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  „Das Experiment” von Theane   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Alle hier vorkommenden Personen gehören den Eigentümern von Mission Erde/Earth: Final Conflict. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Zo'ors Weihnachtstage erweisen sich als nervenaufreibend
Charaktere:  Zo'or, [Da'an, Sandoval]
 
Anmerkung:  Diese Geschichte wurde als Teil des Board-Adventskalenders geschrieben
 

 

DAS EXPERIMENT

 

Zo'or saß auf seinem Thron im Mutterschiff und tat nach außen hin gelassen, aber innerlich stand er kurz vor einer Explosion. Für diese Inkompetenz, beschloss er, würden Köpfe rollen. Da der Schuldige nicht sofort festzustellen war, entschied er sich, seinen Missmut an seinen Untergebenen auszulassen und damit wenigstens zum Teil sein seelisches Gleichgewicht wieder herzustellen. Agent Sandoval betrat just in diesem Augenblick die Brücke. Der kam ihm gerade recht.
„Agent Sandoval, was ist das da auf meiner Brücke und wie kommt es da hin und was ist das für eigenartige Musik, die man durch das ganze Schiff hört?” fragte er den Eintretenden mit offensichtlichem Unmut in der Stimme.
Dieser ließ seinen Blick über die Brücke schweifen und sah sofort, welche Objekte Zo'or so verärgert hatten. „Das ist ein geschmückter Weihnachtsbaum und daneben steht ein rosarotfarbenes Rentier, dessen Nase im Takt rot leuchtet. Außerdem hat jemand die gesamte Brücke weihnachtlich mit Lichterketten geschmückt. Und über die Lautsprecher ertönt das Lied: „Rudolph, The Red-Nosed Reindeer”, antwortete der Implantant ungerührt.
Dies brachte den Taelon nun vollkommen aus der Fassung. „Dass das dort ein Baum, ein unnatürlich gefärbtes Tier und Lichterketten sind, sehe ich selber. Das erklärt aber noch lange nicht, was das Ganze soll und wie der geschmacklose Plunder auf meine Brücke gekommen ist. Auf diese Frage will ich eine Antwort haben und zwar sofort. Und stellen Sie die Musik ab.” Zo'or war während dieser Tirade immer wütender und schneller geworden, die letzten Worte stieß er nur noch zwischen seinen Zähnen hervor.
Die Musik musste Zo'or mächtig auf die Nerven gehen, stellte der Agent innerlich amüsiert fest, denn so blau angelaufen hatte er diesen noch nie gesehen. Sandoval machte sich gedanklich eine Notiz und beschloss, diese Sache im Auge zu behalten. In Richtung Zo'or äußerte er, dass er dieses Problem erst ausreichend überprüfen müsse und zog sich, ohne eine Antwort abzuwarten, diskret aus der Schusslinie zurück. Er hinterließ einen erbosten Taelon, dem diese Unterhaltung keine Befriedigung verschafft hatte und der nach einem neuen Opfer Ausschau hielt.

 
* * *
 

Nachdem Sandoval die Brücke verlassen hatte und somit dem bohrenden Blick des Taelons nicht mehr ausgesetzt war, gestattete er sich einen Augenblick der Unbeherrschtheit und seine Gesichtszüge entgleisten für einen kurzen Moment. Eines seiner hintergründigen Lächeln verschönte sein Gesicht. Dann hörte er plötzlich ein Geräusch und brachte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle, jedoch nicht schnell genug, und er begann, sich für seine Nachlässigkeit zu verfluchen.
„Was amüsiert Sie denn so, Agent Sandoval?” fragte ihn eine sanfte Stimme und Da'an trat mit anmutigen Bewegungen auf ihn zu.
„Nichts”, war das Erste, was ihm zu dieser Frage einfiel. Da ihm das aber etwas wenig erschien, fügte er noch hinzu: „Sie müssen sich das eingebildet haben, Da'an”, und beschloss, sein Heil in einer heillosen Flucht nach vorn zu suchen. „Ich habe etwas Wichtiges für Zo'or zu erledigen und Sie möchten doch sicher nicht daran schuld sein, wenn es nicht rechtzeitig erledigt ist.” Ohne eine Antwort abzuwarten, stolzierte er an Da'an vorbei, um schnell die nächste Biegung zwischen sich und den Taelon zu bringen. Dabei spürte er die ganze Zeit die prüfenden Blicke wie Nadelstiche in seinem Rücken. Diese unangenehme Erfahrung machte er heute nun schon zum zweiten Mal. Er beschloss, vorsichtiger zu sein.

 
* * *
 

Da'an sah dem Agenten nichts Gutes ahnend hinterher, bis dieser hinter der nächsten Biegung verschwand. Er war sich sicher, den Agenten auf eine Art und Weise lächeln gesehen zu haben, die ein leichtes Unbehagen in ihm wachrief. Doch dann schob er die dunklen Geister weg und beschloss, die Begegnung mit dem Agenten später noch einmal Revue passieren zu lassen, bis dahin jedoch keinen Gedanken mehr daran zu verschwenden. Irgendwann musste er sich aber mit dem Problem namens Sandoval auseinandersetzen, das wurde ihm immer klarer.
Da'an setzte seinen Weg zur Brücke fort. Er hatte eigentlich keinen Grund, hier auf dem Mutterschiff zu sein, aber er würde sich schon einen einfallen lassen, wenn nötig. Sein wahrer Beweggrund war sein Kind. Er wollte nach ihm sehen, denn er machte sich Sorgen, doch das gestand er sich nur ganz tief drinnen ein, an einer Stelle, auf die das Gemeinwesen keinen Zugriff hatte. Auch wenn es ihm nicht gefiel, aber er hatte lernen müssen, Teile seines Ichs abzuschotten, denn davon hing sein Überleben und das einiger Menschen, die ihm sehr viel bedeuteten, ab. Wehmütig dachte er an Zeiten, da dies nicht nötig gewesen war, doch diese Zeiten waren schon lange vorbei. Ehe sein Herz zu schwermütig wurde, zwang er seine Gedanken in die Gegenwart zurück und das war auch höchste Zeit, denn er erreichte die Brücke und in Gegenwart seines Kindes durfte er keine Schwäche und Unaufmerksamkeit zeigen.
Der Anblick, der sich ihm bot, als er die Brücke betrat, erstaunte ihn dann doch etwas. Auf der Brücke herrschte rege Betriebsamkeit. Die Freiwilligen rannten auf der Brücke hin und her und lasen Zo'or die Wünsche fast von den Augen ab. Niemand wollte die Aufmerksamkeit des Taelons auf sich lenken. Doch Zo'or wachte über alles mit Argusaugen und ihm entging nichts.
Sein Kind hatte seine Ankunft auf der Brücke sofort zur Kenntnis genommen, übersah ihn aber erst einmal geflissentlich. Da'an glitt vorsichtig auf den Thron zu, immer darauf bedacht, den Freiwilligen nicht im Wege zu stehen. Amüsiert stellte er fest, dass diese gerade damit beschäftigt waren, einen Weihnachtsbaum zu beseitigen. Als er sich umschaute, bemerkte er, dass sich hier jemand große Mühe gegeben und die Brücke weihnachtlich geschmückt hatte. Auf der Erde war ihm dieses Phänomen bereits aufgefallen. Besonders die Amerikaner schienen daran Gefallen zu finden, ihre Häuser besonders bunt und auffällig zu schmücken. Da'an fand dieses Treiben meist etwas kitschig und geschmacklos, aber er hatte dies bisher diplomatischerweise für sich behalten. Ihm gefielen da eher die Häuser, die schlicht und einfach von ihrem Besitzer mit einer Lichterkette versehen worden waren. Aber das schien Geschmacksache zu sein.
Die eigenartige Musik, die ihn schon seit seiner Ankunft auf dem Mutterschiff begleitete, hatte auf der Brücke eine Lautstärke erreicht, dass man sie nicht überhören oder ignorieren konnte. Jetzt konnte er verstehen, warum sein Kind so steif und vor Wut kochend auf dem Thron saß. Er beschloss, seinen Aufenthalt auf der Brücke so kurz wie möglich zu gestalten. Dann erreichte Da'an den Thron und Zo'or wandte sich ihm zu.
„Was willst du hier?” herrschte ihn sein Kind als erstes barsch an. „Ich habe dich nicht rufen lassen.”
Da'an sah ihn besorgt an, erwiderte aber gelassen: „Ich dachte, ich stimme mein Handeln hinsichtlich der Vereinbarungen mit dem amerikanischen Präsidenten mit dir ab, ehe meine Vorgehensweise wieder deinen Unmut hervorruft. Es müssen die Standpunkte im Rahmen der ...”
„Nicht jetzt, für solche Lappalien habe ich keine Zeit”, unterbrach ihn Zo'or ruppig. „Entscheide eigenständig oder bist du der Verantwortung, die das Amt des nordamerikanischen Companions mit sich bringt, nicht gewachsen? Ich kann dich jeder Zeit deines Amtes entheben lassen.” Da'ans Gesicht wurde bei diesen Worten deutlich blasser, während ein boshaftes Grinsen Zo'ors Gesicht erhellte.
Da'an ging einer weiteren Konfrontation aus dem Wege, neigte nur sanft das Haupt und zog sich aus dem Einflussbereich des anderen Taelons zurück. Er schritt nachdenklich zu seinem Shuttle zurück und traurig wurde ihm bewusst, etwas Gutes hatte sein Aufenthalt auf der Brücke wenigstens gehabt. Er hatte durch seine Anwesenheit die Stimmung seines Kindes gehoben.

 
* * *
 

Zo'or saß währenddessen auf seinem Thron und warf einen befriedigten Blick durch die Runde. Es bereitete ihm immer wieder Vergnügen, Da'an zu schikanieren. Dieser machte es ihm aber auch immer leicht und wehrte sich nie. ‚So ein Schwächling’, dachte er kurz.
Seine Befriedigung verpuffte aber ziemlich schnell wieder, denn ihm wurde schmerzlich bewusst, dass der Auslöser seines Missmuts immer noch bestand und seine Gehörorgane malträtierte.
'Diese Freiwilligen sind ja so etwas von unfähig. Sie schaffen es doch wirklich nicht, diese grauenhafte Musik abzustellen. Wenigstens sieht meine Brücke nicht mehr wie ein Trödelladen aus’, dachte er weiter.
‚Wo bleibt eigentlich Agent Sandoval? Nicht einmal auf diesen ist Verlass.’ Er konnte sich doch noch genau daran erinnern, ihn losgeschickt zu haben, dieses Gedudel zu beenden. Zo'or beschloss einer der wenigen alten menschlichen Weisheiten zu folgen, in der es heißt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Mit einer anmutigen Handbewegung stellte er einen Kontakt zum Global des Agenten her. Nach einigen Sekunden erschien dessen vertrautes Gesicht im Datenstrom.
„Agent Sandoval, ich hatte Ihnen doch den Befehl gegeben, diese gräßliche Musik abzustellen”, stellte der Taelon mit gefährlich leiser Stimme fest. „Wieso höre ich sie immer noch?”
Sandoval hatte diesen Anruf bereits erwartet und sich darauf vorbereitet. Schonungslos und unbewegten Gesichts erklärte er dem Taelon: „Die Musik, die Sie hören, Zo'or, wird nicht in das Informationsnetz von außen eingespeist, sondern wird direkt vom Schiff erzeugt. Die Spezialisten versuchen das entsprechende Programm zu finden und zu eliminieren. Das wird laut Aussage der Spezialisten noch mindestens zwei Stunden in Anspruch nehmen.”
Nach dieser Feststellung war Zo'ors Stimmung nun gründlich verdorben. Er beschloss, heute nichts mehr zu tun und sich einfach in seine Privaträume zurückzuziehen. Dort hörte man dieses schreckliche Lied nicht halb (die Hälfte) so laut. ‚Sollen doch die anderen Taelons auf der Brücke damit fertig werden, wozu bin ich Führer der Synode, wenn ich mir nicht ein paar Privilegien gönnen könnte?’, dachte er und verschwand.

Die Zeit verstrich und das Lied erklang in Endlosschleife durch das Schiff. Erst am späten Nachmittag gelang es den Computerspezialisten, das Programm zu finden und zu eliminieren. Ruhe kehrte auf dem Mutterschiff ein und alle Taelons empfanden diese als Wohltat.
Die Suche nach dem Missetäter blieb erschreckenderweise ergebnislos. Dies machte Zo'or fast wahnsinnig und er befahl, dass alle Computerspezialisten nicht eher wieder einen Ruhezyklus einlegen dürften, bis sie diejenigen ausfindig gemacht hatten, die für die morgendlichen Eskapaden verantwortlich waren.

 
* * *
 

Mitten in der Nacht, die meisten Taelons hatten sich bereits zur Ruhe begeben, schlichen mehrere dunkle Gestalten schwer bepackt durch das Mutterschiff. Als sie in die Nähe von Zo'ors Quartier vorgedrungen waren, holte einer von ihnen einen silbernen Zylinder aus der Hosentasche und zog etwas Blaues daraus hervor. Dann betraten die Gestalten das Quartier des Synodenführers.
Zo'or hatte sich bereits unter den Energiestrom begeben und lag bewegungslos da. Bei näherem Hinsehen konnte der geübte Betrachter jedoch feststellen, dass er nicht nur bewegungslos, sondern geradezu versteinert wirkte.
Ehe die geheimen Besucher wieder verschwanden, entfalteten sie eine rege Betriebsamkeit im Quartier des Synodenführers.

 
* * *
 

Am nächsten Morgen unterbrach Zo'or den Energiestrom und erhob sich. Dann begann er an seinen Augen zu reiben, denn er glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. Um ihn herum hatte jemand während der Nacht die Heilige Familie mit allem, was dazu gehört, Esel, Schafe, Hirten und die heiligen drei Könige, in voller Lebensgröße aufgebaut.
Geschockt fragte er sich, wie das alles in seine Privaträume gekommen war, zu denen nur er Zugang hatte. Das wurde langsam unheimlich.
Zo'or bestellte sofort Sandoval zu sich und befahl: „Entfernen Sie sofort alles aus meinem Quartier, was nicht dorthin gehört, und dann suchen Sie den Täter und bringen Sie mir seinen Kopf.” Dann fügte er mit Panik in der Stimme hinzu: „Falls mich jemand sucht, ich bin in der amerikanischen Botschaft auf der Erde.”
Und schon war er aus seinem Quartier verschwunden.

Fünf Minuten später saß Zo'or in einem Shuttle und ließ sich zur Erde bringen. Auf dem Hinflug überlegte er die ganze Zeit, wie er seine Anwesenheit bei Da'an rechtfertigen könnte, ohne das Gesicht verlieren zu müssen. Ihm wurde bewusst, dass er seinen Elter bei der letzten Begegnung nicht sehr gut behandelt hatte. Über eines war er sich aber vollkommen sicher, er würde lieber vor Da'an das Gesicht verlieren, als zu den unheimlichen Ereignissen auf dem Mutterschiff zurückkehren.

 
* * *
 

In der amerikanischen Botschaft der Companions auf der Erde saß Da'an gerade auf seinem Stuhl und schaute sich die Nachrichten an, als eine Botschaft vom Mutterschiff eintraf. Ro'an, ein Mitglied der Synode, unterrichtete ihn über die Geschehnisse auf dem Mutterschiff und informierte Da'an, dass Zo'or auf dem Weg zu ihm sei. Nach diesem Gespräch unterbrach Da'an die Verbindung zum Datenstrom und dachte über Zo'ors Situation nach. Er beschloss, es seinem Kind nicht noch schwerer zu machen, als es sowieso schon war. Sich bei Zo'or für sein Benehmen bei ihrer letzten Begegnung zu revanchieren, kam ihm nicht in den Sinn, denn dieses hatte er ihm bereits verziehen. Er würde nicht nach dem Grund der Anwesenheit von Zo'or in der amerikanischen Botschaft fragen, sondern seinem normalen Tagesgeschäft nachgehen und Zo'ors Anwesenheit erst einmal ignorieren.
Zo'or dagegen war ganz glücklich über dieses Arrangement, denn es bewahrte ihn davor, vor Da'an zugeben zu müssen, dass er aus Furcht vom Mutterschiff geflohen war, und es gestattete ihm zur Ruhe zu kommen und neue Energie aufzutanken, denn eines war ihm klar, irgendwann musste er wieder auf das Mutterschiff zurückkehren.

So vergingen die Tage bis Weihnachten und danach kehrte Zo'or zum Mutterschiff zurück. Seine erste Nacht verbrachte er ziemlich unruhig, aber als am nächsten Morgen nichts geschehen war, fasste er neuen Mut. Nach und nach kehrte er zu seiner alten Sicherheit und Arroganz zurück. Die Erinnerungen an die Vorweihnachtszeit verdrängte er geschickt.

 
* * *
 

Einer würde die Ereignisse aber nicht vergessen. In einem dunklen Winkel notierte Sandoval in ein rotes Notizbuch:
Experiment: voller Erfolg
Psychoterror bei Taelons möglich

 

ENDE

 

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