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  „Freundschaft” von Taoynin   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Juni 2005
Mission Erde/Earth: Final Conflict gehören Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an kollidiert mit dem Energiegitter und wird ernsthaft verletzt.
Zeitpunkt:  dritte Staffel, zwischen „Liebe deinen Feind” und „Die Agentin”
Charaktere:  Liam, Da'an
 

 

FREUNDSCHAFT

Kapitel 24

 

Da'an hatte seine Vorbereitungen abgeschlossen. Im Grunde waren es nur simple Überprüfungen, die er vorgenommen hatte, um nicht später eine unangenehme Überraschung zu erleben. Den Start selbst würde er direkt vom Schiff aus vornehmen. Andockklammern und Kraftfeld wurden ebenfalls kurz vorher deaktiviert. Sämtliche Systeme zeigten erwartungsgemäß eine korrekte und störungsfreie Betriebsbereitschaft an. Lediglich eine Sache bereitete dem Taelon Unbehagen und hatte ihn deshalb erneut den Hangar aufsuchen lassen. Als er die Koordinaten des irdischen Mondes eingab, weigerte sich das System, die Daten zu akzeptieren. Zunächst ging er von einem Eingabefehler aus und später dann, als ein weiterer Versuch scheiterte, vermutete er eine zu geringe Entfernung zum Trabanten. Es hätte sich dabei um eine Schutzvorrichtung handeln können, die verhinderte, dass sich der Tachyonenantrieb unterhalb einer Toleranzentfernung aktivieren ließ. Für kurze Strecken gab es unterschiedliche konventionelle Antriebsmöglichkeiten. In ihrem Falle wären sie einfach mit Hilfe der Sonnenwinde und des Strahlungsdruckes der Sonne zum Mond gesegelt. Dazu wurde um das Schiff herum ein entsprechend starkes Magnetfeld erzeugt und in einer Plasmablase eingeschlossen. Es handelte sich dabei um eine ebenso zweckmäßige wie energiesparende Methode, die vor allem in den Randgebieten des Taelon-Reiches genutzt wurde, wo der Interdimensionsflug nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung stand.

Als Da'an auch weiterhin keine Koordinaten eingeben konnte, begriff er, dass dieses System gesperrt war, vielmehr ... es gab bereits eine Eingabe. Wer auch immer dieses Schiff konstruiert und fertig gestellt hatte, er wollte ganz sicher sein, dass der erste Flug zu einem bestimmten Ziel erfolgte und hatte deshalb feste Koordinaten einprogrammiert, die nicht mehr gelöscht werden konnten. Doch gerade dieses Ziel hatte es in sich...


Mit dem im Datentransfer befindlichen Datalog brauchte Liam nur noch zwei weitere Einheiten abzuspeichern, dann war seine Arbeit beendet - vorausgesetzt, dass Da'an ihm nicht noch ein weiteres Archiv präsentierte. Allerdings sah es nicht danach aus und das war ihm auch ganz recht so. Er hatte während der vorangegangenen Speicherung ein Datalog entdeckt, das überraschend viele Indexmarken enthielt. Natürlich sagte das nichts über die Qualität der Informationen aus, aber selbst wenn Ma'el die Kimera nur dazu benutzt hatte, um bestimmte Merkmale einer anderen Spezies zu erläutern oder zu vergleichen, so würde ihm dies mehr über das Volk seines Vaters verraten, als er je von einem Taelon erhoffen konnte. Liam schob den kleinen Speicher zu dem bereits vorhandenen Datalog in seiner Jackentasche, als sein Companion den Kontrollraum betrat. „Wir brechen jetzt auf”, verkündete Da'an. Er schien eine Entscheidung getroffen zu haben, was in Liam nicht unbedingt das Gefühl vermittelte, dies würde zu ihrem Schutz geschehen. Entweder hatte der Taelon gefunden, wonach er gesucht hatte oder es bestand eine reelle Chance, dass diese Station auch ein zweites Mal aufgesucht werden konnte. Für Liam war es umso frustrierender, da er sich von seiner Suche wesentlich mehr versprochen hatte.

Das holographische Spiegelbild der Steuerungs- und Überwachungskonsole zeigte eine letzte Sequenz, die das Lösen der Andockklammern initiierte. Da'an wandte sich Liams Konsole zu, um die Datenbank des Schiffes zu schließen. Sein Blick fiel auf den riesigen Berg Datalogs, die allesamt eingespeist worden waren. So viele Informationen, so viele Berichte, Auswertungen, Erkenntnisse, Analysen - doch nicht einmal hatte das System auf eines seiner Suchparameter angeschlagen. Das war ungewöhnlich. Zu ungewöhnlich, befand der Taelon und kontrollierte die Eingaben. „Liam”, sagte er plötzlich mit einer Stimme, die nichts Gutes verhieß, „aus welchem Grund haben Sie die Suchparameter verändert, noch dazu, ohne mich darüber zu informieren?”

Für einen kurzen Augenblick wurde Liams Gesicht von einer feinen Röte überzogen. Aber dann verdrängte aufkommender Ärger die Verlegenheit. „Ganz einfach”, sagte er, „weil ich es nicht für abwegig halte, dass Ma'el Informationen über die Kimera gesammelt hat.”

„Und das gab Ihnen die Berechtigung dazu? Eine vage Vermutung?” Da'an starrte ihn fassungslos an.

„Laut der Taelon-Datenbank weiß Ihr Volk so gut wie gar nichts über die Kimera”, entgegnete der Beschützer. „Entweder entspricht das der Wahrheit und die Synode ließ Ha'gel hauptsächlich deshalb jagen, weil sie ihn und mit ihm alle Kimera als einen Feind ansahen, den es zu vernichten galt oder aber jemand hat ganz gezielt das Taelon-Archiv gesäubert, um zu verhindern, dass jemand wie ich Nachforschungen betreiben kann. Anschließend reichte es ja vollkommen aus, Kenntnisse über die Kimera abzustreiten. Niemand und vor allem Sie nicht, konnte ahnen, dass eine Raumstation existiert mit einer riesigen und vor allem unveränderten Datenbank. Die ultimative Sicherung eines Taelons, der genau wusste, dass er seinen Artgenossen nicht trauen durfte.” Selbstsicher verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Sie glauben also allen Ernstes, dass es sich hier um eine Art Kimera-Komplott handelt und dass ich nichts Besseres zu tun habe, als Ihnen irgendwelche Informationen vorzuenthalten? Deshalb haben Sie die Suchparameter verändert?” Da'ans Stimme zitterte vor Empörung.

Liam fühlte leichtes Unbehagen in sich aufsteigen, das er jedoch sofort energisch beiseite schob. „Ich habe die Suchparameter nicht verändern, sondern lediglich erweitert”, verteidigte er sich.

„Sie haben verändert, Liam”, sagte der Taelon nachdrücklich, „nur ist Ihnen das offensichtlich nicht bewusst geworden. Sie haben nicht einmal die Existenz möglicher Konsequenzen erwägt!”

„Konsequenzen?” wiederholte der junge Mann gedehnt, so als handelte es sich eher um ein an den Haaren herbeigezogenes Argument.

„Jawohl! Konsequenzen! Meine Suchparameter wurden in dem Augenblick überschrieben, als Sie darauf Zugriff nahmen. Mit den Sicherheits-Backups, nach denen ich gesucht habe, hoffte ich, zusätzliche Zeit zu gewinnen, die es ermöglicht hätte, nach unserer Rückkehr ein wissenschaftliches Team zu mobilisieren.” Da'an starrte ihn ungehalten an.

Aber Liam sah gar nicht ein, sich schuldig zu fühlen. Wer konnte denn ahnen, dass eine simple Suchliste nicht verändert oder ergänzt werden dürfte? „Wir werden einfach eine direkte Datenbankabfrage zum Schiff schicken”, schlug er vor. „Das dürfte nicht mehr als ein paar Minuten in Anspruch nehmen.”

„Aber eine Abfrage ist nicht möglich”, ereiferte sich der Taelon. „Das Schiff besitzt keine Datenbank im herkömmlichen Sinn. Informationen werden gespeichert, können aber nicht verwaltet und somit auch nicht abgefragt werden. Um einen erneuten Suchlauf durchzuführen, müssen entweder sämtliche Daten zurückkonvertiert oder sämtliche Datalogs erneut eingespeist werden. Und wir haben weder für die eine noch die andere Variante genügend Zeit.”

„Oh.” Liam sah verlegen zur Seite. „Das habe ich natürlich nicht beabsichtigt. Entschuldigen Sie, Da'an.”

„Leider nützt Ihre Entschuldigung nichts”, sagte der Taelon, während er bereits überlegte, ob ihm nicht doch noch eine weitere Alternative zur Verfügung stand. Doch wie er es auch drehte und wendete, es lief immer wieder auf dasselbe hinaus: ihnen fehlte einfach die Zeit. „Ich habe durchaus Verständnis, dass Sie etwas über Ihre Herkunft, über das Volk, von dem Sie zu einem Teil abstammen, erfahren möchte”, fuhr er verärgert fort, „aber bei Ihnen entwickelt sich das langsam zu einer Manie. Sie müssen damit aufhören, Liam, sonst ist das irgendwann Ihr Untergang.”

Zunächst war der junge Beschützer nur verblüfft. „Eine Manie?” echote er. „Die Taelons stellen meine einzige Informationsquelle dar. Wen sollte ich denn sonst fragen? Wer außer Ihrem Volk hatte sonst noch Kontakt zu den Kimera?”

„Habe ich Ihnen jemals Anlass zu der Vermutung gegeben, dass ich Ihnen nicht Ihre Fragen über die Kimera beantworten würde?” fragte ihn Da'an.

Liam konnte es kaum fassen, was er da zu hören bekam. „Soll das ein Witz sein? Sie sind mir mehr als einmal ausgewichen.”

„Aber dann doch wohl aus berechtigten Gründen”, erwiderte der Taelon. „Ich kann Ihnen kaum das Volk der Kimera näher bringen, wenn Sie nicht bereit sind, die Informationen an sich heranzulassen.”

„Ich soll nicht bereit sein?” wiederholte der junge Mann verblüfft.

„Sie verlangen von mir in unpassenden Augenblicken Antworten auf Ihre Fragen, Liam. Und meist geht es in diesem Zusammenhang um gänzlich andere Dinge. Sie reagieren emotional und angriffslustig. Ich habe festgestellt, dass die Kimera von Ihnen als Vorwand benutzt werden, um mich oder meine Spezies zu provozieren oder anzugreifen. Wenn ich mit meinen Auskünften zurückhaltend war, dann doch nur, weil ich mir nicht sicher sein kann, dass Sie wirklich etwas über sich erfahren möchten.”

Liam wollte zum Gegenschlag ausholen, begriff aber, wie sinnlos es im Grunde war. Da'an konnte sich seine Wahrheit so zurechtbiegen, wie es wollte und würde demzufolge immer der Sieger bleiben. Resigniert schüttelte er den Kopf und wandte sich ab. „Natürlich. Es ist ja so einfach...”

Da'an blickte ihm nach. Er kam nicht umhin, sich eingestehen zu müssen, dass er an seinem gegenwärtigen Dilemma selbst Schuld war. In seinem Bestreben, Liam aus den politischen Verstrickungen der Taelons zu halten, hatte er ihm immer wieder Informationen vorenthalten. Er warf seinem Beschützer vor, mögliche Konsequenzen seines Handelns nicht zu beachten und hatte doch selbst nichts anderes getan, gleichgültig, ob es die Suchparameter oder die Kimera betraf. Der Taelon überlegte kurz und entschied, dass jetzt nicht der richtige Augenblick war, die Diskussion fortzusetzen. Sie mussten unverzüglich die Station verlassen, das hatte jetzt oberste Priorität. „Wir werden darauf zurückkommen... später”, sagte er und widmete sich wieder der Datenbank, die noch nicht geschlossen war. Während er die entsprechende Sequenz aktivierte, bewog er kurz die Möglichkeit, Liam über die ungewöhnlichen Koordinaten aufzuklären und beschloss, diese Angelegenheit ebenfalls zu verschieben. An ihrem Flug würde es ohnehin nichts ändern.
Er wollte seinem Beschützer gerade das Zeichen zum Aufbruch geben, als ein weiteres Beben erneut die Station schüttelte, diesmal war es jedoch so heftig, dass es sowohl den Taelon als auch den Menschen von den Beinen riss.

„Was ist das?” rief Liam, der direkt in den Berg Datalogs gestürzt war und nun vergeblich nach einem Halt suchte.

Da'an zog sich an der Konsole hoch und rief rasch den gegenwärtigen Status ab. „Es gab offensichtlich eine Instabilität im Computerkern, was die Selbstreinigungsfunktion auslöste. Wahrscheinlich sind die Gänge noch immer angeschwollen. Das würde zumindest diese Reaktion erklären.”

„Dann schalten Sie das ab!” Ein Hauch von Panik war unterschwellig in der Stimme des Beschützers zu hören. Die Hände des Taelons flogen über das Bedienfeld der Konsole, während die Station von weiteren heftigen Reaktionen geschüttelt wurde. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass Liam erneut stürzte. Das trieb ihn zur Eile an. „Das Sicherheitssystem ist sehr komplex und alles andere als einfach strukturiert, vor allem, wenn es darum geht, Schutzfunktionen außer Kraft zu setzen.” Schließlich hatte er Erfolg. Nachdem er mehrere Unterprogramme deaktiviert hatte, wurde die Selbstreinigungsfunktion in einen reinen Überwachungsmodus zurückgesetzt. Statt die Korridore von der vermeintlichen gefährlichen Infektion zu befreien, gab sie nun lediglich Meldungen ab. Allerdings wurde das ohnehin schon beeinträchtigte Computernetz nun einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt, da jede Meldung auch Speicher verbrauchte. Und ganz so risikofrei war die Deaktivierung der Unterprogramme auch nicht. Da'an vermied es, intensiver darüber nachzudenken.

Die Beben wurden nach einer Weile spürbar geringer und ebbten schließlich ganz ab. Liam stand noch ein wenig wackelig auf den Beinen und fuhr sich seufzend durchs Gesicht. „So langsam wird es hier echt unheimlich.”

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?” vergewisserte sich der Taelon, und als sein Beschützer nickte, fügte er hinzu: „So lassen Sie uns schnell aufbrechen.” Sie hatten noch nicht ganz den Kontrollraum verlassen, als es ein seltsames Geräusch die zwei zögern ließen. Liam warf einen Blick zurück. „Da haben sich einige der Datalogs selbständig gemacht”, klärte er seinen Companion auf. „Lag wohl an dem Beben.” Er wollte sich gerade wieder abwenden, als etwas innerhalb des einen Datenstromes seine Aufmerksamkeit erweckte: es war exakt die gleiche Gestalt, die zuvor durch einen „angeblichen” technischen Defekt der Datenbank erschienen war.

„Kimera”, hauchte Liam und ging vollkommen gebannt in den Raum zurück. Er hob das aktivierte Datalog auf und betrachtete fasziniert die Aufzeichnung, die eine Gruppe von Energiewesen zeigte, die sich an Bord eines Raumschiffes befanden und bei denen es sich eindeutig nicht um Taelons handelte. Offensichtlich hatten sie sich zu einer Versammlung oder zu einer Besprechung zusammengefunden. Bilder von Planetensystemen wurden als Hologramme in ihrer Mitte projiziert, während abwechselnd verschiedene Kimera auf die einzelnen Planeten deuteten und Abbildungen der dort ansässigen Lebensformen zeigten. Die Aufnahme war sehr blass und teilweise verzerrt und die Tonspur fehlte gänzlich; vermutlich hatte sie unter der langen Lagerzeit gelitten. Für Liam spielte das jedoch keine Rolle. Er hielt andächtig den kleinen Datenkegel in den Händen, so als wäre er ein unermesslicher Schatz.

Da'an war ebenfalls in den Raum zurückkehrt, allerdings mit der Absicht, seinen Beschützer zu holen. Auch er wurde sofort von etwas gefangen genommen, das ihn augenblicklich alles andere vergessen ließ. In dem Datenstrom eines anderen Datalogs war ein altes taelonisches Relikt zu sehen - exakt jenes Relikt, das sich mittlerweile in einer separaten, von Da'an eigens zu Forschungszwecken benutzten Räumlichkeit auf dem Mutterschiff befand. Dieses altertümliche Gerät war nichts anderes als eine mobile Datenbank mit einem ausgeklügelten Sicherungsmechanismus. Der jeweilige Verfasser der Daten oder derjenige, der entsprechende Informationen abspeicherte, konnte eine Codierung festlegen, die nicht nur aus einer Kombination von Zahlen und Buchstaben bestand, sondern die ein weit größeres Spektrum an Möglichkeiten zuließ. Seit drei Jahren versuchte Da'an nun mit Hilfe der früheren Chaos-Theoretikerin Emma King und jetzigen Dr. Andrea Mazar Ma'els Codes zu entschlüsseln. Bisher jedoch ohne Erfolg. Konnten ihm die Aufzeichnungen dieses Datalogs nun endlich zu dem gewünschten Durchbruch verhelfen oder waren sie am Ende nichts anderes als weitere kryptische Andeutungen?
Aufregung pulsierte durch Da'ans Körper - Aufregung, die nicht nur den Aufzeichnungen galt. Er war ein erhebliches Risiko eingegangen, als er sich daran machte, sich hinter Zo'ors Rücken mit Ma'els Daten zu befassen. Sein kleines geheimes Labor konnte ebenso schnell auffliegen wie Dr. Mazars wahre Identität. Die junge Frau arbeitete tagsüber als Freiwillige auf dem Mutterschiff. Nur so konnte ihr ständiger Aufenthalt gerechtfertigt werden. Das menschliche Gehirn war für eine entsprechende Suggestion sehr empfänglich, und auch Emma King trug manipulierte Erinnerungen in sich, die sie glauben ließ, sie sei Dr. Mazar. Aber Da'an wusste sehr wohl, dass solche Manipulationen nicht von Dauer waren.
Zwar befand sich Zo'or nicht länger innerhalb der Taelon-Gemeinschaft und es war fraglich, ob er überhaupt jemals lebend zu ihnen zurückkehrte, und auch das Problem „Dr. Mazar” war lösbar, aber für Da'an blieb es trotzdem ein gewagtes Spiel. Mehr als je zuvor musste er seine Schritte genauestens planen.

Dem Taelon wurde plötzlich bewusst, dass er wie hypnotisiert auf den Datenstrom gestarrt hatte. Ein leichtes Zittern unter seinen Füssen wies ihn darauf hin, dass es bald zu einem weiteren Beben auf der Station kommen würde. Wie lange war er diesmal „weggetreten”? Er sah zu seinem jungen menschlichen Beschützer.

„Ich habe Recht gehabt!” Triumphierend hielt Liam sein Datalog in die Höhe. „Ma'el hat Daten über die Kimera gesammelt.” Wieder starrte er fasziniert in den Datenstrom. „Das hier beinhaltet all die Antworten auf meine Fragen. Und es ist weitaus fantastischer, als ich es mir vorgestellt habe.” Dass sie sich in Gefahr befanden und dringend die Station verlassen sollten, schien er vergessen zu haben. Nicht so Da'an, der jetzt entschlossen auf ihn zuging, ihm das Datalog aus der Hand nahm und es deaktivierte.

Liam sprang überrascht auf. „Was soll das, Da'an?”

„Ihnen ist offensichtlich nicht der Ernst unserer Lage bewusst”, sagte der Taelon. „Das Energiesystem der Station kann jeden Augenblick völlig zusammenbrechen. Dann verlieren wir alles. Ma'els Daten und auch unser Leben.”

Liam fühlte, wie sich sein Pulsschlag erhöhte. Er sah vor allem eines: sein Companion versuchte wieder einmal ihn daran zu hindern, mehr über die Kimera zu erfahren. „Warum nennen Sie es nicht beim richtigen Namen? Sie wollen doch nur nicht, dass ich mir das Datalog ansehe, bevor sie es nicht geprüft und als ungefährlich eingestuft haben.”

„Das ist unsinnig. Sobald das Schiff in Sicherheit ist, können Sie Ma'els Daten studieren.”

„Ach, kommen Sie, Da'an! Wem wollen Sie eigentlich etwas vormachen? Sobald wir die Station verlassen haben, sind die Daten für mich unerreichbar. Und das wissen Sie.”

„Es gibt keinerlei Grund, mir zu misstrauen”, erwiderte der Taelon und bemühte sich, überzeugend zu wirken. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war eine erneute Auseinandersetzung mit seinem Beschützer. „Das Tachyonenschiff ist ebenfalls eine Angelegenheit, über die wir beide entscheiden werden. Und es ist keinesfalls ein Zugeständnis, das ich Ihnen hier einräume. Es ist mein voller Ernst.”

Aber Liam konnte und wollte ihm nicht glauben. „Tut mir leid, Da'an, aber ich kann Ihnen nicht in dem Maße vertrauen, wie ich es gerne würde, solange ich mir nicht sicher sein kann, dass nicht irgendwelche Taelon-Interessen auf dem Spiel stehen.”

„Dann bleibt mir wohl keine andere Wahl, als das Datalog zu löschen”, sagte Da'an und drückte auf unterschiedliche Punkte des kleinen Speichers.

„Das wagen Sie nicht...”

„Wenn es die einzige Möglichkeit ist, Sie zur Vernunft zu bringen, dann muss ich es wohl tun. Ihnen sollte allerdings bewusst sein, dass bei einem Übertragungsfehler in die interne Datenbank des Schiffes mit diesem Datalog auch die einzige Originalquelle verloren geht.”

Eine Erpressung, dachte Liam wütend. Er besitzt die Unverfrorenheit, mich einfach zu erpressen! „Und Sie wollen mir weismachen, dass Sie nicht versuchen, mir Daten vorzuenthalten?”

„Sie sollten einmal Ihr eigenes Verhalten und Ihre Aussagen überprüfen. Sie werden dann feststellen, dass Sie geradezu besessen sind von der Annahme, dass ich etwas vor Ihnen verheimliche.”

„Verdammt!” Liams Geduld platzte. „Können Sie nicht begreifen, wie wichtig es für mich ist, zu wissen, wohin ich gehöre? Wer mein Volk ist?”

„Ihr Volk?” wiederholte Da'an, und es klang beinahe spöttisch. „Haben Sie mir gegenüber nicht immer wieder betont, dass Sie vor allem anderen ein Mensch sind und sich dieser Spezies verpflichtet fühlen?”

„Aber ein Teil von mir ist auch Kimera. Ich bin nichts, Da'an, weder richtig Mensch, noch Kimera. Ich weiß nicht, wohin ich gehöre, wer ich wirklich bin.”

„Sie werden sich immer als etwas Fremdes betrachten, solange Sie auf Ihre Einzigartigkeit beharren. Akzeptieren Sie sich als das, was Sie sind.”

„Ich kann aber nur das akzeptieren, was ich verstehe, und ich verstehe mich nicht. Ich besitze Fähigkeiten, die mir fremd sind und die ich nicht kontrollieren kann. Und manche habe ich inzwischen schon wieder verloren.” Liam starrte auf seine Handinnenflächen und ballte sie dann zu Fäusten. „Sie, Da'an, sind der einzige Taelon, der weiß, wer ich wirklich bin. Und Sie sind auch der Einzige, der mir Antworten geben könnte. Doch Sie verweigern sich beharrlich.”

Da'an rang sichtlich mit sich, blieb aber stumm. Liam sah eine winzige Chance, das Blatt noch einmal zu seinen Gunsten zu wenden. „Trotz unserer unterschiedlichen Ansichten und den vielen Differenzen waren wir bemüht, so etwas wie Freundschaft zu bewahren. Wenn also diese Freundschaft tatsächlich existent ist, dann geben Sie mir wenigstens die Gelegenheit, selbst die Antworten auf meine Fragen zu finden. Geben Sie mir das Datalog.” Er streckte die Hand aus, um nach dem kleinen Speicher zu greifen, doch der Taelon wich ihm geschickt aus.

„Das kann ich nicht zulassen”, sagte der Taelon. „Ich bitte Sie, Liam, nehmen Sie Vernunft an und folgen Sie mir zum Schiff.”

„Ich gehe, sobald Sie mir das Datalog aushändigen”, sagte Liam stur.

Ungeduldig betrachtete Da'an seinen jungen Beschützer, der sich so töricht verhielt.
„Zwingen Sie mich nicht, es zu löschen”, warnte er ihn.

Liam schnaubte verächtlich. „Sie fürchten sich davor, dass ich etwas erfahren könnte, was mich vielleicht gegen die Taelons aufbringt. Oder schreckt Sie einfach nur die Wahrheit ab?”

„Es gibt Dinge im Universum, die Sie nicht verstehen, Liam...”

„Das haben Sie schon einmal gesagt, für mich klingt das aber wie eine Ausrede.”

Während ihrer Auseinandersetzung war Liam Schritt für Schritt auf den Taelon zugegangen, und dieser war ebenso Schritt für Schritt zurückgewichen. Obwohl Da'an mit einer kleinen Bewegung das Datalog löschen und somit das Ganze beenden konnte, tat er es nicht. Er hoffte noch immer, dass der junge Mischling letztendlich zur Vernunft kam ... kommen musste. Es war keineswegs eine Frage der Freundschaft, wie Liam es vorher formuliert hatte, sondern hier ging es um Anordnungen, die befolgt werden mussten. Sie waren keine gleichrangigen Personen, sondern Companion und Beschützer, und indem Liam diese Anordnungen boykotierte, boykotierte er seinen Vorgesetzten. Dieses Verhalten konnte Da'an nicht durchgehen lassen, nicht wenn er seinen Beschützer behalten wollte.

Sowohl Da'an als auch Liam waren so stark auf den anderen konzentriert, dass ihnen ihre Umgebung gänzlich abhanden kam, beinahe so, als nähmen sie diese eher beiläufig aus einer anderen Dimension heraus wahr. Und so kam es, dass sie die Veränderungen am Energiegitter nicht bemerkten.

„Ich werde die Station erst dann verlassen, wenn ich Ma'els Daten gesehen habe”, wiederholte Liam noch einmal, um mit Nachdruck darauf hinzuweisen, wie ernst es ihm war.

„Und ich werde das nicht zulassen”, sagte der Taelon ebenso hartnäckig. Er machte einen weiteren Schritt zurück...

... als sich das Energiegitter explosionsartig hinter ihm entlud. Weißblaue Energieschlieren griffen nach Da'an, umschlangen seinen Körper fast vollständig und zogen ihn an das Gitter.


Entsetzt riss der Taelon die Augen auf. Sein Mund hatte sich zum Schrei geöffnet, doch kein Laut kam über seine Lippen. Vor Schreck und Schmerz blieb ihm buchstäblich die Stimme weg. Sein hilfloser Blick irrte zu Liam hinüber und vergebens trachtete er danach, eine Hand seinem Beschützer entgegenzustrecken. Ein erneuter heftiger Energieausstoß des gestörten Systems ließ seinen Körper unkontrolliert zucken.
Liam sprang nach vorn. Ohne darüber nachzudenken, dass er sich selbst in Gefahr brachte, tat er das, was in seiner Vorstellung von Moral und Verantwortlichkeit die höchste Stufe einnahm: der Schutz des Lebens, gleichgültig, um wen es sich dabei handelte. Er packte Da'an am Arm und zog ihn mit einer kurzen heftigen Bewegung vom Gitter weg. Im gleichen Augenblick fühlte er einen heftigen Schlag. Irgendetwas schien in seinem Körper zu explodieren und schleuderte ihn so heftig zu Boden, dass er noch ein ganzes Stück über den glatten Boden rutschte. Instinktiv versuchte er wieder auf die Beine zu kommen, aber seine Muskulatur war völlig verkrampft und alles, was er zustande brachte, waren unkontrollierte Bewegungen. Panik kam in ihm auf, weil er plötzlich befürchtete, einen irreparablen Schaden davongetragen zu haben. Er schnappte nach Luft und kämpfte gegen die drohende Ohnmacht an.
„Da'an!” rief er den Taelon, doch der gab keinen Laut von sich und lag nur völlig regungslos auf dem Boden. „Da'an”, versuchte es Liam erneut und mühte sich auf die Beine. Mehr auf allen Vieren kriechend, erreichte er schließlich seinen Companion. Was er dort zu sehen bekam, erschreckte ihn zutiefst. Da'ans ganzer Körper war mit feinen weißen Striemen übersät, so als wäre er mit einer riesigen Nesselqualle in Berührung gekommen. Da er sich noch immer nicht rührte, befürchtete Liam bereits das Schlimmste und er begann, sich heftige Vorwürfe zu machen. Wie hatte es soweit kommen können, dass er seine primäre Aufgabe als Beschützer so vernachlässigt hatte! Wie hatte er derart versagen können?

In diesem Augenblick öffnete der Taelon die Augen. Er musterte seinen Beschützer eine Weile und sagte dann: „Es scheint wohl Ihre Bestimmung zu sein, mich ständig retten zu müssen.”

Liams Gesicht hellte sich auf. „Betrachten Sie es als ausgleichende Gerechtigkeit”, sagte er und atmete erleichtert durch. „Ich habe Sie sicher oft genug in Bedrängnis gebracht. - Glauben Sie, dass Sie aufstehen können?”

Da'an nickte. Er erhob sich und betrachtete dann seinen Körper. „Ich hätte eigentlich wesentlich schwerere Verletzungen davontragen müssen”, sagte er mehr verwundert als erleichtert. Sein Blick ging hinüber zu dem Energiegitter. Zu weiteren Energieexplosionen war es nicht mehr gekommen, aber die noch immer vorhandenen Energieschlieren waren kein gutes Zeichen.

„Wir sollten jetzt schnell den Hangar aufsuchen”, schlug Liam vor und legte seine Hand unter den Ellbogen des Taelons, um ihn notfalls zu stützen, dabei hätte er ebenso gut Hilfe gebrauchen können. Er zitterte am ganzen Körper als Folge des Energieschlags und des Schocks.

„Und das Datalog?” wandte der Companion ein und sah sich suchend um.

„Wir haben dafür jetzt keine Zeit mehr, Da'an”, sagte sein junger Beschützer. „Außerdem glaube ich nicht, dass es die elektrische Ladung überstanden hat.” Jetzt, da ihm bewusst wurde, wie absurd er sich zuvor verhalten hatte, empfand er tiefe Scham und wollte so wenig wie möglich daran erinnert werden. „Ich habe einmal einen Fehler gemacht. Das reicht mir.”

Hastig eilten Mensch und Taelon über den separaten gewundenen Gang hinunter in den Hangar. Das Tachyonschiff wirkte um einiges eindrucksvoller und auch gefährlicher, jetzt wo das Kraftfeld und auch die Andockklammern deaktiviert waren. Liam betrachtete es mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. „Die Wirkung der Tachyonen ... glauben Sie, dass meine Kimeraenergie ausreicht, um mich davor zu schützen?” fragte er seinen Companion, der an die nächstliegende Konsole herangetreten war, um sich einen letzten Überblick zu verschaffen. „Innerhalb des Schiffes droht Ihnen keine Gefahr mehr”, sagte Da'an.

Liam starrte auf die schwarze Oberfläche des ungewöhnlichen Raumgleiters. Er fühlte die enorme Anziehungskraft und auch die Gefährlichkeit, die davon ausging. Das schwärzeste Schwarz, was er jemals gesehen hatte... „Ich hoffe nur, dass Sie Recht haben”, murmelte er. Ein Stöhnen im Hintergrund ließ ihn jäh herumfahren, und er sah noch, wie der Taelon in sich zusammensackte. „Da'an”, stieß er erschrocken hervor und eilte seinem Companion zur Hilfe. „Was ist mit Ihnen?”

„Ich habe die Auswirkungen des Energiegitters offensichtlich unterschätzt”, sagte der Taelon etwas überrascht. „Kein Grund zur Sorge, Liam, ich muss mich nur einen Augenblick ausruhen.” Er ließ sich von seinem Beschützer in eine aufrechte Sitzposition bringen und schloss kurz die Augen. Liam musterte ihn prüfend. „Wir sollten das besser nicht auf die leichte Schulter nehmen. Vielleicht wurden Sie doch ernsthafter verletzt.”

„Nur ein kleiner Schwächeanfall, nichts weiter”, versuchte ihn der Taelon zu beruhigen. „Ich werde mich zu einem Heiler begeben, sobald wir wieder auf dem Mutterschiff sind.”
Liam sah ihn nachdenklich an. Es war kaum möglich, den tatsächlichen Zustand eines Taelons einzuschätzen. Da'an konnte ebenso die Wahrheit sagen, wie maßlos untertreiben. In einer impulsiven Geste umfasste er die Hand seines Companions. „Wir schaffen das schon”, sagte er und klang dabei doch viel zuversichtlicher als er es tatsächlich war. Da'an wirkte auf einmal so verletzlich. Auch früher schon hatte er diesen Ausdruck von Verletzlichkeit ausgestrahlt und in Liam das drängende Gefühl ausgelöst, ihn unbedingt beschützen zu müssen. Aber jetzt war es irgendwie anders, so als würden selbst der beste Schutz und die allergrößte Mühe nicht ausreichen. Und dieser Gedanke ... schmerzte irgendwie.
Liam gab sich einen Ruck und stand auf. Er tat weder sich noch seinem Companion einen Gefallen, wenn er sich Sorgen machte, wo sie noch gar nicht notwendig waren. „Wir sollten besser sofort in das Schiff steigen”, überlegte er. „Wer weiß, was dieser Energieausbruch für Folgen hat...”

„Prüfen Sie zuerst die Systemkontrolle”, sagte Da'an matt und schloss kurz die Augen.

„Seltsam”, murmelte Liam, nachdem er alle relevanten Anzeigen studiert hatte.

„Was ist los, Liam?”

„Ich erhalte Daten, die ich nicht eindeutig interpretieren kann. Wüsste ich es nicht besser, würde ich jetzt behaupten, dass die Station ihre Systeme herunterfährt. Aber das kann doch nicht sein oder? Wir haben doch Gegenmaßnahmen getroffen...”

Der Taelon streckte seine Hand nach oben. „Rasch, helfen Sie mir auf die Beine!” Liam packte ihn am Arm und wollte ihn gerade hochziehen, als sich Da'ans Körper plötzlich verkrampfte. Automatisch ließ ihn Liam wieder zurück auf den Boden sinken. „Was haben Sie, Da'an?”

„Ich ... ich bin mir nicht sicher”, sagte der Außerirdische und neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite, so als lausche er einer geheimnisvollen Stimme, während sich seine Finger in der für Taelon so typische Weise aufgeregt bewegten. „Etwas ... stimmt mit meinem Energiekreislauf nicht.”

„Vielleicht müssen Sie sich nur etwas länger ausruhen.” Liam betrachtete ihn besorgt.

„Wenn wir nicht im Schiff sind, bevor...” Da'an brach mitten im Satz ab und riss entsetzt die Augen auf. Irgendetwas lief entsetzlich schief, etwas, auf das er kein Einfluss hatte. Sein menschliches Äußere verlor langsam an Kontur und sein natürlicher Körper wurde sichtbar. Liam fühlte, wie ihm ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Da'ans Energie, die normalerweise harmonisch und ruhig durch den Körper lief, schien plötzlich Kapriolen zu schlagen. Sie floss untypisch, stellenweise stoßweise und sehr unrhythmisch. Auch ohne ein Heiler zu sein, wusste er, dass dieser Zustand unnatürlich war und das Leben seines Companions bedrohte. Da'an gab keinen Laut von, sondern starrte nur erschrocken und hilflos vor sich hin.

Liam überlegte fieberhaft. Er musste handeln und das sehr schnell. „Ich werde Sie jetzt zum Schiff bringen”, sagte er und schob seine Arme unter den Körper des Taelons.

„Nein!” protestierte Da'an. „Das wäre unser beider Tod. Sie müssen ohne mich gehen.”

„Ich kann es fliegen, Da'an. Vertrauen Sie mir.”

„Sie verstehen nicht”, sagte der Taelon. Er musste sich bereits sichtlich anstrengen, die wenigen Worte hervorzubringen. „Meine instabile Energie ... sie überträgt sich auf das Schiff... Sie haben nur eine Chance, wenn Sie ohne mich...”

„Ich kann und werde Sie nicht hier zurücklassen”, erklärte Liam kategorisch, „auf gar keinen Fall. - Hören Sie, Da'an, Sie haben so etwas wie einen kräftigen Stromschlag bekommen. Das hat Ihnen verständlicherweise sehr zugesetzt, aber Sie sind ein Energiewesen. Es schadet Ihnen nicht wirklich. Sie dürfen jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Konzentrieren Sie sich auf Ihr Inneres. Der Energiefluss wird sich wieder beruhigen. Wenn Sie es nur wollen...” Eindringlich starrte Liam auf seinen Companion nieder.

„Ich will es versuchen”, flüsterte der Taelon. Er lauschte in sich hinein, doch was er wahrnahm, war nur Chaos und Agonie, die ihn in einen alles verschlingenden Abgrund hinabzog. Seine Hand tastete nach Liam und rutschte dann kraftlos weg. „Ich schaffe es nicht”, hauchte er.

„Nur nicht aufgeben, Da'an. Versuchen Sie es weiter.”

Der Taelon mobilisierte noch einmal alle Kräfte und legte seine Hand auf den Unterarm seines Beschützers. „Sie müssen fliehen, Liam. Solange noch ... die Zeit reicht.”

„Was tun Sie da? Hören Sie damit auf, Da'an.” Entsetzt starrte Liam auf die Hand seines Companions, die blau aufleuchte.

„Meine Energie wird Sie vor den Tachyonen schützen. Gehen Sie - jetzt!” Da'ans nichtmenschlicher Kehle entrannen Laute, wie sie fremdartiger nicht sein konnten und Liam lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. „Sie sollten nicht soviel sprechen, sondern sich ausruhen”, sagte er und versuchte vergebens, die Sorge aus seiner Stimme zu halten.

Da'an lächelte verzerrt. „Es gibt ... gewisse Gesetzesmäßigkeiten ..., die selbst wir Taelons respektieren müssen ... und das ist unter anderem der Tod.” Seine Gesichtszüge entspannten sich langsam und ein klarer Blick ruhte nun auf dem jungen Beschützer. „Ich sterbe, Liam. Das ist eine Tatsache.”

Liam fühlte, wie eiskalte Furcht sein Herz umklammerte. Er hatte den Tod gesehen, mehr als einmal. Aber jetzt fühlte er sich hilfloser denn je. „Sie werden nicht sterben, Da'an”, sagte er beinahe trotzig. „Sie müssen sich nur noch ein bisschen ausruhen.”

Der Taelon schloss die Augen und einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete Liam bereits das Schlimmste. Doch dann sah er, dass Da'ans Energie unvermindert pulsierte.

Der Boden unter ihnen begann zu vibrieren und ein Geräusch war zu vernehmen, als würden irgendwo innerhalb der Station Maschinen ihre Arbeit aufnehmen. Aber dergleichen gab es nicht. Es gab keine mechanischen Maschinen auf dieser Station. Liam hob den Kopf und versuchte den Grund herauszufinden. Selbst Da'an öffnete die Augen und lauschte. Das Licht im Hangar wurde plötzlich gedämpfter und verlosch dann vollends. Doch statt der zu erwartenden Dunkelheit erglühten die Wände rings herum in einem schwachen Blau und tauchte alles in ein gespenstisches Licht. Und dann kam die Stille...

Nie war Stille Liam lauter vorgekommen wie in diesem Moment. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen und sein heftig pochendes Herz.

„Es hat gewonnen”, flüsterte der Taelon. „Und wir haben verloren...”

„Verloren? Verloren ist nur etwas, wenn man aufgibt, Da'an. Und ich bin noch nicht bereit, so einfach aufzugeben.” Liam erhob sich und trat erneut an die Konsole. Wie erwartet, zeigte das Computersystem keinen Wert mehr an. Dennoch weigerte er sich, die Endgültigkeit zu akzeptieren. „Wir finden einen Weg. Das versprechen ich Ihnen.”

„Ich habe Sie in diese Situation gebracht und nun werden Sie mit mir sterben. Aber glauben Sie mir, Liam, das war nicht meine Absicht.”

„Niemand von uns beiden stirbt”, erwiderte Liam sanft und kniete sich wieder neben dem Außerirdischen. Er nahm dessen Hand und drückte sie leicht. „Außerdem bin ich an unserer Situation genauso beteiligt gewesen. Ich schätze, wir haben beide ein wenig ... die Kontrolle verloren.”

Da'an sah ihn an. „Es tut mir leid, Liam... Ich hatte immer gehofft, wir könnten Freunde sein. Aber ... ich habe mich geirrt.”

„Nein, Sie haben sich nicht geirrt, Da'an”, flüsterte Liam. „Wir sind Freunde.”

„Liam...!” Der Taelon bäumte sich auf und verlor für einen Augenblick gänzlich seine menschliche Fassade. Liam sah die Energiewellen, die unkontrolliert durch den Taelonkörper jagten und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er seinen Freund und Mentor verlieren würde. „Ich habe mich getäuscht...” Da'ans Stimme wurde leiser und schwächer. „Lügen sind keine gute Basis für eine Freundschaft. Und wir Taelons sind wahre Meister, wenn es darum geht, zu täuschen und zu manipulieren. Wir haben das Lügen zur Kunstform erhoben, würdet ihr Menschen sagen und ihr habt recht damit...”

„Wir werden das ändern, Da'an”, presste Liam hervor und blinzelte heftig, weil er plötzlich alles nur noch verschwommen sah. „Es ist noch nicht zu spät, mein Freund.”

Doch Da'an rührte sich nicht mehr. Seine Augen waren geschlossen und die Energieströme in seinem Körper standen still.

„Da'an? - Daaaaa' ...!”

 

Ende von Kapitel 24

 

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