liam Kincaid, der vierzehn Monate alte Anführer des Widerstandes hielt die blondgelockte Schönheit mit dem noch viel schöneren Namen Renee in seinen starken Armen, spitzte seine Lippen und hörte das grauenvolle Schrillen aus der Hölle. Dieser verdammte Wecker suchte sich immer genau diesen Augenblick aus, um den Drittelkimera aus den süssesten Träumen zu reissen. Wie gemein!
Liam schlug die blau gestreifte Bettdecke zurück und sprang auf die Füsse, irgendwo auf dem Weg ins Bad landete seine Pyjamahose auf dem Boden und dann pinkelte er erst mal, bevor er sich unter die Brause stellte und ein fröhliches Heldenlied anstimmte.
Viel Seife, Shampoo, Spülung, Zahnpasta, Rasierschaum und schliesslich ein Handtuch später stellte er sich vor Sauberkeit geradezu glänzend vor den Spiegel, drehte sich zur Seite - Brust raus, Bauch rein, sehr schön - und griff nach dem Tiegel Haargel. Zunächst landeten nur drei Fingerspitzen davon auf seinem Kopf, aber da die Frisur nicht so wollte wie er, wurde es dann doch geringfügig mehr - das merkte doch eh keiner.
Liam kehrte in sein Schlafzimmer zurück und öffnete seinen Kleiderschrank, flott warf er dann ein modisches rotes Shirt mit ganz besonders modischem schwarzen Querstreifen und eine schwarze Hose aufs Bett, bevor er im Gitterkorb nach farblich passender Unterwäsche grub. Prompt hatte er nach dem ersten Griff eine schwarze und eine weisse Socke in den Händen, aber auf den zweiten Griff passte es dann.
Innerhalb weniger Minuten hatte er sich dann angezogen, schlüpfte noch schnell in seine topmodische Lederjacke und griff nach seinem Global, bevor er aus der Wohnung huschte und die Türe hinter ihm zufiel.

Verdammt! Der Schlüssel war drin, und das Geld und die Ausweise noch dazu.

Nun, wenigstens hatte Liam das Global und ein Fastentag würde es ja auch nicht werden, da ja die Erfolgsdemonstration bei Genetomorph anstand, mit Büffet. Und Augur hatte einen Ersatzschlüssel. Schulterzuckend stapfte Liam aus dem Haus und neben dem Schuttcontainer vorbei, gerade fiel ein Stück einer Zwischenwand aus einem Fenster zwei Stockwerke weiter oben, zwei orangebehelmte Männer riefen eine späte Warnung, als der Drittelkimera sich schon die Lunge aus dem Leib hustete und traurig seine graupanierte Lederjacke betrachtete. Verdammt aber auch ... er fuhr sich ärgerlich durch die Haare und hatte eine klebrige, graue Gelpampe auf den Händen.

Verdammt!

Was jetzt? Er konnte nicht wieder hinein, um nochmal zu duschen, also musste er zur Botschaft. Dort war zwar keine Dusche, aber wenigstens eine Kleiderbürste und ein Waschbecken. Bis dahin allerdings fühlte Liam sich als Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit im Bus alles andere als wohl. Er sah aus wie ein Aschemonster!
„Die Fahrscheine, bitte”, schnarrte durch den Wagen und Liam griff nach seinem nichtvorhandenen Portemonnaie.

Verdammt!

Der Kontrolleur sah den Drittelkimera missbilligend an und zückte sein Global: „Das macht dann 42 Dollar, zu überweisen binnen drei Werktagen. Ihren Lichtbildausweis bitte. Falls Sie eine Dauerkarte haben, können Sie sich beim Büro der Busbetriebe melden und die Minderung auf zehn Dollar beantragen.”
„Mein Ausweis liegt neben der Fahrkarte”, seufzte Liam.
„Nun, dann steigen wir beide an der nächsten Station aus”, beschloss der Kontrolleur und betrachtete die vorgestreckten Tickets von einem weiteren Dutzend Leute. Schliesslich stieg Liam gehorsam aus und sah sich zerknirscht um.
„Name?”
„Liam Kincaid.”
„Bitte recht freundlich”, hob der Kontrolleur sein Global und drehte es zu Liam, der nur ein schwaches Lächeln zustandebrachte.
Aber wenigstens hatte die Pechsträhne nun ein Ende: Sein unpaniertes Bild erschien auf dem Global und daneben sogar sein personalisiertes Ticket. Er musste zwar jetzt natürlich zu Fuss gehen, aber sehr weit war es zur Botschaft auch nicht mehr. Es starrten ihn zwar alle an, aber er hatte immerhin die Hoffnung, dass ihn niemand erkannte.

Abgesehen natürlich von Sandoval, der ihn hämisch von Kopf bis Fuss musterte.

„Major, Ihnen ist mit Sicherheit bewusst, dass Sie sich so nicht bei Genetomorph blicken lassen können”, stellte der Implantant schliesslich fest.
„Ja”, murmelte Liam kleinlaut und eilte um die nächste Ecke.
„Liam!”, starrte ihn Da'an mit grossen, besorgten Augen an, „Ist ist Ihnen etwas zugestossen?”
„Es geht mir gut, ich muss mich nur reinigen”, erklärte der Drittelkimera und wollte weiterlaufen, doch der Taelon hielt ihn auf. „Ich werde rechtzeitig für den Besuch bei Genetomorph fertig sein, Da'an”, versicherte Liam energisch.
„Daran zweifle ich, sofern Sie nicht meinen Rat annehmen und die Dekontaminationskammer zweckentfremden.”

Liam zog eine Fratze und schlurfte mit einem wenig euphorischen „Wie Sie wünschen” von dannen. Die Dekontaminationskammer hatte zwar einen Duschkopf, allerdings auch ein Fenster, hinter dem der Drittelkimera schemenhaft Sandoval ausmachen konnte. Die Kleidung wurde derweil in der Ionisationsreinigungsanlage bestens sauber und schliesslich zog sich Liam sehr erleichtert wieder an und trat hinaus auf den Korridor.
Sandoval erwartete ihn, zog einen Mundwinkel hoch und sagte: „Sie sind auch unter Ihrer Kleidung gut in Form. Ihr Laden steht übrigens offen.” Dann wandte er sich ab und verschwand um die nächste Ecke.
Liam zog eiligst den Reissverschluss zu und verbiss sich ein Jaulen, als er sich einklemmte, dann erst gestattete er sich, die erste Aussage zu verarbeiten und dabei jegliche Beherrschung der Gesichtsmuskeln zu verlieren.
„Major Kincaid?”, schlenderte nun Da'an herbei, „Bitte fliegen Sie uns nun zu Genetomorph, Zo'or ist soeben eingetroffen und wird zweifellos nicht warten wollen.”
„Natürlich, Da'an”, nickte Liam und watschelte dem Companion die ersten Meter etwas O-beinig hinterher, bis endlich der Schmerz nachliess, allerdings sofort wieder aufflammte, als der Kimerahybrid auf dem Pilotensessel Platz nahm.
Der Flug gestaltete sich erfreulicherweise ereignislos, die Landung war weich wie auf einem Daunenkissen, die beiden Taelons schwebten elegant über den roten Teppich und die beiden Beschützer folgten ihnen in wenigen Schritten Abstand.

„Major, ich hoffe, Ihnen ist klar, dass Sie mir nun einen Gefallen schulden”, wisperte Sandoval.
„Wofür?”, gab Liam leise zurück, „Dafür, dass Sie sich als Spanner betätigt haben?”
„Keineswegs, Major. Dafür, dass ich Zo'or nicht erzählt habe, wie Sie heute zur Arbeit erschienen sind.”
„Ich denke, wir sind quitt, Agent”, gefror Liams Stimme, „Sonst fühle ich mich bemüssigt, Zo'or von Ihrer Neugierde hinter Fenstern zu erzählen.”
„Weisen Sie mir das erst einmal nach, Major!”, zischte Sandoval, „Ich werde Sie im Laufe des Tages über den erwarteten Gefallen informieren.”
Das konnte ja heiter werden!

Dr. Chen begrüsste Da'an und Zo'or fröhlich und führte auch Miss Renee Palmer ins Gespräch ein. Liam machte ein möglichst männliches Gesicht und verdrückte sich seufzend ans Büffet, als seine Lieblingsblondine ihn übersah und sich stattdessen in eine angeregte Unterhaltung mit dem Synodenführer vertiefte. Die Auswahl an Häppchen war ordentlich und der Kimerahybrid griff ebenso ordentlich zu, ihm fehlte immerhin das Frühstück.
Neben ihm sprang mit einem Satz ein sich hungrig das Mäulchen leckendes Vorführ-Tier des Genetomorph-Projekts auf den Tisch - laut am Halsband baumelndem Schild eine Kahundtze. Allerdings war ausser den Schlappohren nichts Hündisches an dieser Katze, gut, das Schwanzwedeln auch.

Nein. Das Schwanzwedeln kam von der Katze, dafür das Schnurren vom Hund. „Aua!”, schrie Liam auf, als das Biest die Zähne in seinen linken Arm schlug.

„Junger Mann, was haben Sie unserer Sweety denn getan, dass sie so reagiert?”, sprach ihn eine ältere Dame an, „Husch, Sweety, ins Körbchen.” Sweety liess gehorsam von Liam ab, sprang auf den Boden, waunzte mitleiderregend und rollte sich im Körbchen zusammen.
„Nichts”, ächzte der Drittelkimera und hielt seinen verletzten Arm.
Die Dame schnupperte kurz an seinem Atem und lachte dann: „Ah, ich weiss: Sie haben versehentlich Sweetys Snacks erwischt.” Er ernährte sich hier gerade von Hunde- und Katzenfutter? Ihm wurde übel. „Kommen Sie, ich desinfiziere Ihren Arm.” Das brannte zwar höllisch, war ihm aber viel lieber als eine Wundinfektion, also stand er es mit zusammengebissenen Zähnen durch, bis die Dame ihm schliesslich einen Verband angelegt hatte. „Danke”, nuschelte er und kehrte eilig zu den Taelons, Chen, Renee und dem spöttisch dreinblickenden Sandoval zurück.

„Sie können wohl nicht lesen, Major”, bemerkte der Implantant leise, „Ich verspürte beinahe das Bedürfnis, Ihnen mitzuteilen, was sie sich da auf den Teller geladen haben, aber ich konnte es mir verkneifen.”
„Besten Dank auch, Sandoval!”, fauchte Liam ihn an, worauf ihn Zo'or ihn einen Augenblick lang irritiert musterte.

„Kommen Sie , kommen Sie”, hob Dr. Chen nun rettend seine Stimme, „Wir haben ja noch das ganz besondere erfolgreiche Experiment. Kommen Sie.” Er führte die Gruppe durch ein Labyrinth aus Korridoren und Sicherheitsschleusen und wies schliesslich stolz auf die leuchtenden Riesenskorpione hinter einer dicken Glasscheibe. „Das ist die erste dauerhaft stabile Hybridisierung ausserirdischer und irdischer Spezies. Wir haben die süssen Kleinen Skrillpione genannt.”
„Eine naheliegende Bezeichnung”, bemerkte Sandoval trocken.
„Ja? Ich finde sie schön”, nickte Chen fröhlich, „Wie gesagt handelt es sich bei den Skrillpionen um die erste dauerhaft stabile Hybridisierung, das bedeutet auch, dass sie sich untereinander fortpflanzen können. Wir kontrollieren das aber natürlich.”

Erste dauerhaft stabile Hybridisierung ... von wegen. Liam rollte mit den Augen, beugte sich zur Glasscheibe und tippte mit einem Finger dagegen. Sofort kamen alle neun Skrillpione angetrappelt und sahen ihn mit ihren kleinen dunklen Stecknadelkopfäuglein traurig an.
„Sehen Sie, wie lieb sie sind”, lächelte Chen und winkte den Kleinen zu.
Durch Liam zog derweil ein gewaltiger Energiestoss in seine Hände und er ballte selbige nervös zu Fäusten. ~Tu es! Befreie uns! Wir sind wie du!~ Er kniff die Augen zusammen und atmete tief durch und als er sie wieder öffnete, kletterten die Skrillpione gerade durch ein beeindruckendes Loch in der Glasscheibe.
„Wie ... wie konnten die Kleinen denn nur die Glasscheibe durchschiessen?”, war Chen fassungslos.
„Finden Sie es heraus!”, fauchte Zo'or ihn an, „Und fangen Sie diese ... Kreaturen wieder ein ...”
Liam atmete sehr erleichtert auf. Nicht er hatte also die Scheibe zusammengeschossen, niemand konnte ihm daraus einen Strick drehen. Gemeinsam mit den anderen hastete er durch die nächste Sicherheitsschleuse und kam erst draussen wieder richtig zur Ruhe.

„Major”, grinste Sandoval und zog ihn ein paar Meter mit, „Jetzt habe ich Sie in der Tasche!”
„Sandoval, was denn nun noch?”, rollte der Kimerahybrid mit den Augen.
Der Implantant beugte sich zu ihm und fauchte: „Shaqarava! Ich habe es gesehen!”
Im ersten Augenblick wollte Liam diese Aussage energisch zurückweisen, doch Sandovals Gesicht war derart wissend und ernst, dass er sich zunächst einmal heftig verschluckte, bevor er heiser fragte: „Was wollen Sie von mir?”
„Das hat Zeit”, zog der Implantant zufrieden beide Mundwinkel hoch, „Behalten Sie nur im Hinterkopf, dass Sie mir jetzt sehr sehr viel schulden!”

Andererseits könnte sich das Problem jetzt gerade lösen, denn Chen hatte mit starrem, maskenhaften Blick soeben die Sicherheitsschleuse geöffnet und stampfte roboterartig den neun aus ihren Stacheln Energieblitze schiessenden Skrillpionen hinterher.
„Da'an!”, rief Liam erschrocken und warf sich auf den Taelon, dass dieser von den Energiestrahlen nicht getroffen wurde. Die kleinen Hybriden verschonten Liam und seinen Taelon - aber alle anderen gingen getroffen zu Boden. „Renee! Nein!”, rannte der Drittelkimera zu seiner Lieblingsblondine. Ein Glück, sie lebte.

Die Skrillpione trappelten derweil Chen hinterher durch die nächste Sicherheitsschleuse.
„Zo'or ...”, stemmte sich Da'an besorgt hoch und eilte zum fassadenlosen Synodenführer, „Liam, rufen Sie Hilfe!”
Das tat Liam auch. Wenig später sassen Chen und die Skrillpione in einem abgeriegelten Korridorbereich fest und die Bewusstlosen lagen in Krankenbetten im Memorial Hospital respektive auf einer Untersuchungsliege auf dem Mutterschiff. Der Kimerahybrid erzählte Da'an alles, der Taelon war vertrauenswürdig, egal, was andere Widerstandsmitglieder sagten. Er erzählte ihm, dass er vermutlich die Skrillpione freigelassen hatte, wenngleich womöglich unter deren telepathischem Einfluss. Er erzählte auch, dass Sandoval ihn erpresste.

Da'an bekam leuchtende Augen und erklärte: „Sie brauchen etwas, womit Sie Sandoval erpressen können.”
„So weit war ich schon, nur habe ich nichts.”
„Da er Sie erpresst, arbeitet er offensichtlich nicht für uns”, stellte der Taelon fest, „Sie sollten in der Lage sein, etwas Passendes zu finden.” Er sah Liam durchdringend an: „Alternativ töten Sie ihn.”
„Der Gedanke kam mir.”
„Das habe ich festgestellt, Major”, kam der Implantant um die Ecke und strich seinen Anzug glatt, „Sie wissen also auch Bescheid, Da'an. Das finde ich sehr interessant.”
„Wieso sind Sie denn schon aus dem Krankenhaus?”, war Liam baff.
Sandoval streckte seine Arme aus und drehte sich einmal um sich selbst: „Es geht mir ausgezeichnet, wie Sie sehen können.”
„Ich sehe es”, knirschte der Kimerahybrid.
„Nun, Sie sollten sich damit abfinden, dass Sie nun für mich arbeiten”, erklärte der Implantant, „und damit meine ich Sie beide!”
„Alternativ töte ich Sie”, sagte Liam und hob eine glühende Hand, worauf ein gellender Alarm losging.

Verdammt!
Er hätte heute nie, nie, nie überhaupt aus dem Bett steigen sollen!

Sandoval hob seinen Arm und schoss. Als Liam wieder aufwachte, befand er sich in einer Zelle auf dem Mutterschiff. Wieviele Katastrophen brachte dieser verdammte Tag denn noch? Es war wie verhext! Hatte er einen Spiegel zerbrochen? Schwarze Katze von links? Zerschmolzene Glasscheibe und dackelbraune Kahundtze von links zählten nicht, da waren die Katastrophen ja schon im Gange gewesen.
Sandoval räusperte sich auf der anderen Seite der Barriere und verschränkte die Arme. „Major Kincaid, auch wenn Sie mit Sicherheit nicht so heissen ...”

„Liam. Meine Mutter gab mir den Namen Liam.”

„Nun, Liam, es hängt von Ihrer Kooperationsbereitschaft ab, was mit Da'an passiert”, erklärte der Implantant, „Noch habe ich Zo'or nichts gesagt. Ich vermute, Sie wollen, dass das so bleibt.”
„Was verlangen Sie?”, knirschte der Drittelkimera.
„Informieren Sie mich, Liam!”, sagte Sandoval fest, „Was sind Sie? Seit wann sind Sie auf der Erde? Wie sind Sie hier her gekommen? Was planen Sie?”
Liam klappte verdutzt den Mund auf. „Ich dachte ... Sie wüssten ...” Sandoval wusste es nicht? Nun, Liam hatte nichts zu verlieren, er konnte hoffen, dass die Wahrheit ihn aus dieser Zelle holte. „Ich bin ein Kimera-Mensch-Hybrid, geboren neun Stunden nach Ha'gels Tod. Meine Mutter ist Siobhán Beckett.”
„Sie lügen!” Sandoval wandte sich ab und rief nach einem Freiwilligen und einem Koffer Folterwerkzeuge.
„Sandoval! Warten Sie! Ich habe Mutters Gedächtnis, ich weiss, was sie Ihnen im Hotelzimmer sagte!” Der Implantant blieb tatsächlich stehen. „Sie sagte, Sie sollen in die Tiefe springen, ohne Sicherheitsnetz”, erzählte Liam, „Wer sonst kann das wissen?”
„Sie haben Re...” Sandoval runzelte irritiert die Stirn, im nächsten Augenblick sackte der Freiwillige zusammen, dann auch der Implantant selbst.

„Hallo, Schnuckelchen”, erschien eine Frau in einem hautengen roten Ganzkörperanzug mit roten Handschuhen bis über die Ellbogen, weitem Ausschnitt und roter Maske über Augen und Haaren. „Du kannst mich Superblondie nennen.” Sie machte einen Schritt durch das virtuelle Glas, packte den mehr als verdutzten Kimerahybriden und ... was auch immer sie tat, aber danach war ihm hundeelend und er drehte erst einmal seinen Magen um.
„Was ... was?”
„Schnuckelchen, tut mir leid, aber so nahe der Lichtgeschwindigkeit wird einem Normalo halt schnell übel.”
„Was ... Lichtgeschwindigkeit?”
„Schnuckelchen, du kennst doch die ganzen Marvel-Comics, oder?”, fragte Superblondie, „Mich gibt es eben in der Wirklichkeit und ich habe dich gerade befreit. Bist du mir dankbar?”
„Ja ... ja, natürlich.” Liam sah sich um und stellte fest, dass er in seiner Wohnung war und seinen Magen neben die Toilettenschüssel entleert hatte. Eilig wusch er sich den Mund, riegelte das Bad hermetisch ab und seufzte laut, als er sah, dass das Küchenfenster komplett aus den Angeln war und sein kleines Weinregal in einer Rotweinpfütze lag.

„Tut mir leid”, zuckte Superblondie mit den Schultern, „aber irgendein Fenster musste ich ja nehmen.”
„Ähm ... Superblondie, ich muss verhindern, dass Sandoval Zo'or einige pikante Dinge erzählt! Ich muss aufs Mutterschiff - allerdings nicht in eine Zelle.”
„Ja, da muss ich mich erst mit meinem ... Manager absprechen ...”, zögerte Superblondie und zog ein Global aus ihrem Dekolleté, sie liess es aufschnappen und grinste in die Kamera. „Ja, Augur, natürlich habe ich ihn befreit, ich sagte doch, Sie brauchen sich keine Sorgen um ihn zu machen!”
„Superblondie, ich bin dafür, Sandoval einzukassieren”, sagte Augur.
„Das hätten Sie mir vorher sagen können, dann hätte ich ihn gleich mitgebracht”, gab die Superheldin säuerlich zurück.
„Das ist nicht nötig, Superblondie”, kam Sandoval um die Ecke und verschränkte seine Arme.

Liams Kinnlade klappte bis zum Anschlag auf. Wie war der Implantant denn in die Wohnung gekommen? Und vor allem, wie war er so schnell hergekommen?
„So ... Sie sind also auch betroffen, Sandoval”, stellte Superblondie fest und schob das Global zu, „Weshalb haben Sie mich nicht aufgehalten, als wir noch auf dem Mutterschiff waren?” Das Global fand wieder seinen Platz an einem sehr schönen Ort.
„Ich bin auch betroffen”, schmunzelte er, „aber nicht auf dieselbe Art wie Sie. Ich habe auch glücklicherweise nicht Ihren Schneider ...”
„Ach ...” Sie blickte an sich herunter, zuckte mit den Schultern und stand im nächsten Augenblick mit Liams Fleischermesser hinter Sandoval. „Ich nehme an, Sie wissen, dass Sie zuviel wissen?”
„Hmm”, grinste der Implantant, schloss die Augen und runzelte die Stirn und ... verpuppte sich? An Superblondies Stelle stand nun er und zog das Fleischermesser einmal quer durch das weisse Kokongeflecht, aus dem die Superheldin gerade noch rechtzeitig herausschlüpfte.

„So sind Sie also so verdammt schnell, Sandoval”, verstand sie, „Beeindruckend.”
„Hä?”, machte Liam.
„Er tauscht die Körper aus, Schnuckelchen”, erklärte sie ihm.
Sandoval zog ein sehr breites Grinsen und nickte: „So ist es, Schnuckelchen!”
„Ich bin kein Schnuckelchen!”, fuhr der Drittelkimera auf, „Ich habe einen Namen!”
„Aber sicher, Schnuckelchen”, sagte der Implantant, „Nun, Superblondie, möglicherweise könnten wir uns zusammentun. Es wäre ein Jammer, unsere Fähigkeiten im Kampf gegeneinander zu vergeuden.”
„Kommt darauf an, wofür Sie Ihre Fähigkeiten stattdessen benutzen möchten”, sagte Superblondie und tappte wartend in atemberaubender Geschwindigkeit mit einer Fussspitze.
„Die Taelons loszuwerden”, erklärte Sandoval, „Mit meinen neuen Fähigkeiten kann ich mir sparen, mich bei Zo'or einzuschleimen. Das bedeutet, Sie, Schnuckelchen, sind vorerst sicher, und Da'an auch.”
„Ich bin kein Schnuckelchen!”, wiederholte Liam energisch, „Und schon gar nicht für Sie, Sandoval!”
„Einverstanden, Sandoval”, nickte Superblondie, „aber meinen Sie nicht, Da'an wird auch ohne Ihre Mitwirkung Probleme bekommen? Immerhin ist sein Beschützer ja ein Verräter.” Der Implantant nickte knapp.
„Ich muss ihn warnen!”, rief der Drittelkimera entschlossen aus.
„Schnuckelchen, du bleibst hier”, widersprach Superblondie, legte einen Arm um Sandoval und war mit diesem, schwupps, weg.

Liam kratzte sich am Kopf, griff nach einem Handfeger und kehrte seine armen Weinflaschen zusammen. Dann wischte er nass auf und zuletzt noch trocken. Und als er dann zufrieden über den Holzboden tastete, zogen ihm tausend Glassplitter in die Hände. Das hatte ihm gerade noch gefehlt ... er sprang auf und lief nach dem Erste-Hilfe-Kasten mit Pinzette - im Badezimmer.
Im stinkenden Badezimmer.
Eilig griff der Kimerahybrid nach dem Kasten und einem Handtuch und schlug die Türe ganz schnell hinter sich wieder zu. Mit einem Finger im Türspalt blieb ihm allerdings nichts anderes übrig, als jaulend die Hand zu schütteln, sich den Fuss an der Wand anzuschlagen und dann Richtung Schlafzimmer nur mehr humpeln zu können.
Liam brachte auf dem Bett sitzend gerade die Pinzette in Position, als eine zarte Hand nach seiner griff. Überrascht blickte er auf und starrte mit weit offenem Mund in Renees Gesicht. Da war sie! Seine Traumfrau!

In einem hauchdünnen schwarzen Nichts von Kleid ...

Sie griff nach der Pinzette und zog ihm einen Splitter nach dem anderen aus den Händen, bevor sie selbige mit einem Desinfektionsmittel einsprühte und sanft trockentupfte.
Das war definitiv kein Pech mehr, das war das höchste Glück auf Erden!
„Es tut mir sehr leid, dass ich dir nicht mehr helfen kann”, sagte Renee bedrückt und warf sich Liam an den Hals, „aber ich bin sehr froh, dass du nicht mehr gefangen bist.”
Oh, wie glücklich war er gerade!
„Ist dir da oben etwas Schlimmes passiert? Was haben sie dich gefragt?”
„Ach, Sandoval ist nicht weit gekommen”, wiegelte er ab, „Es geht mir gut, ich bin ja da.”
„Ja.” Sie klemmte ihn schraubstockartig ein, liess allerdings gleich wieder etwas lockerer, als er heftig ächzte. „Liam, ich habe mir solche Sorgen gemacht!”, flüsterte sie, „Wie ist Sandoval dir nur draufgekommen?”
Der Kimerahybrid zog eine Fratze, als er sich daran erinnerte, aber Renee war nun wirklich vertrauenswürdig, er konnte es ihr sagen. „Sandoval hat es ... gesehen, bei Genetomorph ...”, druckste er etwas, „Dass ich, naja, ... dass ich kein Mensch bin. Sondern Kimera.”
„Du meinst ... du hast die Skrillpione rausgelassen?” Sie sah ihn an und zauberte einen perfekten Augenaufschlag.
„Äh, ja, ich glaube schon ...”, seufzte er.

„Sehr interessant, wirklich sehr interessant”, grinste sie zufrieden, löste sich energisch aus seinen Armen und flackerte kurz blau, bis Zo'or statt ihr auf dem Bett sass, „Major Kincaid, ich muss Sie enttäuschen: Miss Palmer war nie hier.”
Liam musste schlucken. Er hatte hier dem Synodenführer höchstselbst verraten, dass er Kimera war! Das konnte doch nicht wahr sein! Was zum Henker war hier überhaupt los? Seit wann konnten Taelons anderer Leute Gestalten annehmen?
Zo'or würde Liam nicht erpressen, er würde ihn sezieren lassen! Der Kimerahybrid hatte somit also keine andere Wahl, als den Synodenführer daran zu hindern, es irgendjemandem zu sagen - und zwar dauerhaft: Er hob seine Hände - Zo'or auch.
Bevor Liam schiessen konnte, traf ihn ein blauer Blitz und er wand sich vor Schmerzen am Boden und konnte sich ansonsten überhaupt nicht rühren.

„Major ... ich bin kein gewöhnlicher Taelon mehr.”
„Was sind Sie dann?”, ächzte der Drittelkimera, als ihm wenigstens die Zunge wieder gehorchte, während ihm Zo'or einen plateaubeschuhten Fuss auf die Brust stellte.
„Ich muss Ihnen danken, Sie haben mir all das ermöglicht”, lächelte der Taelon zuckersüss, „Sagen Sie, sind Sie im Besitz von Handschellen?”
„Wie bitte?”
„Sind Sie Schwerhöriger im Besitz von Handschellen?”
„Nein”, fauchte Liam - und selbst wenn er es wäre, würde er es ausgerechnet dem Synodenführer bestimmt nicht sagen!

„Wie ausgesprochen schade ...” Damit stolzierte Zo'or zum Kleiderschrank, öffnete ihn und zog einen Gürtel heraus, mit dem er dann Liams Hände fesselte. Ein weiterer Gürtel hielt die Fussknöchel zusammen und ein dritter hinderte den Kimerahybriden daran, die weisse Socke auszuspucken. Zuletzt flackerte Zo'or blau und schlenderte dann in Liams Gestalt aus dem Zimmer.
Es konnte hier definitiv nicht noch mehr schiefgehen ... Liam hmmte einen Fluch und zerrte an den Fesseln, vergeblich.

„So, Schnuckelchen, da wären wir wieder”, erklang Sandovals Stimme.
„Liam, wie geht es Ihnen?” - Da'an.
„Es geht mir gut - abgesehen davon, dass ich kein Schnuckelchen bin!” Liams eigene Stimme, die mit jedem Wort lauter und gereizter wurde. Zo'or war tatsächlich ein passabler Schauspieler.
„Schon gut, Sie haben einen Namen - vier Buchstaben, beginnt mit L.”
„Genau!”
„Sehr schön, Lois”, sagte Sandoval.

Liam hmmte energisch und zappelte, so gut er konnte, wobei er mit dem Kopf gegen das Nachtkästchen donnerte und der Wecker herunterfiel - mitten auf die Stirn des Kimerahybriden.

„Wie wir zuvor schon Da'an sagten, werden Superblondie und ich uns nun wieder auf den Weg machen”, fuhr der Implantant fort, „Wir wollen herausfinden, was Zo'or weiss und was er damit machen will.”
„Das ist ... sinnvoll”, sagte Zo'or mit Liams Stimme, etwas später dann: „Tja, Da'an, was machen wir jetzt?”
„Nun ... Liam, bitte verzeihen Sie die Frage, aber ... was ist ein Schnuckelchen?”
„Es handelt sich hierbei um einen menschlichen Kosenamen”, erklärte Zo'or, „den Sandoval nicht für mich benutzen darf!”

Liam rollte mit den Augen - und war plötzlich frei irgendwo draussen in einem Wald. Statt von drei Gürteln war er nun von weissen Spinnfäden umgeben, die sich leicht zerreissen liessen. Erleichtert spuckte er dann die Socke aus und blickte in Superblondies besorgtes Gesicht.
„Was ist passiert, Schnuckelchen?”, fragte sie ihn.
„Zo'or ...”, seufzte er, dann war er plötzlich wieder gefesselt neben seinem Bett - und dazu kam nun eine weitere Ladung Spinnfäden, die er in seinem nunmehr wieder bewegungsunfähigen Zustand nicht abschütteln konnte.
Wenigstens war die Socke weg.
Auf die Art war Sandoval so schnell ... gut, es war nachvollziehbar, dass ihm die gefesselte Position nicht genug behagt hatte, um zu bleiben. Nur warum hatte er nicht mit jemand anderem getauscht? Mit Zo'or zum Beispiel ... das wäre doch etwas gewesen.
Der Drittelkimera zerrte an den Fesseln, wand den Kopf und schickte ein verzweifeltes, leider recht leises „Hiiiiilfeeee!” auf den Weg.

„Liam?”, war Da'an tatsächlich alarmiert.
„Ach, das ist nur mein Wecker”, wiegelte Zo'or ab, „Ich habe heute morgen offensichtlich versäumt, ihn abzuschalten.”
„Das denke ich nicht, Sie falsches Schnuckelchen!”, erklang nun Sandoval, „Zo'or, nehme ich an?”
„Wie bitte?”, fuhr Zo'or auf, noch immer mit Liams Stimme.
„Es liegt nahe”, brachte sich Superblondie ein, „Wir drei haben schliesslich etwas gemeinsam, nicht wahr?”
„Etwas gemeinsam?”, fragte Da'an nach, gerade während Sandoval ins Schlafzimmer spazierte und draussen irgendetwas krachte.

Der Kimerahybrid wollte am liebsten im Boden versinken ... wieso musste er sich in letzter Zeit ständig retten lassen? Der Implantant öffnete alle drei Gürtelschnallen und half ihm auf. Draussen starrten alle beide dann Superblondie an, die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit, dass ihre Fäuste vor den Augen verschwammen, auf einen feixenden, sehr elastischen Synodenführer einprügelte.
„Zo'or, Superblondie, das ist sinnlos”, warf Sandoval ein, „Es gibt ohnehin nur ein ewiges Unentschieden, das habe ich vorhin mit Superblondie auch schon durchexerziert.”
„Dann schlage ich vor, Sie wählen eine Seite, Agent Sandoval!”, gab der Taelon zurück.
„Wie Sie wünschen, Zo'or. Ich warne Sie vor, es wird Superblondies Seite sein.”
„Sie sind dennoch Menschen!”, bemerkte Zo'or spöttisch und schleuderte einen blauen Blitz auf die Superheldin, die daraufhin zu Boden fiel und ächzte. Ein weiterer Blitz war offenbar schon bereit für den Implantanten. „Möchten Sie Ihre Entscheidung revidieren?”
„Keineswegs”, verschränkte Sandoval seine Arme, worauf der Blitz auf ihn zuflog - ihn aber nicht mehr traf. Stattdessen flackerte Zo'or selbst schmerzlich auf und wand sich aus den Spinnenfäden frei.

„Möglicherweise”, gab der Taelon zu, „habe ich Sie unterschätzt.”
Der Implantant grinste: „Ich glaube, das tun Sie immer noch. Ich glaube, Sie unterschätzen auch Superblondie.”
„Ich stimme zu”, kam von ihr.

Sie stand inzwischen wieder, streckte beide nach oben offenen Hände aus und blies kurz, worauf gelbe Blütenblätter zum Taelon flogen, grösser wurden und ihn schliesslich einwickelten. Sandoval drückte mit einem Finger einen violetten Tropfen zurück in die Blütenblätterrolle und half mit einem dichten Spinnenfädengeflecht noch nach. Dann kamen noch einmal Blütenblätter drum herum, dann noch einmal Spinnenfäden, dann Blütenblätter, dann wieder Spinnenfäden.

„Zo'or? Wie geht es Ihnen da drinnen?”, fragte Superblondie und klopfte auf die Mumie.
„Ich gebe auf! Sie dürfen mich wieder herauslassen!”, kam von drinnen.
Sandoval und Superblondie grinsten sich breit an und sagten dann: „Nein, Zo'or.”
Der Implantant ergänzte noch: „Sie sollten Ihre Artgenossen nehmen und woandershin fliegen. Dann lassen wir Sie raus.”
„Einverstanden”, sagte Zo'or, „Ich habe die Grundenergie-Formel, die Menschheit ist nun nutzlos.”
Superblondie lächelte: „Wie erfreulich für Sie!” Gemeinsam mit Sandoval liess sie den Gefangenen nun wieder frei.

Kaum waren Zo'or und Da'an aus der Türe, sahen die beiden Superhelden Liam an.
„Was ist?”, stammelte der Drittelkimera.
„Wäre ein Danke nicht angebracht, Lois?”, fragte Sandoval grinsend.
„Liam! Ich heisse Liam!”, brüllte selbiger ihn an, statt ihm zu danken, „Ausserdem sind Sie zu leichtgläubig! Beide! Die Taelons werden nie und nimmer einfach abfliegen!”
„Vielleicht nicht”, legte ihm Superblondie eine Hand auf die Schulter, „wir werden es sehen.” Mit der anderen Hand griff sie in ihren Ausschnitt und liess das hervorgezauberte Global aufschnappen. „Augur, geben Sie Bescheid, sobald sich bei den Taelons etwas tut.”
„Okay”, blieb der Hacker sehr wortkarg und schaltete gleich wieder ab.
„Warten wir also”, nickte Sandoval, „Hunger?”
„Oh ja ...”, seufzte Liam.
„Dann decken Sie den Tisch, Lois”, verlangte der Implantant und schaltete den Herd ein.

Der Drittelkimera klappte verdutzt seinen Mund auf, den Protest schluckte er aber, als Superblondie ihm sanft einen rot behandschuhten Finger auf die Lippen legte. Während Sandoval gemächlich Öl in eine Pfanne goss und den Pfannenwender bereitlegte, füllte sich eine Schüssel praktisch in Nullzeit mit geschnittenem Gemüse und Ananasstücken aus der Dose - der abgegossene Saft stand plötzlich vor Liam.
Nun, wenn er ihm so angeboten wurde ... der Kimerahybrid nahm das Glas und setzte es an die Lippen. „Schmeckt es Ihnen, Lois?”, warf Sandoval ein, worauf sich Liam heftig verschluckte und das Glas unwillkürlich über seine Schulter warf.
„Sie ... Sie ...”
„Decken Sie schon den Tisch, oder wollen Sie nur blöd rumstehen?”
Liam knirschte mit den Zähnen und ballte die Fäuste, in denen es heiss brannte. Dieser verdammte ... es machte Sandoval Spass! Superblondie blieb einen Moment vor dem Drittelkimera stehen und sah ihn freundlich lächelnd an. Gut, wenn sie ihn so lieb bat, dann deckte er den Tisch.
Er stapfte zum Hängeschrank und öffnete ihn, dann nahm er drei Teller und trug sie zum Tisch, als nächstes grub er die Besteckschublade durch und schlug sich beim Aufrichten an der offenen Schranktüre den Kopf an. Sollte er es nicht langsam gewöhnt sein? Der Schmerz war schmerzlich wie immer, leider.
Seufzend liess er sich auf einen Stuhl fallen und fand sich auf dem Boden liegend wieder. „Auaaa”, griff er sich an den Kopf und blinzelte die Doppelbilder weg. Was war denn da passiert?

„Entschuldige, Schnuckelchen, ich hätte den Stuhl wegtun sollen”, erklärte Superblondie, „Da habe ich vorhin Zo'or draufgeworfen.”
„Ah”, machte Liam und rappelte sich wieder auf. Die Superheldin kippte inzwischen das Gemüse in die Pfanne und Sandoval begann umzurühren. „Wenn jetzt noch einmal irgendwas schiefgeht, drehe ich Murphy den Hals um!”
„Ist leider schon tot, Schnuckelchen”, sagte Superblondie.
„Ausserdem würden Sie sich dabei vermutlich die Finger ausrenken, Lois”, kam von Sandoval. Etwas später stellte er die Pfanne auf den Tisch und teilte die Portionen aus. „Oder ziehen Sie Chappi oder Whiskas vor?”
Der Drittelkimera zog seinen Teller zu sich und begann düster, das Gemüse in seinen Mund zu schaufeln. Es war heiss, sehr heiss. Es verbrannte ihm den Mund.
„Sehen Sie, Superblondie, ihm hängt schon die Zunge heraus”, kommentierte der Implantant, „also Chappi.”

Das war zu viel! Liam spannte seinen Löffel und schickte das Gemüse auf den Flug - und bekam es einen Moment später ins spinnfädenüberzogene Gesicht.
„Das macht Ihnen Spass, Sandoval!”, fauchte er.
„Ja, ich gestehe. Sehr sogar.” Der Implantant grinste bis zu den Ohren und löffelte fleissig aus Liams Teller. Der Kimerahybrid knirschte mit den Zähnen und machte sich daran, im Gegenzug Sandovals Teller leer zu essen, allerdings kam er nicht weit, denn sowie der Implantant den einen Teller leer hatte, fand sich Liam von Spinnenfäden überzogen vor selbigem wieder.
„Wissen Sie, Lois”, unterbrach Sandoval seine Mahlzeit, „Ich finde es gut, dass Sie jetzt wissen, wie es sich anfühlt, in einen Kokon gepackt zu werden.”
„Ich war's nicht”, grummelte Liam, „Ha'gel war's.”
„Seltsam. Ich weiss das sogar. Wie kommt das nur?”
„Sandoval, soll ich Ihnen mal was sagen?”, liess Liam seinen Löffel in den Teller fallen, „Ich bin nicht Halbkimera, sondern Drittelkimera! Und jetzt denken Sie mal nach, wen Sie hier gerade ärgern.”
„Ja, das dachte ich mir schon”, nickte der Implantant, „aber es macht einfach zuviel Spass.”
„So?”, mischte sich Superblondie streng ein.
„Ja”, grinste er, „Hier, Lois, damit Sie nicht vom Fleisch fallen.” Er schob seinen Teller zu Liam, der sich dankbar darüber hermachte.

Wenigstens eine Lücke in der Pechsträhne, vielleicht, ganz vielleicht.

Als auch dieser Teller leer war, griff Superblondie in ihren Ausschnitt und zog ihr Global heraus. „Ja, Augur?”
„Ich soll mich melden, sobald sich bei den Taelons etwas tut”, erklang der Hacker, „Es tut sich etwas: Die Botschaften sind dicht, mein Speicher quillt vor technischen Anleitungen vom Mutterschiff über und das Schiff ist weg!”
„Wie bitte?”, platzte der Drittelkimera heraus.
„Was? Seit wann weiss ich, warum die das machen?”
„Sie sind weg”, stellte Sandoval fest, „Zo'or hat nicht gelogen.”
„Nein, hat er nicht.” Superblondie verstaute ihr Global wieder und lächelte Liam an. „Geh ins Bett, Schnuckelchen, das war ein anstrengender Tag.” Was sie nicht sagte ...
„Ja, gehen Sie schlafen, Lois”, grinste Sandoval.
„Liam!”, schrie der Kimerahybrid ihn an, dann stapfte er ins Schlafzimmer und knallte die Türe hinter sich zu. Allerdings sparte er es sich, sich gegen die Wahrheit, dass er müde war, aufzulehnen, zog seinen Pyjama an und schlüpfte unter die Bettdecke.

„Schnuckelchen ...”, erklang, kaum dass das Licht aus war.

„Was?”, sprang Liam aus dem Bett, verfing sich in seiner am Boden liegenden Kleidung und stürzte Gesicht voran gegen seinen Kleiderschrank.
„Ach, Schnuckelchen ...” Eine zierliche Hand strich über seine Wange, dünne, blaue Lichtfäden formten erst einen Stuhl und nach einer kurzen Wandlung schliesslich Zo'ors Gestalt. „Die Taelons sind weg, wie die beiden verlangt haben. Immerhin gibt es jetzt ja kein Grundenergieproblem mehr, nicht wahr?”, lächelte der Synodenführer, „Aber ich bin ja kein Taelon mehr. Grundenergie ist nicht mehr, was ich brauche ...”
„Und ... was?”, schluckte Liam.
„Deine Liebe, Schnuckelchen!”
Der Drittelkimera sprang mit einem heiseren Krächzen, das eigentlich ein Schrei hätte werden sollen, auf und lief aus dem Schlafzimmer ... und verwurzelte mit dem Boden. Seine Traumfrau! Superblondie war Renee! Ihre Maske lag auf dem Boden und sie selbst auf dem Sofa und auf Sandoval, und unter seiner Anzugjacke. Ein roter Handschuh lag über einem roten Stiefel auf dem Tisch, am Fensterbrett stand ein Schuh, die Krawatte hing von der Lampe ...

Nein! Das konnte doch nicht sein ...

„Schnuckelchen ...”, erklang Renees Stimme hinter ihm, „Komm ins Bett, Schnuckelchen, ich habe Plüschhandschellen mitgebracht.” Zo'or zog ihn mit einem langen Arm zu sich und schloss mit dem anderen die Türe. „Ja, so ist es brav!”
Was für ein Tag ... Liam resignierte und gab auf.

 

ENDE

 

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