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  „Blick übers Wasser” von Veria  (Emailadresse siehe Autorenseite),   Februar 2016
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Liam, Ron und Ava besuchen Irland in der Vergangenheit. Nachdem sie mit einer Begleiterin in die Gegenwart zurückkehren, beauftragt T'than den Mord an Zo'or.
Zeitpunkt: vor 27 Jahren sowie in der Jetztzeit / nach „Blick ins Tal”
Charaktere:  Liam, Ron, Ava
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2015 geschrieben.
 

 

BLICK ÜBERS WASSER

Kapitel 3

 

Grüne Hügel, blauer Himmel mit einzelnen weißen Wolken, so ließ sich das Leben in einem kleinen Dorf vermutlich durchaus aushalten. Die Dorfbewohner sahen soweit nicht unzufrieden aus, sie eilten auf die kleine Kirche zu, deren Glocken zur Messe riefen.
Liam, Ron und Ava hatten sich auf dem Kirchplatz verteilt und erkundigten sich nach Melody Anderson. Jeder im Dorf schien Ma'els Menschenform zu kennen, aber keiner wusste, wo sie war. Offenbar war Melody eine von drei allgemein bekannten Nichtkirchgängern, alle anderen waren entweder hier oder aus diversen Gründen gerade nicht dazu in der Lage.
Während die Menschen vom Kirchplatz in die Kirche hineindrängten, wurde der Kirchplatz langsam leer. Ron erinnerte sich, dass er die beiden Nichtkirchgänger noch nicht zu Anfang gesehen hatte. Die letzten Glockenschläge verklangen, die Messe begann und Ron könnte dank seines CVI jedes Wort des Priesters mitsprechen, auch wenn man von heraußen nichts davon hörte.
Da war der Mann mit Kippa endlich. Ron setzte sich in Bewegung und sprach ihn schließlich an. „Entschuldigen Sie bitte”, sagte er höflich, „ich suche nach Melody Anderson.”
„Tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht helfen.”
„Danke trotzdem.” Er neigte knapp den Kopf und begab sich zu Liam. „Erfolg?”
„Nein”, sagte der Hybrid, „aber sie kommt näher, ich spüre sie, jetzt, wo ich es weiß.”
Ron überlegte kurz. „Kann Ma'el Sie spüren?”
„Kein Taelon kann mich spüren. Aber sie sagte, sie hat alles hier im Blick, vermutlich das Dorf in dauerhafter Sensorüberwachung. Sie kommt her, um die neuen Leute anzusehen.”
„Also dann ... sie kam aus dieser Richtung.” Ron hob eine Hand und wies zwischen Post und Pub hindurch.
Liam sah sich kurz um und winkte Ava, herzukommen, danach machten sie sich auf den Weg. Das Dorfzentrum war zwar nicht groß, aber die Straße gabelte sich bald, dass sie sich wieder aufteilen mussten. Liam ging links, Ava und Ron gingen rechts.
„Wenn ich daran denke, wie Ma'el mich in der Steinzeit überrascht und betäubt hat”, sagte der Implantant, „und vorhin hat sie so höflich gegrüßt ...”
„Und freundlich nach Niki und Eve gefragt”, ergänzte Ava, „Gruselig ...”
„Ja.” Er seufzte. „Gruselig. Was soll man von dieser Melody Anderson halten?”
„In meinem Fall: Nicht viel.” Sie blieb stehen und hielt ihn am Arm. „Und da ist sie!”
Auch Ron hatte Melody gesehen, sie war um die Ecke eines Bekleidungsgeschäftes gebogen und ebenso plötzlich stehengeblieben wie Ava.
Einige Momente geschah gar nichts, aber dann setzte sich Melody wieder in Bewegung, direkt auf Ava und Ron zu. Sie streckte ihnen höflich die Hand hin, aber keiner der beiden ergriff sie. „Ronald, Ava”, sagte sie, „Wie geht es Ihnen? Wie geht es Liam und Niki und der Kleinen?”
„Gut, danke”, sagte Ron kühl, „Wie geht es Ihnen, Ma'el?”
Daraufhin war Melody merklich perplex. „Sie erkennen mich?”, fragte sie.
Ron schmunzelte. „Natürlich.”
„Wie?”
„Wir sehen uns ja nicht zum ersten Mal”, sagte er.
„Ah”, machte Melody, „Ja, das ergibt Sinn und passt zu meiner Vermutung.” Sie sah kurz zu Ava, dann wieder zu Ron. „Sind Liam, Niki und die Kleine auch hier?”
„Liam ist hier”, sagte er, zückte sein Global und rief den Genannten an.
„Ja?”
„Wir haben sie gefunden.”
„Danke, ich komme zu Ihnen.” Liams Gesicht verschwand wieder vom kleinen Bildschirm, Ron schob das Global zu und steckte es weg.
„Ihr habt mich gesucht”, stellte Melody fest, „Wieso?”
Ava gab zurück: „Sie sind uns entgegen gekommen, wieso?”
Melody zögerte einen Augenblick lang, dann gab sie zu: „Ich überwache das Dorf und wollte sehen, wer da neu angekommen ist. Besuche waren nicht angekündigt.”
„Das passt zu unserer Vermutung”, sagte Ava.
Inzwischen kam Liam an, der offenbar nur zwei oder drei Häuser weit weg gewesen war, und streckte Melody freudestrahlend seine Hand zum Gruß hin. „Mel! Schön, dich wieder zu sehen!” Daraufhin sah Melody fast genauso verwirrt aus wie im vorigen Durchgang er.
„Hallo ... Liam ...”, brachte sie schließlich heraus und ergriff auch seine Hand, um selbige flüchtig zu schütteln.
Ava und Ron wechselten einen amüsierten Blick.
„Was ... tut ihr hier?”, fragte Melody nach einem Moment, „Ihr habt mich ... gesucht?”
„Zunächst nicht, jetzt schon”, sagte Liam.
„Aber ... warum seid ihr dann zunächst hergekommen?”
„Ahnenforschung.”
Jetzt fand sich doch ein belustigter Ausdruck in ihrem Gesicht, der die Verwirrung verdrängte. „Du. Ausgerechnet du. Du weißt doch, was da herauskommt, ja?”
Er nickte. „Ja.”
Jetzt war sie wieder verwirrt und seufzte leise. „Also gut. Ich vermute, du forschst nicht nach dem Urahn der gesamten Menschheit, sondern nach deinen sehr viel direkteren Ahnen. Richtig?”
„Richtig.”
„Ich habe hier alles im Blick, wie ich Ronald und Ava ja bereits gesagt habe”, erklärte Melody, „hier, wo die genetischen Marker mit deinen zunehmend korrelieren, aber deine Geburt ist an mir vorbeigegangen - oder noch nicht passiert.”
„Richtig.”
Sie runzelte kurz die Stirn, dann sah sie Liam durchdringend an. „Wie?”, fragte sie, „Ihr reist durch die Zeit! Wie macht ihr das?”
„Ich bin Kimera”, sagte er knapp, „Ich habe die Mittel.”
„Aus welcher Zeit kommt ihr?”
„27 Jahre von jetzt.”
„Du besuchst also deine Eltern.”
„Meine Mutter”, korrigierte Liam.
Melody runzelte wieder die Stirn. „Ich muss eine weitere sehr hohe Korrelation woanders auf diesem Planeten übersehen haben, woher dein Vater stammt.” Sie überlegte kurz. „Es ist möglich, dass sich eher geringe Korrelationen erst in der letzten Generation zur hohen Korrelation kombiniert haben, wenn die Eltern deines Vaters aus sehr verschiedenen Gegenden stammen.”
Ron stimmte ihr in Gedanken zu, mathematisch war die Schlussfolgerung korrekt - er war allerdings etwas überrascht über Melodys Vermutung, dass Liam wohl nicht nur seinen Alien-Vater hatte. Aber stimmte es überhaupt? Hatte Liam auch einen menschlichen Vater? Es erschien, aus menschlicher zweigeschlechtlicher Sichtweise, recht unnötig, aber vielleicht brauchten Kimera und Taelons ja drei Beteiligte?
„Das ist korrekt”, sagte Liam, „Warum bist du hier? Hast du auf mich gewartet?”
Melody nickte. „Seit gut hundert Jahren, als sich hier die hohe Korrelation herauskristallisiert hatte.”
„Warum?”
„Ich wollte wissen, ob du das Ziel der Korrelation bist, oder ob es sich um reinen Zufall handelt.” Sie wartete einige Sekunden ab und, als Liam nichts darauf sagte, fuhr sie fort: „Alleine eure Namen - Liam, Ronald, Ava - korrelieren mit deutlich moderneren Zeiten. Damals im Grasland wusste ich das natürlich noch nicht, aber schlussendlich vermutete ich durchaus eine Zeitreise.”
„Wann?”, brachte sich Ron ein, „Vor tausend Jahren gab es unsere Namen auch noch nicht.”
Sie winkte ab. „Nicht eure, nein, aber ähnliche. Die ... Tendenz war klar.”
„Verstehe”, sagte Liam, „und dann hast du beschlossen, dir einen menschlichen Körper auszuborgen.”
„Ja.”
„Wer ist sie?”
Sie schmunzelte, sah an sich herab und drehte sich einmal um sich selbst. „Melody. Nachnamen gab es damals noch nicht so oft und sie hatte keinen.”
„Das ist Zufall?”, wunderte sich Ava, „Melody ist nicht nach Ma'el ausgewählt?”
Melody grinste schief. „Nein.”
„Das überrascht mich”, gab auch Liam zu, „oder hast du die Person nach deinem Namen gewählt?”
„Auch das nicht.” Sie dachte einen Moment lang nach. „Was wird passieren?”, fragte sie dann, „27 Jahre von jetzt, und ihr wisst, was passieren wird.” Sie wies auf Ron. „Er hat einen Skrill.”
Liam sagte: „Die Taelons werden kommen, in 23 Jahren.”
„Ich habe sie gewarnt! Was richten sie an?” Melody war sichtlich wütend. „Ich wette, sie machen alles kaputt, was ich aufgebaut habe.”
Ron verschränkte seine Arme und fragte: „Was haben Sie denn konkret aufgebaut, Ma'el?”
Sie seufzte ausgiebig. „Eine gute Zukunft für die Menschheit und das Taelon-Gemeinwesen - dachte ich jedenfalls. Was richten sie an? Sagt es mir!”
„Nun”, sagte Liam, „ich bin mir sicher, dass die Synode sich davon etwas erhofft, aber für die Menschheit sieht das, was die Taelons da machen, nicht nach einer guten Zukunft aus.”
„Was machen sie?”
„Soldaten züchten und rekrutieren.”
„Das ist in der Tat nicht, was ich geplant hatte.” Melody schüttelte den Kopf. „Ich hätte mich Qo'on mehr entgegen stellen sollen, er fährt wohl doch einen deutlich härteren Kurs als erwartet.”
„Qo'on wurde letztes Jahr getötet.”
Sie sah ihn schockiert an. „Was? Wie?”
„Eine Jaridian-Sonde hat ihn erwischt”, sagte Liam, „und beinahe Da'an auch.”
„Wenigstens hat es Da'an nicht erwischt”, war Melody sichtlich erleichtert, „Ich hätte gedacht, er wäre ein besserer Synodenführer als Qo'on, aber er hat sich wohl zu sehr in die falsche Richtung beeinflussen lassen.”
„Da'an ist nicht Synodenführer”, warf Ron ein.
„Wer dann?”
„Zo'or.”
Sie stutzte. „Wer ist Zo'or?”
„Der jüngste Taelon, knapp tausend Jahre alt.”
„Oh”, machte Melody, „also haben sie eine Möglichkeit gefunden, Grundenergie herzu...”
Liam unterbrach: „Nein, haben sie nicht.”
Einen Moment war es still. „Hat sich überhaupt irgendetwas zum Guten entwickelt?”
Der Kimera zögerte, dann sagte er: „Da'an. Er weiß immerhin, wer ich bin, und verrät mich nicht.”
Wieder war es still, Melody zog ihre Stirn in tiefe Runzeln und starrte einige Sekunden lang konzentriert ihre Schuhspitzen an. „Nehmt mich mit”, bat sie schließlich, „Ich kann an all dem nichts ändern, ohne zu riskieren, dass ihr nicht in die Vergangenheit reist.” Sie sah Liam an. „Aber in deiner Zeit kann ich womöglich sehr nützlich sein. Auch wenn die Synode nicht auf den Menschen Melody hören wird, ich kann helfen.”
Ron musterte sie kritisch. „Damals im Grasland sah es nicht nach Hilfe aus, was Sie getan haben”, bemerkte er.
„Damals im Grasland war alles anders. Ich lebte nicht als Mensch mit Menschen, sondern als ... Gott neben ihnen.” Mit einem Mal lächelte Melody. „Als Mensch Melody wurde mir geholfen, die Menschen unterstützten mich aus eigenem Antrieb. Zuvor beteten sie mich an und folgten meinen Anweisungen aus Furcht.”
„War Altruismus für den Taelon Ma'el kein Begriff?”
Zögern, dann: „Nein. Es war für mich unvorstellbar, dass ein Wesen anderen bereitwillig helfen sollte, ohne mit diesem durch ein Gemeinwesen oder wenigstens nahe Verwandtschaft verbunden zu sein.”
„Das erklärt einiges ...”, erklang gemurmelt von Ava.
„Allerdings”, stimmte Ron ebenso leise zu, „Wie die Heuschrecken.”
Liam sagte nichts, er dachte sichtlich sehr scharf nach.
„Ich kenne taelonische Technologie und taelonische Denkweise, Liam”, versuchte Melody, ihn zu überzeugen, „Ich bin kaum zu verletzen und ich verfüge über Shaqarava. Ich kann auch kämpfen, falls du das von mir brauchst.”
„Wenn du mit uns mitkommst”, sagte Liam, „dann wirst du nicht kämpfen. Du wirst nur, und zwar ausschließlich, ein Mensch sein, Melody Anderson.” Er grinste schief. „Wir werden sehen, wie du dich einbringen kannst, aber das kann ich dir hier und jetzt noch nicht sagen.”
Ron hüstelte.
„Ja?”, fragte Liam.
„Überlegen Sie es sich gut, ob Sie sie wirklich frei rumrennen lassen wollen.”
„Natürlich”, sagte er, „und vorerst wirst du auch nicht frei rumrennen, Melody. Das ist so die Sache mit meinem Vertrauen - wenn man es hat, hat man es, wenn nicht, dauert es eine Weile.”
Sie nickte. „Verstehe.”
Er wandte sich um und setzte sich in Bewegung. „Kommt, machen wir eine Zeitreise.”
Gemeinsam verließen sie das Dorf nach Norden, einen Hügel hoch und wieder hinunter und schließlich in ein Wäldchen. Das Zeitportal stand unbeeindruckt zwischen zwei Bäumen und, als Liam seine Hand in die Einbuchtung legte, strahlte und schimmerte die weiße Fläche im Durchgang.
Melody blieb davor stehen und streckte vorsichtig eine Hand hin, aber sie berührte die Fläche nicht. „Das ist Kimera-Technologie”, stellte sie fest, „Woher hast du das? Brachte dein Kimera-Elternteil es mit?”
„Nein, die Taelons hatten es erbeutet und in einem Museum ausgestellt.”
„Museum? Das klingt mir nicht nach den den Menschen schadenden Taelons, von denen du erzählt hast.”
Liam seufzte. „Sie machen sich beliebt”, erklärte er, „und nur sehr wenige Menschen wissen, was wirklich vor sich geht.”
Melody zog ihre Hand zurück. „Nun, das entspricht nicht der Vorgehensweise, die ich von Qo'on kenne. Täuschung war nie sein Metier, das kenne ich eher von Da'an.”
„Da'an hat meines Wissens das Projekt Erde geplant, Qo'on und jetzt Zo'or führen den Plan nur aus.” Er suchte einen Moment lang nach den richtigen Worten. „Es macht den Eindruck, als stünde Da'an nicht mehr hinter dem Plan”, sagte er, „aber er hat nicht mehr die Macht, sich gegen die Synode durchzusetzen, weswegen er jetzt gelegentlich den menschlichen Widerstand unterstützt - und auch vor allem mich nicht verrät.”
„Verstehe”, sagte Melody.
„Geh hindurch”, forderte Liam sie auf, „berühre das Portal, wir kommen gleich nach.” Sie musterte ihn nachdenklich, dann straffte sie sich und legte ihre Hand gegen die weiße Fläche, unter deren gleißendem Licht sie dann verschwand. „Also?”, fragte Liam, „Das Portal sagt, wir können abreisen. Zeitschleife für uns drei, sowie wir angekommen sind? Dann kann Melody versuchen, Unsinn zu machen, so viel sie will.”
„Ja, gute Idee”, sagte Ava.
Ron nickte. „Stimme zu.”
„Gut.” Liam starrte kurz konzentriert in die Luft, dann lächelte er. „Die Schleife geht vorerst über 24 Stunden. Da können wir doch auch eine hübsche Widerstandsaktion proben, oder?”
„Einverstanden”, sagte Ron, „Ich schlage vor, ein paar Hybridexperimente auffliegen zu lassen.” Damit legte er seine Hand gegen das Portal und fand sich im Weiß dahinter wieder.
Melody wirkte erleichtert. „Es ist ... merkwürdig hier”, gab sie zu, „Ich war etwas verunsichert.”
Ron schmunzelte. „Man gewöhnt sich dran.”
Wenig später kamen auch Ava und Liam an und, als der Hybrid dann seine Hand gegen die Einbuchtung legte, fand sich Ron knapp vor dem jetzt inaktiven Portal in einer Lagerhalle in Washington wieder - links neben ihm Melody und Ava, rechts Liam.

 

Ende von Kapitel 3

 

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