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  „Lâthie” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   2003
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Das Taelon-Gemeinwesen hat eine Lücke.
Zeitpunkt:  Anfang zweite Staffel
Charaktere:  Kerômi, Lili, Sandoval, Augur, Liam, Ha'gel, Talaz, Melissa Park
 

 

LÂTHIE

Kapitel 11: Schläfer

 

Wie von Julianne erwartet, brach Ronalds CVI nach 20 Stunden komplett zusammen. Viel Zeit blieb für die Implantation des modifizierten CVI nicht, nur eine Frist von 22 Minuten. Davor würde das neue CVI vom Anti-CVI ebenfalls zerstört, danach würde das CVI einem Toten nicht viel nützen.
Siobhán und Liam blieben an Ronalds Seite, während das neue CVI implantiert wurde. Kerômi sah von der anderen Seite der Glaswand aus zu. Eine glückliche Familie? Ronald hatte bereits erfahren, dass Siobhán Liams Mutter war, und er hatte erstaunlich ruhig reagiert. Kerômi meinte, dass Ronald nicht wirklich etwas gegen eine Verbindung mit Siobhán hatte. Ausserdem wusste er ja auch, dass sie ihm Gefühle entgegenbrachte, die es Ha'gel erst möglich gemacht hatten, in ihre Nähe zu kommen.
Julianne aktivierte den Roboterarm über Ronald und sah gespannt zu, wie die lange Nadel sich auf seinen Hals zubewegte. Als die Nadel durch die Haut stach und sich ihren Weg zum Gehirn suchte, drehte Kerômi sich weg. Zu sehr hatte er unter Experimenten der Taelons gelitten, als dass er zusehen konnte, wie ein anderer Ähnliches erlebte, wenn auch für den Widerstand und aus freiem Willen.
Genau hörte er Ronalds Anfall und das grausame Piepen der medizinischen Geräte, aber er konnte sich nicht umdrehen und hinsehen, auch wenn die Unsicherheit über Ronalds Zustand an seinen Nerven nagte. Schliesslich hörte das Piepen auf und Julianne atmete auf.
„Er hat es überstanden!” sagte sie. Jetzt konnte Kerômi sich umdrehen. Ronald lag blass und fast bewusstlos auf der Liege und atmete flach. Liam und Siobhán hielten ihn fest und redeten leise auf ihn ein. Langsam trat Kerômi in den Operationssaal und ergriff Ronalds Hand.
„Sie gehören jetzt auch zum Widerstand gegen die Taelons!” sagte er leise: „Irgendwann werden die Taelons gehen müssen!”

Die Tage vergingen und Ronald freundete sich mit einigen Widerstandsmitgliedern an. Talaz gegenüber war er allerdings recht zurückhaltend, wohl weil er fürchtete, der Jaridian würde ihm nicht wirklich trauen.
Kerômi beobachtete aber auch Talaz genau, der sich im Hauptquartier auch ganz gut zurechtfand. Eigenartigerweise war Rayna fast ständig in seiner Nähe und Tommy machte einen etwas vernachlässigten Eindruck.
War der Jaridian wirklich so faszinierend? Kerômi machte jedenfalls keinen Unterschied darin, wie er die Menschen, den Kimeramischling und den Jaridian behandelte. Ha'gel ging offenbar voll und ganz in seiner Rolle als treuer Companion-Agent Ronald Sandoval auf, er war nicht mehr zum Hauptquartier gekommen, seit er Ronalds Gestalt angenommen hatte.
Kerômi blickte von seinem Grafiktablett auf und beobachtete Augur dabei, wie er lautstark fluchte. Der Zugriff auf die Datenbank des Mutterschiffes war ihm wohl gerade verweigert worden.
„Möglicherweise gelten die Codes nicht mehr!” vermutete Kerômi: „Will hat schon lange keine Codes mehr gebracht!”
„Aber die Codes hätten erst in zwei Stunden geändert werden sollen!” knurrte Augur: „Verdammte Taelons!”
„Ich stimme Ihnen zu, Augur!” sagte Ronald, der gerade mit zwei brutzelnden Würstchen mit Spiegelei aus der Küche kam.
„Schmeckt es Ihnen?” fragte Kerômi. Ronald zuckte mit den Schultern.
„Weiss ich nicht, ich habe noch nicht probiert!” sagte er und setzte sich mit seinem Teller Kerômi gegenüber.
„Fühlen Sie sich besser?” fragte Kerômi: „Sie sagten, Sie hätten Kopfschmerzen!”
„Mittlerweile habe ich nur mehr gelegentlich Schwindelgefühle!” antwortete Ronald: „Dr. Belman sagte, dass sich das CVI ganz normal entwickelt! Sie erwartet keine Komplikationen!” Er schnitt ein Stück von einem Bratwürstchen ab und schob es in den Mund. „Ha'gel scheint meine Identität zu gefallen!” bemerkte er dann. Kerômi schmunzelte.
„Er macht wohl keine halben Sachen!” meinte er: „Aber so wird niemand jemals Verdacht schöpfen!”
„Das beruhigt mich!” murmelte Ronald: „Es würde mir nicht gefallen, meine Arbeit wieder aufzunehmen und dann gleich arrestiert zu werden!”
„Ja, ich bin drin!” rief Augur: „Ich hab das Mutterschiff gehackt!”
„Augur, Sie sind ein Genie!” rief Kerômi ihm zu: „Keiner kennt sich mit dieser Materie so gut aus, wie Sie!” Ronald grinste und widmete sich wieder komplett seiner Mahlzeit.

Kerômi sass mit Liam und Augur an einem Tisch im Flat-Planet und erklärte zumindest in Ansätzen die Körpersprache der Láthie. Liam begriff sehr schnell, er hatte ja auch das genetische Gedächtnis seines Vaters, aber Augur war eher hoffnungslos überfordert.
„Lassen Sie sich von Ihrem Gefühl leiten, Augur!” sagte Kerômi: „Mit Logik werden Sie der Körpersprache nicht Herr!” Schnelle Schritte schreckten ihn auf. Auch Liam und Augur blickten zur Türe. Ha'gel, in Ronalds Gestalt, und ein anderer Agent, zielten mit ihren Skrills in den Raum. Augur sprang auf und stapfte auf die beiden zu.
„Gefahr!” sagte Ha'gel mit seiner Körpersprache. Für Augur war es zu spät, aber Kerômi und Liam konnten noch unter den Tisch tauchen.
„Sie können hier nicht so einfach mit Ihren Skrills reinplatzen!” rief Augur ärgerlich.
„Sie kommen mit!” sagte der Agent. Ha'gel schob Augur durch die Tür und der andere Agent folgte ihm mit zwei jungen Frauen.
„Was war denn das?” japste Liam. Kerômi zog Liam mit in den Nebenraum, wo er sein Global aufschnappen liess.
„Lili, ist etwas Ungewöhnliches passiert?” fragte er. Lili sah ihn erstaunt an.
„Bist du Hellseher, oder hat diese Sonde Auswirkungen auf das Gemeinwesen, die du spüren kannst?” murmelte sie: „Kann Liam etwas spüren?” Kerômi sah zu Liam, der sich konzentrierte und dann den Kopf schüttelte.
„Es ist nur, Ha'gel und ein Agent haben hier gerade Augur und zwei Frauen mitgenommen!” sagte Kerômi: „Sag mir, wenn du mehr weisst!”
„Natürlich!” Lili schob ihr Global zu.
„Spürst du etwas?” fragte Liam. Kerômi seufzte.
„Ich werde versuchen, das Gemeinwesen zu erreichen!” sagte er: „Aber es braucht Zeit und Ruhe! Gehen wir ins Hauptquartier!”

Im Hauptquartier angekommen kam ihnen Tommy entgegengerannt.
„Rayna spielt komplett verrückt!” rief er aufgeregt: „Sie murmelt etwas von einer anderen! Dr Park ist ratlos!”
„Eine andere?” wiederholte Kerômi verwirrt. Tommy nickte. Kerômi setzte sich nachdenklich an den kleinen Glastisch und stützte den Kopf auf die Hände. Aber dann schob er die Grübelei weit von sich fort und konzentrierte sich darauf, das Gemeinwesen zu erreichen. Liam und Tommy sahen seine Konzentration und setzten sich schweigend zu ihm.
Das Gemeinwesen war schwach, irgendwo war eine Lücke. Lag ein Taelon im Sterben, der sich weigerte, die anderen loszulassen? Aber Kerômi konnte nichts dergleichen spüren. Was nahm den Taelons die Kraft? Die Kraft, das Gemeinwesen zusammenzuhalten. Ohne würden sie zu Atavi werden.
Natürlich, das wollten die Taelons um jeden Preis vermeiden. Und wenn sie das Gemeinwesen selbst nicht mehr zusammenhalten konnten, dann zwangen sie jemanden, es für sie zu tun. Auch Menschen konnten das tun.
Waren Augur und die zwei Frauen zu diesem Zweck aufgegriffen worden? Eilige Schritte schreckten ihn aus seinen Gedanken.
„Kerômi!” rief Ha'gel: „Die Taelons verwenden Menschen, um ihr Gemeinwesen abzudichten!” Kerômi verzog das Gesicht. Leider hatte er mit seiner Ahnung ins Schwarze getroffen. „Wo das Gemeinwesen ein Loch hat, kann ich allerdings nicht sagen!” fuhr Ha'gel fort.
„Wieso bist du eigentlich hier?” fragte Liam: „Solltest du nicht den treuen Companion-Agent Ronald Sandoval spielen?”
„Manchmal hat er auch Feierabend!” brummte Ha'gel.
„Was kann dem Gemeinwesen Energie entziehen?” fragte Kerômi. Ha'gel zuckte mit den Schultern.
„Niemand kennt sich mit dem Gemeinwesen wirklich gut aus!” sagte er: „Vor allem nicht jemand, der Ewigkeiten lang in einer Kapsel eingesperrt war!”
„Wir haben Möglichkeiten entwickelt, dem Gemeinwesen Energie zu entziehen!” meldete sich Talaz von der anderen Seite des grossen Raumes. Kerômi blickte auf und deutete auf den vierten Stuhl. Talaz setzte sich.
„Wie funktionieren diese Möglichkeiten?” fragte Kerômi.
„Es sind kleine Sender, die von Jaridia oder den Kolonien in alle Richtungen ausgeschickt wurden!” erklärte Talaz: „Sie sollten nach Taelonaktivitäten suchen und dann selbständig dorthin steuern!”
„Dann könnte das, wovon Lili gesprochen hat, so ein Sender sein!” vermutete Liam.
„Die Sender funktionieren!” fasste Kerômi zusammen: „Sie stören das Gemeinwesen! Allerdings schaden sie den Taelons nicht wirklich, weil die Taelons das Loch in ihrem Gemeinwesen mit anderer Energie stopfen! Mit der Energie von Menschen!”
„Unter anderem mit der von Augur!” fügte Liam hinzu. Talaz blickte auf die Tischplatte.
„Also müssen wir den Sender ausschalten!” stellte er fest.

Kerômi stapfte nervös durch das Widerstandshauptquartier. Die Situation war einfach viel zu kritisch. Ha'gel hatte bereits von einem Todesfall in den Reihen derer, die das Gemeinwesen stopfen mussten, berichtet, und so machte Kerômi sich grosse Sorgen um Augur. Die Menschen wurden von den Maschinen in einen komaartigen Zustand versetzt, in dem sie grosse Mengen neuraler Energie freisetzten, die die Maschinen sofort abzogen, dass die Menschen sie selbst nicht nutzen konnten. Kerômi kannte dieses Verfahren. Es wurde bei den Láthie benutzt, um Komapatienten zu wecken, nur war dort alles auf freiwilliger Basis. Für Verwandte tat man so etwas gern, auch wenn es Risiken gab.
Milla, eine grellbunte 17-jährige Widerständlerin, die zufällig von Talaz erfahren hatte, hatte den Jaridian mit Theaterschminke vollgekleistert und ihm eine Perücke auf den Kopf gesetzt, dass er mit Lili und William nach Australien zur Sonde fliegen konnte. Dennoch würde ein Taelon ihn leicht erkennen.
„Vergleichbar mit einer Nahtod-Erfahrung!” murmelte Melissa und spulte Ha'gels Aufzeichnung zurück.
„Diese Schläfer könnten untereinander in Kontakt sein!” sagte Liam.
„Ja, Ha'gel hat das auch gesagt!” stimmte Melissa zu.
„Dann könnten wir sie dazu bringen, aufzuwachen, wenn wir ebenfalls in so einen Zustand ...”
„Nein, Liam!” unterbrach Kerômi energisch: „Du bist deinen genetischen Erinnerungen noch zu nahe! Du bist zu jung! Du könntest dich selbst in deinen Erinnerungen verlieren!” Er seufzte leise. „Für Kimera ist es auch überhaupt wesentlich gefährlicher, als für Menschen!” fuhr er fort: „Ich werde das tun!"
„Wollen Sie das wirklich tun, Kerômi?” fragte Melissa besorgt.
„Ja, Melissa, ich habe soetwas schon einmal getan!” sagte Kerômi: „Ich habe meine Schwester aus dem Koma geholt!” Melissa seufzte leise und nickte dann.
„Dann kommen Sie!” sagte sie.

Kerômi schloss seine Augen und konzentrierte sich.
„Ich schalte es jetzt ein!” sagte Melissa. Ein tiefes Summen wirbelte durch Kerômis Gedanken, genau wie damals, als er seine Schwester gesucht hatte. Es dauerte auch nicht lange, bis er weder Melissa noch Liam mehr in seiner Nähe wahrnehmen konnte.
Kerômi begann zu suchen. Er spürte die Anwesenheit anderer in demselben komaartigen Zustand, allerdings nur jene, die von den Taelons benutzt wurden. Menschliche Komapatienten konnte er nicht spüren, deren neurale Energie war zu schwach.
„Kerômi, ich freue mich, dass du hier bist!”
Die Umgebung nahm Gestalt an, erst blassgrün und silbergrau, dann wurden die Farben kräftiger. Auch rote und gelbe Farbflecken zeigten sich, einzelne blaue und violette ebenfalls. Es war Frühling auf Arkadras. Kerômi schüttelte den Kopf. Er war nicht wirklich hier.
„Sánva, hilf mir bitte, Augur zu suchen!” sagte er.
„Wer ist Augur?” fragte Sánva.
„Ach, Sánva, du kennst doch seine Scherze!”
„Kînye!” murmelte Kerômi.
„Bis jetzt hiess ich jedenfalls so!” meinte Kînye grinsend. Wieder schüttelte Kerômi den Kopf. Er durfte sich von seinen Schwestern nicht ablenken lassen.
Er lief an ihnen vorbei in die blühende Welt Arkadras.
„Kerômi? Stimmt etwas nicht? So kenne ich dich gar nicht!” rief Kînye ihm hinterher. Aber Kerômi liess sich nicht ablenken. Er lief weiter.
Aber wohin?
Wo war Augur?

Es schien ihm beinahe eine Ewigkeit, seit er vor seinen Schwestern davongerannt war. Ziellos war er durch die blühende Wildnis geirrt, ohne nur eine Ahnung, wie er Augur finden können würde.
Fast hätte er nicht gemerkt, wie sich die Umgebung veränderte, so vertraut waren ihm auch die Pflanzen der Erde. Er lief in eine Stadt der Menschen. Er spürte, wohin er gehen musste, wo Augur war. Er betrat ein Haus.
Augur war da, er stritt mit seinem Vater. Worum es ging, spielte keine Rolle, sicher war, dass Augur daran glaubte, wirklich hier zu sein. Kerômi stellte sich zwischen die beiden und sah Augur an.
„Erkennen Sie mich?” fragte er. Augur wischte ärgerlich mit seiner Hand durch die Luft.
„Ja, Jeremy, aber Sie stören gerade, warten Sie doch ein bisschen!” knurrte er.
„Liam braucht Ihre Hilfe, er ist in Gefahr!” sagte Kerômi. Augur riss die Augen auf.
„Was ist mit Liam?” fragte er besorgt.
„Er verliert einen Freund!” sagte Kerômi: „Der Freund versinkt in einer nicht realen Welt! Die Taelons tun ihm das an!”
„Also wenn wir Liam helfen wollen, müssen wir diesen Freund retten!” stellte Augur fest. Kerômi nickte.
„Genau so ist es!” sagte er: „Aber der Freund wird sich an dieser Fantasiewelt festklammern, weil er sie für real hält! Was könnte man da tun?”
„Hmmmm!” brummte Augur: „Diesen Freund zu überzeugen wird schwierig! Wer ist es denn eigentlich?” Kerômi seufzte.
„Sie sind es, Augur!” sagte er: „Vertrauen Sie mir?”

Einige Augenblicke lang reagierte Augur überhaupt nicht. Doch dann drehte er sich um und ging einige Schritte von Kerômi weg.
„Vielleicht sind ja auch Sie die Illusion, Jeremy!” sagte er.
„Was erscheint Ihnen realer!” fragte Kerômi: „Diese Welt? Oder Ihre Erinnerungen an William, Lili und Liam?” Augur seufzte. „Ihr Vater ist tot, Augur!” sagte Kerômi leise: „Sie wissen das! Das hier ist nicht real!”
„Aber hier kann ich mit ihm sprechen, Jeremy!” seufzte Augur: „Ich kann ihm sagen, wie sehr es mir leid tut, dass wir uns nur gestritten haben!”
„Sie werden Ihren Vater wiedersehen!” sagte Kerômi: „Wenn es soweit ist!” Er ging zu Augur und sah ihm ins Gesicht. „Kommen Sie mit mir zurück ins Leben!”
Einen Moment war es absolut still. Doch dann nickte Augur.
„Ich komme mit Ihnen mit, Kerômi!” sagte er.

 

Ende von Kapitel 11

 

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