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  „Blick übers Wasser” von Veria  (Emailadresse siehe Autorenseite),   April 2016
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Liam, Ron und Ava besuchen Irland in der Vergangenheit. Nachdem sie mit einer Begleiterin in die Gegenwart zurückkehren, beauftragt T'than den Mord an Zo'or.
Zeitpunkt: vor 27 Jahren sowie in der Jetztzeit / nach „Blick ins Tal”
Charaktere:  Liam, Ron, Ava
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2015 geschrieben.
 

 

BLICK ÜBERS WASSER

Kapitel 9

 

Ron fand sich knapp vor dem inaktiven Portal in einer Lagerhalle in Washington wieder - links neben ihm Melody und Ava, rechts Liam. Der Kimera wankte, stützte sich am Portal ab und stürzte dann dennoch.
„Liam!” Ron war sofort bei ihm und hielt ihn an den Schultern fest.
„So langsam zu krepieren ...”, sagte Liam leise, „daran will ich mich vielleicht gar nicht erinnern.”
„Liam”, sagte Ron fest, „nehmen Sie sich aus der Schleife!” Er zog den Kimera hoch und stützte ihn, Liam legte seine Hand in die Einbuchtung, weiter geschah nichts. „Liam?”
„Es ... im Moment dreht sich alles. Ich muss nur mal tief durchatmen.”
Ron hielt ihn weiterhin fest und er spürte, dass der Kimera sich sammelte und bald deutlich stabiler stand.
„So, jetzt geht es”, sagte Liam. Für einen Moment blitzte helles Licht zwischen seiner Hand und der Einbuchtung hervor, dann lächelte der Kimera zufrieden. „So, erledigt.”
„Schleife?”, fragte nun Melody mit verschränkten Armen.
Ron winkte ab. „Ich erkläre es später.”

Liam betrat mit laufender Nase und geröteten Augen Da'ans Räumlichkeiten in der Botschaft und formte den Taelongruß. „Guten Morgen, Da'an.”
„Major”, sagte der Taelon sanft und begleitet von einer überaus hübschen Handbewegung.
„Da'an, ich benötige Ihre Hilfe”, sagte Liam, „Ich wurde Qiya'lai ausgesetzt, ich brauche das Gegengift.”
Da'ans elegant gehaltene Hand folgte plötzlich der Schwerkraft. „Wie ist das geschehen, Major?”, fragte er besorgt.
„Das ist eine sehr lange Geschichte und ich habe nicht die Zeit, sie zu erklären, Da'an.”
„Das ist wahr, Sie haben keine Zeit, Sie sind bereits beeinträchtigt.” Er stand von seinem Thron auf und machte eine energische Handbewegung. „Folgen Sie mir!”
Liam begleitete den Taelon zum Portal der Botschaft und durch dieses aufs Mutterschiff, Da'an führte den Kimera dann zum Reich des Heilers.
„Da'an”, grüßte Mit'gai und formte den Taelongruß, Da'an erwiderte die Geste. „Was kann ich für dich tun?”
„Ich weiß, deine Arbeit ist überaus wichtig, aber ich brauche eine Arznei.”
„Wofür?”
„Ich wurde Qiya'lai ausgesetzt.”
Die Energie des Taelonheilers schien durch dessen Haut und das verdutzte Gesicht. Liam meinte sogar, Mit'gai zur Kugel in der Mulde auf der Ablage schielen zu sehen. „Wie?”
„Major Kincaid entdeckte ein Behältnis im Luftversorgungssystem der Botschaft und stellte auch fest, dass die Sensoren aufgrund von Sabotage nicht nach gefährlichen Substanzen suchten. Ich konnte nach der Reaktivierung der Sensoren im Behältnis und in der Luft der Botschaft Qiya'lai identifizieren.”
„Warte hier!”, sagte Mit'gai und eilte davon.
Leise sagte Liam: „Ich danke Ihnen, Da'an.”
Sie warteten nicht lange, bis der Heiler zurückkam, allerdings wirkte dieser nun überaus betrübt. „Da'an, ich kann es nicht finden”, sagte er, „An der Stelle des Gegengiftes steht nun ein irdisches Zellgift, das keinesfalls die erwünschte Wirkung haben wird.”
Liams Gesicht fiel in sich zusammen. Da konnte er sich doch gleich erschießen - und erinnern würde er sich daran dann auch nicht mehr.
„Bitte such es”, sagte Da'an.
„Das werde ich, Da'an.” Damit eilte Mit'gai wieder fort, vermutlich, um das Arzneilager auf den Kopf zu stellen.
Da'an und Liam verließen das Reich des Heilers, der Taelon wandte sich zur Brücke. „T'than wünscht Ihre Anwesenheit”, sagte Da'an, „Er befürchtet, dass Zo'or der Synode und besonders deren Ansehen bei den Menschen empfindlichen Schaden zugefügt hat und möchte auf Ihre Expertise bauen.”
„Ich bin leider kein Werbefachmann, aber ich werde natürlich sehen, was ich tun kann, speziell in meinem Zustand.”
„Ich danke Ihnen, Major. Ich hoffe, Mit'gai findet das Gegengift rechtzeitig.”
Gemeinsam betraten der Taelon und der Kimera schließlich die Brücke, wo Synodenführer in Vertretung T'than auf seinem Thron saß.
„Guten Morgen, T'than”, grüßte Liam.
„Sie kommen spät, Major”, sagte T'than schneidend und sah die beiden von oben herab an, „Da'an, weshalb bist du hier?”
„Es gab einen Anschlag auf die Botschaft”, sagte Liam.
„Ich wurde Qiya'lai ausgesetzt”, ergänzte Da'an.
T'thans Hand blieb mitten in der Luft stehen. „Mit'gai versicherte mir, dass alle Qiya'lai-Behältnisse an ihrem Ort sind.”
Liam warf ein: „Wann? Der Widerstand muss eines erbeutet haben.”
„Weshalb hast du mit Mit'gai über Qiya'lai gesprochen?”, fragte Da'an.
T'than machte eine energische Handbewegung. „Das ist nicht von Bedeutung. Ruhe dich aus, Da'an. Major Kincaid, sorgen Sie dafür, dass Da'an in die Botschaft zurückkehrt und sie nicht wieder verlässt, bis er das Gegengift erhalten hat. Gehen Sie jetzt - und schicken Sie Agent Sandoval zu mir, Sie haben ja bereits zu tun.”
Liam neigte den Kopf. „Wie Sie wünschen, T'than. Kommen Sie, Da'an.” Er ging voraus, Da'an folgte ihm dann von der Brücke und bis zum nächsten Portal, das Liam dann allerdings nicht betrat. „Es geht um Zo'or”, sagte er dann leise, „T'than plant, ihn mit Qiya'lai ermorden zu lassen.”
Da'an leuchtete als ganzes grellblau auf und wirkte auf diese Art recht erschüttert. „Sind Sie sich dessen absolut sicher?”
„Das bin ich.”
„Er brachte den Vorschlag in der letzten Sitzung der Synode, doch er wurde überstimmt.”
Überstimmt war T'than also worden, soviel zu einer Mehrheit für den Mord.
Einige Momente lang dachte Da'an gestenreich nach, dann fragte er: „Können Sie es beweisen?”
„Ich fürchte, jetzt nicht mehr”, antwortete Liam, „T'than wird nun, da wir Qiya'lai erwähnt haben, zweifellos jegliche Hinweise auf seinen Plan eliminieren.”
„Ich verstehe.” Der Taelon musterte seinen Beschützer. „Begleiten Sie mich zurück zur Botschaft. Wir werden dort bleiben und auf das Gegengift warten.”
„Wie Sie wünschen, Da'an.”

Es war recht entspannt unter der Kirche. In der Küche blubberte ein Eintopf vor sich hin, Melody rührte nur gelegentlich um und las ansonsten Zeitungsberichte des letzten Vierteljahrhunderts. Augur raufte sich die nichtvorhandenen Haare, denn er hatte gewagt, Ava zu einer Partie Schach herauszufordern - inzwischen war seine Armee recht gründlich dezimiert und Avas Stellung wahrlich undurchdringlich.
Auch Lili und Ron spielten Schach, mit ebenfalls bereits ersichtlichem Ausgang, und doch war Ron Lili bei weitem nicht so haushoch überlegen wie Ava Augur.
Gerade als Ron ansetzen wollte, sich aus einer recht trickreichen Klemme zu befreien, piepste sein Global los. Er öffnete es und sah in Liams blasses Gesicht. „Sie sehen ja fürchterlich aus!”
„Da'an hat mich sofort aufs Mutterschiff gebracht und Mit'gai für sich selbst nach dem Gegengift gebeten”, schniefte der Kimera, „Es war aber da schon nicht mehr da.”
„Sehr schade.”
„Ich habe Da'an erzählt, dass T'than Zo'or ermorden lassen will”, ergänzte er, „Da'an sagte, dass T'thans Vorschlag in der Synode überstimmt wurde, nicht andersherum. Aber heute wurde ich wenigstens nicht beauftragt.”
„Weshalb nicht?”
„Erstens war Da'an dabei”, sagte Liam, „und zweitens haben wir behauptet, es habe einen Qiya'lai-Anschlag auf die Botschaft gegeben. T'than ist jetzt wohl verunsichert, ob jemand Qiya'lai geklaut hat.”
Ron nickte langsam. „Was sollen wir tun?”
„Da'an ist überzeugt, dass Mit'gai das Gegengift finden und bringen wird. Ich bin es nicht. Aber ich weiß leider auch nicht, wie wir da drankommen können.” Er seufzte leise. „Versprechen Sie mir, dass Sie mir alles erzählen, was in der Schleife passiert ist.”
„Keine Frage, das ist selbstverständlich. Besonders ... das.”
„Ja. Danke.”
„Soll ich in die Botschaft kommen?”, fragte Ron dann, „So kann ich Ihnen dann auch erzählen, was Sie in diesem Durchgang genau gemacht haben.”
„Nein. Melden Sie sich bei T'than, er hat nach Ihnen verlangt.”
Ron nickte knapp. „Verstehe. Er will mir den Mordauftrag geben.”
„Das oder die Untersuchung des Anschlages”, bestätigte Liam und legte auf.
Der Implantant steckte sein Global weg und sah zu Lili. „Fliegen Sie mich rauf?” Sie nickte, dann machten sie sich auf den Weg in die Garage.
Nach einem kurzen Abstecher in die Interdimension kehrte das Shuttle in den normalen Raum zurück und Lili landete es im Hangar des Mutterschiffes, wo sie und Ron dann ausstiegen. Gemeinsam begaben sie sich zur Brücke, wo Synodenführer in Vertretung T'than auf seinem Thron saß.
„Guten Morgen, T'than”, grüßte Ron.
„Sie kommen spät, Agent”, sagte T'than schneidend und sah die beiden von oben herab an, „Ich wünsche, dass Zo'or terminiert wird. Der Beschluss wurde von der Synode gefasst und Sie werden ihn ausführen.”
„Die irdische Justiz wird auf das plötzliche Ableben des Delinquenten nicht positiv reagieren”, gab Ron zu bedenken, „Es könnte das Ansehen der Synode weiter beschädigen.”
„Das wurde berücksichtigt. Mit'gai wird Ihnen ein langsam wirkendes Gift zur Verfügung stellen, es kann in die Belüftung der Justizanstalt eingebracht werden und wird auf Menschen keine Wirkung haben.” T'than machte eine wenig elegante, wedelnde Handbewegung und schloss: „Gehen Sie jetzt.”
„Natürlich, T'than”, sagte Ron unterwürfig und neigte knapp den Kopf, dann verließen die beiden Menschen die Brücke.
„Das ist bisher auch so passiert?”, fragte Lili.
Ron nickte. „Wörtlich, nur zeitlich früher.” Er bog ab und fand sich im Reich des Taelonheilers wieder. Er und Lili strafften sich und formten für Mit'gai den Taelongruß. Der Heiler ignorierte sie und bewegte völlig ungestört seine Finger durch die holographische Kontrolle eines medizinischen Gerätes.
„T'than bat uns, ein Zo'or zu verabreichendes Gift von Ihnen in Empfang zu nehmen”, sagte Ron sogleich.
„Gedulden Sie sich, Agent Sandoval”, gab Mit'gai unzufrieden zurück.
Ron wechselte einen Blick mit Lili, die ihn verdutzt ansah - aber sie wusste auch nicht, dass er diese Warterei jetzt zum fünften Mal durchmachte.
Sie warteten auch diesmal fast eine halbe Stunde, bis der Heiler sich endlich dazu herabließ, ihnen eine filigran aussehende blauviolett melierte Kugel zu überreichen, die eben jene halbe Stunde in einer kleinen Mulde auf der Ablage neben ihm gelegen war. Ohne Gruß scheuchte Mit'gai die Menschen dann hinaus und verschloss die Türmembrane hinter ihnen.
„Damit wäre klar, dass Da'ans Hoffnung unbegründet ist”, stellte Ron fest, „Mit'gai sucht nicht nach dem Gegengift - auch nicht für Da'an.”
„Und T'than hat Sie nicht beauftragt, den Anschlag aufzuklären”, sagte Lili, „Das ist ungewöhnlich.”
„Ich vermute, er hat Lindsay beauftragt.”
„Ah.”
Ron straffte sich. „Würden Sie mich bitte zur Botschaft fliegen?”
„Natürlich, sofort.” Sie eilte voraus und er folgte ihr bis zum Hangar.
Nach nur kurzer Zeit in der Interdimension erreichte das Shuttle dann die Botschaft, Lili und Ron stiegen aus und eilten in den Audienzsaal.
Niemand war hier.
Der Implantant spähte in die angrenzenden kleineren Räume, in einem davon fand er dann Liam und Da'an in ein Fuv'lasha-Spiel vertieft. „Wie geht es Ihnen?”
„Ich lebe noch”, gab der Kimera zurück, „Was wollte T'than von Ihnen?”
„Dass ich Zo'or mit Qiya'lai ermorde”, sagte Ron, „Und ich habe schlechte Nachrichten: Als wir das Qiya'lai-Behältnis bei Mit'gai abholten, schien er nicht gerade sehr in die Suche nach dem Gegengift vertieft.”
„Er hat uns eine halbe Stunde warten lassen”, ergänzte Lili.
„Also wie gehabt ...” Liam seufzte ausgiebig und nieste dann zweimal. „T'than will offenbar um jeden Preis Zo'or ermorden lassen - aber was will Mit'gai? Er war erschrocken, als Da'an sich ihm gegenüber als vergiftet ausgegeben hat.”
„Vielleicht sollten wir Melody hinzuziehen”, schlug Ron vor.
„Was kann Melody da helfen?”, fragte Lili verdutzt.
Liam zuckte mit den Schultern. „Sie ist ein Taelon. Ma'el, um genau zu sein.”
Da'an leuchtete grellblau auf. „Ma'el!” Er formte eine sehr energische Geste und befahl: „Rufen Sie Ma'el her, Agent Sandoval.”
„Wie Sie wünschen.” Ron zückte sein Global und rief Ava an. „Würdest du bitte Melody zur Botschaft bringen?”
„Klar, wir sind unterwegs.”
Lili ließ ihren Blick von Liam zu Ron und wieder zurück schweifen. „Wird es Ihnen beiden mit der Zeit zu blöd, alles zu erklären, oder behalten Sie solche Dinge grundsätzlich für sich?”
Liam runzelte die blasse Stirn. „Ersteres. Und dazu war es diesmal auch noch überaus eilig - wenngleich vergeblich.”
„Noch etwas, was Sie noch nicht erklärt haben?”
„Nichts von vor der Schleife.”
„Aber währenddessen - was ist passiert?”
Er nieste einmal, zweimal, dreimal, viermal. „Die Wirkung von Qiya'lai besteht über die einzelnen Durchgänge hinweg und es wird immer schlimmer, schon dreimal bin ich dran gestorben. Ich habe mich diesmal aus der Schleife genommen, damit das Zeitportal mich komplett, inklusive Erinnerung und wo auch immer die Qiya'lai-Wirkung steckt, auf Anfang zurücksetzen kann.”
Da'an sah ihn erstaunt an, fing sich aber sichtlich schnell. „Wie wurden Sie dem ausgesetzt?”, fragte er dann.
„Ich hab die blöde Kugel aufgemacht ... ich dachte, in der Schleife ist es egal.”
Der Taelon musterte Liam einen Moment, dann wandte er sich dem großen Fenster aus virtuellem Glas zu. „Ihr Wissen über T'thans Pläne bezüglich Zo'or entspringt aus den bisherigen Durchgängen. Starb Zo'or ebenfalls bereits?”
„Nein, tatsächlich haben wir ihn mehrfach befreit.”
„Ich verstehe.” Er starrte hinaus über die Stadt.
Ron trat zu Liam und legte ihm eine Hand auf die Schulter, der Kimera rieb sich die geröteten Augen. „Wie schlimm ist es jetzt?”, fragte der Implantant.
„Ausgehend von den bisherigen Durchgängen ...” Liam zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und putzte sich die Nase, dann sagte er: „Ich denke, in drei Stunden spätestens bin ich tot.”
„Legen Sie sich hin, ruhen Sie sich aus. Vielleicht verzögert das die Wirkung.”
„Ich lege mich nicht hin.” Liam atmete tief durch. „Ich will dieses jämmerliche Krepieren nicht hinauszögern. Ich will, dass Sie mich erschießen, sobald ich anfange, kimerianisch zu niesen. Und ich will mich an diese ganze Krepiererei aus mehreren Durchgängen nachher auch gar nicht mehr erinnern.”
„Glauben Sie mir, ich will mich nicht daran erinnern, dass Lindsay mir fünf Nadeln ins Schmerzzentrum gebohrt hat.”
Liam sah ihn böse an. „Sie fangen jetzt nicht an, zu diskutieren, was schlimmer war! Sie werden mich erschießen, sobald ich kimerianisch niese.”
Ron schwieg und sah an seinem Sohn vorbei zum Fuv'lasha-Spiel. Es war sehr unwahrscheinlich, dass noch eine Heilungsmöglichkeit bestand. T'than hatte das Gegengift wegbringen lassen und Mit'gai suchte nicht einmal danach - oder es war ihm klar, dass er es schlicht nicht erlangen konnte. Im Grunde war eine Hoffnung auf Heilung unsinnig, aber ein Hauch davon hatte sich recht hartnäckig in Rons Verstand breit gemacht.
„Sie werden mich erschießen, sobald ich kimerianisch niese!”, wiederholte Liam energisch.
„Ich werde es tun!”, sagte Ron nach einem letzten Moment des Nachdenkens.
„Danke.”

Nach knapp zehn Minuten betraten Ava und Melody den Raum, erstere in schwarzsilberner Freiwilligenkluft. Da'an musterte die beiden Frauen und schien nicht erkennen zu können, welche von ihnen Ma'el war - erst als Melody ihn mit einem Lächeln und einer taelonischen Geste begrüßte, war es ihm offensichtlich klar. Zartblau schimmerte es durch seine Haut hindurch, als er Melody beide Hände reichte und der Taelon in Menschenform sie fest ergriff.
Taelons, die einander berührten - das hatte Ron noch nie gesehen. Und während Melody sich bisher recht menschlich verhalten hatte, war Da'an hingegen definitiv ein sehr taelonischer Taelon.
Allerdings auch Ma'els Kind, wie Ron bereits wusste, und das machte offensichtlich einiges aus.
Ava trat zu Ron und Liam. „Wie geht es Ihnen, Liam?”
„In drei Stunden spätestens bin ich tot.”
„Oh.” Sie legte kurzerhand ihre Arme um ihn und drückte ihn kräftig, er ließ es bereitwillig mit sich geschehen. „Möchten Sie sich nicht ausruhen und ...”
Jetzt schob er sie von sich. „Nein. Und Ronald wird mich erschießen, sobald ich kimerianisch niese.”
„Nur, solange Sie leben, besteht die Möglichkeit der Heilung. Aber dann können Sie ja auch wieder mit in die Schleife.”
„Unwahrscheinlich. Das Gegengift ist verschollen.”
„Aber Ron hat doch herausgefunden, wo es war.”
„Und dort war es nicht”, sagte Liam, „T'than hat das erledigt, bevor er das Verzeichnis geändert hat.”
„T'than hat das Gegengift wegbringen lassen?”, fragte Melody verdutzt, „Aber weshalb? Das ergäbe nur Sinn, wenn er fürchtet, jemand würde es gegen seine Interessen einsetzen.”
„Zo'or heilen, nachdem er ihn vergiften hat lassen.”
Der Taelon in Menschenform runzelte die Stirn. „T'than befürchtet nicht Ihre Einmischung, Liam, sondern die eines anderen Taelons.”
Da'an brachte sich ein: „Er fürchtet meine Einmischung.”
„Deine.” Melody sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. „Ja, das ist verständlich.”
Liam räusperte sich, was direkt in ein mehrfaches Niesen überging. Als er damit dann fertig war, sagte er: „T'than war also über Ihre Behauptung, Qiya'lai ausgesetzt gewesen zu sein, nicht überrascht - nur über den Zeitpunkt, aber da vermutete er dann wohl, dass Sie von seinen Absichten bereits erfahren hatten.”
„Wenn das Gegengift so früh schon weg war, hat er vielleicht sogar damit gerechnet, dass Sie es von Anfang an wissen könnten, Da'an”, ergänzte Lili.
Der Taelon machte eine zustimmende Handbewegung.
„Und dann hat er Mit'gai verboten, Ihnen zu helfen”, sagte Liam, „weil sonst Zo'or das Gegengift erhalten würde.” Er seufzte. „Qiya'lai ist ein langsam wirkendes Gift, er kann es sich leisten, abzuwarten, ob Sie später deutliche Symptome zeigen.”
„Bleibt eine Frage”, ergriff Ron das Wort, sofort hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit, „Wie gedenkt T'than den von der Synode nicht abgesegneten Mord zu vertuschen? Er muss es tun, gegen eine Abstimmung zu handeln wird mit Sicherheit nicht einfach akzeptiert.”
Liam nieste.
„Mit'gai weiß davon”, sagte Melody, „Ist er gefährdet?”
„Ich mit Sicherheit”, fügte Ron hinzu, „oder Liam, je nach dem, wen T'than im letzten Schleifendurchgang beauftragt. Aber ob er einem willigen taelonischen Unterstützer schaden wird?”
„Mit'gai fällt um, sobald es einen Mächtigeren als T'than gibt”, wandte Liam ein.
„Richtig”, bestätigte der Implantant, „aber befürchtet T'than das?”
„Das sollten wir R'am fragen.”
Ron rollte mit den Augen. „Nicht wir, Liam”, sagte er, „sonst passiert wieder, was das letzte Mal dort passiert ist. Ich werde allein gehen.”

Es war für einen Companionbeschützer kein Problem, recht zeitnah zu einer Audienz bei einem Taelon zu kommen. Nachteilig äußerte sich dabei allerdings, dass auch R'ams Beschützer Teniente Coronel Arias anwesend war und dem Gespräch definitiv von Anfang bis Ende beiwohnen würde.
Außerhalb einer Zeitschleife wäre aber ohnehin schon das Gespräch selbst viel zu riskant.
Ron erklärte R'am den falschen Sachverhalt - dass T'than an allem Schuld war und sein Verhalten Taelons und Menschen gleichermaßen gefährdete. Der Taelon wartete geduldig ab, bis der Implantant fertig war, dann sah er zu seinem Beschützer und machte eine hübsche Handbewegung. „Teniente Coronel, sagen Sie alle Termine der nächsten Tage ab.”
Arias nickte knapp und begab sich abseits, um an seinem Global zu arbeiten, er verließ den Raum aber nicht.
„Ihr Verdacht erregt Besorgnis”, sagte der Taelon dann, „doch noch ist es nur ein Verdacht.”
„Dem ist nicht so, R'am”, widersprach Ron, „Die Indizien sind sehr stark.”
R'ams Blick kühlte ab. „Übermitteln Sie sie Teniente Coronel Arias!”, verlangte er.
„Wie Sie wünschen, R'am”, sagte Ron, zückte sein Global und tat, wie befohlen. Augurs Fälschungen waren ohnehin bei weitem gut genug, um der Prüfung durch einen Implantanten standzuhalten.
„Wünschen Sie, dass ich die Daten sofort ansehe, R'am?”, fragte Arias.
R'am machte eine hübsche Handbewegung. „Ja.”
„Sehr wohl.” Damit widmete sich der Implantant gleich Augurs Fälschungen.
Ron straffte sich und wartete gelassen die paar Momente.
„R'am! Die Annahme ist sehr plausibel”, meldete Arias dann, „Die Daten legen durchaus auch nahe, dass T'than plant, weitere Synodenmitglieder zu diskreditieren.”
Augur hatte, wie auch zwei Durchgänge zuvor, etwas vorausgegriffen - aber umso besser.
Kurz schien durch die Haut des Taelons das Blau seiner Energie hindurch, dann stand er von seinem violetten Thron auf und kam einige Schritte auf Ron zu. „Ihre Warnung wird berücksichtigt”, sagte er, „Erklären Sie sich bereit, gegen T'than vorzugehen?”
„Ja, R'am”, sagte der Implantant, „bedauerlicherweise fehlen mir Informationen zu taelonischer Politik, um das erfolgreich zu tun.”
„Ihre Unwissenheit ist zweifellos beachtlich”, stimmte der Taelon zu, „Ich werde Sie unterstützen.” Er schlenderte durch einen Durchgang, Arias folgte ihm und winkte Ron, ihn zu begleiten, was dieser auch sogleich tat.
In einem Raum ähnlich dem in der nordamerikanischen Botschaft, auch ein Fuv'lasha-Spiel gab es hier, stellte sich R'am dann ans Fenster, allerdings sah er nicht hinaus, sondern musterte Ron. „Taelonische Politik ist mit menschlicher Politik keinesfalls zu vergleichen”, sagte der Taelon, „Sie sollten sich dessen im Klaren sein, dass wir eher handeln, als zu reden.”
„Natürlich, R'am”, sagte Ron, „Auf wen müssen wir bei unserem Vorgehen gegen T'than achten? Wer steht auf seiner Seite?” R'ams Blick wurde durchdringend - vielleicht preschte Ron zu sehr vor. „Verzeihen Sie meine menschliche Frage”, ruderte der Implantant zurück.
Der Taelon neigte den Kopf und kurzzeitig schimmerte seine Energie durch die Haut. „Dies ist Ihre Art zu denken, als Mensch”, sagte er, „Also werden Sie Ihre Antwort erhalten: J'dan und Ma'or stehen ohne Einschränkung auf T'thans Seite.” Er machte eine elegante Handbewegung. „Sa'mar und Qi'jai stehen auf meiner Seite. Da'an entschied sich bisher für T'than.”
„Bisher?”
„T'than hat Da'ans Kind diskreditiert”, erklärte R'am, „Da'an wird das nicht verzeihen.”
Ron runzelte die Stirn - Da'ans Kind? „Auch nicht T'than?”, fragte er im Gedanken daran, dass Melody Da'an und T'than quasi als verheiratet bezeichnet hatte.
„Keinesfalls”, sagte R'am energisch, „Da'an mag viele Dinge vergeben, doch nicht das.” Die Energie des Taelons schimmerte einen Moment lang durch seine Haut und der Gesichtsausdruck war beinahe spöttisch zu nennen. „Hingegen seinem Kind vergibt Da'an alles. Er ist, wie Sie Menschen so schön sagen, auf diesem Auge blind.”
„Ich verstehe.”
„Zo'ors Absetzung als Synodenführer ist mir durchaus sehr recht, aber ich habe dagegen gestimmt. Ich wusste, dass sich dennoch eine Mehrheit finden würde.”
Das war taelonische Politik? Das hörte sich doch nach einem ganz irdischen Motiv an: R'am hatte bei Da'an positiv auffallen wollen.
„J'dan und Ma'or haben dafür gestimmt - Sa'mar und Qi'jai?”
„Dafür.”
„Was ist mit dem Vorschlag, Zo'or töten zu lassen?”
Ein eiskalter Blick traf Ron aus R'ams Augen, dass dem Implantanten ganz anders wurde. „Woher wissen Sie davon, Agent Sandoval?”
Es half wohl nichts, Ron musste es zugeben: „T'than hat mich beauftragt. Er sagte, es habe sich eine Mehrheit dafür gefunden.”
„Dem ist nicht so”, sagte der Taelon mit fast gefrorener Stimme, „T'thans Vorschlag wurde tatsächlich nur von J'dan, Ma'or und Mit'gai unterstützt. Sind Sie sicher, dass Sie T'than richtig verstanden haben? Er hat womöglich eine Idee ausgesprochen, die ihm gut gefällt, die er aber nicht als Befehl meinte.”
„Es war unverkennbar ein Befehl”, beharrte Ron, „Er schickte mich zu Mit'gai, dieser überreichte mir ein langsam wirkendes Gift, dem ich Zo'or aussetzen sollte.”
R'ams Hand, die gerade noch eine elegante Bewegung durchgeführt hatte, blieb jetzt mitten in der Luft stehen. „Können Sie das beweisen?”
„Ich habe das Gift.”
„Tatsächlich ...” R'am sah Ron jetzt wieder überaus eisig an. „Sie haben das Gift. Teniente Coronel, nehmen Sie Agent Sandoval fest.”
Was war das jetzt wieder für eine unangenehme Überraschung? Zudem beließ Arias es nicht bei einer Festnahme, er schoss den Agent einfach nieder.
Als Ron wieder erwachte war er an der Liege in einer Folterkammer befestigt. R'am stand neben ihm, Arias war ebenfalls anwesend. „Schön, dass Sie endlich wieder wach sind, Sandoval”, sagte der Implantant, „Dann können wir ja endlich beginnen.”
„Womit beginnen?”
„Sie behaupteten, zum Giftmord an Zo'or beauftragt worden zu sein”, sagte R'am, „Ich denke allerdings, dass selbst T'than nicht zu einer solchen Missachtung der Synode in der Lage ist.”
„Es ist aber so.”
„Nein, Sandoval”, sagte Arias, während sich schon fünf Nadeln in Rons Schädel bohrten. Er wartete kurz ab, bis sein Opfer nicht mehr schrie, dann fuhr er fort: „Wir glauben, dass Sie sich das ausgedacht haben, um zu erklären, dass Sie das Gift haben - das Sie zuvor benutzten, um einen Anschlag auf die nordamerikanische Botschaft auszuführen.”
Ron war perplex. „Was?”
„Mit'gai hat ihnen das Gift nicht gegeben”, sagte Arias, „Ich habe mich danach erkundigt.”
„Er hat Angst vor T'than!”, widersprach Ron heftig - und zu seinem Leidwesen sah sein Foltermeister das als die falsche Antwort an.
Wie lange war Ron bewusstlos gewesen? Doch sicher maximal eine Stunde. Das würde ein sehr sehr unangenehmer und noch sehr sehr langer Durchgang werden.

 

Ende von Kapitel 9

 

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