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  „Höllenengel” von Susanne   (Emailadresse siehe Autorenseite),   Mai 2004
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Das Zeitreise-Team kehrt mit einem Kind und einem Halbtoten zur Roleta zurück. Die Befreiung der Delegation wird gestartet. Inzwischen gerät das nach London aufgebrochene Beiboot in die Gewalt des Volkes der Vier Winde und wird Zeuge eines außergewöhnlichen kosmischen Phänomens.
Zeitpunkt:  das Jahr 2345 und das Jahr 2013
Charaktere:  Sy'la, Ha'ron, der Cowboy Freddy, Zo'or, ein halbtoter Patient und Dr. Boss; Me'win, No'ren, Onzo Kyriaki, Sergej Koljow, Paula Hofmann; Drei-Blau-Streif, Zwei-Feder-rot-eins-gelb u. a. vom Volk der Vier Winde; Nevin Oman und Mary Winters; Da'an, Blo'or, Mi'nou, Peter J. Combe und Major Svenson; Korn't, Trestim, Ariel, Mur'ru, Ka'sar u.a.
 
Warnung: Diese Geschichte beinhaltet Gewaltszenen.
 

 

HÖLLENENGEL

Kapitel 7

 

(Erde, im Jahre 2013:)
Sy'la konnte schon nicht mehr sitzen. Vom Ritt taten ihr von den Oberschenkeln hinauf bis zum Nacken alle Partien ihres Körpers weh. Sie warf einen Blick unterm Cowboyhut hinüber zu Ha'ron, der ebenso ein verkniffenes Gesicht machte. Aber als Neo-Taelon konnte er natürlich seinen Körper viel besser regenerieren. Wenigstes fielen die beiden nicht mehr vom Pferd. Davon hatte Sy'la einige wunderschöne blaue Flecken und Prellungen behalten. Zum Glück waren ihre zwei Pferde lammfromm, obwohl sie am Anfang gescheut haben - die zwei Tiere wussten ganz genau, dass die zwei keine echten Menschen waren.

Überhaupt war alles unbequem - die dünne Kampfmontur unter der Kleidung, die Jeans und das Hemd darüber, der Ledersattel, die Hitze, die Sonne mit dem grellen Licht, das staubige Gebiet, die Steine und die da und dort befindlichen riesigen Kakteen. Und dieser häßliche Staudamm, an dem sie vorbeigekommen sind. Vor lauter schmerzenden Stellen kam Sy'la gar nicht mehr dazu, die Schönheit der trockenen, zum Teil gebirgigen Landschaft zu bewundern. Das braune Pferd unter ihr hätte sicher ebenfalls gerne eine Rast, Wasser und Futter gehabt. Es war schon ganz verschwitzt. Der Geruch des Pferdeschweißes war für Sy'la ganz eigenartig.

‚Bitte, kühles Wasser!’ dachte sie. ‚15 Grad Celsius kühl, das würde schon genügen. Kann auch Limo sein. Oder zur Not ein riesiges Eis! Eiswürfel! Und eine Dusche! Mit Blütenshampoo! Bitte, bitte!’ Aber das Schicksal sandte keinen Dschinn, um ihre Wünsche per Fingerschnippen zu erfüllen. Vielleicht sollte sie es mit positivem Denken versuchen? ‚Ich sitze auf wohligen bequemen Kissen... Ich sitze auf wohligen bequemen Kissen... Ich sitze auf wohligen bequemen Kissen... Und es ist wunderbar kühl....’
Half auch nicht.
Dabei sollte die Kampfmontur angeblich die Temperatur ausgleichen. Hieß es.

Freddy trieb die beiden immer weiter. Ohne ihn hätten sie es wohl nicht geschafft. Der Cowboy achtete nicht nur auf sie, sondern auch auf die Pferde, die sie als Tarnung zusätzlich mit sich führten, und darauf, über nicht zu einsehbares Gelände zu reiten, wenn es sich vermeiden ließ. Ab und zu sah man Flugmaschinen über das Gebiet fliegen. Anstatt zu fliehen, pflegte Freddy genau dann gemütlich Rast zu machen oder sogar ein Lagerfeuer zu entzünden. Sy'la, in Männerkleidung, hatte zur Tarnung unterwegs das Haar blond gefärbt und kurz geschnitten. Von oben sah man nur drei Cowboys, die ein paar Tiere mit sich führten und es überhaupt nicht eilig hatten, ganz so wie es im ganzen Ranchergebiet der Fall war. Kein Mann und eine Frau mit gefährlichen Geräten, die sich verbergen wollten.

„Na, ihr beide?” Er kam mitfühlend mit seinem schwarzgefleckten hellen Ross nähergeritten. „Ihr seht so richtig zerschlagen aus. Wir machen ein paar Minuten Rast. Bis nach Roswell sind es noch etwa 100 Meilen. Ich würde sagen, noch etwa 5 Stunden Ritt.” Er war noch nicht fertig, da war Sy'la schon vom Pferd - mehr heruntergeglitten als gestiegen. Sie stand ganz o-beinig, steif und vor Schmerzen da.
„Du meine Güte! Ah, tut mir alles weh!”

Ha'ron ließ sich ebenfalls vom Pferd herab und streckte sein schmerzendes Kreuz. „Wie hältst du das nur aus?” fragte er den Cowboy, sich die Muskeln ausschüttelnd.

„Leute wie du aus der Stadt mit so einem - zarten - Körperbau haltet wirklich nicht viel aus!” Der Cowboy im mittleren Alter, mit seinem sonnengebräunten und von der Sonne faltig gewordenem Gesicht und den Bartstoppeln lachte breit. „Ihr seid mir wirkliche Greenhorns! Dir Jungchen, wächst doch nicht mal ein Bart. Schadet dir nicht, das bisschen Abhärtung. - Sylvie, Halt!”

Sy'la wollte sich soeben auf den Boden zu einem Busch setzen und erstarrt gebückt stehen.
„Hinlegen?! Kommt nicht in Frage, zuerst werden die Pferde versorgt! Das Pferd ist in dieser Gegend das Allerwichtigste. Eure Pferde sind ganz verschwitzt. Ihr reibt sie mit einem Tuch ab, seht euch die Hufe und die Beine an, gebt ihnen Wasser und Hafer und DANN dürft ihr euch setzen. - Na los, Greenhorns!”

Freddy war dabei, eben das mit seinem eigenen Pferd zu tun. Um dann die anderen mitgeführten Pferde ebenfalls zu versorgen. „Und außerdem”, sagte er tadelnd zu den zwei fremden Widerständlern, „setzt man sich nicht so einfach zu einem Bush. Da können Schlangen sein oder Skorpione. Das müsstet ihr inzwischen wissen.”

„Ich wünschte wir wären bereits in Roswell”, erwiderte Ha'ron und begann mit schmerzenden Gliedern seufzend, seine dunkelbraune Stute abzureiben. „Hoffentlich funktioniert dort das Portal.”

„Hat die Regierung nicht alle Widerständler begnadigt?” fragte Freddy Ha'ron später. „Es ist kaum zu glauben, dass man euch jetzt noch jagt.”

„Nun, wir mussten uns irgendwie finanzieren und haben dem Bürgermeister von Los Angeles sein Geld aus dem Banksafe gestohlen. Geld, das er von den Taelons für schmutzige Geschäfte erhalten hat. - Unglaublich, was der auf dem Kerbholz hat! - Unsere Namen wurden dabei publik. Der Bürgermeister betrachtet uns seitdem als seine persönlichen Feinde, da wir die kompromittierenden Belege im Safe zu seinen mächtigen Geschäftsfreunde ebenfalls gefunden haben. Und heute ist er wieder zurück in der Politik und lässt uns verfolgen. Er hat unsere Lebensläufe in der Datenverarbeitung fälschen lassen und möchte uns auf alle Fälle mundtot machen. Zwei ältere Mitglieder unserer Gruppe haben die Verfolger schon erschossen.”

„Als du zum Widerstand kamst, musst du noch sehr jung gewesen sein”, sagte Freddy grübelnd.

„Harrys Vater ist vom FBI nach einer Anti-Taelon-Demonstration verhaftet worden und ist seitdem verschwunden”, log Sy'la. „Ha'ron ist mit 15 Jahren zum Widerstand gekommen. - Und was ist mir dir?”

„Wir Cowboys der Quinn-Ranch sind aufrechte Amerikaner”, antwortete der Mann voller Nationalstolz. „Wir mögen keine Fremden, die sich hier breitmachen, und schon gar keine Aliens, die uns Befehle geben wollen. No, Ma'am, nicht mit uns! Wir haben die Spanier, die Franzosen und die Briten verjagt, gegen die Indianer gekämpft, den Krauts in den Arsch getreten, die Rote Gefahr besiegt und die Mex rausgeworfen. Da lassen wir uns doch nicht von ein paar heruntergekommene Taelons unser Land stehlen! - Ein Mann in unserem Saloon machte uns mit dem Widerstand bekannt und den Erkennungscodes. Und das war gut so, denn so konnten wir euch helfen. Zum Wohle der Vereinigten Staaten!”

„Zum Wohle der United States of America!” wiederholten die Hybridin und der Neo-Taelon brav. „Und nieder mit allen Feinden!”

 
* * *
 

Sie mussten den Leuten von der Quinn-Ranch dankbar sein. Sie hatten sie nicht an die Behörden verraten, sondern hatten die für sie völlig abgerissenen und verzweifelten Tramps in der Einöde aufgelesen, hatten ihnen zu trinken und zu essen zu geben und endlich einen sicheren Platz zum Schlafen. Den geklauten alten stehengebliebenen Wagen hatten die Cowboys ungefragt spurlos verschwinden lassen. Und, nicht zu vergessen, hatte die Tochter der Quinns ihnen etwas zum Anziehen gebracht. Zuvor war offenbar ganz Amerika hinter ihnen her gewesen - jedenfalls die Cops, das FBI, die Geheimdienste und was es da an sonstigen merkwürdigen Vereinigungen gab. Das merkwürdigste Erlebnis war die Begegnung mit wiedererweckten Christen, die irgendwie gehört hatten, sie seien Vampire, und die sie mit Kreuzen und Stöcken in einer Kirche umzubringen versucht hatten.

Der Cowboy lieferte „Harry” und „Sylvie” - besser gesagt Ha'ron und Sy'la, am Abend in Roswell ab, nahm das vereinbarte Geld im Empfang und machte sich mit den Pferden wieder auf den Rückweg. Schon ein Witz, dass ausgerechnet ein Taelon-Hasser unwissentlich ebensolchen zur Flucht verhalf! - Sy'la fand tatsächlich das leerstehende alte Haus, eines der alten Verstecke, die Andrea für die Mission als Adresse genannt hatte, falls sie Schwierigkeiten bekommen sollten. Sie hatten leider ihr letztes Interdimensionsportal opfern müssen, um in Denver die Verfolger abzulenken. Die beiden stiegen durch ein kaputtes Fenster ins Haus, in dem Staub und Blätter auf den Boden hereingeweht waren. Das Haus war fast leer, es gab nur noch wenige Möbel und nichts vom Wert. Ab und zu scheinen auch Obdachlose im Haus genächtigt zu haben, dem hinterlassenen Unrat nach.

Sy'la fand und suchte den Keller. Dort befand sich eine geheime Tür, und dahinter das versteckte Portal. Die beiden schafften es, die Energiezufuhr aufzubauen und es zu aktivieren. Natürlich würde jemand den Sprung messen können. Aber bis dahin waren sie weg. Sie schlossen die Geheimtür hinter sich und wurden mit einem Erkennungsimpuls weggestrahlt zu den Koordinaten, die Ha'ron telepathisch von Zo'or erfahren hatte. Dort im Hotelzimmer warteten bereits Augur und Andrea mit gezogenen Waffen, da sie die Aktivierung bemerkt hatten.

„Heh, hallo!” begrüßte Andrea Sy'la und zog sie in die Arme, um dann auch Ha'ron auf die Schulter zu klopfen. „Gut gemacht, ihr zwei!” Die beiden mussten wirklich viel mitgemacht haben, sie stöhnten, waren dreckig und stanken nach Pferd. Augur deaktivierte rasch das Portal. Wenn Zo'or ankam, würde die Automatik des Portals das Tor wieder auf Erkennungsimpuls aktivieren.

„Ja, dann könnten wir”, sagte Sy'la müde. „Wir haben alle Bomben plaziert. Wir müssen verschwinden, bevor wir erneut gefunden werden. - Wo sind Norbert und Zo'or?”

„Auf eine bestimmte Mission”, sagte Ha'ron. „Ich hatte auf dem Ritt keine Gelegenheit, dir davon zu erzählen...”. Sy'la musste sich setzen, als sie davon erfuhr.
„Zo'or spinnt doch!” konnte sie nur empört erwidern.

Und da kam der Impuls schon. Norbert, Zo'or und dazwischen gehalten ein blutiger halbtoter Sandoval ohne Bewusstsein stolperten durch das Portal. „Ha'ron!” bat Zo'or. „Der Mann braucht unbedingt Heilenergie! Ich bin zu schwach.”

Der junge Neo-Taelon runzelte verärgert die Stirn, beugte sich aber erschöpft doch zum Mann auf das Bett, wohin man ihn gelegt hatte, und übertrug ihm etwas von seiner eigenen Lebenskraft. Auch wenn Sandoval ein völlig nichtswürdiger Mensch war, wenn die Berichte stimmten, so wollte er doch nicht mitschuldig an seinem Tod werden. Der Schwerverletzte bewegte sich etwas unruhig, aber sein Atem ging nun etwas gleichmäßiger. Er wachte aber nicht auf.

In aller Eile packte das Team die Habseligkeiten zusammen, versprühte reichlich das biochemische DNS-Vernichtungsmittel, entschied sich aber doch, eine Zefir-Brandbombe zusätzlich zu benützen, die - nur in diesem Raum - einen Brand entfachen würde. In den Kampfanzügen gehüllt, mit hochgefahrener Rüstung, zwischen sich Sandoval, aktivierten sie das Portal in Richtung nächtliches Ma'el Museum und von dort das Zeitreise-Sprunggerät und verschwanden...

 
* * *
 

(Erde, im Jahre 2345:)
...um im Museum auf der Gegenseite anzukommen, mitten im Gefecht. Die krakenförmigen Roboter waren dabei, Je'dir und Ji-Won zu umzingeln, und einer der Scouts am Eingang war bereits zerstört. Der zweite glühte und war dabei, zu explodieren. Die ankommende Gruppe begann sofort, auf die Angreifer zu schießen. Das Interdimensionsportal zur Roleta baute sich auf, Augur warf so rasch er konnte die restliche Ausrüstung hindurch, fand unversehens ein achtjähriges Kind dazwischen versteckt, was ihn für einen Moment verblüffte, das aber von selbst durch das Portal verschwand, und schleifte dann mit Zo'ors Hilfe Sandoval und sich selbst hindurch. Der Schutzschirm vor dem Portal begann bereits bedrohlich zu flackern, da die Krieger nun ihr Feuer darauf konzentrierten. Von unten, an der Decke und an der Ecke begann das Mauerwerk um das Portal zu schmelzen, wo die Roboter von außen eindringen wollten. Die Mitglieder der Gruppe verschwanden nacheinander durch das Portal. Je'dir schleifte die Reste des zerschossenen Roboter zur Untersuchung mit sich, doch bevor er als Vorletzter hindurchgehen konnte, wurde seine halbmaterielle Rüstung von einem gebündelten Strahlenschuss eines der Roboter durchbohrt und verletzte den Jaridian schwer. Er ließ die Überreste aber nicht fallen, sondern fiel vornüber damit durch das Portal. Ji-Won aber als Letzter, weil am portalfernsten, schaffte es nicht mehr. Er starb, und der Anzug vernichtete sich daraufhin selbst. Das Portal fiel in sich zusammen. Der gesamte Trakt, in dem das Museum mit den Ma'el-Artefakten gelegen hatte, war in Schutt und Asche gelegt und gloste noch, als die wütenden H.A.P.-Krieger endlich die Räume einzunehmen vermochten.

 
* * *
 

(im Jahre 2345, 3500 Lichtjahre von der Erde entfernt:)
Das Beiboot des Zefir-Schiffes war in Schlepptau genommen worden, und die Crew konnte nur darauf hoffen, dass das Volk der Vier Winde tatsächlich so freundlich eingestellt war, wie das Bordgehirn Nr. Acht behauptet hatte. Das (15 m) große runde kugelförmige Schiff mit den schillernden Waben auf der Oberfläche brachte sie zu einem etwa erdgroßen Wüstenplaneten mit einer viel zu dünnen Atmosphäre, der an den Mars erinnerte, und der um eine grüne Sonne kreiste. Dadurch erschien das Licht auf dem Planeten ungewohnt verfremdet. Auf einem Plateau stand eine Art (300 m-) großer schillernder Kegel, an dessen Spitze das Wabenschiffchen aufsetzte. Neben dem Kegel setzte das Beiboot auf.

„Die Fremden scheinen keine großen Schiffe zu bauen”, sagte Paula. „Das soll eine Station sein? Diese Anlage sieht nicht sehr gefährlich aus.”

Das Bordgehirn teilte ihnen mit, dass die Fremden bereit wären, sie im Kegel zu treffen. Sie könnten das Interdimensionsportal benützen, sollten aber leichte Atemgeräte und einen Gravitationsregler mitnehmen. Me'win blieb zurück, um das Beiboot zu hüten, blieb aber mit No'ren telepathisch in Kontakt. Die drei Menschen und der Neo-Taelon schnallten sich je einen Spezialgürtel um ihre Kombinationen um und die Menschen legten die leichten Atemfilter als Mund- und Nasenschutz an, die die Atmosphäre an Bord des fremden Schiffes so filterte und zurechtmischte, dass sie sie atmen konnten. Der Neo-Taelon benötigte so etwas nicht.

Als sie aus dem Interdimensionsportal der Fremden traten, standen sie in einer Art windigen Halle, in der alle Arten von bunte Vögel quicklebendig herumsegelten und flatterten, die in etwa so groß waren wie große Schmetterlinge. Zum Teil flogen sie näher heran, standen wie kleine Kolibris mit langen zarten seidigen Schwanzfedern in der Luft, die Humanoiden einen Moment betrachtend, um dann wieder davon zu segeln. Etwas unschlüssig sahen sich die Leute um, um dann vorsichtig, unter Beachtung der geringen Schwerkraft, zu einer Art Podest zu gehen. Dort ließen sich zwei der bunten Vögelchen auf einem „Redepult” nieder.

„Und was nun?” fragte Onzo Kyriaki. „Die Fremden werden doch nicht diese Vögel sein, oder doch?”

Drei-Blau-Streif pochte energisch mit dem Schnabel auf das Pult. Es hörte sich an wie das Pochen eines Holzspechts. Er zwitscherte etwas. Sogleich hörte die Crew die Übersetzung dank ihres Bordchips in ihrem Verstand: „Wir vom Volk der ‚Vier Winde’ grüßen euch herzlich. - Ruhe! Ruhe! Ruhe!” pochte der Vogel gleich zu seinen Artgenossen, die zum großen Teil ihr Gezwitscher einstellten.

Zwei-Feder-rot-eins-gelb stellte etwas ihre Kopfbüschel hoch, äugte mit den typischen goldgelben Vogelaugen hin zu den Humanoiden und sagte mit Kopfverrenkungen: „Seltsam, seltsam! Unsere Freunde, die Zefir, gibt es nicht mehr, aber ihr Schiff schon. Seltsam, seltsam! - Von den Zazas, nicht wahr?”

„Ja, das ist wahr”, antwortete Paula Hofmann. Ihre Haare flatterten, vom Wind bewegt. „Wir hatten einen wichtigen Auftrag, und daher haben sie uns ein Zefir-Schiff überlassen. - Darf ich uns vorstellen?”

Drei-Blau-Streif gackerte zustimmend, und Paula bemühte sich, den Vögeln - mittlerweile waren noch zwei herangeflogen und hatten sich niedergelassen - die Crew vorzustellen. Es war seltsam, die gezwitscherte Übersetzung ihrer Sprache zu hören.

No'ren musste inzwischen lächeln. Die Menschen hatten selbstverständlich noch nicht gemerkt, dass die kleinen Geschöpfe eine Art Telepathie zur Kommunikation zwischen ihren Artgenossen beherrschten, so wie es die Taelons auch vermochten. Das Gezwitscher war vornehmlich reiner musikalischer Gesang - die Kleinen sangen gerne und ausgiebig. Nur für die Menschen benützten sie die archaischen Töne auch zur Kommunikation.
‚Du hast ganz recht!’ hörte der Taelon geistig. ‚Aber sag es nicht weiter, sonst kränken sich die Menschen womöglich.’

‚Da kennt ihr die Menschen schlecht’, erwiderte No'ren. ‚Sie halten sich selbst für vollkommen. Ein kleiner Dämpfer schadet überhaupt nicht.’ Er hatte sich etwas vom Podest entfernt und betrachtete die Halle genauer.
Zwei-Feder-rot-eins-gelb ruckte mit dem Kopf und verdrehte ihn um 180 Grad, um ihn anzusehen. ‚Denkst du das wirklich?’ fragte sie tadelnd. ‚Du machst dich lustig! Jedes Lebewesen möchte schön und perfekt sein, und sich vollkommen fühlen. Nur dann fühlt man sich glücklich. Das ist nur natürlich.’

„Es ist zwar wahnsinnig nett, euch kennenzulernen”, sagte Sergej Koljow, der nahe am Pult stand. „Aber wir haben es eilig, auch wenn es nicht so aussieht. Wir mussten uns nur von unserer Heimatwelt wegschleichen, welche von einer anderen negativen Lebensform heimgesucht wird. Sie haben unsere Heimat in eine Diktatur verwandelt. Wir möchten eine entfernte Kolonie aufsuchen und sehen, ob die Menschen dort uns gegen die Diktatur helfen könnten. Also seid so gut, und lasst uns weiterfliegen.” Eines der Vögel, ein rot-rosa Exemplar, warf ihm einen abschätzigen Blick zu und begann dann, ihn ignorierend, sich das Gefieder zu putzen. Erst jetzt bemerkte Sergej die kleinen dünnen dreifingrigen Ärmchen, die die Vögel über ihre Brust gekreuzt und unter dem Gefieder verborgen hielten. ‚Also doch Sechsfüssler!’ kam ihm ihn den Sinn. ‚Mit dem Schnabel alleine kann man nicht so gut Werkzeuge handhaben.’

Irgendwie schien es ihm, die Vögel hätten belustigt „richtig!” geantwortet, doch das war wohl eher eine Art Schlussfolgerung aus der Art, wie sie die Köpfe verdrehten und guckten - oder nicht?

„Es ist nicht möglich, dass ihr weiterreist”, sagte Grüne-Pünktchen-auf-weiß. „Von eurer Heimatwelt aus breitet sich ein fremdartiges Kontinuum aus. Würdet ihr zu eurer Kolonie weiterreisen, würdet ihr das Kontinuum allein durch eure Anwesenheit schneller ausbreiten, als es auch so bereits expandiert. Wir haben Sonden ausgesandt, die die Geschehnisse bei einer eurer Weltraumstationen filmen, die gerade jetzt stattfinden.”

„Weltraumstationen...?” fragte Paula irritiert.

Der Vogel hackte ein kurzes Stakkato aufs Brett, und schon wurde ein großes Hologramm in der Mitte der Halle sichtbar. „Wenn ihr das gesehen habt, werdet ihr verstehen, dass ihr hier für einige Zeit verbleiben müsst.”

 
* * *
 


(Bei den Londonern, Jahr 2345:)
Nevin Oman und Mary Winters ließen sich trotz Risiko in Richtung Station Platon abstrahlen und nahmen dann ein kleines Raumschiff, um Richtung Berengar aufzubrechen. Von Weitem war es nun zu messen.: eine richtige Verzerrung des Raumes, ein völlig unbekanntes Phänomen. Die Sterne wirkten in der beschleunigten 5-D-Messung wie langezogene Striche, die zerfaserten.

Wo war denn die Notbesatzung von Berengar abgeblieben? Dem Schiffskapitän blieb nichts weiter übrig, als noch weiter in die Strahlungszone einzufliegen, um die Beiboote zu suchen. Nevin und Mary hatten keine Ahnung, welche Auswirkungen die seltsamen Phänomene auf sie haben würden. Möglicherweise würde die Strahlung die Steuerung, den Computer oder den Antrieb beeinflussen. Möglicherweise trieben die verschollenen Stationsbesatzungen alle mit ihren Rettungsschiffen hilflos im Raum! Möglicherweise...
Die Raumverzerrung, die sich als Front näherte, ließ die Dunkelmaterie im Weltraum unheimlich dumpf-rötlich glühen. Völlig verrückt und ungewöhnlich. Das Phänomen würde eine Menge physikalische Fragen in der Wissenschaft aufwerfen, soviel war sicher.

Und da war die Sicht auf Berengar! Die moderne Astronomie und Raumfahrt machte es möglich - das Bild konnte herangezoomt werden, obwohl der kahle Mond, auf dem die Station sich befand, noch etliche Reiseminuten weit entfernt war. Der Mond drehte sich selbst nicht, sondern bewegte sich nur mit dem kleinen Planeten mit um die fremde Sonne. - Da war schon das kleine Raumschiff, welches in einem Notstart vom Mond abgehoben hatte.

„Hier ist Lieutenant Pedrell von der Raumstation Berengar”, hörten die zwei Wissenschaftler den 5-D-Funkspruch. „An das sich nähernde Raumschiff: kommt nicht näher! Ich wiederhole: kommt nicht näher! Höchste Gefahr durch ein fremdes physikalisches Phänomen. Zieht euch in Sicherheitsabstand zurück!”

Der Schiffskapitän versuchte mit Pedrell Verbindung aufzunehmen und verlangsamte die Fahrt. In der 5-D-Ortung war die Raumstation auszumachen wie immer. Welche Phänomene meinte der Lieutenant? Oman speicherte jedenfalls soviele Messdaten ab, wie möglich.

Und plötzlich zerbrach die Station, zerfaserte förmlich, die Teile lösten sich in Zeitlupe heraus und wirbelten ins All - und waren plötzlich weg. Aufgeregt beobachteten die zwei Wissenschaftler aus London die Vorgänge. Das war doch unmöglich. Der Ort, an dem die Station gestanden hatte, lag nun völlig leer und unberührt da. Nirgendwo Schrott. Und noch schlimmer: auch das Schiff von Lieutenant Pedrell verschwand von einem Moment zum anderen.

„Stop! Zurück! Sofort zurück!” schrie Winters. Was immer da näherkam, es war offenbar lebensgefährlich!

Der Schiffskapitän bremste mit vollem Schub ab und begann, aus der Nähe der ehemaligen Station zu fliehen. Die unheimliche glühende Front näherte sich unheimlich schnell, und das Schiff begann zu bocken. Die Geräte setzten zeitweise aus. Es war geradezu ein Wunder, dass das Schiff es letztlich doch noch schaffte, nach Platon zu entkommen.

 
* * *
 

Die Idee war gewöhnungsbedürftig. Haggis, Augur und Zo'or hatten die Wahrheit gesagt: Es gab da draußen ein gänzlich anderes Universum neben dem, das sie kannten. Ein Universum mit menschlichen Raumstationen.
Onzo war so freundlich, das Hologramm durch sein Global auch für Me'win zu übertragen. Nach den zwei Stunden, in denen sie das aufgezeichnete Schicksal der Stationen Tigris und Ghandi und dann life die Vorgänge bei Berengar verfolgt hatten, herrschte kurz bedrückendes Schweigen. Die Crew hatte sich inzwischen auf den Boden niedergelassen. Der ständige leise wehende Wind verursachte inzwischen bereits etwas Kopfschmerzen und trocknete die Augen und die Kehle aus. Die Luft war trotz Filter zu trocken.

„Ihr betrachtet das, aber tut nichts dagegen”, sagte Paula vorwurfsvoll mit rauher Stimme zu den Vertretern der „Vier Winde”. „Warum habt ihr die Besatzungen nicht gewarnt und eingegriffen?”

„Weil man nichts dagegen tun kann”, antworte Drei-Blau-Streif. „Wir kennen dieses Phänomen. Es wurden massiv gegen physikalische Raum-Zeit-Gesetze verstoßen. Das Kontinuum in dieser Region gestaltet sich um. Sich konzentrisch ausbreitend. Der Ausgangsort der Störung ist eure Heimatwelt. Wenn das fortdauert, wird eine universelle physikalische Gegenreaktion die Störquelle eliminieren und die Raum-Zeit-Gesetze wiederherstellen. Mit der Störquelle meine ich diese gesamte Region.”

„Dann werden wir unverzüglich zur Roleta zurückkehren”, sagte Sergej. „Wir müssen an Bord darüber sprechen, was zu tun ist. Me'win soll eine Nachricht an die Roleta vorab zurücksenden.”

„Nein”, erwiderten die Vögel. „Das können wir nicht erlauben. Ihr dürft weder ins Solsystem noch ins Hely-System. Das Kontinuum ist äußerst instabil. Jede Einflußnahme auf die Zeitereignisse könnte endgültig zum Kollaps führen. Selbst euere Erinnerung, eure Berichte von dem, was ihr gesehen habt, könnte solch eine Einflussnahme darstellen. Die Zeitlinie muss sich erst konsolidieren. Es tut mir für euch leid, aber ihr müsst hier warten, bis die Grenze sich weiter ausgedehnt hat oder aber die Situation bereinigt worden ist.”

„Ihr denkt doch nicht, dass ihr uns hier festhalten könnt?” ärgerte sich Kyriaki. „Dazu habt ihr keinerlei Recht. Nötigenfalls befreien wir uns gewaltsam.”

„Nur zu!” gluckste Zwei-Feder-rot-eins-gelb und wiegte sich auf und ab. „Ihr seid ein noch unreifes und wildes Volk. Das wissen wir. Wir sind euch in allem weit voraus, und wir wissen, was wir tun. Wir kontrollieren ohnehin alle eure Geräte und Waffen. Ihr habt keine Chance. Also tragt es mit Fassung, und verbringt ein paar nette Wochen. Wir werden euch ein Habitat einrichten, damit ihr euch dort wohl fühlt. Danach, wenn sich das Kontinuum beruhigt hat, könnt ihr reisen, wohin ihr wollt.”

Sergej griff unverhofft zu und erwischte Drei-Blau-Streif am Schwanz. Kreischend flogen die anderen Vögel vom Pult auf und machten sich davon.
„Nichts da!” rief Sergej. „Entweder...!” Verblüfft sah er, wie sich der gefangene Vogel in seiner Hand auflöste. Dafür kreiste der Vogel etwa drei Meter über seinem Kopf und zwitscherte empört schimpfend.

„Teleporter!” sagte Onzo. „Sie sind uralt UND haben alle möglichen Tricks auf Lager!” Er griff nach seiner Waffe, vermochte sie jedoch nicht aus dem Halfter zu ziehen.

Als Antwort warf Drei-Blau-Streif eine Ladung Kot auf Koljow ab, der nach oben sah, und traf ihn mitten auf die Stirn. Fluchend wischte sich der Mann den unangenehm klebrigen weißgelbenVogelkot mit der Hand ab und suchte in den Taschen nach einem Reinigungstuch. Die Vögel flogen nur einfach weiter die Halle hinauf und durch eine Luke hinaus, die Humanoiden hinter sich lassend.

‚Schlechtes Benehmen hilft euch auch nichts!’ hörten No'ren und Me'win geistig. ‚Ihr bleibt einstweilen auf diesem Planeten, und damit basta!’

„Dümmer kann man sich beim Kontakt mit einem fremden Volk nicht mehr anstellen!” sagte No'ren verärgert.
„Wie könnt ihr solche Aktionen setzen? Sie sind Bekannte der alten Zefir, also uralt. Ihr konntet euch doch denken, dass mit Gewalt hier nichts auszurichten ist!”

„Das denke ich auch!” sagte Paula. „Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir uns diplomatisch verhalten. Sonst sitzen wir hier noch sehr lange fest.”

 
* * *
 

(Erde, im Jahr 2345, Gefangenenlager:)
‚Sie wagen es. Ein Team ist unterwegs, um Sprengköpfe zu verteilen’, berichtete Da'an geistig seinen Kindern Mi'nou und Blo'or. ‚Sie nehmen die Exekution bewusst in Kauf. Zo'or nimmt die Exekution bewusst in Kauf!’ Da'an bemühte sich, seine Betroffenheit nicht zu zeigen. Die Verbindung zwischen den Taelons war durch die Abschirmmaßnahmen der Krieger sehr schwach. Zu den Taelons auf der Roleta vermochte nur Da'an den Kontakt permanent aufrecht zu erhalten. Die zwei jungen Neo-Taelons waren dazu zu wenig energetisch-vergeistigt.

Der Taelon konnte es noch immer kaum fassen, dass Zo'or am Leben war. Wieso, war ihm nur ungenügend geistig klar geworden. Und genauso war ihm ein Rätsel, wie Zo'ors Metamorphose vonstatten gegangen war.

‚Das bedeutet, dass wieder einer von uns sterben wird müssen!’ erregte sich Mi'nou. Sie hatte erbärmliche Angst, obwohl sie es nicht zugeben wollte. Alle hatten sie Angst; um sich selbst und noch viel mehr um das Leben der anderen. Seit 15 Jahren ging das nun so. Die Krieger der Hell's Angels' Party ließen sie nur aus einem Grund am Leben: um als Geiseln gegen das Zefirschiff zu dienen. Wenn sie ihre Macht endgültig absichert haben würden, waren sie alle entbehrlich.

Da'an und die Jaridianerin Palwyr waren dabei im Grunde freiwillig in Gefangenschaft. Sie hätten ihre individuelle Existenz beenden und sich in das Kimera-Taelon-Jaridian-Mensch-Kollektiv flüchten können, deren materielle Projektion sie strenggenommen nur waren. Die Jungen waren inzwischen selbst in der Lage, für sich zu sorgen. Doch Da'an wollte nicht wegen dem Schicksal der Neo-Taelons, und Palwyr hätte Wanjak nie alleine in Gefangenschaft zurückgelassen.

‚Ich arbeite im Moment in der Wäscherei’, meinte Blo'or. ‚Ich werde versuchen, den anderen eine Nachricht zukommen zu lassen. Wenn die Bomben hochgehen, sollten wir augenblicklich einen Aufstand versuchen. Ein Teil der Menschen macht gewiss mit.’

‚Ein Aufstand würde vielen Menschen das Leben kosten’, warnte Da'an. ‚Die Krieger würden furchtbare Sanktionen verhängen. So wie damals vor drei Jahren, oder noch schlimmer.’

‚Früher oder später werden sie uns hinrichten’, erwiderte Blo'or streng logisch. ‚Mit jedem Jahr sitzt die H.A.P. fester auf ihrem Thron. Wir dürfen einfach nicht zögern und warten! Wenn wir in die Große Leere gehen, geben wir der Roleta endlich die Möglichkeit, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Oder eine neue Heimat zu suchen, weit weg von der Erde.’

‚Hast du keine Angst vor der Großen Leere?’ fragte Mi'nou verängstigt. ‚Hast du keine Angst vor der Reise dorthin?’

‚Ich bin sicher, dass es den Menschen hier im Lager genauso ergeht’, meinte Da'an tröstend. ‚Und bedenke erst, wie einsam Palwyr und ihr Sohn sind, vor allem seit die Verbrecher Rj'lev ermordet haben. Wir dürfen uns nicht vor dem Schicksal fürchten - das sind die Gedanken Vorjaks. Wer sich vor der Großen Leere fürchtet, versäumt die Gelegenheiten, sein Schicksal zum Besseren zu wenden. Und letztlich - sind alle Taelons, zu allen Zeiten, geistig vereint.’

 
* * *
 

Blo'or gab seinen Mitgefangenen in der Wäscherei kleine Winke. Man hatte eine Art Gefängnis-Zeichensprache entwickelt. Eine Zeichensprache, die sich laufend ändern musste, damit die Krieger sie nicht erkannten und Verräter nicht auf dem laufenden blieben. Die Parole hieß: bereitet euch auf einen Aufstand vor! Die Gelegenheit ist extrem günstig.

Peter J. Combe nahm zitternd, mit flackernden Augen, einen Bündel Wäsche und trug sie hinüber ins Wäschelager, wo die großen Regale standen. Die grauen unattraktiven Inferioren-Hosen und -Shirts gab es, für Frauen und Männer gleich, in sechs verschiedenen Größen. In der Wäscherei arbeitete er sechs Stunden pro Tag, die restlichen zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag für Gefangenen musste er in einem Versuchslabor der H.A.P. arbeiten. Zu jeder Zeit wurde der ehemalige Nobelpreisträger für Physik mehr oder weniger beobachtet. Seit 15 Jahren.

Wie alle Inferiores, musste auch er bereits seit Jahren die willensdämpfenden Drogen, die dem Wasser und dem Salz zugesetzt waren, einnehmen. Dazu kam der infame Psychoterror mit den wöchentlichen Umerziehungen, Brechungen, Bestrafungen und Hinrichtungen im Lager. Wer konnte das ehrlicherweise überstehen, ohne psychische Schäden? Jeder, der den Mann sah, wusste, dass er mit den Nerven fertig war. Zum Glück für Combe wurde er von der H.A.P. benötigt.

Aber jetzt hatte er etwas zum Tauschen. Er hatte begriffen. Was kümmerte ihn das Schicksal der anderen? Wer hier überleben wollte, durfte nur an sich selbst denken, sonst ging man unter. Jahrelang hatte er seine ethischen Prinzipien aufrecht erhalten, und hatte vom Schicksal nur Leid und Qual dafür erhalten. Dabei war es so leicht, die Seiten zu wechseln. Nur um wieder in einem weichen, warmen und sauberen Bett zu schlafen. Gemütlich einen ganzen Tag zu schlafen - nur zu schlafen. Sich einen Korb voll Obst zu kaufen.

Er ging wieder zurück, holte einen neuen Stapel Wäsche und trug sie mechanisch ins Lager. Im Vorbeigehen streifte er zu nahe an einem Krieger an - vereinbarungsgemäß, was hieß, er wolle eine Aussage machen. Ebenfalls vereinbarungsgemäß stieß ihn der Krieger gegen die Wand und versetzte ihm einen schmerzhaften Tritt: „Pass auf, Sklave!” fuhr er ihn an. „Das ist das dritte Mal!”

Der Krieger mit den strähnigen dünnen Haaren, mit den Tattoos an den nackten Armen, in der schwarzen ärmellosen Lederweste, machte eine Geste in Richtung Kamera. Daraufhin kamen andere Krieger, packten auf einen Wink hin Combe und schleiften ihn mit sich hinaus. Ein anderer weiblicher Häftling eilte herbei und hob die Wäsche vom Boden auf.

Kaum war Combe bei Major Svenson, dem Kommandanten des Lagers, hatte er auch über den geplanten Aufstand ausgepackt. Er wurde dafür ausgiebig gelobt und als vorbildlich bezeichnet. Nach all dem Terror tat das Combe wohl und er war dem Kommandanten dafür dankbar wie ein unterwürfiger Hund. Der Kommandant bot ihm sogar ein Glas Cola-Rum an, während er den Kriegern den Auftrag erteilte, eine Bestrafungsaktion im Lager durchzuführen. Es kam nur nicht dazu, denn die Kommandantur explodierte und riss alle im Zentrum mit in den Tod.

 
* * *
 

(Auf dem Zefir-Schiff:)
„Ji-Won Park ist tot”, stellte das Hologramm der Roleta emotionslos fest. Die Interdimensionsverbindung zur Erde fiel in sich zusammen. Während ein Hologramm Roletas in wallender roten Robe im Kommandoraum bei Mur'ru war, die soeben genau nach Plan die im Jahre 2013 gesetzten Bomben auf der Erde explodieren ließ, geleitete das zweite Hologramm, den kleinen verschüchterten Lukas an der Hand, mit einigen Hilfsrobotern das zurückgekehrte Team in die Krankenstation und ließ sich die wichtigsten Erkenntnisse kurz zusammengefasst vorab berichten. Über Zo'ors Eigenmächtigkeit, Sandoval in die Zukunft zu bringen, war das Bordgehirn etwas ungehalten, obwohl sie anerkennen musste, dass die Information über die verschollenen Raumkoordinaten des zerstörten kimerianischen Wissenspeichers fast jeden Preis wert war.

Der schwerverletzte Je'dir hatte ein halbzerstörtes Exemplar der Krakenroboter mitgebracht. Das war sehr gut. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wurde es zur Untersuchung weggebracht. Während die Leute auf der Krankenstation sich die Nase über den ungewohnten Pferdeschweiß-Gestank rümpften, ließ sich Sy'la nicht nehmen, so lange als möglich am Lager ihres jaridianischen Ehemanns auszuharren, bis er versorgt war und in den Regenerationstank gesteckt wurde. Erst dann spürte sie, wie unendlich müde, hungrig und dreckig sie war und ließ sich widerspruchslos in ihr Quartier eskortieren. Lukas folgte ihr zu den Wohnsuiten; er sollte nach Wunsch Roletas vorerst mal bei der Bordfamilie Caspar untergebracht werden.

Was den halbtoten Ronald Sandoval betraf, so schlug Dr. Boss, der stellvertretende schwergewichtige medizinische Leiter der Station, die Hände vor Entsetzen zusammen. Die schweren, bereits heilenden Wunden, die die Metallstäbe in den Leib geschlagen hatten, waren noch kaum geschlossen. Der Mann benötigte raschest Blut - viel Blut und ein spezielles Blut. Zu Sandovals Glück war das Zefirschiff in der Lage, diese Sorte rasch herzustellen. Die Heilschweißung der zerrissenen Organe, Muskeln und Gefäße besorgten in den Blutkreislauf eingesetzte Nanobots. Auf der kompletten linken Körperseite waren überall Narben von den Verbindungsstellen, wo der jaridianische Robot sich gewaltsam über Sandoval gestülpt und seine Tentakel in den Mann gebohrt hatte. Der rechte Arm wies noch die vernarbten Einstiche des getöteten Skrills auf. Dazu kamen mehr oder weniger verheilte Brandwunden aller drei Kategorien, die sich über seinen Körper zogen, und die Spuren einer atomaren Verstrahlung, die Teile des Gewebes zerstört und Zellen überall im Körper vernichtet hatte. Der Körper bedurfte einer Generalregenerierung.

„Ein Sanierungsfall!” sagte Dr. Boss nach der Erstversorgung Sandovals zu Zo'or, die noch auf der Station war und die der Untersuchung und Behandlung beigewohnt hatte; nur für den Fall, dass Sandoval aufwachen sollte, sagte sie. Die Wahrscheinlichkeit war aber gering; der Arzt hatte den Patienten in künstlichen Tiefschlaf versetzt. Außerdem stand ein Kampfroboter im Raum, extra vom Zefir-Schiff abgestellt zur Beaufsichtigung von Sandoval.

Der Arzt strich mit dem Untersuchungsstab über Sandovals Kopf, um das Gehirn zu scannen. „Nicht zu glauben”, murmelte der Arzt. „Der Mann ist ein Zombie!”

„Was meinst du damit?” fragte Zo'or irritiert.

„Der Mann hat so schwere Gehirnschäden, dass er normalerweise ein Pflegefall wäre. Es ist mir unbegreiflich, dass er noch wie ein normaler Mensch umhergelaufen sein soll. - Siehst du”, er zeigte auf das 3-D-Modell, welches der Medibot in die Station war. „Der linke Frontallappen ist zerstört, der rechte stark angegriffen. Hier, an dieser Stelle seitlich ist das Gewebe durch ein Gehirngerinsel vernichtet worden. Der Hypocampus und der Hypothalamus sehen aus wie zersetzt. Hier an den Seiten der Großhirnrinde finden sich richtige Brandspuren. Jemand muss ihn auf das Schlimmste verhört haben und bewusst Gehirnareale vernichtet haben. Und dort in der Gegend des Hinterhauptes, wo offenbar ein CVI eingesetzt wurde, sind alle fast Synapsen in Areal vernichtet. Das Gebiet ist tumorig. Es ist nutzlos und muss entfernt werden.
Allein schon durch die Zerstörung der Frontallappen ist Sandovals ethisches Verhalten massiv gestört. Und dann die Sache mit den CVI's - der Mann hat kein moralisches Imperativ mehr - indem die ethische Zone verworfen wurde, wurde auch der Imperativ hinfällig, nicht wahr?”

„Ich wusste, dass Sandoval längst nicht mehr geistig so gesund war, wie es aussah. Es war mir aber nicht bewusst, dass solche schweren Schäden existierten”, erwiderte Zo'or. Sie wirkte ein wenig betroffen. „Ich konnte damals zu meiner Zeit nur die Schäden durch das CVI feststellen. Und eine Läsion des linken Stirnlappens, verursacht durch den jaridianischen Robot. Diese anderen Schäden müssen nach und nach und in der Zeit der Atavus entstanden sein. Er hat zuletzt dem Atavuskönig Howlyn gedient. Er muss ihn brutal verhört haben.”

„Wozu um aller Welt habt ihr den Menschen CVI's verpasst!” kritisierte der Arzt. „Ihr müsst doch gewusst haben, welche Schäden das verursacht.”

„Das CVI gab uns die Sicherheit, nicht von unseren Dienern überfallen zu werden. Und die Sicherheit, dass sie taten, was wir befahlen. Als Gegenleistung steigerte er die Gehirnkapazität. Mit dem CVI wurden alle Gehirnareale optimiert zu hundert Prozent bewusste Nutzung - statt um, wie bei den Menschen üblich, nur zu 10-20 Prozent genutzt zu werden. Und mit dem CVI wurde der Skrill kontrolliert. Eine extraterrestrische Lebensform, eine biologische Waffe. Sandoval erhielt ohnehin später ein besseres, schonenderes Modell.”

Zo'or sah, sich erinnernd, aus den Pseudo-Fenstern. Für einen Moment war sie geistig weit weg in der Vergangenheit. Sie fuhr nach einigen Sekunden fort: „Als auch dieses neue CVI für die Menschen und für uns nur Nachteile brachte, habe ich die Entfernung der CVI's bei allen Beschützern befohlen. Aber Sandoval ließ sich heimlich wieder ein CVI einzusetzen. Gegen meinen ausdrücklichen Befehl. Das CVI wurde von den Jaridians manipuliert, wie es sich herausstellte.”

„Ihr habt dieses Ding dreimal eingesetzt und wieder entfernt? - Ist ja toll!” Dr. Boss grummelte empört.
„Gratulation! - Der Mann ist, alles zusammengezählt, ein Psychopath und geistesgestört. Der Befund ist eindeutig. Das Gehirn hat mühsam versucht, die Schäden zu kompensieren. Sieh selbst, wie verschroben die verbliebenen Gehirnareale vernetzt sind!” Der Arzt blendete ein Funktions-Abbild eines gesunden Gehirns ein - und dann wieder das Sandovals. „Ja, er kann offenbar mit den Gehirnresten leben und auch denken, aber er ist gefährlich. Alle Gehirnfunktionen verlaufen abnormal. Er muss für immer isoliert werden. Es sei denn...”

„Ja?” fragte Zo'or mit einer Taelon-Geste. „Fahre fort!”

„Die Zefir-Technik vermag das Gehirn großteils zu entfernen und aus noch gesunden Zellen neu wachsen zu lassen. Genauso wie jedes andere Körperorgan. Der Patient könnte danach ein völlig normales Leben führen. Er würde aber alles Vorherige vergessen, einschließlich seiner Identität, und müsste danach buchstäblich ALLES neu lernen. Er wäre de facto ein neuer Mensch in einem alten Körper.”

„Ich habe Sandoval nicht zurückgeholt, damit er alles vergisst! Ich will eine Information aus seiner Zeit als Beschützer. Eine Gehirnoperation kommt nicht in Frage.”

„Das zu entscheiden, Zo'or”, wies der Arzt sie zurecht, „obliegt nicht dir. Zuerst werden seine dringendsten körperlichen Schäden im Regenerationstank geheilt. Wir, die Crew, werden danach das mit der Operation entscheiden. Das da ist immer noch ein Mensch, egal ob geisteskrank oder nicht, und kein Gebrauchsgegenstand für Taelons. Wir sind im 24. Jahrhundert.”

Zo'or verzog den Mund, sah zuerst den Arzt wütend an, dann den bewusstlosen Philippino-Asiaten von den Caymans auf dem Untersuchungstisch, und stolzierte dann mit zurückgeworfenem Kopf aus der Station.
Was glaubte er, mit wem er redete? Der tat ja gerade so, als würde seine Meinung irgend jemanden interessieren!

 
* * *
 

Die Taelon-Generalin Mur'ru überwachte vom Schiff aus die Vorgänge auf der Erdoberfläche. Nachdem die Bomben hochgegangen waren, ließ Mur'ru es sich nicht nehmen, einige zusätzliche Ziele beschießen zu lassen. Das Netzwerk der H.A.P. - Militärstützpunkte und die Zentren der Waffenproduktion flogen bei den Aktionen genauso in die Luft wie die sechs imperialen Paläste. Wie es sich herausstellte, wurde bei den Attacken Piet III. Camdsten getötet. Seine Schwester, die nicht minder gefährliche Imperiale Margret, war hingegen noch am Leben und organisierte umgehend die Verteidigung. Ihr standen noch genügend Krakenroboter und Krieger weltweit zur Verfügung. Die allgemeine Verwirrung durch die Sprengungen währte nur kurz.

Solange die Krakenroboter überall auf der Erde ihr Unwesen trieben, konnte das Zefir-Schiff mit den Missständen auf der Erde nicht aufräumen, oder es hätte weitreichende Vernichtungen auf der Erde in Kauf nehmen müssen. Das heißt, den Tod von hunderten Millionen unschuldiger Menschen. Für eine direkte Invasion auf der Erdoberfläche war die kleine Besatzung der Zefir viel zu schwach. Alles, was man tun konnte war, die Machtzentren der Hell's Angels Party zu vernichten.

Drei der „brettförmigen” Begleitboote der Roleta waren unterdessen über dem Gefangenenlager aufgetaucht und hatte die militärischen Anlagen unter Beschuss genommen. Einige Scouts waren unterwegs mit kleinen Interdimensionsportalen. Sie sollten die Portale möglichst nahe an die Gefangenen der Crew heranbringen. Das war schwierig, denn es tauchten immer mehr Krakenroboter auf, die die Feuerkraft der Wachmannschaften verstärkten. Ein jaridianischer Kampfrobot nach dem anderen explodierte.

„Wir MÜSSEN unsere Leute dort herausholen!” knurrte Korn't erbost. „Wir haben in diese Aktion zuviel investiert. Sie darf nicht scheitern!” Er zog das Beiboot weiter nach unten, um den Scouts mehr Schutz durch die stärkeren Schirmfelder des Beiboots zu bieten. Beiboot Nr. 11 mit Ariel an Bord schoss die inzwischen eingetroffenen menschlichen Kampfjets ab.

In der Zentrale konnte Mur'ru die Geschehnisse aus den Blickwinkeln der Scouts und der Beibootsensoren beobachten. Fünf Scouts hatten die Gefangenenblocks erreicht und sprengten die Türen auf. Ihre Aurensignatur-Messgeräte zeigten ihnen den Weg: sie suchten immerhin drei Taelons, zwei Jaridians und zehn Menschen. Die Erleichterung war an Bord groß: unter zusammenstürzenden rauchenden Gebäudetrümmern wurden Palwyr und der junge Wanjak befreit und mit einigen anderen menschlichen Gefangenen des Lagers an Bord abgestrahlt. Der alte Korn't, der das auf dem Beiboot zu hören bekam, begann ein altes Siegeslied anzustimmen. Die anderen Menschen an Bord des Beiboots freuten sich mit ihm, obwohl das gefauchte „Lied” sich anhörte als würden ein Rudel Löwen sich um eine erlegte Gazelle streiten. Beängstigend.

Durch das geöffnete Portal konnten weitere sieben Scouts eingeschleust werden, bevor es durch Kraken zerstört wurde. Die Roboter kämpften sich Gang für Gang durch die unterirdischen Anlagen, bis sie auf Gefangene trafen, die sich mit H.A.P.-Kriegern ein Feuergefecht lieferten. Blo'or sowie drei Männer und zwei Frauen der Delegation konnten mehr oder weniger verletzt befreit werden; Blo'or berichtete rasch, dass zwei Menschen im Aufstand getötet worden waren und drei weitere offenbar als übergelaufene Verräter ums Leben gekommen seien. Dann wurden sie mit einer weiteren Anzahl befreiter Gefangener durch das Interdimensionsportal zur Roleta befördert.

„Roleta!” berichtete Trestim, die sich im Beiboot Nr. 14 befand. „Es tauchen immer mehr Kampfjets und Kraken auf! Wir können uns kaum mehr halten!”

„Ich sehe es”, erwiderte das Bordgehirn. „Ich versuche bereits, euch von der Umlaufbahn aus Feuerschutz zu geben. Die Gegner wissen inzwischen, was unser Ziel ist und konzentrieren das Feuer von der Erde aus auf alles, was höher fliegt als 500 Meter. Sie haben sogar zivile irdische Fluggeräte abgeschossen.”

„Wir können das Feuer nicht voll erwidern, sonst richten wir unabsehbare Schäden auf der Erde an”, warf Mur'ru ein. „Wir wollen unsere Leute befreien, nicht die Erde zerstören.”

„Ich dachte, das Team hätte die Bomben überall verteilt?” fragte Trestim und schoss dabei wieder zwei Jets der H.A.P. ab.

„Einige Militäranlagen auf der Erde waren mir nicht bekannt”, gab das Zefirschiff zu. „Sie waren zu gut versteckt gebaut worden.”

„Da'an und Mi'nou werden nach Nordwesten wegtransportiert”, berichtete ein Scout. „Die Messungen werden schwächer.”

„Da'an berichtet, dass etwa sechs H.A.P.-Offiziere sie mit sich fortschleppen”, sagte Ka'sar in der Zentrale der Roleta. „Sie wollen offenbar die letzten zwei Geiseln in ein anderes Gefängnis in Sicherheit bringen.”

„Beiboot Nr. 6, begibt dich Richtung Nordwest nach diesen Koordinaten und nimm dort Tunnelanlagen unter Beschuss. Wahrscheinlich existiert dort auch ein Interdimensionsportal oder ein Fluggerät”, befahl Roleta.

„Verstanden”, sagte Korn't. Binnen eines Augenblicks hatte das Beiboot seinen Standort gewechselt und nahm die Erde darunter unter Beschuss. Die verbrannte Erde wurde hinweggefegt und gab darunter ein betoniertes Tunnelsystem frei, welches in sich zusammenstürzte.

 
* * *
 

Der Gang vor ihnen explodierte und hinterließ eine rußige Aschenwolke.

„Halt!” rief der kommandierende Offizier der H.A.P. Krieger und wischte sich die Asche aus dem Gesicht. „Wir müssen uns trennen. Nehmt ihr diesen Taelon da und ich nehme diese Geisel. Wir versuchen uns nach Rassenstern Eins durchzuschlagen. Wir müssen versuchen, diese Gestalten für die Imperialen zu retten, sonst werden wir alle als Versager exekutiert!”

Fünf Mann rissen Da'an brutal mit sich und liefen den Gang zurück zu einer Abzweigung mit einem Lift, der tiefer in die Erde führte. Die anderen vier zerrten die weinende Mi'nou mit sich und wandten sich nach rechts, um das andere noch funktionierende Interdimensionsportal in Richtung Fort Rassenstern Eins zu erwischen, eine geheime Militäranlage im Norden von Norwegen. Beide Gruppen wurden sofort von Scouts verfolgt, hinter denen bereits Krakenroboter hinterhereilten.

 
* * *
 

„Wir sollten aussteigen und selbst in die Station eindringen!” murrte Korn't.

„Negativ!” befahl Roleta. „Bei dem Gewimmel an Kraken hätte eure Gruppe nicht die geringste Chance.”

„Es sind nur mehr drei Scouts im Einsatz”, rief Mur'ru. „Wir müssen auf die Reservebestände der Roleta zurückgreifen! Schicke drei Zenturios mit Roboter hinunter. Die Interdimensionsportale der Beiboote können sie direkt über der Erde aussetzten.”

Die Allgemein-Roboter waren bereits mit Waffen und neuen Programmen umgerüstet worden. Sie waren allerdings nicht so auf Kampf spezialisiert wie die Jaridian-Scouts und daher weniger effektiv. Die befehlshabenden Zenturios mit ihren Kampfrobotern regneten alsbald über das zerstörte Lager mit den Militäranlagen herab.

Zo'or erschien endlich ebenfalls in der Zentrale. Sie war allerdings über den geistigen Kontakt mit den Taelons bezüglich Befreiungsaktion am Laufenden geblieben. Sie hielt sich beobachtend etwas abseits von Befehlszentrum, wie andere Besatzungsmitglieder auch, und überließ damit das Kommando weiterhin Mur'ru und Ka'sar. Die Vorgänge auf der Erde konnte man ohnehin über die 3-D-Schirme deutlich mitverfolgen.

Ko'lan stand ebenfalls hinten und beobachtete besorgt die Manöver der Beiboote gegen die heranstürmenden menschlichen Kampfjets. Schließlich befand sich seine Gefährtin Ariel an Bord eines der Boote.

Und dann tauchten sie auf. Offenbar durch ein Notsignal herbeigerufen: drei schwarze wabernde Schemen ohne feste Konturen, etwa (200 m) groß. Sie waren getarnt herangeflogen und eröffneten ohne Vorwarnung das Feuer auf die etwa gleich langen Beiboote. Die Schemen waren an Feuerkraft immens überlegen: Eines der Beiboote explodierte mit dem ersten überraschenden Treffer der Fremden.

„Sofortige Rückkehr!” befahl Roleta als Impuls ihren Beibooten im Bruchteil einer Sekunde. An Bord wurde Höchstalarm ausgelöst. Jetzt erfasste auch Mur'ru die Situation und berechnete einen variablen Fluchtkurs. Sie musste gegen die aufkommende Schwäche und Übelkeit kämpfen, die die Nähe der Dunkelmaterie in ihr auslöste, aus denen die fremden Schiffe bestanden.

„Shabrah! Eeechouwwihhwäo Shabrah!” fluchte Zo'or. „Die schwarzen Schemenschiffe. Keine Chance! Wir müssen verschwinden, aber sofort!”

„Ein Mitglied der Delegation konnte geborgen werden!” berichtete der letzte Scout auf der Erdoberfläche. „Ich strahle diese Geisel mit meinem Interdimensionsportal zur Roleta ab.”

Die drei Schemenschiffe nahmen das Areal und die fliehenden Beiboote unter Beschuss. Das gesamte Gebiet bis zur Tiefe von 300 Metern verpuffte in einer Flammenwand. Dann gruppierten sich die drei Schemen für einen Augenblick, um dann gemeinsam gegen das große tonnenförmige Zefirschiff loszufliegen.

„Die andere letzte Geisel ist tot”, berichtete Ka'sar hauchend, zutiefst betroffen. „Und auch noch...”

Roleta floh sofort. Gerade noch konnten die zwei Boote das Zefirschiff erreichen und außen andocken, bevor es in die Fünfte Dimension entkommen konnte. Verfolgt von drei Schiffen der Dunkelmächte.

 

Ende von Kapitel 7

 

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