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  „Lâthie” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Kerômi erinnert sich wieder
Zeitpunkt:  Anfang zweite Staffel
Charaktere:  Kerômi, Lili, Siobhán Beckett, Liam, William Boone, (Augur)
 

 

LÂTHIE

Kapitel 7: Erinnerungen

 

Eine Stimme!
Eine leise Stimme!
Sie murmelte vor sich hin, in einer fremden Sprache, und manchmal murmelte sie Kerômis Namen. Die Stimme klang besorgt und ängstlich. Wem diese Stimme wohl gehörte?
Kerômi öffnete die Augen. Er lag auf einem weichen Bett und es roch irgendwie süsslich. Rechts neben dem Bett stand eine dunkelhaarige Frau. Sie bemerkte, dass er sie ansah, und sprach mit ihm.
Sie sagte oft seinen Namen, aber sonst konnte Kerômi nichts verstehen. Er zuckte die Schultern. Die Frau kam näher und sprach lauter, aber er verstand sie immer noch nicht, er verstand einfach ihre Sprache nicht. Schliesslich schwieg sie und setzte sich auf einen Stuhl.
„Wie heisst du?” fragte Kerômi. Die Frau blickte auf und runzelte die Stirn. Hatte sie ihn verstanden?
„Lili!” sagte sie und zeigte auf sich selbst. Ein Blitz. Er hatte sie schon einmal gesehen. Ihre Haare waren jetzt länger als in seiner Erinnerung.
„Lili!” sagte Kerômi und zeigte auf sie. Lili nickte. Aber wer war sie wirklich? Der Name Lili sagte ihm nicht viel.
„Kerômi!” sagte Lili und hielt einige grosse Bögen Papier hoch. Die Zeichnungen auf den Bögen waren wunderschön, vieles davon erinnerte Kerômi an seine Heimat. Aber er glaubte nicht, dass Lili seine Heimat kannte. Ein Blitz. Kerômi zeichnete. Sanft geschwungene Linien und kunstvoll schattierte Flächen, die fast lebendig schienen.
Kerômi berührte das Papier fast ehrfurchtsvoll. Inzwischen glaubte er, zu wissen, was die Blitze zu bedeuten hatten. Sie erinnerten ihn an Dinge, die ihm noch verborgen waren. Und Lili war ein Teil davon.

Kerômi sass auf dem Bett und starrte auf die Bilder, die ihm Lili vor einigen Stunden gebracht hatte. Einige hatte er sofort zuordnen können. Die blaugrün leuchtende Gestalt beispielsweise war ein Kimera.
Andere wiederum liessen in ihm Resignation aufkeimen, weil er die, die er kennen sollte, einfach nicht erkannte. Er hoffte, dass Lili bald wieder zu ihm kommen würde
Eine Frau mit roten, schulterlangen Haaren betrat das Krankenzimmer und Kerômi erkannte sie als eine auf den Bildern wieder.
„Siobhán!” sagte sie und deutete auf sich. Kerômi sah sie an und zuckte mit den Schultern. Er kannte sie nicht. Aber sie begann zu sprechen, in einer Sprache, die er verstand.
Kimera.
Sie sprach nicht sehr gut Kimera, aber Kerômi verstand sie auch nur, weil sie so langsam sprach.
„Mein Name ist Siobhán Beckett!” sagte sie: „Du hattest in deinem Gehirn ein Implantat der Taelons! Es ist zusammengebrochen und musste entfernt werden! Du erinnerst dich nur an Dinge, die vor der Implantation geschehen sind!” Kerômi nahm die Bilder in die Hand und sah sie alle der Reihe nach durch.
„Du hast etwas mit ihm zu tun!” sagte er dann und streckte Siobhán das Bild des Kimera hin. Einige Augenblicke überlegte er, dann fuhr er fort: „Er ist bei den Taelons! Ich muss ihn befreien!” Siobhán schüttelte den Kopf.
„Erst musst du dich erinnern!” sagte sie.
„Dann sag mir, was geschehen ist!” bat Kerômi. Siobhán nickte und begann zu erzählen. Zuerst von Kerômis Flucht, davon, wie er Lili kennenlernte, wie er zum Widerstand kam, dann auch vom Aufruhr im Gemeinwesen der Taelons, von Ha'gel und von dessen Sohn Liam.
Immer wieder hatte Kerômi Gedächtnisblitze. Die Widerstandsmitglieder, Ha'gel, Liam, Lili. Als er sich schliesslich an seine Hochzeit erinnerte, schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen.
„Erinnerst du dich an etwas?” fragte Siobhán.
„Ich werde mich an alles erinnern!” sagte Kerômi: „Aber es wird einige Tage brauchen!” Erst nach einem Augenblick realisierte er, dass er nicht mehr Kimera gesprochen hatte.
Die Türe knallte laut gegen die Wand und die Türschnalle schlug ein Loch in den Putz. Lili lief zu Kerômi und schloss ihn in die Arme.
„Lili!” murmelte Kerômi: „Ich liebe dich!”

Lili sass schweigend Kerômi gegenüber und legte nacheinander Bilder auf den Tisch. Bis jetzt hatte Kerômi die Personen darauf alle erkannt. Manchmal kam auch Augur vorbei und gab ihm einen Zeitungsausschnitt.
„Du erinnerst dich sehr schnell wieder an alles!” bemerkte Lili: „Du bist erst gestern aufgewacht!”
„Ich glaube, Julianne sagte einmal etwas über mein erstaunliches Gehirn!” murmelte Kerômi.
„Sie erwartete, dass du dich schnell wieder an alles erinnern können würdest!” sagte Lili: „Trotzdem finde ich es verwunderlich!”
„Lili, wie lange habe ich geschlafen?” fragte Kerômi. Lili seufzte.
„Acht Tage!” sagte sie.
„Was ist mit Siobhán? Sie hat doch ein CVI?” überlegte Kerômi: „Ha'gel hat es irgendwie beschädigt, aber das war doch nicht dauerhaft?” Er erinnerte sich daran, wie Siobhán davon erzählte. „In ein paar Tagen, sagte sie, würde sie wieder den Taelons dienen! Wieso tut sie es nicht?” Lili legte das Bild eines blonden, jungen Mannes auf den Tisch. Kerômi erkannte ihn nicht.
„Das ist Liam, er ist erwachsen geworden! Ha'gels Sohn!” erklärte Lili: „Er hat die meisten Fähigkeiten seines Vaters geerbt und kann Siobháns Motivationsimperativ ebenfalls überlasten!”
„Liam!” murmelte Kerômi nachdenklich.
„Siobhán darf das Hauptquartier trotzdem nicht verlassen!” sagte Lili: „Wenn sie aus irgendeinem Grund nicht rechtzeitig wieder zurückkommen könnte, würde ihr Motivationsimperativ die Kontrolle übernehmen und sie würde den Taelons alles verraten!”

Kerômi blickte auf und sah zur Lifttüre, durch die gerade zwei Männer ins Hauptquartier des Widerstands kamen. Kerômi erkannte sie beide, William Boone und Ha'gels Sohn Liam.
„Ihr Urlaub hat es uns leichter gemacht, Lili!” sagte William.
„Hat Da'an zugestimmt?” fragte Lili erwartungsvoll. William nickte und deutete auf Liam.
„Unser neuer Pilot, Major Liam Neville Kincaid!” verkündete er. Dann blickte er zu Kerômi und runzelte die Stirn. „Sie wissen davon ja noch gar nichts!” murmelte er: „Liam Kincaid war mein Lt. im SI-Krieg! Er wird immer noch vermisst! Jetzt hat Augur unserem Liam die Kincaid-Identität beschafft!”
„Das war eine gute Idee!” sagte Kerômi.
„Ich versuchte, Da'an zu überzeugen, ihn als Piloten einzustellen!” erklärte William: „Am Anfang konnte ich ihm nur erzählen, dass Lili nach der Geburt dann viel Zeit für ihr Kind brauchen würde und deshalb nicht immer zur Verfügung stehen können würde, aber jetzt, wo sie wirklich Urlaub genommen hat, stimmte Da'an mir zu!”
„Das heisst, wir haben noch jemanden bei den Taelons!” sagte Lili. Kerômi nickte.
„Das ist sehr gut!” murmelte er.
„Der Chefredakteur freut sich, dass es Ihnen wieder besser geht, Kerômi!” rief Melissa und lief zum Tisch: „Er lässt fragen, ob Sie diesen Freitag schon die fliegende Insel schicken können!”
„Fliegende Insel? Ich weiss nicht, ich erinnere mich nicht!” murmelte Kerômi ratlos.
„Also nicht!” stellte Melissa fest und lief wieder fort. William und Liam setzten sich zu Lili und Kerômi an den Tisch.
„Erinnern Sie sich wieder?” fragte William.
„Teilweise!” sagte Kerômi: „Ich erkenne die Menschen wieder, ich kann die Geschehnisse zeitlich einordnen, aber oft weiss ich nicht, was genau geschehen ist!”
„Ich helfe dir!” sagte Liam. Kerômi musterte den jungen Mann, von dem er wusste, dass er keine zwei Wochen alt war.
„In Ordnung, Liam!”

Einige Tage lang verbrachten Kerômi und Liam die meiste Zeit allein in einem Zimmer, soweit jedenfalls Liam nicht für seine Shuttleflug-Ausbildung üben musste. Die Theorie der Shuttlesteuerung wusste Liam von Siobhán und Ronald, die aber beide niemals selbst geflogen waren.
Liam half Kerômi, sich zu erinnern, aber auch er lernte. Nur mit dem genetischen Gedächtnis allein konnte er sein Shaqarava nicht kontrollieren.
„Hierher!” sagte Kerômi und legte seinen Finger ein Stück hinter den faustgrossen Metallwürfel. Liam zielte und liess sein Shaqarava aufleuchten.
„Und wenn ich dich treffe?” fragte er besorgt.
„Du hast bis jetzt noch nie mich getroffen!” beruhigte ihn Kerômi: „Und wenn du mich triffst, dann heilst du mich eben nachher!”
„Ich kann dich heilen?” fragte Liam. Kerômi nickte.
„Kimera können das!” sagte er.
„Dann kann ich auch deine Schulter heilen?” überlegte Liam. Kerômi nickte wieder. „Darf ich deine Schulter heilen?” fragte Liam und sah ihn mit grossen Augen erwartungsvoll an. Kerômi schmunzelte.
„Natürlich darfst du, Liam!” sagte er.
„Aber, wie geht das?” murmelte Liam plötzlich enttäuscht, weil er nicht wusste, wie es ging. Kerômi griff nach Liams Hand und legte sie auf die verletzte Schulter.
„Ganz langsam, ganz leicht nur!” sagte er. Liam schloss die Augen und konzentrierte sich. Kerômi verspürte ein angenehmes Kribbeln in der Schulter, das sich allmählich über den Arm und den Oberkörper ausbreitete. Als es zu einem Stechen wurde, machte er Liam darauf aufmerksam.
„Tschuldi ... Tschuldigung!” stotterte Liam und zog seine Hand zurück. Kerômi versuchte, seinen linken Arm zu bewegen und es gelang ihm, ohne dass er Schmerzen hatte. Schnell entfernte er den Verband. Die Schulter war vollkommen verheilt.
„Danke, Liam!”

Kerômi sah von Lilis Springer zu seinem König.
„Ich fürchte, du hast Recht! Ich habe tatsächlich verloren!” erklärte er und kippte seinen König um.
„Gerade zur rechten Zeit!” kommentierte Lili, als Liam in vollem Schwung den Tisch anrempelte und dabei die Figuren umwarf. „Liam! Welche Wespe hat dich denn gestochen?”
„Keine Wespe! Nur ein Taelon!” rief Augur von der Computeranlage: „Zo'or hat ihn zusammengeschissen!”
„Zo'or!” brummte Kerômi: „Das gemeine Kleinkind!”
„Mir scheint, als wüsstest du mehr über ihn!” bemerkte Lili, während sie sorgfältig die vier Türme auf ihre Plätze stellte.
„Vor ein bisschen weniger als tausend Jahren war er wissenschaftlich sehr interessiert!” murmelte Kerômi: „Vor allem interessierte er sich für die Lâthie!”
„Warum interessierte er sich so für die Lâthie?” fragte Liam mit kindlicher Neugier. Kerômi seufzte.
„Ich denke, ich sollte mein Versprechen einlösen, und euch die Geschichte von Energie und Materie erzählen!” murmelte er: „Ich glaube, ich kann mich jetzt an alles erinnern!”
„Soll ich Doors holen?” fragte Augur. Kerômi nickte.
Kaum fünf Minuten später waren alle Widerstandsmitglieder, die von Kerômis ausserirdischer Herkunft wussten, um ihn und Lili versammelt.
Irgendwie hatte es schon wieder einen Hauch einer offiziellen Vernehmung und Kerômi fühlte sich zunehmend unwohl. Als Lili jedoch die Füsse auf einen kleinen Hocker hochlegte und viele andere ihrem Beispiel folgten, fühlte Kerômi sich wieder besser.
Und er begann zu erzählen.

 

Ende von Kapitel 7

 

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