Startseite Aktuelles Update Geschichten Kategorien Bilder Forum - Der Baum Links Hilfe Kontakt
  „Revolution vs. Evolution” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsdatum: 21. Dezember 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Die Skrill erwacht und lernt ihre Umgebung kennen
Zeitpunkt:  erste Staffel - einige Monate nach 1x12 „Sandoval's Run”
Charaktere:  Hope, Dr. Belman, Jonathan Doors
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefallen hat. Mein ganz besonderer Dank gilt hier auch @Vibe, @Emma und @Sky, welche Erstere mit ihrer Betatätigkeit und welche Beiden nächsten mit diesem wunderbaren E:FC FF Archiv etwas geschaffen habe, das im Internet und in der Fanarbeit seinesgleichen sucht.
 

 

REVOLUTION VS. EVOLUTION

Kapitel 10

 

Sie erwachte - ein Umstand, der sie weitaus mehr in Verwirrung stürzte als alles bisher Geschehene. Sie hatte noch nie zuvor geschlafen. Doch wenn sie so etwas noch nie vorher getan hatte, woher wusste sie dann, dass sie es getan hatte, wie es hieß und vor allem, woher diese neuen und seltsam strukturierten Gedanken und Überlegungen so plötzlich auftauchten? Sie konnte es nicht sagen, genauso wenig, wie ihr bewusst wurde, dass sie schon seit längerem derart anders dachte und fühlte. Sicherlich kannte sie gewisse Ruhephasen - die immer mit einem neuen Wachstumsschub einher gegangen waren - doch hatte sie geglaubt, solche nicht mehr zu erleben. Sie hatte geglaubt, nun vollkommen ausgereift zu sein und ... und dann ... hatte sie geschlafen. Es war anders als alles andere, das sie zuvor kennen gelernt hatte. Es war nicht der erzwungene und durch eisige Kälte hervorgerufene Schlaf gewesen, den sie gerade erlebt hatte.

Nein, es war etwas gänzlich anderes. Etwas, das sie nicht wirklich einzuschätzen in der Lage war. Sie hatte an Wissen gewonnen, an Erkenntnissen und Strukturen, die ihr gesamtes Weltbild neu geordnet hatten. Da war es plötzlich wieder - sich ineinander verwirbelnde Farben, die sich zu einem kompakten Gebilde zusammenzogen und dann wieder auseinander flossen. Farben, die Muster und Formen zu bilden begannen und die ihr bei fast jedem neuen Gedanken neue Dinge zeigten und ihr wohl zu erklären versuchten. Wie auch bei dem letzten Begriff, den sie zuvor mit nichts von ihr Gekanntem in Verbindung gebracht hatte, doch nun wusste sie plötzlich, durch das vor ihr schwebende Bild einer blauweißen in der Dunkelheit schwebenden Kugel, in welcher sich weitere Farbkleckse, braun und grün miteinander vermischten, dass dies die Bedeutung, oder auch nur eine davon, von solchen Begriffen wie ‚Weltbild’ waren.

Immer mehr Gedanken und Eindrücke stürzten auf sie ein und erfüllten sie mit einem Wissen und mit Erkenntnissen, die sie nur am Rande ihres Bewusstseins wirklich zu begreifen begann. Ihr war klar, dass noch ein langer Weg vor ihr lag, bis sie endlich alles, was mit ihr geschah, zu verstehen gelernt hätte. Wieder wirbelten die verschiedensten Farben und Bilder durch ihren Geist. Diesmal zeigten sie ihr eine endlos lange Straße, links und rechts von weißgelbem Sand umsäumt, in welchem nur ab und an ein grüner Klecks etwas darstellte, das ‚Kaktus’ genannt wurde, und kaum, dass sich dieses Bild gefestigt hatte, wurde es auch schon durch ein anderes ersetzt, doch dieses Mal war ein Gefühl dabei, sie spürte etwas, das sie entfernt an die langen Spitzen erinnerte, die sie zuvor immer wieder gepiesackt hatten. Sie erkannte, dass diese Empfindung mit dem ‚Kaktus’ zusammenhing - dass man ihn nicht anfassen sollte, da er ebenfalls so wie die langen Spitzen zu stechen vermochte.
Kaum hatte sie diese Informationen in sich aufgenommen, wurde sie auch schon mit einer weiteren Flut von Bildern, Eindrücken und den dazugehörigen Empfindungen konfrontiert, die sich bei fast jedem ihrer Gedanken neu zu bilden begannen. Bei den langen Spitzen sah sie plötzlich eine Nadel vor sich, die sich auf ihren Hals zu bewegte, ein Bild, das mit starken Schmerzen verbunden war. Bei dem Wort ‚Konfrontation’ hingegen sah sie plötzlich einen alten Mann vor sich, der sich offenbar mit etwas, mit jemandem - oder sogar mit ihr? - zu streiten schien. Sie sah bei dem Begriff ‚streiten’ plötzlich aufeinander zu rasende Tiere, Pferde, deren Reiter mit langen Stangen sich gegenseitig zu verletzen suchten ... Wieder erfuhr sie mit jedem neuen Wort, jedem neuen Eindruck gleichzeitig eine unglaubliche Fülle von damit zusammenhängenden Bedeutungen und Informationen ...

Es war zu viel, viel zu viel, sie konnte es nicht mehr stoppen, je weiter sie erwachte, je weiter sie dachte, desto mehr wurde es. Am liebsten hätte sie laut geschrien, ihre Angst und ihre Panik hinausgebrüllt, doch auch das konnte sie nicht, da schon allein bei diesen letzten beiden Sätzen - wieder ein neuer Begriff, den sie zu gebrauchen wusste - eine weitere Welle auf sie zu raste und sie zu verschlingen drohte. Sie konnte sich nicht dagegen wehren, nicht schreien oder etwas Ähnliches tun ... oder vielleicht doch? Da war etwas Neues, etwas noch nicht Gekanntes und dennoch seltsam Vertrautes. Sie nahm ein lautes, ansteigendes und nicht enden wollendes Geräusch wahr - etwas, das sie an ihre vorherige Daseinsform erinnerte, etwas, dem sie folgen und vertrauen konnte. Dieser Laut, den sie - ja, sie selbst, dessen war sie sich nun absolut sicher - gerade ausstieß, würde sie führen können, würde ihr einen Weg zeigen, hier heraus zu finden, dem auf sie einstürzenden Chaos zu entkommen.

 

Sie begann ihre Glieder zu bewegen, erst langsam, dann immer schneller. Doch diese waren anders, ganz anders als zuvor ... Ihr gesamter Körper hatte sich auf eine so vollkommene Art und Weise verändert, dass sie lange Zeit brauchen würde, um sich vollständig mit ihm anzufreunden.
‚Seltsam, diese Gedanken, die ich denke ... die mich nicht mehr loslassen und mir Angst einjagen ... Es ist alles so fremd ... so anders ... und dennoch ... irgendwie auch wieder .... auf seltsame Art und Weise vertraut. So, als hätte ich nie anders gedacht. Als wäre diese Ebene des Fühlens und der Wahrnehmung das Selbstverständlichste der Welt.’ Erschaudernd wand sie sich auf dem weichen, warmen Boden, auf dem sie erwacht war. Ihr neu gewonnenes Wissen wollte ihr mitteilen, um was es sich dabei handelte, doch schenkte sie dieser Information keine Beachtung. Sie schob sie beiseite, so gut sie es vermochte und konzentrierte sich voll und ganz darauf, ihre neuen Gliedmaßen unter Kontrolle zu bekommen.

Fast hätte sie ihre Konzentration wieder verloren, als ihr bewusst wurde, dass es ihr tatsächlich gelungen war, das, was geradezu darauf zu lauern schienen, sich in ihren Geist ergießen zu können, zurückzuhalten und fürs Erste einmal aus ihren Gedanken zu verbannen. Doch dann fasste sie sich wieder und zwang sich, weiterhin auf die verschiedenen Körperteile zu achten, die sie nach ihrem Erwachen wohl neu erhalten hatte. Insgesamt waren es wohl ganze einunddreißig Gliedmaßen, die zum einen zueinander zu gehören schienen und zum anderem wohl auch getrennt voneinander funktionierten. An ihrem Hauptleib, der eine Dimension besaß, die sie sich in ihrem vorherigen Zustand nicht einmal zu erträumen gewagt hätte, befanden sich insgesamt fünf Hauptglieder, welche sie in verschiedene Winkel bewegen konnte. Jeweils zwei dieser langen Körperteile befanden sich unten und oben, seitlich mit ihrem Leib verbunden, wobei sie die unteren in der ungefähren Mitte am leichtesten nach innen und die oberen in deren Mitte ohne Mühe nach außen hin abzuwinkeln vermochte. Besonders faszinierend waren die fünf an jedem der beiden oberen und nach außen hin abwinkelbaren Gliedmaßen befindlichen kleineren Gelenke, die jedes für sich genommen und von den anderen getrennt eigenständige Bewegungsabläufe zu entwickeln vermochten.

Durch die insgesamt zehn länglichen und sehr empfindsamen Bestandteile ihres neuen Körpers an den beiden oberen seitlichen Gliedern erfühlte und ertastete sie ihre nähere Umgebung. Sie streckte sie ganz aus - auf der Suche nach einer Begrenzung, nach irgend etwas, das sie an diesem Ort würde halten wollen, doch fand sie bis auf das Gefühl daran vorbei fließender Luft und der glatten, warmen und angenehm weichen Oberfläche, auf der sie lag, nichts, das sie in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken versuchte. Durch eben diese Wahrnehmungen erkannte sie, dass diese zehn einzeln so beweglichen Glieder wohl ihre neuen Fühler sein mussten. Erfreut über dieses Wissen, das nichts mit dem so Fremden und zugleich Vertrauten zu tun hatte, das am Rande ihres Bewusstsein stets darauf lauerte, sich auf sie stürzen zu können, um sie mit Informationen zu versorgen, fuhr sie mit neu erwachter Energie fort, ihre dazu gewonnenen Körperteile zu erkunden und deren Funktion zu enträtseln.

Das Nächste, das sie genauer kennen zu lernen gedachte, waren die kurzen zehn Fühler, die sich an ihren unteren beiden langen Gliedern befanden. Diese waren nicht so beweglich wie ihre oberen zehn. Doch da sie auch mit diesen besser tasten und erforschen konnte als mit dem Rest ihres Leibes, beschloss sie, dass auch diese zu ihren neuen Fühlern gehören mussten. Anschließend wandte sie ihre gesamte Aufmerksamkeit dem zweiten Teil ihres Körpers zu. Dieser war etwas rundlich und schien, wie ihr einstiger Rückenpanzer, eine harte Schale zu besitzen. Jedoch verwirrte sie, dass ihre Gedanken und die Koordination sich am ehesten in eben diesem kleineren und harten Teil ihres Leibes aufhielten, etwas, das in ihrem früheren Zustand von ihrem Kopf ausgegangen war. Doch wenn das bei diesem neuem Körper der Kopf sein sollte, warum war er dann wie ein Rückenpanzer gesichert, und wo befanden sich ihre beiden langen Fühler, mit denen sie ihre Umgebung nach den lebenswichtigsten Dingen, wie zum Beispiel Nahrung, und möglichen Bedrohungen würde absuchen können? Vollkommen verwirrt über diese eigentlich unmögliche und unsinnige Gestalt ihres neuen Körpers und erschöpft von der Anstrengung, das stets in ihren Gedanken lauernde Wissen fern zu halten, schlief sie schließlich ein.

Wieder etwas, das sie das erste Mal tat, und ein Vorgang, der sich vollkommen von ihren bisherigen Erfahrungen und den ihr aufgezwungenen Bewusstlosigkeiten unterschied. Das, was sie nun ereilte und mit behutsamem Griff umfing, ängstigte sie nicht mit der namenlosen Furcht, niemals wieder zu erwachen, sondern enthielt viel mehr das lautlose Versprechen, sich nach dem Wiedererwachen erholt und mit neuen Kräften belebt wieder zu finden. So wehrte sie sich nicht gegen den sie sanft in das unter ihr befindliche warme, weiche Lager niederdrückenden Schlaf, sondern hieß ihn im Gegenteil voll neu erwachter Neugier und nicht enden wollendem Wissensdurst willkommen.

 

Fremde, ihr ungewohnte Laute waren es, die sie aus ihrem ersten Schlaf wieder weckten. Laute die sie zuvor noch nie vernommen hatte. Überhaupt umgab sie eine derartige Fülle von ihr noch unbekannten Geräuschen, dass sie voller Schrecken regungslos verharrte und das einzige tat, was sie in diesem Moment zu ihrem Schutz zu tun in der Lage war. Sich tot stellen, so tun, als ob sie noch schlafen würde ... ihren möglichen Feinden und allen anderen beweisen, dass sie harmlos war und für niemanden eine Bedrohung darstellte. Doch das stimmte nicht ganz. Sie konnte sich durchaus zur Wehr setzen. Wie schon so viele Dinge zuvor, blitzten erneut einige Bilder in ihrem Innerem auf und zeigten ihr, wie sie sich vor, wie es schien, sehr langer Zeit, gegen die langen Spitzen erfolgreich gewehrt hatte. Ja, sie war durchaus nicht so schutzlos, wie sie zu Anfang gedacht hatte. Sie musste nur geduldig bleiben. Darauf warten, dass der Feind zu ihr kam. Dann konnte sie es tun. Sich anspannen, springen und zuschlagen. Erleichtert über diese neue Erkenntnis, die ihr einiges an innerer Stärke und Kraft wiedergab, wandte sie ihre Aufmerksamkeit nun wieder den seltsamen sie umgebenden Geräuschen zu. Jetzt, da sie wusste, dass sie sich durchaus zu schützen in der Lage sein würde, schaffte sie es, ihre Aufmerksamkeit auch auf etwas anderes als die Frage des Überlebens in den nächsten Momenten zu richten und konzentrierte sich, so gut sie es vermochte, auf das neue sie umgebende Netz, bestehend aus den verschiedensten Tönen und Klängen.

Ein Piepen, Rascheln, Summen und Schaben umgab sie, und während sie noch damit beschäftigt war, der auf sie einstürzenden Geräuschflut eine Bedeutung zuzuweisen, drängte sich einer dieser Laute immer wieder in den Vordergrund und rückte so allmählich Stück für Stück in das Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Es war ein stetiges, in seiner Tonart gleich bleibendes und nicht enden wollendes Auf und Ab.
Nur langsam wurde ihr bewusst, dass dieses Etwas - eine Stimme war.
Eine Stimme, die ihr immer näher kam und sie nicht in Ruhe ließ. Eine Stimme .... Eine ruhige, fast schon monotone Stimme ... Ein Laut, der ihr merkwürdig vertraut vorkam. Seltsam irgendwie ...
Ein Teil von ihr schien diese Stimme zu kennen und genau zu wissen, um was es sich bei dieser handelte. Ein Teil von ihr wusste einfach, dass diese Stimme gerade dabei war Worte zu formen. Worte, die eine Bedeutung besaßen ... eine für sie wichtige Bedeutung. Vielleicht eine Warnung? Ein Hinweis auf ihr drohende Gefahren? Etwas in ihr drängte sie, sich noch weiter zu öffnen, der Stimme dort draußen zu lauschen und der in ihrem Inneren nachzugeben. Sich fallen zu lassen und das ihr geschenkte Wissen einfach anzunehmen. Doch sie wagte es nicht, sich erneut derart schutzlos zu geben. Sie wollte niemals mehr unvorbereitet etwas derart Schreckliches wie die letzten erlebten Dinge durchstehen müssen. Sie hatte Angst, so große Angst, das bisher an Wissen Erfahrene wieder zu verlieren, wenn sie auf die Stimmen zu hören begann und somit wieder, wie früher, in ihrem vorherigen Leben, in einen Zustand der Ahnungslosigkeit und des Ausgeliefertseins zurückzufallen. Sie wollte lieber kämpfen, um das zu behalten, was sie bisher gelernt und begriffen hatte. Das nächste Mal, wenn jemand kam, um sie fortzubringen, würde sie sich noch effektiver zu verteidigen wissen. Denn zu diesem neuen Wissen, das sie in ihrem Schlaf erlangt hatte, gehörte auch das Verstehen einiger grundlegender Bewegungsabläufe. Bewegungen, die sie dazu nutzen konnte, ihren neuen Körper aus seiner derzeitigen Lage zu befreien und ihren Feinden endgültig und ein für allemal zu entkommen.

In eben diesem Moment geschah es, dass sich die zuvor noch etwas entfernte Stimme plötzlich in ihrer unmittelbaren Nähe befand. Sie spannte sich an, ihr ganzer Körper zog sich zusammen, sammelte die für den bevorstehenden Sprung notwendigen Kräfte und dann ...
Schneller als sie es erwartet hatte, war die Stimme ganz dicht bei und zugleich über ihr und ihr Gegner hatte sie erreicht. Etwas Langes, Weiches griff nach ihr. Etwas berührte sie, das sich anfühlte wie - wie ihre eigenen langen oberen zehn Fühler. Doch hatte sie einfach keine Zeit, lange zu überlegen und abzuwägen, was zu tun sei. Zögerte sie noch länger, war sie verloren. Dies hier war möglicherweise ihre einzige Chance zur Flucht. Genau jetzt, wo ihre Gegner sie wohl noch für zu schwach hielten, genau so etwas zu tun. Auch wenn diese Stimme und die sie sanft berührenden Fühler ihr keine unmittelbare Gefahr signalisierten, so war deswegen die Möglichkeit, daß solche bestand, nicht vollkommen auszuschließen.

Es gab viel zu viele Lebensformen, die sich harmlos stellten und dann, sobald ihre erwählte Beute begann, nachlässig und unaufmerksam zu werden, zuschlugen. Sie selbst hatte so etwas zwar noch nicht erlebt, doch aus ihren geerbten Erinnerungen, aus den gesungenen Liedern wusste sie zum Beispiel von riesigen, Schatten spendenden Pflanzen, die vorgaben, nicht nur einen reichhaltigen Futterplatz unter ihren großen, gezackten Blättern zu verbergen, sondern auch noch Schutz vor den Stürmen ihrer ursprünglichen Heimatwelt boten. Auch diese Pflanzen warteten meist bis zum letzen Augenblick, bis das Opfer gesättigt und erschöpft unter den dunklen Blättern zusammensank und, nichts Böses ahnend, zu ruhen begann. Erst dann schlug dieser heimtückische Feind zu und es gab kein Entkommen mehr. Nichts, das sie bisher erlebt hatte, versicherte ihr, das diese neue Stimme und diese neuen Fühler, die sie nun berührten und die wohl Kontakt zu ihr aufnehmen wollten, etwas anderes waren als eben eine solche hinterlistige Pflanze. Natürlich konnte es auch tatsächlich etwas ihr wohl Gesonnenes sein, doch da sie in ihrem bisherigen Leben noch nichts dergleichen erlebt hatte, ging sie lieber kein Risiko ein. Sie selbst hatte nun keine andere Wahl mehr, als zu versuchen, endgültig den sie umgebenden Bedrohungen und ihr noch unbekannten Gefahren zu entfliehen.

In eben dem Moment, als die fremden Fühler sie berührten und die Präsenz dieses anderen Wesens sie fast zu ersticken drohte, schlug sie zu, und als das fremde Wesen, mit der täuschend freundlichen Stimme vor ihrem Angriff offenbar erschrocken zurückwich, sprang sie auf und rannte - rannte durch ihr unbekannte Gänge und sprang über ihr im Weg stehende Hindernisse, so schnell wie noch nie zuvor. Den hinter ihr laut werdenden Stimmen schenkte sie nur insoweit Beachtung, dass sie die Entfernung ihrer Verfolger abschätzen und noch schneller davoneilen konnte.

Sie eilte immer weiter, durch etwas, das sich wie eine dünne, aber bei ihrem Durchlaufen nachgebende Wand anfühlte, oder viel eher - wie es in ihren geerbten Erinnerungen plötzlich bei der Berührung des elastischen Dings aufblitzte - durch ein herabhängendes Farngewächs, nur, dass dieses hier sich nicht wie Blätter anfühlte, es war viel zarter und zugleich auch stabiler. Eine Wand aus Farnen würde bei ihrem Hindurchstürmen nicht so unbeschadet zurückbleiben. Mindestens eines der zarten Blätter hätte sie zerstört, seine ureigenste Struktur auseinander gerissen und wild aufwirbelnd hinter sich gelassen. Doch dieses hier ...
Dieses dünne, glatte und dennoch nachgiebige Ding, das sie zuerst nicht einmal wahrgenommen hatte und das ihr nun den Weg versperrte, war vollkommen anders. Es umgab sie, als sie auf es zu- und hindurch zulaufen versuchte. Es umhüllte ihren Körper vollständig und gab erst nach, als sie nicht, wie es ihr erster Gedanke war, stehen blieb oder zurückwich, als sie es berührte, sondern, von den sie verfolgenden und stetig näher kommenden Stimmen angetrieben, weiter rannte. Das leicht glänzende und dennoch die Sicht nicht versperrende Material gab sofort dem Druck ihres heranstürmenden Körpers nach und, ehe sie sich's versah, war sie auch schon hindurch gelaufen.

 

Ende von Kapitel 10

 

Zurück / Back

 

Zum Seitenanfang