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  „Die andere Seite” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Ein Bombenanschlag erschüttert die Menschen und fordert viele Opfer, darunter auch die Glaubwürdigkeit der Widerstandsbewegung um Jonathan Doors.
Zeitpunkt:  zweite Staffel - einige Monate nach 1x22
Charaktere:  Jonathan Doors, Dr. Park, Augur, Lili Marquette und Renoa Wydon, eine Sensationsreporterin von CNN - ach ja, und ein aufmüpfiger Widerständler *g*
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefällt. Es ist mein erster Ausflug in die Welt der E:FC-FF und ich kann nur sagen: Es hat mich voll erwischt.
 

 

DIE ANDERE SEITE

Kapitel 3

 

Die folgenden Nachrichten flimmerten über jeden Rundfunk- und TV-Kanal in Nordamerika und sogar in einigen anderen Ländern der Welt sowie auf einem der Hauptmonitore im WHQ, wo unter anderem Doors, Dr. Park, Augur, Lili Marquette und einige andere gespannt den aktuell stattfindenden Live-Bericht verfolgten.

Das übertragene Bild zeigte eine blonde junge Frau in einem adrettem Anzug, welche vor einem riesigen steinernen Kreis stand. Im Hintergrund waren Feuerwehr- und Polizeisirenen zu hören. „Hier ein aktueller Bericht der CNN-Reporterin Renoa Wydon”, begann sie zu sprechen. „Vor genau zehn Minuten New Yorker Zeit explodierte eine Bombe in einer der größten Mensch-Taelon-Einrichtungen, welche sich mit der Erforschung des Interdimensionsraumfluges beschäftigen. Unter anderem wurden hier die ersten ID-Portale in Zusammenarbeit mit den Taelonwissenschaftlern der menschlichen Technologie angepasst.”
Die Kamera wurde weitergeführt , und jetzt kam langsam von rechts ein Gebäude in Sicht, in dessen grauweißem Mauerwerk tiefe Risse zu erkennen waren. Noch weiter schwenkte die Kamera herum und gab den Zuschauern nun den Blick auf die eigentlichen Verwüstungen frei. „Bisher ist noch nicht bekannt, um was für eine Bombe es sich genau handelte, doch sind sich die Ermittler sicher, das sie eine unglaubliche Sprengkraft besaß,” fuhr die Reporterin fort.
Über die Bildschirme flimmerte nun die Kulisse eines völlig zerstörten Gebäudes. Trümmer und Steinbrocken lagen verstreut herum, einige so groß wie Autos, andere so klein wie Kieselsteine. Eine dicke schwarze Rauchwolke erhob sich aus den Trümmern. Gerade liefen zwei rotweiß gekleidete Rettungssanitäter mit einer Trage hinter der Reporterin vorbei, und die Kamera vollführte einen erneuten Schwenk, um dieses Bild genauer zu verfolgen.
Eine schwer verletzte Frau lag auf der Trage, die laut stöhnte und weinte und nach einem Jenkins - offenbar ihrem Mann, wie die Reporterin, jetzt im Hintergrund die Situation für ihre Zuschauer kommentierend, vermutete - rief. Die Kamera näherte sich der Verletzten, welche die Sanitäter provisorisch auf eine Liege am Boden gebettet und sich mit ihrer Trage wieder auf den Weg zurück in die rauchverhangenen Trümmer begeben hatten. Ein Mikrofon kam in Sicht, welches der schwer Verwundeten vor das Gesicht gehalten wurde, und wieder erklang die Stimme der engagierten Renoa Wydon. „Können Sie mir berichten, wie es zu dem Bombenanschlag kam?” Stöhnend wand sich die Frau auf ihrer improvisierten Lagerstatt. Andere Sanitäter näherten sich im Laufschritt. „Sie müssen mir erzählen, was sich ereignet hat - Sie sind verpflichtet, den Menschen ...”

Plötzlich vollführte die Kamera einen Ruck nach oben und gab den Blick auf den blauen, rauchdurchzogenen Himmel frei, und eine wütend klingende Männerstimme war zu hören. „Verschwinden Sie von hier! Sehen Sie nicht, dass die Frau verletzt ist und ärztliche Hilfe benötigt? Sie behindern die Rettungsmaßnahmen ...”
Der Kameramann schien einige Schritte zurückzuweichen und ein rotgesichtiger, sehr aufgebrachter Feuerwehrmann kam ins Bild, der sich zwischen die Liege mit der Verwundeten und die Reporter drängelte, dabei eine Hand in dem Versuch erhoben, weitere Aufnahmen zu vereiteln.
„Hey Mister, was soll denn das - die Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was sich hier ereignet hat!” rief die Stimme der Reporterin dazwischen, und die wütende Antwort des Feuerwehrmannes folgte sogleich. „Aber nicht auf Kosten der Sicherheit und der Versorgung der Verwundeten. Es sind schon zu viele gestorben! Es müssen nicht noch mehr werden, nur weil Sie Ihre Sensationslust stillen wollen!”
Kurz herrschte Schweigen, doch dann ertönte wieder die Stimme von Renoa Wydon. „Halt drauf, Charly ...”
Das Bild fixierte sich nun voll auf den rotgesichtigen Feuerwehrmann. Im Hintergrund erreichten die beiden Sanitäter die verwundete Frau und begannen sich um diese zu kümmern. Man konnte noch erkennen, wie der eine ihr eine Infusion legte. „Wie viele Tote gibt es denn derzeit?” wandte sich die Reporterin wissbegierig an ihr Opfer. Sehr unsicher sah sich der jetzt im Zentrum der Aufmerksamkeit Befindliche um, und als er niemanden entdeckte, der ihn aus seiner misslichen Lage befreien konnte, antwortete er hastig: „Fast die gesamte Belegschaft ... etwa zweihundert Menschen und vielleicht auch drei Taelons starben in den Flammen. Doch jetzt verschwinden Sie endlich, ich habe hier zu arbeiten!”
Der Feuerwehrmann drehte sich um und stapfte deutlich erzürnt davon. Zwei Polizisten kamen ins Bild und forderten Miss Wydon und ihren Kameramann auf, vom Schauplatz des Geschehens zu verschwinden.

Ehe der nun entbrennende Streit von den völlig gebannt vor den Bildschirmen stehenden, sitzenden und zuschauenden Menschen verfolgt werden konnte, wechselte das Bild, und das Studio von CNN war wieder sichtbar. Ein grauhaariger, älterer Mann mit einem bemüht ernsten Gesichtsausdruck sprach nun in die feststehende Kamera. „Wie Sie selbst hörten, meine Damen und Herren, sind über zweihundert der Arbeiter bei diesem frevelhaften Bombenanschlag ums Leben gekommen. Noch wissen wir nicht genau, wer im Einzelnen zu den Opfern gehört, doch eine Namensliste wird baldestmöglich bekannt gegeben. Sie können diese dann unter folgender Nummer”, - eine kostenpflichtige Globalnummer wurde eingeblendet - „erfahren. Wir wünschen sowohl den Überlebenden als auch den Hinterbliebenen alles Gute.”
Nach einer kurzen Pause fuhr der ernstgesichtige Mann fort: „Es wird angenommen, dass die Widerstandsbewegung für diesen Anschlag verantwortlich ist. Von amtlicher Stelle wurde uns versichert, dass entsprechende Maßnahmen in diesem Moment eingeleitet werden, um weitere solcher abscheulicher Untaten dieser Fanatikergruppe zu verhindern.”

Das leise Gemurmel, die Diskussionen und empörten Zwischenrufe, die während des Berichtes von Renoa Wydon begonnen hatten, welcher auf einem der großen Hauptmonitore der Widerstandsbewegung von allen gesehen worden war, erstarben allmählich, als sich Jonathan Doors von seinem Platz direkt vor dem Bildschirm zu den Anderen umdrehte. Diejenigen, die ihm am nächsten standen, verstummten augenblicklich, als sie den Zorn in seinen Augen und seinen grimmigen Gesichtsausdruck sahen. „Ich will wissen, wer dafür verantwortlich ist!” Mit einer ruckartigen Handbewegung deutete er hinter sich auf den nun auf stumm geschalteten Monitor. „Diese Tat bringt jeden von uns in größte Gefahr und bringt die Öffentlichkeit gegen unsere Bewegung auf. Wir müssen unbedingt die wahren Schuldigen finden und der Welt zeigen, dass wir zwar bereit sind, gegen die Taelons zu kämpfen, dabei aber nicht gegen die Menschen vorgehen werden, so, wie es die Synode nur allzu gern darstellt.”
Langsam wanderte Doors' Blick über die Versammelten, dabei jedes einzelne ihm zugewandte Gesicht aufmerksam und eindringlich musternd. Fast alle wirkten genau so betroffen und entsetzt wie er selbst.

„Aber was ist, wenn es doch einer von uns war?”, rief einer der Wissenschaftler aus der Widerstandsbewegung.

Doors trat ein, zwei Schritte weiter in die Mitte des Raumes hinein. „Keiner unserer Leute würde jemals zu so einer ...”
Plötzlich verstummte er und sein Kopf fuhr herum, seinen wütenden Blick auf einen der weiter hinten stehenden Menschen richtend. „Sie ...”, zischte er mit vor plötzlicher Erkenntnis weit aufgerissenen Augen. „Sie haben das getan!”

Der angesprochene Mann lächelte leicht, was man allerdings nur an seinen kaum verzogenen Lippen erkennen konnte, die Augen in dem Gesicht blieben so kalt und dunkel wie schwarzer Obsidian. Fast schon gelangweilt löste er sich von dem Deckenpfeiler, an welchem er bisher lässig gelehnt hatte. „Was wäre, wenn ich dafür verantwortlich bin - bekomme ich dann einen Orden?” Seine Stimme klang genau so, wie seine Augen aussahen, kalt und mit einer kaum wahrnehmbaren Spur von Verachtung für seine Umwelt und die Menschen, die sich darin befanden.

Ein entsetztes Keuchen ging durch den Raum, als alle begriffen, dass es doch einer der Ihren gewesen war, der für diesen Anschlag verantwortlich zu sein schien. „Einen Orden? Das, was Sie da taten, war nichts anderes als die Handlung eines gemeinen Terroristen!” Bleich vor Zorn schritt Jonathan Doors auf den ihn weiterhin ungerührt musternden Mann zu.

„Aber genau das sind wir doch, Doors”, gab dieser mit nun für alle offen hörbarer Verachtung zur Antwort. „Wir kämpfen dafür, die Taelons von unserer Welt zu vertreiben und sie endgültig zu vernichten.”

„Die einzige Möglichkeit, die Taelons zu treffen, sie zu verletzen und sie dazu zu bringen, die Erde zu verlassen, ist, ihnen ihre Grundlage zu entziehen - das Vertrauen, das die Menschen in sie setzen - und nicht die Menschheit noch enger an sie zu binden, indem sie sich gegen uns richtet, um weitere Anschläge zu verhindern!”, gab der Anführer der Widerstandsbewegung mit lauter werdender Stimme zur Antwort. Er war so wütend, dass er am liebsten den Mann vor sich mit bloßen Händen erwürgt hätte.

„Um ein Ziel zu erreichen, sind absolut alle Möglichkeiten auszuschöpfen, jede Handlung, die dem Feind auch nur im Entferntesten schadet, ist damit legitim und rechtens”, erwiderte dieser, immer noch vollkommen gelassen wirkend. Sein bisher nur angedeutetes Lächeln verschwand vollends aus seinem Gesicht und es wirkte kalt und starr, bar jeder emotionalen Regung.

„Ich hätte Ihnen niemals vertrauen dürfen!”, zischte Doors mit zusammengekniffenen Augen und sich kaum noch beherrschen könnend. „Sie gefährden alles, was ich hier aufgebaut habe. Sie riskieren mit dieser Tat die Zerschlagung der Widerstandsbewegung und ...”
Doors brach mitten im Satz ab und so etwas wie jähes Verstehen leuchtete in seinen Augen auf. „Aber vielleicht war das ja von Anfang an Ihr Plan. Sie haben niemals wirklich für mich gearbeitet, das war nur ein Trick. Habe ich nicht Recht, Mister ...?”
An dem Rest des Wortes verschluckte er sich fast, als er in die plötzlich wie tot scheinenden Augen seines Gegenübers blickte und ihn der Beschuldigte mit jetzt zum ersten Mal, seit er sich ihm angeschlossen hatte, erhobener Stimme und erkennbarem Zorn darin antwortete.

„Im Gegensatz zu Ihnen, Doors, kämpfe ich für die Freiheit der Menschen. Ich werde absolut ALLES dafür tun, um die Taelons zu vernichten und ebenso jeden, der mit ihnen freiwillig zusammenarbeitet. Ich würde mein Leben für dieses Ziel geben!”
Offener Zorn sprach aus dem nun nicht mehr ganz so gelassen dastehenden Mann. Im Gegenteil, seine Haltung, seine Bewegungen wirkten angespannt und äußerst ... gefährlich.

Einige in seiner unmittelbaren Nähe Stehenden wichen vor diesem unerwarteten Gefühlsausbruch und der unausgesprochenen Bedrohung instinktiv zurück. „Selbst wenn der eine oder andere Unbeteiligte zu Schaden kommt, so ist das ein mehr als akzeptables Opfer, wenn dafür die Taelons, und sei es nur ein Einziger der Ihren, leiden müssen.”

Mit einer Hand deutete Doors auf den Hauptmonitor, über dem gerade eine Wiederholung des vorigen Berichtes zu sehen war, mit zwischendurch eingeblendeten Analysen sogenannter Spezialisten. „Das dort sind über zweihundert Unschuldige, die Sie ermordet haben!” Die letzten Worte schrie Jonathan Doors dem mutmaßlichen Täter entgegen.

Ungerührt erwiderte dieser den Blick des Multimillionärs. „Es gibt keine Unschuldigen mehr auf dieser Welt”, war das einzige, was er darauf zur Antwort gab, und ehe der entsetzt nach Luft schnappende Doors etwas dazu sagen konnte, fuhr er auch schon fort, dabei jeden einzelnen der Anwesenden mit seinen kalten, schwarzen Augen durchdringend musternd:
„Ja, ich habe die Bombe in dieser Forschungseinrichtung gelegt. Ja, ich habe diese zweihundert Verräter getötet und sehr wahrscheinlich auch den einen oder anderen Taelon. Ja, ich habe das alles getan und ...”
Kurz stockte er und schritt den ihm unweigerlich ausweichenden Menschen entgegen. „Ich würde es jederzeit wieder tun. Seit einem Jahr schon gibt es den Widerstand. Seit einem Jahr kämpft ihr angeblich gegen die Besatzer für eure eigene Freiheit und die der gesamten Menschheit. Seit einem Jahr!”, schrie er plötzlich laut und fuhr zu dem immer noch geschockt dastehenden Jonathan Doors herum.
„Was habt ihr in diesen zwölf Monaten denn erreicht? Gar nichts! Ihr habt Beweise für Genmanipulationen, für Experimente an Menschen - na toll, und was habt ihr damit getan? Sie den Medien vorgelegt - und es hat sich NICHTS, rein GARNICHTS geändert. Die entsprechenden Einrichtungen existieren immer noch. Die Menschen werden dort nach wie vor für die Experimente der Taelons benutzt, und ich will gar nicht wissen, was man diesen armen Seelen alles antut. Doch jetzt ist dieses eine- eines von hunderten - Forschungslaboratorien vernichtet, und dort können nun keine Menschen mehr misshandelt werden!”

„Ja, weil diese Menschen jetzt alle tot sind!”, schrie Doors zurück und den sie beide umstehenden und wie gebannt an den Lippen des sich nun offen bekennenden Täters hängenden Männer und Frauen entgegen.

„Falsch, Doors - sie sind jetzt frei”, kam die jetzt wieder gefasst und emotionslos klingende Antwort, und in der darauf folgenden Stille hätte man eine Stecknadel fallen hören können.

Jonathan Doors atmete ein einige Male tief durch, ehe er sich soweit gefasst hatte, dass er eine Antwort geben konnte, ohne gleich den Befehl zu geben, den vor ihm Stehenden auf der Stelle zu töten. Er war nur selten so wütend, dass er übers Ziel hinaus schoss und etwas tat, das er später bereute, und dieses Mal zweifelte er daran, dass er es bedauern würde, wenn es ihm mißlänge, sich zu beherrschen. Schon lange, bevor dieser so selbstgefällig und arrogant wirkende Mann da vor ihm zu ihnen gestoßen war und seine Hilfe angeboten hatte, hätte er ihn am liebsten getötet, und jetzt ... besäße er nicht dieses einmalige Wissen über die Taelons, deren Eigenschaften und vor allem deren Schwächen, ein Wissen, das sie unbedingt benötigten, so hätte er ihn schon damals, als er zu ihm Kontakt aufgenommen hatte, erschießen lassen. „Was wissen ausgerechnet Sie schon, was wir aus dem Widerstand nicht alles unternommen haben. Sie sind gerade erst zwei Monate bei uns und haben nicht die leiseste Ahnung von dem, was ich bereits getan habe.”

„Falsch, Doors.”
Wieder erschien dieser eiskalte und gleichzeitig irgendwie entrückte Ausdruck in den dunklen Augen des Mannes. „Gerade weil ich bin, wer ich bin, weiß ich sehr viel darüber, was Sie getan haben, weitaus mehr als jeder andere der hier Anwesenden. Ich weiß von allen Ihren kleinen Geschäften und Intrigen, schon seit Sie vor vier Jahren zusagten, mit Ihrer Firma und Ihrem Geld die Taelons zu unterstützen. Ich weiß mehr über Sie, als Sie vermutlich selbst über sich wissen.”

Doors schüttelte schon fast bedauernd den Kopf, während er gleichzeitig einige Schritte vor dem Mann zurückwich. Er musste sich eingestehen, auch wenn es ihm weiß Gott nicht passte, dass dieser wohl oder übel Recht hatte.
„Also war das ganze nur ein Spiel? Ein Trick, um mich”, - kurz deutete Jonathan Doors mit einer auslandenden Handbewegung seines rechten Armes auf die sie Umstehenden - „um uns alle hier in eine Falle zu locken? Ich hätte Ihnen niemals vertrauen dürfen. Sie sind niemals wirklich zu uns übergelaufen und arbeiten immer noch für die Taelons.”

Die anwesenden Widerstandsmitglieder tauschten untereinander deutlich erschrockene Blicke, ehe einige sich so unauffällig wie möglich in Richtung des Hinterausganges begaben, wo sie durch die Kanalisation notfalls entkommen konnten. Andere wiederum blieben stehen und beobachteten einfach weiter, was noch geschehen würde. Zwei weitere griffen nach den Waffen, die sie trugen, jederzeit bereit, sie auch einzusetzen. Ihren Gesichtern war jedoch anzumerken, dass sie nicht wussten, ob gegen den mutmaßlichen Verräter, der schon früher ihr Feind gewesen war, oder gegen eine einfallende Truppe von Freiwilligen, die sie offenkundig jeden Moment zu erwarten schienen.

Von all diesen Aktivitäten um ihn herum äußerlich unbeeindruckt blieb der in eine schwarze Jeanshose und ein ebensolches Baumwollhemd gekleidete Mann reglos stehen und musterte die ihn Umstehenden, insbesondere das Gesicht des nun langsam vor ihm zurückweichenden Multimillionärs. „Sie haben Angst”, stellte er mit ruhiger, sanfter Stimme fest, die fast noch unheimlicher wirkte als sein vorheriger Wutausbruch. Wieder war die Verachtung für die ihn umgebenden Menschen offen und unverhohlen in seiner Stimme zu vernehmen. Langsam wanderte sein Blick über die Anwesenden, und fast jeder, auf den sein Blick sich konzentrierte, wandte die Augen nach einer Weile ab.

Doors schien die selben Gedanken wie die anderen Widerstandskämpfer zu hegen, denn mit einigen schnellen Schritten war er in Richtung des Portales zurückgewichen. „Sie haben uns verraten und ...”
Weiter kam er nicht, da in sein ansonsten so ruhiges Gegenüber plötzlich und unerwartet Bewegung kam.

Mit zwei großen Schritten war er bei Doors und packte ihn am Kragen. „Sie wissen gar nichts. Die Taelons haben meine Familie ermordet, sie haben meine Heimat in Schutt und Asche gelegt, sie haben jeden, den ich liebte, vernichtet!” Offene Wut und Zorn und etwas, das der Anführer des Widerstandes nicht ganz einzuordnen in der Lage war, brannte in den Augen des Mannes, in dessen Gewalt er sich plötzlich befand. „Ich werde die Taelons für das, was sie mir antaten, bezahlen lassen. Ich werde sie - wenn nötig - einzeln persönlich in die nächste Ebene befördern. Also - zweifeln Sie niemals wieder an meiner Loyalität, Doors!”

„Loyalität wem gegenüber?”, wollte dieser wissen, darum bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst er in dieser Situation wirklich empfand. „Glauben Sie wirklich, Sie könnten jetzt noch hier bleiben? Nach all dem, was Sie getan haben? Ich werde nicht zulassen, dass Sie den Widerstand noch tiefer in den Dreck ziehen.” Entschlossen erwiderte Jonathan Doors den eiskalten Blick des Mannes, der ihn in seiner Gewalt hatte.

Langsam löste dieser seinen Griff um den Kragen des Multimillionärs, der sich tatsächlich einbildete, ein Widerstandskämpfer zu sein, nein, der sogar glaubte, dass er der Anführer dieser Bewegung war. Doch alles, was er in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten beiden Monaten, in welchen er Mitglied dieser Gruppe gewesen war, in Erfahrung hatte bringen können, bestätigte ihn in seinem Glauben, dass er einen Fehler, einen sehr großen Fehler, begangen hatte, solchen Narren zu vertrauen und zu hoffen, dass sie wirklich etwas gegen die Taelons zu tun in der Lage wären.
Aber diesen Fehler würde er korrigieren. Jetzt und hier würde er den ersten Schritt tun, um einen wirklichen Widerstand gegen die Invasoren aufzubauen und sie alle zu vernichten. Sie und alle, die aus freiem Willen mit ihnen zusammen arbeiteten. Nur Sekundenbruchteile vergingen während seiner Überlegungen, und er hatte gerade seinen Griff um Doors' Kragen gelöst und war einen Schritt von diesem zurückgetreten, als er auf Doors' Worte hin eine Antwort gab. Dabei wandte er dem älteren Mann den Rücken zu, sich deutlich der Tatsache bewusst, dass dieser viel zu schwach war, um ihm schaden zu können - sowohl körperlich als auch vom Willen her - und wandte sich direkt an die anderen Anwesenden.

An die, welche noch nicht feige vor einer eventuell eintreffenden Freiwilligen-Einheit geflüchtet waren, die er gerufen haben könnte, um so das Hauptquartier des Widerstandes auszuräuchern. Sicher, früher hätte er das mit Sicherheit getan und er hätte sich kein besseres Geschenk für seine damaligen Herren wünschen können, doch das war Vergangenheit und jetzt, in der Gegenwart - wo er endlich in seinen Handlungen frei war - galt es, alles dafür zu tun, dass die Erde wieder den Menschen allein gehörte. Oder zumindest denen, die es verdienten.

Er musterte jeden Einzelnen um sich herum. Von jedem von ihnen rief er sich nicht nur den Namen und dessen Pflichten innerhalb des sogenannten Widerstandes in Erinnerung, sondern auch alles andere, was er von dieser Person hatte in Erfahrung bringen können.
Dann, als die lastende Stille beinahe unerträglich geworden war, begann er, zu sprechen.
Nicht laut oder zornig klang seine Stimme, so wie er zuvor mit Doors gesprochen hatte. Er schalt sich selbst für diesen Patzer, den er begangen hatte, indem er die Kontrolle über sich verlor.
Früher wäre ihm das nie passiert, da wäre er zu so einem Wutausbruch gar nicht fähig gewesen. Seine Gedanken und Handlungen waren damals nur auf ein einziges Ziel ausgerichtet gewesen. Nämlich darauf, zu dienen und zu gehorchen, ohne Fragen zu stellen oder in Frage zu stellen, was man ihm auftrug zu tun.
Aber das war vorbei.
Endgültig.
Zu den ihn wie gebannt beobachtenden Menschen sprach er als das, was er heute war.
Als einer der Ihren.
Als ein freier und über seine Handlungen und Gedanken selbst bestimmender Mensch.

 

Ende von Kapitel 3

 

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