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  „Revolution vs. Evolution” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsdatum: September 2004
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Augur hat einen Streit mit Lili, Tränen und andere Besonderheiten.
Zeitpunkt:  erste Staffel - einige Monate nach 1x12 „Sandoval's Run”
Charaktere:  Leandra Hope, Lili Marquette, Augur, Liam Kincaid, Colonel Liam Kincaid, Bettis
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefallen hat.
Danksagung: Mein besonderer Dank gilt hier Vibe für ihre unermüdliche Betaarbeit und Emma und Sky dafür, dass sie meine Storys in ihr Archiv lassen.
 

 

REVOLUTION VS. EVOLUTION

Kapitel 18

 

Augur hatte einen wahrlich erfolgreichen Tag hinter sich, da er sich einmal mehr dank seiner Genialität zu einem neuen Glanzstück für seine stetig wachsende Bildersammlung verholfen hatte.

Zufrieden hatte er sich schließlich - nach ausgiebiger Bewunderung seines neuesten Erwerbs - dafür entschieden, sich einen Drink in seiner Bar zu genehmigen. Außerdem wollte er Lili und Liam wieder einmal besuchen gehen, welche er in der letzten Zeit viel zu selten gesehen hatte. Nun gut, Lili vielleicht etwas öfter, da sie ihn um diese Nebenbeschäftigung gebeten hatte. Nur zu gerne hatte er ihr diese gewährt. Nicht nur weil er sie nach wie vor bewunderte und auch ein klein wenig in sie verliebt war, sondern auch, weil sie dort viel eher ein Auge auf Liam hatte, von dem er sich nach den letzten Monaten nur zu gerne einmal eine kleine Auszeit gegönnt hatte. Er war einfach nicht fürs Kindersitten geboren, gleich, ob es sich bei diesen um normale oder bereits ausgewachsene solche handeln mochte.

Nachdem er also das ‚Flat Planet’ betreten hatte, fiel sein Blick zuerst auf die in der Nähe des Eingangs gerade einige Gäste bedienende Lili Marquette. Dann ließ er ihn zu dem schon von weitem hörbaren Liam weiterwandern, der sich gerade mit ...
„Wow ... Na, das nenn’ ich mal ein blendendes Aussehen ...”, murmelte er leise und machte sich auch schon daran, sich in Richtung der weißblonden Frau zu bewegen, als ihm einfiel, dass er sich erst einmal bei Lili für deren Arbeit bedanken und diese auch gleich nach Liams neuer Bekanntschaft ausfragen sollte.

So trat er schließlich an die schwarzhaarige Frau heran, als diese mit dem Tisch und den dortig sitzenden Gästen fertig war - ein älterer Mann in lockerer Alltagsbekleidung und ein daneben sitzender jüngerer solcher, mit Nickelbrille und, wie Augur anerkennend feststellte, einen Laptop vor sich auf den Tisch habend, in welchen er gänzlich vertieft zu sein und das soeben von Marquette gebrachte Getränk keines Blickes zu würdigen schien.
Er fing sie, kurz bevor sie die Theke erreichte, ab und begrüßte sie leise: „Hi Lili ... Wie ich sehe, läuft der Laden ganz gut. Oh, und wen hat sich Liam denn da geangelt?”

„Augur!”, begrüßte Lili den schrill bunt gekleideten jungen Mann erfreut. „Na, seit wann lässt du dich denn wieder hier blicken?” Seine Frage nach Kincaids neuer Bekanntschaft ignorierte sie vorerst.

Ein wenig unglücklich seufzte der Hacker. „Aber Lili ... Du weißt doch, dass ich viel um die Ohren habe ...”, brachte er in einem nur halb ernst gemeinten klagenden Ton hervor, während sein Blick wieder zurück zu Liam und dessen Eroberung wanderte.
„Außerdem”, fuhr er fort, nun Geschäftliches und nette Plauderei gleich einmal verbindend, „wollte ich dich fragen, ob du nicht auch schon mittags hier sein könntest.”

Ebenfalls seufzend schüttelte Lili den Kopf: „Augur, du weißt doch genau, dass ich nur am Abend die nötige Zeit habe, weil ich vormittags doch Da'an zur Verfügung stehen muss. Das ich auch mal vormittags hier bin, ist wirklich nur eine Ausnahme, weil es mir derzeit so gut geht.”

„Mir gefällt nicht, was du da machst, Lili ... Es ist gefährlich, es ist dumm - und es ist immer noch nicht klar, wie genau es dich beeinflusst!”, schimpfte Augur plötzlich drauflos, die weißblonde Frau nun vollends vergessend und seine Aufmerksamkeit ganz auf die ehemalige Shuttlepilotin konzentrierend.

Langsam trat Lili um den Hacker herum, schlenderte scheinbar gelassen die letzten Schritte zur Theke hinüber und stellte darauf das nun leere Tablett ab, ehe sie sich mit vor der Brust verschränkten Armen wieder ihrem Freund und Arbeitgeber zuwandte: „Wäre es dir lieber, ich wäre schon seit Monaten tot und begraben? Meine täglichen Besuche in der Botschaft oder auf dem Mutterschiff sind das Einzige, was mich am Leben erhält. Das müsstest doch ausgerechnet du am besten wissen.”

Geknickt senkte Augur den Kopf und schloss kurz die Augen. Ja, er wusste nur zu genau, was Lili mit ihren Worten meinte und ja, er wusste ebenso genau, das sie schon längst tot wäre, hätte der nordamerikanische Companion sie damals nicht unter seine Fittiche genommen und quasi unter seinen persönlichen Schutz gestellt. Doch zweifelte der Hacker stark daran, dass dies aus reiner Nächstenliebe geschehen war. Nein, gewiss nicht. Da'an hatte immer etwas anderes im Sinn als das, was er die Außenstehenden wissen ließ. Ja, Augur zweifelte sogar daran, dass der Taelon seine eigene Spezies in alles einweihte, was er so im Schilde führte.

Sicher war Zo'or der gewaltbereiteste Taelon, den Augur jemals kennen gelernt hatte, doch schätzte er Da'an um ein Vielfaches gefährlicher ein, da dieser die Menschen mit seiner scheinbaren Freundlichkeit anlockte, um sie dann später für seine eigenen Ziele zu nutzen und zu manipulieren. Natürlich glaubte er nicht, dass sich Lili so einfach würde hinters Licht führen lassen und ja, sie wäre tatsächlich schon vor Monaten gestorben, wäre da nicht die von Da'an bereitgestellte Hilfe, doch wusste der Hacker auch nach diesen fünf Monaten immer noch nicht, um was genau es sich dabei handelte, und Lili weigerte sich strikt, etwas darüber verlauten zu lassen. So seufzte er schließlich nur einmal mehr und meinte mit reuiger Miene:
„Tut mir leid, Lili ich weiß ja dass - was es für dich bedeutet. Aber solange ich nicht genau weiß, wie er dir dort hilft, kann ich auch nichts finden, das dir genauso gut helfen würde und nicht von den Taelons stammt.”

Entschieden vollführte Lili eine verneinende Geste: „Du weißt genau, dass ich dir nichts darüber sagen kann, Augur. Ich weiß durchaus zu schätzen, was du für mich tun möchtest, aber ich kann es nicht. Ich darf es nicht. Willst du das denn nicht verstehen?”

„Aber dann ... Dann wärest du nicht mehr von ihnen abhängig!”, brachte der Farbige sein schon so oft genutztes stärkstes Argument hervor, was die ehemalige Shuttlepilotin jedoch nicht zu verstehen schien. Schon gar nicht versuchte sie, es ihm einfacher zu machen, ihr zu helfen.

„Und was, wenn es schief geht?”, platzte es regelrecht aus ihr heraus, wobei sich ihre Stimme deutlich hob, was ihr, wütend, wie sie war, allerdings nicht aufzufallen schien. „Ich habe nicht vor, zu sterben, nur weil du mal wieder auf einem deiner Egotrips bist und einmal mehr beweisen willst, das du genauso gut bist wie es die Taelons sind!”
Wütend drehte sie sich um, dabei ihre zu Fäusten geballten Hände nur mit Mühe ruhig halten könnend, wandte sich dann abrupt ab und stapfte in Richtung der Damentoiletten davon. Dass Augur ihr nachrief, dass es ihm leid täte, ignorierte sie dabei, ebenso wie das Wissen darum, dass sie ihn mit ihren Worten verletzt haben musste. Doch war dies das Einzige, was sie noch tun konnte, wollte sie nicht, dass er weiter in Dingen herumbohrte, die für sie nur das Ende bereithalten konnten. Die über ihr gerötetes Gesicht hinab laufenden Tränen bemerkte sie dabei ebenso wenig wie den ihr nachfolgenden Blick der weißblonden jungen Frau, an welcher sie auf ihrem Weg, nur wenige Schritte von dieser entfernt, vorüberstürmte.

„Es tut mir leid, Lili! Ich wollte doch nur...”, rief er der vor ihm fast schon flüchtenden jungen Frau hinterher, seine nach ihr ausgestreckte rechte Hand nach einigen Augenblicken langsam wieder sinken lassend und ihr nacheilen wollend. Es war ihm egal ob sie sich von ihm helfen lassen wollte oder nicht, da er es sowieso tun würde, ganz gleich, was sie davon halten sollte.
Wenn er doch nur endlich einmal herausfinden würde, was genau man in den Stunden, in denen sie nicht erreichbar war, mit ihr machte.
Einzig wichtig war, das sie weiter lebte.
Sicher hätte er dann auch das, was immer die Taelons taten, als Möglichkeit akzeptieren können, doch war es ihm einfach zuwider, ihnen zu vertrauen, weil diese, was immer sie mit Lili anstellten, das wohl kaum auf lange Sicht gesehen tun würden, wenn diese ihren Nutzen für die Außerirdischen verloren hätte. Fast war er schon an der Theke vorüber, als sich Liam ihm plötzlich in den Weg stellte und ihn aufhielt.

„Ich glaube nicht, dass Lili möchte, dass du ihr nachgehst, Augur”, erklärte er seinem Freund mit für ihn untypisch ernster Stimme. „So, wie sie ausgesehen hat ... Habt ihr euch wieder gestritten?”

Verärgert funkelte Augur den Kimerahybriden an. „Das ist allein eine Sache zwischen uns beiden, Liam, und da hast du deine neugierige Nase nicht mit rein zu stecken!”

Errötend schluckte Liam und schüttelte leicht den Kopf. „Ihr habt also tatsächlich wieder gestritten”, wiederholte er, dabei betreten zu Boden blickend. „Und es ist bestimmt wieder - wieder wegen dem Unfall, oder?”

Einen Schritt zur Seite hin tuend, um so an dem nur äußerlich erwachsen erscheinenden jungen Mann vorbei zu kommen, dies aber nicht schaffend, da dieser seine Finte bemerkte und ihm nur abermals den Weg versperrte, stemmte der Hacker schließlich die Hände in die Seiten und blitzte den Dunkelhaarigen wütend an: „Ja, es ging um den Unfall - um was denn sonst? Sie will sich einfach nicht von mir helfen lassen.” Die eigentlich wütend hervorgestoßenen Worte endeten in einem eher verzweifelten Tonfall, als er fortfuhr, „und ... Und ich weiß auch genau, warum nicht. Hätte ich damals nicht darauf bestanden, mir den Interdimensionsantrieb einmal genauer anzusehen ...”

Denjenigen, den er manchmal als etwas wie einen Onkel ansah und manchmal als eine Art älteren Bruders schätzte, unverwandt ansehend, erwiderte Liam auf dessen Worte: „Du konntest nicht wissen, was passieren würde, oder dass ausgerechnet an diesem Tag Lili ihren Urlaub beenden würde ...”

„Ich hätte es wissen müssen, verdammt noch eins, und ... Ich hätte nicht ausgerechnet IHR Shuttle nehmen sollen!”, brauste der Barbesitzer wieder auf, dabei an Liam vorbeispähend. Doch Lili war bereits in einer der Damenkabinen verschwunden, in welche er, auch wenn er es am liebsten getan hätte, ihr nicht nachfolgen würde. Als sein Blick wieder zurück zu Kincaid glitt, entdeckte er noch etwas, das sich verändert hatte, und um sich abzulenken, fragte er: „Wo ist denn deine kleine Freundin hin, Liam?”

Überrascht drehte sich Liam zu den Barhockern um, auf welchen vor wenigen Minuten noch er und seine, wie Augur es nannte, ‚kleine Freundin’ gesessen hatten, doch sie war, wie der Hacker bereits angedeutet hatte, verschwunden. Irritiert sah Kincaid sich in der funkigen Bar um und suchte mit noch verwirrterem Blick nach Leandra. Doch konnte er sie nirgends entdecken. Wo konnte sie nur hin sein? Dann fiel sein Blick auf die sich gerade wieder schließende Türe der Damentoilette und ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht, als ihm wieder ihr Blick einfiel, den sie der an ihnen vorüberstürzenden Lili nachgeworfen hatte. Es war fast schon so etwas wie - Verständnis darin zu lesen gewesen. Ein Gefühl, das ihn nach den letzten Eindrücken, die er von ihr gehabt hatte, nicht gerade wenig erstaunte.

„Liam, was ist? Wo hast du die überhaupt getroffen?”, fragte Augur neugierig weiter, da ihm nun wieder einfiel, was für ein Blickfang die junge weißblonde Frau für ihn - und gewiss nicht nur für ihn - gewesen war.

Aus seinen Gedanken gerissen schüttelte der Kimerahybride den Kopf und erwiderte: „Sie hat mich getroffen, passt wohl viel eher.”

Ungläubig riss Augur die Augen auf, als er das hörte. „Unmöglich - seit wann flirtest du denn? Oder wirst du jetzt doch endlich erwachsen und folgst deinem Körper? Also, mein Junge ...”, vertraulich legte Augur dem dunkelhaarigen Mann einen Arm um dessen Rücken, da seine Schultern zu hoch für ihn waren. „Wenn du Tipps von mir willst, wie du ihr näher kommst und was dann noch so alles zwischen Männern und Frauen passieren kann, dann weißt du ja, dass ich dir stets mit Rat zur Seite stehe.”

Genervt verdrehte Liam die Augen, als er den erneuten Versuch Augurs mitbekam, ihn in die Feinheiten der Männer- und Frauenwelt einzuführen. Zumindest das war etwas, das ihn nicht im Geringsten interessierte. Vor allem nicht jetzt, wo es Lili derart schlecht ging und sie sich in diesem Moment wohl einmal wieder in ihren Schmerz vergrub, so wie sie es immer tat. Niemals wollte sie sich helfen lassen. Weder von ihm, noch von jemand anderem, der es gut mit ihr meinte und der sie als gute Freundin kannte. Immer war sie die starke Frau, die Kämpferin, die durch nichts und niemanden unterzukriegen war. Nur, dass es diesmal doch etwas geschafft hatte, sie zu verletzten und das nicht nur rein körperlich, wie Liam voller zutiefst empfundener Sorge befürchtete.

„Wie heißt sie denn?”, erkundigte sich Augur weiter, da ihm im Moment nichts Besseres
einfiel. Lili konnte er nicht helfen, jedenfalls nicht jetzt und in dieser Situation, und so brachte es nichts, wenn er sich weiter mit Selbstvorwürfen quälte, die ihm Liam sowieso nicht durchgehen lassen würde. Manchmal fragte er sich, wer von ihnen beiden wohl doch der klügere oder vernünftiger handelnde Mensch war. Nun ja ... Oder zumindest etwas in der Art. Oder lag es an Liams Erbe, dass dieser, trotz seines noch geringen Alters, manchmal so verdammt weise sein musste?

„Ihren Nachnamen nannte sie mir nicht, Augur”, erwiderte Liam, in Gedanken immer noch bei dem Problem Lili, Augur und - ja, jetzt möglicherweise auch ...
„Leandra”, beendete er seinen begonnenen Satz und gab so seinem Freund das, wonach dieser gefragt hatte.

„Es ist der, den sie dir nannte, Liam”, verbesserte Augur auch sogleich seinen Freund, der, wie ihm schien, wieder einmal zu naiv und gutgläubig war, „und das heißt noch lange nicht, dass es auch ihr wahrer Name ist.”

Abrupt wandten sich Liams Gedanken wieder ganz dem Farbigen zu, als er dessen Worte über Leandra vernahm. „Sie hat die Wahrheit gesagt!”, fuhr er den um mindestens einen Kopf kleineren Mann mit unerwarteter Heftigkeit an. Unerwartet sowohl für den Angefahrenen als auch für ihn selbst. Warum er derart heftig darauf reagierte, dass Leandra der Lüge bezichtigt worden war, wusste er nicht. Doch war dies nur ein Grund mehr, dieses faszinierende, junge und vor Leben regelrecht sprühende Wesen näher kennen zu lernen. Er hatte bereits zwei Schritte in Richtung der Damenräume getan, als nun Augur ihn zurückhielt.

„Hey Liam ... Wo willst du denn jetzt auf einmal hin? Komm schon, ich meinte doch nur, dass du vorsichtig sein und nicht alles glauben sollst, was ein hübsches Mädchen dir erzählt”, versuchte sich der Computer-Genius darin, seinen Freund zu besänftigen, was ihm auch zum Teil zu gelingen schien, da dieser wieder stehen blieb und nur sehnsüchtig auf die hinter einem kleinen Flur verborgenen Kabinen starrte.

„Ich beweise dir, dass sie nicht gelogen hat”, murmelte Liam mit leicht belegter Stimme. Es machte ihn ganz krank wenn er daran dachte, dass etwas von dem, was sie ihm erzählt hatte, falsch sein könnte. Doch waren es weniger die Worte, sondern viel mehr das, was er in ihrer Nähe empfunden hatte, das er bestätigt sehen wollte, und wenn das eine nicht stimmte, dann vielleicht ja auch das andere nicht.

Seinem Freund beruhigend auf die Schulter klopfend, meinte Augur mit nun wieder verschmitzt klingender Stimme. „Sag’ mal, wozu hast du denn mich? Mit den Daten - Vorname und Bild - können wir doch eine Menge über sie herausfinden. Außerdem”, ein schelmisches Grinsen trat in sein dunkles Gesicht, als er auf die auf der Theke stehenden Gläser wies, „haben wir auch ihre Fingerabdrücke und ihre DNS-Spur, die ich zurückverfolgen kann.” Kaum ausgesprochen, schlenderte der sich seiner Sache ganz sicher seiende Augur zu selbigem Glas hinüber, zog ein Taschentuch aus einer seiner vielen Hosentaschen, nahm mit diesem das Glas, aus welcher Liams Freundin zuvor getrunken hatte, in die rechte Hand und schlenderte dann anschließend mit diesem und seinem Freund im Schlepptau, der nun wieder einmal einem treu hinterherlaufenden Dackel glich, in einen der von außen nicht einsehbaren Nebengänge, welche zu seinen sich im ‚Flat Planet’ befindenden Computeranlagen führte.

Obwohl sich Liam bei dem, was sie gerade taten - in die Privatsphäre einer ihm doch sehr sympathischen jungen Frau eindringen, die er gerne näher kennen lernen würde - nicht gerade wohl fühlte, so konnte er sich doch der Faszination der von Augur gefundenen Daten nicht widersetzen und starrte fast ebenso aufmerksam wie dieser selbst auf den Monitor, auf dem sie aufschienen.

Zufrieden mit sich und seiner Leistung - es war doch schwerer gewesen, als er es sich bei einer normalen Identitätsüberprüfung vorgestellt hatte - trank Augur einen großen Schluck seines gerade frisch zubereiteten Kaffees, sich dabei entspannt in seinen Stuhl zurücksinken lassend. „Na also ... Da hat deine kleine Freundin ja ganz schön was hinter sich. Kein Wunder, dass du sie magst - du standest ja immer schon auf die schwierigen Fälle.”

„Sie muss sehr viel durchgemacht haben - ich wünschte, ich könnte ihr helfen”, murmelte der Kimerahybride mit leiser, nachdenklicher Stimme. „Wenn ich daran denke, dass sie sich auf der Flucht befindet ...”

„Ja, aber auf der Flucht vor ‚uns’, Liam, vergiss das nicht. Julianne hat damals ziemlich viel Wirbel darum gemacht, eine ihrer, wie sie meinte, verloren gegangenen Patientinnen wieder aufzufinden, was ihr, wie wir alle wissen, ja nicht gelang”, fühlte sich der Hacker genötigt, die Euphorie des neben ihm Stehenden ein wenig zu bremsen.

Seine rechte Hand wanderte dabei zu seiner Nachrichtenkonsole, an welcher er nur eine Ziffer zu drücken brauchte, um sich mit Doors oder anderen in Verbindung zu setzen. „Du weißt, dass ich sie über ihr Wiederauftauchen informieren muss, Liam ... Sie ist wichtiger als so mancher eingeschleuster Spion für uns alle, wenn auch nur die Hälfte dessen stimmt, was Julianne über ihr Projekt damals erzählt hat.”

Erschrocken richtete Liam sich auf: „Nein ... Augur, das kannst du nicht tun ... Du kannst nicht einfach - sie nicht einfach ans Messer liefern. Was glaubst du denn, was Julianne mit ihr vorhat? Ich - ich würde erst das genau wissen wollen. Bitte, Augur - ich möchte nicht, dass ihr etwas - etwas passiert.”

„Liam, für was hältst du Julia denn?”, entrüstete sich der Farbige, während er mit seinem Stuhl zu dem Kimerahybriden herum schwang und diesen durchdringend anstarrte.

Ohne zu blinzeln erwiderte Liam den Blick seines Freundes. „Ich weiß genauso gut wie du, dass sie nicht davor zurückschrecken würde, andere zu benutzen, auch gegen deren Willen, wenn es ihr helfen würde, den Taelons auch nur ein Stückchen näher zu kommen als sie es jetzt ist oder seit - seit Boones Tod zuvor war.” Letzteres sprach er nur noch leise aus, da er genau wusste, welche Freundschaft gerade Augur mit dem verstorbenen Companionbeschützer verbunden hatte.

Augur biss sich leicht auf die Lippen, als er kurz die Augen schloss und stumm nickte. „Ich ...” Kurz heftig blinzelnd schüttelte er leicht den Kopf. „Ich bin mir sicher, dass ich vielleicht noch - ein wenig warten kann. Aber du solltest mit ihr sprechen, Liam. Vielleicht kannst du sie ja überreden, von selbst zu uns zurückzukommen. Ich bin mir sicher, dass Julianne ihr nicht absichtlich einen Schaden zufügen würde. Dazu ist sie viel zu sehr Ärztin.”

„Nein, Augur ...”, erwiderte Liam mit leiser, trauriger Stimme, „dazu ist sie viel zu sehr eine verletzte, verbitterte Witwe, als dass sie auch nur noch etwas Gutes in der Welt oder den darin lebenden Menschen sehen würde. Außer sie kann sie dazu gebrauchen, um den Taelons zu schaden. Sie ist derart verrannt in ihren Schmerz, dass sie darüber hinaus vergisst, dass es auch noch etwas anderes gibt als das Streben nach Vernichtung.”

Augur seufzte leise und erwiderte den ihn durchdringend musternden Blick des Kimerahybriden. Er wusste nur zu gut, wie sehr dieser mit seinen Worten Julianne Belman betreffend Recht hatte und dennoch - es war ihr Projekt gewesen, und diese Leandra, wie sie sich Liam gegenüber vorgestellt hatte, besaß daran mehr als nur einen geringen Anteil. „Was schlägst du also vor?”, ging er schließlich - sich immer noch nicht ganz wohl dabei fühlend - auf dessen Worte ein.

„Ich ...” Sich mit seiner rechten Hand durch die dunklen Haare fahrend, schüttelte Liam sichtlich ratlos den Kopf, als nun plötzlich er eine Entscheidung treffen sollte. Eine, bei der es um einen Menschen ging, zu dem er sich merkwürdig hingezogen fühlte und deren Nähe er nicht mehr missen wollte, da sie ‚etwas’ in ihm berührt zu haben schien, das für ihn selbst noch ein Rätsel mit tausend Siegeln darstellte.

„Aha, du weißt es also auch nicht”, kommentierte der Hacker mit einem fast schon zufriedenen Grinsen im Gesicht, da es äußerst selten war, dass seinem Gegenüber die Worte fehlten.

„Nein ich weiß es auch nicht.” Zögernd seufzend gab Liam das zu. „Aber wie wäre es denn, wenn ... Also, sie ist wohl neu hier in der Stadt und - wie wäre es, wenn ich ihr anböte, dass sie ... Also dass ich ihr die Gegend zeige?”

Die Augen leicht verdrehend, musste Augur arg mit sich kämpfen, sich das sich auf seinem Gesicht breit machen wollende Grinsen nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Ein Kampf, den er - nach nicht allzu hartem Widerstand seinerseits - gerne verlor. „Oh ... Oh ...!”

„Was soll dieses ‚Oh ... Oh ...’ heißen? Es stimmt wirklich - ich habe mitbekommen, wie derjenige, mit dem sie hier eingetroffen ist, loszog, um nach einem Hotel zu suchen und das hätte er wohl nicht getan, wenn sie hier wohnen würden”, verteidigte sich der sich in seiner Lederjacke plötzlich nicht mehr ganz so wohl fühlende junge Mann auch sofort, mit dem Gehabe des Hackers einmal mehr nicht so recht etwas anfangen könnend.

„Sie hat also bereits einen Freund - oder ist sie gar mit diesem verheiratet?”, wollte Augur wissen und grinste dabei nun nicht mehr ganz so stark, da er Liams Felle bereits weit, weit weg schwimmen sah und er diesem so etwas gerade bei dessen ersten derartigen Gefühlen nicht wirklich wünschte.

„Nein, das ist ganz bestimmt nicht ihr ‚Freund’ in dem Sinne, wie du es meinst, gewesen - soweit ich es verstanden habe, hat er sie nur mitgenommen, als sie in Not war und ...”, begann der junge Mann zu erklären, wurde jedoch abermals von des Hackers Grimassen schneidendem Gesicht abgelenkt und sah diesen nur noch fragend und verwirrt an.

„Eine Frau in Not ... Jemand, der ihr hilft ... Sie dann auch noch auf einen Drink einlädt ... Ein Hotelzimmer für ‚sie’ sucht ...”, zählte der Farbige, bei jedem seiner vorgetragenen Stichpunkte einen Finger der rechten Hand hebend, welche er zuvor zur Faust geschlossen hatte, auf und schüttelte nur noch mit bedauernder Miene den Kopf, „Junge, Junge - da hast du wirklich schlechte Karten. Ich glaube, sie hat ihren Stadtführer schon getroffen.”

Verunsichert senkte Liam den Kopf und blickte auf das sich vor ihm befindende Tastenfeld von Augurs Computerterminal, während er sich dessen Worte durch den Kopf gehen ließ. Ja, er musste wohl recht haben. Augur kannte sich da schließlich aus und er nicht. Er blinzelte heftig, um den in seinen Augen entstehenden Druck loszuwerden, schaffte es jedoch nicht und konnte so nicht verhindern, dass ihm eine einzelne Träne und dann eine zweite aus selbigen liefen. Wenn er daran dachte, sie niemals wieder zu sehen ... Daran, sich nicht mehr in ihrer Nähe aufhalten zu dürfen ... Nicht mehr das zu spüren, was - was sie ihm vermittelte und in ihm selbst hervorzubringen schien, dann hatte er das Gefühl, ein Stück seines Selbstes zu verlieren. Er wusste, das klang albern und kindisch, doch konnte er nicht gegen diese in ihm vorherrschenden Emotionen angehen und sie einfach beiseite schieben.

Erstaunt und überrascht über den plötzlichen Stimmungswechsel und über die Tränen, die er auf seine Tastatur tropfen sah, war Augurs erster Gedanke, dass dieser doch, wenn er schon heulen musste, das auch woanders tun konnte und dabei nicht gerade seine Einrichtung zu bekleckern bräuchte. Sein zweiter war, dass er ihn noch niemals zuvor etwas derart Menschliches hatte tun sehen und die Tränen ihm, wenn er diese analysierte, bestimmt noch mehr Wissen über den Hybriden verschaffen würden, und der letzte galt Liam selbst und dem Grund, warum dieser plötzlich derart emotional reagierte. ‚Oh ... Oh’, dachte er sich, diesmal selbige Laute nicht aussprechend, und verzog gequält seine Lippen zu einem mühsam munteren Lächeln, als er sich von seinem Stuhl erhob und dem vor ihm stehenden Mannskind die rechte Hand auf dessen Schulter legte und diese leicht drückte. „Hey, Kleiner ... Es kommen noch andere, die dein Herz gefangen nehmen - welche, die nicht bereits vergeben sind. Mach es so wie ich - hab’ deinen Spaß mit den Frauen, aber häng' nicht allzu sehr an ihnen, und du wirst sehen, das ist auch genau das, was sie wollen.”

 

Ende von Kapitel 18

 

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