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  „Die andere Seite” von Sythazen/Bianca Nunberger   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Oktober 2002
Alle hier vorkommenden Personen gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Sorgen um Lili und alte Bekannte.
Zeitpunkt:  zweite Staffel - einige Monate nach 1x22 The Joining
Charaktere:  Jonathan Doors, Augur, Julianne Belman
 
Anmerkung der Autorin:  Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen. Auch gegen Kritik habe ich nichts, solange sie konstruktiv ist. Lest bitte auch meine anderen Stories, wenn euch diese hier gefällt. Es ist mein erster Ausflug in die Welt der E:FC-FF und ich kann nur sagen: Es hat mich voll erwischt.
 

 

DIE ANDERE SEITE

Kapitel 10

 

„Lili! Captain Marquette! Kommen Sie schon ... melden Sie sich!” Jonathan Doors fluchte lautstark, als er auch bei dem vierten Versuch, Lilis Global zu erreichen, nicht mehr als ein diffuses Hintergrundrauschen erhielt. Frustriert schloss er das eigene Global wieder und ließ sich auf einen Stuhl im unter einer alten Kirche gelegenen Hauptquartier des Widerstandes sinken. „Verdammt ... verdammt ..”, murmelte er leise vor sich hin, während sein unsteter und völlig übermüdeter Blick von einem Ende der großen zentral gelegenen Halle zum anderen schweifte.

Nachdem sich dieser Verräter, der die alleinige Schuld an dem ganzen Schlamassel hatte, zusammen mit einigen seiner besten Leute und nicht zu vergessen mit Dr. Park aus dem Staub gemacht hatte, war der Rest der ihm noch Verbliebenen, schweigend und sich gegenseitig immer wieder nervöse Blicke zuwerfend, an ihre jeweiligen Arbeiten zurück gegangen. Über allen lag immer noch der sie fast lähmende Schock der letzten Ereignisse. Doch was besonders schlimm war: Die Medien, die bisher meist neutral oder sogar positiv über den Widerstand gesprochen hatten, schossen sich nun regelrecht darauf ein, alles, was er in den letzten fünfzehn Monaten aufgebaut hatte, Stück für Stück zu verreißen.

Männer, Frauen und vor den Kameras weinende Kinder berichteten von angeblichen Gräueltaten, die von Widerstandsmitgliedern begangen würden - und alles im Namen der Menschheit. Andere wiederum erzählten, dass sie einst beim Widerstand tätig gewesen wären, es aber schnell wieder aufgegeben hätten, da sie dort mit unlauteren Mitteln Beweise gegen die Taelons hätten fälschen müssen - Leute, die weder Jonathan Doors noch einer der anderen von ihnen jemals zuvor gesehen hatten.
Wieder klappte er sein Global auf und versuchte, so wie in den vergangenen Stunden zuvor auch schon, Lili zu erreichen, die sich, seit sie zu Da'an in die Botschaft geflogen war, nicht mehr bei ihm gemeldet hatte.

Augur saß schon seit Stunden ununterbrochen vor seiner Computerstation und war für niemanden ansprechbar. Jeden, der es trotzdem versuchte, fauchte er wütend an, sich doch zu verziehen und ihn in seiner Arbeit nicht zu stören. Es musste doch etwas geben, das sie gegen die Verräter tun konnten, ohne sich selbst noch mehr in Gefahr zu bringen, als es ohnehin schon der Fall war. Das Computergenie nahm Sandovals Drohung, notfalls alles über Doors zu enthüllen, insbesondere die Lage des Hauptquartiers und einiger kleinerer Nebenzellen und deren Mitglieder an die Taelons zu verraten, falls sie ihn jemals wieder schnappen würden, sehr ernst. Augur überlegte sogar, ob er nicht einen der Amoralisten kontaktieren sollte, um so das Problem Ronald Sandoval ein für alle mal los zu werden. Er war derart tief in Gedanken versunken, dass er das Piepen seines Globals zunächst gar nicht wahrnahm. Erst Jonathan Doors, der nun zu ihm trat und ihm leicht auf die Schulter tippte, brachte ihn wieder ins Hier und Jetzt zurück.

Als Augur das Gerät schließlich doch hervorzog und öffnete, blickte ihm das Gesicht eines Freiwilligen entgegen.

 

„Augur? Augur ... na endlich ... Ich dachte schon, sie hätten dich auch geschnappt!”, erklang die Stimme des Mannes aus dem Global, gerade einmal laut genug, das man ihn noch verstehen konnte.

Das Computergenie wechselte einen deutlich verwirrten Blick mit dem neben ihm stehenden Jonathan Doors. „Was soll das, Fred?” schimpfte der Anführer der Widerstandsbewegung deutlich erbost. ‚Machen denn jetzt alle nur noch, was sie wollen?’, dachte er wütend bei sich, während er den nervös wirkenden Fred wütend anfunkelte. „Du gefährdest deine Tarnung, verdammt noch mal. Kann man sich denn auf keinen mehr verlassen?” Endlich schien er ein Opfer gefunden zu haben, an dem er seine Wut auslassen konnte. Jonathan wusste, dass es unfair war, aber er hätte seinen über die vergangenen Stunden angestauten Zorn wohl an jedem ausgelassen, der ihm in die Quere gekommen wäre. Wegen seiner Schimpftirade überhörte er, dass der bei den Freiwilligen eingeschleuste Widerstandskämpfer immer wieder aufs Neue versuchte, ihm etwas zu sagen. Nur die letzten Worte bekam er irgendwann mit, und diese ließen ihn vor Überraschung schlagartig endlich verstummen.
„Sie haben WAS getan?”, echote er schließlich, fassungslos auf den kleinen Monitor des von Augur immer noch aufgehaltenen Globals starrend.

Tief atmete der „Freiwillige” namens Fred durch und begann erneut zu berichten, dabei immer wieder einen ängstlich nervösen Blick über die Schulter werfend. „Die Taelons haben alle Menschen vom Mutterschiff verbannt.”

Langsam zog Doors sich einen Stuhl heran und setzte sich auf denselben. „Alle Menschen? Warum sollten sie so etwas tun?”

Deutlich gehetzt gab der als Freiwilliger Getarnte zur Antwort: „Das weiß ich nicht, wir hatten den Auftrag, alle Menschen, die ... die noch auf dem Mutterschiff waren, zusammen zu treiben und sie in die Labore zu bringen ... sie wurden alle ...” Blass und mit weit aufgerissenen Augen sprach Fred weiter: „Ich habe ihre Schreie noch gehört, als unsere Gruppe als letzte das Mutterschiff verließ und ...” Der Mann am anderen Ende des Globals schluckte deutlich hörbar. „Ich will auch gar nicht so genau wissen, was mit ihnen geschehen ist. Eines jedoch ist sicher. Kein Mensch befindet sich mehr bei den Taelons ... außer vielleicht die Implantanten.”
Im Hintergrund wurde eine fremde Stimme laut. „Gruppe A424 sofort antreten!”
„Ich muss jetzt Schluss machen ... kann mich erst mal nicht mehr melden ... wäre zu auffällig ...” und damit wurde die Verbindung getrennt.

 

Tiefes Schweigen herrschte zwischen den beiden Männern. Die Anderen im Hauptquartier hatten von der Unterhaltung - bis auf Doors vorigen Ausruf - nichts mitbekommen und beschäftigten sich weiterhin mit ihren jeweiligen Aufgaben, von ein paar neugierigen Blicken in die Richtung ihres Anführers und des Hackers einmal abgesehen. Erst Augur brach die eingetretene Stille wieder mit den nur leise gesprochenen Worten: „Könnte es sein, dass ... ich meine, dass sie uns verlassen werden?” Trotz der Tatsache, dass er selbst das gesagt hatte, schwang großer Zweifel in seinen Worten mit.

„Nein, das glaube ich ganz bestimmt nicht”, stellte Jonathan in nun langsam wieder gefasstem Ton und mit konzentrierter Miene fest. „Ich glaube viel eher, dass diese verschlagenen Glatzköpfe wieder etwas aushecken ... nur was?”, fügte er nachdenklich hinzu.

Augur zögerte kurz, bevor er seine nächste Frage stellte. Tief in seinem Innersten kannte er die Antwort bereits, aber er musste sie trotzdem stellen. Er käme sich vor, als würde er jeden einzelnen dieser armen Menschen selbst verraten, wenn er es nicht zumindest versuchen würde. „Was ist mit denen, die auf dem Mutterschiff gefangen sind?”

„Wir können nichts für sie tun”, war auch die knappe und bereits wohl auch erwartete Antwort des Multimilliardärs. „Wir haben jetzt - da alle Freiwilligen und auch die Anderen das Mutterschiff verlassen mussten - nur noch einen einzigen Menschen, der näheren Kontakt zu den Taelons hat.”

„Lili”, sprach Augur den Namen der Frau aus, die sie inzwischen bereits seit vielen Stunden vermissten. Sie hatte heute Morgen zu Da'an fliegen sollen, um ihn zum Mutterschiff hinauf zu bringen. Seitdem war kein Kontakt mehr zu ihr herzustellen gewesen.
„Glauben Sie, dass ...” Der Farbige stockte und biss sich heftig auf die plötzlich trocken gewordenen Lippen. Mit harter, kalter Stimme fuhr er fort zu sprechen. So ganz und gar nicht mehr der immer fröhliche, für einen Scherz aufgelegte junge Computerhacker. „Wenn sie ihr etwas angetan haben ... Dann werde ich jeden einzelnen von ihnen ganz persönlich auf ihre so geliebte nächste Ebene befördern.”

Jonathan Doors schwieg. Auch er wusste nicht, was mit Captain Marquette geschehen sein konnte. Seine Gedanken hingegen gingen in eine gänzlich andere Richtung als die des sichtlich mit seinen Gefühlen kämpfenden jungen Mannes neben ihm. Captain Marquette hatte immer aktiver gegen die Taelons vorgehen wollen. Sie wollte immer, dass etwas geschah und am liebsten wollte sie alles selbst übernehmen. Was war, wenn auch Lili ihn verraten und sich auf die Seite der Anderen geschlagen hatte? Doch er wusste es nicht. Ebenso gut konnte die Shuttlepilotin schon längst tot sein, oder schlimmeres. Er konnte nichts machen. Alle Leute, die er bei den Taelons untergebracht hatte, waren entweder nicht mehr am Leben oder zu weit von den Entscheidungen der Außerirdischen entfernt, um ihm wirklich von Nutzen sein zu können.

Es gab nur eine Möglichkeit, wie er wieder an die für den Widerstand so dringend benötigten Informationen gelangen konnte. Er musste neue Leute bei den Taelons einschleusen und zwar so dicht heran an die Entscheidungsträger wie nur irgend möglich. Er kannte nur eine Person, die ihm in dieser Angelegenheit behilflich sein konnte. Doch würde sie ihm helfen? Er wusste es nicht mit Sicherheit zu sagen. Entschlossen stand er auf, legte Augur noch kurz tröstend eine Hand auf die Schulter, wandte sich dann um und ging in sein kleines, abgeschieden gelegenes Büro innerhalb des Hauptquartiers. Entschlossen griff er nach dem Global. Die Nummer musste er nicht heraussuchen. Er kannte sie auswendig ... schon so oft hatte er sie gewählt ... doch würde die, die darunter zu erreichen war, mit ihm sprechen?

 

Dr. Julianne Belman stand reglos vor dem Spiegel, wie schon so oft in letzter Zeit, und betrachtete sich. So wie schon viele Male zuvor auch. Denn das, was sie sah, war nicht das, was sie zu sehen erhoffte. Eine nicht mehr ganz junge Frau, mit dunkelbraunen Haaren, in denen sich langsam die ersten grauen Strähnen zeigten, ein von vielen kleinen Fältchen durchzogenes Gesicht .. besonders um den Mund und um die Augen herum, ruhige, kühl blickende Augen, die schon viel zu viel gesehen hatten ... Nein, was sie dort im Spiegel erblickte, war ganz bestimmt nicht das Bild, das sie zu sehen erwartete. Seufzend strich sie sich eine ihrer Locken aus der Stirn und hielt abrupt inne, als sie ihre Hand oder, genauer gesagt, den Ring an ihrem Zeigefinger im Spiegelbild kurz aufblitzen sah. Jonathan hatte ihn ihr geschenkt, vor so langer Zeit. Einer Zeit, in der es noch keine Taelons gegeben hatte. In der sie noch keine Ärztin gewesen war.

Ihr Mund wurde plötzlich staubtrocken, und mit leicht zitternden Händen nahm sie einen Schluck aus dem in der Nähe auf einem kleinen Nachttischchen stehenden Wasserglas. Ihre Lippen verzogen sich zu einem angewiderten Lächeln. Ärztin ... das Wort, das ihr früher so viel bedeutet hatte ... Nein, nicht das Wort, sondern das, was es beinhaltete. Anderen Menschen helfen zu können. Sie heilen zu können. Ihr Leben zu retten, oder es zumindest verlängern zu können. All das bedeutete es für sie, die Jahrgangsbeste in der Abschlussklasse, eine Ärztin zu sein. Doch bis auf die ersten so schnell verflogenen Jahrzehnte ... Kurz stockte sie bei dem Gedanken. Wie schnell die Zeit nur verging - kaum dass man es bemerkte, war alles, was sie getan hatte, nicht mehr wert als die Asche der Toten.

Schaudernd rieb sie sich die auf ihren Armen entstandene Gänsehaut weg. So viel hatte sie tun wollen. So vielen hatte sie helfen wollen. Doch ihre Träume, ihre Wünsche, all das hatte sich in Nichts aufgelöst seit .... Ja, seit der Ankunft der Taelons vor etwas mehr als einem Jahr. Sie war derart in Gedanken und Erinnerungen versunken, dass sie das stetige Piepen ihres Globals nicht bemerkte.

 

Seufzend wollte Jonathan Doors schon aufgeben und sein Global zusammenschieben, als die Verbindung am anderen Ende doch noch zustande kam. Er erschrak schon fast, als er das blasse, von Kummer und Sorgen zerfurchte Gesicht vor sich sah. Tief eingegrabene Gefühle, die wohl kaum ein anderer an seinem Gegenüber so gut zu deuten gewusst hätte wie er ... Niemand, der sie nicht so gut kannte, wie er es tat. Oder getan hatte. „Julia ... ist alles in Ordnung mit Dir?”, erkundigte er sich deshalb sofort und hatte für den Moment sogar seine eigenen Probleme und den Grund seines Anrufes vergessen. Des ersten seit fast einem halben Jahr. Seit ihrem Streit hatten sie sich weder gesehen noch jemals wieder ein Wort miteinander gesprochen. Er verstand auch heute noch nicht, warum Julia auf einmal solche Probleme mit ihrer Arbeit bei den Taelons hatte. Von heute auf morgen war sie ausgestiegen. Hatte gekündigt ... sowohl die Taelons als auch er hatten versucht, es ihr auszureden, beide jedoch ohne Erfolg. Erst ihre scharfe Stimme riss ihn wieder ins Hier und Jetzt zurück.

„Was willst du, Jonathan?”, fragte sie abweisend und hatte große Mühe dabei, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie sich nach einem Lebenszeichen von ihm gesehnt hatte. „Das letzte Mal, als Du es für nötig befunden hattest, mich anzurufen, war, als ich wieder etwas für dich tun sollte.”

Jonathan Doors seufzte leise. „Julia, bitte, ich habe nicht angerufen um ... ich meine, ich wollte mich nicht mit Dir streiten.”, bat er sie mit leiser, erschöpft klingender Stimme.

Julianne Belman schwieg. ‚Wie lange ist es her, das mich jemand Julia genannt hat?’ Zögernd entspannte sie sich. Vielleicht wollte er wirklich nur wissen, wie es ihr ging. Vielleicht würde es wieder wie früher werden ... als sie mehr waren als zwei Menschen, die sich auseinander gelebt hatten und sich nur noch für ihre gemeinsame Verpflichtung interessierten. Nur zögernd ließ sie ihre instinktiv bei seinem Anblick hochgezogenen geistigen Mauern wieder fallen und begann nun, ebenso wie er es zuvor bei ihr getan hatte, ihn genauer zu mustern. „Du siehst auch nicht besonders gut aus, Jon”, brachte sie schließlich mit einem halbem Lächeln hervor.

Doors lächelte ebenfalls erleichtert, als er dies bemerkte. Vielleicht würde es ja doch nicht so schwer werden, wie er anfangs geglaubt und befürchtet hatte. „Es hat sich einiges verändert, Julia”, begann er schließlich zu erzählen und wollte ihr von den letzten Ereignissen des vergangenen halben Jahres berichten, doch als er sah, wie sie sich versteifte und ihr Gesichtsausdruck einen abwehrenden Zug annahm, stoppte er sich gerade noch rechtzeitig. „Es geht zu Ende”, war das einzige, was er schließlich zu den letzten Geschehnissen zusammenfassend erklärte.

Lange Zeit schwieg sie. Sie wusste nicht so recht was sie darauf erwidern sollte. Dafür wusste sie nur zu gut, wie viel Jonathan an seiner - wie er es zu nennen pflegte - Lebensaufgabe hing. Dass es jetzt zu Ende ging, überraschte sie nicht gerade. Sie hatte nie wirklich geglaubt, dass man sich den Taelons für immer entziehen konnte. Zu viel war verändert worden. Zu viele Menschen verehrten sie - und was besonders zählte: Diese Außerirdischen waren viel zu mächtig, als dass die Menschen ihnen würden auf lange Sicht widerstehen können. Macht zog immer noch mehr Macht an, und die Politiker der verschiedensten Länder, die Industriellen und andere hochrangige Männer und Frauen, die das Sagen hatten, würden sich diese durch die Taelons neu erlangte Macht nicht wieder nehmen lassen. Jonathan Doors war zwar ebenfalls einer dieser mächtigen Industriellen gewesen, doch kämpfte auch er nur gegen die Taelons, weil er einen persönlichen Groll gegen diese Wesen hegte. Doch das war etwas, das keiner aus dem Widerstand wusste. Keiner außer ihr, seiner seit über dreißig Jahren mit ihm verbundenen Ehefrau.

 

„Das ... das tut mir leid, Jon”, brachte sie schließlich zögernd hervor. Sie wusste, wie viel ihm an seiner Lebensaufgabe - wie er den Widerstand nannte - lag. Doch konnte das noch etwas ganz anderes bedeuten - nämlich, dass er endlich wieder zurück nach Hause kommen konnte ... ein Gedanke, der sie derart plötzlich überwältigte mit Freude und Hoffnung, dass sie ihn auch gleich aussprach. „Heißt das, dass Du jetzt endlich nach Hause kommst?”

„Wie bitte? Nein, das kann ich nicht ... du weißt doch, dass ich mich nirgends blicken lassen darf.” Deutlich verwirrt musterte er sie und rang mit sich, ob sein Entschluss, sie anzurufen, wirklich so eine gute Idee gewesen war. Aber dann schüttelte er seine Zweifel wieder ab. Julia war nun einmal der einzige Mensch, an den er sich noch wenden konnte. Sie musste das einfach verstehen. Der Widerstand brauchte sie ... Er brauchte sie wieder bei sich.

„Oh ... natürlich, ich verstehe das schon.” Seufzend schloss sie kurz die Augen und zwang sich, sich auf das Jetzt und nicht auf die Vergangenheit zu konzentrieren - etwas, das ihr in den vergangenen Monaten immer häufiger Probleme bereitete. Doch davon würde sie Jonathan nichts erzählen. Auch sie hatte ihren Stolz, und den würde sie nicht aufgeben. Obwohl ... wie sehr sie ihn vermisste...

„Julie ...” So sanft er nur konnte, sprach er ihren Namen aus. Sie wirkte mehr als nur ein wenig verwirrt, und das bereitete ihm nicht gerade geringe Sorgen. Doch er durfte sich nicht ablenken lassen. Er hatte im Moment wirklich andere, wichtigere Probleme. Seine erste Pflicht galt seinen Leuten - dass er diese wieder in Sicherheit bringen konnte, dass er wieder an Informationen herankommen und so den Kampf gegen die Taelons wieder aufnehmen konnte. „Kannst Du kommen, Julia? Es ist wirklich sehr wichtig”, bat er sie und ließ während dessen keine Sekunde lang seinen forschenden Blick von ihrem Gesicht abgleiten. „Bitte!”, fügte er dann noch hinzu, da er sich daran erinnerte, wie sehr sie es hasste, herumkommandiert zu werden.

„Kommen? Wohin ... oh!” Plötzliches Misstrauen flammte in ihren Augen auf, und sie schien sich wieder von ihm zurückzuziehen. „Das hatten wir doch schon, Jon. Ich habe Dir vor einem halbem Jahr gesagt, dass ich niemals wieder auch nur einen Fuß in das Hauptquartier setzen werde. Ich habe genug davon. Ich kann einfach nicht mehr, verstehst Du das denn nicht?” Tränen stiegen ihr in die Augen und sie kämpfte darum, sie nicht an die Oberfläche dringen zu lassen. Sie durfte ihm nicht zeigen, wie sehr seine einfache Bitte sie wieder aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.

Jonathan Doors atmete tief durch: „Wir brauchen unbedingt einige Leute bei ...!”
Doch weiter kam er nicht, da sie ihn mit plötzlich wütend blitzenden Augen anfuhr - Augen, die ihn zwar nicht in ihrer Farbe, aber in ihrer Intensität schmerzhaft an jemand anderen erinnerten. Einen anderen Menschen, den er über alles geliebt hatte.

„Niemals!”, fuhr sie dazwischen und fiel ihm somit mitten ins Wort. „Ich werde niemals wieder einem Menschen so etwas antun.”

„Julia ... es hat schon einmal funktioniert!”, versuchte er es erneut, und siedend heiß fiel es ihm ein, dass sie noch nicht einmal wusste, was vor drei Monaten geschehen war ... oder hatte sie es in den Nachrichten mitbekommen? Doch schon ihre nächsten Worte zerrissen diese Hoffnung.

„Dann nimm Boone, er ... es geht ihm doch gut, oder?”, brachte sie, plötzlich blass werdend, hervor.

Doors schluckte. Wie sollte er ihr sagen, dass William Boone vor drei Monaten gestorben war? Genau das würde sie noch weiter von ihm forttreiben. Es war das letzte, was er ihr sagen wollte - dass ausgerechnet der einzige Mensch, dem sie ein modifiziertes Implantat gegeben hatte, von einem außerirdischen Attentäter getötet worden war. Einem Außerirdischen, der übrigens immer noch nicht gefasst worden war. Denn was immer sie damals oben in der Kirchenhalle gesehen hatten, Jonathan Doors glaubte nicht daran, dass sich dieser Ha'gel so leicht hätte umbringen lassen.

„Jonathan! Was ist mit Boone ... warte, ich ... ich bin schon unterwegs!”, rief Julianne, schloss das Global, schnappte sich ihre Jacke und ihre Arzttasche und rannte so schnell wie nie zuvor die Treppen vom zweiten Stockwerk ihres Hauses hinunter zur nächstgelegenen Portalstation.

 

Ende von Kapitel 10

 

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