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  „Die andere Seite” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Oktober 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Bob Morovsky trauert um einen verlorenen Freund.
Zeitpunkt:  zweite Staffel - einige Monate nach 1x22
Charaktere:  Captain Bob Morovsky, Leutnant Millers, zwei Drogenjunkies, einige Sanitäter
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefällt. Es ist mein erster Ausflug in die Welt der E:FC-FF und ich kann nur sagen: Es hat mich voll erwischt.
 

 

DIE ANDERE SEITE

Kapitel 6

 

Bob Morovsky hatte gerade einen jener eher langweiligeren als schweren Arbeitstage hinter sich, die wohl jeder Arbeitnehmer früher oder später immer mal wieder erleben durfte und die anscheinend nie enden wollten. Seufzend legte er die gerade von ihm bearbeitete Akte beiseite. Wieder ein in Geld schwimmender Verbrecher der oberen Schicht, der durch seinen gut bezahlten Anwalt vor der wohlverdienten Strafe bewahrt worden war. Ein angeblicher Fehler bei der Festnahme hatte zum Freispruch geführt. Abfällig schnaufend schüttelte Captain Bob Morovsky den Kopf und wollte schon nach der nächsten Akte auf dem nie weniger werdenden Stapel zu seiner Linken greifen, als sein Blick auf das einzige Foto fiel, das er auf seinem großem Schreibtisch stehen hatte.

Ein breites, schwarzes Band spannte sich über die untere rechte Ecke des Bildes, das ihn zusammen mit seinem verstorbenen Freund Captain William Boone zeigte. Ja, Captain - denn was immer die Taelons mit ihm gemacht hatten - seit er für diese arbeitete, hatte er sich vollkommen verändert. Wieder dachte Captain Morovsky an den Tag zurück, als ihm zum ersten Mal vollends bewusst wurde, wie sehr sein Freund sich gewandelt hatte.

Ein ehemaliger Kamerad und bester Freund von William Boone hatte angeblich ein Attentat auf den Nordamerikanischen Companion Da'an ausgeführt und Will musste ihn wohl erkannt haben, denn er hatte darauf bestanden, dass er allein als erstes mit ihm reden wollte, wenn man ihn zu fassen bekam. Er hatte zugestimmt. Nicht nur, weil Will sein Freund war, sondern auch, weil er wusste, wie schwer es diesem fallen würde, die Tatsache zu akzeptieren, dass sein ehemaliger Brautführer sich plötzlich zu einem kaltblütigen Mörder gewandelt hatte. Bob wusste aber auch, dass, ganz egal welche Freundschaft Will und den Beschuldigten verband, dieser seine Pflicht als Polizist tun würde.

Kurz darauf war Wills Frau bei einem Autounfall verstorben und zwei Tage später hatte er das schon zuvor an ihn gerichtete Angebot der Companions angenommen, für sie zu arbeiten. Zu Anfang hatte Bob sich nicht viel dabei gedacht. Er war stolz auf seinen Freund, dass dieser die Karriereleiter weiter hinaufgefallen war - was auch für ihn selbst eine Beförderung zum Dienststellenleiter beinhaltete - und hatte sich nur insoweit gesorgt, da Boone sich keinerlei Pause mehr gönnte. Doch Bob schob dieses Verhalten - das sich in die Arbeit stürzen - auf den erlittenen Verlust und vermutete, dass sich Will einfach dadurch ablenken wollte.

Später dann, als sie Eddie Jordans Leiche fanden - ihm lief immer noch ein eisiger Schauder über den Rücken, wenn er an Wills vollkommen emotionslose Reaktion dachte - hatte er angefangen zu begreifen, dass die Companions wohl weitaus mehr darunter verstanden, jemanden für sich arbeiten zu lassen, als ihn nur einzustellen. William Boone, der jetzt zum Commander aufgestiegen war, hatte sich vollkommen verwandelt. Aus dem einst zwar ernsten und nur sich selbst trauenden, doch ebenso immer für einen Scherz zu haben seienden Kollegen und Freund war eine gefühlskalte Maschine geworden.

Abermals leise seufzend streckte Bob Morovsky seine Hand aus und ergriff das in einem schweren, hölzernen Rahmen steckende Portrait. Es war an einem ihrer wöchentlich stattfindenden Pokerabende aufgenommen worden und zeigte ihn selbst und Will Boone, Seite an Seite stehend und in die Kamera hineinblinzelnd. Mit einem Lächeln erinnerte er sich an die dem Pokerabend nachfolgende Nacht, in welcher sie zusammen durch die Bars der Stadt gezogen waren und auf Wills bevorstehende Hochzeit angestoßen hatten. Captain Morovsky's Lächeln verblasste schlagartig wieder, als er sich daran erinnerte, dass ihre spätere Beziehung, nach Wills Eintritt in die Dienste der Taelons, merklich abgekühlt war und es von heute auf morgen auch keine gemeinsamen Touren mehr gegeben hatte.

Wenn er es genau nahm, hatte er ihn schon vor über einem Jahr verloren und nicht erst vor etwas mehr als drei Monaten, als ein Serienmörder durch die Stadt lief und die Taelons wie verrückt hinter diesem Mann her waren. Das war der Tag, an dem Will starb, der Tag, an welchem Bob viel zu spät erkannte, dass Will sich zwar nach außen hin verändert und von ihm abgewandt hatte, aber innerlich immer noch derselbe war. Es war der Tag, an dem sein Freund sich für ihn geopfert hatte, in dem er die Aufmerksamkeit des Wahnsinnigen auf sich selbst lenkte, als Bob gerade zusammen mit einem Einsatztrupp die Kirche stürmte und ... und Will sich verbal zwischen ihn und den Gesuchten warf. Bob hatte, kaum dass er die Kirche betrat, erkannt, dass er jetzt, innerhalb der nächsten Sekunden, sterben würde.

Er hatte die Energiewaffe, oder was immer das für ein Ding sein sollte, das weißgelb glühende Energiekugeln verschoss, auf sich gerichtet gesehen und hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen, als er Boones Stimme hörte: „Nein!!!”br>Niemals würde er diesen Schrei vergessen, mit dem sein Freund die Aufmerksamkeit von ihm ablenkte und so das Feuer der Energiewaffe auf sich selbst zog. Niemals würde er auch die Szene vergessen, in welcher Will mit solcher Macht getroffen wurde, dass er durch die halbe Kirche flog und zwischen den hölzernen Bänken landete, die unter der Wucht seines Aufpralls zerbrachen. Auch würde er die schrecklichen Wunden nicht vergessen, die sein Freund dadurch erlitten hatte. Wie er da lag und immer wieder den Namen des ... seines Mörders aussprach und wie seine Stimme dabei immer leiser und brüchiger wurde. „Ha'gel ... Ha'gel ...”

Langsam stellte er das Bild wieder an seinen Stammplatz zurück, öffnete die unterste Schublade seines Schreibtisches und zog ein Taschentuch aus der geöffneten Packung hervor, womit er sich die seine Wangen hinab laufenden Tränen abwischte. „Ich bin ein sentimentaler alter Narr”, murmelte er leise und schnäuzte sich in das Kleenex. Immer noch wachte er jede Nacht schweißgebadet auf, von Alpträumen geplagt und von dem Wissen, dass er Schuld an dem Tod seines Freundes war. Egal, wie sehr sich Will auch verändert haben mochte, er hatte sich am Ende für ihn geopfert und das zeigte Bob Morovsky, dass William Boone im Herzen immer noch derselbe geblieben war. Derselbe Mann, der ihm geholfen hatte, als er sich von seiner Frau hatte scheiden lassen. Ohne zu zögern hatte Will ihn damals zu sich und Kathy - seiner damaligen Verlobten und zukünftigen Frau - in ihr Haus ziehen lassen. Im selben Monat hatte sich Bob bei seinem Freund quasi einquartiert und nicht ein einziges Mal war ein Wort oder etwas anderes gekommen, dass er sich gefälligst eine eigene Unterkunft suchen sollte. Ganz im Gegenteil, die beiden hatten ihn wieder mit seiner Frau zusammen gebracht und es geschafft, dass er jetzt zwar immer noch getrennt, aber wenigstens in Frieden und Freundschaft mit ihr leben konnte. Derselbe Mann, den er vor drei Monaten beerdigt hatte, weil er sich für ihn geopfert hatte.

Wieder stiegen ihm ungewollt die Tränen in die Augen, als er an seinen vor ihm im Sterben liegenden Freund dachte und abermals die schrecklichen Wunden vor sich sah. Schaudernd zwang Bob Morovsky sich, seine Gedanken wieder auf die sich auf seinem Schreibtisch anhäufende Arbeit zu konzentrieren, als ein lauter Schuss seine trübsinnigen Überlegungen durchbrach.


Er sprang so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten gegen den metallenen Büroschrank schepperte und eine auf diesem stehende, mit weißen Nelken gefüllte Blumenvase durch die Erschütterung zu kippen begann. Doch Captain Bob Morovsky bekam nicht einmal mehr mit, ob die Vase samt Inhalt auf dem täglich frisch geputzten Parkettboden zerschellte und sich Scherben, weiße Nelken und das Blumenwasser auf diesem verteilten oder nicht, er war jetzt wieder ganz Polizist, schnappte sich seine Waffe, rannte aus seinem Büro, rechts den Gang hinunter und kam schlitternd in dem von Chaos beherrschten Allgemeinbereich des Polizeireviers zum Stehen.

Einige der Streifenpolizisten hatten gerade einen offenbar im Besitz einer Waffe befindlichen und lauthals alle ‚Bullenschweine’ verfluchenden Jugendlichen außer Gefecht gesetzt, während andere sich um einen am Boden liegenden Körper versammelten und ein weiterer rief, man solle schleunigst einen Notarzt rufen. „Was ist hier los?”, herrschte er den nächstbesten an ihm vorbei eilenden Beamten an, der, als er ihn erblickte, sofort Haltung annahm und zu berichten begann.

„Captain Morovsky, Sir, wir hatten gerade zwei verhaftete Drogenjunkies ins Präsidium gebracht, als es einem von ihnen gelang, den Kollegen Benatz zu überrumpeln und so in den Besitz seiner Waffe zu kommen. Wir wollten gerade versuchen, den bis oben hin mit Drogen Abgefüllten zu beruhigen und zu entwaffnen, als der Bastard zu plötzlich wie verrückt zu schießen begann.”

Morovsky nickte leicht, während sein Blick durch das sich nur langsam wieder beruhigende Polizeirevier glitt und er dabei fast schon automatisch eine Liste derjenigen erstellte, die die Ruhe bewahrten und derer, die wie aufgescheuchte Hühner herumliefen und damit alle Anderen in ihrer Arbeit oder beim Aufräumen behinderten. Endlich war es vier Beamten gelungen, dem jungen Mann Handschellen anzulegen und ihn - trotz seines wilden Geschreis und um sich Tretens - den Gang hinunter in den Zellentrakt zu schaffen. Er konnte die laut geschrieenen Verwünschungen noch mindestens zwei weitere Minuten lang zu sich herüberschallen hören, ehe sich die eiserne Feuerschutztür schloss und so jedwedes Geräusch aus dem Zellentrakt abrupt abschnitt.

Die meisten waren damit beschäftigt, einfach im Weg herum zu stehen und sichtlich geschockt in die Gegend zu starren. Doch wenigstens schien es sich bei den meisten dieser Leuten um Zivilisten zu handeln und nicht um sich eigentlich im Dienst - egal ob nun Streifen- oder Bürodienst - befindliche Beamte. Eine alte Frau war offenbar ohnmächtig auf ihrem Stuhl zusammengebrochen, während ihr an der Leine hängender und laut kläffender Handtaschenhund das herrschende und sich nur langsam beruhigende Chaos um ihn herum nur noch verstärkte. Einige Bürotische waren bei der vergangenen Auseinandersetzung wohl verschoben und einige Stühle umgeworfen worden. Doch auch darum wurde sich bereits gekümmert. Eine der Telefonistinnen begann gerade damit, die verschobenen Tische gerade zu rücken und die umgeworfenen Stühle wieder an ihre rechtmäßigen Plätze zurück zu stellen. In Gedanken sich den Namen der jungen Frau notierend, die nicht wie einige der Anderen weinend in einer Ecke saß, sondern, ohne aufgefordert worden zu sein, half, nahm er sich vor, sie so bald wie möglich zu belobigen.

„Captain Morovsky”, rief ihm Leutnant Millers - einer der wenigen Beamten, die sich in der Erstbehandlung von Verwundeten mehr als nur gut auskannten - zu und winkte ihn zu dem reglos auf dem Boden liegenden Mann hin. „Kommen Sie bitte mal, Sir, ich bin sicher, dass Sie ...”, doch weiter kam er nicht, da Bob Morovsky den Rufenden ignorierte und sich stattdessen einem der anderen nutzlos in der Gegend herumstehenden Männer zuwandte.

„Ist das Krankenhaus informiert worden?”, erkundigte er sich und überhörte dabei, so gut er konnte, Leutnant Millers drängende Stimme.

Sich wohl gerade bewusst werdend, wo er war und was seine Pflichten waren, straffte sich der Angesprochene: „Ich werde mich sofort darum kümmern, Sir.”

„Nicht nötig, das habe ich schon veranlasst!”, erklang dicht hinter Bobs Rücken Millers Stimme. „Sir, bei dem angeschossenen Mann handelt es sich um ...”

Sich demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung wendend und auf die ohnmächtige Frau mit dem kläffenden Dackel zugehend, meinte er schroff: „Kümmern Sie sich darum, Millers, ich habe hier weiß Gott genug zu tun.”

„Aber Captain Morovsky!” ... versuchte dieser es erneut, doch plötzlich drehte sich der Angesprochene um und funkelte ihn zornig an.

„Das war ein eindeutiger Befehl, Millers! Kümmern Sie sich um den Mann, bis der Krankenwagen da ist, das dürfte sowieso nicht mehr lange dauern. Anschließend geben Sie mir die Personalakte des Mannes und ich verständige die Familie und andere etwaige Angehörige. ‚Bei allem, was heilig ist, ich kann es einfach nicht ertragen, noch einen Mann zu verlieren, ihn vielleicht sterben zu sehen wie ...’ Sich selbst in seinen eigenen sich immer wieder im Kreis bewegenden Gedanken unterbrechend, versuchte er sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Langsam wanderte er den Gang entlang und sprach beruhigend auf einige der am meisten verstört wirkenden Menschen ein. Anderen wies er eine Arbeit zu und einer der Putzfrauen - ihr Name wollte ihm im Moment einfach nicht einfallen, aber er wusste, dass sie Hunde mochte - befahl er, sich um die immer noch bewusstlose alte Dame zu kümmern.

Derart beschäftigt drehte er seine Runde durch das Revier. Nur kurz wurde seine Aufmerksamkeit von seiner Arbeit abgelenkt, als zum einem die immer lauter werdenden Sirenen die Ankunft des Krankenwagens ankündigten und zum anderem zwei weitere Beamte einen ebenfalls offenkundig unter Drogen stehenden jungen Mann aus einem der seitlich gelegenen Büros befreiten. Die ihn abführenden Beamten hatten ihm nicht nur die üblichen Handschellen umgelegt und seine Hände so auf dem Rücken gebunden, dass es wohl mehr als nur ein wenig unbequem sein musste, sondern eskortierten ihn auch - jeder einen seiner Arme festhaltend - zu seinem Kameraden in den Zellentrakt. Im Gegensatz zu seinen schießwütigen Vorgänger setzte sich dieser Delinquent nicht zur Wehr. Ganz im Gegenteil, der benebelte Blick seiner geweiteten Augen war wie festgefroren auf einen bestimmten Punkt gerichtet.

Fast schon gegen seinen Willen folgte Captain Bob Morovsky dem Blick des Drogensüchtigen und erblickte nun erstmals bewusst die um ihren angeschossenen Kollegen stehenden Männer und Frauen. Seufzend ergab er sich in seine Pflicht, trat zwischen die sich um den Verletzten drängenden Menschen und wies sie an, den Ärzten und Sanitätern gefälligst nicht im Wege zu stehen. Jedenfalls hatte er dies vorgehabt, bis sein Blick auf die leblos in ihrem eigenen Blut am Boden liegende Gestalt fiel. Erbleichend schwankte er und musste sich unweigerlich an einem der neben ihm Stehenden festhalten, um nicht selbst umzufallen. „Das ist unmöglich ... das ...” Krampfhaft schloss Bob Morovsky seine Augen, weil er einfach nicht glauben konnte, welches Bild sich ihm direkt vor seinen Füßen bot.

Eine starke Hand ergriff seine Schulter und drückte sie leicht. „Das ist Commander Boone, Sir”, erklang Leutnant Millers Stimme dicht neben ihm „ich hatte es Ihnen die ganze über schon sagen wollen, aber ...” Zögernd verstummte er und hielt seinen offenbar kurz vorm Umkippen befindlichen Captain weiterhin an dessen Schulter fest.

Morovsky konnte nur immer wieder fassungslos den Kopf schütteln. Tränen schossen ihm in die Augen und rannen seine zitternden Wangen hinab, während er langsam die wenigen ihn noch von dem Angeschossenen trennenden Schritte überwand, bis er schließlich ungelenk vor dem heftig aus einer Kopfwunde Blutenden auf die Knie sank. „Will ...”, hauchte er mit leiser, vor Tränen brüchiger Stimme, ehe einige der Sanitäter seinen Freund behutsam auf eine Trage legten und davontrugen, auf dem Boden das einzige Beweisstück hinterlassend, das ihm bestätigen konnte, dass er keiner Halluzination erlegen war - eine große Lache sich über den aus grünem Kunststoff bestehenden Boden ausbreitenden Blutes.


Eine Hand berührte ihn und schüttelte ihn leicht. „Mister, sind Sie verletzt?”, erkundigte sich eine ruhige, freundliche Stimme dicht vor seinem Gesicht, und nur langsam schälten sich die Konturen eines in eine gelbschwarze Jacke gekleideten Mannes hervor, der vor ihm in die Hocke gegangen war und offenbar versuchte mit ihm zu sprechen.

„Der Angeschossene war sein bester Freund”, murmelte Millers leise, an den Mann gewandt. „Er hat ihn für tot gehalten, und ihn so plötzlich und dann auch noch so ... Ich denke, das hat ihn wohl ziemlich überwältigt.”

Das Klappern von hastig aufgerissenen Türen und eine laute Stimme erklangen vom Haupteingang her. „Hey, Ron, kommst Du? Wir müssen los ... sonst ist unser Patient schneller tot als im Krankenhaus, wo man ihm vielleicht ja noch helfen kann.”

„Ich komme schon ... und ich bringe noch jemanden mit!”br>Mit diesen Worten stand der zweite Sanitäter auf, griff dem Polizeicaptain unter den rechten Arm und zog ihn mit sich in die Höhe. Zusammen mit Millers Unterstützung brachten sie Bob Morovsky nach draußen, wo sie ihn aus Platzgründen vorne auf die Beifahrerbank quetschten und derart zwischen dem Fahrer des Krankenwagens und einem neben ihm an der Beifahrertür sitzenden weiteren Sanitäter einklemmten, dass er sich kaum bewegen konnte.

Kaum dass die Türen geschlossen waren, raste der weiß und rot lackierte Krankenwagen auch schon mit quietschenden Reifen und aufjaulenden Sirenen davon, dem nächst gelegenem Spital entgegen.

Erst das typische Geräusch des unter vollem Blaulicht durch die Straßen jagenden Krankenwagens brachte Bob Morovsky wieder zur Besinnung. Langsam klärte sich sein durch Tränen vernebelter Blick und mit einem erschrockenem Keuchen war er schlagartig vollends wach, als er sah, wie sie knapp an einem voll besetzten Linienbus vorbei rauschten und anschließend, kaum langsamer werdend, um eine scharfe Rechtskurve schossen.

„Ruhig Blut, Mister, wir machen das Tag und Nacht”, versuchte der neben ihm sitzende Ron den offenbar unter Schock stehenden Mann mit seinem breitesten Lächeln zu beruhigen, was ihm, den wechselnden Gesichtsfarben des Polizeicaptains nach zu schließen, offensichtlich nicht so recht gelingen wollte. Also versuchte er es erneut auf einem etwas anderen Weg. „Wir werden uns um Ihren Freund kümmern, Mister ... wie heißen Sie überhaupt?”
Keine Antwort.
„Ich brauche Ihren Namen, bitte!”, erkundigte sich Ron, diesmal etwas langsamer und lauter sprechend, dabei eines der stets bereitliegenden Formulare auf eine extra befestigte, von der Beifahrertüre aus über seinen Knien ausklappbare feste Unterlage legend.

Er konnte einfach nicht glauben, was er gesehen hatte. Es war einfach unmöglich und doch ... doch saß er hier, im mit aktiviertem Blaulicht durch die Stadt rasenden und alle gültigen Verkehrvorschriften brechenden Sanitätswagen. Hinter ihm kämpfte ein Mann um sein Überleben ... ein Mann, den er vor gerade einmal drei Monaten beerdigt hatte. „Will ...” murmelte Bob Morovsky leise.

 

Ende von Kapitel 6

 

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