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  „Li'en” von Se'la   (Emailadresse siehe Autorenseite),   September 2007
Alle hier vorkommenden Charaktere gehören den jeweiligen Eigentümern. Earth: Final Conflict gehört Tribune Entertainment Co., Lost Script Prod. Inc., Atlantis Films und VOX. Bitte veröffentlichen Sie diese Geschichte nicht ohne vorheriges Einverständnis der Autorin.
 
Thema:  Li'en und Liam starten einen Befreiungsversuch.
Zeitpunkt:  dritte Staffel
Charaktere:  Li'en, Se'la, Liam, Augur, Me'lan, Da'an, Hybriden
 

 

LI'EN

Kapitel 11

 

„Se'la!” rief Li'en erschrocken aus.
„Du kennst ihn?”
Li'en erinnerte sich nur ungern an sie.
„Ja, sie war Wissenschaftlerin auf der Mondbasis und war auch mit dem Hybriden-Projekt betraut.”
Liam dachte nach. Verrat... sollte das heißen die beiden hatten versucht das Projekt zu sabotieren? Hatte Liam Da'an tatsächlich falsch eingeschätzt? Er machte sich schwere Vorwürfe, dass er so misstrauisch gegenüber Da'an gewesen war. Hätte er ihm sofort vertraut, wäre Da'an nun nicht abgesetzt worden. Er hätte alles regeln können! Warum nur hatte er Liam nichts gesagt? Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, aus dem Liam nichts gesagt hatte, auch nichts von Li'en.
„Li'en. Würden die Taelons, wenn sie dort erwischt worden sind, auf der Basis bleiben?”
„Ich weiß nicht. Sie werden sie aber bestimmt jetzt noch nicht runter gebracht haben, das heißt, sie sind noch in den Arrestzellen. Die gibt es da oben immer noch.”
„Augur, kommst du in das System der Basis?”
„Sicher. Wird aber eine Zeit lang dauern!” Er war schon auf dem Weg zu seinem Computer.
„Es kommt nicht jeder auf die Basis”, merkte Li'en an. „Nur wer die Codes hat!”
„Diese müssten noch im Portal von Da'an sein. Ich denke nicht, dass er mit dem Shuttle dort hin geflogen ist! Kriegst du das hin, Liam?” fragte Augur.
„Sicher. Wir sollten eine Truppe zusammenstellen, die mit mir dort hinauf kommt.”
„Wir haben keine Zeit mehr!” unterbrach ihn Li'en. „Erstens sollst du implantiert werden und zweitens werden die Hybriden schon fort gebracht!”
Liam fluchte. Das hatte er nicht berücksichtigt. Wenn sie wirklich etwas ausrichten wollten, mussten sie schnell handeln.
„Gut. Wir beide werden uns alleine auf den Weg zur Basis machen. Du dürftest dich ja auskennen. Ich werde Da'an und Se'la raus holen und du bringst die Hybriden hinaus.”
Li'en nickte. Augur widersprach.
„Ohne genug Leute dort hinauf zu gehen, ist viel zu gefährlich. Sie werden euch sofort entdecken und ebenfalls einsperren. Und wenn ihr Pech habt, finden sie noch heraus, dass Li'en eine vom Experiment ist!”
„Niemand rechnet damit, dass jemand unbefugtes hinauf kommt! Nur wenige kennen die Zugangscodes, sie fühlen sich dort oben sicher. Die wenigen Freiwilligen sind nur zur Bewachung der Hybriden da.”
Liam nickte. „Augur. Sobald du im System bist, rufst du mich über Global an. Ich sage dir dann, wann du den Selbstzerstörungsmechanismus auslösen kannst.”
Augur nickte und fing an zu tippen.
„Komm Li'en! Wir müssen gehen.”
Sie folgte ihm. In diesem Moment spürte sie eine schwache Berührung in ihrem Geist. Trotzdem wusste sie sofort, wer es war.
*Me'lan!*
Er spürte ihre Freude.
*Die Frauen, die uns am Anfang austragen, sind auf die Erde gebracht worden. Es gab Alarm, aber es ist wahrscheinlich nichts passiert.* Er machte eine kurze Pause. *Sie geben uns keine Drogen mehr und immer mehr verschwinden... wie geht es dir?*
Sie brauchte keine Worte um ihm zu verstehen zu geben, wie sie sich fühlte. Er verstärkte seine Verbindung und hüllte sie einen Moment lang in all' seine Zuneigung und Liebe ein, was Li'en ein wenig in ihrem Entschluss bestärkte.
*Wir kommen hoch und holen euch. Sage den anderen Bescheid, dass sie sich bereit halten sollen!*
Sie fühlte seine Zustimmung und am Rande auch Bewusstsein von anderen Personen.
*Ist Je'na wirklich fort?*
Li'en spürte genau seine Trauer.
*Es tut mir leid! Sie haben Je'na gleich als erstes weggebracht!*
Der Schmerz und die Trauer der vergangenen Nacht kamen wieder in ihr hoch, nun um ein vielfaches stärker.
*Sie war meine Schwester!*
Es war wie ein Aufschrei. Me'lan versuchte sie zu trösten, aber sie wollte jetzt nicht seine Nähe spüren. Sie konnte es nicht ertragen, ihn nun zu spüren. Er erinnerte sie zu sehr an Je'na, was sie geteilt hatten. Li'en wollte trauern, allein sein, so stieß sie ihn von sich und ließ zu, dass Dunkelheit sie umgab.
Was hatte das ganze jetzt noch für einen Sinn?
Sie sagte Liam Bescheid, dass die Frauen auf die Erde gebracht worden waren. Er versicherte ihr, dass sich ein paar Widerständler darum kümmern würden. Dann machten sie sich auf den Weg zur Botschaft. Im Portal fand Liam tatsächlich die Koordinaten und Codes. Li'en war während der gesamten Zeit sehr schweigsam.
Endlich kamen sie auf der Basis an. Niemand beachtete die beiden. Li'en führte Liam die Gänge entlang. Mittlerweile hatte sie erfahren, dass es nur noch sieben Hybriden gab, mit ihr wären es acht. Sie beschrieb Liam den Weg zu den Arrestzellen, dann machte sich Li'en auf den Weg zu den Hybriden. Li'en spürte schon die freudige Erwartung aller. Alle waren bereit und wiesen ihr den Weg zu ihren „Gefängnissen”. Li'en ließ sich nur zu gern von ihrer Freude anstecken. Bald wären sie frei.
Li'en kam unbehelligt zu allen Räumen. Bald liefen ihr alle sieben Hybriden hinterher. Sie redeten nicht miteinander, aber Li'en zeigte ihnen Bilder von der Erde und alles Neue, was sie erfahren hatte. Bei allen konnte sie Sehnsucht spüren. Nach so langer Zeit...
Alle verweilten in der Verbindung, schmiedeten schon Pläne, stellten Fragen an Li'en und die ganze Zeit über herrschte eine ausgelassene Stimmung. Sie fühlten sich wohl, obwohl sie noch nicht einmal auf der Erde oder außerhalb der Gefahrenzone waren.
Es ging nur langsam voran, es waren zu viele Wissenschaftler unterwegs. Die menschlichen hochgestellten würden bald nach Hause fliegen. Das Problem waren die Taelon-Wissenschaftler. Und die Freiwilligen durften nichtmisstrauisch werden. Es kannten sich eigentlich immer nur drei Hybriden untereinander, dass alle auf der Basis umhergingen, war ungewöhnlich. Aber sie wollten sich auch nicht aufteilen, zu groß war die Angst, dass jemand gefangen werden, oder es nicht schaffen könnte. Niemals wieder wollten sie sich trennen. Li'en lächelte. Endlich hatte sie eine kleine Familie und einen geistigen Kontakt, den sie sich immer gewünscht hatte. Eigentlich sogar ersehnt. Sie hatte sich so oft alleine gefühlt.
Li'en und die Hybriden hinter ihr beschleunigten ihre Schritte und rannten nun fast. Sie spürte Liam schon, bevor er um die Ecke kam. Ihm folgten Da'an und Se'la. Als die Hybriden Se'la sahen, wurde ihre Freude gleich gedämpft. Sie war eine Wissenschaftlerin. Was Li'en die ganze Zeit verdrängt hatte, fiel ihr nun wieder ein. Se'la war wirklich nicht nur grausam gewesen. Manchmal hatte sie sich gefühlt als wäre er ihr „Vater”. Diese Erfahrungen hatten alle schon einmal gemacht. Es drängte sich nur immer in den Vordergrund, dass sie Wissenschaftlerin war und ihnen Schmerz zugefügt hatte. Ein „Vater” hätte dies niemals getan! Ein unwilliges Raunen ging durch die Gedanken der Hybriden, von dem sich auch Li'en anstecken ließ. Wieso musste Se'la gerettet werden? Sollte sie doch dort bleiben. Was immer ihr passieren würde, es wäre eine gerechte Strafe für das, was sie den Hybriden angetan hatten. Auch wenn sie nicht wusste, dass diese dafür war.
Da'an war ob dieser Rettungsaktion verwundert gewesen. Woher hatte Liam gewusst, wo er war? Er hatte keine Nachricht hinterlassen! Und Liam führte ihn durch die Gänge, als wüsste er genau wo er hin müsste.
An einer Ecke stießen sie auf eine junge Frau und sieben Erwachsene, die offensichtlich Hybriden waren. Die Frau war, wie Liam ihm sagte, Rebekka und hatte ihm geholfen. Da'an vermutete, dass sie jemand aus dem Widerstand war. Dennoch erschien sie ihm merkwürdig. Sie erinnerte ihn an etwas, oder jemanden. Wieder empfand er ein Gefühl tiefer Verbundenheit. Kam es von den Hybriden? Se'la hatte erzählt, sie hätten die DNS von lebenden Taelons. Vielleicht war dort eines sein Kind?
Als Da'an die Freude in ihren Augen sah, wusste er, dass er keinen Fehler gemacht hatte. Aber dennoch konnte seine Empfindung nicht von diesen Hybriden stammen. Er hatte es schon auf der Erde gespürt, er hätte sie schon eher spüren müssen, wenn es so wäre. Das Projekt lief ja bereits seit drei Jahren.
Nur kurz blieben alle stehen, dann gingen sie schnell in Richtung der Portale. Liam ging aus Rücksicht gegenüber den Taelons langsamer, die Hybriden kümmerten sich jedoch nicht darum und gingen vor. Wo die Taelons blieben, war vollkommen egal. Sie wussten nun wie sie hinunter kommen konnten. Es war nicht mehr nötig zu warten.
Die Freiwilligen sahen sie misstrauisch an, sagten aber nichts wegen der Taelons. Sie wussten offenbar nichts von der Verhaftung. Die Ärzte und Wissenschaftler protestierten öfters, die Hybriden dürften nicht alle zusammen durch die Basis geführt werden und wohin sie überhaupt gebracht werden sollten. Aber Se'la konnte sie schnell wieder zum Schweigen bringen. Ihr wurde nie widersprochen. Erst jetzt sah Da'an, dass sie, trotz dass es selten so schien, viel Macht auf der Basis hatte. Wahrscheinlich war Se'la sogar die wahre Leiterin dieses Projektes. Etwas zu leiten war nicht gerade Ji'tals Stärke.
Plötzlich ging der Alarm los.
Die Hybriden und auch Se'la wussten, was los war und hielten an. Auf den Gesichtern der Hybriden konnte man deutlich ihren Schrecken sehen. Sollte ihre Flucht nun schon beendet sein?
„Ji'tal hat bemerkt, dass wir weg sind!” rief Li'en eigentlich nur zur Erklärung für Da'an und Liam. Unschlüssig schaute sie in alle Richtungen.
„Die Portale werden in solchen Fällen zuerst blockiert. Wir werden mit den Shuttles fliegen müssen,” erwiderte Se'la auf Li'ens unausgesprochene Frage.
Se'la wandte sich bereits in Richtung Shuttlehangar, wohingegen Li'en von den anderen Hybriden aufgehalten wurde.
*Wir sind näher am Portal!*
*Woher willst du wissen, dass sie überhaupt die Wahrheit sagt?*
*Was, wenn sie vorhat uns nur wieder gefangen zu nehmen?*
*Sie ist eine Wissenschaftlerin! Denkst du, sie hat wirklich vor uns zu helfen?*
*Wir sind für die Versuche wichtig!*
*Was sollte so plötzlich ihre Meinung geändert haben?*
Li'ens Verwirrung wuchs. Sie verstand die Angst der Hybriden, aber warum redeten alle auf sie ein? Wenn sie wollten, konnten sie doch zum Portal gehen! Es würde sie niemand daran hindern. Im gleichen Moment fiel ihr die Antwort ein. Sie hatten keine Erfahrung! Durch das, was sie ihnen gezeigt hatte, dachten sie nun, Li'en würde sich auf der Erde auskennen und hatten sie sofort zu ihrer Führerin ernannt. Aber sie wusste doch nahezu ebenso wenig wie sie!! Li'en war verzweifelt. Sie redeten immer noch alle auf sie ein. Die Stimmen der anderen wurden schnell drängend, fordernd, sie wollten, dass Li'en auf jeden Fall ihrem Wunsch nachkam. Einer der Hybriden versuchte sogar, Li'en direkt zu beeinflussen. In diesem Augenblick wurde es Li'en zu viel. Sie hatte gedacht, dies wäre ihre Familie! Sie hatte so viel riskiert nur um sie zu retten und nun behandelten sie Li'en so! Sie hatte geschworen, dass niemand jemals wieder sie zu etwas zwingen konnte. Auch nicht ihre Familie.
Sie bemerkte, dass Me'lan sich nicht daran beteiligte. Er beobachtete nur, wie immer. Aber sie wusste, wenn sie ihn um Hilfe bitten würde, würde er auch für sie Partei ergreifen.
*Nein! Hört sofort auf!*
Sie spürte, wie sie alle Angst hatten. Niemand hatte ihr weh tun wollen. Sie alle dachten nur an ihr Überleben. Für Li'en selber bestand wenig Gefahr, außerdem wusste niemand, dass sie eine der Hybriden war. Das Risiko lag bei ihrer Familie. Li'en schickte beruhigende Wellen aus.
*Se'la und Da'an waren eingesperrt, weil sie uns helfen wollten! Sie hätten sicher nicht eine Anklage des Synodenführers wegen Verrats auf sich genommen, nur um uns nachher wieder gefangen zu nehmen!*
*Woher willst du wissen, dass sie ihr „Verbrechen” gegenüber dem Synodenführer nicht wieder gut machen wollen?*
*Ihr selbst habt mich doch daran erinnert, dass Se'la auch eine andere Seite hat, als die der Wissenschaftlerin. Auch Rafaella war anders...*
Li'en spürte wie sie langsam nachgaben. Erleichtert seufzte sie auf. Es würde keine Probleme mit ihnen geben. Einen Moment lang hatte sie befürchtet, sie würden etwas Unüberlegtes tun. Li'en wusste irgendwoher, dass Se'la die Wahrheit sagte, die Portale waren blockiert. Durch logisches Denken war dies auch leicht nachvollziehbar. Ihr Fall hatte gezeigt, dass ein Hybrid unter Umständen in der Lage war, ein Portal zu bedienen, einfach nur weil sie es schon einmal gesehen hatten. Aber niemals würde jemand auf die Idee kommen, ein Hybrid könnte ein Shuttle fliegen. Sie hatten ja noch nicht einmal eins gesehen! Selbst Li'en hatte nur eine vage Vorstellung davon, wie man es flog. Allerdings glaubte sie nicht, dass sie dazu wirklich in der Lage wäre. Sie war gespannt, wie Liam dieses Problem lösen wollte. Immerhin würden nicht alle in ein Shuttle passen und dass einer der Taelons fliegen würde, bezweifelte sie. Obwohl sie nicht verstand, warum sie es auf der Erde nie taten, sie konnten es doch!
Li'en verdrängte ihre Gedanken und befreite sich etwas aus dem Einfluss ihrer Verbindung. Dann sah sie Se'la an. Sie versuchte in ihren Augen etwas zu erkennen, aber sie blieben so ausdruckslos wie immer.
Liam verschwendete keinen Gedanken an einen möglichen Verrat und ging bereits in dieselbe Richtung wie Se'la. Auch Da'an folgte ihm.
Seit ihrer Diskussion war nur wenig Zeit vergangen. Li'en entschloss sich nun ebenfalls schnell aufzuholen. Sie hatten keine andere Wahl als ihnen zu folgen. Alleine würden sie es auf keinen Fall schaffen, auch wenn einige der Meinung waren, sie könnten.
Fast eifersüchtig sah Li'en auf Liams Waffe. Er hatte ihr keine gegeben und ihr Shaqarava durfte sie nicht benutzen. Die anderen konnten noch nicht, sie waren noch nicht lange genug ohne Drogen. Wie sollten sie sich da verteidigen?
Alle anderen vertrauten ihr, sie musste eine Lösung für das Problem finden! Sollte aber ihr aller Leben in Gefahr sein, würde Li'en auch ihr Shaqarava für ihre Brüder und Schwestern benutzen. Irgendwie würden sie schon untertauchen können. Li'en hatte zwar eigentlich nicht vor unter Wasser zu leben, aber Liam hatte es ihr so gesagt und wenn er meinte, dass es nötig war...
Verwundert bemerkte sie, dass ihr erster Gedanke, gar nicht von ihr gekommen war. Es war nicht ihre Idee gewesen, sondern die eines anderen Hybriden. Dennoch wusste sie, als sie näher darüber nachdachte, dass sie dies sogar tun würde. Nicht unbedingt, weil es alle wollten. Li'en wollte auf keinen Fall ihre Familie in Gefahr bringen und würde alle Mittel benutzen um ihr Ziel zu erreichen.
Mit deutlichem Unbehagen machten sie die anderen auf Da'an aufmerksam. Li'en sah zu ihm hinüber. Er hatte sie schon lange Zeit gemustert. Wusste er etwas? Hatte Se'la ihm etwas erzählt? Sie schickte ihm einen drohenden Blick zu, woraufhin Da'an sie entschuldigend ansah und sich auf den Weg konzentrierte. Wahrscheinlich wusste er doch nichts und dachte nun, er hätte einfach nur einen Menschen beleidigt. Sie wusste nicht, ob er tatsächlich so dachte, aber dieser Gedanke von ihr beruhigte die anderen. Selbst Me'lan war unruhig geworden, was nur selten geschah.
Sie schützte einen Teil ihrer Gedanken vor den anderen, es war nicht nötig, dass Li'en sie noch mehr beunruhigte, als sie es eh schon waren. Se'la konnte nicht wissen, wer sie war, sie hatte sich verändert. Aber ein Blick in ihre Augen sagte ihr nun das Gegenteil. In ihren Augen lag Erkennen. Schnell senkte sie ihren Blick.
Auch wenn die anderen nichts mitbekommen hatten, so stützten sie Li'en doch. Es half. Bald ging Li'en wieder normal hinter Liam her, Se'la vollkommen ignorierend.
Nachdem nun klar war, dass bald die Jagd auf sie beginnen würde, gingen sogar die Taelons etwas schneller. Nur die Hybriden hielten sich noch immer etwas zurück, einzig Li'en ging neben Liam. Alles was noch zählte, war so schnell wie möglich dort hinunter zu kommen. Sie war nicht extra mitgekommen, nur damit die Hybriden am Ende doch oben bleiben mussten! Li'en seufzte, als Liams Global piepte. Augur erschien auf dem Bildschirm. Neugierig beugte sich Li'en noch im Laufen über Liams Schulter.
„Ich bin bereit. Nur ein paar Einstellungen und der Selbstzerstörungsmechanismus ist aktiviert!”
Verwundert sah Li'en ihn an. Er hatte es tatsächlich in das System geschafft? Er musste wirklich gut sein.
„Wie lange haben wir ab der Aktivierung Zeit?” fragte Liam während alle die Gänge entlang hasteten. Die Nachricht, dass es bald vorbei sein würde, spornte alle an schneller zu gehen. Nach ihrer Planung, würden sich alle entweder in Sicherheit bringen, oder versuchen den Schaden zu beheben... wenn es nicht wieder wie bei Se'la und Da'an schief ging.
„Etwa zwei Minuten.”
Zu Se'la fragte Liam: „Wie weit ist es noch?”
„In zwei Minuten ist es ohne Zwischenfälle auf jeden Fall erreichbar!” antwortete Se'la ruhig und schien nicht wirklich von der allgemeinen Hast betroffen zu sein.
„Gib uns eine Minute, dann aktivierst du ihn!”
Sie waren mittlerweile schon fast am Shuttlehangar angekommen. Da tauchten plötzlich Freiwillige hinter ihnen auf. Niemand hatte jemand hinter ihnen herkommen hören, so dass die Verwunderung entsprechend groß war. Auch vor ihnen versperrten etwa ein Dutzend Freiwillige den Durchgang. Se'la reagierte schnell und gab der Basis den Befehl eine Wand hinter ihnen zu erschaffen. Die Menschen mussten mit den Freiwilligen vor ihnen nun so fertig werden. Leider war sie nicht schnell genug gewesen. Eine Hybridin wurde erschossen. Da sie eh nicht mehr für Experimente benutzt werden konnten, war es nicht nötig sie zu verschonen.
„Sie haben den Befehl euch mit allen Mitteln dazu abzuhalten die Basis zu verlassen. Ob ihr dabei alle sterbt ist egal.” Se'la sprach fast etwas traurig. Li'en zweifelte nun nicht mehr daran, dass sie es wahrscheinlich wirklich ernst meinte. Aber im nächsten Moment spürte sie schon wieder den Schmerz der anderen, der auch ihren eigenen wieder weckte. Nein, sie würde Se'la und all den anderen niemals verzeihen. Und erst recht nicht so etwas wie Sympathie aufkommen lassen.
Mittlerweile waren alle auch in Deckung gegangen. Die Freiwilligen schossen auf jeden, der in den Hangar wollte. Verzweifelt sah Li'en sich um. Sie glaubte mittlerweile nicht mehr, dass sie es schaffen würden. Hektisch sah sie sich nach den Hybriden um, dass alle auch in Deckung waren.
Sie schossen jetzt sogar auf jeden, von dem sie nur glaubten, dass er in den Hangar wollte. Ein paar Freiwillige wagten sich sogar näher zu ihnen zu gehen. Sie schienen nicht nur den Befehl zu haben, sie aufzuhalten, sondern einfach nur alle umzubringen. Als ein Freiwilliger in der Nähe von Li'en erschossen wurde, sprang sie schnell auf und verließ ihre Deckung. Schnell schnappte sie sich seine Waffe und rollte sich wieder zurück, um nicht von den Schüssen getroffen zu werden.
Wenn Liam gedacht hatte, sie würde brav dort sitzen bleiben und zusehen wie er alles regeln wollte, hatte er sich geirrt. Allein würde er es eh nicht schaffen!
Li'en fing nun auch an, auf die Freiwilligen zu schießen, wobei sie aber darauf achtete, diese nicht zu töten, sondern nur außer Gefecht zu setzen.
In diesem Moment erscholl die Ansage der Basis zur Selbstzerstörung. Die Freiwilligen wurden leicht panisch, die Schüsse gingen öfters daneben, dabei wurden aber auch mehr abgefeuert. Sie feuerten nun ohne zu zielen quer durch die Reihen, verließen sogar ihre Deckung. Li'en vermutete, dass sie sich dachten, je schneller sie fertig würden, desto eher würden sie ihr eigenes Leben retten können.
Plötzlich spürte Li'en einen Schmerz. Nicht von sich selbst, es war mehr mental. Sie drehte sich zur Seite und sah Me'lan neben sich liegen. Er hatte offenbar vorgehabt sie zu beschützen.
*Bruder?* Es war eine leichte Frage, fast als ob sie glaubte, oder hoffte, er wäre es nicht.
Er blutete stark, die Verletzung würde sie nicht heilen können, obwohl sie eine Ahnung hatte, wie man so etwas tun konnte.
Li'en versuchte mit ihm wieder eine Verbindung einzugehen, die im Moment des Schusses gerissen war. Zu ihrer Verzweiflung blockte er ab. Er konnte sie doch nicht jetzt einfach alleine lassen!
Vorsichtig strich sie mit ihren Fingern durch seine blonden Haare, wobei sie immer wieder den Kopf schüttelte. Sie vergaß vollkommen ihre Umgebung, die Zeit schien still zu stehen. Sie sah nur noch ihn.
„Bitte... Nein!” schluchzte sie leise und flehte ihn mental an, wenigstens eine leichtes Sharing zuzulassen.
Er lächelte sie nur leicht an. Über seine Lippen kam nur noch ein leises „Schwester” dann war alles Leben aus seinen Augen verschwunden. Das erste Mal hatte er sie wirklich so genannt. Er hatte gewusst, wieviel ihr an diesem einen Wort gelegen war. Aus biologischer Sicht war er vielleicht nicht ihr Bruder gewesen, aber wen hatte das schon interessiert?
Li'en spürte wie um sie herum die Hybriden starben. Es wurde stiller. Sie waren eine solche Situation nicht gewohnt und es gab zu wenig Deckung. Bald war es vollkommen still um Li'en. Alle waren fort. Sie konnte noch ihre letzten Gedanken sehen. Die Bilder, die Li'en ihnen gezeigt hatte, waren im Augenblick ihres Todes in ihren Köpfen präsent gewesen. Wieder hatten sie Freude gespürt, aber auch Trauer, da sie wussten, sie niemals kennen zu lernen.
Li'en schlang die Arme um ihren Unterleib und lehnte ihren Kopf gegen die Wand. Was hatte das denn nun noch alles für einen Sinn? Sie waren alle tot!
Der Schmerz drohte sie zu überwältigen, fraß sich tief in sie hinein.
Nun war sie wirklich alleine. Selbst der Gedanke an ihre Familie konnte sie nun jetzt nicht mehr trösten, da sie ja alle tot waren!
Sie hatte sich niemals darüber Gedanken gemacht, was sie machen wollte, wenn es nicht funktionieren sollte!
Die Schüsse klangen nur noch weit entfernt. Warum wurde sie nicht getroffen?
*Werde ich nun auch sterben?*
Sie hoffte es. So sehr, wie sie sich nach ihrer Familie gesehnt hatte, sehnte sie sich nun nach dem Tod.
Li'en saß immer noch an derselben Stelle und rührte sich nicht. Sie war wie betäubt. Ihr war bewusst, dass wenn sie nicht bald wieder auftauchte, sie sterben würde. Es beunruhigte sie nicht. Wer würde sie schon vermissen?
Sie hatte sie nicht schützen können! Und sie hatten ihr vertraut! Sie hatten geglaubt, sie würde alle von der Basis holen, ein neues Leben würde beginnen! In Frieden, ohne Schmerzen, ohne missbraucht zu werden! Li'en tat es so leid, dass sie es niemals erlebt hatten.
Tränen liefen ihr über die Wangen, während um sie herum weiter Schüsse fielen.

Ein Schuss, der sie an der Schulter traf, holte sie schmerzhaft in die Wirklichkeit zurück.
Sie waren immer noch an derselben Stelle und Li'en war, wie es aussah, auch noch nicht tot.
Geistig versuchte sie ihre Brüder und Schwestern zu erreichen. Aber alle waren fort, unwiederbringlich.
Sie biss sich auf die Lippe, um zu verhindern, dass sie wieder weinte. Es war keine Zeit dazu, sie brauchte einen klaren Kopf.
Ihre Aufmerksamkeit wandte sich wieder den Freiwilligen zu. Sie! Sie waren Schuld! Sie waren die ganze Zeit da gewesen. Sie hätten ihnen helfen können! Sie waren der Grund gewesen, warum sie nicht hatten fliehen können!
Und nun hatten sie ihr alles genommen, was jemals von Bedeutung gewesen war!
Wütend starrte sie die Freiwilligen an. Sie wusste, was sie in diesem Augenblick wollte. Rache! Rache für den Tod ihrer Familie. An den Taelons konnte sie keine nehmen, aber an diesen Menschen. Auch sie trugen Schuld. Und diese würde Li'en ihnen auf keinen Fall vergeben!
Ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. Sie würde alle umbringen. Ihre Familie rächen, da sie es nicht mehr tun konnten. Wie hatte diese unterentwickelte Rasse es nur wagen können, sie anzugreifen und so viele von ihnen zu töten!
Sie spürte, wie ihre Energielinien eine rote Färbung bekamen und wie ihre Lust zum Töten wuchs. Leicht aktivierte sich ihr Shaqarava. Welche Rolle spielte es jetzt noch, ob jemand wusste, wer sie war?

Se'la hatte die Veränderung Li'ens mit nicht geringem Interesse verfolgt. Sie musste sich eingestehen, dass sie nicht geglaubt hatte, dass Li'en so reagieren würde. Wieder ein interessanter Aspekt, der bei den Forschungen hätte berücksichtigt werden müssen.
Sie hoffte aber, Li'en könnte sich wieder unter Kontrolle bringen. Nun, da sie gerade eine Möglichkeit zur Weiterführung des Projektes gefunden hatte, durfte Li'en ihr doch nicht alles verderben! Wenn jemand herausbekam, wer sie war, konnte Se'la auch nicht mehr weiter forschen...
Sie bemerkte, dass es Li'en sichtlich schwer fiel, ihre Energielinien zu dämpfen und auch ihr Shaqarava weniger leuchten zu lassen. Irgendetwas musste sie bewogen haben, doch nicht alles aufs Spiel setzen zu wollen.
Sie atmete erleichtert auf. Wie es aussah, war Li'en wieder zur Vernunft gekommen.

Zu spät sah sie, dass es wohl doch nicht so war. Die Waffe, die Li'en vorher fallen gelassen hatte, nahm sie nun wieder auf. Sie hatte dabei ein, wie Se'la fand, gefährliches Glitzern in den Augen, dass sie selbst bei Menschen noch nie so ausgeprägt gesehen hatte. Es beunruhigte sie. Es war nicht vorhersehbar, was Li'en tun würde.

 

Ende von Kapitel 11

 

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