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  „Die andere Seite” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Doors bekommt Probleme in den eigenen Reihen.
Zeitpunkt:  zweite Staffel - einige Monate nach 1x22
Charaktere:  Jonathan Doors, Dr. Park, Augur, Lili Marquette - ach ja, und ein aufmüpfiger Widerständler *g*
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefällt. Es ist mein erster Ausflug in die Welt der E:FC-FF und ich kann nur sagen: Es hat mich voll erwischt.
Danksagung:  Ich kann nur einmal mehr Vibe für ihre unschätzbare Hilfe danken und für ihre Zeit, die sie sich beim Betaleesen meiner Storys nimmt. DANKE VIBE! Wer noch nichts von ihr gelesen hat, sollte dies unbedingt nachholen: „Aveenas Lied” ist eine der besten Serien, die ich jemals das Vergnügen hatte, lesen zu dürfen.
 

 

DIE ANDERE SEITE

Kapitel 4

 

„Ihr alle habt geschworen, gegen die Taelons zu kämpfen. Ihnen zu schaden, wo, wie und wann immer nur möglich”, fing er an zu sprechen, dabei, so gut er es vermochte, versuchend, seine Verachtung für diesen Haufen von Feiglingen und Pseudowiderständlern zu unterdrücken und in seinen Worten nicht mitklingen zu lassen.

Zustimmendes Nicken war die Antwort auf seine Feststellung, die er halb als Frage und halb als Erinnerung an den von allen Anwesenden geleisteten Schwur gemacht hatte. Einer der Computerspezialisten trat vor und wagte als Erster, sich dazu zu äußern. „Wir wissen alle, was wir schworen, doch schließt das keinen Massenmord mit ein!”
Kurz zögerte er, bevor er sich traute, weiter zu sprechen und dabei den ihn unverwandt musternden schwarzen Augen seines Gegenübers nicht auszuweichen. „Was soll uns diese Aktion gebracht haben, außer dass die Medien nun über uns herziehen und alle möglichen Behörden jetzt mit den Taelons zusammenarbeiten, um uns noch schneller ausfindig zu machen?”

„Ihr versteht es wirklich nicht, oder?” Deutlich enttäuscht und frustriert schüttelte der Angesprochene den Kopf. „Es geht nicht darum, was jeder Einzelne von uns gewinnen könnte, oder was diesem Verein von ...” Er biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Zunge, um nicht auszusprechen, was er dachte, atmete einige Male tief durch und fing von neuem an. „Das Einzige, was zählt, ist, was den Taelons Schaden zufügt - und die Zerstörung der Forschungseinrichtung, das Ende ihrer Experimente, die Vernichtung der gewonnenen Unterlagen schadet den Taelons in ihrer Gesamtheit ganz erheblich.”

„Wie denn das?”, wagte sich ein anderer aus der Gruppe vor und brachte sich so in die aufkommende Unterhaltung mit ein. „Soweit ich weiß, unterstand das Forschungszentrum hier nur einem Taelon, einem ihrer Heiler, der sich mit der Taelon-Medizin um die unheilbar Kranken und im Sterben Liegenden kümmerte. Einige sollen sogar geheilt worden sein.”

Ein weiteres der sich eher auf medizinischem Gebiet auskennenden Widerstandsmitglieder meldete sich zu Wort. „Ja genau, das stimmt. Ich habe einige der Unterlagen gesehen. Der verantwortliche Taelon, Ra'hal, hat es geschafft, die meisten Arten der Leukämie zu heilen.”

„Genug!” Mit der linken Faust hieb der, der die Taelon-Einrichtung in Schutt und Asche verwandelt hatte, auf den direkt neben ihm stehenden Schreibtisch, so dass sich die darauf befindlichen Ausdrucke, Stifte und die beiden mit bereits erkaltetem Tee gefüllten, von ihren Besitzern offenbar völlig vergessenen Tassen mit einem lautem Scheppern und Klirren bemerkbar machten und das zwischen den beiden Wissenschaftlern entstehende Gespräch unterbrachen. „Niemals würden die Taelons etwas für einen Menschen tun. Schon allein deshalb, weil sie die Menschen nicht höher einschätzen als wir die Affen, von denen einige hier wohl nur allzu offensichtlich abzustammen scheinen. Niemals handelt ein Taelon im Interesse der Menschheit. Seine vorrangigen Ziele dienen immer dem Gemeinwesen, der Gesamtheit seiner eigenen Spezies, und wenn bei einigen dieser Experimente an Menschen etwas herausspringt, das den Menschen nach außen hin hilft, um so besser. So melden sich ja vielleicht zusätzlich zu den ohnehin schon mit Gewalt verschleppten einige Menschen, die töricht genug sind, an die so genannten Wunderheilungen zu glauben.”

Langsam löste sich Jonathan Doors aus seiner bisherigen eher passiven Lage und trat vorsichtig einen Schritt auf den Mann zu, welchen er nach den letzten Ereignissen nicht nur für extrem gefährlich hielt, sondern auch für extrem fanatisch, und gerade diese Kombination war es, die ihm solche Sorgen bereitete. Der Anführer und Gründer der Widerstandsbewegung überlegte ernsthaft, ob es nicht für alle Beteiligten die beste Lösung wäre, wenn er diesen offenbar verrückt Gewordenen, den Behörden zuspielte. Würde es sich noch um denselben Mann handeln, den er vor wenigen Monaten gekannt und auch nicht gerade wenig gefürchtet hatte, so würde Doors nicht lange zögern und ihn, wenn irgend möglich, töten lassen. Doch Dr. Park hatte ihm und allen anderen bestätigt, dass das Instrument, welches die Handlungen dieses Mannes vorher bestimmt hatte, nun vollends zerstört war und weder für sie noch für ihren einstigen Feind jemals wieder eine Bedrohung darstellen konnte. Jonathan Doors schalt sich selbst einen Narren, dass er jemals auf diesen Handel eingegangen war. Egal, wie verlockend es auch sein mochte, so viel Insiderwissen wie noch nie zuvor über die Taelons zu erhalten, so brandgefährlich war es auch. Gerade die letztere Befürchtung seinerseits hatte sich mit dem von diesem Mann verübten Anschlag als traurige Wahrheit bestätigt.

Zwei Monate war es her, dass einer ihrer Spione innerhalb der Reihen der Freiwilligen mit einer für sie alle überraschenden Nachricht ins Hauptquartier gekommen war. Eine Botschaft, die offensichtlich so dringend war, das der eingeschleuste Mann seine Deckung aufgab und unbedingt persönlich mit Doors sprechen wollte. Zuerst hatte er es nicht glauben wollen. Kein einziger von den Leuten, welchen er die ihm überbrachte Nachricht gezeigt hatte, glaubte an deren Inhalt. Ausgerechnet einer ihrer ärgsten Gegner wollte sich ihnen anschließen? Das war einfach zu unglaubwürdig und roch viel zu sehr nach einer Falle. Es gab nur eines, was zugunsten des Mannes sprach, der sich unbedingt dem Widerstand anschließen wollte, nämlich der, dass ihn alle seit etwa einem Monat für tot hielten. Den Berichten zufolge war er nur ein weiteres Opfer des Kimeras Ha'gel gewesen. Sicher, einige der von Ha'gel übernommenen Menschen lebten weiter, nachdem sich der Kimera eine neue Hülle ausgesucht hatte. Doch waren auch viele gestorben oder einfach verschwunden. Zu viele für Doors' Geschmack.

In der Kirche über dem Hauptquartier der Widerstandsbewegung war es schließlich zum entscheidenden Kampf zwischen Boone und Ha'gel gekommen. William Boone, der nicht nur als Da'ans Beschützer diente, sondern auch eine wesentliche Rolle im Widerstand innehatte, war genau in dem Augenblick erschienen, als sich der Kimera Ha'gel mit Siobhan Beckett vereinigt hatte, was jeder, der sich zu diesem Zeitpunkt im Hauptquartier befand, an den Überwachungsmonitoren live mitverfolgen konnte.

Siobhan Beckett hatte durch einen Trick, den sie an der von ihr Verdächtigten Lilli Marquette angewandt hatte, entdeckt, wo genau sich der Hauptsitz des Widerstands befand, und diese Erkenntnis auch sogleich Sandoval mitgeteilt - nicht ahnend, dass dieser bereits von Ha'gel übernommen worden war - welcher kurz darauf ebenfalls in der Kirche erschien und endlich, nach langer Zeit, auf Siobhans Annäherungsversuche einging.

Gerade als Ha'gel von der bewusstlosen Beschützerin Beckett abließ, trafen auch einige der sich auf der Jagd nach Ha'gel befindlichen Polizisten ein, darunter auch einer von Boones Freunden und früheren Kollegen, die sofort das Feuer auf den Kimera eröffneten, welcher nicht zögerte, sich zu verteidigen. Commander William Boone blieb keine andere Wahl, keine Zeit zum Nachdenken - er musste handeln, wenn er nicht wollte, dass sein Freund getötet würde. So feuerte er mit seinem Skrill auf Ha'gel, was dieser in eben diesem Moment, angesichts der neuen Bedrohung, auch auf Boone tat, und das war das letzte Mal gewesen, dass Jonathan Doors, Augur und andere, die das Geschehen über die Überwachungskameras verfolgten, ihren Mitkämpfer lebend gesehen hatten. Sehr schwer verwundet war Boone zusammengebrochen, nicht jedoch bevor eine der abgefeuerten Energiekugeln aus seinem Skrill den Kimera erreicht hatte und sowohl diesen als auch Siobhan Beckett in einer Explosion aus Licht verschwinden ließ.

Boone war später an seinen Verletzungen gestorben und auch von den anderen, die sowohl mit den Taelons als auch mit Ha'gel in Berührung gekommen waren, war nichts mehr aufzufinden gewesen. Bis zu jenem Tag, als Doors eine Nachricht überbracht bekam, in welcher ein ihm nicht Unbekannter darum bat, in die Reihen der Widerstandsbewegung aufgenommen werden zu dürfen.
Seufzend löste sich Jonathan Doors aus seinen Erinnerungen. Gerade noch bekam er die letzten Worte dieses Fanatikers mit, als er vortrat und sich alle Mühe gab, sein in ihm schwärendes Misstrauen zu unterdrücken.

„Wir alle wissen sehr gut, mit welchen Mitteln die Taelons ihre ‚freiwilligen’ Tester finden, die ihre neuesten Errungenschaften als Erste erproben dürfen. Jeder hier weiß auch sehr gut, was in diesen Forschungslaboren noch alles getan wird, und das nicht gerade mit dem Einverständnis der jeweiligen Testpersonen. Doch rechtfertigt das noch lange keinen solchen Anschlag.” Seufzend hielt er inne, sich nur allzu sehr bewusst, dass, egal was er auch sagen mochte, sein Gegenüber viel zu blind war, um zu verstehen, was er meinte. So wartete er mit nicht geringer Unruhe weiter ab, was als nächstes geschehen würde, oder mit welchen Argumenten oder Taten er schon bald konfrontiert werden würde.

„Ich frage mich, wie Sie bei so viel Naivität so unglaublich reich werden konnten”, murmelte der Fanatiker leise und wandte sich kopfschüttelnd Doors zu. „Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich, nur weil Sie selbst plötzlich Ihr Gewissen entdecken, aber viel zu feige sind, tatsächlich etwas für die Befreiung der Erde zu tun, damit aufhören werde? Gerade jetzt, wo ich einen ersten Erfolg hatte?”

Nun doch langsam aber sicher die Geduld verlierend brauste der Multimilliardär auf: „Ihren ersten Erfolg?” Fassungslos über so viel Kaltblütigkeit konnte er sein Gegenüber nur anstarren. Vielleicht wäre es doch für alle Beteiligten das Beste, dem gleich hier und jetzt ein schnelles, aber dafür um so endgültigeres Ende zu setzen.
Mit einem vorsichtigen Blick auf den in der zweiten Reihe und praktischerweise hinter dem Rücken des Fanatikers stehenden Johnsten - einem der eher praktisch veranlagten Mitglieder seiner Bewegung - versicherte sich Doors, dass er nur den entsprechenden Befehl zu geben brauchte, um die Sache zu Ende zu bringen. „Sie sind doch vollkommen wahnsinnig. Vielleicht hat dieser Chip in Ihrem Kopf, als er wie auch immer entfernt wurde, ja noch mehr mit sich in den Abgrund genommen, als wir anfangs alle dachten.” Doors zwang sich, tief durchzuatmen, ehe er weiter sprach. „Ich sollte Sie den Behörden übergeben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass da oben”, - kurz deutete er mit dem Zeigefinger gen Decke - „einige Taelons sehr daran interessiert wären, zu erfahren, dass Sie für die Zerstörung ihrer Einrichtung verantwortlich sind.”

Was auch immer die Umstehenden jetzt für eine Reaktion erwartet hatten, diese gewisse nicht. Das konnte man nur allzu deutlich an ihren überraschten Gesichtern und den schockierten Blicken, die sie einander zuwarfen, sehen. Nach den letzten Minuten hätten sie mit allem Möglichem gerechnet. Sogar mit einem tätlichen Angriff gegen ihren Anführer Jonathan Doors - doch nicht damit, dass der Beschuldigte anfing zu lachen. Es war ein kaltes, hartes Lachen, das so manchem einen Schauder über den Rücken laufen ließ, und ebenso plötzlich, wie es begonnen hatte, brach es wieder ab. Was die nachfolgende Stille noch weitaus unheimlicher wirken ließ.

„Sie werden gar nichts tun! Weder Sie noch einer Ihrer Speichel leckenden Freunde hier.”
Voller zutiefst empfundener Verachtung sah sich der Attentäter im Hauptquartier des Widerstands um. Seine nun offen sichtbare Abscheu galt weniger diesem Ort als viel mehr den Menschen um sich herum. Mit leiser, bedrohlich klingender Stimme fuhr er fort: „Natürlich bin ich davon überzeugt, dass meine alten ...”, - kurz stockte er und ein deutlicher Schatten zog über seine markanten Gesichtszüge, ehe er seinen begonnenen Satz schließlich doch noch beendete - „Arbeitgeber höchst begeistert wären, mich wieder in ihren Fingern zu haben, doch wären sie noch viel erfreuter über gewisse Einzelheiten über diesen Ort hier und über jeden Einzelnen aus Ihrer kleinen, sogenannten ‚Widerstandsbewegung’.”

Ehe Jonathan Doors eine wie auch immer geartete Antwort geben konnte, trat plötzlich Dr. Park zwischen ihn und seinen Gegner und mischte sich in das eindeutig gefährlich gewordene Streitgespräch mit ein.

„Es gibt tatsächlich einen Erfolg zu vermelden!”, verkündete die Ärztin und winkte mit einigen sich in einem blauen Papp-Ordner befindlichen Blättern, um die Aufmerksamkeit aller Anwesenden - einschließlich der Streitenden - auf sich zu ziehen.

Mit zusammengekniffenen Augen drehte sich Doors zu der seit etwa einem halbem Jahr im Hauptquartier befindlichen Ärztin um. Zuvor war sie in einer der vielen Splittergruppen in einer der anderen Städte tätig gewesen. „Ich bin mir ziemlich sicher, Dr. Park, dass jeder hier im Raum sehr daran interessiert wäre, was so viele Tote mit dem gemeinsam haben könnten, was Sie so großzügig als einen Erfolg titulieren.”

„Ja, Dr. Park, bitte berichten Sie uns von Ihren Erkenntnissen”, mischte sich nun auch Doors Gegenspieler mit betont freundlicher Stimme und einem kleinem Lächeln auf den Lippen ein.

Zögernd blickte sie zwischen Doors und ihrem seit seiner Ankunft in ihrer Obhut befindlichen Patienten hin und her, ehe sie eine Antwort gab, welche sie jedoch an alle im Raum Anwesenden richtete und keinen der beiden Kontrahenten dabei direkt anblickte. „Bei der Explosion starben nicht nur 214 Menschen, darunter auch drei der zu Hilfe eilenden Sanitäter, die bei einer Rettungsmaßnahme zusammen mit den Opfern verschüttet wurden, sondern auch einer der Taelonwissenschaftler.”

Die meisten der Widerstandskämpfer tauschten ob der vielen nun offenbar bestätigten Toten entsetzte Blicke und murmelten leise ein Gebet für die Verstorbenen oder senkten in Bekundung ihrer Anteilname kurz den Kopf. Doch es waren auch andere Laute zu vernehmen. „Einer der Taelons ist tot?” „Sie können also doch sterben ...” „Er hatte Recht, es war ein Erfolg.” „Noch nie zuvor ist es gelungen, einen Taelon zu verletzen oder gar zu töten!” Offenes Staunen und sogar Begeisterung stand in manchen Gesichtern geschrieben.

Doors funkelte die sich derartig Äußernden wütend an und drehte sich dann wieder zu Dr. Park um, diese mit nicht weniger wütenden Blicken bedenkend. „Woher haben Sie diese Nachricht? Die Taelons werden bestimmt nicht offen zugeben, dass sie verletzbar sind.” Stille senkte sich nach seinen Worten über den Raum, und alle warteten sichtlich gespannt auf die Antwort.

Dr. Park lächelte leicht und mit einer schwungvollen Bewegung öffnete sie die Mappe und zeigte Jonathan Doors ein Fax, das sie eben bekommen hatte. „Hier, sehen Sie doch selbst - das hab ich gerade von Augur erhalten.” Auf dem Fax war ein Auszug der Kommunikationszentrale der Taelon-Shuttle-Kontrolle auf dem Mutterschiff. Augur hatte es geschafft, sich in deren Kommunikationsnetz einzuhacken und einige der aufgefangenen Gespräche aufgezeichnet, ausgedruckt und schließlich an das Hauptquartier gefaxt. Bei dem herrschendem Streit hatte jedoch keiner das Piepsen des Faxgerätes gehört, außer Dr. Park, die direkt neben dem antiquiertem Gerät gestanden hatte. Sicher, Augur hätte die Daten auch per Global schicken können, was erheblich sicherer und schneller gewesen wäre, doch manchmal hatte er einen Hang zum Theatralischen. Auf den Zetteln war deutlich erkennbar zu lesen, dass einige der in der Kontrollstation befindlichen Taelons zum Zeitpunkt der Explosion über einen plötzlichen Verlust im Gemeinwesen klagten, ehe sie die offenen Kanäle schlossen.

„Das ... das hat gar nichts zu bedeuten”, stammelte Jonathan Doors, sichtlich aus der Fassung gebracht. Eine solche Nachricht war das letzte, was er gebrauchen konnte, und er hörte bereits, wie - nun einige mehr als zuvor - die radikale Aktion befürworteten und die Opfer dabei offensichtlich völlig vergaßen. Langsam drehte er sich zu den Anderen um, und er fasste es einfach nicht, dass so viele offen ihre Freude kundtaten.
„Habt ihr denn alle die zweihundertundvierzehn Menschen vergessen, die dafür sterben mussten?”, schrie er laut und voller Zorn dazwischen. „Sicher ist es gut zu wissen, dass auch Taelons sterben können, doch rechtfertigt das nicht die vielen Toten und die unzähligen Familien, die jetzt ohne ihre Eltern, Brüder, Schwestern oder Kinder weiterleben müssen.”
Grimmig versuchte Jonathan Doors den um ihm herum ausbrechenden Jubelrufen und Beglückwünschungen einiger Übereifriger entgegenzuwirken, was ihm allerdings im aufkommenden Gefühlstumult nicht im Mindesten gelang. Er zuckte heftig zusammen, als sich der Verursacher des Ganzen plötzlich dicht neben ihm befand und ihm mit ruhiger, wieder wie gewohnt emotionsloser Stimme widersprach.

„Falsch, Doors, schon wieder ...” Sichtlich zufrieden musterte er die plötzliche Begeisterung um sich herum und sog sie in sich auf. „Deine kleine Widerstandszelle scheint dieses Mal mit mir einer Meinung zu sein.” Ehe Doors noch etwas erwidern konnte, trat er vor und hob Ruhe gebietend die Arme. Nur allmählich ebbten die mehr oder weniger heftig geführten Diskussionen ab und ein erwartungsvolles Schweigen senkte sich über die Menschen. „Ihr alle habt gehört, das es möglich ist, einen Taelon zu töten. Ich habe es euch von Anfang an gesagt. Doch jetzt habt ihr alle hier die Bestätigung meiner Worte!”

„Lange genug haben wir still gehalten und die Taelons machen lassen, was sie wollten. Lange genug haben wir unsere Familienangehörigen, unsere Freunde durch die Taelons verloren. Lange genug haben sich diese außerirdischen Companions in unsere Angelegenheiten, ja sogar in unsere Regierung eingemischt. Ich sage: Es ist genug!” Die letzten Worte rief er den ihn wie gebannt beobachtenden Menschen laut und voller Inbrunst zu. „Lasst uns endlich aufstehen und NEIN zu den Taelons sagen! Lasst uns gemeinsam vortreten und sie von unserem Planeten vertreiben! Lasst sie endgültig und ein für alle Mal sehen, dass die Erde allein uns Menschen gehört!” Mit gen Decke gestrecktem Arm und geballter Faust schrie er die letzten Sätze in die Reihen der Widerständler, die ihn mit glänzenden Augen beobachteten.

Doors schien irgendetwas zu rufen, doch weder er noch einer der Anderen achtete darauf. Sein zweiter Arm fuhr in die Höhe und er schrie, so laut er nur konnte, seine lange Zeit unterdrückten und nun freigelegten Gefühle, seine Wut, seinen Zorn und gleichzeitig auch seine Begeisterung hinaus. „Freiheit für die Menschen!”
Andere Hände flogen in die Luft, und einige wenige nahmen den Ruf auf. „Freiheit für die Erde!” Weitere Hände streckten sich gen imaginären Himmel und mehr als ein halbes Dutzend Leute bekundeten nun ebenfalls aus Leibeskräften ihre Zustimmung und ihre Begeisterung.

Eine halbe Stunde später traten er und acht weitere ehemalige Mitglieder der Widerstandsbewegung zum wahrscheinlich letzten Mal in den Aufzug hinauf in die Kirche und verließen durch die stets offenen Tore das alte Gemäuer. Doors hatte ihn und alle, die ihm folgen wollten, hinausgeworfen, was ihn jedoch nicht weiter störte. Diejenigen, die ihn jetzt begleiteten, würden in seinem Sinne handeln - selbst wenn der eine oder andere merkte, was er da getan hatte - dass er sich von Doors und allen anderen aus dem Widerstand losgesagt hatte ... Selbst dann würde keiner mehr zurückkehren, denn Jonathan Doors würde sie garantiert nicht mehr in seinen Reihen von Pazifisten haben wollen. Zufrieden lächelnd wandte er seinen Kopf und musterte den wichtigsten Neuzugang in seiner sich gerade im Entstehen befindlichen Gruppierung.

Dr. Park warf keinen Blick zurück, denn sie wusste, dass sie niemals wieder in diese Kirche gehen, geschweige denn Doors wiedersehen würde. Zuviel war in der letzten halben Stunde zwischen ihnen an bitteren und zornigen Worten gesagt worden. Sie hatte schon lange darauf gewartet, dass Doors etwas energischer gegen die Taelons vorgehen würde. Doch immer wieder hatte er es vermieden, zu aggressiv zu handeln. Jetzt, da ein Anderer aufstand und endlich etwas unternahm - auch wenn es ein früherer Gegner war - war sie nur zu bereit, sich diesem anzuschließen. Eine Falle vermutete sie nicht hinter dem Ganzen. Denn niemand wusste besser als sie, dass sich das C.V.I in seinem Kopf aufgelöst hatte. Schließlich hatte sie dessen letzte Reste aus dem Körper des neben ihr gehenden Mannes entfernt, und sie hatte den Hass in seinen Augen und seinem Gesicht gesehen, als er erwachte und nun wieder frei von dem ihm schon vor Jahren eingepflanzten Motivations-Imperativ war. Sie hatte seine Racheschwüre gehört und glaubte auch fest daran, dass er allein die Fähigkeiten und das Wissen besaß, diese in die Tat umzusetzen.

Sie hatten die andere Seite des Parks erreicht, und ein letztes Mal blieb er stehen und drehte sich zu der alten Kirche hin um. Langsam wanderte sein Blick an dem Gemäuer entlang, den Glockenturm hinauf und immer höher, bis er mit zurückgelegtem Kopf in den strahlend blauen Himmel blickte, in Gedanken noch weitaus höher sehend, hinaus in die erbarmungslose Kälte des Weltraums. „Ich werde euch alle vernichten!”, flüsterte er leise.
Noch leiser, fast nicht mehr hörbar, fügte er hinzu, während ihm eine einzelne, verloren wirkende Träne über die linke Wange seines ansonsten erstarrten Gesichtes lief: „Für Dich, DeeDee ...”

 

Ende von Kapitel 4

 

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