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  „Revolution vs. Evolution” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsdatum: 12. Februar 2003
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Die Hatz durch den Wald ...
Zeitpunkt:  erste Staffel - einige Monate nach 1x12 „Sandoval's Run”
Charaktere:  Hope, Andrej Pientkow, Colonel Liam Kincaid, Bettis
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefallen hat.
 

 

REVOLUTION VS. EVOLUTION

Kapitel 13

 

Andrej Pientkow grinste leicht, als er nur wenige Meter vor sich die Gesuchte entdeckte, die gerade dabei zu sein schien, ihren verletzten Fuß mit einigen Stofffetzen zu bandagieren und dabei wohl ihre Umgebung außer Acht ließ. ‚Das gibt Punktabzug, meine Kleine’, dachte er mit grimmigem Blick und nun doch etwas verärgert ob seines schnellen Erfolges. Viel lieber wäre es ihm gewesen, er hätte länger gebraucht, sie aufzuspüren, aber ihre auf der Flucht hinterlassenen Spuren waren mehr als nur deutlich für seinen geübten Blick lesbar gewesen. Er hatte sich eine längere Jagd erhofft, da er nichts mehr hasste als eine schnell zu Ende gehende Verfolgung und ein Opfer, das es ihm einfach nur viel zu leicht machte. Er richtete sich auf und überwand die letzten beiden Meter zwischen den Büschen hindurch, welche ihn noch von dem kleinen Bach und der an dessen Rand nach vorn gebeugt sitzenden Frau trennten, die offenbar alles um sich herum vergessen zu haben schien bis auf ihr stark blutendes Bein. ‚Nun, das Bein ist das Letzte, worüber die sich in Zukunft noch Gedanken machen muss’, dachte er zynisch und mit nun vor Konzentration fest zusammengekniffenen Augen. Seine rechte Hand wanderte derweil zu einem seiner Stiefel herab, aus welchem er ganz langsam und vorsichtig das lange, scharfe Messer zog, welches er ganz allgemein für alle möglichen Dinge einsetzte, unter anderem für die bevorstehende Arbeit. Es ärgerte ihn einfach wahnsinnig, dass er derart leichtes Spiel mit ihr gehabt hatte und er entschloss sich, seine in sie investierte und, wie es jetzt offenkundig wurde, wohl leider verschwendete Zeit und Mühe nun mit einer kleinen Belohnung für sich selbst abzuschließen. Es war schon viel zu lange her, dass er in die Augen eines Opfers geblickt hatte, das wusste, was auf es zukam und sich der Unvermeidlichkeit seines Schicksals gewiss war. Der Ausdruck in solchen Augen war es, der ihm Genugtuung bei seiner Arbeit verschaffte und ihn für die vorangegangenen Mühen des Auskundschaftens und Aufspürens entschädigte. Dieser Ausdruck war es nun auch, den er in ihren Augen sehen wollte - in den Augen derjenigen, die ihn derart zu enttäuschen gewagt hatte.

Seine Finger schlossen sich fester um den - rutschfest lederumwickelten - Griff des schlanken Messers und hoben es leicht an, bereit, jeden Moment auf sein erwähltes Ziel zuzustoßen. Töten würde er sie mit dem ersten Stich nicht, das lag nicht in seiner Natur. Er wollte sie nur soweit beeinträchtigen, dass sie ihm nicht mehr entkäme und sich nicht allzu sehr würde wehren können, so dass er es auch wirklich auskosten konnte, wenn er sie dann anschließend von vorn erledigte. Ein kaltes, grimmiges Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, als er sich vorstellte, wie es dieses Mal sein würde. Schon viel zu lange hatte er sich einen solchen Kick nicht mehr gestattet. Es wurde wahrlich Zeit dafür, sich auch mal wieder etwas zu gönnen.

Er würde es tun, sie töten, sich für seine ...
‚Oh verdammt!’, schoss es ihm nur noch durch den Kopf, als sein Fuß auf etwas trat, das daraufhin ein leises Knacken oder Klicken von sich gab und er es in den nächsten Sekunden nicht einmal mehr wagte, etwas kräftiger ein- oder auszuatmen. Seine Gedanken überschlugen sich schier in dem Versuch, die Art und Weise des von ihm betätigten Auslösers zu erfassen. Dem Geräusch, das dieser von sich gegeben hatte, nach zu urteilen, handelte es sich um den einer Mine - alte Bauart und aus russischer Anfertigung, wie er mit einem Hauch von Galgenhumor feststellte. Doch wie war sie nur - in dieser von Gott verlassenen Gegend - an eine solche gekommen? Mit unbewegtem Gesicht, sich nicht auch nur einen Millimeter weit zu bewegen wagend, weder mit der Hand, in welcher er immer noch das Messer hielt, noch und erst recht nicht mit einem seiner Füße, um das den Minenauslöser betätigte Gewicht nicht zu verändern und somit die unvermeidlich scheinende Explosion zu verursachen, die ihn dann ...
Hastig schob er auch diese Gedanken beiseite und zwang sich, sich auf das Nächstliegende zu konzentrieren, was seinen immer noch vor Überraschung leicht geweiteten Blick wieder auf die sich seelenruhig weiter ihrem Bein widmende junge Frau lenkte.

„Leandra!”, brachte er schließlich mit einem nur gehauchten Wispern hervor, nicht wagend, lauter zu sprechen, da er nicht genau wissen konnte - unabhängig, wie sie an eine solche gekommen war - mit welchen Raffinessen sie die Mine noch ausgestattet hatte.
Zu seinem nicht geringen Verdruss jedoch schwieg sie.
Sie beachtete ihn nicht im Geringsten, sondern kümmerte sich weiterhin, als wäre überhaupt nichts geschehen oder als würde sie überhaupt nichts bedrohen, einfach weiter um ihr Bein. Nun, zugegebenermaßen war es ein wunderschönes Bein, das selbe, das ... Aber nein, hastig schob er diese Gedankengänge weit von sich. Zu so etwas hatte er nun wirklich keine Zeit. Viel lieber sollte er sich darauf konzentrieren, von hier fort zu kommen und das möglichst mit allen ‚seinen’ Beinen und auch sonstigen Gliedmaßen. „Lean..”, begann er erneut ihren Namen zu rufen, dabei darauf bedacht, dass dies leise und möglichst ohne allzu viel Lippenbewegungen seinerseits vonstatten ging, wurde jedoch unterbrochen, als sie sich schließlich nun doch noch dazu entschloss, sich zu bewegen, aufzustehen und sich zu ihm umzuwenden.
Nur kurz überlegte er, ob er das in seiner Hand befindliche Messer nicht doch noch werfen sollte.
Jetzt und hier die - nein, seine letzte Chance - nutzend, nun doch noch an den von ihm so sehr gewünschten Anblick des letzten Blickes zu gelangen ...
Er entschied sich dann jedoch ebenso schnell und nur mit einem Hauch leisen Bedauerns dagegen, wie ihm der Gedanke zuvor gekommen war. Viel zu gefährlich wäre es und mit viel zu vielen Unwägbarkeiten verbunden, als dass er das Risiko auch nur einigermaßen kalkulierbar hätte eingehen können.

Angespannt beobachtete er, wie sie sich ihm zu nähern begann, und gerade, als er erneut etwas sagen wollte, ihre Hand hob und sich mit einer eleganten Handbewegung einen Finger auf die Lippen legte, um ihn so schweigen zu heißen - was er natürlich auch sofort befolgte. Anscheinend hatte sie wohl doch noch irgendwelche Lautmelder mit eingebaut, was ihn bei ihr zwar erstaunte, jedoch zugleich auch erfreute. Nun ja, es würde ihn erfreuen wenn er nicht gerade selbst auf dieser Mine stünde. So schluckte er eine entsprechende Erwiderung herunter und nickte nur leicht, während ihm langsam der Schweiß auf der Stirn ausbrach. Warum musste sie auch gerade jetzt damit beginnen, sich an das zu erinnern, was sie gelernt hatte?

Als sie mit einer Hand auf das sich immer noch in der seinen befindliche Messer deutete, ließ er es ohne zu zögern fallen. Eine andere Wahl hatte er sowieso nicht, wenn er überleben wollte, und das war das Einzige, was wirklich zählte. Ganz gleich, was er dafür tun musste, er würde es tun.

Als sie ihn mit einer weiteren stummen Geste dazu aufforderte, ihr seine Hände entgegenzustrecken, tat er ebenfalls wie geheißen, und als er sah, dass sie einige lange biegsame und mit Dornen besetzte Aststücke hervorzog, konnte er sich ein kurzes verächtliches Zusammenziehen seiner Augen nicht verkneifen.
Er musste sich jedoch im nächsten Moment bereits fest auf die Lippen beißen, um nicht vor Überraschung irgend etwas Unbedachtes zu tun, als sie geschickt die dünnen Zweige um eine seiner Hände flocht, diese dann, vorsichtig um ihn herumgehend, nach hinten zog und das selbe auch mit seiner zweiten Hand tat, um schließlich hinter seinem Rücken seine überkreuz liegenden Handgelenke, weitere Zweige darum windend, zusammen zu binden. Dabei zog sie die dornigen Aststücke noch fester zusammen und umschlang sie zusätzlich mit einem weiteren nassen dünnen solchen.

Zufrieden betrachtete sie ihn, löste dann den ebenfalls nassen Stoffstreifen von ihrem Bein und zog dieses über seine gefesselten Hände. Erst als dies erledigt war, trat sie zwei kleine Schritte zurück, musterte kurz ihr Werk, ging in die Hocke und hob - ihn dabei nicht für einen noch so kurzen Moment aus den Augen lassend - sein auf den feuchten Erdboden gefallenes Messer auf und ließ es nach einem kurzen prüfenden Blick in einer Falte ihres zerschlissenen Gewandes verschwinden, ehe sie ihren Blick wieder ihrem Gefangenen zuwandte und sich nun das erste Mal in den letzten Minuten ein kleines um ihre Mundwinkel spielendes Lächeln erlaubte.
„Ich habe gewonnen, Andrej, oder bist du da anderer Meinung?”

‚Oh nein - dieses Lächeln ist keineswegs freundlich, sondern eher von Triumph oder Spott geprägt’, dachte er, ehe er mit einem wütenden Blick zustimmend nickte.
„Ja, ja, das hast du ... Könntest du jetzt bitte dieses verflixte Ding unter meinen Füßen entschärfen?”
Er wagte weiterhin nicht, auch nur mit einem Zeh falsch zu zucken.

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, Andrej!”, erwiderte sie, nun ganz offen breit grinsend, machte einen kleinen Bogen um ihn herum, schritt an ihm vorbei und begann sich von ihm zu entfernen.

Langsam und vorsichtig wagte er einen Blick nach unten, während er seinen Rücken nur ein ganz klein wenig nach hinten und dann zu beiden Seiten bog, um so einen größerflächigen Blick auf das, was sich unter seinen Füßen befand, erhaschen zu können. Außer Gras, feuchter Erde, einem kleinen Zweig, auf dem einer seiner Füße stand und einigen zerdrückten Blättern konnte er jedoch nichts weiter entdecken.
„Ich rede von der Mine, auf der ich stehe!”, rief er ihr nach.
„Leandra ... Das ist jetzt kein Spiel mehr!”

„Aber Andrej, du weißt doch, dass es hier keine Minen gibt”, beschied sie ihn mit fröhlicher Stimme, die bereits aus einiger Entfernung zu ihm drang.

„Ich habe es doch deutlich knacken hör...”, begann er zu widersprechen, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel und ihm der Ast bewußt wurde, auf dem er mit seinem rechten Fuß stand.
Abwechselnd vor Scham blass werdend und vor nur mühsam unterdrücktem Zorn rot anlaufend senkte er seinen Blick erneut auf den Boden - und tatsächlich, da war er und nun, wo er wusste, worauf er zu achten hatte, konnte er auch deutlich erkennen, dass der Zweig zerbrochen war.
Er glaubte es einfach nicht, als ihm klar wurde, auf welche Art und Weise sie ihn hereingelegt hatte. Dennoch - konnte er sich dessen wirklich sicher sein? Er selbst hatte ihr gesagt, dass dies mehr als nur ein Spiel wäre und dass es durchaus, wenn sie versagte, auch mit ihrem Tod enden könnte. Eine Drohung, die er nicht ganz so ernst gemeint hatte, jedenfalls nicht mehr in der heutigen Zeit. Früher jedoch, als es noch darum ging ... Aber nein, es brachte ihn nun weiß Gott nicht weiter, wenn er jetzt in Erinnerungen und Grübeleien versank. Das Einzige, was zählte, war, dass er nun wohl keine andere Wahl hatte, als dem, was er in den letzten eineinhalb Jahren von ihr erfahren und ja, auch gelernt hatte - wobei er ob der Ironie dieses Gedankens am liebsten laut aufgelacht hätte, da ja schließlich er der Lehrer sein sollte und es im weitestem Sinne auch war - nun umzusetzen und dem zu vertrauen, was er von ihr wusste. Noch einmal tief durchatmend und alle seine Muskeln bis zum äußersten anspannend, sammelte er sich und hechtete mit einem lauten Schrei nach vorn auf den kleinen Bach zu, an welchem er geglaubt hatte, sie stellen zu können und ihr zu beweisen, dass sie noch lange nicht soweit war, wie sie geglaubt hatte.

Leandra lächelte, deutlich zufrieden mit sich und ihren erbrachten Leistungen, welche sie seit heute morgen gezeigt und auch besonders denen bewiesen hatte, die bisher an ihr gezweifelt hatten. Diesmal wählte sie den direkten Weg zurück zur Waldhütte - dabei jedoch nicht ihre Umgebung aus den Augen lassend - und hatte diese in weniger als einer halben Stunde zügigen Fußmarsches erreicht. Sicherheitshalber umrundete sie die kleine Lichtung noch einige Male und hielt nach weiteren Spuren Ausschau, die die Anwesenheit noch anderer Menschen verraten würden, konnte jedoch außer ihren eigenen und den Fußabdrücken ihres Verfolgers Andrej keine weiteren entdecken. Schließlich überquerte sie die kleine Lichtung, vom Waldrand her kommend, an dessen am besten zu übersehenden Stelle, welche der im letzten halben Jahr wieder renovierten Holzhütte am nächsten war, und eilte in geduckter Haltung und leisen Schrittes zum nächstgelegenen Fensterverschlag hinüber.

Dort angekommen, hielt sie erst einmal in an den Boden gekauerter Stellung inne und lauschte angespannt, ob sie irgend etwas aus dem Inneren ihres Zuhauses hören konnte, vermochte jedoch nichts bis auf die sie umgebenden Geräusche der zwitschernden Vögel und des leisen Rauschen des Windes in den Ästen der höchsten Bäume vernehmen. Erst als sie sich mit einem vorsichtigem Blick durch die geputzten Fensterscheiben in das Innere der Holzhütte versichert hatte, dass sich dort drinnen nichts seit heute morgen verändert hatte, richtete sie sich langsam auf, schritt zur damals wie heute immer noch laut quietschenden und schief in ihren Angeln sitzenden Tür, öffnete sie und trat ein.

Es war immer noch alles so, wie sie es vor wenigen Stunden zurückgelassen hatte. Alles bis auf das inzwischen herunter gebrannte Kaminfeuer. Sie würde wieder trockenes Holz sammeln müssen, um für genügend Wärme in der zugigen Unterkunft zu sorgen. Auch der in der Mitte stehende Tisch war immer noch wie zuvor mit ihrem Frühstücksgeschirr - zwei kleinen leeren Plastiktellern und zwei mit nun erkaltetem Tee gefüllte Aluminiumtassen - gedeckt. Ebenso bot auch das Bett in der hinteren Ecke an der Wand immer noch dasselbe Durcheinander wie heute morgen und an jedem vorherigen Tag, an welchen sie sich innerhalb des letzten halben Jahres erinnern konnte, seitdem Andrej sie hierher gebracht hatte.
Damals hätte sie sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellen können, was dieser in nur so kurzer Zeit aus ihr machen würde. Wie unglaublich viel sie von ihm gelernt hatte und was sie alles mit seiner Unterstützung überwunden hatte. Sie war von einem sich seiner selbst kaum bewussten Wesen zu - ja, zu einer von sich selbst überzeugten jungen Frau herangereift, die, dessen war sie sich sicher, von nichts und niemandem mehr in den Zustand zurückversetzt werden konnte, in welchem Andrej sie damals aufgegriffen hatte.
Was war sie nur für ein Häuflein Elend gewesen, kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, außer dem, von hier zu entkommen. Wie töricht sie damals nur gewesen war und wie gut es war, dass Andrej sie trotz ihrer mehrmaligen Fluchtversuche immer wieder eingefangen und ihr voller Geduld das in seiner Welt zum Überleben Notwendige beigebracht hatte.

‚Ja, seiner Welt’, dachte Leandra sich und wieder erschien ein leichtes Lächeln um ihre schmalen blassen Lippen, während sie sich mit einer langsamen Handbewegung einige ihr in die Stirn gefallene weißblonde Haarsträhnen beiseite wischte, welche vor ihren blassgrau-blauen Augen herum tanzten und ihr die Sicht in das fröhlich knisternde Feuer zu versperren suchten. Wie unwissend und naiv sie damals gewesen war - kaum dazu in der Lage, zu verstehen, was mit ihr geschehen war und zu was man sie hatte benutzen wollen. Doch Andrej, ja, Andrej hatte es herausgefunden, hatte gelernt, mit ihr zu kommunizieren, als sie sich ihrer selbst und ihrer Umgebung nur schemenhaft und ohne wirkliche Klarheit bewusst war, und schließlich hatte er sie gelehrt, sich auf seine Weise mit ihm zu unterhalten und ihr auch alles andere beigebracht, was sie seiner Meinung nach unbedingt zum Überleben benötigte, bevor er sie, wie er ab und an scherzhaft meinte, auf die Menschheit loslassen konnte.

Leandra blickte von den fröhlich vor ihren Augen tanzenden Flammen auf, als sich die Eingangstüre mit einem leisen Quietschen öffnete und so die Ankunft einer weiteren Person ankündigte. Dass sich da jemand näherte, wusste sie allerdings schon, hatte sie ihn doch längst durch die anderen ihr zur Verfügung stehenden besonderen Sinne wahrgenommen - Sinne, welche ihr nicht nur ermöglichten, jedwedes andere Lebewesen in ihrer unmittelbaren Umgebung zu erspüren und ihr so ermöglichten, sich schon vor dem Aufeinandertreffen mit diesem ein Bild von dessen Größe und voraussichtlicher Stärke zu machen, sondern ebenso solche, die ihr ein Gefühl von ständiger Verbundenheit mit allem Lebendigen um sich herum vermittelten. Ein Empfinden, das besonders ausgeprägt war bei aller Art von Vegetation, die, je dichter und umfangreicher sie wuchs, ihr ein Gefühl von Sicherheit und Wärme spendete, welches sie bisher in der Nähe anderer, nicht pflanzlicher Lebewesen vermisst hatte.

Selbst der soeben in den kleinen Raum herein stapfende und sichtlich missmutig wirkende Andrej, der alles darstellte, was sie mit dem verband, was sie früher einst gewesen war, der der einzige Mensch war, der über ihre Vergangenheit Bescheid wusste und ihr versprochen hatte es ihr eines Tages zu erzählen, wenn sie soweit sei, selbst dieser vermochte es nicht, ihr ein derartiges Gefühl von Schutz und Heimat zu vermitteln, wie es der Wald, der sie umgab, stets immer wieder aufs Neue tat, wenn sie nur ihre Gedanken weit genug ausstreckte und ...
Sie zog sie hastig wieder zurück.
Wenn Andrej merkte, was sie da gerade hatte tun wollen, wäre er sicherlich alles andere als begeistert von ihr und würde seine Meinung, sie sei nun endlich so weit, auf eigenen Beinen zu stehen, wohl revidieren. So wandte sie sich also mit einem erwartungsvollen Blick zu ihm um und stieß mit in ihren Augen aufblitzendem Schalk hervor: „Na, du hast ja ganz schön lange gebraucht, um wieder nach Hause zu kommen!”

Mit einem undefinierbaren Brummen erwiderte dieser daraufhin: „Du hättest es mir auch etwas einfacher machen und mir sagen können, dass das keine wirkliche Mine war, auf die ich geraten bin. Hatte mich sowieso schon gewundert, dass du deine Prinzipien, keine Waffe zu gebrauchen, die nicht - wie sagst du immer?”, hielt er kurz fragend inne und ignorierte dabei ihr immer breiter werdendes Grinsen, „... ah ja, aus etwas ‚Natürlichem’ geschaffen ist. Wie kannst du nur all das, was ich dir versuche beizubringen, derart leichtsinnig in den Wind schlagen und - ach, was soll's. Diese Diskussion haben wir weiß Gott schon zu oft geführt, als dass ich nicht wüsste, wann ich der Unterlegene bin.”

Zustimmend nickte Leandra, trat an den vollkommen durchnässten und mit Erde und Blättern bedeckten Mann heran und zupfte ihm ein Zweiglein aus dem Haar, welches sie nach einem kurzen prüfenden und eindeutig anklagenden Blick ins Feuer warf, wo es mit lautem Knistern und einem Funkenregen verbrannte. „Musstest du gleich derart ungestüm sein und die Bäume auf deinem Weg schädigen?”, konnte sie sich nicht beherrschen und maß ihn zusätzlich zu ihren tadelnden Worten mit einem strafenden Blick.

Ein Blick, den jeder mit einem Funken Verstand nicht einfach so ignorieren sollte, wie Andrej aus seiner halbjährigen Erfahrung mit ihr nur zu genau hatte lernen müssen. Wenn es darum ging, dass Pflanzen jedweder Art geschädigt wurden, war es alles andere als gesund, sich mit ihr anzulegen - ganz besonders, seitdem er sie in den verschiedensten Überlebenskünsten geschult hatte. Leandra war bisher die beste Schülerin, die er in seinem immerhin schon dreißig Jahren der Rekrutierungs- und Ausbildungserfahrung getroffen hatte. Bisher hatte sie seine höchsten Erwartungen sogar um einiges übertroffen und er freute sich schon darauf, wenn möglich auch länger mit ihr zusammen zu arbeiten. Sie würde sein bestes Pferd im Stall werden, da war er sich schon jetzt so gut wie hundertprozentig sicher. So reagierte er auf ihre Mimik, indem er ihren Tadel zu ignorieren vorgab, ehe er sich dazu hinreißen ließ, etwas in ihrer Gegenwart äußerst Dummes über die Beschaffenheit von totem Unkraut zu sagen und erwiderte nur: „Könntest du mir jetzt endlich einmal die Fesseln lösen?”, während er demonstrativ abermals an ihnen zu zerren begann, was ihm aber nur einen weiteren stechenden Schmerz in seinen sowieso schon von seinen vorherigen Versuchen aufgescheuerten Handgelenken bescherte. „Du musst mir unbedingt erzählen, wie du das gemacht hast. Das sind die ersten ‚Handschellen’, die ich nicht zu lösen in der Lage war.”, musste er ihr und schlussendlich auch sich selbst mit grimmiger Miene eingestehen.

Langsam löste sie ihren tadelnden Blick von seinen Augen, in denen nicht das geringste Schuldbewusstsein über seine Unvorsichtigkeit und sein Verhalten innerhalb des Waldes zu finden war. Sie verstand einfach nicht, wie ein lebendes, fühlendes Wesen so einfach über die Verletzung eines anderen solchen, das einem Schutz und Nahrung bot, derart ignorant und unsensibel hinweg gehen konnte. Die Menschen an sich taten jedoch viele Dinge, wie er ihr beigebracht hatte, die nicht immer zum Besten für sich selbst oder für ihre natürliche Umgebung waren. Andrej hatte ihr viele Bilder und auch Filme gezeigt, in denen es um die Zerstörung riesiger Flächen Landes und Waldgebiete ging. Eine Zerstörung, die ihr fast schon körperliche Schmerzen bereitete. Ebenso hatte er ihr die Verwüstungen gezeigt, welche durch die Technologie fremder Wesen hervorgerufen worden waren, die die von den Menschen verursachten um ein Vielfaches übertrafen. Schäden, die im Gegensatz zu den vorherigen nicht wieder gut zu machen waren. Voller Entsetzen hatte sie diese Bilder in sich aufgenommen und das zerstörte Leben gefühlt, die unglaublichen Qualen, die die Natur dort erlitten haben musste, und in ihrem Inneren war ein Gefühl aufgestiegen, das schier danach schrie, die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und sie zu bestrafen.

Aus diesem Grunde hatte sie auch nicht die geringsten Probleme damit gehabt, daß Andrej ihr beigebracht hatte, wie man einen Menschen außer Gefecht setzte oder auch tötete. Auch dies war nur der natürliche Lauf der Dinge, wie er ihr erklärt hatte. Eine Auslese, die sie trafen, um das zu schützen was ihnen lieb und teuer war und sie, Leandra, war eine der wenigen Menschen, die dazu berufen waren, an eben jener Auslese mitzuwirken. Wenn man schon nicht an die bestimmenden Kräfte herankommen konnte, dann musste man deren Helfer und Helfershelfer unschädlich machen, so dass der Gesamtheit kein Schaden mehr zugefügt werden konnte.

Schließlich war sie um ihn herum gegangen, hatte die Hände ausgestreckt und ihn, wie gewünscht, von seinen Fesseln befreit. Behutsam löste sie erst den leicht blutigen Stofffetzen und machte sich dann daran, die wohl ziemlich schmerzhaft in die Handgelenke gedrückten und dadurch fest sitzenden biegsamen Äste behutsam von der aufgescheuerten und aufgerissenen Haut zu lösen.
„Du hättest nicht so sehr daran reißen sollen, Andrej”, tadelte sie ihn mit leiser Stimme. „Dadurch hast du ihnen nur mehr Macht über dich gegeben.”

Pientkow gab darauf keine Antwort, da sich jedweder Kommentar seinerseits in dieser Situation sowieso erübrigte, sondern nahm mit einem erleichterten Lächeln seine geschundenen Handgelenke nach vorn und betrachtete sie mit einem skeptischem und auch ein wenig anerkennendem Blick. Leandra hatte da wirklich sehr gute Arbeit geleistet. Sicher, es war keine für ihn angenehme gewesen, doch hatte auch er noch etwas dazu gelernt, und in Zukunft würde er ihre Vernarrtheit in die Natur wohl auch etwas ernster nehmen als bisher. Bis vor kurzem hatte er diese nur für ein hervorragendes Mittel zum Zweck gesehen, um sie in die von ihm gewünschten Bahnen zu lenken. Doch nun hatte er gelernt, dass man mit so kleinen und unscheinbaren Dingen wie Ästen durchaus eine ernst zu nehmende Waffe oder Verteidigung zu schaffen in der Lage war - eine Lektion, die er sich sehr zu Herzen nahm. Mit einem gemurmelten: „Gut gemacht!”, quittierte er Leandras diesbezügliche Leistung und schenkte ihr eines seiner äußerst seltenen und auch ehrlich gemeinten kurzen Lächeln, woraufhin diese vor Freude und Stolz zu strahlen begann.
‚Oh, wie einfach es doch ist, ihr Freude zu bereiten’, dachte sich Andrej und konnte es kaum erwarten, ihr Gesicht bei den Worten zu sehen, die er gleich an sie richten würde.

Voller Freude hörte Leandra das auf sie gemünzte Lob, welches eines der Dinge war, nach denen sie sich zu sehnen gelernt hatte, da es ihr derart selten und immer vollkommen unerwartet zuteil wurde.
„Warte einen Moment!”, stieß sie hervor, als sie erkannte, dass Andrej sich umwandte und wohl sogleich wieder mit seiner Arbeit beginnen wollte. Was auch immer er geplant hatte, es wäre für seine immer noch leicht blutenden Handgelenke alles andere als förderlich.
„Lass mich zuerst deine Hände desinfizieren und verbinden.”

Kopfschüttelnd winkte Pientkow ab: „Das ist nicht nötig, Leandra. Das sind nur Kratzer.” Er war schon froh, dass sie wenigstens nicht schon wieder damit angefangen hatte, dass es auch andere Möglichkeiten der Selbstheilung gab, wenn er sich nur gut genug konzentrierte und sich mehr auf seinen Körper einzustellen bereit wäre. Für sie selbst mochte diese Methoden vielleicht gelten - nein, nicht nur vielleicht, schließlich hatte er vor einem halben Jahr mit eigenen Augen gesehen, wozu sie imstande war, was mit ein Grund war, warum er sich überhaupt dazu entschlossen hatte, sie auszubilden - aber für ihn selbst war dies nichts, mit dem er etwas Konkretes anzufangen wusste.

„Kratzer, die, wie du mir selbst beigebracht hast, sich schneller als man denkt in ein ernst zu nehmendes Hindernis verwandeln können, also stell dich nicht so an, Andrej, und lass mich dir helfen!”, bestand sie mit scharfer Stimme und resolutem Blick auf der anstehenden Behandlung, wobei sie bereits aus einer kleinen Kiste in der Nähe des einzigen sich im Raum befindenden Bettes eine kleine Plastikschachtel mit Desinfektionsmitteln, Salben und Verbänden hervorgeholt und auf den Tisch gelegt hatte und ihn nun erwartungsvoll anstarrte, einen Widerspruch einfach nicht dulden wollend. Es sei denn, Andrej wollte seine eigenen Lehren einfach so beiseite schieben, was etwas war, das sie so nicht akzeptieren würde.

Als Pientkow erneut den Blick auf sie richtete und sah, wie sie da stand, mit in die Hüften gestemmten Händen und hoch erhobenem Kopf, fest zusammen gepressten Lippen und einer leicht spöttisch nach oben gezogenen Augenbraue, schluckte er eine weitere Erwiderung herunter und dachte nur: ‚Oh - oh, na prima!’
Innerlich grinsend, wobei er tunlichst darauf achtete, sich nach außen hin nichts anmerken zu lassen, ließ er also seine - zugegebenermaßen - schmerzenden Handgelenke von ihr verarzten. Die kleinen Dornen an den Ästen, mit denen sie ihn gebunden hatte, waren wirksame Dinger, welche in Erinnerung bleiben wollten, um einem weiteren derartigen Erlebnis vorzubeugen - etwas, das durchaus seine Wirkung auf ihn nicht verfehlt hatte, da er sich ab sofort hüten würde, noch einmal geringschätzig über zumindest diese Art von Waldgewächsen zu denken. Im Gegenteil, er konnte deren Eigenschaften bei genauerer Betrachtung sogar für sich und seine Ziele verwenden.
Wobei - nein, lieber doch nicht.
Dies war Leandras Masche.
Wenn er plötzlich damit anfangen würde, seine Gegner mit Pflanzen zu fesseln, würde er sich schneller, als ihm lieb war, zum Gespött der Szene machen, in der er tätig war. Sicher, es kannten ihn nicht viele, aber er hatte schließlich seine eigene Handschrift im Laufe der Jahrzehnte entwickelt, anhand derer jeder sofort wusste, mit wem er sich anlegte. Er war schon zu alt, um seine diesbezüglichen Angewohnheiten noch einmal umzustellen. Nein, das sollte Leandras Markenzeichen werden. Das hieß natürlich, wenn sie jemals auch nur halb so weit käme, wie er selbst bereits in ihrem Alter gewesen war. So ließ er denn ihre Behandlung über sich ergehen, welche, wie er sich eingestehen musste, doch recht ordentlich und zügig vonstatten ging. Nun ja, wäre es anders gewesen, hätte er seine Meinung über ihre Bereitschaft, den nächsten Schritt zu tun, womöglich wieder geändert. Denn angewandte Praxis war es, die sie bereit machte und nicht stupides In-Sich-Hineinlernen.
„Was meinst du... Bist du bereit?”

Nachdem sie seine, wie er sie nannte, ‚Kratzer’ behutsam gesäubert, desinfiziert, mit Wundsalbe behandelt, mit einem hauchzarten Verband umwickelt und diesen schließlich auch ordentlich befestigt hatte, wollte Leandra die nun wieder säuberlich eingeräumte Plastikschachtel an ihren angestammten Platz zurück räumen, als sie seine Stimme beinahe dazu brachte, selbige vor Schreck fallen zu lassen. Doch schnell hatte sie sich wieder im Griff, stellte den Medikamentenbehälter weg, richtete sich langsam auf und drehte sich betont gelassen zu Andrej um.
„Natürlich bin ich bereit. Schon seit langem.”
Ihre Stimme schwankte nur ganz leicht.

„Also gut, dann wollen wir auch nicht länger unsere Zeit mit Geplauder vertun”, erwiderte Pientkow, wandte sich um und verließ die Hütte, nur um kurz darauf wieder aufzutauchen mit einem großen braunen Umschlag in den Händen, welchen er der erwartungsvoll vor ihm stehenden weißblonden Frau reichte, den diese sogleich nahm und nur kurz zögerte, ehe sie ihn mit einer schnellen Handbewegung aufriss, ihn herumdrehte und dessen Inhalt vorsichtig auf den kleinen wackligen Holztisch gleiten ließ.

Neugierig beugte sich Leandra etwas weiter nach vorn, während sie den einzigen auf den Tisch gefallenen Gegenstand aufmerksam betrachtete. Es war etwas, das sie zwar bereits kannte, jedoch niemals zuvor in solcher Aufmachung zu sehen bekommen hatte. Es war das Portraitfoto eines Menschen. Es stellte den Kopf eines hellhäutigen Mannes mit militärisch kurz geschnittenen dunklen Haaren, markanten Gesichtszügen und einem selbst auf dem Foto alles aufmerksam studierenden Blick dar. Sein Alter schätzte Leandra auf Ende dreißig oder Anfang vierzig, jedoch keinesfalls älter als fünfundvierzig Jahre. Auf der rechten Wange hatte er eine kleine Narbe unter seinem Auge, die ihm allerdings nur einen noch einprägsameren Ausdruck verlieh und ihn nicht im geringsten entstellte. Vorsichtig nahm sie das Foto hoch und betrachtete es minutenlang aus den verschiedensten Richtungen und Lichteinfällen, trat mit ihm auch ans Fenster und begutachtete es im hellen Tageslicht, um sich so jede Einzelheit so gut wie möglich einzuprägen. So lange, bis sie sich schließlich sicher war, den Mann selbst in schwachen Lichtverhältnissen und nur vom Foto geleitet erkennen zu können. Als sie fertig war, legte sie es auf den Tisch zurück und blickte erwartungsvoll zu Pientkow auf.
„Wann, wo und wie?”, erkundigte sie sich mit nun deutlich angespannter Stimme. Nach dem Grund und der Art ihrer Aufgabe brauchte sie nicht zu fragen, da sie im letzten halben Jahr mehr als genug über ihre zukünftige Tätigkeit gelernt hatte. Auch ein Name war für sie von nur geringem Interesse, da die Menschen, die sie beauftragt war zu finden, ihre Namen meist ebenso schnell wechselten wie andere ein paar Schuhe.

Zufrieden beobachtete Andrej, wie Leandra sich auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren begann. Es würde hoch interessant werden, sie dabei zu beobachten und so auf diesem Wege herauszufinden, ob sich seine Mühen die letzten sechs Monate über auch wirklich gelohnt hatten.
„Eine kleine Mietwohnung, etwas außerhalb von Washington D.C. gelegen. Dort wirst du ihn voraussichtlich die nächsten zwei Tage über antreffen können.”
Anschließend wandte er sich um, ging zu einem der kleinen Schränke und zog ein Bündel daraus hervor, das er ihr überreichte.
„Hierin findest du etwas für diese Gegend Angemessenes zum anziehen, zwei Pässe, eine Kreditkarte, etwas Geld sowie eine Stadt- und Umgebungskarte. Ich erwarte dich in spätestens drei Tagen wieder zurück. Wenn du versagst, brauchst du gar nicht erst wieder hier aufzutauchen.”
Mit diesen knappen Worten drückte er ihr die kleine Reisetasche in die Arme, schob sie kurzerhand zur Türe hinaus und schloss sie, ohne auf ihren überraschten Ausruf zu achten, wieder hinter ihr zu. Er erwartete nicht, dass sie versuchen würde, wieder vor Ablauf der drei Tagesfrist hier hereinzukommen. Wäre dem so, hätte sie die ihr gestellte Aufgabe nicht einmal im Ansatz bestanden.
Nachdem er mehrere Minuten gewartet hatte, trat er an eines der Fenster und spähte nach draußen. Zufrieden sah er gerade noch, wie Leandras Gestalt auf dem von Gras und Unkraut überwucherten Weg, denselben, auf dem er sie vor einem halben Jahr hierher gefahren hatte, verschwand und wie sie zügigen Schrittes, ohne zu zögern oder zu zaudern, ihren Weg ging.

Nachdem er sich ihres Verschwindens versichert hatte, schritt Andrej in die Mitte des Zimmers, beugte sich über eine der Dielen, zog sie zur Seite und holte darunter sein bisher versteckt gehaltenes Global hervor. Nachdem er es geöffnet hatte, tippte er eine bestimmte, nur ihm bekannte Nummer ein und wartete darauf, dass sein Anruf entgegen genommen wurde. Als dem schließlich so war, sagte er nur einige wenige Worte zu dem auf dem Bildschirm erschienen und ihn überrascht anstarrenden Gesicht:
„Der Vogel hat das Nest verlassen und ist auf dem Weg zu dir.”

„So schnell schon? Ich hatte erst in frühestens einem weiteren Jahr mit deinem Anruf gerechnet, Pientkow”, entgegnete der auf dem Globalbildschirm sichtbar gewordene Mann, der sich schnell wieder von seiner zuvor gezeigten Überraschung erholt hatte.
„Die Ausbildung neuer Rekruten dauert normalerweise zwei Jahre und nicht ein halbes, egal, wie gut sie sind. Oder willst du sie loswerden?”

Verärgert runzelte Andrej die Stirn und fuhr sein Gegenüber wütend an:
„Läge das in meiner Absicht, hätte ich das längst getan, jedoch sind ihre Anlagen derart ausgezeichnet, dass es keiner weiteren Schulung meinerseits mehr bedurfte. Scheitert sie, ist das nicht mein Problem und dann wohl auch nicht mehr deines, alter Freund.”

„Wie du meinst, aber du müsstest wissen, dass ich, nur weil du eine hohe Meinung von deiner Schülerin hast, nicht die geringsten Skrupel haben werde, sie zu töten, sollte sich herausstellen, dass sie für uns ungeeignet ist”, gab der mit Pientkow verbundene Mann kurz und bündig zur Antwort.
„Da sie mein Gesicht kennt, kann ich nicht zulassen, dass sie mit dem Wissen um unsere Organisation einfach so herumläuft und wer weiß wem in die Hände fällt.”

„Ich habe ihr nichts von Dark Knight erzählt. Das Einzige, was sie weiß, ist, wie Du aussiehst und dass du ihr erster Auftrag bist. Du solltest dich nicht zu sicher fühlen, mein Freund. Leandra ist sehr gut”, beschied Andrew den an ihm zweifelnden Mann mit kalter Stimme.

„Na schön, wenn sie wirklich so gut ist, dann werden wir sie gut gebrauchen können. Erst recht, nachdem zwei meiner Männer beim letzten Einsatz gestorben sind”, ließ sich der Dunkelhaarige schließlich doch noch dazu herab, die Aussage Pientkows als wahr zu akzeptieren. Die Frau musste wirklich hervorragend sein, wenn dieser derart von ihr eingenommen war.
„Bettis hat bereits alles Notwendige für unser erstes Aufeinandertreffen vorbereitet. Er wird sich dann bei dir melden, sobald das Ergebnis der Prüfung feststeht. Kincaid Ende.”

 

Ende von Kapitel 13

 

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