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  „Höllenengel” von Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Mai 2004
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Sandoval stellt überraschend fest, dass er lebt und als Psychopath gefangengehalten wird. Die Crew des Zefirschiffes findet mit den Parakas weitere Sklaven der Dunkelmächte. Und den Londonern steht der Weltuntergang bevor.
Zeitpunkt:  das Jahr 2345
Charaktere:  Dunkelmächte; Dr. Clares, Max, Ronald Sandoval, Zo'or, Haggis, Augur; Da'an, Ko'lan, Ka'sar, Trestim und Rombard Kieling; Bethany, Kashmir Khan und Alexis; auf London Premierminister Humphrey Clark, Minister Neill Pescatolli, Mary Winters, Matthew Stevens, Nevin Oman, Oberst Stratton und die Taelons Ho'shin, Xo'lai, Hy'lor u.a.
 
Warnung: Diese Geschichte beinhaltet Gewaltszenen.
 

 

HÖLLENENGEL

Kapitel 8

 

„Diese Menschen sind zu nichts zu gebrauchen”, ärgerte sich der schemenhafte Anführer der Dunkelmächte in seiner schwarzen, konturlosen Wolke. Er hatte sich die Mühe gemacht, sich selbst in dieser Region des Universums, an Bord eines der schwarzen 200 Meter großen Schemenschiffe, zu manifestieren. „Da haben sie wichtige Persönlichkeiten als Gefangene und dieses fremde Schiff in ihrem Sonnensystem - und können rein gar nichts damit anfangen.”

„Wir waren zu nachsichtig”, gestand sein Stellvertreter in diesem Bereich und empfing umgehend einen schmerzhaften geistigen Hieb in Form eines schwarzen Energieblitzes, der ihn stöhnend zu Boden streckte.

„Dein Zorn trifft mich zu recht, Anbetungswürdiger!” sagte er mit Schmerzen in der Stimme, zusammengekauert. „Ich gestehe mein Verbrechen und erwarte deine Folterung. Wir haben den Menschen eine gewisse Autonomie gewährt, damit wir sie auf unsere Seite zu ziehen vermochten. Wir haben erwartet, dass sie ihre Probleme darum selbst effizient zu lösen vermögen.”

„Dass sie dumm sind, weiß ich bereits. Dass sie trotz ihrer Dummheit unsere Pläne durchkreuzen können, ebenfalls. Haben sie wenigstens sonst Anzeichen in unserem Sinne?”

„Wir haben den abscheulichen besänftigenden Taelon- und Kimera-Einfluss in ihrer Entwicklung zurückgedrängt und sind sogar dabei, langfristig die Zaza-Programmierung umzudrehen. Sie verwildern und werden zu dem, was wir aus ihnen machen. Nach den kosmischen Regeln können wir mit einem Volk, welches unserer Seite anheimfällt, machen, was wir wollen. Der Bund der Alten Völker wird keinen Einspruch dagegen erheben können.”

„Das war nicht meine Frage!” Der Stellvertreter erhielt einen weiteren schmerzhaften Hieb, der ihn aufwinseln ließ.

„Vergib mir”, sagte er vor Schmerzen wonnevoll keuchend. „Deine Zeit ist kostbar. Die Zeitmanipulationen sind zu unseren Gunsten ausgefallen. Ja, sie nehmen bereits wieder unsere Denkweise zum Teil an: Permanente Selektion innerhalb der Spezies. Nur der Stärkste hat ein Recht auf Dasein, der Rest ist versklavbarer Müll, der nur noch einen Zweck hat: ihm zur Erfüllung seiner Bedürfnisse zu dienen. Der Starke hat ein Recht, alle Ressourcen und Reichtümer für sich selbst zu fordern und den Schwachen als nutzlosen Konkurrenten zu zertreten. Der Stärkste wird durch permanenten Kampf gegen Gegner gefunden, die erlegt werden. Gegner innerhalb der eigenen Art, Gegner außerhalb der eigenen Art. Stärke bedeutet Kampf, Kampf bedeutet Schmerz, und Schmerz ist wunderschön.”

„Ja! Ja! Ja!” rief der als schwarzer Schatten dahinflackernde Anführer im gänzlich lichtlosen Raumschiff voll Begeisterung. „So lautet das kosmische Gesetz der Evolution, welches unser Dasein bestimmt. Gnadenlosigkeit, Krieg, Terror, Tod. Zu schade, dass niemand in der Lage ist, mich herauszufordern, damit ich dieses Gefühl wieder selbst kennenlerne, wie es ist, geschlagen und besiegt zu werden.”

‚Gib mir nur eine Gelegenheit, und ich eliminiere dich gerne!’ dachte der Stellvertreter, sich scheinbar demütig auf dem Boden des Schiffes windend.

„Nun gut, ich muss meine Bedürfnisse mittels das Leiden anderer stillen”, sagte der Anführer leichthin. „Bedauerlicherweise kann man nicht alles haben.” Er schob sich als schattenartige Masse gierig in Richtung seines Stellvertreters.

„Warte noch!” bat der Stellvertreter. „Wir haben die Verfolgung des fremden Schiffes auf dein Geheiß eingestellt. Es hat unserer Sache schon mehrmals geschadet und steht im Bund mit den Alten Völkern. Wird es nicht Zeit, es endlich zu beseitigen?”

„Kretin!” summte der Anführer unheilvoll böse. „Deine Infragestellung meiner Voraussicht wirst du mir büßen. Gehören wir etwa zu den schwächlichen positiven Mächten? Weichen wir einem Kampf aus? Sie fordern mich heraus. Der Stärkste gewinnt! - Manchmal muss man sich die Gegner erhalten, sonst wird das Spiel reizlos. Manchmal muss man sich die Wonne gönnen, eine Partie zu verlieren und sich in Schmerzen zu winden, damit wir wissen, zu welchem Zweck wir überhaupt existieren. Was uns nicht zur Gänze vernichtet, macht uns stärker. Die Alten Völker benötigen uns, und wir sie, damit wir gemeinsam einen Daseinszeck haben. und uns fortentwickeln.”

Der Anführer fing an, vor aufgestauter Wut und Ekel zu beben, was sich als Wellen in seiner Gestalt niederschlug. „Diese guten Mächte - sie würden ohne uns den Degenerierten, Faulen und Blöden solange helfen, bis die Evolution selbst zugrunde ginge. Ich hasse sie!! Ich hasse sie!!!” Die Aura des Hasses zog durch das Schiff und wurde von der Besatzung gierig assimiliert. Der Stellvertreter als nahe so der Quelle der Wonne stehend wurde von allen an Bord beneidet...

Das mächtige Schattenwesen beruhigte sich wieder. Tackernde Laute des Grimms wurden hörbar. „Also nochmals, damit so ein Kretin wie du mir geistig zu folgen vermag: so hassenswert diese verweichlichten positiven Helfer, Unterstützer und Erhalter der Unterdrückten sind, sind sie genauso wie wir eine benötigte Kraft im Universum. Wir sind Pole ein und derselben Sache. Wir können und DÜRFEN einander nicht ausrotten.”

„Das verstehe ich nicht so vollendet wie du, Allwissenheit. Ich bin dein demütiger Sklave. Ich muss belehrt und für meine Misserfolge gezüchtigt werden.” Damit kauerte sich der Schatten ergeben-furchtsam und erwartungsvoll nieder...

 
* * *
 

Sandoval schlug die Augen auf und brauchte einen Moment, sich zu orientieren. Sein Körper unter der flauschigen weißen Decke fühlte sich merkwürdig taub an. Wo war er? Es sah aus wie in einem Krankenhaus. Die rechtwinkligen Wände waren weiß und unsympathisch kahl. Der ältere Mann dort vorne schien ein Arzt oder Krankenpfleger zu sein. Fenster gab es keines.

Der Krankenpfleger, der Medikamente an einem Bord bereitgestellt hatte, wandte sich um und erstarrte. Er sah Sandoval direkt in die geöffneten Augen. Er erschrak geradezu. „Doktor!” rief der Mann alarmierend. Der Raum wurde also abgehört.

„Wo - bin ich?” fragte Sandoval mühsam. Seine Zunge fühlte sich pelzig und schwer an, sein Hals kratzte. Während eine versteckte Tür aufglitt und eine Ärztin hereinkam, fiel dem Philippino-Asiaten plötzlich wieder ein, dass er eigentlich tot sein müsste. Er erinnerte sich genau, dass er bei einem Zweikampf gegen diese - Palmer, ja so war es - in die Tiefe gefallen war und dass Eisenspieße ihn unten rücklings durchbohrt hatten. Er hatte die Wucht des Zerreißens seines Körpers gespürt, doch so voller Erstaunen, dass es nicht einmal geschmerzt hatte. Palmer war herabgeklettert, um sich an seinen Tod zu weiden, und er hatte ihr ins Gesicht geschleudert: „Ich bereue NICHTS!”. Und dann war alles dunkel, bis...

„Wo bin ich?” fragte Sandoval die junge Ärztin. „Und wo ist Zo'or?”

„Zo'or?” stellte sich die Ärztin dumm. „Ich denke, dieser Taelon ist tot.”

„Das dachte ich bisher ebenfalls. Ich wurde zwar schwer verwundet, aber ich kann meinen Verstand noch gebrauchen. Sparen Sie sich die Ausreden. Sagen Sie mir, wo sie ist, und was sie mit dieser Sache hier zu tun hat. Ich erinnere mich nur kurz, aber dies ganz deutlich, sie gesehen zu haben, als ich kurz aufgewacht bin.”

Die Ärztin lächelte nur, las Daten von einem Display ab und ignorierte ihn einfach. Der Krankenpfleger stand nur beobachtend da und sagte gar nichts. Wenn das der einzige war, der auf den Ex-FBI-Agenten aufpassen sollte... Wo zum Teufel war er hier?

„Verdammt, sagen Sie mir endlich, wo ich bin, und was hier los ist!” Leicht reizbar und aggressiv wie der Mann war, machte ihn das Verhalten der Ärztin maßlos wütend. Sandoval versuchte, sich zu bewegen und merkte dabei, dass ein Bein sich ziemlich schwer anfühlte.

Die Ärztin lachte amüsiert auf: „Was für eine antiquierte Sprache!” Sie wurde wieder ernst. „Ich bin Doktor Clares. Bitte, regen Sie sich nicht auf und schonen Sie sich. Sie waren schwer verletzt und kommen gerade aus dem Regenerationstank.” - Sie lachte? - Sie sprach selbst einen Dialekt, den Sandoval noch nie gehört hatte. Eine Europäerin?

„Ich trage ein Fesselband!” stellte er laut fest. „Ich bin also ein Gefangener. Ist das eine Einrichtung der Atlantic National Alliance?”

„Atlantic..?” wiederholte die Ärztin etwas ratlos. „Haben Sie Geduld, Sie werden Erklärungen erhalten. Das ist eine Einrichtung des Militärs.” Sie schien zufrieden zu sein mit dem, was sie auf dem Display ablas.
„Ihre körperliche Regeneration ist ganz gut gelungen.”

„Wie lange liege ich schon hier?” fragte Sandoval. Diese dunkelhaarige Person war nicht gerade gesprächig.

„Einige Wochen?” gab sie zögernd zurück, als müsste sie lügen. „Sie können aufstehen und selbst da hinten das Bad besuchen. Ein paar Bücher stehen da im Schrank. Zu Essen wird Ihnen gebracht. Leider müssen Sie das Fesselfeld tragen und dürfen diesen Raum nicht verlassen. Aber wenn Sie etwas brauchen, können Sie hier nach Max läuten. Max ist der Pfleger hier.”

„Werde ich angeklagt? - Wann kann ich mit einem der Zuständigen dieses Komplexes sprechen?” drängte er.

„Werden Sie erst richtig gesund”, wich sie aus. „Wenn es soweit ist, werden Sie schon befragt werden.”

 
* * *
 

Das Leben an Bord normalisierte sich wieder, nachdem die Dunkelmächte das Schiff viele Tage gejagt hatten. Es schien dabei, als ob die Dunkelmächte eine Region mit merkwürdiger rötlicher Strahlung im Weltraum nicht zu passieren wagten. Sie drehten ab, womit für das Zefirschiff der Grund entfiel, weiter in den Stahlungsgürtel hineinzufliegen. Das entdeckte anormale rote Raum-Zeit-Feld musste warten. Stattdessen versteckte sich das Schiff eine Zeit lang n der Korona einer gelben Sonne. Genug Zeit, um sich in brütenden Gedanken zu ergehen. Wie Haggis.

„Ich habe es wirklich satt! Weißt du, wie ich mich fühle? Wie jemand, der permanent von einer höheren Macht herumgeschubst wird!”

Haggis war wirklich verärgert, und das ließ sie gerade an einem Beerentörtchen aus. Wuchtig stieß sie die Gabel in die Creme, die armen Beeren aufstechend, die Gabelzacken tief in den Mürbteig stoßend. Und schwupps, hinein in den Mund mit dem pinken Lippenstift. Kaum gekaut - und runter damit. Feinde vernichtet man, in dem man sie auffrißt. Neuer Anlauf - hinein mit der Gabel...

„Du bist einfach ein Frustfresser!” sagte Augur statt einer vernünftigen Antwort.

Der pummeligen Frau sträubten sich vor soviel Unverständnis die roten Locken.
„Typisch Mann!” schnappte sie, nachdem sie den Bissen hinuntergeschluckt hatte. „Du hörst nie zu! Und du hast nicht mal einen Funken von Einfühlungsvermögen!” Sie spülte den Hals mit dem Rest von Kaffee im Becher frei. „Und andere Menschen tun dir nicht ein bißchen leid!!”

Der Mann mit dem spärlich werdenden Haar, der selbst ein kleines Bäuchlein hatte, seufzte und strich sich über die Stirn, rieb sich ein Auge. „Übertreibe nicht so schamlos, Eure Frauheit!” maulte er dann. „Ich kenne deine Sprüche inzwischen in- und auswendig. Wozu bitte, sollte ich sie noch ernstnehmen?”

„Ja, da haben wir es wieder! Du hörst NIE zu, wenn ich dir etwas begreiflich machen will, und du nimmst mich einfach nicht ernst!” Sie warf sich mit ihrer legeren bunten Bordkleidung über dem welligen weichen Körper längs auf die Couch, auf einen Arm gestützt, den Kopf auf ein Polster gelegt. „Zuerst lebe ich - oder wachse als Klon heran? - auf einer Raumstation im Nirgendwo, wache ohne Gedächtnis auf. Und dann werde ich mein Leben lang in dumme Geschichten verwickelt. Wieso, frage ich dich? Wer hasst mich derart? - Womöglich werden wir alle drei sterben. Aber dich kümmert es nicht die Bohne.”

Augur hörte schon wieder nur mit einem Ohr zu. Er konzentrierte sich auf seine Berechnungen auf dem Display seines PC-Buches.

„Weißt du was?” sagte Haggis, nachdem sie erwartungsvoll eine Weile zu Augur gesehen hatte, ohne ihrerseits angesehen zu werden. „Ich gehe jetzt zu Zo'or. Du bist mir einfach zu langweilig.” Sie erhob sich ächzend, zupfte die weite Hose und den Pullover darüber zurecht und marschierte hinaus. Zumindest wollte sie hinaus, doch landete sie urplötzlich im Sportraum des Schiffes. Roleta hatte sie einfach hierhergeportalt!

„Willkommen, liebe Haggis!” Da war dieser Bordgeist bereits. „Du kennst unsere Abmachung? Täglich eine halbe Stunde? Du hast deine Runden gestern und heute morgen versäumt. Du hast die Gelegenheit, sie jetzt nachzuholen.”

„Du vermaledeites...!” Das Hologramm wartete erst gar nicht die Beschimpfungen ab, sondern verzog sich, die fluchende Frau hinter sich lassend. Die wollte auch sofort den Raum verlassen, doch die Tür ging nicht auf. Zornig trat Haggis gegen die Tür und hieb mit den Fäusten drauf. „Ich verbiete mir diese Zwangsmaßnahmen! Hast du gehört, du blödes Blechdingsda!? Was fällt dir überhaupt ein??!!”

Statt einer Antwort legte das Schiff ihre rhythmische Lieblingsmusik auf, die die Adrenalinproduktion anregte.
Zähneknirschend setzte sich Haggis schließlich auf das „Strampelgerät” - in früheren Zeiten sollen diese Fahrräder tatsächlich auf der Erde zur Fortbewegung benützt worden sein, unvorstellbar! - und absolvierte danach keuchend drei andere Geräte. Pünktlich nach einer Stunde öffnete sich die Tür und die Musik verstummte.

„Danke schön für deine Kooperationsbereitschaft!” hörte die Frau. - Die Bordintelligenz wollte sie wohl verspotten? - „Die Dusche wartet bereits.” Haggis erhielt sogar den Service von frischer Wäsche, die ein Servobot geholt hatte. - Roleta brauchte gar nicht jetzt schöntun: die Nötigung war dennoch eine Frechheit!

Nachdem sie etwas getrunken hatte, machte sie sich auf zu Zo'ors Quartier. Die Taelon schien gut gelaunt zu sein. Sie ließ sie eintreten.

„Ich wollte dich wegen einige meiner Überlegungen konsultieren”, kam Haggis ohne Umschweife zur Sprache. „Du weißt, ich habe ein besonderes - Gespür. Für Dimensionen und mathematische Besonderheiten. Für mich stellt es sich so dar, als ob sich die zwei Zeitlinien angleichen würden.”

„Und das bedeutet?” fragte Zo'or. Sie war in einem zweiteiligen türkisen eleganten Anzug mit glitzernden Paisleymustern gehüllt, beneidenswert schlank wie immer. Offenbar hatte sie gerade gelesen, das Lesegerät war noch immer an. Nach einem kurzen Zögern bot sie Haggis eine Sitzgelegenheit an, wie es bei den Menschen die Höflichkeit gebot, und setzte sich in großzügigem Abstand gegenüber.

„Überlege mal, Zo'or! Alle, die auf unserer Linie tot waren, sind auch hier inzwischen tot. Zuletzt traf es Mi'nou. Das betrifft auch bei uns verstorbene Menschen. Als wir ankamen, waren hier noch einige am Leben. Wenn das so weitergeht, wird nur noch EINE Zeitlinie existieren - diese. Die Erinnerung an unsere Vergangenheit wird verlöschen. Und was ist dann mit uns?”

„Wir sind auf unserer Ebene nicht gestorben. Was meinst du also?”

„Wir sind aber auf dieser Linie bereits lange tot. Was passiert mit UNS, wenn es nur noch diese Zeitlinie gibt?”

„Hm. Wir würden vergehen, als ob wir nicht existiert hätten. Und die Erde verharrt in einem Alptraum.” Zo'or verstand. DAS war nun wirklich eine gefährliche Entwicklung!
„Hast du das bereits den anderen an Bord mitgeteilt?”

„Außer Roleta und Augur weiß es niemand. Wir sind bereits die ganze Zeit dabei, Wahrscheinlichkeiten auszurechnen. Es gibt keinen Zweifel. Es wird so kommen, wenn keine gravierenden Veränderungen für diese Zeitlinie eintreten.”

„Dazu müssten wir die Zeit manipulieren. Aber wir DÜRFEN keine gravierenden Maßnahmen setzen. Sonst gefährden wir angeblich das Raum-Zeit-Kontiuum.” Zo'or stand auf und begann, vor Spannung umherzuwandern. „Die anderen werden mit Maßnahmen nicht einverstanden sein.” Sie sprach es nicht aus. Das Bordgehirn hörte schließlich mit.

Haggis verstand auch so. Die Menschen an Bord würden einer Zeitmanipulation nicht zustimmen, weil sie das Risiko für die Erde scheuten: besser ein miserables Leben unter einer Diktatur als gar kein Leben! Schließlich kannten sie auch nichts anderes.

 
* * *
 

Sie gaben ihm keine Uhr, und sie ließen ihn mit niemanden sprechen. Das ging jetzt schon - drei Tage lang? Ohne Uhr und ohne Fenster schwebte Sandoval in einem zeitlosen Raum, der nicht abzuschätzen war. Er brauchte eine Uhr! Eine verläßliche Ordnung.

Es war Zeit, hier auszubrechen. Bevor jemand auf die Idee kam, ihn doch hinrichten zu lassen. Dass ihn bis jetzt noch niemand befragt hatte, konnte er sich nur so erklären, dass die Menschen wohl im Kampf gegen die Atavus unter Howlyn verwickelt waren. Und dafür, genau dafür hatten sie ihm das Leben gerettet. Und Zo'or? Er wusste genau, dass er sie gesehen hatte. Auch wenn es nur kurz und vage war, zwischen den Ohnmachten. Vermutlich war sie ebenfalls Gefangene der ANA oder aber arbeitete mit der ANA zusammen, um ihre Haut zu retten.

Näherte er sich der Tür, so begann seine Fußfessel unerträglich zu schmerzen, die als ein Zentimeter breites Band um seine rechte Wade geschnallt war. Sie lähmte das Bein und war zum Teil ins Fleisch implantiert. Man konnte sie nicht abbekommen und nicht abstreifen. Also suchte er ein Werkzeug. Unglücklicherweise bekam er nur weiches Plastikmaterial in seine „Krankenhaus-Zelle”, und eine Rasiercreme, die den Bart chemisch auflöste und mit der er sich erst gar nicht abgab. Das Display des medizinischen Geräts war unzerbrechlich; das Gerät selbst reagierte auf Sandoval nicht. Die Möbel schienen unverwüstlich zu sein, ebenfalls wie die Wände. Das Licht strahlte, wie früher ebenfalls bei den Taelons, einfach als Licht von allen Seiten durch die Decke, sofern er das Licht nicht abschaltete. Die Schalter waren leider ebenfalls unzerbrechlich. Die Überzüge auf dem Bett waren unzerreißbar - zum Teufel mit diesem ganzen neuartigen Material!

Nur die Bücher waren aus Papier. Leider hatte er nichts, um Feuer zu machen. Also setzte er sich hin und begann, die Buchbände fein säuberlich in Streifen zu zerreißen. Ritsch. Ratsch. Schön langsam, stundenlang. Sollten sie ihn ruhig für wahnsinnig vor Langeweile halten. Dann fiel es weniger auf, dass er sein Baumwollhemd anschließend in Streifen riss. Ritsch. Ratsch. Ritsch. Ratsch. Immer fein säuberlich und dabei die Augen verdrehend. Dann verkrümmelte er sich ins Bad, ein Ort vermutlich ohne Überwachungskamera, nahm die kleine Ampulle mit den Tropfen und zerbrach sie mit einem Handkantenschlag. Er hob die feinen Splitter hoch, setzte seinen rechten Fuß auf den Klodeckel und begann an seinem Fuß damit zu schneiden. Er ächzte vor Schmerz, und es dauerte eine ganze Weile, aber dann riß er sich das Band mit der blutigen Wadenhaut und einigen Fleischfetzen herunter. Das hellrote Blut rann am Fuß herab und bildete vor der Toilette eine Blutlache.

Sandoval wickelte sich einige Streifen seines Hemdes um den Fuß und band die Wunde ab. Die Streifen sogen sich gleich voll mit Blut - egal. Er humpelte hinaus, setze sich auf einen Stuhl, drückte auf den Knopf und legte die Decke über die Beine. Dann tat er so, als ob er zusammengesackt wäre und wartete auf Max.

Erwartungsgemäß kam der Krankenpfleger auch gleich, rief nach der Ärztin und beugte sich über Sandoval. Blitzschnell schlang der ihm einen längeren Stoffstreifen wie eine Schlinge um den Hals, stand dabei auf, drehte den Mann dabei herum. Der ältere schmächtige Mann würgte und versuchte die Schlinge abzubekommen, versuchte zu atmen - vergeblich.

Nun stürzte Dr. Clares herein. „Zurück!” rief Sandoval ihr zu. „Geben Sie den Weg frei, oder ich breche ihm das Genick!”

Dr. Clares stand hilflos da. „Roleta!” rief sie schließlich, während Sandoval aus der Tür humpelte, den Pfleger noch immer im Würgegriff. Seine Beine hinterließen eine Blutspur.

„Ja, ich weiß”, klang es zurück. „Unglaublich, was er da gemacht hat. Ich hatte die Prioritäten für die Sensoren im Bad auf einem niedrigen Level eingestellt. Dieser Mann hat eine Menge kriminelle Energie.”

Ein kleines Mädchen lief Sandoval über den Weg, etwa neun Jahre alt. Prompt ließ der Mann den Pfleger fallen und schnappte sich die Kleine. Eine handlichere Geisel. Er zerrte das Kind weiter den Gang entlang, der merkwürdig verschwommen aussah. Er wusste es nicht, aber Roleta veränderte den Gang in seiner Laufrichtung augenblicklich vom Aussehen her, so dass sich Sandoval tatsächlich in einem unterirdischen Komplex des US-Militärs des 21. Jahrhunderts wähnte. Mehrere Besatzungsmitglieder sahen den Mann mit wirren schwarzen Haaren, Bartstoppeln, kurzer nacktem Oberkörper, halblanger Hose und blutigem Bein heraneilen und schrien erschrocken auf, wichen zurück.

„Hey, du!” rief einer. „Lass sofort das Kind los!”

„Aus dem Weg, oder sie ist tot!” Er hetzte mit der Kleinen weiter, vorbei an einigen Kreuzungen und mit einem Lift hinauf, doch die Meute folgte ihm umgehend. Wo war eine Garage? Ein Ausgang? Ein Wachzimmer? Und wo blieben die Wachen??

Dann stand er plötzlich mitten in einem leeren Raum. Es ging nicht weiter.
Die Wunde am Fuß begann langsam richtig zu schmerzen. Die Blutstropfen am Boden bildeten wieder einen größer werdenden nassen roten Spiegel.
Sandoval stützte sich schweratmend an eine Wand. Riss das Kind an den langen Haaren drohend vor sich.

Und dann stand plötzlich Hakar da. Der junge Jaridian musterte Ronald Sandoval eiskalt mit seinen gelblichen geschlitzten Augenpupillen, die ganze Haltung eine einzige Drohung.

„Wohin willst du denn so eilig, mit der Kleinen?” fragte er mit diesem merkwürdigen englischen Akzent, der Sandoval schon bei der Ärztin aufgefallen war, mit einer bereits fast so tiefen Stimme wie sein Vater.

„Wieso ist hier ein Jaridian auf dem Stützpunkt?” fragte Sandoval, fast hysterisch. „Und wieso sind hier nur Zivilisten?”

„Darf ich mich vorstellen?” sagte die Kleine plötzlich, sich mit eisernen Griff von Sandoval befreiend, während immer mehr Menschen zusammenliefen. „Mein Name ist Roleta. Du darfst mich auch gerne umbringen - wenn du es kannst!”

 
* * *
 

Es war für Sandoval schwer zu verdauen, dass das Kind sich plötzlich als Hologramm entpuppte, durch das er hindurchgreifen konnte. Und was immer das für eine Anlage war, sie gehörte bestimmt nicht der ANA. Er fluchte und tobte, als sie - der Jaridian, das stabile Hologramm und zwei starke Männer ihn wieder in seine Zelle beförderten. Sie war doch prompt wieder blitzblank, als ob nichts passiert wäre, und ein neuer häßlicher Pyjama lag auch schon bereit. Vorher wurde er unsanft auf die Liege geschubst, damit ihm die Ärztin die Beinwunde desinfizieren, mit gewebebildendem Wundspray behandeln und dann verbinden konnte.

„Tut mir leid, Roleta”, sagte die Ärztin zur Kleinen. „Ich habe eine Glasampulle für die Medikation verwendet, wie Sandoval sie kennt. Ich bin schuld an diesem Desaster.”

„Ich will sofort wissen, wo ich hier bin und was Sie von mir wollen!!” schrie Sandoval die Anwesenden an. „Was wollt ihr von mir? Und warum haltet ihr mich gefangen?!”

„Du bist ein Psychopath und ein vielfacher Mörder und hast hier nichts zu verlangen”, brummte einer der Männer, bevor er ging, von Roleta hinausgewunken.

„Du hast Glück. Max wurde bereits behandelt und wird keine bleibenden Schäden von deinem aggressiven Anschlag davontragen”, sagte Roleta. „Wo du hier bist? Im Himmel oder in der Hölle, liegt ganz bei dir. Ich jedenfalls konnte mich nicht eher um dich kümmern, ich war beschäftigt.”

Mit einem Mal wuchs das Mädchen in die Höhe, bekam eine silberne Haut und Haare, trug eine rote Robe und schwebte wieder einige Zentimeter über dem Boden. „So!” sagte die Gestalt. „So fühle ich mich wohler.”

„Ich denke, du solltest einige medizinische Fakten über dich zur Kenntnis nehmen”, sagte Dr. Clares. „Ich habe den stellvertretenden Chef der Krankenstation gerufen, damit er es dir selbst erklärt.”

Weitere Sitzgelegenheiten materialisierten sich. In einem nahm Sandoval Platz. Zwei fremdartige bewaffnete Roboter betraten das Zimmer. Von einer Technik, die Sandoval noch nie gesehen hatte. Kaum waren sie da, verließen die zwei Männer und der Jaridian den Raum. Und dann kam auch sie, seine Göttin. Herbeigerufen von der Bordintelligenz. Er hatte also sich das nicht eingebildet - er hatte sie tatsächlich gesehen!

Sie stolzierte mit ihrer großen, schlanken Gestalt in den Raum, gehüllt in einem wunderschönen türkis getönten Hosenanzug aus seidigem Stoff mit aus Glitzersteinchen geformten kurvig-welligen Stoffmustern. Mit halblangen etwas gelockten dunkelblonden Haaren, dem hübschen Gesichtchen, der feinen Nase, dem vollen Mund, dem etwas arroganten Gesichtsausdruck. Hellblaue Augen, gerahmt in der dreieckigen Augenhöhlenform der Taelons. Von weitem war der warme exotische und gleichzeitig aphrodisierende Blütenduft an ihr für Sandoval wahrnehmbar.

„Na, Agent Sandoval, so sieht man sich wieder.” Sie setzte sich, ganz wie als Taelon, elegant und würdevoll auf den bequemen Armlehnstuhl, die langen eleganten Finger aufstützend, und sah ihn etwas spöttisch an.

„Zo'or! Ich dachte, Sie seien tot”, meinte er und verbiss es sich, seine Freude zu offensichtlich zu zeigen. Er raffte sich auf, sie statt dessen nach Taelonart zu begrüßen, indem er mit gesenktem Kopf seine Rechte auf das Herz legte und die linke Handfläche nach oben zu ihr ausstreckte, was kurz und höflich erwidert wurde. „Ich freue mich, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie Sie es angestellt haben.” Sein Blick fiel auf ihre Hände, die sie wieder auf die Armlehnen gestützt hielt. Er stutzte. „Mit Verlaub, Zo'or - was sind Sie eigentlich? Sie sind jetzt weder ein Taelon, noch sind Sie ein Atavus??”

Zo'or lächelte stolz, den Kopf leicht geneigt. „Wir TAELONS sind ungemein wandlungs- und anpassungsfähig. Sind Sie nie auf die Idee gekommen, Agent Sandoval, dass wir, genügend Zeit vorausgesetzt, uns äußerlich den Menschen anpassen könnten?”

„Ehrlich gesagt - nein, Zo'or.”

Dr. Boss betrat nun den Raum. Ein 3-D-Hologramm leuchtete auf, Ausschnitte eines Gehirns wurden hineinprojeziert. Nach etwa einer Stunde musste selbst Sandoval von der Logik her klar sein, dass sein Gehirn ganz und gar nicht so funktionierte, wie es sollte. Selbst wenn Sandoval selbst nichts davon bemerkte. Er sträubte sich noch immer zu akzeptieren, dass die Erläuterungen der Wahrheit entsprachen: er hatte sich in einen geisteskranken Psychopathen verwandelt.

„Und wenn schon”, sagte Sandoval verächtlich. „Solange ich zufrieden mit diesem Zustand bin - was interessieren mich andere Menschen? Was interessiert mich eure Meinung? Ich hätte nichts dagegen, wenn ihr alle durch die Atavus ums Leben kommt. Und ich finde das gut! Skrupel sind nur nutzloser Ballast. Ich denke nicht daran, mich operieren zu lassen! Viel interessanter ist für mich die Frage, woher all diese neue Technik plötzlich kommt?”

„Ich schlage vor, Sie ruhen sich heute aus, ohne weitere Dummheiten zu unternehmen. Und morgen werden wir uns einmal alleine unterhalten”, sagte Zo'or und erhob sich, einen grübelnden Sandoval zurücklassend.

 
* * *
 

Den Wissenschaftlern auf der Roleta war es gelungen, sich durch den Hüllkern der Überreste des Krakenroboters zu fräsen, den Je'dir von der Erde mitgebracht hatten. Und dann hatten sie nach Trestim, Ko'lan, Ka'sar und Da'an gerufen. Denn was sie fanden, war eine organische weißgraue Masse, die in einer gelblichen übelriechenden Flüssigkeit schwamm, und die bereits zu verwesen begann.

„Myelin und Gehirnzellen”, stellte Ka'sar mit einem Blick fest. „Ein Cyborg.” Der Taelon nahm eine Probe von der gelben Nährflüssigkeit. „Wenn ich die Zusammensetzung der Probe analysiere, kann ich vielleicht auf die chemische Zusammensetzung des Heimatplaneten rückschließen. Möglicherweise haben wir darüber Daten gespeichert.” Er legte die Phiole mit der Probe auf den Scanner und las dann die Daten ab.

„Das Wesen müsste von einem Planeten stammen mit hohen Schwefeldioxid-Konzentrationen” sagte er schließlich. „Und wohl mit etwa folgender prozentualer Zusammensetzung der Elemente.” Das Gerät listete auf einem Holoschirm die Zusammensetzung auf.

„Roleta, hast du zufällig Daten über einen Planeten gespeichert, dem diese Zusammensetzung in etwa entspricht?” fragte Rombard Kieling als Leiter des Untersuchungsteams. - Bob”, wandte er sich an einen Assistenten, „vergleiche mal die Zusammensetzung der Hülle mit den Daten und frage dich, ob Hülle und Hirn vom selben Planeten kommen könnten.”

„Es ist zu schade, dass wir keine intakten Taelon-Speicher mehr haben”, bedauerte Da'an. „Unsere Rasse hatte tausende Völker im Laufe der Zeit untersucht.” Er sah die Überreste mit großen Augen an, die verlöschende Aura studierend, doch sie kam ihm nicht bekannt vor. Da'an überwand sich und berührte den Krakenrobot, obwohl er eine instinktive Angst davor hatte, mit seinen Fähigkeiten des Shakaravahs dem Tod hinterherzuspüren. Er ließ sich in seine Empfindungen fallen. Ein blauer Hauch überzog seinen Körper. Dann zog der Taelon seine Hand rasch vom Robotkörper weg und sah die anderen an. „Dieses Wesen hatte kein Ich mehr. Sein Bewusstsein wurde schon lange vor seinem Tode ausgelöscht.”

„Das Gehirn wurde nur benützt, um den Krakenroboter effizienter zu machen”, bestätigte Ko'lan. „Wer immer das getan hat, gab sich nicht mit künstlichen Replikanten zufrieden und auch nicht mit Bewusstseinsübertragung, so wie die Taelons es experimentell versucht hatten.” Er stocherte vorsichtig im Material des Robots. „Das hier scheint eine logistische Steuerzentrale zu sein, zu dem das Gehirn in der Funktion eines biologisch-irrationalem Kontrapunktes stand. Dadurch war der Cyborg wohl imstande, sich in biologische Lebewesen hineinzufühlen und ihre Reaktionen vorherzusehen.”

„Wir sind bestimmt in der Lage, eine Substanz zu entwickeln, die das Nervengewebe zerstört”, meinte Trestim. „Nur müssten wir dazu das Schutzfeld durchdringen. Mit einer mobilen Interdimensionsportal-Kanone vielleicht?”

„Je'dir hat berichtet, dass es sehr schwer ist, das Feld zu durchdringen. Der einzige Schwachpunkt ist dort, wo die Tentakel den Boden berühren”, antwortete Kieling. Er und seine Leute waren bereits dabei, den Cyborg zu zerlegen. „Aber vielleicht zeigen uns die Reste hier einen leichteren Weg.”

„Unglaublich!” sagte Ka'sar und machte eine taelonische Geste der Aufregung. „Die Bordintelligenz kennt tatsächlich das Volk, aus dem dieses Wesen gekommen ist!”

Roleta projezierte sich als Hologramm ins Labor, schwebte etwas in der Luft und machte ein dramatisches Gesicht. Gerade so, als würde ihre künstliche Persönlichkeit solche Auftritte lieben. Was nicht der Fall war, denn die zur Schau gestellten Emotionen waren nur scheinbar echt. Sie war und blieb eine Maschine. Sie hob dozierend die Finger und projezierte 3-D- Abbildungen ins Labor, die gleichzeitig auch in die clubähnliche große Bordzentrale übertragen wurden, wo die Untersuchung von interessierten Anwesenden mitverfolgt wurde.

„Das sind die ersten Abbildungen von Parakas, die die Zefir seinerzeit vor mehreren Millionen Jahren aufgenommen haben”, erklärte sie. „Sie mussten ursprünglich in etwa wie hermaphroditische Amphibien ausgesehen haben und aus einer Region des Universums stammen, die in etwa 1,2 Milliarden Lichtjahre von hier entfernt liegt. Meine Erbauer hatten sich nicht weiter mit ihnen abgegeben, nur befanden sie sich an einer Lokalität, wo Zefir ab und zu mal vorbeikamen. So kamen die Daten in meinen späteren Speicher.” Die Zuseher bekamen dazu passende Abbildungen zu sehen. So von einem gelblichen Wesen, der auf einem Steinthron saß und humanoid gebaut war, doch klein und gedrungen mit kurzen, stämmigen Armen und Beinen. Der haarlose Kopf erschien nach vorne gerichtet scheibenförmig-rund und wies zwei ebenfalls runde große Augen oben auf, in der Mitte eine winzige Nase - eher zwei Löcher - und einen großen Mund.
‚Wie ein Smiley’, dachte sich Kieling.

„Die Parakas hatten sich damals bereits freiwillig verändert. Ihr müsst wissen - alle bekannten Völker neigen dazu, sich Kleidung, Häuser, Fahrzeuge bis hin zu Raumschiffen als Hilfsmittel zum Leben herzustellen, aber selbst biologisch möglichst zu bleiben, wie man ist. Nun, von einigen Körperimplantaten oder genetische Zuchtwahl abgesehen. Die Parakas hingegen steckten sich aus ideologischen Gründen das Ziel, sich SELBST passend zu verändern. Sie bauten sich kein Haus, sondern legten sich eine künstliche Haut zu. Sie bauten sich zum Beispiel keine Fahrzeuge, sondern setzten sich selbst Geräte ein, um sich schneller und ausdauernder im Laufen zu machen. Künstliche Sinne. Künstliche Organe. Und wo sie ein Raumschiff bauen mussten, so waren es kleine Einkabiner, in dem sie im Vakuum saßen. Keine großen Schiffe, um wie andere Spezies die unvollkommenen Körper am Leben zu erhalten. Sie entfernten von ihrem eigenen Körper alles, was sie behinderte. Der Schwanz war unnötig - also weg damit. Die Fortpflanzung konnte durch Klonen geschehen. Organische Beine und Arme benötigte man mit der Zeit nicht mehr - wo es doch weit bessere künstliche gab. Sie wollten alles Unvollkommene von sich entfernen, um künstlich-vollkommener zu werden, ohne lange eine natürliche Evolution abzuwarten. Das war die Doktrin. Sie verwandelten sich schrittweise in technisch perfekte Cyborg.”

„Sehr exzentrisch”, meinte Da'an dazu. „Sie wollten nicht bleiben wie sie sind, sondern strebten nach mehr. Sie müssen sich ständig als minderwertige und rein materielle Rasse betrachtet haben.”

„Und sie hatten immer Angst um die verlorene Zeit. Meine Erbauer konnten sich nicht erklären, warum sie es so eilig hatten. Alles drehte sich bei ihnen um physische Anpassung, Verbesserung und Zeitvergeudung. Aber vermutlich war ihnen als Logiker und Pragmatiker der unvollkommene Körper einfach nur noch lästig. -
Die Gestalt da vorne war das damalige künstliche Erscheinungsbild der Parakas. Arme und Beine sind künstlich, der Rumpf ist innen noch zum Teil organisch. Das Gesicht ist ein Metallteil zum Schutz des Gehirns. Aber das ist Millionen von Jahren her. Meine Erbauer verließen später diese Region. Die Parakas müssen sich in der darauf folgenden Zeit vollends zum organischen Gehirn reduziert haben.”

„War diese Spezies damals kriegerisch oder friedlich?” erkundigte sich Da'an.

„Sie waren der Meinung, dass sie von anderen unvollkommenen Geschöpfen, die nicht ihre Ideologie teilten, nicht viel lernen und erwerben konnten. Und das machte aus einem Krieg reine Zeitverschwendung. Als die Zefir die Parakas kennenlernten, führten sie keine Kriege.”

„Sie müssen irgendwann auf die Dunkelmächte getroffen sein”, befürchtete Da'an. „Wir wissen noch nicht viel von dieser Lebensform aus Dunkelmaterie. Wir wissen auch nicht, ob sich die Parakas mit diesen Fremden verbündet haben oder ob sie versklavt worden sind.”

„Was für Ende für ein Volk im materiellen Vollkommenheitswahn”, meinte die Jaridianerin Trestim und sprach damit allen aus der Seele. „Als seelenloser Teil eines Sklavenhalter-Robots irgendwo in der Fremde zu enden. Das ist wohl der Preis für soviel Hybris.”

 
* * *
 

Bethany kam in ihre Räumlichkeiten und musste verblüfft feststellen, dass die Wände verschoben worden waren. Die Suite war um etwa (10 qm) kleiner als zuvor.

„Roleta!” rief sie erstaunt. „Warum wurde meine Wohnung verkleinert?”

„Leider war das durch die neu hinzugekommenen Flüchtlinge von der Erde erforderlich geworden”, sagte die Bordintelligenz. „Ich musste Platz für sie schaffen!”

Die junge Frau mit den blaulila Haaren sah sich etwas ratlos um. Ihre heißgeliebte Meditationsecke war weg. Sie hatte sich eine Ecke ausgepolstert und die gerundeten Wände dort zu 3-D-Bildern mit fast echt wirkenden wechselnden Landschaften umgeformt. Die Ecke wollte sie wiederhaben, aber sie wusste nicht, worauf sie statt dessen verzichten sollte. Von ihrem Taelon-Vater Ko'lan her war sie an große, gerundete, halbleere und kühle Räume in bläulichen Tönen gewöhnt. Die Taelons verwandten, statt die Räume groß mit Gegenständen auszufüllen, viel Sorgfalt in eine elegant-schlichte Verzierung von Wänden, Lichteffekte aller Art und die Herstellung schlanker gedrehter, gebogener, wie natürlich gewachsen aussehender technischer Gegenstände, die wie Raumbestandteile aussahen. Man hatte zwar an Bord keine Möglichkeit, echte semi-biotische bläuliche Häuser zu fabrizieren, aber die Rekonstruktion durch Nanobot-Wände sah wie echt aus. Undenkbar jedenfalls, dass in einem Raum, von technischen Geräten abgesehen, mehr als drei Möbelstücke stehen sollten!

Fast wäre sie rüber ins Jaridian-Habitat ihrer Mutter Ariel gelaufen, um sich zu beklagen, bevor ihr wieder einfiel, dass sie ja „erwachsen” war und solche Entscheidungen selbst fällen musste. Nach einigem hin und her ließ sie Servobots den dreibeinigen pinkfarbenen Schreibtisch mit den Utensilien und Geräten und dem Sitzplatz ins große „Wohnzimmer” transferieren und in einer Ecke absetzen. Hier im Wohnzimmer stand bereits die Besuchercouch, ein Tischchen, ein beleuchtetes Regal mit exotischen Pflanzen und ihre große Harfe - natürlich ein weiterentwickeltes Exemplar des 24. Jahrhunderts. Nicht zu vergessen befand sich in einer Wand versteckt die Servoeinheit, wo eine Automatik auf Wunsch fertige kleine eingefrorene Menüs wärmen, Snacks zubereiten oder Getränke ausgeben konnte. (Für die größeren Mahlzeiten, einmal täglich, mussten die Schiffsbewohner sich in die Messe bemühen.) Zwei Wände des Wohnzimmers waren als reale „Fenster” programmiert und zeigten momentan den Weltraum.

Indem sie das angrenzende Badezimmer etwas verkleinerte, entstand daneben im kleineren Raum mit der weichgepolsterten Schlafkoje und den eingebauten Kleiderschränken, dort wo auch der Schreibtisch ursprünglich gestanden hatte, Platz für einen neuen abgegrenzten Meditationsbereich.

Da läutete das Kommunikationsgerät. Ein kleiner Wandschirm wurde auf einen Wink sichtbar. Kashmir Khan!
Ach, den hatte sie doch total vergessen! Nach ihrer Schicht als Pilotin, die sich meistens momentan auf Schiffswartung und Reproduktion von Beiboot-Bestandteilen reduzierte, hatte sie ihren Freund in der Schiffszentrale treffen wollen.

„Bethany!” beschwerte der sich. „Ich warte hier schon seit einer halben Stunde! Wo bleibst du denn! Außerdem fängt das Stück bald an.”

„Entschuldige”, sagte sie kleinlaut, „ich wurde aufgehalten. Ich beeile mich und komme in ein paar Minuten. Bis dann!”

Sie ließ rasch die Kleidung fallen und warf sie in die Reinigungsbox. Servobots würden sich darum kümmern. Dann eilte sie ins Bad auf die Toilette, von da unter das kalte parfümierte Wasser der Duschkabine, ließ sich vom warmen Wind der Kabine trocknen und huschte heraus vor den großen Spiegel. Was anziehen? Sie entschied sich nach dem Slip für einen hautengen Overall mit gold-beige-und schwarzen Streifen im Tigerlook, einen goldenen Hüftgürtel und den schwarzen weichen atmungsaktiven Stoffstiefeln. Der Kummer war - die blaulila Haare passten nicht dazu und sie hatte keine Zeit mehr, um die Haare zu färben. Sie sah sich unsicher um.

Egal, Roleta hatte sicher ihre Beobachtungen in den Räumlichkeiten gedrosselt - was besagte, dass sie nur Notfälle registrierte, auf Stand-by geschalten blieb und sonstige Beobachtungen „aus ihrem Bewusstsein ausblendete”. Sie hatte auch sonst nie etwas bemerkt.

Bethany sah auf ihre Handflächen mit dem glühenden weißen Licht des Shakaravah. Nein, das war es nicht, was sie im Moment wollte. Sie legte beide Zeigefinger rechts und links auf die Schläfen und schloss, sich ein Bild vorstellend, die Augen. Die langen Haare färbten sich weinrot und kringelten sich zu Locken. Die Mensch-Jaridian-Taelon-Hybridin sah zufrieden in den Spiegel. Ja, dieses Outfit gefiel ihr. Sexy, und zur Premiere des neuen komponierten animierten 3-D-Theater- und Filmstücks bestens geeignet. - Premiere: Einige Bordmitglieder hatten sich auf die Produktion von computergenerierten Avataren spezialisiert, verstorbenen Schauspielern nachempfunden, die sie in selbstverfassten Stücken auftreten ließen.

Sie sah auf die Uhr. Ja, jetzt würde sie in die Zentrale laufen müssen. Das machte nichts. Ihre jaridianischen Gene wurden mit einem raschen Lauf mühelos fertig, genauso wie der imprägnierte kühlende Stoff der Kleidung mit jeder Schweißperle. - Und dann war sie schon in der Zentrale. Kashmir stand mit seinen längeren glänzenden schwarzen Haaren in einem ebenso sexy wirkenden zweiteiligen Anzug (das heißt mit einem lässigen pulloverartigen Rundkragen-Hemd und Hose) hinten in einer Ecke, ein Anzug, mit einem Stoff aus schwarz-und dunkelgrau-marmorierter Seide, der phantastische Lichteffekte warf . Der Anzug war so eng geschnitten, dass alle für Frauen anregenden Körperwölbungen hervorgehoben wurden - von den Arm- und Brustmuskeln angefangen bis hinab zum Gesäß, zu den festen Oberschenkeln und den Waden. Auch er trug schwarze Stoffstiefel, allerdings nur wadenhoch.

Bethany ging an den clubartigen bunten Sofas mit den Tischchen nach hinten, vorbei an den 3-D-Bildern mit den Neuigkeiten, die die Roleta in der Zentrale für interessierte Anwesende abspielen ließ. Diese Neuigkeiten mit den Parakas kannte sie schon. Im Moment war sonst nichts Aufregendes los, und es hielt auch keiner der Crew einen Vortrag.

Kashmir, einen fast leeren Becher mit einem Getränk in der Hand, stand da und unterhielt sich mit der hübschen blonden Küchenorganisatorin Berenice Blaas und Sy'las Tochter Alexa im weinroten Anzug, die ihre dunklen Haare mit Schmucknadeln aufgesteckt trug. Zu angeregt, wie Bethany fand, und runzelte kurz die Stirn. Ihre Pupillen verzogen sich zu katzenartigen Schlitzen, normalisierten sich aber sofort. Sie trat hinzu und hackte sich an Kashmirs Arm, damit demonstrierend: so Mädels, der Junge gehört mir!

Kashmir wandte sich seitlich um, den Arm lösend, und küsste Bethany. „Du siehst einfach wieder toll aus!” Dann wandte er sich erneut den Zweien zu. „Wir wollen zur Premiere von Gabriel Flanders ‚Zimt und Zucker’ gehen. Was ich gehört habe, soll die Komödie sehr lustig sein. Kommt ihr mit?”

‚Ihr wollt bestimmt nicht mitkommen!’ wünschte Bethany geistig. ‚Ihr habt kein Interesse!’

„Tut mir leid”, sagte Berenice zögernd. „Ich glaube nicht, dass mich das Stück interessiert.”

„Ich gehe hin und mich interessiert es!” sagte Alexis unerwartet und warf Bethany einen undefinierbaren Blick zu, um dann hinzuzufügen: „Aber keine Sorge, Bethany, ich warte noch auf meine kleine Schwester. Ich gehe mit ihr.”

‚Wird Zeit, dass ich mich mal mit Bethany unterhalte’, nahm sich Alexis vor, als das Paar die Zentrale verließ. ‚Sie ist möglicherweise wie wir.’

 
* * *
 

„Was immer es ist, es hat inzwischen die Station Kippling vernichtet”, berichtete Mary Winters dem Premierminister Londons, Humphrey Clark, der mit am runden Beratungstisch saß. Kippling war etwa 19 500 Lichtjahre vom Hely-System entfernt, und etwa 7500 Lichtjahre von der Erde. „Wie üblich so, als hätte es dort nie eine menschliche Station gegeben. Keine Überlebenden.”

„Eins ist klar, wenn das so weiter geht, wird diese Bedrohung in etwa 190 Tagen London erreichen und uns alle auslöschen!” gab der Raumfahrt- und Verteidigungsminister Neill Pescatolli bekannt. „Die paar Schiffe, die wir besitzen, reichen nicht aus, die drei Millionen Menschen von London zu evakuieren - und wohin auch? Dieses Strahlungsfeld expandiert und expandiert und erreicht früher oder später alles ringsum. Um dem zu entkommen, sind unsere Schiffe nicht schnell genug.”

„Alle Sonden, die wir hinter das rote Feld zu senden versuchten, lösten sich ins Nichts auf”, sagte Matthew Stevens. „Keines unserer Maßnahmen konnte dem Feld irgend etwas anhaben. Und die Hoffnung, dass das expandierende Feld sich abschwächen würde, hat sich leider nicht bestätigt.”

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das Schicksal uns hierher verschlagen hat, damit wir hier in einer Mausefalle sterben”, meinte der Premierminister. „Was haben wir übersehen?”

„Da sich sowohl die Erde als auch das Zefirschiff nicht gemeldet haben, müssen wir davon ausgehen, dass sie der Bedrohung unterlegen sind, welche Bedrohung es auch sei”, sagte Pescatolli. „Besonders was das Zefirschiff betrifft, ist das für uns katastrophal. Technisch war es unseren bescheidenen Möglichkeiten weit voraus! Wenn das Schiff unterlegen ist - wie sollten erst wir mit diesem Problem fertig werden?”

„Es besteht die Möglichkeit, dass das Schiff von einer fremden Macht als erstes in einem Überraschungsangriff zerstört worden ist”, erwog der Taelon Ho'shin. „Noch bevor es entkommen konnte. Ich selbst kann meine Brüder und die Neo-Taelons kaum wahrnehmen; so als während sie eher auf einer anderen Existenzebene, als noch lebendig.”

„Andere Existenzebene?” fragte Nevin Oman.

„Tot”, erwiderte Hy'lor. Der Neo-Taelon nahm wie Pa'lol, Qui'sa, Sa'ben, Xo'lai und Mis'rai an der Beratung teil. Nicht so sehr, weil sie alle etwas von Physik, Mathematik oder Astronomie verstünden - das taten nur Hy'lor und Xo'lai. Sondern weil sie als Taelons, was die Menschen anerkennen mussten, alle extrem intelligent waren. Der Premier hoffte, dass ihnen vielleicht etwas auf- oder einfiel.

„Wir dürfen das mit den 190 Tagen der Bevölkerung noch nicht mitteilen”, meinte Oberst Stratton ernst. „Die Leute würden in ihrer Panik und Verzweifeln wer weiß was anstellen. Wenn wir keine Lösung finden, reicht eine Woche vorher.” Die Teilnehmer der Runde sahen ihn an. „Zur geistigen Vorbereitung auf den Tod, denke ich”, fügte der ältere Mann mit den silberweißen Haaren hinzu.

„Wir müssen alles daran setzen, dieses Feld zu enträtseln”, sagte Oman. „Wenn wir nicht wissen, was es ist, können wir rein gar nichts tun. Aber keiner kann sich diesem Feld nähern. Schon seltsam, die einen Sachen löst es auf, die anderen Sachen lässt es stehen. Asteroiden, Kometen, Sonnen, Planeten... alle diese Dinge haben kein Problem damit.”

„So betrachtet, löst es Menschen auf, und Dinge, die Menschen geschaffen haben. Vergessen wir nicht, das der Ausgangspunkt des Feldes offenbar die Erde zu sein scheint. Oder aber - das Feld löst Dinge auf, die nicht alt genug sind”, sagte die Taelon-Frau Xo'lai. „Entweder hat es mit biometrische Daten, Schwingungssignaturen und menschlicher Technik zu tun - oder aber mit der Raum-Zeit.”

„Hm. Eine Raum-Zeit-Anomalie?” Mary Winters kaute instinktiv überlegend an ihrem Stift. „Wenn es nach der Zeit geht, sollten wir experimentell herausfinden, welche Zeitgrenze da vorliegt. Im London gibt es gewiss genügend alte Dinge. Wir könnten herausfinden, welche verschwinden und welche nicht. Und dann überlegen, was in diesem besagten Jahr vorgefallen ist.”

„Menschen haben keineswegs die Technologie für Zeitsprünge”, gab Ho'shin zu bedenken. „Und für Taelons als auch für Jaridians war dieses Wissensgebiet tabu. Obwohl - zugegebenermaßen - die Interdimensionstechnologie mit der Benutzung von Wurmlöchern durch die Raum-Zeit in dieses Forschungsgebiet führen könnte.”

„Vielleicht ging irgendwo ein Experiment schief, oder ein Portalsprung. Leider wissen wir nicht, was im Sol-System passiert ist”, warf Matthew Stevens ein. „Alles was möglich ist, geschieht auch irgend wann.”

„Positiv an der Raum-Zeit-These wäre: die Störung der Raum-Zeit befällt möglicherweise nur alles, was nach dieser Zeitgrenze entstanden ist”, ergänzte Hy'lor. „Und negativ: die Irritation der Zeitlinie kann nicht nur 80 Tage zurückliegen, denn die verschwundenen Stationen wurden vor Jahren errichtet.”

„Sprechen wir von vielen Jahren in der Vergangenheit?” fragte Oberst Stratton. „So alt sind die Londoner nicht! Schöne Aussicht, wenn die alten Gebäude Londons stehenblieben, aber die Menschen von heute auf morgen und ohne weitere Erklärung spurlos verschwinden!”

„Ein Interdimensionsfeld hebt die Raum-Zeit auf. Könnte man mit einem ‚Interdimensions-Schutzfeld’ die Stadt und die Bevölkerung retten?” fragte Premier Clark. „Mit einer Art erzeugten ‚große Blase’ oder Enklave mitten in einem Wurmloch?”

„Wenn die Londoner für alle Zeit in einem separaten Mini-Universum eingesperrt bleiben wollen...” antwortete Xo'lai. „Theoretisch ist es möglich. Falls so ein Schutzfeld mit viel Energieverbrauch rasch genug herstellbar wäre...”

„Ich werde Experten dransetzen, Konstruktionspläne für solch ein großes Feld herzustellen”, entschied Premier Clark. „Es versteht sich übrigens von selbst, dass einstweilen kein Wort von dem Besprochenen nach außen dringt, nicht wahr?”

 

Ende von Kapitel 8

 

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