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  „Lâthie” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   November 2002
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Kerômi und Lili treffen auf den Widerstand.
Zeitpunkt:  nach der Ankunft der Taelons, aber vor der ersten Staffel
Charaktere:  Kerômi, Lili [Chefkoch, Julianne Belman, Jonathan Doors, Augur]
 

 

LÂTHIE

Kapitel 3: Lernen

 

Lili sah zufrieden das jetzt schon 38 Wörter umfassende Wörterbuch an. Vor allem waren es Bezeichnungen von Dingen im Krankenzimmer, aber auch einige abstraktere Begriffe wie Hunger oder Durst. Kerômi wusste über seine Anatomie gut bescheid, und so war es für Lili nicht so schwer gewesen, ihm durch einige Zeichnungen die Begriffe zu erklären.
„Ich Hunger!” sagte Kerômi schliesslich. Lili nickte und stand auf. Kerômi folgte ihr mit seinem Blick, bis sie die Türe schloss.
Lili überlegte, was sie ihm zu essen bringen sollte, während sie den Weg zur Krankenhausküche zurücklegte. Es könnte ja sein, dass er etwas nicht vertrug oder auch wegen irgendwelcher religiöser Vorschriften nicht essen durfte.
Sie betrat die Krankenhausküche und fragte sich zum Chef durch.
„Irgendwelche Spezialwünsche?” fragte der Chef.
„Gewissermassen!” erklärte Lili: „Ich habe oben einen hungrigen Schützling, mit dem ich mich nur sehr eingeschränkt verständigen kann! Ich weiss nicht, was er möchte! Können Sie mir einfach von allem ein bisschen mitgeben?”
„Na gut, Sie kriegen von allem eine Kinderportion mit! Hühnerschenkel, Rührei, Petersilkartoffeln, Schweinsschnitzel, gemischter Salat und einen Apfelstrudel!” erklärte der Chef und stellte ihr einige kleine, mit Frischhaltefolie überzogene Teller auf ein Tablett. Lilis Blick fiel auf die vielen Salzstreuer in einem Regal.
„Krieg ich Salz und Zucker auch mit?” bat sie. Der Küchenchef zuckte die Schultern und stellte einen Salzstreuer und einen Zuckerstreuer neben die Teller.
„Da drüben sind noch Getränke! Nehmen Sie einfach ein paar Flaschen mit!” erklärte er dann und zeigte auf ein Kühlregal. Lili hob das Tablett auf und stellte es vor dem Kühlregal auf einem Tisch ab. Sie nahm diverse Fruchtsäfte und Milch heraus und versuchte, auf dem Tablett noch Platz für die Gläser übrigzulassen.
Schliesslich kam Lili mit dem üppig beladenen Tablett wieder in Kerômis Krankenzimmer an. Sie setzte sich wieder auf ihren Plastikhocker und stellte das Tablett auf den Tisch. Kerômi entfernte vorsichtig die Frischhaltefolien und fragte Lili nach den Bezeichnungen der Speisen. Lili schüttete ihm auch etwas Zucker und Salz aufs Tablett und brachte ihm salzig und süss bei.
Kerômi griff nach der Gabel und stach sie mitten ins Schweinsschnitzel. Dann hob er das ganze Schnitzel auf und wollte vom Rand abbeissen.
Lili berührte ihn am Arm und schüttelte den Kopf. Sie nahm ihm die Gabel aus der Hand, zeigte ihm das Messer und schnitt vorbildlich ein Stück vom Schnitzel ab. Dann drückte sie ihm das Besteck wieder in die Hände.

Kerômi bestaunte die Werkzeuge. Diese Kultur hatte Regeln entwickelt, wie man essen musste.
Er kannte die Werkzeuge zwar, Messer und Gabel hatte auch er früher verwendet. Manchen Stücken wurde man eben nur mit den Zähnen allein nicht Herr, und berühren wollte man die Speisen auch nicht.
Aber niemand war jemals auf die Idee gekommen, zu bestimmen, welche Hand man zu benutzen hatte, oder wie gross die Stücke sein durften.
Er hielt die Gabel in der linken und das Messer in der rechten Hand, wie er es bei Lili gesehen hatte und versuchte, wie sie ein Stück vom Fleisch abzuschneiden. Es sah nicht ganz so elegant aus wie bei ihr, aber sie nickte ihm aufmunternd zu.
Ja, er musste viel lernen, nicht nur die Sprache.
Als er das erste Stück Fleisch in den Mund geschoben hatte, bemerkte er erst, wie hungrig er eigentlich wirklich war. Die Stücke, die er abschnitt, wurden immer grösser und er ass immer schneller. Bald war vom Schnitzel nichts mehr übrig.
Auf dem zweiten Teller lag ein Schenkel von einem Tier. Er sah Lili fragend an. So wie das Schnitzel konnte er den Schenkel nicht essen.
Lili lächelte und nagte einen imaginären Schenkel ab. Dann wickelte sie ein feines Tuch, das sie Serviette nannte, um das schmalere Ende des Schenkels. Kerômi nickte und begann, den Schenkel abzunagen.
Es war wohl so, dass man verschiedene Speisen verschieden ass.

Lili staunte, wie schnell Kerômi den Hühnerschenkel abnagte. Er war wohl wirklich sehr hungrig.
Als Kerômi mit dem Hühnerschenkel fertig war, machte er sich über die Petersilkartoffeln her. Wie Lili es ihm beim Schnitzel erklärt hatte, schnitt er auch die Kartoffeln in kleine Stücke.
Schliesslich kam er zum Salat und sah Lili wieder fragend an. Lili nahm ihm das Besteck aus den Händen und führte ihm vor, wie man Salat ass. Kerômi machte es nach, etwas ungeschickt zwar, aber er war ein gelehriger Schüler.
Als er sich dann dem Rührei widmete, kam Julianne zur Türe herein.
„Miss Marquette, haben Sie von ihm etwas erfahren?” fragte sie. Lili verneinte, obwohl das nicht ganz die Wahrheit war, aber sie wollte Kerômi nicht dadurch gefährden, dass sie seine ausserirdische Herkunft verriet. Ausserdem war sie sich ja auch nicht ganz sicher.
Julianne reichte Lili ein Blatt Papier, auf dem viele Zahlen und Fachbegriffe standen, die ein Laie nicht verstehen konnte. Lili zuckte hilflos mit den Schultern.
„Er ist kein Mensch!” erklärte Julianne: „Die Werte sind durchaus in der Nähe der menschlichen Werte, aber ein Mensch wäre mit diesen Werten tot!” Lili blickte zu Kerômi und überlegte, wie sie diese Aussage für ihn übersetzen sollte. „Miss Marquette!” sagte Julianne: „Sie wussten es bereits!”
Lili nickte. Kerômi verfolgte das Geschehen aufmerksam.
„Je mehr Leute es wissen, desto gefährlicher ist es für ihn!” erklärte Lili: „Ausserdem hat er kein sehr gutes Verhältnis zu den Taelons!” Sie sah Kerômi besorgt an.
„Ich kann Sie beruhigen, Miss Marquette! Ich bin die einzige, die es weiss!” sagte Julianne: „Fast die einzige! Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen!”

Jonathan Doors rückte seine Waffe zurecht und betrat das Krankenzimmer. Julianne schloss die Türe hinter ihm.
„Miss Marquette!” sagte er. Lili war aufgesprungen und streckte ihm höflich ihre Hand entgegen. Jonathan bemerkte sofort, wie nervös sie war. Weil sie ihn aus den Medien kannte oder weil sie sich um den Ausserirdischen sorgte?
„Ich bin Jonathan Doors!” stellte er sich vor, während er ihre Hand schüttelte.
„Ja, ich weiss ... ich meine, ich habe Sie ein paar Mal im Fernsehen gesehen!” sagte Lili.
„Dr. Belman informierte mich darüber, dass ihr Patient kein Mensch ist!” erklärte Jonathan: „Können Sie mir mehr darüber erzählen?”
Lili sah etwas unschlüssig zu Kerômi und dann zu Julianne.
„Er heisst Kerômi!” sagte sie dann: „Er war bei den Taelons gefangen!” Sie drehte sich zu Kerômi und nickte ihm zu.

Kerômi fühlte sich gar nicht wohl. Es wurde zuviel in einer Sprache geredet, die er nicht verstand. Aber nun forderte Lili ihn auf, zu ihr zu kommen.
Kerômi stand auf und trat zu ihr und dem Fremden. Er wiederholte die Begrüssungsgeste, die Lili gemacht hatte, und reichte dem Fremden seine Hand. Lili stellte den Fremden vor, indem sie auf ihn zeigte und seinen Namen sagte. Jonathan Doors hiess er also.
Er wirkte sehr berechnend, aber ganz und gar nicht feindlich. Kerômi entspannte sich etwas, brachte allerdings kein Wort heraus. Lili berührte ihn an der Schulter und sah ihn fragend an. Sie hielt den Block mit der Wörterliste in der Hand.
Kerômi nahm ihn ihr aus der Hand und suchte sich einige Wörter zusammen.
„Ich froh fern Taelons!” sagte er und hoffte, dass Jonathan verstehen würde.
Jonathan nahm ihm den Block aus der Hand, wohl um herauszufinden, welche Wörter Kerômi schon verstand, und antwortete dann.
„Ich froh Taelons fern Erde!” sagte er. Und Kerômi verstand. Jonathan wollte, dass die Taelons fortgingen.

Lili trat schnell einen Schritt näher. Bisher hatte sie hinter dem Gerücht über den „Widerstand” keinen so finanzkräftigen Mann vermutet, aber jetzt sah sie das ganze etwas anders.
Menschen, die reich genug waren, etwas zu bewirken, ergriffen oft die Initiative.
„Sie sind der Widerstand!” stellte Lili fest.
„Sehr richtig! Und ich hoffe, ich habe keinen Fehler gemacht, Ihnen das zu sagen!” antwortete Jonathan. Lili blickte zu Kerômi. Sie kannte nur eine Seite. Sie wusste, dass er nicht zu den Taelons zurückwollte, aber sie wusste nicht, warum die Taelons ihn gefangengehalten hatten. Kerômi kam ihr wirklich nicht so vor, aber für die Taelons könnte er ein Verbrecher sein.
Schnell schüttelte sie die beginnenden Zweifel von sich ab, in dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten. Ausserdem war sie sich sicher, dass Jonathan auch seine Gründe hatte, gegen die Taelons zu sein.
„Ich werde es für mich behalten!” versicherte sie ihm.

Lili und Kerômi betraten das Flat-Planet-Café und sahen sich um. Jonathan und Julianne steuerten sofort auf einen Nebenraum zu und Lili zog Kerômi ihnen hinterher.
„Willkommen beim Widerstand!” grüsste ein bunt angezogener Schwarzer mit fast kahlrasiertem Kopf: „Captain Lili Marquette!”
„Captain?” fragte Jonathan.
„Ich bin Shuttlepilotin!” sagte Lili.
„Bei den Taelons!” stellte Julianne fest. Lili nickte.
„Hey, dann haben wir ja jemanden direkt bei den Taelons!” bemerkte der Schwarze.
„Das steht noch nicht fest!” meinte Jonathan: „Wir wissen nicht, ob wir Ihnen trauen können, Captain Marquette!”
„Lester Morrigh!” sagte der Schwarze. Lili starrte ihn verdutzt an. „Er kritisierte die Vorgehensweise der Taelon-Wissenschaftler bei der Behandlung von Aids-Patienten! Zwei Tage später war er tot!” erklärte der Schwarze: „Sie waren Zeugin!”
„Ja, er erschoss sich selbst!” murmelte Lili verwirrt.
„Er hatte ein Implantat in seinem Gehirn!” sagte Jonathan: „Es wurde bei der Autopsie entfernt und hätte verschwinden sollen! Dr. Belman hat es uns besorgt und Augur hat die Programmierung entschlüsselt: Töte dich selbst!” Er deutete auf den Schwarzen, Augur. Lili runzelte die Stirn.
„Er sagte: Es tut mir Leid, Lili, ich kann nicht anders, obwohl ich es will!” flüsterte sie: „Das waren die Taelons?”

Kerômi blickte verwirrt von Jonathan zu Lili und zurück. Zwischendurch warf er auch einen Blick auf Augur, der sich auch manchmal ins Gespräch einmischte. Julianne stand schweigend daneben.
Lili wirkte nachdenklich, Jonathan und Augur mussten ihr irgendetwas sehr Wichtiges gesagt haben. Aber Kerômi glaubte nicht, dass sie von ihm sprachen. Sie sahen ihn zu selten an.
Schliesslich sah er ein, dass er von diesem Gespräch nichts verstehen würde, und widmete sich wieder seiner Wörterliste. Je besser er diese Wörter beherrschte, um so schneller würde er richtig kommunizieren können. Lilis Stimme schreckte ihn wieder auf.
„Kerômi! Name?” murmelte sie. Kerômi sah sie fragend an und zuckte mit den Schultern. „Du Name!” versuchte Lili es wieder.
„Ich Name Kerômi!” sagte Kerômi. Lili schüttelte leicht ihren Kopf und nahm ihm den Block aus der Hand. Darauf zeichnete sie ein haarloses Strichmännchen, einen Taelon, wie Kerômi erkannte, und einige Zeichen, die er nicht kannte. Sie zeigte auf die Zeichen und erklärte, dass das sein Name sein sollte.
Und jetzt verstand Kerômi. Er brauchte einen anderen Namen, den die Taelons nicht gleich mit ihm in Verbindung brachten. Er nickte und Lili sprach ihm ein paar Namen vor.
Schliesslich entschied Kerômi sich für den, der seinem richtigen Namen am nächsten kam: Jeremy.

 

Ende von Kapitel 3

 

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