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Müde strich Liam sich über die Augen und warf einen mißmutigen Blick auf die Datenkristalle und Akten, die sich auf seinem Schreibtisch hoch auftürmten. Er ließ seine Finger am Rand des Stapels entlang gleiten und die Vermutung, daß die untersten Schichten schon Moos angesetzt hatten, drängte sich ihm auf. Den ganzen Tag schon saß er hier und versuchte, Herr dieser Papiermassen zu werden, selbst Da'an hatte sich bereits in seine Privatgemächer zurückgezogen, die an den Hauptsaal anschlossen, und die Sonne war schon lange hinter den riesigen Wolkenkratzern Washington DC´s verschwunden. Lili brachte ihm danach noch eine dampfende Tasse Kaffee und verließ die Botschaft dann, um nach Hause zu fahren und vor der nächsten Trainingseinheit der Piloten wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Liam nippte an seinem Kaffee und griff nach dem ersten Blatt des neuen Stapels.
Liam grinste. Was so eine kleine Aufmerksamkeit von Freunden nicht ausmachen konnte. Aber es half nichts, er hatte noch einige Stunden anstrengender Arbeit vor sich. So legte er das Blatt zur Seite und wollte sich gerade wieder dem Papierberg zuwenden, als Da'an die etwas höher gelegene Rampe von seinem Quartier herunterkam und seinen Beschützer erstaunt ansah. Langsam ging er auf seinen Stuhl zu, setzte sich und wandte sich wieder zu Liam. Mit einem neugierigen Blick auf das Durcheinander auf Liams Schreibtisch und in der Luft tanzenden Händen fragte er: Liam konnte es kaum glauben. „Wonach sieht DAS aus, Da'an?” „Das Ihnen sowas Spaß macht, kann ich gar nicht nachvollziehen.” Der Papierkram an sich war schon schlimm, aber ein neugieriger Taelon machte es noch schlimmer. Liam schnappte zurück: „Macht es auch nicht, aber es muß getan werden. Und diesmal ist es an mir hängen geblieben.” Da'an antwortete nicht, sondern ging langsam zu Liams Schreibtisch - so langsam, daß Liam fast der Verdacht kam, daß der Taelon bummelte, um ihn weiter zu ärgern - und griff nach dem Beutel, der oben auflag und an die 20 Datenkristalle enthielt. Genauso langsam wie Da'an gekommen war, schlenderte er jetzt zu seinem Stuhl zurück, hielt noch kurz, um eine seiner Pflanzen zu begutachten, die ein Gitter hoch rankte, und ließ sich schließlich wieder auf seinem Platz nieder, den Beutel in seinem Schoß. Liam schaute ungläubig, das durfte doch nicht wahr sein. Wie sollte er denn so arbeiten? Da'an klappte die rechte Armlehne seines Sitzes hoch und steckte einen Kristall nach dem anderen in kleine Halterungen, die in das Material eingelassen waren, bis 20 blitzende Kristalle die Armaturen zierten. Wie sollte man denn fertig werden, wenn ein Taelon einem die Daten stahl? Und Da'an machte nicht die geringsten Anstalten, irgend etwas zu erklären. Im Gegenteil, er bummelte wieder zu Liam, der sich mittlerweile in seinem Stuhl zurück gelehnt hatte und nur noch ungläubig beobachte. Diesmal trug Da'an fast die Hälfte aller Mappen und Papiere zu seinem Datenstrom. Das Gleiche geschah mit der zweiten Hälfte. Dann setzte sich Da'an wieder auf seinem Platz nieder. Und warf Liam ein überlegenes Lächeln zu, das so gar nicht zu dem sonst so zurückhaltenen Taelon paßte. „Computer.” Ein leises Piep meldetet dessen Bereitschaft. „Daten sämtlicher Kristalle erfassen, sichten, ordnen, aktualisieren und speichern. Datenmaterial im Strom in jeder Schicht scannen und genauso verfahren. Beide Datenmengen zusammenfassen und dem Mutterschiff sowie mir in der Arbeitsbank zur Verfügung stellen.” „Ausgeführt!” kam nach kaum 30 sekündigem Summen die Meldung des Computers. „Würden Sie mit bitte verraten, warum Sie nicht die schnellere Methode wählen, wenn diese Aufgabe Ihnen kein Vergnügen bereitet?” „Menschen!” dachte er, während er sich selber zur Ruhe begab. |
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