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  „Blick übers Wasser” von Veria  (Emailadresse siehe Autorenseite),   Februar 2016
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Liam, Ron und Ava besuchen Irland in der Vergangenheit. Nachdem sie mit einer Begleiterin in die Gegenwart zurückkehren, beauftragt T'than den Mord an Zo'or.
Zeitpunkt: vor 27 Jahren sowie in der Jetztzeit / nach „Blick ins Tal”
Charaktere:  Liam, Ron, Ava
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Adventskalenders 2015 geschrieben.
 

 

BLICK ÜBERS WASSER

Kapitel 1

 

Grüne Hügel, blauer Himmel mit einzelnen weißen Wolken, so ließ sich das Leben in einem kleinen Dorf vermutlich durchaus aushalten. Die Dorfbewohner sahen soweit nicht unzufrieden aus, sie eilten auf die kleine Kirche zu, deren Glocken zur Messe riefen.
Ron lehnte sich gegen den Baumstamm hinter sich und nahm einen Grashalm zwischen die Lippen. Er würde mit seiner Hautfarbe sehr auffallen, ebenso Ava, die einige Meter von ihm entfernt auf einem Stein saß, Liam war also ohne seine Begleiter in der Kirche und beobachtete seine Verwandtschaft.
Die Tatsache, dass sich Liams Ahnenreihe tatsächlich hierher verfolgen ließ, hatte Ron überrascht. Seit einiger Zeit bereits war ihm klar, dass Liams Identität und Alter und daher auch seine Eltern gefälscht waren. Und dennoch war Liams Ursprung nie gelogen gewesen, sogar näher als die falsche Identität behauptete. Der Kimera hatte es bisher nicht gesagt, aber es war offensichtlich, wer seine Mutter war: Das kleine rothaarige Mädchen, das soeben in Elternbegleitung durch das Kirchentor ging.
Die Glocken verstummten, das Tor wurde geschlossen.
„Ich bin gespannt, ob der Sicherheitsmechanismus anspringt”, sagte Ron.
Ava sah zu ihm. „Weshalb? Er will doch nicht einmal mit jemandem reden, nur beobachten.”
„Siobhán Beckett wird sich mit ihrem CVI an alles aus ihrer Kindheit erinnern können. Wenn sie ihn jetzt in dieser Kirche sieht, wird sie ihn in der Zukunft unzweifelhaft erkennen.”
„Das heißt nicht, dass sie ihn nicht für einen Doppelgänger hält. Du hast doch gesagt, sie wusste ... wird wissen, dass er auch hier Verwandte hat.”
„Auch wieder wahr.” Er drehte den Grashalm zwischen seinen Fingern. „Hat er mit dir geredet?”
„Mir gesagt, dass er jünger ist als Niki?”, fragte sie, „Ja, hat er.” Sie pflückte einen Grashalm, stand auf und trat zu ihm. „Dass er sich an alles erinnern kann, was seine Eltern wussten, als er gezeugt wurde. Dass ihm das sehr geholfen hat, sich als Companionbeschützer zu etablieren. Dass er in neun Stunden ausgetragen wurde und wenige Tage später erwachsen war. Hat er gesagt, ja.”
Ron ließ seinen Grashalm fallen, bückte sich und pflückte einen frischen.
„Ich bin immer noch etwas platt”, gab Ava zu, „aber was soll ich sagen? Zeitreisen sind nun auch nicht gerade gewöhnlich, und daran habe ich mich schon fast gewöhnt.”
„Das geht erstaunlich schnell, ja.”
„Es erstaunt mich am meisten, dass das Zeitportal tatsächlich ein Jetzt kennt”, sagte sie, „Wir sind in der Vergangenheit, der Sicherheitsmechanismus weiß das, die Zeitlinie ist nicht in Gefahr. Liam war mal in der Zukunft und er konnte sie dann ändern. Und die Zeitschleife ist ja auch ... naja, eigentlich keine Änderung der Zukunft, mehr der unmittelbaren Gegenwart.”
„Ja.”
„Könnte man eine Zeitschleife über, sagen wir mal, die letzten zehn Jahre machen? All den Mist, den die Taelons auf der Erde angerichtet haben, einfach ungeschehen machen?”
„Ich weiß es nicht”, sagte Ron, „Ich würde es aber nicht wagen - wer weiß, was mit Liam passiert, wenn die Schleife vor seine Existenz zurückgeht?”
„Vermutlich gibt es dagegen auch einen Sicherheitsmechanismus”, murmelte Ava.
„Vermutlich, ja.” Er seufzte. „Und Liam ungeschehen zu machen, wäre eine blöde Idee, wo er ja ein Urahn von vor achttausend Jahren ist ... brrr, das ist mir immer noch nicht geheuer.”
„Wieso geheuer? Es ist nun mal so, dass Ma'el an der Menschheit rumgezüchtet und dafür das Blut von einem zeitreisenden Kimeramischling verwendet hat.”
„Ja eben.”
„Eben was?”
Er riss den Grashalm entzwei. „Dass Ma'el rumgezüchtet hat, ja gut, das wusste ich ja”, sagte er, „aber dass da konkret ein Urahn existiert ... und ich den noch persönlich kenne ...”
„Es ist nicht gesagt, dass du von ihm abstammst”, sagte sie, „Ma'el hat das alles in Europa gemacht, da kommst du nicht her.”
„Sandoval ist ein spanischer Name, das impliziert schon europäische Vorfahren.”
„Hm. Stört es dich sehr?”
„Naja ... ich würde nicht sagen, dass es mich stört. Gewöhnungsbedürftig ist es eben. Sehr gewöhnungsbedürftig.”
„Ron”, sagte sie und legte ihm eine Hand auf die Schulter, „denk daran, wie gewöhnungsbedürftig es für ihn ist, dass er sein eigener Urahn ist.”
„So gesehen, ja. Das stimmt natürlich.” Er riss seinen Grashalm entzwei, ließ ihn fallen und pflückte diesmal ein Blatt vom Baum. „Wie ist das überhaupt möglich? Bei der Schleife war wenigstens noch eine Kausalität von den früheren Schleifendurchgängen vorhanden, aber dass Liam schon immer existente Vergangenheit war, das will mir nicht recht in den Kopf. Wo ist die Ursache? Was war zuerst, Liam oder seine Mutter?”
„Die Henne oder das Ei.”
„Genau.” Er riss das Blatt sorgfältig entlang der Mitte auseinander. „Impliziert das einen Gott? Ein allmächtiges Wesen könnte solche Dinge überblicken.”
„Das Zeitportal kann es offensichtlich auch”, wandte Ava ein.
„Auch wieder richtig. Versuchst du gerade, mich vor philosophischen Problemen zu bewahren?”
„Hm.”
Gemeinsam starrten sie vom Hügel hinunter auf das kleine Dorf und die kleine Dorfkirche. Gesehen wurden sie mit Sicherheit nicht, sie hatten dunkle Bäume hinter sich und trugen dunkle Kleidung. Sie erwarteten nicht, dass an diesem so katholischen Ort jemand gerade nicht in der Kirche war, tatsächlich gab es da aber jemanden.
Ron erspähte den Grund: Der Mann, der wartend auf dem Dorfplatz spazierte, trug eine Kippa.
„Was hätte Ma'el getan, wäre Liam nicht gekommen?”, überlegte Ava, „Vielleicht hätte er auch ohne Liams Blut einen Weg gefunden, die Menschheit nach seinem Wunsch zu züchten, und es war nicht wirklich ein großer Eingriff in die Zeitlinie.” Sie pflückte ihrerseits ein Blatt. „Oder vielleicht ist ihm nicht gelungen, was er mit Liams Blut vorhatte?”
„Du versuchst definitiv, mich vor philosophischen Problemen zu bewahren”, stellte Ron lächelnd fest, „Ich zweifle allerdings nicht an Liams Urahnenschaft. Er hat immerhin auch Ma'el Energie für Jahrtausende gegeben, das ist ein ebenso großer historischer Beitrag.”
„Hm.” Sie hob eine Hand und wies auf das Dorf. „Da ist jemand.”
„Ja. Der ist Jude.”
„Ah.” Ava bückte sich und pflückte ein Gänseblümchen. „Wenn Liam ein Urahn ist, sind dann nicht sehr viele Menschen ein bisschen Kimera?”, fragte sie dann.
„Vermutlich, ja.”
„Ich frage mich, was das tatsächlich ausmacht”, überlegte sie, „Wie viele Menschen stammen wohl von ihm ab?”
Ron runzelte die Stirn. „Die Wahrscheinlichkeitsrechnung sagt uns, dass es nach achttausend Jahren durchaus die gesamte Menschheit sein könnte.”
„Da ist noch einer”, sagte Ava und wies wieder auf das Dorf.
„Oh.” Ron runzelte die Stirn, aber der zweite Mann auf dem Dorfplatz trug keine Kippa. „Vielleicht Buddhist”, scherzte er.
„Allemal wahrscheinlich ein bisschen Kimera”, sagte Ava, „Ich frage mich, was uns effektiv von den Steinzeitmenschen unterscheidet.” Sie begann, Blütenblätter vom Gänseblümchen zu zupfen. „Das Baby, das ich aus der Steinzeit geholt habe, ist jetzt ja der einzige Mensch, der garantiert nicht von Liam abstammt.”
„Ja. Hast du etwas von der Familie gehört?”
„Zuletzt nur, dass die Kleine ein bisschen Husten hat, aber das ist auch schon zwei Wochen her.” Sie schmunzelte. „Ich finde noch immer witzig, dass sie sie Eve genannt haben.”
„Die Steinzeitmenschen konnten nicht mit Taelons hybridisiert werden”, sagte Ron, „Die heutigen Menschen können es. Es gibt ein paar ... Experimente in die Richtung.”
„Tut ihr etwas dagegen?”
„Wir haben alle Zeit der Welt, richtig?”
Ava musterte ihn. „Also tut ihr etwas dagegen.”
„Natürlich. Sobald wir wieder zurück in der Gegenwart sind, werden wir eine Schleife starten und sie erst beenden, wenn die Experimente alle in Sicherheit sind.” Er schmunzelte. „Deppensichere Widerstandsaktion, kann nicht schiefgehen.”
„Verschrei es nicht.” Sie betrachtete das der Blütenblätter beraubte Gänseblümchen konzentriert und ließ es dann fallen. „Weißt du ...”


Ron sah sich irritiert um, alles war weiß, hinter ihm stand das Zeitportal. Ava wirbelte überrascht herum, Liam sah recht verdattert aus und kratzte sich am Kopf.
„Was war das?”, fragte sie.
„Der Sicherheitsmechanismus.”
„Was haben Sie angerichtet?”, fragte Ron, „Hat sie Sie gesehen?”
„Nein, ich war auf der Empore, niemand hat mich gesehen.” Liam sah ihn durchdringend an. „Haben Sie etwas angerichtet? Hat Sie jemand gesehen?”
Ron schüttelte den Kopf. „Nein, kein Annäherungsalarm. Und von der Ferne waren wir genau so dunkel wie der Wald.”
„Habe ich am Ende den Urahn aller europäischen Gänseblümchen gerupft?”, fragte Ava besorgt.
„Das ist nicht vollständig ausgeschlossen”, sagte Liam, „Aber gut, ich habe beobachtet, das Gänseblümchen ist wieder heil, gehen wir zurück in die Gegenwart.” Er trat ans Portal, legte seine Hand in die Einbuchtung und schloss die Augen.
Nichts geschah.
„Was ist los?”, fragte Ron.
„Eine Sperre verhindert die Abreise.”
„Wir sitzen fest?”
„Wir sitzen fest, bis wir herausfinden, was den Sicherheitsmechanismus ausgelöst hat”, erklärte Liam, „Offenbar waren das nicht wir und es würde auch ohne unseren Einfluss geschehen.”
Ava runzelte die Stirn. „Andere Zeitreisende?”
„Keine, von denen das Portal wüsste”, sagte Liam, „aber ich weiß nicht, ob es grundsätzlich Zeitreisen erkennt oder nur mit anderen Portalen kommuniziert.”
„Es gibt andere?”
Er nickte. „Die Taelons haben mindestens noch zwei erbeutet, aber sie können mit denen genauso wenig anfangen.” Jetzt grinste er breit. „Alle taelonischen Benutzer sind gesperrt.”
Ron straffte sich. „Also gut, sehen wir uns also um und warten ab, bis der Sicherheitsmechanismus wieder anspringt.” Entschlossen legte er seine Hand gegen die weiße Fläche im Portal und stieg hindurch.

 

Ende von Kapitel 1

 

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