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  „Blut” von Veria   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juni 2011
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Harmony Kincaid benutzt ihre Fähigkeiten und muss mit einer grossen Veränderung zurechtkommen.
Zeitpunkt:  ein Tag später
Charaktere:  Harmony, Liam, Cole Singer, Meredyth Singer, der Chief, Aby, Ariel, Zo'or, Louise, Corinna, Jason, Pepe, Neville, Cedrik, Vince, (Brody Singer, Vorjak, Lili, Mabel, Ronald)
 

 

BLUT

Kapitel 11: Zusammenkunft II

 

Der Nachbar wohnte in einem schönen, grossen Haus mit Pool, Gartenhaus und riesigem Fernseher und noch riesigeren Spiegeln an den Wänden. Fünf Bewaffnete bewachten im Wohnzimmer Aby, Harmony, den kleinen, fast kugelrunden Jungen Brody und dessen gertenschlanke Mutter, ein sechster Bewaffneter (er wurde Chief genannt) war völlig auf die Übertragung des Überwachungsimplantats auf dem Fernseher konzentriert und hatte auch den Stapel an Globals daneben gut im Blick. Mutter und Sohn Singer waren mit den Nerven völlig am Ende, recht gegensätzlich dazu blieben Harmony und Aby vergleichsweise ruhig - nicht dass sie so cool blieben wie ein Kimerageneral, aber Liams Art färbte doch ab, vor allem eben per Sharing oder gar Gedächtnis.
Dad führte Cole durch die Stadt und zeigte ihm fast alles - die unterirdischen Anlagen aber natürlich nicht. Der Chief grummelte unverständlich vor sich hin, durchsetzt von hörbaren Flüchen, wann immer er eine grössere Ansammlung von Jaridians oder Hybriden sah - und ganz besonders fluchte er, als Liam Zo'or vorstellte. Schliesslich schaltete er sein Funkgerät ein: „Das war alles in der Doku auch zu sehen. Er soll Ihnen endlich das Labor zeigen!”

Das Labor, klar. Als ob in Clearwater gross geforscht würde - dort gab es doch nur die Dimensionalspulenanlage und ein Ein-Mann-Medizinlabor im Hinterzimmer der Arztpraxis.

Harmony war inzwischen fast so weit, dass sie ihre materielle Haut in eine Fassade umwandeln konnte (innere Organe hatte sie schon keine mehr), aber sie zögerte: Wenn nun jemand etwas davon sah? - Ungut! Zumindest konnte eine Kugel ihr schon mal nichts mehr anhaben, nur wusste sie nicht, was sie gegen sechs Bewaffnete ausrichten sollte ...
Vielleicht sollte sie es eher Ronny überlassen, etwas zu unternehmen. Liam hatte ihm immerhin freundlich die Hand geschüttelt - da hatte es bestimmt ein Sharing gegeben. Bestimmt würde Ron von Vorjak ein paar Tarnvorrichtungen ausborgen, ein paar Leute zusammentrommeln und das Singer-Haus stürmen - bald, ganz sicher bald.

Liam liess sich nach vergleichsweise wenigen von Cole übermittelten Drohungen des Chiefs überzeugen, Cole Ga'hils Haus zu zeigen, obwohl der Kimera nicht da war. Harmony kannte das im Grunde leerstehende Haus - Labor war dort ganz sicher keines. Was dort allerdings sehr wohl war: Ein Riesending aus verzweigten, weissen, organischen Strängen, dessen Keim Mit'gai vor vier Jahren in einem genetischen Lager des Mutterschiffes aufgetrieben hatte - ein semipflanzliches kimerianisches Haustier, aus dem die Taelons ihre Throne entwickelt hatten.

Liam wollte, dass es beide Eindringlinge angriff, das wusste Harmony sofort - und es griff an.

Der Chief fluchte sehr sehr ausgiebig. Liam und Cole waren innerhalb weniger Sekunden von weissen Wachhund-Strängen so gründlich umwickelt worden, dass sie sich nicht mehr rühren konnten. Singer hatte sogar solche Panik, dass sein Sichtfeld (und damit die CVI-Übertragung) verschwamm. Mrs. Singer und der kleine Brody wurden blass, sie wurde sogar ohnmächtig, der Kleine begann nur zu heulen. Harmony nahm ihn tröstend in die Arme.
Jetzt war für die Bewaffneten eine möglicherweise etwas ungewohnte Tätigkeit angesagt: Nachdenken. Schliesslich kam der Chief zu einer Entscheidung: „Mrs. Kincaid, Sie als Fernsehreporterin sind doch Kamera-affin, nicht wahr?” Er winkte einem seiner Leute, der sogleich eine weitere Implantation vorbereitete.

Wenigstens war kein Imperativ drin ... hoffentlich. Aber Cole Singer hatte ja auch keinen.

Aby protestierte energisch: „Sind Sie verrückt? Sie sind verrückt!” Sie strampelte heftig, während drei der Bewaffneten sie an ein Metallgestell schnallten, Harmony biss sich derweil auf die Lippen und ballte ihre Fäuste, in denen es heiss glühte.

Aber so käme Aby frei!

Harmony kniff die Augen zusammen und versuchte, ruhig zu atmen. Ihr drohte doch keine Gefahr! Aber das hatte sie nun vom genetischen Gedächtnis: Erinnerung an drei Implantationen, die samt und sonders äusserst unangenehm gewesen waren. Jetzt kamen sie alle zurück ... Harmony spürte den Schmerz ebenso wie Aby.
Der Chief stellte den Fernseher auf zwei Übertragungen nebeneinander ein, schnallte Aby los und grinste zufrieden: „Gehen Sie, zeigen Sie uns das Labor! Los!” Als Ansporn richtete er persönlich seine Waffe auf Harmony.
„Mir passiert schon nichts, Aby.”
„Verlassen Sie sich nicht drauf!”, er musterte kurz Aby, dann Harmony, dann wieder Aby, „Naja, Sie sind ja nicht die Mutter ... von daher wird es Sie ja nicht zu tief treffen.” Er sah der blonden Frau nach, wie sie stinksauer, aber gehorsam das Haus verliess, und wandte sich dem Fernseher zu. „Als Generalsgattin wird sie wohl wissen, wo das Labor ist.”
Im Portal setzte das Bild kurz aus, dann war die Stadt zu sehen. Aby wandte sich dem Rathaus zu.

Sie wollte doch nicht wirklich die Spulenanlage zeigen?

Doch, sie wollte. Aby betrat den Lift und tippte den geheimen (nun nicht mehr geheimen) Code ein, der sie viel weiter hinunter bringen würde, als nur bis zum Heizkeller.
„Geben Sie mir die Fernsteuerung”, verlangte der Chief von einem seiner Leute, der ihm auch sogleich ein Gerät mit einem einzelnen, grossen, roten Knopf und darüber einer Sicherungskappe in die Hand drückte. Was sollte das werden?
Aby verliess unterdessen den Lift und betrat die Spulenhalle. Die Wände waren von violettem Gewebe überwachsen und alles andere als kantig oder eckig - gerade dass der Boden eben war, aber auch in Taelonfarben und organisch.
Und mitten drin die riesige Spule.

Wow!”

Verständlich. Die Interdimensionsspule war alles andere als gewöhnlich, sie wandelte die Energie ja auch gleich so um, dass die Taelons sie aufnehmen konnten - und das war durch so einige Lichteffekte und viel Gewitter hinter dem virtuellen Glas auch gut sichtbar.
Der Chief griff ärgerlich nach seinem Funkgerät: „Mrs. Kincaid, schalten Sie das virtuelle Glas aus!”
Harmony begriff - Aby hatte eine Bombe im Kopf! Verdammt!
Jetzt war es an der Hybridin, zu handeln. Auf Ronny zu warten konnte sie sich nicht leisten. - Wenn die Spule hochging (und je nach Initialzündung durch Aby würde sie das womöglich auch tun), dann nahm sie nicht nur Clearwater, sondern halb Maryland und auch noch Washington mit.
„Chief?”, räusperte sich Harmony.
„Halt den Mund, Mädchen.”
„Ich meine ja nur, die Spule hat das Potential, gleich Washington mit zu sprengen, wenn Sie Mist bauen.”
Der Chief sah sie missbilligend an: „Wir haben die Stadt geortet! Das ist auf halbem Weg nach Baltimore ... wir sind hier sicher, also halt den Mund.” Idiot! Dämlicher, sturer Kerl! - Baltimore würde doch auch mit hochgehen!
Und er wollte die Spule tatsächlich sprengen.
Harmony befreite sich aus der Umklammerung des kleinen Brody und sprang auf - ein kurzer Blick auf den Fernseher zeigte ihr, dass Aby sich mit der Steuerkonsole extra dumm anstellte, sehr gut.
„Mädchen, setz dich!”, hatte die Hybridin schnell eine Waffe am Kopf - sie griff nach der anderen Hand des Mannes, liess ihr Shaqarava aufglühen und nicht los, bis ihm die Fernsteuerung aus der verbrannten Hand fiel. Mit dem Fuss schoss sie das gefährliche Ding in eine Ecke, dann hob sie ihre leuchtenden Hände und löste den nunmehr von dutzenden Kugeln zerfetzten letzten Rest ihrer menschlichen Haut samt Haarpracht ganz auf.

„Heilige Maria ...”, entfuhr einem, „Sie ist der Kimera!” - Mrs. Singer, die sich schon fast wieder etwas gefangen hatte, fiel wieder in Ohnmacht, während Brody Harmony mehr als ehrfürchtig anstarrte.
„Etwas in der Art.” Harmony richtete eine glühende Hand auf die beiden Bewaffneten, die knapp bei Brody und seiner Mutter standen, die andere auf den Chief. „Lassen Sie alle Waffen fallen, sofort!”

Dagegen gab es erfreulich wenig Widerstand. Der Kimera, für den sie sie offensichtlich hielten (obwohl sie es ausschliessen können müssten, da Harmony ja eine Kindheit gehabt hatte), war zu sehr als überlegen in den Gedanken der Menschen verankert. Ähnlich wenig, aber etwas mehr Widerstand gab es, als sich alle sechs zwischen Schaukelpferd und Ritterburg in der Spielecke zusammendrängen mussten.
Schliesslich griff Harmony nach dem Funkgerät und drückte einen Knopf: „Aby? Hörst du mich?”
Die Reaktion kam aus der anderen Richtung. Cole, der inzwischen nicht mehr zu sehr Panik schob, rief laut: „General! Ich höre Ihre Tochter!”
„Harmony?”, fragte Liam.
„Ich habe gute und schlechte Nachrichten”, sagte Harmony, „Die gute zuerst: Es besteht keine akute Gefahr mehr.”
„Sie sagt, dass alles okay ist.” Das liess sich Liam nicht zweimal sagen, er schloss kurz die Augen, daraufhin liessen die weissen Stränge ihn und Cole sofort los.
„Nein, Mr. Singer, nicht alles okay, leider. Fragen Sie meinem Vater bitte, ob er meint, dass Ronny etwas bemerkt hat.” Der Wunsch wurde erfüllt - und sie erhielt die Information, dass Ronny vermutlich (also bestimmt) auch nachsehen würde. „Sagen Sie ihm, er soll zur Spule gehen und Aby und auch Sie, Mr. Singer, zu einem Arzt bringen.” Auch diese Nachricht wurde sofort übermittelt - und auch befolgt.

Harmony schaltete das Funkgerät aus und griff nach dem obersten Global im Stapel. Sie hielt die ehemals bewaffneten in der Spielecke mit einer Hand in Schach, mit der anderen öffnete sie das Gerät (es war Abys) und gab umständlich Ronnys Kennung ein.
Er setzte zu einer Begrüssung an, unterbrach sich aber gleich: „Wie siehst du denn aus?”
„Musste sein. Die hätten sonst halb Maryland hochgejagt. Wir sind übrigens im Nachbarhaus, Nummer 78, und ich habe alleine mit denen zu tun, also hätte ich gerne Unterstützung.”
Sie bekam sie auch.

* * *

Brody öffnete die Vordertüre und liess die Truppe ein. Mabel und ihre vier Leute kümmerten sich sofort um die artgerechte Unterbringung der Angreifer, Ronny stellte sich mit verschränkten Armen und strengem Blick neben Harmony und räusperte sich energisch.
„Ich weiss, okay?”, knurrte sie, „Ich hatte keine Wahl!”
Schnell war der Fernseher das allgemeine Zentrum der Aufmerksamkeit, nur Brody und seine inzwischen wieder wache Mutter starrten immer noch Harmony an. „Überwachungs-CVI”, stellte Ron fest, „inklusive Zündvorrichtung?”
„Zumindest bei Aby, ja.”
„Scheisse.”
„Was du nicht sagst ...”

Jetzt, wo die Angreifer alle gut verschnürt und von zwei als Menschen getarnten Jaridians und zwei echten Menschen bewacht wurden und Mabel sich um Mutter und Sohn Singer kümmerte, begann Harmony, ihre Energiebahnen hinter einer Fassade zu verstecken. Sie manifestierte auch die weissglänzende Kleidung der Kimera und entledigte sich der bisherigen, da Jeans und T-Shirt reichlich Löcher hatten - und sie für die kimerianische flache Front auch definitiv keinen BH brauchte.

„Und weiter?”, fragte Mabel, „Von denen ist keiner implantiert und sonstige Kameras sind auch nicht herum. Ausserhalb weiss also niemand Bescheid.”
„Es wäre wohl klug, würde Liam, sobald er hier ist, ein paar Erinnerungen löschen”, bemerkte Ron, „oder könntest du das gleich machen, Harmony?”
Die Hybridin war verunsichert und ihre Fassade wurde einen Augenblick lang dünn genug, feine meist weisse, aber auch einzelne blassblaue und rotgoldene Energiefäden durchscheinen zu lassen. „Ich habe keinen blassen Schimmer, wie Dad das damals gemacht hat”, erklärte sie, „Ich würde es lieber ihm überlassen.”
„Der General ist der ... Kimera ...”, begriff Mrs. Singer und fiel gleich wieder in Ohnmacht. Während Mabel ihr zu Hilfe kam und sie bequem hinlegte, trafen Liam und Cole bei Aby und der Interdimensionsspule ein.
„Wow!”, war Coles Reaktion, „Dass Sie das geheimhalten ...”
„Es gibt Leute, die den Taelons keine Grundenergie gönnen”, sagte Liam, „Damit, mit dieser Spule, erzeugen wir Grundenergie. Noch nicht genug für alle Taelons, aber es sind mehr Spulen im Bau.”
„Wow.”
„Liam, ist alles in Ordnung?”, fragte Aby besorgt nach, während sie routiniert und flott das virtuelle Glas wieder auf volle Stärke stellte.
„Ja. Harmony hat die Schurken offenbar gut aufgemischt”, nickte er, „Komm, gehen wir zu Melissa.” Und damit machten sie sich zu dritt auf zu Dr. Park.

Es ging recht schnell vonstatten. Nach kaum fünf Minuten war Aby explantiert, wenig später auch Cole. Weil damit auch das Überwachungsbild auf dem singerschen Fernseher ausfiel, rief Ron Melissa an und diese reichte das Global gleich an Liam weiter.
Das Gespräch war nur kurz. Für Liam war die Situation sofort klar, als Harmony von ihrem Grossvater das Global erhielt und gerademal ein verlegenes Lächeln fertigbrachte. Hoffentlich konnte er das wieder hinbiegen, Harmony wollte nicht jetzt schon als Kimeratochter berühmt werden. Glücklicherweise waren die drei zu schnell da, als dass Mrs. Singer („Meredyth, mit Ypsilon”) womöglich beschliessen hätte können, vor der drohenden Gedächtnislöschung davonzurennen.

Liam schloss seine Tochter schliesslich beruhigt und besorgt zugleich in die Arme und bot ihr eine Handfläche - natürlich stimmte Harmony einem Sharing zu. „Leute, wir haben ein Problem.” Was er nicht sagte!
„Sohn, das ist mir klar”, bemerkte auch Ron trocken.
„Vorjak, geben Sie Harmony eine Tarnvorrichtung, damit ihre Kleidung stimmt”, beschloss Dad, „Harmony, der materielle Körper muss wieder her.”
„Okay.” Sie konzentrierte sich und liess erst die wichtigen Blutbahnen, dann die Organe, zuletzt Muskeln, Bindegewebe und Haut und Haare wachsen - da sie eigentlich gerade völlig nackt war, behielt sie die weisse Kimerakleidung aber noch - andere Kleidung nachzubilden war ihr jedenfalls noch zu hoch. „Und weiter?”
Vorjak schnallte ihr das Tarngerät um und öffnete sein Global, Ron reichte ihm ein frontal durchlöchertes Kleidungsstück nach dem anderen. Die Matrixcodes in den Waschetiketten identifizierten Grösse, Schnitt und Farbe, somit wusste die Tarnvorrichtung, was sie zu tun hatte: Harmony sah kaum später wieder genauso aus wie vor ihrer Zielscheiben-Nummer.

„Du hast einen Plan, Dad, oder?”
Dad grinste und nickte. Er hatte wirklich einen Plan. Gerade war er noch nicht perfekt, aber Ronny, Mabel und Vorjak deckten noch die Schwächen auf und stopften die Lücken. Der Plan würde in der kurzen Zeit auch nicht mehr besser, also wurde er schliesslich abgesegnet und ausgeführt.

* * *

Meredyth und ihr Sohn sassen regungslos auf dem Sofa, zwei mit Platzpatronen bewaffnete Schurken standen ebenso regungslos bei ihnen. Drei Schurken standen beim Implantationsgestell, der Chief mit geheilter Hand vor dem Fernseher, der gerade die Aufzeichnung der Implantate zeigte - Aby kam gerade in der Stadt an.
Harmony nahm neben Brody Platz und legte einen Arm um ihn, was er allerdings nicht bemerkte. Ron draussen vor der Glastüre zeigte einen erhobenen Daumen, worauf Liam sich aus dem Wohnzimmer zurückzog und einmal laut klatschte.

Die Regungslosigkeit wich Konzentration, ängstlichem Anklammern und nervösem Nägelkauen. Auf dem Bildschirm betrat Aby den Lift und tippte den Code ein.
Und dann barst das Glas der Türe und Ronny, Mabel und Vorjak standen mit den Waffen im Anschlag im Wohnzimmer - Meredyth fiel gleich in Ohnmacht. Nach einem kurzen Moment schaltete Ronny den Fernseher aus und griff nach seinem Global: „Aby ist implantiert und im Lift, bitte abfangen.” Mabel kümmerte sich um die beiden Schurken beim Sofa, Vorjak um den Chief und die restlichen drei Stadtbewohner übernahmen die restlichen drei Schurken. Es hatte nicht einmal eine Platzpatrone geknallt.

Die Schurken wurden entwaffnet und samt Waffen und abgezählter (aufgestockter) Munition, aber ohne Platzpatronen, der bald darauf anrückenden Polizei übergeben, Meredyth und Brody wurden von Psychologen betreut, während Cole im Krankenhaus aus seiner angeblich panikausgelösten Bewusstlosigkeit (die man angeblich auch gleich für die Explantation genutzt hatte) erwachte.

* * *

Damit war alles wieder gut und Familie Kincaid konnte endlich wie geplant die Verwandtschaft in Clearwater besuchen - Harmony zog sich allerdings zuerst noch etwas an.
„Was wollten die denn nun überhaupt?”, fragte Mabel schliesslich, als sie alle am Kartentisch sassen.
Harmony zog eine nutzlose Vier und legte sie wieder ab. „Kabumm”, sagte sie trocken. Jason zog und legte ab, danach Liam.
„Eine Bombe im Kopf gehabt zu haben, ist wirklich kein angenehmer Gedanke”, schüttelte sich Aby und eröffnete spieltechnisch ungünstig mit drei Assen, „Die wollten wirklich die Spule ... sprengen?”
„Ja. Und sie haben mir nicht geglaubt, dass die Spule so viel Kabumm macht”, fügte Harmony hinzu, „Es waren wohl einfach Leute, die den Taelons keine Grundenergie gönnen.”
„Aber dass sie euch gleich kidnappen ...”, gab Ron zu bedenken, zog eine Karte und legte eine ab, nach ihm Mabel.
„Naja, anders kommt man nicht in die Stadt”, bemerkte Liam, „von daher ist die Vorgehensweise durchaus ... logisch.” Harmony zog einen Joker und runzelte die Stirn. Welche Karte sollte sie nun denn abwerfen? Es waren alle Karten auf ihrer Hand nützlich! „Ich hoffe, Mitch findet da ein paar Hintermänner und Drahtzieher”, sagte Dad noch, „Eine ganze Stadt sprengen zu wollen macht auf den Richter bestimmt keinen guten Eindruck.”
„Wenn das überhaupt vor Gericht kommt!”, wandte Harmony ein und klatschte unzufrieden eine Sieben auf den Stapel. - Und prompt nahm Jay den schönen Stapel auf und reihte vor sich ein Canasta nach dem anderen auf. „Ich glaube, er gewinnt”, seufzte sie.

Natürlich gewann Jay. Er hatte Canasta immerhin in die Familie gebracht, somit war er den anderen darin kräftig voraus - und weigerte sich hartnäckig, per Sharing seine Canastakenntnisse zu teilen.
Gerade, als Mabel das Spiel beendete (Jay hatte trotzdem gut die dreifache Punktezahl der Zweitplatzierten), kamen Ariel, Louise und Corinna herein und bedienten sich frech am Schokoladeschrank. Zo'or kam zwar auch mit, aber er ass natürlich selber nichts, er hatte dann nur seine Handfläche auf Ariels liegen.

„Hat Ihnen der Ball gefallen, Zo'or?”, fragte Harmony.
„Ich habe mich köstlich amüsiert”, grinste der Taelon und leuchtete blau auf, „Es war angenehm, diesmal nicht der Ehrengast zu sein.” Er wandte sich halb zu Jason um, so gut es mit der fixen Handhaltung eben ging. „Bin ich zu deinem Abschlussball dann auch eingeladen?”
„Darauf kannst du wetten”, nickte der Jugendliche.
Zo'or lächelte zufrieden und verlor wieder seine Fassade, als Ariel vom Schokoriegel abbiss.

Die Halbjaridian und der Taelon, wahrlich unzertrennlich. Harmony konnte sich an eine Zeit erinnern, in der das als Verrat gegolten hätte. Es hatte sich schon sehr viel geändert.

Auch die Tatsache, dass ein ehemaliger Synodenführer sich als Schiedsrichter in einem Basketballspiel der Stadtjugend (inklusive Louise und Corinna) betätigte, wäre vor Harmonys Geburt völlig undenkbar gewesen. Jay manövrierte Vince aus, warf einen Pass zu Cedrik, der dann beinahe einen Korb warf - Harmony lenkte den Ball ab und Ariel hatte ihn. Vince, der Zweimetermann, preschte dann an Jay, Cedrik und Corinna vorbei, warf - und warf daneben. Glücklicherweise war Pepe zur Stelle, wenn auch arg bedrängt durch Louise und Laurie, den Ball dann doch noch in den Korb zu bringen.
Die derzeit überlegene Mannschaft, also Harmony, Ariel, Vince, Pepe und (auch wenn man von ihm im Spiel nicht so viel bemerkte) Neville, jubelte und tanzte im Kreis. Schliesslich ging es dann aber doch 18:16 für die andere Mannschaft aus. Damit liess die Truppe den Sport Sport sein und schlug sich mit genügend Schüsseln, Löffeln und Eispackungen in die Wildnis - an den namensgebenden Baggersee Clearwater nämlich.
Pepe wettete sogleich, dass er drei Eiskugeln in einer Minute essen konnte und Vince wettete dagegen - der Einsatz war, in voller Montur durch den See zu schwimmen. Vince musste das dann tatsächlich machen (Zo'or begleitete ihn dabei), während Pepe sich auf der Wiese zusammengerollt den Bauch hielt und fürchterlich jammerte. Selbst schuld. Und die behaupteten, erwachsen zu sein.
Ariel lieh Vince ihre Tarnvorrichtung (sie stellte ihm einen knielangen rosa Flauschpullover ein, den sie aus irgendeinem Grund im Speicher hatte) und trocknete per Shaqarava die Kleidung des nun eigentlich nackten jungen Mannes, bis er sich wieder anziehen konnte. Vince fror zwar, aber er war nach eigener Aussage ein richtiger, tapferer Mann, kein weinerliches Baby.
Unterdessen wandelte sich Pepes Jammern deutlich. War es zuerst vor allem „Aua” und „ich Idiot” gewesen, erklang etwas später die energische Anweisung, ihm den Bauch zu massieren - und auf die fehlende Reaktion darauf dann heftiges Genörgel über die ach so guten Freunde. Schliesslich erbarmte sich Harmony tatsächlich - damit war er dann natürlich auch nicht so ganz zufrieden, denn die Kimera war mit ihrem Shaqarava nicht gerade sparsam. Es half ihm zwar, aber nicht gerade auf die angenehmste Art und Weise - er hatte es aber bestimmt verdient, ja, ganz bestimmt.
Bei Sonnenuntergang zauberte Jay schliesslich eine Kiste Bier herbei, wo auch immer er sie versteckt hatte. Harmony wackelte kurz mit dem Finger und griff dann nach einer Flasche, die sie geschickt mit der Globalkante köpfte. Rundum knackten die Kronkorken, jeder bekam sein Bier (die jüngsten alkoholfreies) - ausser Zo'or, der arme, der wieder nur per Sharing mit Ariel mittrinken konnte.

„Ach, hier seid ihr also”, kam Liam dem Trampelpfad entlang zwischen zwei Büschen durch, mit Glatze, Plateauschuhen und weissem Kimeraanzug, „Habt ihr noch ein Bier für mich übrig?” Corinna und Louise bekamen sehr grosse Augen, reichten allerdings die Bierflasche (die zweitletzte), die Jay Corinna in die Hand drückte, weiter. „Danke”, setzte sich Ga'hil, lieh sich kurz Pepes Taschenmesser mit Flaschenöffner aus und nahm einen Schluck.
„Ich neide Ihnen, dass Sie ganz körperliche Gestalt annehmen können”, bemerkte Zo'or, „Wie machen Sie das genau?”
„Ich folge den Anweisungen, die in meinem menschlichen Genom festgelegt sind.”
„Und Ha'gel?”, fragte der Taelon.
„Er hat Vaters genetische Informationen adaptiert und die dadurch festgelegte Gestalt angenommen”, erklärte Liam, „Sie wissen das doch, weshalb fragen Sie?”
Zo'or leuchtete kurz blau auf. „Ich ... überlegte, ob ich diese Möglichkeit auch habe”, gab er zu, „Habe ich sie?”
Der Kimera schüttelte den Kopf: „Ich bezweifle es. Die Adaptionsfähigkeit des taelonischen Energiekörpers hat über die Jahrzehntausende immer weiter abgenommen. Zudem würde eine solche Adaption zweifellos unsere mentale Verbindung lösen ... Sie müssten eine mentale Verbindung zu Ihrem Vorbild aufbauen.”
„Ich würde sonst zu einem Atavus”, wusste Zo'or.
„Ja.”

„He, Ga'hil”, wechselte Jay das Thema, „Louise hier möchte Medizin studieren. Du könntest ihr ja schon mal zeigen, wie ein Mensch von innen aussieht!”
„Jay, du Hohlbirne”, gab ihm Neville eine Kopfnuss, „Ga'hil, du musst ihr die Splatter-Nummer zeigen!”
„Neville, du Freak”, spickte Harmony diesem einen Kronkorken gegen die Brust, „Ga'hil hat doch gesagt, er dreht mit dir keinen Horrorfilm!”
„Nur die Splatter-Nummer, ohne Kamera, bitte”, schob Neville die Unterlippe vor.
„Freak”, sagte Liam, „Nein, mach ich nicht. Es tut nämlich weh, ja?” Er trank einen Schluck. „Die Erstaufführung der Splatter-Nummer war ja auch alles andere als Absicht.”
Jay tippte Corinna an der Schulter an und erklärte: „Er ist vom Rathausdach gefallen, in dem Sturm vor drei Jahren. Er wollte die Sat-Schüssel dran hindern, den Abgang zu machen.”
„Dad hat irre Panik gekriegt”, fügte Pepe hinzu, „aber L...leicht ist Ga'hil nicht totzukriegen.” Seine drei Brüder und seine Nichte (und alle anderen ausser Corinna und Louise auch) gönnten ihm sogleich einen missbilligenden Blick für den gerade noch abgewendeten Versprecher, also sagte er lieber nichts mehr.
„War ein starker Sturm”, sagte Neville, sichtlich durch die Erinnerung bedrückt, „hat ein paar Häuser komplett zerlegt.” Er zwang ein Grinsen auf sein Gesicht und fügte hinzu: „Hat gedauert, bis alle wieder richtig wohnen konnten ... ich musste mit Jay und Pepe in einem Zimmer schlafen! Ein ganzes Jahr lang!”

„Ja”, verdrehte Jay die Augen, „du warst richtig arm, echt ...”

Der ganz arme Neville zeigte seinem Bruder den Vogel und trank einen sehr grossen Schluck Bier, bevor er sich rücklings ins Gras fallen liess und in die Sterne blickte. „Weiss jemand, wie spät es ist?”, fragte er, „Ich will um zehn einen Film sehen.”
Dafür war es leider zu spät. Harmony nippte kurz an ihrer Flasche und deutete in den Himmel auf einen kleinen, weissen Punkt, der langsam, aber wahrnehmbar übers Firmament zog. „Das, mein lieber, ist die Unity-Station - und damit ist es am heutigen Tag halb elf.”
„Mist. Muss ich um zwei die Wiederholung nehmen.”
„Du schläfst doch eh vorher ein”, grinste Vince, „Komm schon, überlass es dem Timer.”
„Das ist was für Weicheier”, konstatierte Neville, „Richtige Männer sehen Filme dann, wenn sie ausgestrahlt werden. Und sei es nachts um zwei.”
„Freut mich für dich richtigen Mann”, mischte sich Cedrik ein, „Du könntest auch deinen Bruder fragen, ob er dich per Shuttle so etwa ... ein paar Lichtstunden weit weg bringt? Na?” Neville tippte sich mit einem Finger an die Schläfe. „Was ist?”, fragte der Jaridian, „Das ist ohne Timer!”

„Aber er macht's nicht”, seufzte der Mensch.
„Wa...”, klappte Cedrik den Mund auf, „Du hast ihn das echt mal gefragt? Freak! Du bist echt nicht mehr normal.”

Aber wer hier war schon normal? Eine lockere, sommerliche Abendrunde mit Bierchen am See - mit vier Hybriden und einem Taelon. Sowie es dunkler und dunkler wurde, zündeten sie sich auch nicht wie normale Leute eine Gaslampe an, sondern liessen Zo'or die Umgebung ausleuchten. Liam konnte das ja gerade nicht so wirklich, da seine Energiebahnen durch sehr menschliche Innereien verborgen waren.
Das bekam Louise (die als einzige ein zweites Bier trinken durfte) zur Einstimmung auf ihr Studium knapp nach Mitternacht dann doch noch zu sehen: Er liess seine Fassade durchsichtig werden, dass man wirklich Muskeln, Sehnen, Bänder und an einigen Stellen auch die Knochen sehen konnte. Ein derartiges lebendes Anschauungsobjekt hatte wohl kein anderer zukünftiger Mediziner.
Lou tippte mit den Fingern die dünne Fassade über den Muskeln eines Armes an und zählte die Namen auf, von der Schulter bis zu den Fingerspitzen. Harmony, die ja dank ihrer Mutter gewissermassen einen Doktor in Biologie hatte, machte bei den Gesichtsmuskeln weiter. Liam grinste - was wirklich viele Gesichtsmuskeln brauchte, wie sehr gut zu sehen war.

Es war zu Nevilles Leidwesen deutlich nach zwei, als sich die Gesellschaft schliesslich auflöste.

Das grosse Gästehaus, in dem Familie Kincaid wohnte, wenn sie in der Stadt war, war in dieser Nacht auch die Bleibe für Corinna und Louise. Ga'hil hatte es also eilig, den beiden und Harmony unbemerkt vorauszulaufen und wieder Liam zu werden. Er schaffte es natürlich und erwartete sie mit Aby auf der Terrasse - die leere Weinflasche war wohl mehr Aby und den ebenfalls anwesenden Nachbarn Frank (Koch), Bess (Bürgermeisterin), Mike (Sheriff) und Ron (wieder FBI-Agent wie einst) zuzuschreiben, als Liam, wenngleich dieser ebenfalls ein Weinglas vor sich stehen hatte.

„Hi, Dad, Aby”, grüsste Harmony, „Hallo auch der Rest.”
„Hatten Sie auch einen schönen Abend?”, fragte Corinna.
„Alle ausser Bess, die als unser Mückenköder herhalten muss”, grinste Ron.
„Nicht ich!”, protestierte die Bürgermeisterin und hob ihr Glas, in dem sichtbar einige Insektenleichen schwammen, „Auf mich steht hier keiner!” Frank hob mit ausgestrecktem Finger seine rechte Hand. „Ausser ihm, ja”, fügte Bess hinzu, „Frankie, solltest du das nicht erst mit deiner Holden und meinem Schatz ausmachen?”
„Ach, die haben da bestimmt nichts dagegen, Bessie.”
„Wie war euer Abend?”, fragte Liam.
„Fein, fein”, sagte Harmony, „Ga'hil war auch dabei. Es war richtig cool.” Er grinste auf das offene Lob seiner jugendlichen Persönlichkeit hin breit. „Neville hat mal wieder einen Film verpasst”, fuhr sie fort, „Zweimal!”
„Wundert mich nicht”, bemerkte Ron, „sein Zeitgefühl taugt überhaupt nichts.”
„Unserem Zeitgefühl geht es gut”, erklärte Harmony, „und deshalb gehen wir jetzt ins Bett.”
Der Sheriff gähnte. „Ja, sollte ich auch tun”, seufzte er, „Morgen darf ich mal wieder durchs County brausen und überall nach dem Rechten sehen. Und die verflixte Volkszählung antreiben, die die Schreibtischschläfer mal wieder nicht vorwärtsbringen.”

Es kam Bewegung in die Erwachsenen, es wurden Gläser und Untersetzer eingesammelt und die Bezüge der Gartenstühle unter Dach gebracht, dann ging es an die Verabschiedung. Schliesslich konnten dann endlich alle ins Bett fallen.
Lange konnte Harmony nicht schlafen. Es war vier, als Liam sie energisch wachschüttelte: „Los, komm, ich fürchte, wir werden dringend gebraucht.”
„Was ist los?”, stolperte sie ihm müde hinterher, er zog sie eilig an einer Hand durch die Stadt.
„Es ist Zo'or”, erklärte er, „Ich spüre ihn nicht mehr, aber zuletzt war da noch etwas anderes, ein Hauch von ... Körperlichkeit ... ich weiss nicht genau, was los ist, aber ...” Grüne Energiefetzen formten sich zu einer dünnen Sommerjacke, einer Jeanshose und Ledersandalen. Harmony konzentrierte sich, ihm das nachzumachen und zumindest zu weissen Sandalen und einem netten blassgrünen Sommerkleid über ihrem Nachthemd brachte sie es - die Kleidung der Kimerafassade war viel einfacher zu formen. „Harmony, im schlimmsten Fall treffen wir auf einen Atavus wie Da'an damals einer war.”

„Ich weiss, Dad.” Ihr wurde mulmig.
„Du wirst ihn nicht an dir vorbeilassen, aber du wirst auch keinen mentalen Kontakt aufnehmen, hast du verstanden?”, fuhr er fort, „Du kannst nicht kontrollieren, wie du ihn verbindest, und er will nicht ins Taelongemeinwesen. Ich werde ihn verbinden.”
„Ja, Dad.”

Er legte kaum einen Sekundenbruchteil lang eine glühende Hand auf die Haustüre des Marquette-Hauses, dann brach das Schloss und sie liefen ins Haus und die Treppe hoch.
Nichts. Ein Atavus müsste Lärm machen. Aber er würde Türen auch eintreten, statt sie zu öffnen, also war er noch im Haus.
Liam öffnete das Gästezimmer, in dem eine von Zo'ors Ruheliegen stand. Der Taelon war nicht dort, Atavus aber auch keiner. Harmony drückte gegenüber leise die nur angelehnte Tür zu Cedriks Zimmer auf und blickte hinein, der Hybrid schlief (und schnarchte), Zo'or war hier aber auch nicht, in keiner Form. Liam spähte zu Lili und Vorjak, Harmony öffnete die Türe zu Ariels Zimmer.

Kein Taelon.
Aber auch keine Mensch-Jaridian-Hybridin.

„Dad!”, flüsterte Harmony und huschte zur dunkelhaarigen jungen Frau, die in Ariels Nachthemd gekrümmt und regungslos am Boden lag. Liam folgte ihr und schloss die Türe, dann drehte er die Fremde auf den Rücken - leichtes jaridianisches Tigermuster, knöcherne Vorsprünge, die die Augen oberhalb fast dreieckig einfassten. Er zog ein Augenlid hoch - grellblaue Augen eines Taelons. „Dad?”, murmelte Harmony unsicher.

„Das ist Zo'or”, sagte er leise, „und auch Ariel.”

Lili und Vorjak wurden geweckt und waren alles andere als begeistert. Harmony unterdessen übertrug fleissig Energie an die Neuentstandene, da nur sie, die genauso Jaridian und Taelon war, das konnte. Liam war der Meinung, dass Zo'or und Ariel zu schwach waren und sich zu leicht versehentlich trennen könnten - und es war unklar, ob das auch nur einer von beiden überleben würde.
Vorjak stapfte tobend vor Wut und Hilflosigkeit durchs Haus, Lili war den Tränen nahe - Cedrik war, als er aus seinem Zimmer kam und begriff, was passiert war, zwar ebenfalls verstört, aber er schien eher zuversichtlich. Liam lieh sich derweil Lilis Global und klingelte damit Mitchell aus dem Bett, dass dieser Da'an herbringen würde.
Zo'or-Ariel (Zoriel?) war nach wie vor bewusstlos, aber ihr Fieber war deutlich gesunken, was nicht nur Harmonys Energiegabe, sondern auch den tiefgekühlten Erbsen, Pommes Frites und Kohlsprossen sowie den drei Kühlakkus zuzuschreiben war, die Cedrik angeschleppt hatte. Zeitweise hatten sie sogar überlegt, Zoriel mit Eiscreme einzuschmieren, aber da das Fieber dann doch auch so gesunken war, hatten sie es gelassen.
Schliesslich kamen Mitchell Hendrik und Da'an an und der Taelon verlor sofort besorgt seine Fassade und flüsterte: „Atavus!”
Wenn auch eine andere Art Atavus, ein ursprünglicher Atavus, er hatte Recht. Es war Millionen von Jahren her, dass zuletzt ein ursprünglicher Atavus existiert hatte. Harmony wusste das, ihre Kimeravorfahren waren zugegen gewesen, waren Zeuge der Trennung von Energie und Materie gewesen.
In Zoriel kamen Energie und Materie wieder zusammen - sie hatte eine Tripelhelix, genau wie Mum, Dad, Harmony und Le'ors Mischlingstöchter Geena und Alice (und natürlich auch Harmonys Brüderchen).

Es war knapp acht und alle waren hundemüde, als die neuentstandene Atavus endlich erwachte und sich zunächst verwirrt und unsicher umsah. „Harmony”, stellte sie schliesslich fest, „Du bist Harmony.”
„Ja”, nickte die Kimera.
„Ich bin ... schwer.”
„Das ist Materie”, erklärte Harmony, „Wie fühlst du dich?”
Zoriel zögerte lange. „Ich ... fühle mich schwer ... und heiss”, sagte sie dann, „Wo bin ich?”
„In Ariels Bett.”
„Ich bin Ariel, du Nuss! Lass das mit der dritten Person, ja?” - Gut, Ariel war da definitiv drin.
Harmony runzelte ihre Stirn: „Sag mir, was zuletzt passiert ist.”
„Sharing, mit Zo'or”, kam die Antwort von Zoriel sofort.
„Und wo ist Zo'or jetzt?”, fragte Harmony weiter.
Zögern, Nachdenken, dann: „Ich fühle mich schwer ... wo bin ich?” Die Kimera seufzte still und sah zu ihrem Vater. „General Kincaid, wieso spüre ich Sie nicht mehr?”, fuhr Zoriel verwirrt fort, „Mom? Bist du da?” Sie drehte den Kopf, dass sie zur Türe sehen konnte, in der Lili stand. „Mom, ich bin es, Zo'or!”

Schwierig. Die Atavus war sich also noch nicht mit sich selbst einig, wer sie war.

„Ich bin hier”, ergriff Da'an das Wort und trat näher.
Da'an!” Zoriel sprang auf und klammerte sich an Zo'ors Elter. „Ich hab dich so vermisst!”
Dieser war sichtlich überfordert, aber er strich der jungen Frau sachte über den Rücken und sagte: „Es wird ... alles wieder gut.” Liam gestikulierte knapp und Da'an gab ein Nicken zurück. „Was ist zuletzt passiert?”, fragte der Taelon dann.
„Ich habe versucht, einen materiellen Körper ... ist es mir gelungen?” Zoriel löste sich von Da'an und blickte an sich hinunter. „Es ist mir gelungen?”
„Nicht direkt in dem Sinne, wie es Kimera tun”, widersprach Liam, die Atavus wandte sich ihm zu, „Zo'or und Ariel Marquette teilen sich jetzt einen Körper.”
„Wow”, war ihr Kommentar, „das ist ja mal cool.”
„Es gibt keine Möglichkeit, das rückgängig zu machen”, fügte Liam hinzu, „Es gibt nur mehr eine Person, nicht zwei.”
Sie zögerte. „Wie bei Mabel?”
Er runzelte kurz die Stirn, dann nickte er langsam: „Ja, wie bei Mabel ... jedenfalls fast.”
„Dann bin ich ja gar nicht Ariel”, drehte sich Zoriel zu Harmony, „dann geht das mit der dritten Person ja. Also bin ich ...”

Die Kimera zog ein Grinsen. „Zoriel?” Kurz war es still.

„Ja, Zoriel gefällt mir”, nickte die Atavus dann, „Es klingt angemessen. Ich bin also Zoriel Marquette, Tochter von Lili, Vorjak, Da'an und T'than.” Damit war der Name jetzt offiziell. „Warum ist mein Zimmer so voll?”, fuhr sie fort, „Habt ihr alle nichts Besseres zu tun, als hier rumzustehen und ... Tiefkühlzeug auf meinem Bett auftauen zu lassen?” Sie runzelte irritiert ihre Stirn.

„Du hattest verdammt hohes Fieber, du Nuss!”, gab Harmony zurück.
„Oh ... oh!”, bekam Zoriel grosse Augen, „Sha'bra!”

Cedrik packte die angetauten Nahrungsmittel weg und begann, sie allesamt zuzubereiten. Mitchell ging ihm dabei zur Hand. Lili und Vorjak betrachteten ihre neue Tochter - noch schienen sie sich mit Zoriel nicht wirklich wohl zu fühlen, aber sie stiessen sie auch nicht weg. Da'an hingegen war unverhohlen glücklich.
„Ihr guckt so ...”, stellte die Atavus unsicher fest, „Ich bin doch kein Monster, oder?”
„Ehrlich gesagt haben wir keine Ahnung, was du bist”, bemerkte Liam, „Im Grunde müsstest du wie Ramaz und seine Zeitgenossen sein, aber seitdem haben sich Evolution und taelonische Gentechnik eingemischt und zudem bist du zum Teil Mensch.”

Mensch-Taelon-Jaridian, wie Mum! Harmony runzelte ihre Stirn. So gesehen war wirklich nicht klar, was Zoriel denn nun war. - Aber Mum hatte einen Evolutions-Aktivator intus gehabt, Zoriel nicht.

„Also bin ich ... ein ursprünglicher Atavus?”
„Im Prinzip, ja”, nickte Liam.
Cool!” Zoriel blickte in ihre Hände und liess ihr Shaqarava blau leuchten. „Cool”, wiederholte sie, „und ich bin jetzt so richtig ... Materie?”
„Quatsch, du hast einen Energiekörper auch”, widersprach Harmony, „ein bisschen so wie Dad und ich. Aber du hast immer beide - vor Ramaz' Zeit war das jedenfalls auch so.”
„Dieses Energie-Materie-Hinundher ...?”
„Das ist ein Kimera-Ding”, sagte Liam, „Nur Kimera. Ich weiss von niemandem sonst, der das kann. Nicht einmal Joyce.” Nicht einmal Mum, dabei konnte sie verdammt viel. „Zoriel, du solltest es ruhig angehen”, sagte er eindringlich, „Du schwankst noch merkbar zwischen Ariel und Zo'or. Das Problem hatte Mabel auch, dass sie nicht recht wusste, wer sie ist. Geduld, ja?”

„Und vielleicht redest du mit Mabel”, schlug Harmony vor, „Komm!” Sie griff nach der Hand der Atavus und zog, doch Zoriel stemmte sich dagegen.
„Harmony ... vielleicht sollte ich zuerst etwas anziehen ...?”
„Oh ... ja, tschuldigung.” Die Kimera liess schnell los und lächelte verlegen, dann wedelte sie mit beiden Händen alle aus dem Raum, folgte ihnen und schloss dann die Türe hinter sich. Zoriel begann sogleich hörbar den Schrank durchzugraben. „Sie ist ... vertraut”, stellte Harmony fest.
Lili traf ihren Blick und sagte leise: „Sie ist meine Tochter ... immer noch.”
Anders als seine Frau schien sich Vorjak darin nicht so sicher, er starrte böse die Türschnalle an und knirschte mit den Zähnen. Er war auch nicht sehr davon angetan, dass Da'an ihm eine Hand auf die Schulter legte - das Knurren liess den Taelon bis an die Wand zurückweichen.
Lili riss den Jaridian energisch am Pyjamakragen zu sich und sah ihm in die Augen: „Ich weiss, du hast Zo'or niemals verziehen, ein Taelon zu sein! Aber dort drin ist Zoriel, unsere Tochter!”
„Kannst du wissen, Lili”, zischte er, „wie sehr Zoriel noch Ariel ist - und wie sehr Zo'or?”
Sie schüttelte sachte den Kopf: „Nein. Aber, Vorjak, wir werden sie kennenlernen!” Sie strich seinen Kragen wieder glatt und lächelte. „Gib ihr eine Chance.” Der Jaridian brummte etwas Unverständliches, doch sie war damit zufrieden und zupfte nur noch kurz die Knopfleiste zurecht.

Kaum später kam Zoriel aus dem Zimmer, gekleidet in eine kurze weisse Hose und ein rotes Top - bauchfrei, schulterfrei, aber geschlossen bis zum Hals. Ihre helle, leicht gräuliche Haut brachte die Farben sehr gut zur Geltung. Der nächste Weg der Atavus führte ins Badezimmer, wo sie dann einen panischen Schrei losliess, dass sich alle in den kleinen Raum drängten und besorgt durcheinanderredeten.

Harmony hätte es bedenken müssen: Das Spiegelbild war Zoriel absolut unbekannt.

Lili griff nach den Händen der jungen Atavus am Boden und suchte Blickkontakt. „Zoriel! Hör mir zu!”, rief sie, „Sieh mich an, los. Sieh mich an, ich bin da.” Zoriel hob den Blick zwar ein wenig, wich aber noch aus. „Zoriel ... alles ist gut”, sagte Lili fest, dann sah sie zu Vorjak und flüsterte: „Bring ihre Tarnvorrichtung!” Er eilte davon.
„Mom ... was bin ich?”, wisperte Zoriel verstört, „Mom ... Mom, wer ...”
„Schsch, alles ist gut!” Lili zog ihre Tochter zu sich und umarmte sie. „Ja? Mach dir keine Sorgen.” Vorjak war wieder da und drückte seiner Frau den Gurt mit der Tarnvorrichtung in die Hand, sie legte ihn Zoriel um und aktivierte das Gerät auch gleich.

Ariels Mensch-Tarnung war eingestellt. Ariel kauerte da verängstigt auf den Fliesen. Ariel, die nicht mehr existierte.

„Langsam, ja?”, murmelte Lili und half ihr auf.
Zoriel blickte wieder in den Spiegel, diesmal ohne in Panik auszubrechen. „Aber ... Mom, das bin ich doch nicht ...”, protestierte sie leise.
„Geh es langsam an, Zoriel”, lächelte Lili, „Gewöhn dich erst daran, was in deinem Kopf passiert. Damit hast du doch für eine Weile genug zu tun.” Zoriel musterte Ariels Spiegelbild mit tief gerunzelter Stirn, während ihre Mutter fortfuhr: „Ich werde Augur sagen, dass er dir die Tarnvorrichtung so einstellen soll, dass sie mit der Zeit mehr von deinem richtigen Aussehen zeigt. Ist das okay?”
„Da'an?”, fragte Zoriel, ohne Lili zu antworten.
„Wie kann ich dir helfen, mein Kind?”, trat der Taelon zwischen Liam und Vorjak durch und liess die Finger der rechten Hand durch die Luft gleiten.
„Da'an ... du findest es doch nicht schlimm ... dass ich kein Taelon mehr bin?”
Die taelonische Fingergymnastik stoppte mitten in der Bewegung und Da'an legte seinen Kopf etwas schief. „Niemals würde ich mein Kind verdammen”, erklärte er deutlich, „Niemals! Ich fürchte allerdings, T'than wird das anders sehen.”
„T'than hat es anders gesehen!”, fauchte Zoriel, „T'than hat seine Energiespende, sein Opfer für Zo'or stets als Fehler angesehen.” Sie wandte sich dem Spiegel zu und starrte in Ariels blaugraue Augen. „Und doch bin ich dankbar, dass er mir dadurch die Stasis erspart hat.”
„Zoriel ...”, sagte Da'an sanft und berührte mit den Fingerspitzen ihre Schulter, „T'than wird dich akzeptieren - und wenn ich ihn, wie sagt man?, an den Ohren dazu ziehen muss?” Ein leichtes Schmunzeln zog über das Gesicht der Atavus. „In Zeiten des Mangels soviel herzugeben und dann davon nur einen Gegner mehr zu haben ... glaube mir, das war nicht leicht für ihn”, fuhr Da'an fort, „Du warst das Symbol des Scheiterns für ihn.”

„Das war genug Taelon-Psychologie”, unterbrach Vorjak, „Zoriel, schert dich T'than?”

Die Atavus sah ihn irritiert an. „Ich ... weiss nicht? Ich erinnere mich ... an sein Leben, ich kenne ihn, aber ...” Sie bürstete ihre scheinbar roten Haare. „Nein, eigentlich kenne ich ihn nicht, nein. Es hat sich in den tausend Jahren so viel verändert, und in den letzten achtzehn Jahren erst! - Er bestimmt auch.”
„Er wird sich als würdig erweisen müssen - sobald du es willst”, beschloss der Jaridian, „und jetzt geh schon zu Mabel, sie kann dir bestimmt am besten helfen.”

* * *

Harmony begleitete Zoriel als einzige. Sie erwischten Ron gerade, als er das Haus verliess - in einem kurzärmeligen, veilchenblauen Hemd ohne Krawatte. Für diesen FBI-Agent war diese Kleidungswahl das Förmlichste, was es ohne Reporter und Kameras gab. „Guten Morgen, Harmony, Ariel”, grüsste er, „Ihr seid früh auf.”
„Jaaa ...”, seufzte Harmony, „Das soll dir Mabel dann am Abend erzählen. Arbeite schön brav, ja?”
„Was sonst?”, grinste er, „Geht rein, das Waffeleisen ist noch heiss.” Er winkte knapp und wandte sich Richtung Portal.
„Waffeln”, beschloss Zoriel, „alles andere kann warten.” Sie hielt die Türe auf, bevor sie zufiel, und trat ein.
„Ich finde es interessant, wie du manchmal ganz wie Ariel redest, und dann wieder ganz wie Zo'or”, murmelte Harmony und folgte ihr.
„Echt?”
„Ja, echt.”
„Heyhey, ihr Aliens!”, rief Jay aus der Küche, „Gut geschlafen?”
„Kurz”, antwortete Harmony, „Wieso bist du denn schon auf?” Sie und Zoriel setzten sich. Mabel grinste breit und goss Ahornsirup auf ihren Teller.
„Ja, da muss man wissen, wie man es macht”, erklärte Jason, „Man muss die Zimmertüre offen lassen, dann riecht man die Waffeln und wacht auf. Und was habt ihr gerochen?”
„Nichts gerochen - Dad hat mich um vier geweckt und zu den Marquettes geschleift.”
„Ist was passiert?”, liess Mabel ihre Gabel mit einem Stück siruptriefender Waffel darauf besorgt sinken.
Zoriel rieb unruhig ihre Hände. „Also, ähm ... ja, es ist was passiert”, seufzte sie, „Ich schalte mal die Tarnung aus, ja?” Jay und Mabel nickten beide, dann tat die Atavus, was sie angekündigt hatte.

„Okay, was ist passiert?”, fragte Mabel alarmiert.
„Zo'or hat versucht, körperliche Gestalt anzunehmen ... das ging aber etwas weiter, als er dachte. Ich bin Zoriel.”
„Und du willst mit mir darüber reden, wie es ist, zwei zu sein”, verstand Mabel, „Ich sag mal: Man gewöhnt sich dran.” Sie wedelte kurz mit der Gabel Richtung Waffeleisen, worauf Jason sofort sprang, die fertige Waffel auf Zoriels (eigentlich Pepes oder Nevilles) Teller zu legen und neuen Teig nachzugiessen. „Aber du bist ja jetzt von Anfang an wirklich beide, ja?”, fragte Mabel, „Weisst du, ich war nach Isabels körperlichem Tod einige Wochen lang noch fast nur Maiya, bis sich Isabels Verstand ... arrangiert und eingegliedert hat. Ron ging es mit Jasons, also Andere-Welt-Jasons, Erinnerungen ähnlich.”
„Liam sagt aber, bei Dad hat man es kaum gemerkt, weil er da ja auch grad den Imperativ losgeworden war”, fügte Jay hinzu, „ausserdem sind Dad und Onkel Jason ja nicht so verschmolzen, sondern es kamen nur Erinnerungen rüber. Ich glaub nicht, dass das dasselbe ist.”
„Ah”, nickte Zoriel mit grossen, taelonblauen Augen.
Jay rückte seinen Stuhl zurück und stand auf. „Harmony, sollten wir nicht Lou und Corinna das ganze schonend beibringen?” Das war eine gute Idee, und nebenbei gönnten sie damit den beiden Zwei-In-Eins-Personen die nötige Privatsphäre. „Jetzt sollten wir uns nur noch überlegen, wie wir das machen, oder?”

„Hmm”, runzelte Harmony die Stirn, „Ich könnte sagen: Das ist so wie bei Tuvix.”
„Hä?”
„Ja, ich weiss, ich sollte nicht annehmen, dass jemand ohne genetisches Gedächtnis alte Scifi-Serien ohne Taelons kennt ... Ich meine Star Trek, Jason, Voyager! Da verschmelzen mal zwei durch einen Transporterunfall.”
„So wie die Fliege?”, fragte Jason verwundert nach.
„Klar, das kennt Herr Martínez natürlich. Die Fliege.” Sie rollte energisch mit den Augen. „Natürlich nicht wie die Fliege”, sagte sie, „Eher wie ...”
„Legion?”
„Hohlbirne, biblische”, knurrte sie, „Das ist kein gutes Beispiel, so als Dämon! Sagen wir es doch einfach, wie es ist? Zo'or und Ariel sind jetzt eins - und zwar ohne böse zu werden oder so. Kein Parasit, kein Monster, kein ...”
„Jajaja, schon gut. Dein verdammtes Gedächtnis - Bibelkunde!”

Harmony zuckte mit den Schultern. „Grossmutter in katholischem Klosterinternat.” Sie tastete nach ihrem Schlüssel und liess ärgerlich den Kopf in den Nacken fallen. „Verdammt! Ich hab ja nur das Nachthemd an!”
„Das ist dein Nachthemd?”, fragte Jay perplex und musterte das blassgrüne Kleid, „Also ... sehr modisches Nachthemd, muss ich schon sagen. Wären wir nicht verwandt würd ich dich glatt abschleppen.”

„Verwandt ...?”, erklang vom gekippten Fenster neben der Haustüre und einen Moment später riss Corinna im Nachthemd selbige auf, „Harmony ...? Du bist mit ihm verwandt?”
„Schön, dass du uns aufmachst, Corinna, ich hab nämlich meinen Schlüssel vergessen”, lächelte die Kimera, „Und ja, ich bin wirklich ein bisschen mit Jay verwandt. Er macht manchmal Scherze drüber.”
„Mit dem Kimera auch?”, fragte Corinna nach.
„Äh, ja, mit dem tatsächlich auch”, nickte Harmony, „aber das sieht man natürlich nicht. Bei Jay ... also wenn man genau hinguckt schon, oder?” Sie lehnte ihren Kopf gegen Jasons und grinste. „Auf jeden Fall haben wir beide wunderhübsche Schlitzaugen.”
„Jjja, habt ihr.”

Die Gefahr der Kimeraerkennung war somit hoffentlich gebannt. Jay begleitete Corinna gleich ins Wohnzimmer, während Harmony Louise im Bad aufspürte und auch zu den beiden brachte. „Sieht ... dringend aus”, stellte Lou fest.
„Ja, allerdings”, nickte Harmony, „es geht um Ariel.”
Die folgende Erklärung war ein ordentlicher Brocken zu schlucken, aber Lou und Corinna schafften das, wenngleich sie vorher ordentlich dran zu knabbern hatten. Jasons Aussage, dass er ja jetzt quasi Zo'or als Cousine hatte, half da überhaupt nicht, sondern brachte die beiden jungen Frauen nur noch mehr durcheinander.

Aber sie kamen damit klar, nach einer Weile.

 

Ende von Kapitel 11

 

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