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  „Die andere Seite”von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Entstehungsdatum: Freitag, 1. Januar 2004
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Lili versucht Ramirez über Boones Tätigkeit im WD aufzuklären ...
Zeitpunkt:  zweite Staffel - einige Monate nach 1x22 ‚The Joining‚
Charaktere:  Tonio Ramirez, Lili Marquette
 
Anmerkung der Autorin: Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefällt.
 

 

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Kapitel 21

 

Nachdenklich und auch ein wenig überrascht folgte der Beschützer mit den Augen den flinken und geschickten Bewegungen der Shuttlepilotin, mit welchen diese das Taelongefährt einem ihm ungewissen Ziel und einer für ihn selbst noch ungewisseren Zukunft entgegen steuerte. Obwohl Letzteres zumindest nicht ganz stimmte. Er glaubte, ziemlich gut zu wissen, was spätestens am Ende des Fluges mit ihm geschehen würde, nur begriff er einfach nicht, weshalb sie das derart hinauszögerte. Dass sie über ihn nicht an weitere Informationen kommen würde, musste ihr doch klar sein. Was aber sollte die Frage nach Commander Boones Tätigkeit? Natürlich wusste er - so wie auch jeder andere Beschützer - was dieser tat und dass es auch zu dessen Aufgaben gehört hatte, den Widerstand zu infiltrieren.
Konnte es sein, dass auch Captain Marquette ...?
Aber nein.
Plötzlich fügte sich alles wie ein Puzzle zusammen.
Sie war es gewesen, sie und niemand anderes, die Da'ans vorherigen Beschützer verraten haben musste. Eine andere Möglichkeit für ihr Wissen um dessen Tätigkeit konnte es nicht geben. Nicht, wenn sie die Verräterin war, für die er sie hielt und als welche sie sich ihm gegenüber mit ihren eigenen Worten offenbart hatte.

Während er immer noch überlegte, ob er nun auf ihre Frage eingehen oder doch eher lieber schweigen sollte, kam ihm Captain Marquette schon zuvor und wandte sich kurz wieder ihm zu, indem sie sich ein wenig mehr mit ihrem Stuhl zu ihm herumdrehte, dabei jedoch die Kontrollen und Anzeigen des Shuttles nicht außer Acht lassend.

„Wenn Sie jetzt denken, dass ich etwas mit seinem Tod zu tun hatte, dann könnten Sie nicht ferner liegen. Ich - habe den Commander sehr geschätzt”, begann Lili dem sie mit stoischer Miene musternden Ramirez zu erklären, was nicht nur ‚nur’ der Wahrheit entsprach, sondern auch, wie sie hoffte, dessen Misstrauen ihr gegenüber ein wenig zu mildern vermochte.
Auch, wenn sie nicht wirklich glaubte, dass sie dieses allein mit Worten würde abbauen können.
Wenn überhaupt, dann musste es Taten geben.
Taten, die sie von sich aus tun musste und von denen sie nicht wusste, ob Jonathan Doors ihnen je zustimmen würde. Doch war dies die einzige Möglichkeit, die sie hatte, wollte sie den Beschützer nicht töten.
Sie würde es tun, gäbe es keinen anderen Ausweg.
Doch konnte es auch anders gehen - wenn ihr gerade gefasster Plan funktionierte. Ein Plan, der nicht nur des Einverständnisses von Jonathan Doors, sondern auch dessen eines anderen bedurfte, jemandes, den zu bitten sie sich nicht nur fürchtete, sondern dessen Übereinstimmung mit ihr sie sich auch nicht sicher sein konnte.

„Natürlich ... Sie schätzten ihn”, erwiderte der Beschützer voller Sarkasmus, „und das sogar so sehr, dass Sie ihn verraten und verkauft haben!”, fügte er anschließend noch mit kalter Stimme, den Abscheu, den er bei dem Gedanken daran, was sie für ihre ‚ glorreiche Tat’ vom Widerstand wohl erhalten haben mochte, empfand und seine Verachtung ihr gegenüber nicht gänzlich aus seinen Worten heraushalten könnend, hinzu. Es war nur ein Hauch von dem, was er tief in seinem Inneren empfand, nur ein kleiner Teil dessen, den er in seinen Worten, in seiner Stimme mitklingen ließ. Vielleicht schaffte er es ja so, sich ihre Aufmerksamkeit für einige weitere kostbare Momente zu sichern - Augenblicke, in denen die Taelons dem Ziel, des gestohlenen Shuttles wieder habhaft zu werden, näher kommen würden.

Lili beherrschte sich, den gefesselten Mann nicht zornig anzufahren, und beobachtete stattdessen die auf dessen Gesicht - wenn auch nur sehr flüchtig - erscheinende Gefühlsregung, die seine Worte begleitete.

Nur zu genau wusste er, das man ihnen, den Implantierten, Emotionen nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß ansehen konnte. Wenn doch, dann war es - so wie auch jetzt bei ihm selbst - eiskalte Berechnung und die Hoffnung, etwas damit bewirken zu können und nichts anderes. Es war kein echtes Gefühl, das er nach außen hin durch seine stets vorhandene Maske hindurch dringen ließ. Natürlich empfand er so, nur bis es dazu kam, das er sich diese Emotion nach außen hin zu zeigen gestattete, hatte er sie schon mehrmals analysiert, jedwede mögliche Konsequenz einer solchen ihm äußerlich ansehbaren Regung mit Hilfe seines Cyberviralen Implantats berechnet und dabei den möglichen Nutzen eruiert. So war das, was schlussendlich an Emotionen für andere Menschen sichtbar wurde, nur noch Schauspiel und nicht mehr das ursprüngliche Gefühl selbst.
Emotionen waren nichts weiter als eine zusätzliche Waffe in den Händen derjenigen, die sie den jeweiligen Situationen entsprechend einzusetzen wussten.
Sie waren nur ein weiteres Mittel, welches zu benutzen ihm durch die Taelons ermöglicht worden war und das ihn von anderen Menschen abhob und kennzeichnete, ja ihn dazu ermächtigte, seinen Gegenübern, wenn er es so wollte, Angst und Schrecken einzuflößen, wenn er dies als seinen Zielen förderlich erachten sollte, um so den Companions noch besser dienen zu können.

„Sie wissen also, welche Aufgabe Commander Boone tatsächlich verfolgte?”, hakte Lili Marquette nach, statt weiter auf Ramirez' seltsames und ungewöhnliches Verhalten einzugehen, sich dabei jedoch an eine Situation erinnernd, in welcher der selbst unter den Beschützern als kaltblütig geltende Ronald Sandoval einmal beinahe ausgerastet wäre - und dies auch noch vor laufenden Kameras - als mehrere von Studenten unternommene Protestaktionen gegen die Taelons und deren Einmischung in den Lehrplan stattgefunden hatten. Es war damals um neu erschaffene, den Interessen der Taelon zuarbeitende Pflichtfächer und die Rekrutierung von ‚Freiwilligen’ aus den Reihen der Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter gegangen. Natürlich hatte bei diesen ganzen Querelen Doors seine Finger im Spiel gehabt. Es war einer jener Punkte im Kampf wider die Besatzer, welchen der Multimilliardär und ehemalige Firmenbonze für sich entscheiden hatte können.

Was sollte es ihm bringen, wenn er jetzt schwieg und dann auch noch über etwas, das sie schon längst wusste? Besonders, da es jemanden betraf, der sowieso nicht mehr am Leben war? Den Taelons schaden konnte er damit schließlich nicht, wenn er zugab, dass Da'ans Beschützer gegen den Widerstand gearbeitet hatte. Es war etwas, das fast jeder wusste, so wie auch jeder wusste, das keiner, der den Taelons gegenüber loyal war, wirklich loyal, für deren Feinde sprechen oder handeln würde.
So sprach Ramirez schließlich aus, was er dachte.
„Es dürfte hinreichend bekannt gewesen sein, dass jeder, der loyal zu den Companions steht, alles tun wird, um die Widerstandsbewegung aufzuhalten und sie letztendlich auszulöschen.”

Lili verdrehte die Augen ob der Sturheit des hinter ihr gefesselt sitzenden Mannes. Mit einem nur mühsam unterdrückten und von ihrer Ungeduld zeugenden Seufzer schüttelte sie den Kopf.
„Nicht allgemein bekannt dürfte hingegen gewesen sein, dass Commander William Boone ganz offen und mit dem Wissen von Jonathan Doors innerhalb des Widerstandes tätig war.”Den sich bei ihren Worten leicht weitenden Augen nach zu schließen, hatte sie ihn nun endlich da, wo sie ihn haben wollte.
Jetzt endlich hatte sie eine Reaktion, eine, von der sie nicht glaubte, dass er sie nur vortäuschte ...

„Unmöglich!”, war das Erste, was Tonio Ramirez, Beschützer des lateinamerikanischen Companions, auch sofort, nachdem er die Worte der Verräterin vernommen hatte, hervorstieß.
„Niemals hätte Boone gegen die Companions gearbeitet. Wenn das Ihr Plan ist, mich mit derartigen Lügen und unhaltbaren Unterstellungen ...”

„Halten Sie den Mund und hören Sie mir erst einmal zu!”, fuhr Lili dem aufgebrachten Mann dazwischen, ehe dieser sich abermals in eine Lobtirade ob der taelontreuen Beschützer und anderer fehlgeleiteter Menschen hineinsteigern und ihr so nur unnötig weitere kostbare Zeit stehlen würde.
Zeit, die sie dazu brauchte, ihn zu überzeugen, wollte sie ihn nicht am Ende ihres Fluges töten müssen, um so die Lage des Ortes, an den sie ihn nun zu bringen gedachte, zu schützen und das Risiko, das sie, sie selbst betreffend, einging, auf ein kalkulierbares Maß zu minimieren.

Ramirez hingegen schüttelte nur abermals den Kopf, die Shuttlepilotin dabei fast schon zornig anfunkelnd.
„Wenn Sie mir erzählen wollen, dass Boone mit Doors unter einer Decke gesteckt hat, dann können Sie sich die Luft dafür ebenso gut sparen. Niemals arbeitet ein Implantant mit den Feinden der Companions zusammen, ganz gleich was man ihm bieten oder auch androhen würde.”

Lili seufzte entnervt.
„Er hat es aber getan. Mir ist vollkommen gleichgültig, ob Sie mir glauben oder nicht, da Sie es tun werden, sobald Sie, wie er, das gesehen und erlebt haben, was ich Ihnen nun zeigen werde. Wenn Sie anschließend immer noch derselben Meinung wie jetzt sind, werden wir unsere Unterhaltungen wohl beenden müssen.”

„Was haben Sie vor, Marquette?”, verlangte der Beschützer mit scharfer Stimme zu wissen, dabei die offensichtliche Todesdrohung gegen ihn ignorierend, da er sowieso nicht glaubte, dass die Verräterin ihn am Leben lassen würde, nachdem sie endlich einmal eingesehen hätte, dass alles Reden der Welt seine Meinung nicht würde ändern können - und das sagte er ihr dann auch.
„Ganz gleich, was Sie vorhaben, es wird nicht funktionieren. Egal, was Sie mir zeigen, es ist nicht das Verschulden der Taelons, sondern das Ihrer eigenen verbohrten und verblendeten Art, das Leid über die Menschheit bringt. Würden Sie endlich akzeptieren, dass nur durch die Taelons ein weiteres Überleben möglich ist, dann ...”

Erneut zuckte Lilis Finger leicht in Richtung des Abzuges der auf den Beschützer gerichteten Waffe. Eine Geste, die diesen zum Verstummen brachte. Jedenfalls vorläufig, wie die Shuttlepilotin befürchtete. Doch um ihn nicht länger im Ungewissen zu lassen über das was sie vorhatte - früher oder später würde er es sowieso erfahren - sagte sie ihm schließlich: „Ich werde Ihnen Ihre Freiheit wieder geben. Das, was die Taelons Ihnen genommen haben.”

Ein fast schon mitleidiger Blick trat in die Augen des Implantanten.
„Es wurde mir nichts genommen, ganz im Gegenteil, ich habe mehr, als ich jemals hätte erwarten können, hinzugewonnen. Mehr, als ich in meinem früherem Leben jemals hätte erwarten dürfen”, erklärte der Beschützer voller Überzeugung, „und was meine Freiheit betrifft, so habe ich diese mehr denn je, seit ich erkannt habe, dass alles, was die Taelons tun, auch der Menschheit weiterhilft.”

Fast schon fassungslos starrte Lili den gefesselten Mann an.
„Das ist ...”
Ihr fehlten die Worte, um ihren Widerwillen gegen das soeben Gehörte angemessen zum Ausdruck bringen zu können.

„Die Wahrheit - und das Einzige, was ich jemals glauben werde, ganz gleich, was auch immer Sie darunter verstehen, mir ‚meine Freiheit’ wiederzugeben”, stellte Tonio mit kompromisslos klingender Stimme klar, darauf hoffend, dass die Verräterin endlich einsehen würde, dass er nichts von dem, was auch immer sie ihm erzählen würde, jemals akzeptieren konnte oder wollte.

„Sie werden verstehen Ramirez, das versichere ich Ihnen, und dann werden Sie begreifen, dass nicht alles immer so ist, wie es einem eingeimpft wurde.”
Mit diesen Worten wandte Marquette sich wieder den Shuttlekontrollen zu, sich dessen bewusst, dass der Flug nun bald beendet war.
Mit dem üblichen Knall beim Austritt aus der Interdimension verließen sie diese und traten wieder in die normale Atmosphäre der Erde ein, wo Lili das Shuttle sofort zur Landung ansetzen ließ.
Geschickt flogen ihre Finger über die Kontrollen.
Schließlich sanken sie, anstatt aufzusetzen, durch die Bodenplatten am Ziel, die die von ihr aktivierten Annäherungssensoren hatten aufschwingen lassen, dort unter die Erde, um sich schließlich in fast fünfzig Meter Tiefe in einem kleinen Hangar wieder zu finden, in welchem sie erst dann den Antrieb des Shuttles abschaltete und ein erleichtertes Aufseufzen von sich gab, als sie die rings um sie herum plötzlich aufleuchtenden Neonrören erblickte, welche ihr zeigten, dass die Bodenplatten sich wieder geschlossen hatten und man von außen nicht mehr als eine grüne Wiese sah.

Sie erhob sich, dabei ihre plötzlich zitternden Knie fest durchstreckend und das Beben ihrer Hände durch das Formen von Fäusten unterdrückend, und drehte sich dann abermals zu ihrem Gefangenen um.
„Willkommen bei Dark Knight, Mr. Ramirez.”

 

Ende von Kapitel 21

 

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