Startseite Aktuelles Update Geschichten Kategorien Bilder Forum - Der Baum Links Hilfe Kontakt
  „Blick zum Horizont” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juli 2012
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Eine nächtliche Widerstandsaktion ist der Auftakt sehr merkwürdiger Geschehnisse.
Charaktere:  Liam, Zo'or, Sandoval, (Jonathan Doors, Rose Plunkett, Renee Palmer, Freiwillige, Lili, Augur)
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2011 geschrieben.
 

 

BLICK ZUM HORIZONT

Kapitel 6

 

Liam streckte sich einen Moment lang und rieb sich die linke Schulter, auf die ihn die Freiwilligen fallen gelassen hatten, dann rannte er los, die Treppe hoch und im zweiten Stock den Korridor entlang, an dessen Ende die Haupttreppe hoch und dann durch die Brandschutztüre und in Raum 21. Zo'or war nicht hier, aber lange konnte es nicht dauern.
Der Kimera packte den bewusstlosen Freiwilligen und zog ihn an Rose vorbei in den Nebenraum, dann lehnte er die Türe an und begann, dessen Weste und Helm anzuziehen, die Hose war farblich ohnehin passend. Etwas später betraten Zo'or und ein Freiwilliger Raum 21 und der Taelon befahl: „Sergeant, töten Sie Doors und die Blonde.”
„Ja, Sir!”
Liam spannte sich an und wartete ab, bis der Freiwillige durch die Türe war, dann packte er ihn und drückte ihm die hell aufglühende rechte Hand zwischen die Schulterblätter. Vorsichtig legte er den Bewusstlosen hin, dann griff er nach dessen Waffe.
„Sie können doch nicht einfach ...”, setzte Renee an, zu protestieren, aber sie unterbrach sich, als Liam zweimal in den Boden schoss. Ihre Lippen formten ein lautloses Danke, Doors hingegen sprühte fast Funken vor Wut, wenngleich auch er still war.
„Sergeant!”, rief Zo'or ärgerlich.
„Ja, Sir!”, gab Liam mit bestmöglich verstellter Stimme zurück.
„Die Dürre auch!”, bestimmte der Taelon.
Liam verliess den Nebenraum, schielte knapp zu Zo'or, der sich mittels der blauen Halbkugel am Zeitportal zu schaffen machte, und trat dann zu Rose. Er zielte knapp an ihr vorbei, dann drückte er ab und sie fiel vom Stuhl - entweder ganz geistesgegenwärtig oder schlicht vor Schreck, das konnte er nicht so genau sagen.
„Ausgezeichnet”, sagte Zo'or schliesslich, „Die Schleife ist beendet, der Widerstand hat den Anführer verloren, Kincaid und Sandoval sind tot, und damit bleiben nur noch Sie, Sergeant. Ich kann keine Zeugen gebrauchen.” Er wandte sich um und sah dem vermeintlichen Freiwilligen direkt ins bis zu den Ohren grinsende Gesicht.
„Sandoval hat gelogen”, sagte Kincaid und hob beide glühenden Hände, „Sie teilten Ihre Schleife mit mir.”
„Kimera!”, war Zo'or hochgradig entsetzt und verlor seine Fassade völlig.
„Und ich teile eine kürzere Schleife mit ihm”, fügte Liam hinzu, „Bis zum nächsten Mal, Zo'or!” Mit diesen Worten griff er an und zersplitterte den Synodenführer als blaue Funken in alle Windrichtungen.
„Wow!”, brachte Rose hervor.
Liam schmunzelte zufrieden und befreite sie von ihren Handschellen, dann ging er in den Nebenraum und liess auch Doors und Renee Palmer frei. Im Nachhinein bereute er ein Drittel davon.
„Sie!”, fuhr der Multimilliardär ihn an, „Wie können Sie es wagen, uns einfach ...”
„Zu erschiessen? Habe ich nicht. Zo'or war weniger glücklich”, würgte Kincaid ihn eisig ab, „Ich schlage vor, Sie kümmern sich um die Freiwilligen, die schlafen nur.” Damit liess er die drei einfach stehen und machte sich auf die Suche nach seinem Vater. Er musste ein gutes Stück den Korridor entlang laufen und zweimal abbiegen, dann fand er ihn und einen der Freiwilligen.
Letzterer war definitiv tot, so verbrannt und blutig seine Vorderseite war, aber für Sandoval galt das nicht. Ein leises Röcheln war zu hören. Liam kniete neben dem Verletzten nieder und zog ihm die verbrannte Anzugjacke vorsichtig aus, der Treffer war rechts knapp oberhalb der Brust, zweifellos hatte die Lunge etwas abbekommen.
„Sandoval?”
Keine Antwort. Liam schob ihm die Anzugjacke unter den Kopf und hielt eine glühende Hand zögerlich über die Wunde. Ob es helfen würde?
„Sandoval?”, fragte er wieder leise und bekam keine Antwort. „Himmel ... es war eine blöde Idee! Sich erschiessen zu lassen ist immer eine blöde Idee ... aber Zo'or hat die Schleife beendet, es hat funktioniert.” Er spürte kurz nach dem schwachen Puls und intensivierte das Glühen in seiner Hand. „Ich lasse dich nicht sterben, Vater”, flüsterte er, drückte die Hand fest auf und schloss die Augen. Liam spürte plötzlich die Energie strömen, irgendetwas passierte, und es war gut, das wusste er.
Der Puls wurde deutlicher, die Atmung war bald nicht mehr vom Röcheln überdeckt. Der Verletzte wachte auf und sagte sogar etwas, wenngleich zunächst unverständlich. Liam sah ihn an und lächelte. „Kincaid?”, murmelte Sandoval, „Sind wir in Detroit?”
„Ja, Sie leben noch.”
„Hat es gfunzi... fuxo... geklappt?” Der Agent rollte mit den Augen und schüttelte seine unwillige Zunge aus.
Liam nickte. „Zo'or hat seine Schleife beendet. Zur Zeit ist er tot.”
Ronalds Mundwinkel zuckten nach oben. „Hätte ich nicht gedacht ... der Plan war ...”
„Er war nicht so schlecht, das wissen Sie”, schüttelte Kincaid den Kopf, „Zo'or traut Ihnen ganz offensichtlich so einige Schandtaten zu und Professor Plunkett hat uns ja doch gut geholfen.”
„Ja?”
„Sie hat komplett mitgespielt, am Schluss ist sie sogar grandios vom Stuhl gefallen, als ich danebengeschossen habe.”
„Die drei leben?”
„Natürlich. Ich könnte doch nicht einfach ...”
„Sie verdammter Alien, Kincaid!”, schrie Doors und stapfte wutschnaubend herbei, „Ich werde dafür sorgen, dass Sie in ein Labor kommen und seziert werden! Ich wusste, dass Sie ...”
„Mr. Doors?”, unterbrach Rose.
„... gefährlich sind, und der Widerstand darf nicht ...”
„Mr. Doors?”
„... von Ihren Eskapaden in Gefahr ...”
„Mr. Doors verdammt!”, fauchte Rose, „Dem Widerstand geht es gut und die Taelons sind den Synodenführer los, und das dank dieser beiden Männer!” Darauf sagte der Multimilliardär perplex nichts mehr und wurde von Rose energisch weggezogen.
„Wann?”, flüsterte Sandoval.
Liam blickte auf seine Uhr. „Vier Minuten.”
„Wieso erst?”, murmelte der Agent.
„Ich schätze, Zo'or war bisher länger mit den Wachmännern beschäftigt, diesmal waren sie ja gefesselt und weniger und er kam schneller zu uns.” Liam zog seine Hand von der Wunde zurück und betrachtete sie kurz. „Haben Sie Schmerzen?”
„Natürlich ... ist nicht so schlimm. Nur vier Minuten.” Sandoval versuchte, sich hochzustemmen, ächzte schmerzvoll auf und blieb lieber liegen. „Seychellen ... sehr verlockend, Major ...”
„Können wir machen”, nickte Liam, „So oft Sie wollen.”
„Einmal ... genügt ... und vielleicht ein Los kaufen ...”
„Jetzt werden Ihre Ideen verrückt”, schüttelte Kincaid den Kopf, „Oder ... na gut ... nein, nein!” Er fuhr sich durch die Haare. Das wäre einfach falsch! „Okay, okay! Für einen guten Zweck, ja?”
„Um besser zu helfen als die Taelons”, sagte Sandoval, „Einver... ah!” Er ächzte und krümmte sich etwas. Liam versuchte, per Shaqarava wieder etwas zu lindern, offensichtlich vergeblich. „Kincaid!”, brachte der Agent mühsam hervor, „Wieso ... wieso ...” Seine Augenlider flackerten, der Puls wurde schwächer.
„Sandoval?”
Keine Antwort.
Kein Puls.
„Sandoval!”, schrie Liam ihn an, dann machte er sich bewusst, dass dieser Tod nicht von Dauer war, und blickte auf seine Uhr - zwanzig Sekunden.
„Mein Beileid”, sagte Renee, wo immer sie auch gerade hergekommen war, emotionslos. Der Kimera sah sie an und dann wieder auf die Uhr, der Sekundenzeiger bewegte sich Sekunde um Sekunde auf das Leben zu.
„Es ist soweit”, murmelte Liam und richtete sich erwartungsvoll auf.

„Major Kincaid”, sagte Sandoval, absolut lebendig, „Ich bin sehr erleichtert.”
Der Kimera lehnte sich an die Wand und atmete tief durch. „Ich auch, ich auch.”
Sandoval kam zu ihm und lehnte sich an die Wand gegenüber. „Beinahe hatte ich gedacht, nicht zu sterben”, seufzte er, „aber selbst Ihre Alienfähigkeiten konnten mich nicht retten. Es hat wehgetan. Einen Moment lang wollte ich ...” Er unterbrach sich und sah Kincaid durchdringend in die Augen. „Weshalb liegt Ihnen so viel an mir, Major?”, fragte er, „Ich habe Sie mir nie zum Freund gemacht und meine Sympathie für den Widerstand genügt Ihnen da zweifellos nicht.”
„Ich suche mir selbst aus, wessen Freund ich bin”, sagte Liam, „Was wollten Sie einen Moment lang?”
„Ich wollte Sie bitten, mich umzubringen. Es wäre schneller gegangen. Aber in diesen Zwiespalt wollte ich Sie nicht stürzen.”
Kurz verzog der Kimera das Gesicht, dann murmelte er: „Danke.” Er wusste, er hätte seinen Vater nicht umbringen können. „Tja ... am besten sorge ich dafür, dass Zo'or das Zeitportal nicht mehr vorfindet”, sagte er dann und zückte sein Global, er rief Hailey an.
Es dauerte etwas, dann meldete sie sich: „Ja?”
„Doors ist mit einem Alienartefakt in Detroit im Forschungszentrum von Rubicon Tech”, erklärte er, „Zo'or hat davon Wind bekommen und plant einen Angriff, sorgen Sie also bitte dafür, dass die Leute und das Artefakt da raus sind, wenn es soweit ist.”
„Wird erledigt.”
„Danke.” Er schob das Global zu. „Seychellen?”
Sandoval steckte sein Global soeben weg. „Gerne. Ich habe nur schnell ein Los gekauft, es wird der Hauptgewinn.”

* * *

Liam Kincaid lag mit weit ausgebreiteten Armen auf seinem Liegestuhl, die Sonne briet seine Vorderseite und die Sonnenbrille sorgte zweifellos dafür, dass er richtig cool aussah. Ab und zu schlürfte er an seiner mit Ananassaft gefüllten Kokosnuss, ebenso ab und zu hörte er vom Liegestuhl nebenan ein ähnliches Schlürfen.
„Hey!”
Liam öffnete ein Auge einen Spalt und schielte hinüber zu Sandovals Liegestuhl und die Besitzerin der Stimme an. Beine, die am Boden nur sehr widerstrebend aufhörten, die Taille einer Wespe, eine beachtliche Oberweite, ein fröhliches Lächeln im dunklen Gesicht und ein Krauskopf mit rotem Haarband, dazu passend ein roter Bikini.
„Ja?”, fragte Ronald.
„Sie sehen so aus, als könnten Sie jemanden brauchen, der Ihnen erzählt, dass es hier auch Wasser gibt. Seit Stunden liegen Sie nur hier rum.”
„Ich mache sehr gerne mit Ihnen das Meer unsicher”, sagte er und streckte ihr seine Hand hin, „Ron.”
„Ava”, stellte sie sich vor und griff nach seiner Hand, „Ihren Freund stört die Entführung nicht?”
„Ich baue derweil eine Sandburg”, erklärte Liam, „Gehen Sie nur.” Er schob seine Sonnenbrille hoch und blickte den beiden nach, wie sie ins Wasser stürmten. Hatte sich da etwa jemand verguckt?
Der Kimera lehnte sich wieder ganz in seinen Liegestuhl zurück, klappte die Sonnenbrille hinunter und schlürfte an seiner Kokosnuss, bis sie leer war, dann machte er sich auch über Sandovals Kokosnuss her und spannte sich mit Blick auf die unmittelbare Zukunft schon einmal etwas an.
Und dann landete eine Schaufel mit einiger Wucht auf seinem Bauch.
„Hallo!”, grüsste Niki schüchtern, „Kann ich meine Schaufel wiederhaben, bitte?”
„Ja klar”, nickte er, schob seine Sonnenbrille hoch und reichte dem Kind die Schaufel, „Was machst du denn da?”
„Eine Burg. Da wohnt ein Drache drin.”
„Ja? Wie heisst der Drache denn?”
„Grisu!”, nickte das Kind heftig.
„Grisu braucht eine grosse Burg mit vielen Türmen und Zinnen und einem Wassergraben”, erklärte Liam, „Wenn du magst, helfe ich dir dabei.” Niki sah ihn sehr skeptisch an. „Ich möchte wirklich mitbauen”, fügte er hinzu, „Sandburgen sind toll.”
„Kennst du dich da aus?”
„Naja ... ein bisschen. Ich bin Liam.”
„Niki. Dann machst du den Graben. Das ist nicht so schwer.”
Das stimmte natürlich, ein Loch buddeln konnte jeder, aber Liam wechselte zwischenzeitlich doch vom Tiefbau zum Hochbau und formte ausgesprochen schöne Zinnen. Den Spezialtrick dafür kannte er ja schon von einem früheren Durchgang und Niki lobte ihn dafür auch angemessen.
Sandburgenbau machte Spass, das zweite Mal noch mehr als beim ersten Mal, soviel war klar. Liam suchte kleine Muscheln und Holzstöckchen für die Verzierungen und ein Stückchen Papier für die Flagge ganz oben auf dem Turm und betrachtete sein Werk zufrieden.
„Da muss noch ein Turm hin!”, sagte Niki und zeigte auf einen bislang unbebauten Flecken Sand.
„Okay”, sagte Liam und begann, den kleinen Eimer mit Sand zu füllen.
Etwas später kam Sandoval samt Begleitung tropfnass an. „Ich sollte Ihrem Arbeitgeber einen Sandkasten für den Garten vorschlagen”, grinste er.
„Bloss nicht! Der würde den am Ende sogar bauen lassen, wäre ihm zuzutrauen!”
„Wär doch toll”, mischte sich Niki ein.
„Naja ...”, seufzte Liam, „es gibt Leute, die mich dafür auslachen würden, Niki.” Jetzt grinste er. „Aber komm, hier gehört jemand paniert!” Und damit meinte er weder Niki noch sich selbst!
Nein, Sandoval wurde grosszügig mit fliegendem Sand bedacht und flüchtete lieber wieder ins Wasser, knapp gefolgt von Ava. Die Panierversuche wurden dennoch nicht eingestellt, entsprechend sahen Liam und Niki bald äusserst sandig aus.
„Niki, wie siehst du denn aus, meine Güte!”, rief die Mutter entsetzt, als sie samt Gatte von der Bar zurückkam.
„Ich geh doch noch ins Wasser, Mama!”
„Dann geh und wasch das ab, ja?”
„Ja, Mama. Kommst du auch mit, Liam?”
„Klar”, nickte er, dann rannte er mit Niki über den Strand und direkt in die heranbrausende Brandung.
Diesmal trafen sie im Meer auf Ronald und Ava, was zur Folge hatte, dass das Kind sie kurzerhand zu Spielkameraden ernannte und sehr bald den Wasserball holte. So viele Erwachsene machten Nikis Eltern aber offenbar doch etwas Sorgen, sie gesellten sich kaum später ebenfalls dazu.
Das kindliche Durchhaltevermögen, mit dem Wasserball den allergrössten Blödsinn anzustellen, hatte allerdings ausser Niki nur Liam, und so war es bald wieder bei der schon bekannten Konstellation: Ava und Sandoval spielten mit Nikis Eltern Frisbee. Und so ging der Tag recht schnell vorbei.
Diesmal war der Abend leider verplant: Sie mussten zum Zeitportal. Aber sowohl Ava als auch Niki erhielten das Versprechen, das Liam und Ronald am nächsten Tag wieder hier wären.

* * *

Der Kimera landete sein Shuttle in der Garage der Bellamy Hall, löste den Verschluss seines Sitzes und sprang hinaus. „Ich schlage vor, Sie bleiben hier”, sagte er.
„Keine Einwände, besonders, da ich befürchte, dass Doors da ist”, stimmte Sandoval zu.
„Dann bis nachher.” Liam sprintete zum Lift und schlüpfte durch die per DNA-Scanner gesicherte Türe. Dann fuhr er zwei Stockwerke hoch und konnte Hailey, Schützenkönig Tony Ferrara, Doors, Renee und Rose begrüssen, die gebannt auf einen Bildschirm starrten.
„Zo'or ist dort”, sagte Hailey, „Woher wussten Sie das?”
„Dank Augurs Hilfe habe ich Zo'ors Synodenlogin”, sagte Liam, „Wo haben Sie das Artefakt abgestellt?”
„Ist im Alpha hinten”, wies Hailey mit dem Daumen über ihre Schulter.
„Danke”, murmelte der Kimera und machte sich auf den Weg, doch Doors hielt ihn an der Schulter fest. „Was gibt es?”
„Wo waren Sie?”, knurrte der Multimilliardär, „Warum wurde der Angriff auf Madjira abgeblasen?”
„Weil Zo'or davon Wind bekommen hat”, erklärte Liam, „Ich kann doch nicht mein Team in eine Falle rennen lassen. Madjira wird von innen erledigt.”
„Ach ...”
„Ja. Den Plan habe ich heute gemacht. Entschuldigen Sie mich bitte, Mr. Doors.” Er entwand sich dem Griff und trat durch die Türe mit dem entsprechenden griechischen Buchstaben auf dem Türschild.
Unzählige Stapel Papier, einige Notizblöcke, ein Laptop, eine blaue Halbkugel und das Portal selbst. Liam schloss die Türe hinter sich, liess die blaue Halbkugel beiseite und legte seine rechte Hand in die kleine Einbuchtung des Portals. Er war Kimera, das Portal verstand ihn, es wusste, was er wollte, es zeigte ihm die Liste der Anweisungen.
Eine Schleife war aktiv, sie galt für die Benutzer eins und drei, für Liam und seinen Vater.
~Beenden!~, befahl der Kimera und die Anweisung verschwand, die Liste war leer. Was noch? Er ergänzte: ~Keine Reaktion auf durch Taelonenergie signierte Befehle!~ Die Anweisung erschien sogleich in der Liste und Benutzer zwei wurde automatisch gesperrt. Sehr gut.

„Und?”, fragte Sandoval.
„Keine Schleife mehr, Zo'or ist auch für das Zeitportal nicht mehr berechtigt.”
„Sind Sie also so etwas wie der Administrator für dieses Ding?”, schmunzelte der Agent.
Liam klappte den Verschluss um seinen Sitz zu und startete das Shuttle. „Es gehorcht primär Kimera, also ja, im Prinzip bin ich Zeitportal-Administrator.” Er hob ab und sprang in die Interdimension. „Was werden Sie tun?”
„Eventuell nehme ich einen Zweitjob an. Brauchen Sie mein Grundschulzeugnis für die Widerstandsbewerbung auch?”
Liam musste lachen. „Nein. Aber eine Referenzarbeit wäre nicht schlecht - Madjira würde sich anbieten.”
„Sehen Sie Madjira als gesprengt an, Major.”
„Die Bezahlung ist allerdings mies.”
„Das macht nichts, wir gewinnen heute ja im Lotto.”
Der Kimera wandte sich halb um und hob eine Braue. „Wir?” Sandoval schmunzelte nur und lehnte sich zurück. „Sie haben tatsächlich auf die Schnelle eine Tippgemeinschaft gegründet?”, fragte Liam, der Agent nickte. „Oh, hmm, okay ... wieviel gewinnen wir?”
„Hundertzwanzig Millionen.”
„Oh ... wow ... Wann ist die Ziehung?”
„Die war um halb drei. Warten Sie kurz, ich überprüfe die Zahlen und die Summe.” Er zückte sein Global und vertiefte sich einige Momente lang darin. „Ja, wir haben gewonnen, hundertzwanzig Millionen.”
„Puh ... da wäre für Niki eine goldene Sandschaufel schon drin ...” Liam blickte wieder nach vorne in den blauen Interdimensionswirbel und prüfte die Position, dann korrigierte er den Kurs geringfügig und sprang zurück in den Normalraum, in der Garage unter der Kirche. „Tja, eigentlich habe ich Augur ja versprochen, im allerletzten Durchgang keinen Implantanten mitzubringen - andererseits wissen Sie ja gar nicht, wo wir eigentlich sind. Das passt also schon. Kommen Sie.”
Ronald folgte ihm aus dem Shuttle und in den Lift, und als sie diesen wieder verliessen, sahen sie sich einem äusserst ärgerlichen Hacker gegenüber.
„Was soll der hier?”, rief Augur.
„Beitrittsformular ausfüllen, er will zum Widerstand.”
„Um alle den Taelons auszuliefern, klar”, rollte er mit den Augen, „Liam! Wie kommst du nur auf so eine Schnapsidee?” Der Kimera grinste und zeigte das Glühen in seinen Händen. „Oh Mann! Das hast du ihm auch noch gezeigt, deinetwegen gehen wir noch alle drauf.” Der Hacker rang die Hände und zog eine schlimme Grimasse.
„Zeitschleife?”, grinste Liam.
„Oh, okay”, nickte Augur, „Dann erinnert der sich nachher eh nicht.”
„Es wird keinen weiteren Durchgang geben”, korrigierte der Kimera, „und er erinnert sich seit einigen Durchgängen ebenfalls.”
„Verdammt ...”
„Vertrau mir.”
Augur sah ihn zweifelnd an, schliesslich seufzte er, rollte noch einmal kurz mit den Augen und stapfte davon, um sich einen Kaffee zu machen. Major und Agent gesellten sich kurzerhand dazu und erklärten sämtliche Schleifendurchgänge bis auf den ersten Urlaubstag bis ins kleinste Detail, nach zwei erzählten Schleifen kam zu Augurs Entsetzen Lili dazu - gehört hatte sie ohnehin alles.
„Okay, was jetzt?”, fragte sie schliesslich.
„Wir machen Urlaub”, sagte Liam.
„Was?”
„Dieser eine Tag war für uns ganz schön lang, besonders so fast ohne Schlaf”, erklärte er, „Die Seychellen haben uns ganz gut gefallen.” Er blickte auf seine Uhr. „Keine Schleife mehr”, sagte er leise, es war schon deutlich nach sechs. „Tja, Sandoval, nehmen wir noch eine Mütze Schlaf, bevor wir uns am Strand brutzeln lassen? Da'an hat den Urlaub inoffiziell schon bestätigt, offiziell sind wir undercover.”
„Was ist mit Zo'or?”, fragte der Implantant.
„Der wird zweifellos andere Probleme haben”, grinste der Kimera, „Augur, du kannst doch bestimmt irgendwie bekanntmachen, dass Zo'or auf Washington schiessen wollte, ja?”
Der Hacker wechselte einen Blick mit Lili, einen mit Liam und dann sogar einen mit Sandoval, dann wanderten sämtliche Mundwinkel aller Anwesenden hoch bis zu den Ohren.
„Sehr schön”, sagte der Major, „Kommen Sie, Sandoval, ich bringe Sie nach Hause.” Er stand auf und begab sich gemeinsam mit dem Agent in die Garage.
„Ich soll also nicht wissen, wo wir sind”, stellte Sandoval fest.
„Nehmen Sie es mir sehr übel?” Liam initialisierte den Antrieb und sprang direkt in die Interdimension.
„Sie wissen, wie ich denke, Kincaid.”
„Allerdings.”
„Irgendwann werden mir Augur und Captain Marquette auch trauen”, sagte der Agent, „Bis dahin bin ich mit Ihrem Vertrauen ganz zufrieden.”
Das Shuttle verliess die Interdimension und setzte im Garten von Sandovals Wohnblock auf. Liam liess das virtuelle Glas verschwinden und wandte sich zu seinem Passagier um. „Schlafen Sie gut.”
„Major, auf ein Wort noch.”
„Ja?”
„Das Ende des ersten Durchgangs”, sagte Sandoval, „Ihr emotionaler Ausnahmezustand erscheint mir ...”
„Ich hatte Ihren Tod zu verantworten, damit kam ich überhaupt nicht klar”, seufzte Liam.
„Hmm. Gut, in Ihrem Alter ... Gute Nacht, Major.” Damit sprang der Agent aus dem Shuttle, betrat das Gebäude durch die Hintertüre und liess einen sehr verdutzten Kimerapiloten zurück.

* * *

Ronald Sandoval lag mit weit ausgebreiteten Armen auf seinem Liegestuhl, die Sonne briet seine Vorderseite, die Sonnenbrille sorgte zweifellos dafür, dass er richtig cool aussah, und die blau-weiss-schwarz gemusterte Schutzschiene an seinem rechten Unterarm machte aus ihm geradezu einen wagemutigen Sportler. Selten schlürfte er an seiner mit Ananassaft gefüllten Kokosnuss, ebenso selten hörte er vom Liegestuhl nebenan ein ähnliches Schlürfen. Viel häufiger spähten sie alle beide in die Ferne, in verschiedene Richtungen, und schliesslich kamen zuerst Niki samt Eltern und eine halbe Stunde später auch Ava an.
„Hi, Ron”, grüsste sie fröhlich, „Haben Sie heute Abend Zeit?”
„So lange Sie möchten, Ava”, sagte er, „Schön, Sie zu sehen.” In diesem Moment flog ihm von Gelächter begleitet eine Ladung Sand auf den Bauch, was den Aufbruch ins Meer zwar arg beschleunigte, ihn aber nicht wirklich ärgerte.

Doch, Urlaub war einfach schön.

 

Ende von Kapitel 6

 

Zurück / Back

 

Zum Seitenanfang