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  „Schuld” von Snooty   (Emailadresse siehe Autorenseite)
Mission Erde / Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Handlung:  Da'an und Liam werden mit den Folgen des Krieges und ihrer Schuld konfrontiert
Zeitpunkt:  mögliche Zukunft
Charaktere:  Da'an, Liam, [Luana]
 

 

SCHULD

 

„Freust du dich über den Sieg?”
Heftig schüttelte Liam den Kopf. „Ich habe keinen Sieg errungen, den ich bejubeln könnte.”

Aufgeschreckt sah Luana ihn an. Die Augen des Mannes, der die Taelons von der Erde vertrieben hatte, waren freudlos wie der Winter, und seine Stimme war so kalt wie seine Augen, als er mit Entschiedenheit sagte: „Hätten wir wirklich gesiegt, wären wir niemals bis zu diesem Punkt gebracht worden: Mit all unserer Kraft und unserem Leben haben wir gegen das Böse gefochten - doch wozu hat unser Sieg geführt? Heute sind wir die Siegreichen, weil wir gestern unseren Feinden mehr Leid angetan haben, als sie uns zufügen konnten. Kann man darauf stolz sein?” Grüne Augen bohrten sich mit einer Intensität in die ihren, die ihre Freude über das Geleistete dämpfte.

Liam wandte sich von Luana ab und blickte zu den dunkelblauen Sternenhimmel empor.
Ob Da'an noch lebte? Oder sollte er sich lieber wünschen, daß der Taelon mit den sanften Augen tot und weiteren Nachstellungen entgangen war?
Sollte Da'an noch leben, so würde er sich in den Händen der Jaridians befinden, und das bedeutete...
Liam traute sich nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.

Der Krieg forderte Opfer. Von einigen ihr Leben, von anderen ihre Seele.
Liam sank an sich zusammen, kauerte auf der Erde und begann zu schluchzen.

 
* * *
 

In der Zelle aus Stein erinnerte ich mich an nichts mehr aus meinem früheren Leben - es war leer in mir, als ob man alle meine Erinnerungen gelöscht hätte. Und die Stimmen schwiegen, keiner war da, der mich leitete oder führte.
Wie ein Kind sah ich alles zum ersten Mal, mit einer Art unschuldigen Erstaunens. Doch ich wußte selbst zu diesem Zeitpunkt, daß ich kein Kind war. Es gab keine Kinder mehr von uns, schon lange nicht mehr.

Ich wußte meinen Namen und konnte die kleinen Alltagsgeschäfte verrichten, mich anziehen, den Energiestrom aktivieren, dessen rohes Gerüst in einer Ecke stand, doch wenig sonst.
Auch entdeckte ich, daß ich nicht sprechen konnte. Ich war völlig stumm, eingeschlossen in eine seltsame tote Stille.

Ich konnte Worte hören, denken, aber es gab keine Möglichkeit, sie laut werden zu lassen.
Meistens befand ich mich - wie ich mich jetzt erinnere - in einem traumähnlichen Trancezustand. Doch zuweilen kämpfte ich meine Gedanken frei, und die schwere Decke von den Drogen, die sie mir einflößten, hob sich für Sekunden. Dann regten sich Angst und Schmerz in mir.
Wenn sie kamen und in meine Gedanken eindrangen, fragten, drohten und schlugen, versuchte ich die ersten Male in den Tod zu entkommen, doch gelang es mir nicht. Alles, was ich tun konnte, war mich in eine Ecke des Raumes zu kauern.

So versuchte ich, mich auch an dem Tag vor meinen Peinigern zu verstecken, als schwere Schritte und laute Geräusche durch die steinerne Wand und die schwere Metalltür bis in das Innere meiner Zelle drangen.
Noch fester schlang ich meine Arme um meine Knie und hoffte, daß es aufhören würde, daß sie nicht schon wieder zu mir kommen würden. Hatten sie mich nicht erst gerade in der Dunkelheit allein gelassen?

Licht blitzte im Gang auf, und grell drang es durch die Ritzen der Tür. Es stach und brannte in meinen Augen.
Dann konnte ich fühlen, wie sich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich wollte bitten, betteln, daß sie wieder gehen mögen, doch noch immer fand ich keine Worte in mir.

Die Hand packte mich und zog mich hoch, schon vor langer Zeit hatte ich es aufgegeben, mich zu widersetzen. Eine Stimme murmelte auf mich ein, doch eine neue Welle von panischer Angst breitete sich in mir aus und verhinderte, daß ich verstand, was die Stimme sagte.

Ich wurde hochgezogen und zuckte bei jeder Berührung zusammen. Doch der beißende Schmerz blieb aus. Die Stimme sprach weiter und langsam durchbrach sie den Schleier aus Angst und der Sinn der Worte wurde klarer.

„Shhh. Es ist gut, Da'an. Es wird alles wieder gut. Kannst du mich hören? Da'an, ich bin es, Liam. Da'an?”

Die Hände griffen wieder zu, und ich spürte, wie ich hochgehoben und getragen wurde. Dann muß ich das Bewußtsein verloren haben, denn meine Erinnerungen an unsere Flucht sind von da ab nur grau.

Ich erwachte wieder in einem kleinen Shuttle, das den unsrigen nachempfunden war. Damals empfand ich es nur als vage vertraut. Die Wirkung der Drogen sollte noch lange anhalten.
Liam saß neben mir, ihn erkannte ich. Er hatte meine Hand gegriffen und eine schwache Verbindung war entstanden, ich klammerte mich wie ein Ertrinkender an sie. Sie war das einzige, was ich verstand, was ich kannte. Noch immer war mein Ich mir verschlossen.

Die Worte, die Liam ständig wiederholte, hatten keine Bedeutung für mich. „Es tut mit leid”, sagte er immer und immer wieder, und wenn ich jetzt daran zurückdenke, wirkte seine Stimme flach und tot und seine Augen hatten ihren Glanz verloren.

In meinem Raum hier gibt es ein Fenster, und wenn ich raus sehe, weiß ich, warum es ihm leid tat. Die Erinnerung an das Feuer, die Schlachten, den Krieg kommen lebendig und schrecklich zurück. Dabei sehe ich nichts weiter als eine grüne Ebene, die gewellt ist von kleinen Hügeln, auf denen Wildblumen zu blühen beginnen. Jeder dieser Hügel ist ein Grab.

Natürlich darf ich mich hier fast frei bewegen, dafür hat Liam gesorgt. Er ist ihr Führer, die Menschen respektieren ihn und ihm zuliebe schonen sie mich. Doch verlasse ich selten meinen Raum. Wenn ich es tue, kann ich die Feindseligkeit der Menschen spüren, ihren Haß, manchmal ist es auch nur Gleichgültigkeit.

Ich denke, Liam macht sich Sorgen um mich, die tiefen Furchen, die sich in sein Gesicht graben, wenn er mich ansieht, verraten ihn. Ich bin ihm dankbar für das, was er für mich zu tun versucht hat. Aber ich habe mit dem Leben abgeschlossen, und werde den Tod freudig begrüßen, wenn er kommt.

Jetzt, wo ich wieder klar denken kann, ist die Stille in meinem Geist unerträglich.
Ob ich auf der nächsten Ebene Frieden finden kann? Oder wird mich meine Schuld weiter verfolgen? War nicht ich es, der die Kieselsteine der Schlachten, die sich durch unsere traurige Geschichte zog, zu einer Lawine hat werden lassen? Einer Lawine, die alles unter sich zerdrückt und Geröll und Schutt über Hunderte von Welten gelegt hat? Die Verständnis und Liebe in den Herzen aller hat sterben lassen?

Manchmal sehne ich mich zurück, in die steinerne Zelle auf Jaridia. Denn dort konnte ich der Folter des Wissens um meine Schuld für kurze Zeit entgehen.

 

ENDE

 

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