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  „Die Puppenspieler” von Sy'la, Predator und Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   August 2003
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorinnen.
 
Thema:  Während auf der Erde merkwürdige Gangs ihr Unwesen treiben, halten die rachsüchtigen Eingeborenen von Wanaban die von Bord entführten Kinder unter schlimmen Bedingungen gefangen, und die Crew sucht sie verzweifelt. Werden sie die Kleinen rechtzeitig befreien oder sie verlieren?
Zeitpunkt:  das Jahr 2333
Charaktere:  Audre, Fingers und Colt auf der Erde; der Kriminalagent Konrad Stoller, Cornelia Katz, Peter J. Combe; Sy'la mit ihrer Tochter Alexa, Ariel mit Tochter Bethany; die Taelons Da'an, Ko'lan, Mur'ru, Ka'sar, Ken'tau und Dar'den; die Jaridians Je'dir, Rj'lev und Palwyr, Korn't und Trestim, ihre Kinder Wanjak und Hakar; die jugendlichen Taelons; die künstliche Schiffsintelligenz Roleta; unsichtbare Existenzen; der Vrenne Bremzen Asse, Eingeborene von Wanaban; Queen Camilla, Prinzessin Anne und Premierminister Lord Blair in einer Nebenrolle.
 

 

DIE PUPPENSPIELER

Kapitel 3

 

Teil 2

(Auf der Erde, in Mitteleuropa:)
Ein dringendes Bedürfnis riss Audre aus ihrem tiefen warmen Schlaf. Sie fuhr hoch und sah sich in der Dunkelheit irritiert um. Sofort stürzten die Erinnerungen an ihre Wanderung, der Tod ihres Wolfshundes, das Ankommen in diesem verwüsteten Dorf und ihre Aufnahme bei Fingers auf sie ein. Doch dringender musste sie sich ihrem augenblicklichen Problem zuwenden. Wo nur sollte sie ihre Notdurft verrichten? Draußen? Wo wilde Löwen umherstreiften?

Ihr Blick glitt zu den anderen zwei unförmigen länglichen dunklen Deckenhaufen, die dieses einfache Lager mit ihr teilten. Aus einem Kopfende glänzte ein blanker heller Schädel hervor, von dem anderen sah sie nur ein paar strubbelige dunkle Haare. Sie wickelte sich aus ihren Decken und huschte geräuschlos zu den Strubbelhaaren hin. Fingers gönnte sie seinen tiefen Schlaf vom ganzen Herzen. Behutsam berührte sie die Schulter von Colt.
Ehe Audre irgend etwas begriff, hatte sie auch schon eine würgende Hand und ein Messer an der Kehle.

Atemlos und körperlich erstarrt griff sie mit ihren Gedanken zum Innersten Colts. Deren Erinnerungseindrücke schlugen wirr und mit grauenvollen Bildsequenzen in die ihren. Geschockt nahm Audre sich zurück. „Sachte, Colt, ich bin's nur, Audre!” flüsterte sie heiser mit enger Kehle, „Ich muss nur mal ganz dringend und weiß nicht, wo.”

„Audre?” Colts Hand lockerte sich, die messerbewehrte Hand senkte sich: „Audre ? Ouh, Schit, sorry! Mist, tut mir leid...”.

Audre unterbrach den Fluss der Entschuldigungen: „Wenn du mir nicht gleich zeigst, wo das Klo ist, setzte ich dir hier einen riesigen See hin, ich schwör's!” „Ouh, sorry...” fing Colt von vorne an, und Audre schüttelte sie jetzt energischer an der Schulter: „He, komm zu dir! Ich hab's eilig!” Mit ihrem feinen Tasten in Colts Gedanken erkannte sie, dass diese sich jetzt ihrem Problem zuwandte und ihre Erinnerungen wieder im Griff hatte.
Colt führte sie tastend durch die noch dunkle und kühle Höhle und durch einen abseits gelegenen Gang zu einem winzigen Raum mit einem kleinen natürlichen Durchbruch im Boden hin zu einer tiefer gelegenen Höhle. Aufatmend hockte sich Audre über dem Loch nieder.

Als Audre sich nach einiger Zeit erleichtert wieder dem bewohnten Hauptraum des Bergwerks näherte, empfing sie das warme Licht der Feuerstelle und der Kerzen. Colt war damit beschäftigt, Frühstück aufzutragen. Sie nickte Audre unsicher zu. „Das war allerhöchste Zeit,” grinste Audre sie an.

Colt nickt nur wieder zurückhaltend. Audre ließ sich am Tisch nieder. „Magst du Kaffee?” Colts Stimme wirkte immer noch angespannt.

„Aber immer. Ich weiß ja schon gar nicht mehr, wie er schmeckt,” grinste Audre.

Dann saßen sie zusammen am Tisch und Audre ließ sich das karge Frühstück schmecken. „Sag mal, Audre, du gehörst doch auch zur „Familie”. Wieso hast du dann keinen Decknamen?” War es das, was Colt verunsicherte?

„Nein, ich gehöre nicht zu eurer „Familie”, Colt. Doch einen Decknamen habt ihr mir schon gegeben, nur spricht den niemand aus.” - „Ach!” murmelte Colt und musterte Audre abschätzend.

„Niemand ruft den Tod, wenn die Schatten am Tiefsten sind und der Morgen nicht mehr fern ist,” kam es von der Öffnung des Schlafraumes, „du bist zu neugierig, Colt.”

„Morgen, Fingers,” wandten sich die beiden Frauen dem Alten zu, erleichtert, dass die zwischen ihnen zunehmende Spannung unterbrochen wurde. Dieser bewegte sich jetzt auf sie zu und Audre fiel auf, dass er nicht mehr ganz so stark humpelte. Auch wirkten seine Augen nicht mehr so stark gerötet und einige Falten nicht mehr ganz so tief. Als er nach einem Messer griff, bemerkte sie auch, dass seine Hände weniger entzündet und verkrümmt aussahen. Sie registrierte es, ohne sich weiter darum Gedanken zu machen.

„Darf ich dann vielleicht wissen, warum Audre wegging und die „Familie” in helle Aufregung damit versetzte? Und warum du hierher gezogen bist, Fingers?”

Fingers warf Audre einen kurzen fragenden Blick zu und diese nickte ihm zustimmend zu. „Du erinnerst dich doch daran, dass die Regierungen seit den Zeiten der Taelons immer wieder mal Jagd auf Telepathen hier auf der Erde machten, Colt?”

„Klar. Aber...”

„Tja nun, Audre ist Telepathin und sie hat noch so ein paar kleine Fähigkeiten mehr, von denen die Regierungen mit Sicherheit gerne profitiert hätten. Als sie die Jagd inoffiziell vor 23 Jahren wieder eröffneten, setzte sich Audre ab, damit sie andere nicht durch ihre Nähe gefährdet. Und wo wäre sie sicherer gewesen, als irgendwo in einem kleinen unbewohnten Tal in den Alpen? Die Berge schirmten sie perfekt ab. Ich zog hierher, damit sie, wenn sie wollte, über mich telepathischen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen konnte.” Fingers Blick ruhte kurz nachdenklich auf Audre.

Colt starrte Audre mit einer Mischung aus Unbehagen und Faszination an: „Du kannst Gedanken lesen?”

Audre seufzte, zu oft war sie in ihrem Leben diesem Gemisch aus sich widerstreitenden Gefühlen anderer begegnet. „Wenn ich will, ja, Colt. Doch - wahrscheinlich glaubst du mir das jetzt nicht - deine Gedanken interessieren mich nicht im Geringsten.”

Fingers lachte amüsiert. „Es gibt mit Sicherheit interessantere Gedanken, als die deinen, Colt.”

Colts Unsicherheit schwebte fast greifbar im Raum. „Aber warum bist du nicht in unserer „Familie”?” erkundigte sie sich nochmals. „Selbst Außenseiter benötigen einmal Protektion.”

Fingers antwortete für Audre: „Mit ihren Fähigkeiten braucht Audre unsere „Familie” nicht, Colt. Außerdem hat sie ihre eigene. Wir nennen sie die ‚Schatten’.”

„DU gehörst zu den Schatten?” Colts ungläubiger Blick brachte Audre zum Lachen: „Ja, so ungefähr...” - „Audre ist die Chefin der Schatten, Colt,” stellte Fingers richtig. „Auch wenn sie in die Jahre gekommen ist. - Als nun die Regierung mal wieder auf der Suche nach den Telepathen und ihren Machenschaften waren, löste sie alle Verbindungen auf, die über sie liefen und die Schatten-Mitglieder gingen in den Untergrund. Es war die einzige Möglichkeit, sich selbst und alle anderen zu schützen.”

Colt nickte verstehend: „Aber was habt ihr beide miteinander zu tun?” Neugierig huschte ihr Blick zwischen Audre und Fingers hin und her.

Audre grinste: „Was für eine Frage, Colt. Ein Meisterdieb braucht spezialisierte „Schatten”, die ihm den Rücken frei halten. Fingers konnte zwar alles, wirklich alles vom Kleinsten bis zum Größten, stehlen, aber er konnte weder für seine eigene Sicherheit sorgen geschweige denn gedanklich Informationen klauen. Auch wenn er oft fälschlicherweise der Meinung war, er könnte es,” setzte sie anzüglich und Fingers provozierend hinzu.

Fingers grinste schief: „Na ja, lassen wir das, Audre. Wann brechen wir auf?” lenkte er von dem ihm mit unangenehmen Erinnerungen belasteten Thema ab. „Habt ihr euch darüber schon Gedanken gemacht?”

„Wir können jederzeit starten, Fingers,” ging Colt sofort auf ihn ein, „das Wichtigste ist schon alles gepackt und im Shuttle verstaut.” Fingers nickte zufrieden. Audre entging nicht, dass ihm eine Wolke dunkler Gedanken kurzfristig die Falten vertieften. „Also gut,” murmelte er, „lasst uns aufbrechen und sehen, was von dieser Welt und den Menschen noch übrig geblieben ist, was sich zu holen lohnt.”

Sie erhoben sich, und Audre folgte ihnen nach draußen vor das Bergwerk, wo Fingers und Colt die tarnenden Trümmerreste eines Hausdaches wie beiläufig beiseite schoben, eine in den Dielen eingelassene versteckte Falltüre öffneten, hinunter in den sich öffnenden Flur kletterten, eine Garage erreichten, und sich in das dort befindliche Shuttle setzten.

Audre nahm mit Unbehagen auf dem hintersten Sitz Platz, während Colt den Pilotensitz einnahm, Fingers in seitlich in ihrem Rücken. Sie hasste es sich auf ein Flugzeug, egal welcher Art, verlassen zu müssen. Sie konnte es nicht ausstehen, den festen Boden der Erde nicht mehr unter ihren Füßen zu spüren.

Colt startet das Shuttle, welches, das musste Audre ihr zugestehen, behutsam und gekonnt abhob. Eine getarnte intakte Wand rollte beiseite und öffnete die Garage nach außen. - Ein letzter Blick auf das zerstörte Dorf. „Wohin wollt ihr überhaupt?”

Fingers antwortete zögernd, und seine Unsicherheit war deutlich zu hören: „Ist das nicht erst mal egal, Audre? Zuerst müssen wir doch schauen, wo und wer überhaupt noch was existiert, oder?”

„Ja, da hast du recht.”

Schweigend jetzt folgten sie im Flug den zerstörten Straßen, nur begleitet vom zunehmenden Licht des beginnenden Tages.

 
* * *
 

Das konnte ja nicht gut gehen. Mitten über Kanada gab dieses alte und x-mal geflickte Shuttle seinen Geist auf. Oder war einfach die Energie alle?

„Was ist los?” fragte Audre verwirrt. Sie war kurz eingenickt und durch das abrupte Rütteln unsanft geweckt worden. Die alte Frau sah fassungslos und fasziniert zugleich, wie der Erdboden sich rasend schnell näherte.

„Tu doch etwas!” schrie Fingers heiser. „Wir stürzen doch ab!” Er krallte, vorgebeugt, seine knorrigen Finger in Colts Schultern

„Ja, was denn?” fragte Colt böse zurück. Sie schaltete wie wahnsinnig herum und gab Zeichen, aber der alte Bordcomputer reagierte nicht mehr. „Vielleicht hätten wir doch das fremde Energieaggregat nicht einbauen sollen, was wir organisiert haben. Das Ding funktioniert offenbar nicht!”

Man konnte bereits den Wald erkennen und den Krater, der einmal Toronto gewesen war.

„Kanada-Flugüberwachung!” keuchte Colt, und betete, dass wenigstens der Funk noch funktionierte. „Wir sind in einem alten Taelon-Shuttle, Kurs von Europa kommend nach SWW auf der Höhe des ehemaligen Toronto. Das Shuttle stürzt ab, keine Energie mehr. Erbitten dringend Hilfe!”

„Hier ist Kanada-Flugüberwachung! Wir haben dich am Schirm! Wir schlagen vor...” der Rest der Antwort ging in Krächzen über.

Audre schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie dehnte ein imaginiertes inneres weißes Licht aus. Das Shuttle wurde langsamer, krachte aber in die Bäume, schlug eine Schneise, kratzte über den Boden. Sand, Steine, Holz und Baumzweige flogen aufgewirbelt und zerfetzt durch die Luft. Das Shuttle blieb dann völlig verwüstet seitlich liegen. Das virtuelle Glas war verschwunden.

Fingers hing noch verdreht in den Gurten. „Oh!” stöhnte er. „Ich glaube, wir leben tatsächlich noch!”

Colt, als die jüngste der drei, konnte sich nach dem Schock am schnellsten erheben. Sie hatte eine blutende Schramme an der Stirn, zugefügt von einem Ast. „Dieses Shuttle ist endgültig hinüber”, meinte sie. „Ein absolutes Wunder, dass wir alle noch leben. Das war ziemlich böse.”

„Kein Wunder”, sagte Audre. „Wir wurden beschützt.”

„Von wem oder was?” fragte Colt. „Weißt du, ich frage mich noch immer, wieso ihr zwei, Fingers und du, noch immer leben. Bei unserem Beruf. Ihr seid uralt, heißt es. Ein Rätsel.”

„Und was hat Fingers gesagt?” fragte Audre und stand ächzend auf. Sie spürte jeden einzelnen durchrüttelten Knochen.

„Gar nichts!” antwortete Colt. „In unserer Profession sagt man gar nichts.”

Sie hörten von Ferne, wie sich aus der Luft Rotorplane näherten. Sie sahen aus wie flugfähige große Scheiben, mit speziellen Rotorenringe an der Unterseite; typische Polizei- und Rettungsfluggeräte eben. Eins kam näher und schickte sich an, neben ihnen zu landen, als aus dem Wald ein weißer Energieblitz schoss und den Rettungflieger, der nichts als helfen wollte, zerstörte.

 
* * *
 

(Auf dem Schiff:)
„Es ist nicht nötig, dass du alleine eine Rettungsaktion angehst”, versuchte das Bordgehirn Sy'la zu beschwichtigen. „Selbstverständlich fühle ich mich für die Besatzung verantwortlich und bin schon dabei, Rettungsvarianten durchzukalkulieren. Zuallererst benötigen wir aber eine freie Passage nach Wanaban.”

„Das Vrennenschiff war in einer ganz bestimmten Position, als ein Interdimensionsportal zum Planeten hin geöffnet wurde”, meinte Mur'ru. „Ich nehme an, es ist eine fluktuierende Öffnung im Minenfeld. Kannst du die Position aller Minen um Wanaban für diesen Moment zurückrechnen? Vielleicht finden wir den Rhythmus für die Öffnung heraus.”

„Ich bin dabei”, erwiderte Roleta. „Für gewöhnliche Rechner wäre das wohl unmöglich, schließlich driften Millionen von den Dingern auf eigenen Bahnen mit eigenen Geschwindigkeiten in dieser Gegend umher, aber ich bin ein ausgereiftes Modell, wie ihr wisst.”

Es dauerte noch etwa eine Stunde, bis in etwa die Berechnungen ein Resultat zeichneten. Zu ganz bestimmten Zeiten und Positionen gab es Start- und Landefenster. Der Weg zur Entsendung von vier Beibooten war frei. Schnell hatten sich vier gemischte Teams gebildet, die die Oberfläche Wanabans absuchen und die eingeborene Spezies über den Verbleib der Kinder befragen sollten.

„Aber bedenkt bitte, dass wir hier in Frieden als Taelons kommen,” mahnte Ka'sar. „Vielleicht hat man uns in besserer Erinnerung als die Jaridians und ist bereit, mit uns die Kinder zu suchen. Wir wollen sie schließlich lebend zurück. Keine Feuerüberfälle, keine Erpressungen.”

„Mit jeder Minute, die vergeht, ergeht es unserem Kind schlechter”, erwiderte Korn't erbost. „Da benötigen wir keine guten Ratschläge eines taelonischen Außenseiters!” Das Team von Da'an, Ko'lan, Ariel und Peter Combe landete nordöstlich einer schwarzgerussten Stadt, die trotz aller Exotik einen heruntergekommenen Eindruck machte. Combe konnte die schwefelhaltige Luft nur schwer atmen und zog es vor, eine leichte Atemmaske aufzusetzen.

Alles war hier angelegt für kleine Vierhufer. Die Bevölkerung hatte das Herannahen des Beibootes natürlich bemerkt. Als sie sah, dass Taelons ausstiegen - nach einer unendlich langen Zeit! - eilte sie herbei und umstand schließlich die Ankömmlinge. Da'an und Ko'lan benutzten taelonisch, um zu kommunizieren. Die Leute sprachen einen argen, aber doch verständlichen Dialekt mit Jaridian-Einschlag. Combe „hörte” die Übersetzung direkt im Kopf. „Ein Verbrechen ist geschehen”, sagte Da'an mit weit ausholenden Gesten. „Nach so langer Zeit ist es uns gelungen, einen Frieden mit den Jaridians herzustellen und Krieg und Sklaverei zu beenden. Als Zeichen unseres guten Willens wurden Mischlinge geboren. Eben diese Kinder wurden entführt! Jemand will die Zeit des Krieges wiederbringen, die Zeit der Sklaverei! Das müssen wir verhindern. Wir müssen unsere Kinder wiederfinden, damit diese schreckliche Zeit für immer vorbei ist.”

‚Ganz schön gerissen, mit der Angst der Bevölkerung zu spielen’, dachte Combe. ‚Ob das was nützt? - Dieser Planet sieht ja schlimm aus.’ Der Himmel war trübe und grau, und nur da und dort lugten Gräser zwischen dem grau-schwarzgebrannten Boden hervor. Eigentlich war er bei diesem Team nur als menschlicher Vertreter dabei. Viel lieber hätte er sich die noch bestehende außerirdische Kultur angesehen - wenn dafür Zeit gewesen wäre!

„Wir Oberirdischen wissen davon nichts”, meinte einer der Eingeborenen. „Das müssen wohl die unterirdischen Freaks gewesen sein. Sucht doch da.”

„Wird das taelonische Imperium wiedererrichtet?” wollte eine andere unbedingt wissen. „Oder sind wir weiterhin frei?”

„Könnt ihr uns nicht von hier wegbringen zu einer besseren Welt”, bettelte ein Junges. „Ich hab gehört, woanders gibt es genug Wasser und Blumen, genug zu essen und keiner, der andere bestraft. Ich würde so gerne frisches Gras riechen.”

„Das ist nicht so einfach”, erwiderte Da'an.

„Gibt es so etwas wie Volksvertreter, eine Regierung, mit denen wir sprechen könnten?” fragte Ko'lan in die Menge. „Wir sind wirklich sehr verzweifelt. Die Entführer drohen, unsere Kinder umzubringen. Wir benötigen eure Hilfe!”

„Da gibt es die Unberührbaren, da oben auf dem Berg, das Gebäude”, erwiderte eines der zentaurartigen Wesen. „Dort war der Hauptsitz der Jaridians und ihrer Sklaven. Diese Sklavennachkömmlinge haben jetzt alle Macht. Schlimme Dinge geschehen da. Keiner von uns wagt sich unaufgefordert dahin.”

„Wir schon”, meinte Ariel angriffslustig. „Niemand trennt mich ungestraft von meiner kleinen Bethany!” Sie musste sich beherrschen, um nicht rot anzulaufen und nach der Waffe zu greifen. „Worauf warten wir? Besuchen wir diese Jaridian-Sklaven dort oben endlich!”

 
* * *
 

(Auf der Erde, in Nordamerika:)
„Uups......” Audre starrte völlig überrascht und mit offenem Mund auf die herumfliegenden Bruchstücke, die wie feurige Funken überall auf den Boden regneten. Die drei hockten sich rasch hinter einem schützenden Felsen hin.

Fingers dagegen starrte über den Felsen hinweg zu dem Punkt in dem dichten Wald, aus der dieser Energieblitz hervorgeschossen war. Colt hingegen wusste nicht, woher der Schuss gekommen war.

„Jetzt weiß ich wieder, warum ich Flugzeuge aller Art hasse,” kam es pragmatisch von Audre, „man ist nie sicher, wie so ein Ding wieder auf den Boden zurück kommt.”

„Audre!” wies Fingers sie gereizt auch prompt zurecht.

„Ach, hör doch auf, Mann,” fauchte Audre zurück, „ich bin kein Kind mehr!”

Fingers seufze leise und lenkte ab: „Kannst du was erkennen, dort?” Audres Blick folgte der Richtung des zitternden Zeigefinger von Fingers. Auch Colt bemühte sich irgendwas zu sehen. Doch die Bäume und das Untergehölz waren dort zu dicht. Als Colt sich Audre zuwandte, sah sie verblüfft, dass die Alte die Augen geschlossen hatte.

„Ja,” murmelte Audre leise, „dort ist eine Person. Sie entfernt sich gerade wieder. Wir sind in ihrem ‚Revier’ gelandet. Ihre Leute sind weiter weg und haben den Hilferuf auch erhalten. Sie sind uns nicht unbedingt feindlich gestimmt, doch sie wollen nichts mit den ‚Staatsdienern’ oder mit uns zu tun haben. - Da fällt mir ein..,” für Colt überraschend, durchbohrte sie jetzt Audres kalter abschätzender Blick: „wieso, zum Teufel, rufst du um Hilfe bei offizieller Stelle? Wolltest du wirklich, dass wir von denen registriert werden?”

„Neiein, ich - oh Gott - nein, natürlich nicht - ich habe - Scheiße - ich habe ganz einfach die Nerven verloren - ich...”

„Und was hätten sie deiner Meinung nach tun können? Schnell ein Netz spannen, in das wir sanft reinfallen, oder...?”

„Genug Audre, es ist ihr erster Absturz,” fuhr Fingers jetzt dazwischen, „ sie ist jung und für Ausnahmesituationen nicht geschult! - Wir müssen hier weg, eh’ noch andere Flieger kommen!”

Audres Blicke durchbohrten jetzt Fingers: „Ihr bildet eure Nachfolger sichtbar miserabel aus!”

„Später, Frau, später können wir darüber diskutieren, nicht hier und nicht jetzt! Machen wir, dass wir wegkommen!”

Während Fingers, gestützt von Colt, in Richtung Wald hastete, so gut Fingers das eben noch konnte, eilte Audre noch mal zu dem völlig zerstörten Shuttle zurück. Durch die Öffnung, die das fehlende virtuelle Glas hinterlassen hatte, kletterte sie nach innen, schnappte sich rasch den Proviantsack und den Erste-Hilfe-Kasten und rannte, verblüfft stellte sie nebenbei fest, dass sie wieder richtig rennen konnte, zum Waldrand und wartete dort auf Fingers und Colt.

Während sie dort stand, schloss sie die Augen und konzentrierte sich auf das Shuttle-Innere. Dann konzentrierte sie sich auf ihre eigene Energie, verstärkte sie mit der Energie aus der Erde und schickte diese in das Shuttle und sprengte es.

Colt fuhr erschreckt mit einem Entsetzensschrei herum, doch Fingers packte sie am Arm, riss sie grob herum und drängte sie weiter: „Keine Angst, Kleines, das ist nur so eine Eigenart von Audre, hinterlasse nie Spuren. - Komm weiter, Mädchen,” keuchte er kurzatmig: „Wir wollen doch nicht, dass sie uns oder Hinweise auf uns finden! Es reicht schon, dass sie etwas von uns wissen, wegen deinem Funkspruch. So halten sie uns vielleicht für tot... .”

Erst bei Nachteinbruch wagten sie es sich nach einem Rastplatz umzusehen.
Audre, gewöhnt an das Leben in der Wildnis, fand schnell eine durch dichtes Unterholz und Ranken windgeschützte Mulde.

Aufstöhnend ließ sich Fingers nieder, Colt warf sich der Länge nach neben ihn hin.

Audre suchte in der nahen Umgebung nach trockenem Holz, das sie schnell zu einem kleinen wärmenden Feuer entfachte. Sie teilte die Essenrationen aus und knabberte selbst lustlos an den Trockenriegeln.

„Es tut mir alles so leid,” kam es leise durch die Dunkelheit. „Schon gut, Colt,” murmelte Fingers, „das alles war vorhersehbar.” „Ja, das mit dem Shuttle schon. Aber ich hätte keinen Notruf absetzten dürfen,” meinte Colt zerknirscht.

„Ja, dann hätten wir eine Schwierigkeit weniger gehabt. Doch passiert ist passiert. - Audre, ist alles in Ordnung hier?”

Audre dehnte ihre Wahrnehmung in immer größeren Kreisen um ihren Lagerplatz aus.
„Die andere Gruppe lagert nicht weit von uns. Möglich, dass wir noch Besuch von ihnen bekommen, sie diskutieren gerade darüber. Von irgendwelchen ‚Gesetzeshütern’ nehme ich nichts wahr. Wir werden im Augenblick jedenfalls nicht verfolgt, weder von Mensch noch Tier, weder zu Luft noch zu Land. - Komm, Colt, ich will mir deine Wunde ansehen.”

„Ist nur ein Kratzer...”

„Hast du schon mal erlebt, wie ein klitzekleiner Kratzer zu einem riesigen eitrigen Ekelteil geworden ist, nur weil der Kratzer nicht desinfiziert wurde? Komm, zier’ dich nicht, geht ganz schnell und brennt vielleicht auch noch höllisch.” - Colt musste wider Willen grinsen.

Audre musterte die schmale Gestalt der Frau, die jetzt auf sie zukam und sich neben ihr niederhockte. „Du bist noch so jung, Colt. Ist dir nichts besseres eingefallen, als ausgerechnet dieser „Familie” beizutreten?” Colts dunkle Augen verrieten leichte Verunsicherung, doch sie antwortete nicht. Audre nahm das schmale Gesicht in die Hände und begutachtete die Wunde. Behutsam entfernte sie Holzsplitter, Laubreste, verkrustetes Blut, säuberte die jetzt wieder offene Wunde gründlich und klebte ein Pflaster auf. „So, jetzt dürfte eigentlich nichts passieren, Colt. Hat hoffentlich weh getan, hm?”

Colt grinste in die humorvollen dunklen Augen der Alten: „Ja, aber ich kann was vertragen.”

„Gut, gut.”

Colt blieb bei Audre sitzen und starrte abwesend in das Feuer: „Mein Vater, Knife, war schon in der „Familie”. Er hat mir alles beigebracht, was Waffen und Kampf angeht, er fing damit an, als ich zu laufen begann. Aber die Ausbildung war noch lange nicht fertig, als er bei dem Überfall der Tzeks umkam. Er hatte immer viel von Fingers erzählt. Und als ich dann so ganz allein war, habe ich beschlossen, Fingers zu suchen.”

„Hm, ja, und sie hat mich gefunden. Ganz schön clever unsere Jüngste,” nickte Fingers ihr anerkennend zu.

„Versucht jetzt ein bisschen zu schlafen, ihr zwei. Ich halte erst mal Wache. Wenn ich müde werde, wecke ich dann jemanden von euch,” schlug Audre vor.

Fingers lehnte sich zurück und schloss die Augen. Colt rollte sich dicht am Feuer zusammen.
Audre musterte kurz die beiden Gestalten, nahm dann eine halbwegs entspannte Haltung ein und kontrollierte aufmerksam mit ihren Fähigkeiten die Umgebung.

 
* * *
 

(Auf Wanaban:)
Das zweite Team, bestehend aus Mur'ru, Ka'sar, Sy'la, und Je'dir, war bereits auf der anderen Seite des Planeten gelandet, nahe einer kleinen, von braunen Sträuchern und wilden Pflanzen verwachsenen Stadt. Diese machte, wie auch bei dem Team zuvor, den gleichen heruntergekommenen Eindruck. Ein paar Häuser brannten und nicht wenige Leichen der Einwohner lagen wild durcheinander auf den Straßen, hier musste kürzlich eine Schlacht stattgefunden haben. Selbst vor Kindern hatten die Angreifer keine Gnade gezeigt. Auf brutalste Weise waren sie abgeschlachtet worden. Blutlachen wohin das Auge reichte.

Je'dir stieg beim passieren der Straße über eine Leiche und ließ seine Gefährtin folgen, die das leibhaftige Entsetzten in den Augen trug. Was, wenn mit Alexis das gleiche passiert war? Vielleicht war sie irgendwo zwischen diesen schon am Verwesungsprozess teilnehmenden Leichen!

Ein Ruf schallte durch die Straßen. Es schrie jemand um Hilfe. Die Taelons, die hinter dem Paar langsamer gegangen waren, beeilten sich nun, dem Schrei nachzukommen. Als erste entdeckte Sy'la den schreienden Bewohner, der in seinem eigenen Blut lag und vor Schmerzen kaum hatte aufstehen können. Eines seiner vier Beine war zerhackt worden, er war übersät mit kleinen und großen Fleisch- und Schnittwunden, an der Brust steckte ein metallener Pfeil.

„Was ist passiert?” fragte Sy'la und beugte sich zu dem Wesen hinunter. Erst als dieser sie mit fragenden Blicken anstarrte, kam sie darauf, dass er keine der menschlichen Sprachen beherrschen konnte, also fing sie an, ihr mittlerweile fast schon perfektes Taelonisch einzusetzen. Dieses wispernde Fauchen und Hauchen verstand er wohl besser. Gerade als er der Fremden antworten wollte, kamen ihm die beiden Taelons und der Jaridian zu Gesicht. Erst starrte er wenig erfreut auf den Jaridian, dann erleichtert auf die beiden Taelons. Laut und hustend schnaufte der Vierhufer, ein Zeichen, dass seine Lunge wohl voller Blut sein musste.

„Etwas Schreckliches ist passiert Fremde, die Unterirdischen, haben unsere Stadt angegriffen und alles geraubt, was wir hatten, so schlimm wie jetzt war es noch nie.”

Sy'la hielt sein Kopf und versuchte ihn zu beruhigen. „Wie ist dein Name?” fragte sie ablenkend, obwohl es für ihn schlecht aussah.

„Fari'l.”, brachte er keuchend heraus.

„Du wirst hier nicht sterben Fari'l, hast du verstanden? Du hältst jetzt schön brav durch, bis wir für dich medizinische Hilfe gerufen haben.” Zwar nickte dieser, doch schon bevor Sy'la das Schiff kontaktieren konnte, machte er seinen letzten Atemzug. Sy'la legte seinen Kopf vorsichtig auf dem Boden und schoss ihm seine noch halbgeöffneten Augen.

Das konnte es doch nicht sein, dieser Planet erlitt einfach zuviel Leid. Je'dir, der die Szene mit angesehen hatte, zog Sy'la wieder hoch und hielt sie fest. „Vielleicht finden wir hier noch Überlebende, außer die Unterirdischen haben hier alle abgeschlachtet.” - Mur'ru und Ka'sar machten beunruhigte Gesten und dachten sich ihren Teil.

„Wir suchen Spuren. Gehen wir weiter, wir können diesem Bewohner nicht mehr helfen,” mahnte Je'dir nachdenklich und lief los. Sy'la stampfte ihm genauso nachdenklich hinterher, ihre Kleine dabei immer in Erinnerung behaltend.

 
* * *
 

„Ich habe Hunger!” schrie die kleine Alexis aus ihrer niedrigen Zelle heraus. Der große Krieger, der als Wachposten vor ihr Gefängnis gestellt wurde, drehte sich um, sah sie eine Weile lang in ihrem Loch stumm an, bevor er wieder seine vorherige Position einnahm.

Alexis legte ihren Kopf zur Seite. Ihr Magen knurrte, lange genug war sie nun hier eingesperrt worden. Sie wollte endlich raus, wieder zurück aufs Schiff zu ihrem Eltern. Langsam aber sicher stieg ihr die Wut bis zum Kopf und breitete sich dort aus.

Sie kroch bis zu dem großen Soldaten, der ganz in schwarz gepanzert war und einen langen Speer in der Hand hielt, der gefährlich schwarz schimmerte. Stumm sah sie ihn mit ihren großen Kinderaugen an. Warum hielt man sie hier gefangen? Sie hatte doch nichts verbrochen. Das einzige was sie hier bekam war schmutziges Wasser zum Trinken.

Vorsichtig steckte sie ihre Hand durch die rostigen Gitter und zog an dem dunklen Mantel des großen Kriegers. Dieser drehte sich überrascht zur Seite und sah sie verbissen an, seine Waffe dabei auf sie gerichtet. „Kenik'ijt She'kà znav!” schrie er in seiner Sprache. Alexis sah ihn immer noch stumm und ungerührt an, als würde sie der personifizierten Ignoranz selbst damit ins Gesicht spuken.

 
* * *
 

(Irgendwo im Zentrum des Universums:)
„Die Gegner haben wieder zugeschlagen. Sie versuchen, mit unfairen Methoden die Mission aufzuhalten. Die niedrigen Lebensformen hängen an ihre Kinder und müssen sie suchen.”

„Wir können nicht mit ähnlichen Mitteln agieren. Wir können uns nicht einmischen. Wir würden sonst die andere Seite dazu provozieren, sich noch stärker selbst einzubringen.”

„Wir können aber auch nicht zusehen. Die Verseuchung mit Kristallen schreitet weiter fort. Wir sollten unseren Favoriten einen Hinweis geben.”

„So soll es sein. Wir beschließen diese Konferenz.”

 
* * *
 

(Weit entfernt, in London:)
„My goodness, Lord Chancellor, Wir haben seit Jahrhunderten immer einen Weihnachtsbaum für das Volk aufgestellt und es gibt keinen einzigen Grund, damit aufzuhören, nur weil unser London widrigerweise hierher, auf diesem barbarischen Planeten irgendwo im Weltraum, teleportiert worden ist”, sagte Queen Camilla zu ihrem Premierminister, Lord Blair. Sie rührte in ihrer Teetasse mit dem Hoof-Heu-Tee, welches wie Russischer Tee aussah, aber nach Pferde und Bauernhof roch - und auch so schmeckte. Aber Tradition war eben Tradition, und nur weil es keinen Tee mehr in London gab, konnte man doch nicht damit aufhören, oder?

„Bedenken Sie, Eure Majestät, wie leicht entflammbar ein Holzgerüst mit aufgeklebten grünen Papierstreifen ist! Echte Stearin-Kerzen zu verwenden könnte den ganzen Buckingham-Palace in Brand setzen!”

„Ein Feuer! Ach Mama, wie hübsch, ein echtes Feuer!” begeisterte sich Prinzessin Anne und tätschelte die sabbernden Corgie-Hunde auf dem Sofa. Eines davon hatte Blähungen vom ungewohnten Futter, wie man roch. Oder war es doch der Tee...? „ Dann könnten wir endlich umziehen! Endlich einen vollautomatischen Garderobeschrank, einen eigenen Barmixer in jedem Zimmer, einen 3-D-Videokasten oder eine vollautomatische Duschanlage...”

„Shocking! I'm not amused at all!” rügte die Queen das Mädchen. ”Ohne Buckingham-Palace keine Geburtstags- und Weihnachtsparties des Personals für uns auf deren Kosten, keine Militärparade mit feschen halbnackten Männern, die mitten im Regen vor uns planschen. Keine Geschenke für uns, kein Koks für das Personal - wo kämen wir da wohl hin? In die Anarchie?”

„Your Majesty”, gab Lord Blair zu bedenken, „ Drogen sind für das gewöhnliche Volk seit 350 Jahren verboten. Außerdem hat London keinen Drogenvorrat mehr. Bei aller Tradition - es wäre Zeit, damit aufzuhören.” Er rührte in seiner Teetasse und schauderte im Gedanken daran, aus Höflichkeit von der Brühe mit der Mäusemilch trinken zu müssen.

„König Charles, nein was sage ich - Queen Victoria würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie von unserer schlimmen Lage wüssten,” seufzte Queen Camilla. „Feiern ohne Alkohol und Drogen - shocking! Unvorstellbar!”

Prinzessin Anne tat so, als würde sie von der Tasse nippen. „Wieso fragen wir diesen Taelon Ho'shin nicht, ob er noch etwas Core-Energie für uns übrig hat?” meinte sie. „Oder - wie wäre es mit dieser neuen Droge „Blue”, die neu auf dem Markt ist, wie mir Lady Sinclair vertraulich sagte?”

Lord Blair nippte an der Brühe und beherrschte sich. Erbrechen konnte er schließlich später. „Ho'shin - dessen Philosophie- und Rechtsschule am Eaton Place hervorragend frequentiert wird, wie ich zugeben muss - ist strikt gegen jede Art von Drogen. Er hält sie auch von den neun jungen Taelon-Kindern fern. Und überhaupt nichts hält er von „Blue”, im Gegenteil, er warnte die Menschen davor als wäre es pures Gift. - Ich wüßte gern, woher es kommt.”

„Ich weiß, was wir bezüglich des Baums tun könnten”, fiel der Königin von London ein. Sie strahlte. „Wir könnten jedes Stück Papier und Holz vorher feuerfest anstreichen lassen. Ja, das könnten wir doch, nicht wahr?”

„Madam, ich fürchte, meine Amtsgeschäfte zwingen mich, mich zu verabschieden”, beeilte sich Lord Blair zu sagen. „Wichtige Dinge gibt es heute im Parlament zu besprechen.” Er küsste der Queen galant die Hand und ging nach einer kurzen Verbeugung.

„Er hat uns keine Antwort gegeben, Mama. Darf der denn das?” fragte Prinzessin Anne. Sie sah aus wie der Corgie, der neben ihr saß - von erlesener Zucht, eben.

 
* * *
 

(Wieder auf Wanaban:)
Die dritte Such-Gruppe, bestehend aus der rothaarigen Kriminologin und Ärztin Cornelia Katz, dem Kriminal-Agenten Konrad Stoller und dem Jaridian-Paar Rj'lev und Palwyr landete nahe dem Äquator, wo sich eine ehemalige Universitätsstadt der Eingeborenen befand. Auch hier wirkte die Stadt völlig verlassen, verrußt und heruntergekommen.

Die Luft war schwer zu atmen, und die Menschen waren froh, Atemmasken zu tragen. Stoller sah sich ein wenig unsicher um. Es war das erste Mal, dass er auf einem fremden Planeten war, noch dazu mit diesen - wilden Jaridians... Alles wirkte irgendwie fremdartig. Das Licht war anders, das Schattenspiel, die Schwerkraft oder die Farben...

Die beiden Jaridians suchten nach ihrem Sohn Wanjak und waren noch immer voller Wut, gemischt mit Trauer. Rj'lev lief immer wieder heiß an, nur Palwyr - die durch das Bewusstseinskollektiv der letzten Taelons, Jaridians und des Mensch-Kimera Kincaid genetisch verändert worden war, konnte sich besser beherrschen.

„Keine Ortung! Nicht ein simples Molekül, keine Gehirnwellenmuster,” meldete Palwyr. „Alles ist verlassen! Oder erscheint zumindest so.” Dennoch machte sich die Gruppe daran, die verlassene Stadt nach Spuren zu durchsuchen.

„Weißt du, was heute für ein Tag auf der Erde ist?” fragte Cornelia Stoller. „Weihnachten! Ein Tag der Hoffnung auf das Licht, das kommt in der größten Dunkelheit des Jahres, um zu retten. Ich wünschte, ich wäre zuhause bei meiner Familie.”

„Auch wir haben eine mythologische Sage für die Sonnenwende aus grauer Vorzeit. Die Sage über das Klumbazz-Feuer, das heilige Licht”, antwortete überraschend Palwyr. „Es gab einen furchtbaren Krieg, und als die Feinde nahe waren, war die einzige Rettung die nächtliche Flucht über einen schmalen Gebirgspass. Doch dazu benötigte das Volk ein Licht. So sehr aber der Anführer namens Klumbazz, ein sehr ehrenwerter, würdiger König, eine Fackel entzünden wollte, ein Sturmwind blies das Licht aus. Da rief Klumbazz die Götter an und opferte sein eigenes Blut im Namen seines Volkes. Da fing die Schale mit dem Blut des Heiligen zu leuchten an, heller als ein Stern, und so konnte das Volk sicher und heil den Pass überwinden. Zu Ehren diese Opfers und des heiligen Lichtes der Hoffnung auf die Überwindung jeder Dunkelheit wurde auch auf Jaridia immer ein Klumbazz-Fest feierlich begangen. - Ach, dass doch mein kleiner Sohn auch gerettet würde!”, seufzte sie traurig.

Das Global-Armband auf Stollers Hand läutete. Er aktivierte das Hologramm. Jean-Marie Marclay, der ältere schweizerische Hellseher an Bord, manifestierte sich.

„Ich hatte mehrere klare Visionen, in denen ich die Kinder um Hilfe rufen hörte. Ich denke, sie befinden sich unter der Erde, aufgeteilt in Höhlen”, teilte er ihnen mit. „ Ich glaube, dass ihr in der Nähe eines dieser Höhlen seid. Gibt es Höhlen in eurer Nähe?”

„Ja, weiter westlich!” antwortete Rj'lev mit seiner tiefen Stimme. „Wenn deine Vision stimmt, so können wir die Kleinen vielleicht noch rechtzeitig retten. - Wenn nicht, und mein Sohn ist tot, so zerstöre ich diesen Planeten endgültig, so wahr wie ich hier stehe!”

Marclay teilte seine Überlegungen auch der vierten Gruppe aus den Taelons Dar'den und Ken'tau sowie dem Jaridianpaar Korn't und Trestim mit, die auf der anderen Planetenseite gerade die Wirtschaftszentren auf Wanaban überprüften und nach dem männlichen Jaridiankind Hakar suchten. Sich nur auf die Suche nach Höhlen zu beschränken, erleichtete die Suche erheblich. Die Taelons hofften nur, dass die Visionen Marclays auch stimmten, denn sie befürchteten, dass sich die heißblütigen Jaridians sonst zu unüberlegten Aktionen hinreißen ließen. Andererseits - vielleicht wachte ein gütiges Schicksal über sie, und sie hatten wieder einmal Glück.

 

Ende von Kapitel 3

 

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